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Leben im Land der Paradiesvögel - Katharina Wittenberg

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Leseprobe: Klappentext: Ein vierjähriger, leprakranker Junge wird von seiner Mutter im Urwald von Papua Neuguinea ausgesetzt; Botingke hat sich bei ihr angesteckt. Sie legt ihn in der Nähe eines Krankenhauses ab. Ein Glück für ihn ist, dass er von Mitarbeiterinnen des Hauses gefunden, behandelt, später auch dort eingeschult wird. Als „Waise" lebt er lange im Krankenhaus, bis eines Tages eine überraschende Wende eintritt. Jahre später, nach seiner Entlassung, lernt er, selbstständig zu werden.

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Fotos: (©) Renate Heuck S. 14/ 17 (1) / 20 / 49 (1) / 86 (1) / 95 / 106 (2) / 108 / 111 (1) / 126 / 128 (1) / 131 (2) / 141 (1) und Katharina Wittenberg; S. 15 und 100 Freimund-Verlag, Neuendettelsau, S. 57 A. Schuster, S. 35 Archiv Mission EineWelt, S. 103 Wiesenhütter- Schöne (1); Wiesinger (1), J. Metzner (1); S. 24 James Sinclair, PNG (1), S. 41 Lahui Sibona, PNG; alle mit freundlicher Geneh-migung. Außerdem: S. 47 (1) Jürgern Hüsmert/pixelio.de; (1) Andrés Vázques/fotolia.de; S. 122 (1) Templermeister/pixelio.de

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deut-schen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

1. Auflage 2010

ISBN: 978-3-940367-58-7

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Copyright (©) 2010 by Papierfresserchens MTM-VerlagKirchstraße 5, 88131 Bodolz, Deutschland

www.papierfresserchen.de [email protected]

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Leben im Landder

Paradiesvögel

Katharina Wittenberg

Ein Kinder- und Lebensschicksal aus Papua Neuguinea

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Für Botingke Meyhong

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Inhalt

Im großen Wald 7Im Buschkrankenhaus 11Der erste Tag 15Singsing 21„mumu“ 28Abschied 30Schulkind 33Weihnachten 37Vor der Abreise 42Flug über Papua Neuguinea 45In Deutschland 53Rückkehr 56Briefe 59Naturkatastrophe 72Überraschungen im „Land der Überraschungen“ 77Veränderung 82Selbstständig 91Neues 96Susan 101Freude 115Erneute Begegnung 121Schönheit des Gartens 127Nach Jahren 132Ungewissheit 137Schluss 147Dank 148Nachwort 150Literatur 152

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Im großen Wald

Er schrie. Er schrie ganz laut und weinte. Er lag allein da, ganz alleine. Wo war er eigentlich?Um ihn herum nur Wald. Urwald oder Regenwald. Wo war seine Mutter? Er fühlte sich ganz verlassen, als er niemanden sah. Er schrie noch lauter. Immer nur das eine Wort: „Mama.“ Da, auf einmal ein Geräusch. Was war das? War es seine Mutter? Nein. Der Wind hatte den Ast eines Baumes bewegt.

Er rief: „Mama, Mama, Mama.“ Er strengte sich so an, dass sein Gesicht ganz rot wurde. Er rief so laut er konnte. Noch einmal: „Maaamaaa.“Ein wenig hörte er auf zu schreien und zu weinen, aber er konnte keine Antwort hören. Immer noch lag er wie versteinert da. Wo war seine Mutter nur hingegangen? Er erinnerte sich: Er war doch auf dem Arm der Mutter eingeschlafen. Sie hatte ihn am Morgen fertig angezogen, ihm das Frühstück bereitet und er hatte gegessen. Als er fertig war, führte ihn die Mutter an der Hand. Dann war er müde geworden. Die Mutter nahm ihn auf den Arm. Früher hatte sie ihn

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in einen Netzsack gepackt, ins „bilum“. Das war nichts Ungewöhnliches. Immer, wenn sie aufbrach, um zur Gartenarbeit zu gehen, legte sie den kleinen Botingke da hinein. Die Mutter musste oft im entfernten Garten arbeiten. Aber heute hatte sie ihn nicht in den Garten mitgenommen. Er lag ganz allein und ver-lassen in dem riesig großen Wald. Wieder lauschte er und dachte nach. Währenddes-sen hob er ganz zufällig seinen kleinen Arm

in die Luft. Ihm wurden zum ersten Male weiße Flecken und di-cke Knollen auf seiner Haut bewusst. Wenn die Erwachsenen von den weißen Flecken sprachen, sahen sie immer entsetzt und er-schreckt aus. Jetzt erinnerte er sich. Auch die Mutter hatte Flecken und Knollen: an den Armen, im Gesicht und auf der Brust. Sollte sie ihn deshalb hierher gebracht haben? Was war das nur mit den weißen Flecken?

Als er so in Gedanken war, da hörte er einen durch sein Schreien aufgescheuchten Vogel rufen. Er flog über ihm her. Er erschrak zunächst. Einen Moment hielt er mit dem Weinen inne. Der Vogel war sehr schön mit seinen ganz bunten, langen Schwanzfedern. Er setzte sich auf einen Baum in seiner Nähe. Botingke sah ihm mit den Augen nach. Der Vogel putzte seine glänzenden Federn. Dann pickte er an einem Blatt. Er hatte einen kleinen Käfer gefunden, den er verspeiste. Aber es dauerte nicht lange. Dann flog der präch-tige Vogel wieder weg. Botingke überfiel wieder Angst. Weinend versuchte er, sich auf-zurichten. Müde war er. Aber noch schlimmer war die Einsam-keit. Verlassen. Er sah sich um. Was kam da gelaufen? Schwarz war das Tier mit weißen Flecken. Seltsam. So ein ähnliches Tier hatten die Nachbarn zu Hause. Es war fast größer als er selbst. Das Herz schlug ihm bis zum Halse. Er weinte wieder. Als das ge-

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fleckte Wild-Schwein ganz nahe war, hatte das Tier ihn bemerkt, war verängstigt und schlug einen anderen Weg ein. Er fragte sich, ob das Schwein auch wegen seiner weißen Flecken hier im Wald allein umherirrte? Er wusste es nicht. Wieder allein.Ganz allein. „Mama, Mama.“ Auf einmal hörte er Stimmen. Woher kamen sie? Er drehte sich um und sah zwei Frauen, weiße Frauen. Nur selten hatte er wei-ße Menschen gesehen. Er war ein Papua, seine Haut dunkel. Die Flecken aber auf seiner Haut waren hell. Die Frauen hatten ihn entdeckt und gingen auf ihn zu. Sollte er weglaufen? Ihn packte wieder Angst. Aber er blieb wie festgewurzelt stehen. Die Frauen riefen: „Bist du alleine hier?“Sollte er antworten? Er entschloss sich, mit dem Kopf zu nicken. Sie kamen näher. Ganz weiße Kleider hatten sie an. Noch weni-ge Schritte, dann waren sie bei ihm. „Wie bist du hierher gekom-men?“ Er zuckte mit den Achseln. „Hat deine Mama dich hierher gebracht?“ Kannten diese Frauen seine Mama? Was sollte er antworten? Er sagte ganz leise: „Ich weiß nicht.“ „Hast du dich verirrt?“ „Nein. Ich bin auf dem Arm mei-ner Mutter eingeschlafen. Als ich aufwachte, war ich hier.“ Die beiden Frauen sahen sich stumm an. Kannten sie das nicht? Das war doch schon öfter vor-gekommen. Sie arbeiteten beide in dem Lepra-Krankenhaus, das hinter dem nahen Berg liegt. Von Weitem hatten sie eine Kinder-stimme gehört. Dann waren sie losgegangen, hatten gesucht und den Jungen jetzt entdeckt.

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„Möchtest du mit uns kommen?“ „Nein, ich möchte zu meiner Mama!“, antwortete er ganz weiner-lich. „Wir helfen dir, deine Mama zu suchen“, beschwichtigten ihn die Frauen liebevoll. Dann willigte er ein. Sie führten ihn an der Hand durch den dichten Wald. Sie fragten nach seinem Namen. „Botingke heiße ich.“ Jetzt sprachen die weißen Frauen etwas von Lepra. Die Ärmel wa-ren verrutscht, die weißen Flecken und die Knollen auf der Haut zum Vorschein gekommen. Da sagte eine der beiden Frauen: „Siehst du die weißen Flecken, Maria?“ Die andere antwortete: „Wir haben doch richtig vermutet, Lepra, ein ausgesetztes Kind.“ Wieder dieses Wort! Und, was hatte sie noch gesagt: „Ausge-setzt?“

Während er noch nachdachte, waren sie aus dem dichten Wald auf eine Waldlichtung gelangt. Über ihnen leuchtete der blaue Himmel und die hel-le Sonne war zu sehen. Ob-wohl es Tag war, hörte man verschiedene Tierstimmen. Außerhalb des dichten Wal-des war es richtig heiß.