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Ton 11 533 3. Strophen in Tönen Walthers 3a. Strophen in Tönen Walthers mit fremder Autor-Zuschreibung 11 A: Truchseß von St. Gallen I* Ich wil niht me ˆ den ougen volgen noch den sinnen. 31,3 diu rieten mir an zwei, daz ich diu solde minnen, diu wa ˆren a ˆne valsch geworht beidiu u ˆzen und och innen. Da ˆ wart ein we ˆnec in geleit, daz was niht stæte, 5 des vielten sich ir egge, do ˆ si solten ha ˆn gesniten. und wære eht niht wan daz alleine drinne vermiten, so ˆ wæren si allenthalben alse ganz an ir getæte, Daz sich ein iegeslı ˆcher mohte la ˆzen dran. owe ˆ, daz ich der trüge ie kunde an in gewan! 10 wie übel ich mich des schaden *..+ und in des lasters gan! 11 I* Trvhsze 110 A. 8 iecslicher A. 9 genan A. Brought to you by | St. Petersburg State University Authenticated | 134.99.128.41 Download Date | 12/24/13 11:44 PM

Leich, Lieder, Sangsprüche () || 3. Strophen in Tönen Walthers

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Ton 11 533

3. Strophen in Tönen Walthers

3a. Strophen in Tönen Walthers mit fremder Autor-Zuschreibung

11

A: Truchseß von St. Gallen

I* Ich wil niht me den ougen volgen noch den sinnen. 31,3

diu rieten mir an zwei, daz ich diu solde minnen,diu waren ane valsch geworht beidiu uzen und och innen.

Da wart ein wenec in geleit, daz was niht stæte,5 des vielten sich ir egge, do si solten han gesniten.

und wære eht niht wan daz alleine drinne vermiten,so wæren si allenthalben alse ganz an ir getæte,

Daz sich ein iegeslıcher mohte lazen dran.owe, daz ich der trüge ie kunde an in gewan!

10 wie übel ich mich des schaden *. .+ und in des lasters gan!

11 I* Trvhsze 110 A.

8 iecslicher A. 9 genan A.

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Anhang534

Erschließungshilfen

I*, 2: zwei: Bezug unklar. Denkbar ist ein Zusammenhang mit der Strophe L. 30, 29, die inder C-Fassung des Tons 11 (Hauptteil) ediert ist; dort ist von erprobten Schwertern dieRede, sodass die Strophe I* darauf verweisen könnte (vgl. Wi/Mi, Bd. II, S. 149).

I*, 4: wenec : ,eine Kleinigkeit‘.I*, 5: ,deshalb (ver-) bogen sich die Klingen, als sie schneiden sollten‘.I*, 6: ,und wenn nicht dies allein im Inneren fehlte‘ (gemeint: ,wenn es nicht den einen

Makel gäbe‘).I*, 10: Es fehlt ein finites Verb; in der Editionstradition finden sich die Vorschläge: schame

oder fröuwe; vgl. auch den Textkritischen Kommentar.

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Ton 1 535

3b. Namen- und kontextlose Strophen in Tönen Walthers

1

J

*. . . . . . . . . . . . . . .+

II*b5* Waz rachen siean im? er niemit in begiewan veterlıche sache.

5 Sın lere was in e bereit,sie taten im ane schulde leit.des ist ir unheil worden breitzer helle an ungemache.

IV* We in des unde nimmer wol,ir pın sich niht verenden sol.der grözten pıne sint sie vol,Der da ist in abgrunde,

5 Gamaliel in kundean thalamot die vunde.Die valschen vunde roubenir sinne rehtez gelouben.Waz wil ich des geredet me?

10 wir bitten got, daz er an seDie Kristes gelouben wartenunde nie da von gekarten.Krist zelt sie sıne zarten,daz wizzen die gelarten.

15 Sın schirm ist ob in tegelıch,ouch will er sie ze himelrıchHan, sie ganzen gelouben uf kristelıchez leben,so wil er ewic ere zu himelrıche in geben.amen, amen, amen.

1 J 2 ra.

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Anhang536

Erschließungshilfen

II*b5* 1f.: sie: Gemeint sind die Juden; im: Christus.

IV*, 4: Der Vers ist in seiner semantischen und syntaktischen Rolle nicht leicht zu durch-schauen. Hier wurde mit Blick auf das folgende Verständnis interpungiert: In V. 3 wirddavon gesprochen, dass die Juden voll von schlimmster Qual seien; in V. 4 kann –verunklärt durch einen Genuswechsel (pın kann sowohl weibliches als auch männlichesGenus haben) – diese Qual im Abgrund der Hölle verortet worden sein.

IV*, 5-8: Gamaliel: Hier gemeint ein angesehener Pharisäer und Lehrer zur Zeit der Apostel.Die Passage ist wohl so zu verstehen, dass Gamaliel den Juden am Talmud die rechtenLehren (vunde) aufzeigt; die falschen Lehren führen indes zu einem Verlust des rechtenGlaubens. Bei diesem Verständnis ist zu beachten, dass das Wort vunt mit einer rechtspezifischen Bedeutung belegt wird, die bereits eine Portion Vorverständnis in sich trägt.

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Ton 8 537

8

Ma

I* Ez sol uz schalches mundegelıche zemen den biderben mansın loben und ouch sın schelden.got selbe niht engunde

5 den geisten, daz si in ruofen an,si müezen ir lobes entgelden.

Er heizet si varen in die swın,wie mohte ein schande grœzer sın?da mit tet er uns allen schın,

10 daz wir ir lobes niht enruochen,die selbe unlobelıche lebentund in den schaden tiefe swebent,swem *. . . .. . . .+ ein vluochen.

8 I* Ma III.13/14 Nach swem Spaltenwechsel, Blattbeschnitt.

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Anhang538

Erschließungshilfen

4-6: Gott verbietet den Dämonen, dass diese ihn anrufen; für solch eine Art von ,Lob‘müssen sie Strafe erleiden.

10: enruochen: ,nicht wünschen‘.

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Ton 9 539

9

Ma: I*

s: II* III*

I* Ein ander minne mac unminne heizen wol,verwazen ketzerıe und aller schaden vol!obe aller missetat daz hœst unbilde!die ervant ein wıser meister, Orpheus genant.

5 des harphen was den wilden tieren so bekant,daz sı da bı vergazen gar ir wilde.

Der kerte an schœne junge mander wıbe minne. owe, daz sich noch ieman kan,verschamter lıp, vor got geunerte schœne!

10 owe, daz er mannes bilde hat,der also harphet unde an im harphen lat!naturen vıant - daz in der tiuvel hœne!Amen!

II*

9 I* Ma II.3 vmbilde MaFr. 8 owei MaFr. 12 hone Reimpunkt Amen Punkt Dv tuget scribv MaFr.

Dieser Strophe gehen folgende fragmentarische Verse voran, die möglicherweise zum selben Ton gehören:

... inne Punkt

di hat vro nat ....../ben Punkt

swa si noch wont Punkt vn indv werlde ist bliben Punkt

da let sich selden veile werde minne

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Anhang540

II* Eyn goyter moyt ist gerne wiser worde rijch,Eyn goyter moyt ist velsches vry rijchelijch,Eyn goyter moyt werket goeds hulde und eere,Eyn goyter moyt kan ongemakes vil bewaren,

5 Eyn goyter moyt mach wol dorch alle rijche varen,Eyn goyter moyt ist goet ymermeere,Eyn goyter moyt macht guo eten vil,Eyn goyter moyt nicht gerne oncuyschet sprechen wil,Eyn goyter moyt kan man tzu eren bringen,

10 Eyn goyter moyt ist zues unde goet,Eyn goyter moyt den edelen goeden zenfte doet,Eyn goyter moyt can na goedes hulden ringen.

III* Ein bueser moyt verermet ziel und lijp,Ein bueser moyt crenct gerne werde lijp,Ein bueser moyt spricht gerne untguo epijliche,Ein bueser moyt dem duvel vil zuo lieve doyt,

5 Ein bueser moyt nemmer dankes sprichet goet,Ein bueser moyt ist bueser worde rijche,Ein bueser moyt ist scalken lief,Ein bueser moyt ist alre eren gar ein dief,Ein bueser moyt velschet locht und erden,

10 Ein bueser moyt ist buesheit vol,Ein bueser moyt nemmer dankes sprichet wol,Ein bueser moyt deyt siel und lijp verderven.

II* 36 1 s.1 Initiale nicht ausgeführt s. 4 ong/makes (?) s. 6 ymermee s.

III* 36 2 s.8 gar in s.

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Ton 9 541

Erschließungshilfen

I*: Zur Verteufelung der Homosexualität im historischen Kontext vgl. Bein, ZfdPh 1990.I*, 8: … owe …: wohl soviel wie: ,Ohweh, dass sich darauf jemand versteht!‘ (möglicherweise

eine verderbte Stelle).

II* und III*: Mittelniederdeutscher Text. Ein mittelniederdeutsches Wörterbuch ist onlineverfügbar:http://www.rzuser.uni-heidelberg.de/~cd2/drw/s/Sa-schm.htm#Schiller-Lubben.

II*, 1-12: moyt = mhd. muot.II*, 9: man: ,Männer‘ (man ist im Mhd. Nom. Sg. und Pl.; Umlaut und -er-Endung sind späte

Analogiebildungen).II*, 10: zues = mhd. suoz.

III*, 1: ziel = mhd. sel(e).III*, 3: untgu

oepijliche: Das Wort ist so in den verfügbaren mittelniederdeutschen Wörterbü-

chern nicht zu finden. Es dürfte sich am ehesten um eine – vielleicht verschriebene –Form von ,unbillich‘ handeln, Sinn hier: ,Ein ,böser‘/,schlechter‘ Charakter redet gern inungebührlicher Weise‘.

III*, 5/11: dankes: ,freiwillig‘.III*, 7: scalken lief: ,… den Bösen lieb‘.III*, 9: locht = lucht : ,Luft‘.

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Anhang542

10

H: I*-V*

I* Gehovet, verhovet unde ungehovet, [7148,16] 149,16

die zwei geswechet unde verschrovetsint gar, daz dritte mac wol eren walten.behoveter man, dın werdez leben

5 ist aller maze schone gegeben;des mac dın zarter lıp in sælden alten.

Eren bist du ingesinde,trahte, daz unfuoge swindevor den claren ougen dın.

10 unde tuost also unde folgest mıner lere,sa buwes du uf eren straze.guot man, ganzer zuht niht laze,halt daz reht ane argen pın,fliuch falschen rat, mıns herzen trutgeselle,

15 sa wirt dın lop der werlde schın.

II* Verhofter schalc, waz sol dın leben? 149,31

dir ist niht anders hie gegebenwen spot, den trıbes du zuo allen stunden.daz ist dıns herzen seitenspil,

5 des kanst du trıben also vil.wol hin alzuo den leiden hellehunden!

Den reinen du vil gar verschimphes,alle dinc du ime unglimpfes,we dir, snœder hellebarn!

10 dir ist alsam dem feigen Kam verfluochet,du luftes nıt, du eitercluse.also uf den huwen ist dın gruse,den man siht des nahtes *varn+.kere zuo ime, deme du dienest zuo allen stunden;

15 ich mac dich lenger niht gesparn.

III*

10 I* 74 H.12 zuo ht H. 14 fluch H.

II* 75 H.8 unglimpis H. 13 varn] fehlt H.

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Ton 10 543

III* Ich wil deme ungehoften man 149,46

ein hus uf aller schanden banhin buwen also den siechen uf dem felde.wande er ist aller tugende ful:

5 also ein vil unfersunnen mulstet er vil *tumbe+ uf aller hande melde.

Er slunde alsame ein ruoch alleinegerne sıne habe gemeinenaht und tac zuo aller stunt,

10 ouwe, daz dich getruoc ie wıbes kunne!daz was ein jæmerlıche swære.gote bist du gar unmære,deist mir von dir worden kunt,du arger zage, du snœdez faz unreine.

15 wol hin deme tiufel in den munt!

IV* Got hat ime rehten sin gegeben, 150,61

wer an ime selben hat daz leben,daz man in für gehoften man erkennet.deme ist sur unde süeze kunt.

5 an schanden wirt er niht enzunt,obe er den sin gehoftes muotes wennet.

Ein bıspel kieset an Adame,do Kaym, sın feiger same,zuo der werlde wart geborn;

10 in ungehofte sluoc er sınen bruoder,Abel, den fil tugende rıchen,deme sın opher wirdeclıchenwac do für den gotes zorn.vor gotes ougen sint die ungehoften

15 same nezzelkrut unde scharpher dorn.

V*

III* 76 H.4 duo ginde fol H. 6 tumbe] fehlt H. uffe H. 15 duo fil H.

IV* 77 H.

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Anhang544

V* ›Durch got du sage mir, meister mın, 150,76

sich, daz geteilte wese dın,daz beste kius al under disen beiden.du solt bı dem verhoften wesen,

5 bı ungehoftem man genesen.der zweier solt du mich durch zuht bescheiden‹.

›Kint, du tuost eine dumme frage,der ich dich vil gar untrageminniclıch bescheiden wil.

10 verhofter leckere, der ist so unmærevor den claren gotes ougen;so mac der unsanfte tougenwole erwerben hoves zil.ich Walther bı den ungehoften balde

15 blibe durch ir gumpelspil.‹

V* 78 H.5 ungehoftin H. 9 minnıclich H. 12 sa H.

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Ton 10 545

Erschließungshilfen

I*, 2: verschroven: ,verderben‘, ,zerreißen‘; das Verb wird bei Lexer (III, 220) und BMZ alshapax legomenon gebucht.

I*, 11/15: sa: ,sogleich‘.

II*, 1: schalc : ,böser Mensch‘.II*, 6: leid: ,tödlich‘ (Adjektiv).II*, 10: Kam = Ham, ein Sohn Noahs, der verflucht wurde.II*, 11: luftes nıt : Gemeint ist jemand, der dem Mitmenschen nicht die Luft zum Atmen

gönnt.II*, 12: huwe: ,Nachteule‘, ,Uhu‘. Die Passage hat Sprichwortcharakter. Wi/Mi formulieren

(II, S. 424): „Es geht ein Schrecken von dir aus, wie vom Uhu“.

III*, 2: ban: ,Bahn‘.III*, 6: Gemeint vielleicht: ,der unhöfische Mann steht töricht wie ein Esel da und wird zum

Objekt des Geredes‘.III*, 10: kunne: hier ,Geschlecht‘.

IV*, 6: wenen + Gen.: ,an etwas gewöhnen‘.IV*, 13: wac < wegen: hier ,aufwiegen‘, ,ausgleichen‘.

V*, 8: untrage: ,schnell‘.V*, 9: bescheiden: ,unterrichten‘.V*, 15: durch: ,wegen‘.

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Anhang546

Die Kolmarer Meisterlieder-Sammlung überliefert in diesem Ton noch fünf späte Strophen, von

denen keine anderwärts Walther zugewiesen wird. Vgl. RSM 5, WaltV/7/500a/b (S. 471 f.)

und Haustein, Lied im deutschen Mittelalter, 1996.

t: It-Vt

Her walthvs vo dv vogelweyde hoff wyse odv wedelwys

It Mary du bist daz bernde ryß Bartsch 810

IIt Mary du bist der here tron

IIIt Mary du bist der eymer rot

IVt Mary du bist die here rüt

Vt Mary du bist die schon hester

Die Meisterliederhandschrift y überliefert in diesem Ton ohne Namen drei Strophen, die nur hier

bezeugt sind. Vgl. RSM 5, WaltV/7/501 (S. 472).

cgm 1019 (y): Iy-IIIy

Jm wendel donn

Iy Jch han lang an ein wirt gezert

IIy Sich auf du edelle Cristenheit

IIIy Sich mensch die pann das ist dein leben

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Ton 11 547

11

n

I** Rıt oder gat ieman gevangen oder gebunden? 152,1

treit ieman ganzen lıp mit hundert tusent wunden?ist ieman lebendic und doch tot? hat ieman daz befunden?

Ja daz geschiht von eime unbescheiden wıbe;5 wa sich ein eren gerender man zuo der gesellet hat,

der ist gevangen und gebunden, des ist kein rat,und ist ouch wunt an sele und an deme lıbe.

Aber ein sælic man mac sich wol vröiwen immer me,deme got hat gegeben ein reine biderbe wıp zuo der e,

10 wan ir güete und ir tugent liez ime geschehen niemer kein we.

11 I** I 20 n.4 vnbeszeidine n. 9 bierue n.

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Anhang548

Die Kolmarer Meisterlieder-Sammlung überliefert in diesem Ton neun Strophen, darunter drei

für Walther früh bezeugte. Vgl. RSM 5, WaltV/8/500-502 (S. 476 f.).

t: It-IIIt; IVt-VIt

C: IVt Schuolmeister von Ezzelingen Text nach t

It Ich habe in haubt sonden lange geslaffen leyder, Bartsch CLV,2

dar vmb so forht ich sele vnd lip ir beyder.here got, bescher vns dort dyn hymmelschen kleyder.2Bitt dinen son, Maria, hochgelobte koniginne9,

5 für mich, sit er durch dich düt vnd lat,habe ich uff dieser erden ye gelebt in missetad,daz ist mir leit. ich bitt dich, fraüwe, der dinen gewaren mynne.

Vil hochgelobter fatter, son, hayliger geist,sit dü alle ding herkennest vnd wol weist,

10 so herbarme dich, here, über vns, sit dü herbarmhertzikeit dreist.

IIt Der abent zühet zu, der dag wil mir entsliffen, Bartsch CLV,3

myn lieht blümen felwent kalt riffen,myn grünes graß zu haüwe würt, mag ich wol griffen.

Ich forchte, daz der meder kome, der mir myn füter mote.5 got wolle, daz er lange sü, daz det mir werlich not.

den meyder, den ich meyne, daz ist der grymme dot;dez lit myn hertz in schrecken groß beyde frü vnd spote.

Got wolle, daz wir also rechen vnser haüwevnd daz wir vnser grünez graß also verstraüwen,

10 daz wir vns mit got in dem paradise herfraüwen.

IIIt

11 t Unter der Überschrift Her walthvs vo der vogelweyde gespalte wys sind in t in Dreierbars notiert: 11 I

I t II t, III t 11 XII XVI, IV t V t VI t. - Die Schreibung der Hs. ist beibehalten (y ohne den regelmäßig darüber

gesetzten Punkt, Superskripte und Abbreviaturen aufgelöst).

It 807,2 t.4 Maria hoch gelobte koniginne bitt dinen son t.

II t 807,3 t.5 wolle] wz t. 9 verstrauo wen t.

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Ton 11 549

IIIt Es sint nit alles frunde, die man do frunde heisset. Bartsch CLVI,1

er ist ein fruont, der gein dem andern früntlich beyssetin gantzer steter liebe vnd in sin früntschafft dan dar zu reisset.

Er ist ein frünt, der gein dem man mit worten5 lebt in dem hertzen sin an allez küntterfeyt.

ich enahte sin zü fründe nit, yme si danne leit,waz sinem lieben fründe wirret vnd schat an allen orten.

Er ist ein frunt vnd ein getrüwer man,der sinen fründen in fruntschafft alles guten gan

10 in gantzer steter liebe vnd er dar an nit wencken enkan.

IVt Mit dienste man gar lützel hüre erwirbet, Bartsch CLVII,1

nü merckent alle, wie vil dienstes nü vil verdirbet.die eym jüngen dienent, der vergisset, der alte stirbet.

Ach got, wer mag der rechten mittelünge geforen,5 daz er also gediene, daz sin dienst yt werde verlorn?

wer selb it hat, daz ist ym güt, weiß got, für den zorn.man siht die heren dicke gein dem dienste schmehelich geborn.

Welich knecht sich dürch sinen heren gesümet yemer dag,der sin selbes ding nit wirbet, obe er mag,

10 der sümet sich, wanne ez ist nit alz do man drüwe plag.

Vt

IIIt 808,1 t.6 si] sie t. 7 fründen t.

IV t 809,1 t, Der Schvolmeist v von Esselingen 6 C.

C überliefert die Strophe in folgender Form:Mit dienste man iezvnt harte kvme gvo t erwirbet Reimpunkt nv merkent alle wa von dienest vil verdirbetReimpunkt dv du dien ivngen der vergisset (?) dien alten der erstirbet Reimpunkt ia herre got wv kan derrehten mittel varen Reimpunkt das er also gediene das sin dienest iht si verlorn Reimpunkt swer selbe ihthat das ist gvo t weisgot fur den zorn Reimpunkt die herren kvnnen gegen ir diener schalkelich gebarenReimpunkt swer sich dvr sinen herren svmet iemer tag Reimpunkt das er sin selbes ding nit schaffet ober mag Reimpunkt der effet sich es ist nit als do man truwen phlag Reimpunkt.

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Anhang550

Vt Ich habe gefarn wite sihte in den landen, Bartsch CLVII,2

vff vppekeit der welte habe ich *mich+ wol verstandenvnd kan mich doch gehüten nit, mir gange doch vil zü handen.

Die sonne die scheyn ye, daz ich mich syn dicke müste fraüwen,5 dar nach so kam ein regen vnd maht mir die kleyder naß.

dar an soltu gedencken, getrüwer knecht, furbaz:wanne dich din here lachet an, so laß dir sin getraüwen.

Wanne dir die sonne schinet, lege den mantel an.biz dinem heren zü allen züten vndertan,

10 dien ym wol, getrüwe yme nit, daz rat ich, wo ich kan.

VIt Nu merckent, wie getrüwer dienst sich vollendet, Bartsch CLVII,3

daz *er+ in siner getrüwekeit suß würt gephendet,mit vndanckberem lone so würt dienstes vil herwendet.

Getrüwer knecht, nü diene wol, daz ist myn lere.5 wanne dü verdienest dinen lon, so soltü sin begeren.

düstü daz, ez würt dir liep, ich wil dichs weren.folge mynß rotes hie, ez fromet dich noch mere.

Wie drüt, wie liep auch dich din here hat vsßerkorn,hat er dir drüwe geben vnd dar zü eide gesworn,

10 nü diene yme drissig iare wol, es ist zü eynre stünt verlorn.

V t 809,2 t.2 mich] fehlt t.

VIt 809,3 t.2 er] fehlt t.

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Ton 11 551

Erschließungshilfen

I**, 4: unbescheiden: ,unentschieden‘, ,ungebührlich‘ oder auch ,unklug‘ – der semantischeSpielraum ist recht groß; hier passt wohl am besten ,unentschieden‘, d.h. eine Haltungder Frau, die den Mann in einem Schwebezustand verbleiben lässt: lebendig und totzugleich (V. 3).

It, 1: haubt sonden: ,schwere Sünden‘, ,Todsünden‘.It, 5: düt und lat : ,tut und lässt‘.It, 10: dreist < tragen: ,du trägst‘.

IIt, 2: kalt riffen ist Subjekt des Satzes; rıf = ,Reif‘ wird im Mhd. auch im Plural verwendet.IIt, 4: meder : ,Mäher‘; mote < mæjen : ,mähen‘, Prät.

IIIt, 1-3: Das Verständnis der Verben beysset und reisset ist problematisch. Vom Reim herbetrachtet müssten sich beysset und reisset auf heisset reimen; das würde bedeuten, dassbeysset ein diphthongiertes bızen wäre, nicht aber mhd. beizen. Bedeutung: früntlich bızen =,freundliches Zeigen der Zähne‘, ,lächeln‘. Ähnlich reisset : diphthongiert < rızen. Aller-dings diphthongiert t sonst nicht. Geht man also bei beysset von beizet aus, wäre zumeinen die Lautqualität eine andere, und zum anderen würde auch die Bedeutung (,aufBeizjagd gehen‘ u.ä.) kaum passen. So auch bei reisset = reizet; die Lautqualität ist eineandere als bei heizzet – die Bedeutung ,reizen‘ hingegen passt in den Kontext: die Freund-schaft des einen reizt die des anderen.

IIIt, 5: küntterfeyt : ,Falschheit‘.

IVt, 1: hüre = hiure: ,heute‘.IVt, 3: Der Satz ist syntaktisch etwas holprig; gemeint wohl: ,Dient man einem Jungen, dann

vergisst der zu belohnen, dient man einem Alten, dann stirbt er, bevor er entlohnt hat‘.IVt, 4: mittelünge: ,der mittlere Weg‘ (in dieser Bedeutung bei Lexer I, 2189 nur für diese

Stelle gebucht).IVt, 5: yt = iht, hier in negativer Bedeutung ,nicht‘.IVt, 6: Gemeint wohl: ,Jemanden, der dient (und dafür nichts erhält), besänftigt die Tatsache,

dass er schon etwas besitzt‘.IVt, 7: geborn = gebaren: ,sich verhalten‘.IVt, 8: gesümet < sumen: ,versäumen‘.IVt, 8-10: Gemeint: ,Der Diener soll sich nicht im Dienst aufreiben, sondern auch sich

selbst im Blick haben, denn die ,gute alte Zeit‘, in der noch ,Treue‘ herrschte, ist vorbei‘.

Vt, 1: wite sihte: wörtl.: ,weite Sicht‘; hier syntaktisch am ehesten adverbial zu verstehen: ,Ichbin in den Ländern viel sehend gereist‘.

Vt, 3: … mir gange …: ,mir ist doch viel zugegangen‘ (von dem Reichtum der Welt).Vt, 7: Der zweite Halbvers ist in der überlieferten Form schwer verständlich. Der Kontext

(vor allem V. 8 und 10) lässt erwarten, dass dem Knecht hier geraten wird, dem Lachendes Herrn nicht zu trauen (genauso wie man dem Schein der Sonne nicht trauen soll).Die Konstruktion ist jedoch schwer durchschaubar: ist sin das Verb ,sein‘ oder ein Genitiv(rückzubeziehen auf ,Herr‘ oder dessen ,Lachen‘ )? Und wie wäre ein reflexives lazen zuverstehen?

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Anhang552

VIt, 2: phenden: ,jemandem etwas nehmen‘, hier zu so zu verstehen, dass für den DienstLohn eingeholt wird.

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Ton 14 553

14

A: I* II* Reinmar der Fiedler

I* Got welle sone welle, doch so singet der von Seven 165,1

noch baz danne ieman in der welte. fraget nifteln unde neven,geswıen, swiger, sweher, swager, *ob+ ez ensı war.tageliet, clageliet, hügeliet, zügeliet, tanzeliet, leich er kan,

5 er singet criuzeliet, twingliet, schimphliet, lobeliet, regeliet als ein man,der mit werder kunst den liuten kürzet langez jar.

Wir mugen wol alle stille swıgen, da her Liutolt sprechen wil;ez darf mit sange nieman giuden wider in.er singet also ho ob allen meistern hin,

10 ern werde noch, die nu da leben, den brichet er daz zil.

II* Daz erste wıp dem ersten man den ersten schaden riet, 165,11

da von got vil menege sele von deme paradıse schiet.dirr itewız der wirret guoten reinen wıben niht.wıp unde wıp, gelıcher name, v il ungelıchez leben.

5 der welde heil uns einiu nam, daz habt uns einiu wider geben,ein engel und ein reine wıp sint [ ] wol in einer phliht.

Vil reiniu muoter unde maget, diu uns von Even stricke nam,dın werdicheit behüet uns noch diu reinen wıp.so gewinnet wegescheiden hie der zweir lıp;

10 die guoten dort, die übelen hie. wer ist den beiden gram?

14 I* Reimar der Videler 11 A.3 ob] fehlt A. 5 schiemphiet A.

II* Reimar der Videler 12 A.1 dem] den A. eriet A. 3 diert A. 4 wil A. 6 sint beide wol A. 9 gewinnent A. 10

wer ist] die sint A.

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Anhang554

Erschließungshilfen

I*, 1: Got welle sone welle …: ,Ob Gott will oder nicht …‘.I*, 4: hügeliet : ,Freudengesang‘; zügeliet : die Bedeutung ist unklar; Lexer formuliert (III, 1169):

„lied mit besonders langen zügen des fiedelbogens?“ Lachmann hatte zu lügeliet gebessert,doch Lexers Hinweis auf die Wörter zucdon, zügewıse mahnt zur Vorsicht.

I*, 5: twingliet : „drängendes (zur milte) nötigendes lied“ (Lexer II, 1601 nach Wackernagel –ohne weitere Belege für ein solches Kompositum). regeliet : In dieser Schreibweise lässtsich das Kompositum nicht weiter belegen; zu glossieren wäre es mit ,Bewegungslied‘;Lachmann hatte zu rüegliet (,Rügelied‘ ) konjiziert, doch sollte man angesichts der grund-sätzlich sehr unfesten Gattungsbezeichnungen auch hier mit einer Korrektur vorsichtigsein.

I*, 10: ern werde noch …: hier wird eine Ausnahme mit Bezug auf V. 9 formuliert: ein Meister,den er nicht übertrifft, muss erst noch geboren werden. zil brechen: hier ,künstlerischvernichten‘.

II*, 3: itewız : ,tadelnder, strafender Vorwurf‘.II*, 6: in einer phliht : ,von einer Art‘.

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Ton 15 555

15

M: I*

I* Der starke winder hat uns verlan, 167,16

diu sumerzıt ist schone getan,walt unde heide sih ich nu anloup unde bluomen, cle wolgetan,

5 davon mac uns fröide nimmer mer zergan.

15 I* M (Carmina Burana 135a)

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Anhang556

24

h

I* Got herre, *verre+ mane ich dich, 174,1

niht verre, herre, mirdıne hulde. schulde han ich vil.nach schulde *hulde+ die suoche ich.

5 sıt niuwe riuwe dirbringet riuwe niuwe swa du wil,

So bedenket wol dın güete,daz mich hat betrogender werlte süeze. ir valschen ræte

10 hant becrenket mın gemüete;dicke ich han gelogen.gerne ich dir büeze missetæte.

Ere sere mich verriet,si liuget, triuget vil der diet.

15 Crist der wıse wıse mich dar,da dın wunne kunne wesen gar.

24 I* 23 h.1 verre] fehlt h. 3/6 viel: wilt h. 4 hulde] fehlt h. 5 nivwer rivwe (e unterpunktet ) h. 9 wvltenh. 12 bvze missete h. 14 viel dv dich h.

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Ton 24 557

Erschließungshilfen

I*, 2: verre < verren: ,fern halten‘.I*, 13: verriet < verraten: ,falsch raten‘, ,irreleiten‘.

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Anhang558

In hv walthvs guldin wyse

t: I-XXI

Nur in der Meistersingerüberlieferung wird die Goldene Weise außer Wolfram auch Walther

zugeschrieben, allerdings ohne alte Textüberlieferung. Vgl. RMS WalthV/24/2a-5a

(S. 488-490)

It Die trinitat gedryet Bartsch 811

IIt Ich bitt bitt dich vattv hve

IIIt Wer büwet in die kore

IVt Maria magt reine

Vt Des bistu gar besünder

VIt Fraüwe meyt üch stut gezeme

VIIt Johans in latterne

VIIIt Fraüwe magt ir worent wise

IXt Fraüwe meyt ir solt nit loügen

Xt Uatter ich wil dich bitte

XIt Daz swebet odv hanget

XIIt Got hat gotte gefroget

XIIIt Wer rotet wo got were Bartsch 812

XIVt In adelers wise

XVt Ach hvre got ich schrie

XVIt Vil maniger mich an lachet Bartsch 813

XVIIt So phii dir falsches lachen

XVIIIt Wo wart ye falsch so grosser

XIXt Die slange die hat gesprochen Bartsch 814

XXt Ein apphel der wart gessen

XXIt Ein engel kam mit zorne

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