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206 Bulletin 12 19. März 2012 Richtwert von 30 µg/L überschritten wurde. Die höheren Konzentratio- nen wurden hauptsächlich in den Alpengebieten gemessen Die Ver- teilung der Urankonzentrationen in der Schweiz ist auf der Karte in Ab- bildung 1 dargestellt. In der schweizerischen Fremd- und Inhaltsstoffverordnung (FIV, Liste 6, SR 817.021.23) ist die Höchstkon- zentration für Radionuklide über die Summe der Aktivitäten definiert. Das heisst, für Radionuklide der Uran- und Thoriumreihe in flüssigen Lebensmitteln beträgt der Grenz- wert 10 Bq/kg. Wenn die Grenz- wertaktivität Natururan mit seinen Zerfallsprodukten entspräche, würde die Konzentration im Wasser, je nach Verhältnis 238 U zu 234 U, etwa 200–400 µg/L betragen. Der beste- hende Grenzwert berücksichtigt pri- mär die Strahlenbelastung durch Uran im Trinkwasser, die jedoch verhältnismässig gering ist. Unter Berücksichtigung der chemischen Toxizität des Urans und den interna- tionalen Empfehlungen, beabsich- tigt das BAG, bei der nächsten Revi- sion der FIV eine Höchstkonzentration für Uran in Trinkwasser von 30 µg/L in Liste 2 des Anhangs aufzuneh- men. Als Folge dieser Massnahme werden die betroffenen Gemeinden ihre Wasserversorgung innerhalb ei- ner Übergansfrist von 5 Jahren sa- nieren müssen. Weitere Informationen Bundesamt für Gesundheit Max Haldimann Sektion Chemische Risiken Telefon 031 322 95 58 Uran gilt nicht als essenzielles Spurenelement, da es im menschli- chen Organismus keine physiologi- sche Funktion hat. Uran besitzt ne- ben seinem radiotoxischen auch ein chemisch-toxisches Potenzial (Ne- phrotoxisch). Die Uranbelastung des Menschen erfolgt in der Regel über Lebensmittel und Wasser. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt die tägliche Aufnahme von Uran aus Lebensmitteln auf 1 bis 4 µg pro Person. Entsprechende Da- ten aus der Schweiz sind konsistent mit den Schätzungen der WHO. Die Aufnahme von Uran aus der Nah- rung ist generell niedrig. Falls aber erhöhte Werte im Trinkwasser auf- treten, ist es die bedeutendste Expositionsquelle. Die WHO weist 80% der tolerierbaren täglichen Auf- nahmemenge (TDI) dem Wasser zu. In den Trinkwasserrichtlinien der WHO wurde ein TDI von 0,6 µg/kg Körpergewicht festgelegt [3]. Aus diesem Wert hat die WHO zunächst noch einen gesundheitlichen Richt- wert von 15 µg/L abgeleitet, der dann aufgrund von neuen Studien auf den gegenwärtigen Wert von 30 µg/L angehoben wurde [4]. Der- zeit gibt es in der EU keine Rechts- vorschriften über Uran im Trinkwas- ser. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) be- fürwortet jedoch den TDI-Wert der WHO [5]. Der überwiegende Teil des Schwei- zer Trinkwassers gibt keinen Anlass zur Besorgnis, da nur in 0,3% der untersuchten Proben der WHO- Uran ist ein natürlich vorkommen- des radioaktives Element. Je nach geologischem Untergrund variiert die Urankonzentration im Erdboden, im Durchschnitt beträgt sie unge- fähr 1,8 µg/kg. In höheren Konzent- rationen kann Uran beispielsweise in Graniten der Alpen vorkommen. Die Löslichkeit uranhaltiger Verbin- dungen ist abhängig von der je- weiligen Oxidationsstufe in der das Uran vorliegt. Uran (VI) ist in ioni- scher Form geochemisch mobil und kommt fast überall in der Umwelt vor. Aus diesem Grund ist mit Uran auch in Trinkwasser zu rechnen, falls dieses aus einem Grund- oder Quell- wasser gewonnen wird, welches in Kontakt mit uranhaltigen Gesteinen und Sedimenten steht. Das BAG hat bereits früher damit begonnen schweizerisches Trink- wasser hinsichtlich Spurenelemen- ten zu charakterisieren [1]. Insbe- sondere für das toxische Element Uran war die Datenlage bisher un- zureichend, um die notwendigen Grundlagen für die Risikobeurtei- lung von Uran bereitzustellen. Die Zielsetzung, Schweizer Trinkwasser- proben möglichst flächendeckend zu analysieren, wurde zwar nicht ganz erreicht, dennoch geben die vorliegenden Daten von über 5500 gemessene Proben eine gute Über- sicht der Situation in der Schweiz. Die Ergebnisse der Uranmessun- gen wurden detailliert in einer wis- senschaftlichen Publikation zusam- mengestellt, die soeben erschienen ist [2]. Lebensmittelsicherheit Vorkommen von Uran in Schweizer Trinkwasser Im Rahmen eines nationalen Monitorings des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) wurden Spu- renelementprofile von Trinkwasser systematisch analy- siert. Die Untersuchungen umfassten Analysen von Oberflächen, Quell- und Grundwasser in der Schweiz, um möglichst viele Daten über Trinkwasser zu erfassen, die für die Gesundheit von Bedeutung sind. Die Qualität des Trinkwassers in der Schweiz ist generell gut und gibt keinen Anlass zur Besorgnis. Dennoch können sich auch unerwünschte Mineralien darin lösen. Das toxische Ele- ment Uran muss dabei besonders beachtet werden, weil es aufgrund geologischer Gegebenheiten vereinzelt in erhöhten Konzentrationen vorkommt.

Lebensmittelsicherheit Vorkommen von Uran in …Uran+d.pdfrationen kann Uran beispielsweise in Graniten der Alpen vorkommen. Die Löslichkeit uranhaltiger Verbin-dungen ist abhängig

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Richtwert von 30 µg/L überschritten wurde. Die höheren Konzentratio-nen wurden hauptsächlich in den Alpengebieten gemessen Die Ver-teilung der Urankonzentrationen in der Schweiz ist auf der Karte in Ab-bildung 1 dargestellt. In der schweizerischen Fremd- und Inhaltsstoffverordnung (FIV, Liste 6, SR 817.021.23) ist die Höchstkon-zentration für Radionuklide über die Summe der Aktivitäten definiert. Das heisst, für Radionuklide der Uran- und Thoriumreihe in flüssigen Lebensmitteln beträgt der Grenz-wert 10 Bq/kg. Wenn die Grenz-wertaktivität Natururan mit seinen Zerfallsprodukten entspräche, würde die Konzentration im Wasser, je nach Verhältnis 238U zu 234U, etwa 200–400 µg/L betragen. Der beste-hende Grenzwert berücksichtigt pri-mär die Strahlenbelastung durch Uran im Trinkwasser, die jedoch verhältnismässig gering ist. Unter Berücksichtigung der chemischen Toxizität des Urans und den interna-tionalen Empfehlungen, beabsich-tigt das BAG, bei der nächsten Revi-sion der FIV eine Höchstkonzentration für Uran in Trinkwasser von 30 µg/L in Liste 2 des Anhangs aufzuneh-men. Als Folge dieser Massnahme werden die betroffenen Gemeinden ihre Wasserversorgung innerhalb ei-ner Übergansfrist von 5 Jahren sa-nieren müssen.

Weitere InformationenBundesamt für GesundheitMax HaldimannSektion Chemische RisikenTelefon 031 322 95 58

Uran gilt nicht als essenzielles Spurenelement, da es im menschli-chen Organismus keine physiologi-sche Funktion hat. Uran besitzt ne-ben seinem radiotoxischen auch ein chemisch-toxisches Potenzial (Ne-phrotoxisch). Die Uranbelastung des Menschen erfolgt in der Regel über Lebensmittel und Wasser. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt die tägliche Aufnahme von Uran aus Lebensmitteln auf 1 bis 4 µg pro Person. Entsprechende Da-ten aus der Schweiz sind konsistent mit den Schätzungen der WHO. Die Aufnahme von Uran aus der Nah-rung ist generell niedrig. Falls aber erhöhte Werte im Trinkwasser auf-treten, ist es die bedeutendste Expositionsquelle. Die WHO weist 80% der tolerierbaren täglichen Auf-nahmemenge (TDI) dem Wasser zu. In den Trinkwasserrichtlinien der WHO wurde ein TDI von 0,6 µg/kg Körpergewicht festgelegt [3]. Aus diesem Wert hat die WHO zunächst noch einen gesundheitlichen Richt-wert von 15 µg/L abgeleitet, der dann aufgrund von neuen Studien auf den gegenwärtigen Wert von 30 µg/L angehoben wurde [4]. Der-zeit gibt es in der EU keine Rechts-vorschriften über Uran im Trinkwas-ser. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) be-fürwortet jedoch den TDI-Wert der WHO [5]. Der überwiegende Teil des Schwei-zer Trinkwassers gibt keinen Anlass zur Besorgnis, da nur in 0,3% der untersuchten Proben der WHO-

Uran ist ein natürlich vorkommen-des radioaktives Element. Je nach geologischem Untergrund variiert die Urankonzentration im Erdboden, im Durchschnitt beträgt sie unge-fähr 1,8 µg/kg. In höheren Konzent-rationen kann Uran beispielsweise in Graniten der Alpen vorkommen. Die Löslichkeit uranhaltiger Verbin-dungen ist abhängig von der je-weiligen Oxidationsstufe in der das Uran vorliegt. Uran (VI) ist in ioni-scher Form geochemisch mobil und kommt fast überall in der Umwelt vor. Aus diesem Grund ist mit Uran auch in Trinkwasser zu rechnen, falls dieses aus einem Grund- oder Quell-wasser gewonnen wird, welches in Kontakt mit uranhaltigen Gesteinen und Sedimenten steht. Das BAG hat bereits früher damit begonnen schweizerisches Trink-wasser hinsichtlich Spurenelemen-ten zu charakterisieren [1]. Insbe-sondere für das toxische Element Uran war die Datenlage bisher un-zureichend, um die notwendigen Grundlagen für die Risikobeurtei-lung von Uran bereitzustellen. Die Zielsetzung, Schweizer Trinkwasser-proben möglichst flächendeckend zu analysieren, wurde zwar nicht ganz erreicht, dennoch geben die vorliegenden Daten von über 5500 gemessene Proben eine gute Über-sicht der Situation in der Schweiz. Die Ergebnisse der Uranmessun-gen wurden detailliert in einer wis-senschaftlichen Publikation zusam-mengestellt, die soeben erschienen ist [2].

LebensmittelsicherheitVorkommen von Uran in Schweizer Trinkwasser

Im Rahmen eines nationalen Monitorings des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) wurden Spu-renelementprofile von Trinkwasser systematisch analy-siert. Die Untersuchungen umfassten Analysen von Oberflächen, Quell- und Grundwasser in der Schweiz, um möglichst viele Daten über Trinkwasser zu erfassen, die für die Gesundheit von Bedeutung sind. Die Qualität des Trinkwassers in der Schweiz ist generell gut und gibt keinen Anlass zur Besorgnis. Dennoch können sich auch unerwünschte Mineralien darin lösen. Das toxische Ele-ment Uran muss dabei besonders beachtet werden, weil es aufgrund geologischer Gegebenheiten vereinzelt in erhöhten Konzentrationen vorkommt.

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Referenzen1. Haldimann M, Pfammatter E, Venetz P.-

M., Studer P, Dudler V. Occurrence of arsenic in drinking water of the canton of Valais. Mitt Lebensm Hyg 2005; 96: 89–105.

2. Stalder E, Blanc A, Haldimann M, Dud-ler V. Occurrence of uranium in Swiss drinking water. Chemosphere 2012; 86: 672–9. http://dx.doi.org/10.1016/

j.chemosphere.2011.11.0223. WHO. Guidelines for Drinking-water

Quality. Geneva: World Health Organiza-tion, 2004.

4. WHO. Guidelines for Drinking-water Quality. Geneva: World Health Organiza-tion, 2011.

5. EFSA. EFSA Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies (NDA); Scientific Opinion on Dietary reference values for water. EFSA Journal 2010; 8: 48.

6. Deflorin, O. Natürliche Radionuklide in Grundwässern des Kantons Graubün-den. Dissertation, 16.1.2004. Universität Neuchâtel.

Abbildung 1 Die abgestufte Farbgebung der Karte zeigt die durchschnittlichen Urankonzentrationen aller untersuchten Wasserproben auf Gemeindeebene. Einige Gemeinden werden aus benachbarten Gemeinden mit Wasser versorgt. Diese sind jeweils hellgrau markiert, um sie von Gemeinden zu unterscheiden, aus denen keine Proben zur Verfügung standen (dunkelgrau). Der über-wiegende Teil der Daten aus dem Kanton Graubünden wurde aus einer anderen Studie übernommen [6].