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Vor zehn Jahren wurde das Leitbild des Caritasverbandes für den Rhein-Erft-Kreis e.V. verabschie- det. Ziel war, bewusster die Iden- tität des Verbandes als kirchlicher Wohlfahrtsverband in der heutigen Zeit in den Blick zu nehmen. Es galt, ein klares Selbstbild zu for- mulieren, sowohl intern für alle Mitarbeiter/innen als auch für die Öffentlichkeit. Allerdings stehen die allgemeinen Formulierungen eines solchen Leitbildes und die konkrete Praxis im Alltag notwen- digerweise immer auch in einer Spannung zwischen Ist und Soll. Eine Spannung, die fruchtbar sein sollte für die Weiterentwicklung der Praxis. Seinerzeit wurde eine Leitbildpaten- gruppe eingerichtet mit der Aufgabe, diesen Prozess im Verband zu begleiten. Der Sprecher der Gruppe, Dipl.-Psych. Walter Dreser von der Caritas-Erziehungsberatungsstelle in Erftstadt, nimmt das zehnjährige Bestehen zum Anlass, Menschen im Verband zu bitten, zum Leitbild Stellung zu nehmen. In dieser Ausgabe beginnt die Reihe mit Fragen an Kreiscaritasdirektor Arnold Biciste. Dreser: Herr Biciste, wenn Sie auf die vergangenen zehn Jahre in der Entwicklung des Verbandes unter dem Aspekt des Leitbildes zurück- blicken, was sind dann für Sie die drei markantesten Punkte? Biciste: Nach der Verabschiedung des Leitbildes war der nächste wich- tige Prozess die Entwicklung der Fachleitbilder zur Konkretisierung der notwendigerweise abstrakten Inhalte des Gesamtleitbildes auf die Praxis der einzelnen Dienste. Dann galt es durch die neuen Kon- zepte zur Personalförderung und -entwicklung das zu unterfüttern, was im Abschnitt 5. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unser wichtigstes „Kapital“ benannt war. Hier ist auch das Betriebliche Vorschlagswesen zu 10 Leitbild im Gespräch Interview 3 / 2006 nennen als eine Form der Beteiligung der Mitarbeiter. Als dritter Punkt ist mir wichtig, dass auch Dienste, die nicht immer kosten- deckend arbeiten können, aber dennoch im Sinne unseres Dienstes an den Menschen bedeutsam sind, z. B. famili- enunterstützende Dienste wie die Fami- lienpflege und die Beratungsstellen, vom Gesamtverband mitgetragen werden. Wo glauben Sie, dass das Leitbild auch für die einzelnen Mitarbeiter im Verband spürbar werden konnte, viel- leicht gar nicht unter dem Namen „Leitbild“, aber eben doch erkennbar als Bemühen, den Anforderungen des Leitbildes gerecht zu werden? In einem so großen Verband ist das natürlich höchst unterschiedlich. Das bedeutet, dass in erster Linie die Lei- tungskräfte diese Prozesse miterleben. Ihre Aufgabe ist es dann, dies in die Einrichtungen zu tragen und immer wie- der bewusst zu machen. Angesichts des enormen Wachstums des Verban- des seit der Verabschiedung des Leit- bildes ist es wichtig, dass dieser Pro- zess immer wieder erneuert wird, wobei wir mit dem Grundkurs des Glaubens für Leitungskräfte einen aus meiner Sicht wichtigen Beitrag dazu leisten. Gab es auch kritische Stimmen zum Leitbild? Zunächst einmal gab es die Situation, dass bei notwendigen personellen Konsequenzen wie Abmahnungen dies als nicht vereinbar mit dem Leitbild bezeichnet wurde. Deshalb hatten wir ja in die Formulierung des Leitbildes aufgenommen, dass eine Berufung auf die christlichen Grundlagen des Ver- bandes nicht zur Verhinderung von ggf. notwendigen Trennungen von Mitarbei- tern benutzt werden dürfe. Daneben gibt es aber auch immer wie- der kritische Fragen, ob wir mit der Umsetzung des Leitbildes weit genug vorankommen. Gelingt es uns in genü- gendem Maße, den inneren Anspruch, den wir haben, in die einzelnen Voll- züge der konkreten Begegnung mit Menschen hineinzutragen. Was sind aus Ihrer Sicht am ehesten „Klippen“, die das Realisieren des Leitbildes im Alltag erschweren? Schwierig ist immer wieder die Balance zwischen dem Wunsch, hel- fen zu wollen, und der Wirtschaftlich- keit. Eine große Klippe ist aber auch die Riesenanzahl an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, wo gar nicht alle Überzeugungstäter im Sinne der Caritas sein können. Daher liegt die Betonung auch auf der besonderen Verantwortung der Leitungskräfte, für Impulse zur Umsetzung des „Geistes“ des Leitbildes zu sorgen, ein Bewusstsein für die gemeinsame Aufgabe zu schaffen und Dienst- gemeinschaft erlebbar werden zu lassen. Was sollte Ihrer Meinung nach in der nächsten Zukunft besonders in den Blick genommen werden? Besonders wichtig ist mir die Perso- nalentwicklung. Darüber hinaus kommt der Caritas in Zeiten des Abbaus sozialer Leistungen auch eine Anwaltschaft für Menschen in Not zu. Außerdem will ich benennen, dass wir ergänzend zur fachbezoge- nen Fortbildung auch spirituelle An- gebote und pastorale Begleitung brauchen, um eine angemessene Verbindung der Ideen des Leitbildes und der Praxis zu fördern. Der Verband hat viele Mitarbeiter/ -innen und Einrichtungen, die in ganz verschiedenen Aufgabenbe- reichen tätig sind. Was glauben Sie, könnte hilfreich sein, um die innerverbandliche Kommunikati- on und das Zusammengehörig- keitsgefühl zu stärken? Als wichtig sehe ich das gemeinsa- me Feiern an, einen Bereich, in den wir auch eine Menge Geld hinein- stecken. Hilfreich können auch fach- bereichsübergreifende Fortbildun- gen sein. Darüber hinaus glaube ich, dass die Interdisziplinärität des „Hin- schauens“ im Bereich der Personal- entwicklung ebenfalls diesen Pro- zess fördern kann. Dreser: Vielen Dank, Herr Biciste, für das Gespräch.

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Vor zehn Jahren wurde das Leitbilddes Caritasverbandes für denRhein-Erft-Kreis e.V. verabschie-det. Ziel war, bewusster die Iden-tität des Verbandes als kirchlicherWohlfahrtsverband in der heutigenZeit in den Blick zu nehmen. Esgalt, ein klares Selbstbild zu for-mulieren, sowohl intern für alleMitarbeiter/innen als auch für dieÖffentlichkeit. Allerdings stehendie allgemeinen Formulierungeneines solchen Leitbildes und diekonkrete Praxis im Alltag notwen-digerweise immer auch in einerSpannung zwischen Ist und Soll.Eine Spannung, die fruchtbar seinsollte für die Weiterentwicklungder Praxis.

Seinerzeit wurde eine Leitbildpaten-gruppe eingerichtet mit der Aufgabe,diesen Prozess im Verband zubegleiten. Der Sprecher der Gruppe,Dipl.-Psych. Walter Dreser von derCaritas-Erziehungsberatungsstelle inErftstadt, nimmt das zehnjährigeBestehen zum Anlass, Menschen imVerband zu bitten, zum LeitbildStellung zu nehmen.In dieser Ausgabe beginnt die Reihemit Fragen an KreiscaritasdirektorArnold Biciste.

Dreser: Herr Biciste, wenn Sie aufdie vergangenen zehn Jahre in derEntwicklung des Verbandes unterdem Aspekt des Leitbildes zurück-blicken, was sind dann für Sie diedrei markantesten Punkte?Biciste: Nach der Verabschiedungdes Leitbildes war der nächste wich-tige Prozess die Entwicklung derFachleitbilder zur Konkretisierungder notwendigerweise abstraktenInhalte des Gesamtleitbildes auf diePraxis der einzelnen Dienste.Dann galt es durch die neuen Kon-zepte zur Personalförderung und-entwicklung das zu unterfüttern,was im Abschnitt 5. Mitarbeiterinnenund Mitarbeiter unser wichtigstes„Kapital“ benannt war. Hier ist auchdas Betriebliche Vorschlagswesen zu

10

Leitbild im Gespräch

Interview

3 / 2006

nennen als eine Form der Beteiligungder Mitarbeiter.Als dritter Punkt ist mir wichtig, dassauch Dienste, die nicht immer kosten-deckend arbeiten können, aber dennochim Sinne unseres Dienstes an denMenschen bedeutsam sind, z. B. famili-enunterstützende Dienste wie die Fami-lienpflege und die Beratungsstellen, vomGesamtverband mitgetragen werden.

Wo glauben Sie, dass das Leitbildauch für die einzelnen Mitarbeiter imVerband spürbar werden konnte, viel-leicht gar nicht unter dem Namen„Leitbild“, aber eben doch erkennbarals Bemühen, den Anforderungendes Leitbildes gerecht zu werden?In einem so großen Verband ist dasnatürlich höchst unterschiedlich. Dasbedeutet, dass in erster Linie die Lei-tungskräfte diese Prozesse miterleben.Ihre Aufgabe ist es dann, dies in dieEinrichtungen zu tragen und immer wie-der bewusst zu machen. Angesichtsdes enormen Wachstums des Verban-des seit der Verabschiedung des Leit-bildes ist es wichtig, dass dieser Pro-zess immer wieder erneuert wird, wobeiwir mit dem Grundkurs des Glaubens fürLeitungskräfte einen aus meiner Sichtwichtigen Beitrag dazu leisten.

Gab es auch kritische Stimmen zumLeitbild? Zunächst einmal gab es die Situation,dass bei notwendigen personellenKonsequenzen wie Abmahnungen diesals nicht vereinbar mit dem Leitbildbezeichnet wurde. Deshalb hatten wirja in die Formulierung des Leitbildesaufgenommen, dass eine Berufung aufdie christlichen Grundlagen des Ver-bandes nicht zur Verhinderung von ggf.notwendigen Trennungen von Mitarbei-tern benutzt werden dürfe.Daneben gibt es aber auch immer wie-der kritische Fragen, ob wir mit derUmsetzung des Leitbildes weit genugvorankommen. Gelingt es uns in genü-gendem Maße, den inneren Anspruch,den wir haben, in die einzelnen Voll-züge der konkreten Begegnung mitMenschen hineinzutragen.

Was sind aus Ihrer Sicht am ehesten„Klippen“, die das Realisieren desLeitbildes im Alltag erschweren?Schwierig ist immer wieder dieBalance zwischen dem Wunsch, hel-fen zu wollen, und der Wirtschaftlich-keit. Eine große Klippe ist aber auchdie Riesenanzahl an Mitarbeiterinnenund Mitarbeitern, wo gar nicht alleÜberzeugungstäter im Sinne derCaritas sein können. Daher liegt dieBetonung auch auf der besonderenVerantwortung der Leitungskräfte,für Impulse zur Umsetzung des„Geistes“ des Leitbildes zu sorgen,ein Bewusstsein für die gemeinsameAufgabe zu schaffen und Dienst-gemeinschaft erlebbar werden zulassen.

Was sollte Ihrer Meinung nach inder nächsten Zukunft besondersin den Blick genommen werden?Besonders wichtig ist mir die Perso-nalentwicklung. Darüber hinauskommt der Caritas in Zeiten desAbbaus sozialer Leistungen aucheine Anwaltschaft für Menschen inNot zu. Außerdem will ich benennen,dass wir ergänzend zur fachbezoge-nen Fortbildung auch spirituelle An-gebote und pastorale Begleitungbrauchen, um eine angemesseneVerbindung der Ideen des Leitbildesund der Praxis zu fördern.

Der Verband hat viele Mitarbeiter/-innen und Einrichtungen, die inganz verschiedenen Aufgabenbe-reichen tätig sind. Was glaubenSie, könnte hilfreich sein, um dieinnerverbandliche Kommunikati-on und das Zusammengehörig-keitsgefühl zu stärken?Als wichtig sehe ich das gemeinsa-me Feiern an, einen Bereich, in denwir auch eine Menge Geld hinein-stecken. Hilfreich können auch fach-bereichsübergreifende Fortbildun-gen sein. Darüber hinaus glaube ich,dass die Interdisziplinärität des „Hin-schauens“ im Bereich der Personal-entwicklung ebenfalls diesen Pro-zess fördern kann.

Dreser:Vielen Dank, Herr Biciste, für dasGespräch.

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12 Interview mit Kreisdechant Achim Brennecke Caritas für den Rhein-Erft-Kreis 1 / 2007

Der Sprecher der Leitbildpatengrup-pe, Dipl.-Psych. Walter Dreser von derCaritas-Erziehungsberatungsstelle inErftstadt, nimmt das zehnjährigeBestehen des Leitbilds für denCaritasverband für den Rhein-Erft-Kreis zum Anlass, Menschen imVerband zu bitten, zum LeitbildStellung zu nehmen.

Dreser: Herr Kreisdechant Brennecke,etwa ein Jahr sind Sie nun der Vor-sitzende des Caritasverbandes fürden Rhein-Erft-Kreis. In welcherForm sind Ihnen bisher die Stich-worte „Leitbild“ und „Leitbildpro-zess“ im Caritasverband begegnet?

Kreisdechant Brennecke: Mir ist auf-gefallen, dass der Caritasverband stolzist, dass er ein Leitbild hat. Ich selberhabe es inzwischen gelesen und findees attraktiv und gleichzeitig auch span-nend, dass es nichts Statisches ist. Esbeschreibt etwas, das immer wiederneu gefunden und verändert werdenmuss. Beim Besuch von Einrichtungenkonnte ich feststellen, dass hier ver-sucht und praktiziert wird, das Gebotder Gottesliebe und das Gebot, denNächsten zu lieben wie sich selbst, mit-einander zu verbinden.

Dreser: Als Kreisdechant tragen SieVerantwortung für die Gesamtheitder Kirche im Rhein-Erft-Kreis. Wel-che Rolle spielt Ihrer Meinung nachdabei die Caritas als eine der Säulender Präsenz der Kirche in der heuti-gen Welt?

Brennecke: Wie schon in einem frühe-ren Text formuliert, habe ich eine Affini-tät zum Flammenkreuz. In einem frühe-ren Praktikum bei der Caritas in Frechenbei den Konitzers hatte ich die Aufgabe,ein Schaufenster zu gestalten und habedafür das Flammenkreuz verwendet mitseinen vielen Verbindungen. Wenn dieambulanten Fahrzeuge des Verbandesmit dem Kennzeichen BM-CV durch dieStraßen des Rhein-Erft-Kreises fahren,dann schaffen sie auch Verbindungdorthin, wo Kirche nicht automatisch ist.So entstehen Erfahrungen mit Caritasund Verbindung zu Kirche. Menschenmachen die Erfahrung, dass Kirchenicht nur für Kirchgänger, sondern füralle da ist. In einem anstehenden Pro-jekt „Armut an der Pfarrhaustür“ möchte

ich diesen Aspekt auch für Seelsorgerund Pfarrsekretärinnen beleben. Faszi-niert hat mich ein Bericht aus derSchuldnerberatung, wo ein inzwischenbesser situierter Mann kam und sich füreine Anschubfinanzierung durch denCaritasverband vor Jahren durch eineSpende bedankte.

Dreser: Empirische Untersuchungenzeigen, dass das Bild der Caritas inder Öffentlichkeit sehr positiv besetztist. Wie glauben Sie, kann die Caritas-Arbeit mit dieser positiven Ausstrah-lung auch befruchtend wirken für dieArbeit der Kirche im Rhein-Erft-Kreis?

Brennecke: Hier kann ich das ebenGesagte fortführen. Es geht darum, wowird Kirche wahrgenommen, nicht nurim Sinne von Priester, Bischöfe undPapst, sondern wo wurde für Hilfeangeklopft und Hilfe erfahren. Wichtigist dabei das Bestreben, den Menschenmit Wohlwollen zu begegnen. So ge-schieht etwa Erziehungsberatung oderdie Arbeit in den Kindertagesstätten desVerbandes, in der Offenen Ganztags-grundschule, in den verschiedenen Al-tenheimen und in den übrigen Dienstenan Brennpunkten des Lebens und ver-körpert Kirche. Ohne die Caritas wäredie Kirche im Rhein-Erft-Kreis ein biss-chen verkümmert.

Dreser: Im Interview in der letztenMitarbeiterzeitung hat Kreiscaritas-direktor Biciste für die zukünftigeEntwicklung des Leitbildprozessesim Verband auch den Aspekt der spi-rituellen Angebote und pastoralenBegleitung als besonders wichtigbenannt. Was sollte Ihrer Meinungnach hier weiter entwickelt werden,welche Schwerpunkte wünschen Siesich für diesen Bereich?

Brennecke: Ich denke, das ist ein sehrguter Gedanke und ich freue mich, dassmein Vorgänger Gerhard Dane seineUnterstützung diesbezüglich zugesagthat, gerade mit seinen Stärken imBereich Spiritualität und Seelsorge. Einerstes gutes Beispiel war die Veranstal-tung zur Enzyklika „Deus caritas est“.Ich kann mir auch vorstellen, dassAngebote im Sinne von „Bibel teilen“ inZusammenarbeit mit den Caritasbeauf-tragten und Geistlichen im Rhein-Erft-Kreis hier hilfreich sein können.

Dreser: Ein besonders wichtiges The-ma im Erzbistum ist in diesem Jahrdas Thema „Ehe und Familie“. Wassind Ihrer Meinung nach die beson-deren Beiträge des Caritasverbandeszu dieser Thematik?

Brennecke: Bei diesem Thema mussman sich im Klaren sein, dass dieserAspekt auch in der Vergangenheit nichtvernachlässigt wurde. Aber jetzt wird,wie mit einer Lupe, bewusster wahrge-nommen, was bereits in vielen Einrich-tungen an Unterstützung für diesenBereich geschieht. Darin sehe ich auchetwa die Aufgabe des von uns heraus-gegebenen Familienkalenders. Mir liegtdieser Bereich sehr am Herzen und ichbedaure es, dass ich durch die vielenAufgaben in der Funktion als Kreis-dechant nicht immer so nahe bei denMenschen sein kann, wie ich das möch-te. Caritas begegnet den Menschen anden Brennpunkten des Lebens sowohlden Brennpunkten ihrer persönlichenLebensgeschichte als auch an sozialenBrennpunkten, wo Leben nicht immerso gelingt, wie es gewünscht ist.

Dreser: Vielen Dank, Herr Kreis-dechant Brennecke für dasGespräch.

Leitbild im Gespräch

Walter Dreser (li.)im Gespräch mit

KreisdechantAchim

Brennecke.

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Caritas im Rhein-Erft-Kreis 1 / 2008

In der Reihe „Leitbild im Gespräch“geht es diesmal um das Thema „Ganz-heitlichkeit“. Der Sprecher der Leit-bildpatengruppe Walter Dreser hat da-zu ein Gespräch mit Rosa Schmitgesvom Caritas Alten- und Pflegeheim inKerpen-Buir und Edith Thelen von derErziehungsberatungsstelle der Caritasin Kerpen-Horrem geführt.

Dreser: Wo spielt der Aspekt derGanzheitlichkeit in Ihren jeweiligenFachbereichen eine Rolle?

Schmitges: Wichtig in der Arbeit mitalten Menschen ist, wie jeder seinegesamte Persönlichkeit mit einbringt.Dazu gehören auch ethische und reli-giöse Aspekte. Das ist das „Mehr“ inunserer Arbeit, das trägt. Ich bin froh,dass wir eine Menge Mitarbeiter/innenhaben, die diese Arbeit von Herzen tun.Der alte Mensch lebt von dieser direktenBegegnung. Die Bewohner wollen alseigene Persönlichkeiten wahrgenom-men und wertgeschätzt werden. JederMitarbeiter bringt dabei seine Geschich-te mit und muss seine ganz persönlicheinnere Balance finden, um sowohl die

Belastungentragen zu kön-nen, etwa wennKollegen oderKolleginnen er-krankt sind, alsauch selber fürseine Gesund-heit zu sorgen.Leitungsaufga-be ist dabei,Teamarbeit zufördern, Mut zumachen, Gelas-senheit mitein-ander zu ent-

wickeln in dem Vertrauen, dass man sichauch aufeinander verlassen kann. Nur sokann ganzheitliche Begegnung gelingen.Thelen: Die Grundlagen sind in unsererArbeit ähnlich. Wir arbeiten nicht nur mitunserem Fachwissen, sondern mit derBeziehung. Das ist gerade wichtig in derArbeit mit Familien, die Probleme inihrem Beziehungsgeflecht haben. Esgeht also nicht nur um die Anwendungvon Methoden, sondern um die Frage,wie lasse ich mich auf Kinder, Jugend-liche und Familien ein, wie sehe ich, wasdiese brauchen. Dafür ist auch die Erfah-rung wichtig, wie darf ich in der Arbeitals Person präsent sein, mit dem wasich selber auch aus meinen eigenen

Belastungen etwa durch die Pflege vonAngehörigen oder als Trauererfahrungmitbringe und wie erfahre ich, dass ichaufgenommen und aufgefangen werde.Leitung hat hier auch die Aufgabe, sichdafür einzusetzen, dass Mitmenschlich-keit und verwaltungsmäßige Anforde-rungen miteinander in Einklang ge-bracht werden. Das ist sicher manchmalein Spannungsfeld, wo auch schon malder Finger auf wunde Punkte gelegtwerden muss. Auch auf eine angemes-sene Sprache gilt es zu achten.

Dreser: Im Leitbild heißt es, dass eswichtig ist, einzelne Nöte nicht iso-liert zu bearbeiten. Was sind IhrerMeinung nach wichtige Bedingungendafür, dass Mitarbeiter dies auch leis-ten können?

Thelen: Um Wertschätzung weiterzuge-ben, braucht man selber die Erfahrung,sich akzeptiert zu fühlen. Deshalb ist eswichtig, dass auch die Mitarbeiter sichin ihren Nöten ernst genommen fühlen.Schmitges: Wenn im Team „gesund“miteinander umgegangen werden soll,bedeutet das sehr viel soziale Aufmerk-samkeit füreinander. Es ist nicht einfach,Fachkräfte zu finden, die die dafür erfor-derlichen Leitungsaufgaben auch leis-ten können. Die Anforderungen sindsehr hoch, Wertschätzung, Sensibilität,Empathie und hohe Fachlichkeit mitein-ander zu verbinden. Die Anforderungender Altenpflege sind deutlich gestiegen,immer mehr kranke Menschen sind inden Altenheimen, was hohe Fachlich-keit erfordert. Gleichzeitig bedarf es derFreude an der Arbeit auf der kollegialenEbene. Umso wichtiger sind daher diePersonalentwicklungsseminare und Be-gleitung im beruflichen Alltag sowie zu-sätzliche Fortbildungen. Eine solcheArbeit erfordert immer auch Zeit unddeshalb ist es unsere Aufgabe, daraufzu achten, dass die Rahmenbedingun-gen so gestaltet werden, dass Zeitbleibt. Hier gehört auch ein kritischesWort an den Medizinischen Dienst, nichtdurch immer steigende formale Anfor-derungen die anderen Aspekte zu er-schweren. Notwendig ist ein Reflektie-ren der Anforderungen und Überprüfenauf ihre Machbarkeit.

Dreser: Das Leitbild betont, dass dieRessourcen der Betroffenen undihrer Umgebung gesehen und ge-stärkt werden sollen. Einerseits kannso etwas natürlich auch Kosten spa-

rend sein, andererseits ist es sicher-lich schwierig, unter Zeitdruck undbei knappen finanziellen und perso-nellen Ressourcen so etwas zu leis-ten. Was beobachten Sie hier imAlltag Ihrer Einrichtungen?

Schmitges: Damit Mitarbeiter ihre Res-sourcen flexibel einbringen können, be-darf es immer eines gesunden Rhyth-mus von Arbeit und Entspannung, auchder Kunst, Pausen zu machen.T h e l e n :A n f a l l e n d eArbeit mussgetan werden,sie kann abernur gut getanwerden, wennauch die Rah-menbedingun-gen Zeit fürA t e m h o l e nermögl ichenund gegebe-nenfalls eineLeitungskraftdarauf achtet, dass Mitarbeiter diesenAspekt auch berücksichtigen, sich nichtselber überfordern, auch im Sinne vonGesundheitsförderung.Schmitges: Dazu ist es durchaus auchnach längeren Krankheitszeiten wichtig,Rückkehrergespräche zu führen.Thelen: Es ist ja nicht Leitungsaufgabe,sich in die Freizeitgestaltung der Mitar-beiter einzumischen, manchmal ist esaber wichtig, krankmachende Aspektein dieser Ganzheitlichkeit auch durch-aus anzusprechen, problematischeStrategien von Mitarbeitern zu hinterfra-gen. Gerade bei jungen Mitarbeiter/in-nen muss dieser Aspekt wohl stärkermitreflektiert werden.Schmitges: Das Positive, die Ressour-cen zu sehen und anzusprechen, erfor-dert immer wieder auch Zeit. Aber fürdiese Form von Anerkennung dürfenund sollen wir sorgen.Thelen: Fürsorge für Klienten in derkonkreten Arbeit muss einhergehen mitSelbstfürsorge.

Dreser: Das scheint mir ein gutesSchlusswort. Ich danke für dasGespräch.

Die Leitbild-Broschüre ist erhältlichbeim Caritasverband: Telefon 02233/ 79 90 11 E-Mail [email protected]

„Die Mitarbeiter müssen sich akzeptiert fühlen, um Wertschätzung weitergeben zu können“

Ganzheitlichkeit in der Caritas-Praxis

Leitbild im Gespräch 11

Edith Thelen

Rosa Schmitges

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Walter Dreser: Als ein weiteres in-haltliches Thema des Leitbildes gehtes diesmal um das Thema Fachlich-keit. Muss man über so ein selbstver-ständliches Thema überhaupt Worteverlieren? Das war mein erster Ge-danke. Auf den zweiten Blick wurdemir deutlich, wie bedeutsam die Frageist, wie kann ein Arbeitgeber wie derCaritasverband einerseits Menschengewinnen, die eine hohe fachlicheKompetenz mitbringen und anderer-seits die vorhandenen Mitarbeiterunterstützen, dass sie ihre fachlicheKompetenz weiterentwickeln.

Daher meine erste Frage: Was glau-ben Sie, Herr Pick, als Mitglied derFortbildungskommission und alsMAV-Vorsitzender, was die Arbeitbeim Caritasverband für fachlichkompetente Mitarbeiter attraktivmacht?

Gereon Pick: Aus der Sichtung derBewerbungen für die Ausbildung imBereich Altenpflege wird deutlich, dasssowohl Interessenten an der Ausbildungals auch Dozenten den Caritasverbandals kompetentes Unternehmen in die-sem Arbeitsbereich schätzen und ihmProfessionalität zuschreiben. Es gibtalso das Interesse, bei einem als fach-lich kompetent eingeschätzten Arbeit-geber tätig zu sein.Was die Frage nach der Weiterquali-fizierung der vorhandenen Mitarbeiterbetrifft, so engagiert sich der Caritasver-band dafür u.a. über die Arbeit derFortbildungskommission. Dies geschiehtmit unseren vielfältigen internen Fort-bildungsangeboten, natürlich besondersim Bereich Pflege. Den Bedarf ermitteln

wir durch die Einbeziehung vonEinrichtungs- und Pflegedienstleitungen,die diesen an die Fortbildungskommis-sion melden können.Darüber hinaus bietet der Diözesan-Caritasverband für den Bereich der Kin-dertagesstätten, den Bereich Erzie-hungsberatung und weitere Bereicheauch zahlreiche Fortbildungen an.

Dreser: In einer schnelllebigen Zeitwie der heutigen ist Weiterbildung imBeruf eine wichtige Anforderung,steht aber manchmal im Arbeitsall-tag auch im Konflikt mit den Erfor-dernissen einer sich immer mehr ver-dichtenden Arbeit, weil sie auchAbwesenheitszeiten mit sich bringt.Wie sehen Sie diese Situation imCaritasverband?Pick: In der Tat liegt hier ein Problembedingt durch Engpässe am Arbeits-platz. Durch krankheitsbedingte Ausfäl-le oder personelle Fluktuation kommt esimmer wieder vor, dass kurzfristigjemand doch nicht teilnehmen kann.Hier sind wir bei unseren verbandsinter-nen Angeboten flexibel, so dass evtl.auch eine andere Person aus derEinrichtung einspringen kann und hierkurzfristig doch ein Fortbildungsplatzbesetzt werden kann.Wir versuchen unsere Ausbildungs-inhalte so praxisnah wie möglich zugestalten, so dass ein unmittelbarerTransfer auf den Arbeitsplatz gewähr-leistet ist. Hier sind auch die Angebotezur gesundheitlichen Förderung zu nen-nen, wie etwa Rückenschule, die sehrgefragt ist. Dies bedeutet eine Gesund-heitsfürsorge des Arbeitsgebers undkann dazu beitragen, dass Ausfallzeitenam Arbeitsplatz geringer werden. Ichglaube wir müssen in Zukunft nochmehr das Augenmerk auf körperlicheund psychische Fitness richten und hierunterstützende Angebote bieten, dennder soziale Bereich ist schon einArbeitsplatz mit großen Belastungen.

Dreser: Meine nächste Frage beziehtsich auf die Motivation der Mitar-beiter, Fortbildungsangebote in An-spruch zu nehmen. Was sehen Siehier als hemmend an und was alsmotivierend, und was müssten viel-leicht auch seitens des Arbeitgebersfür Anreize geschaffen werden?

Pick: Von den Leitungskräften wün-schen wir uns hier manchmal etwasmehr Unterstützung, Mitarbeiter gezieltzu motivieren, damit bei diesen nicht

der Eindruck entsteht, einfach irgendwohingeschickt worden zu sein.Als arbeitsplatznah und damit motivie-rend sehen wir es auch an, dass unsereFortbildungen meist eintägig oder halb-

tägig sind. Darüber hinaus gibt es natür-lich auch längerfristige Angebote.

Dreser: Meine letzte Frage will noch-mals den Spannungsbogen zwischendem Stichwort Fachlichkeit und denanderen Aspekten des Leitbildes wieChristlichkeit, Ganzheitlichkeit undWirtschaftlichkeit herstellen. Mankönnte ja eine Position vertreten, diesagt, Fachlichkeit ist eine ganz iso-lierte Kompetenz, die mit den ande-ren Faktoren eher wenig zu tun hat,wo die anderen Faktoren vielleichtsogar störend sind. Was ist IhrePosition dazu?

Pick: Ich sehe, dass die verschiedenenAspekte sich sehr ergänzen. Manchmalstehen kirchliche Einrichtungen in denMedien auch in der Kritik. Deshalb isthohe Fachlichkeit uns auch daher wich-tig, damit wir unser christliches Leitbildüberzeugend nach außen tragen kön-nen. Ich glaube schon, dass wir so ge-sehen werden, dass wir uns von unse-rem Christentum her besonders für dieuns anvertrauten Menschen engagie-ren. Das ist sicher ein positives Bild.Insgesamt ist es wichtig, dass wir unse-re Arbeit fachlich überzeugend rüber-bringen und dies mit dem nötigenSelbstbewusstsein tun.

Dreser: Vielen Dank, Herr Pick, fürdas Gespräch.

Mit hoher Fachlichkeit das christliche Leitbild überzeugend nach außen tragen

10 Leitbild im Gespräch Caritas im Rhein-Erft-Kreis 1 / 2009

Walter Dreser fragt...

...Gereon Pick, Mitarbeiter der MAV und derFortbildungskommission.

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8 Leitbild im Gespräch Caritas für den Rhein-Erft-Kreis 1 / 2010

Preis konkurrieren, deshalb müssen wiruns über Qualität definieren. Es entsprichtauch der Erfahrung, etwa im Bereich derErziehungsberatung, dass Kommunendas qualitativ hohe Angebot der Erzie-hungsberatungsstellen der Caritas ent-sprechend wertschätzen. Dies gilt auchfür den Bereich der Jugendarbeit.

Dreser: Was ist dafür von Seiten derLeitungskräfte im Verband und derMitarbeiterschaft aus Ihrer Sicht bei-zutragen?

Biciste: Ich wünsche mir hier, dass Lei-tungskräfte und Mitarbeiter den Spagatzwischen helfen wollen und dem Gebotder Wirtschaftlichkeit mittragen. Bei al-ler Hilfsbereitschaft ist auch wichtig,dass am Jahresende keine roten Zahlenin der Bilanz stehen und diese anstren-gende Sorge von allen mitgetragenwird, damit die Verantwortung für circa1450 Arbeitskräfte auch gemeinsamumgesetzt wird. Das Gebot der Wirt-schaftlichkeit muss für alle Einrichtun-gen gelten, dies erfordert eine solidari-sche Haltung in allen Bereichen.

Dreser: Das Thema Wirtschaftlichkeitgehört im Rahmen des Leitbildes ineine Reihe mit den StichwortenChristlichkeit, Ganzheitlichkeit, Fach-lichkeit. Der Caritasverband für denRhein-Erft-Kreis hat sich in den letz-ten Jahren verstärkt bemüht, z. B.durch den Grundkurs des Glaubensund weitere Angebote, die christlichenund religiösen Ressourcen stärker inden Blick zu nehmen. Gibt es für dasThema Wirtschaftlichkeit im Verbundmit einer christlich begründetenMotivation zum Dienst am Menschenhier auch ein eigenes Profil?

Biciste: Caritas ist ein wesentlicher Teilder Kirche. Dies verpflichtet uns auch,ein eigenes katholisches-christlichesProfil zu entwickeln. Dabei ist es realis-tisch, dass nicht alle 1450 Mitarbeiter„Gesinnungstäter“ sein können, aberdie Einrichtungen von einem solchenProfil geprägt sind. Eine Umfrage beiden Sozialstationen hat ergeben, dass25 Prozent der Menschen, die dieseUnterstützung suchen, bewusst von ei-ner katholischen Einrichtung gepflegtwerden wollen. Das verpflichtet unsauch, unser Profil zu schärfen. Dabeimachen wir durchaus die Erfahrung,dass die Aufforderung, dass alle Lei-tungskräfte am Grundkurs des Glaubensteilnehmen, zunächst teilweise auch als

In der Reihe „Leitbild im Gespräch“geht es diesmal um das Stichwort„Wirtschaftlichkeit“. Der Sprecherder Leitbildpatengruppe – Dipl.-Psychologe Walter Dreser von der Er-ziehungsberatungsstelle in Erftstadt– sprach dazu mit Kreiscaritas-direktor Arnold Biciste.

Walter Dreser: Herr Biciste, als Kreis-caritasdirektor sind Sie immer wiedermit der Frage konfrontiert: Arbeitetder Caritasverband wirtschaftlich?Einerseits eine absolut verständlicheForderung, denn die dem Verband fürdie Menschen anvertrauten Geldersollen ja möglichst effektiv genutztwerden. Andererseits hat das vergan-gene Jahr gezeigt, dass Handeln inder Wirtschaft nicht immer mit verant-wortlichem Verhalten gleichgesetztwerden kann. Daher zunächst die Fra-ge an Sie, wie gehen Sie selber in Ihrertäglichen Arbeit mit der Forderungnach Wirtschaftlichkeit um?

Arnold Biciste: Das ist eine schwierigeFrage. Ich schaue mir in regelmäßigenAbständen die Berichte des Controllersan, wobei natürlich Bereiche, wo wir imWettbewerb auf dem Markt sind, alsodie ambulante und stationäre Alten-pflege, besonders im Blick sind. Jedochauch in den Einrichtungen, die durchVerträge mit Land, Kreis oder Kommunefinanziert sind, darf eine solche „Sicher-heit“ nicht dazu führen, dass die Wirt-schaftlichkeit nicht genügend beachtetwird. Früher gab es im Bereich der am-bulanten Pflege eine Defizitabdeckungdurch das Erzbistum. Dies konnte alsAnreiz zur Unwirtschaftlichkeit gesehenwerden. Diese Regelung abzuschaffen,war also durchaus sinnvoll. Um dennochsowohl dem pflegerischen als auch demkirchlichen Auftrag gerecht zu werden,wurde damals der „kirchliche Dienst“gebildet. Auf diese Weise wird durch Bis-tum und Pfarreien mit jeweils 0,25 Europro Kontakt eine zusätzliche Leistung alskirchlicher Auftrag finanziert.

Dreser: Qualität hat ihren Preis. Das istein Satz, der ebenfalls nicht aus einersolchen Diskussion ausgeklammertwerden kann. Wie sehen Sie die Chan-cen, dass der Caritasverband seineQualitätsansprüche halten und den-noch auf dem Markt bestehen kann?

Biciste: Dies ist eine zentrale Frage inder Altenhilfe. Aufgrund des Tarifsystemsder AVR können wir gar nicht über den

lästig empfunden, letztlich aber doch alsGeschenk erlebt wurde. Quellen aus dereigenen Biografie und auch aus aktuellenneuen Erfahrungen der Beschäftigungmit den christlichen Ressourcen werdenals belebend empfunden und es ist mirwichtig, dies auch durch weitere Ange-bote, etwa durch Fortbildung im Umgangmit Bibeltexten und einem Angebot zumThema „Dem Glauben Gestalt geben“,fortzuführen. Es ist erfreulich, auf welchpositive Resonanz dies trifft, wenn etwageäußert wird, warum haben wir dasnicht schon vor 15 Jahren gemacht?

Dreser: Immer häufiger ist zu hören,dass unter dem Aspekt von Finanzie-rungszwängen in vielen Bereichenimmer weniger Menschen immermehr Arbeit tun sollen. Das verstärktdie Gefahr, dass die verbleibendenMitarbeiter auch von Burnout betrof-fen werden. Letztlich ist dies dannunwirtschaftlich. Welche Chancen se-hen Sie, dass in der alltäglichen Arbeitdie Förderung eines guten Miteinan-ders auch unter dem Aspekt der Wirt-schaftlichkeit ihren Platz haben kann?

Biciste: Dies ist u. a. eine Frage des Be-triebsklimas. Es gibt verschiedene Artenvon Führungsstilen. Ich finde es verhäng-nisvoll, wenn mit absolutem Druck undAngst gearbeitet wird. So wird niemandvernünftig arbeiten können und dasSystem bricht zusammen. Eines meinerHauptanliegen ist, dass wir als Caritas-verband eine Corporate Identity schaf-fen, dass die Mitarbeiter des Verbandessich als eine Gemeinschaft verstehen.Dazu bedarf es auch zeitlicher Ressour-cen, die zur Verfügung gestellt werden.Mir ist wichtig, dass über Einrichtungs-grenzen hinweg Kennenlernen ge-schieht. Ich schätze den Satz: „Man sollnicht nur feste arbeiten, sondern auchFeste feiern.“ Gute Arbeit braucht auchdas Luftholen und ein gutes Miteinander.Auch die Gesundheitsmaßnahmen undähnliche Investitionen in die Mitarbeiterhaben dafür einen wichtigen Stellenwert.Als ich vor 18 Jahren zum Caritasver-band kam, war es mir zunächst wichtig,den Verband auf solide Füße im wirt-schaftlichen Bereich zu stellen ange-sichts der damaligen Unsicherheiten.Nachdem dies geschehen ist, ist es mirfür meine verbleibende Zeit ein wichti-ges Anliegen, das christliche Profil zustärken, und die positive Resonanz dar-auf freut mich.

Dreser: Vielen Dank für das Gespräch.

Auch ein christlich geprägter Verband musswirtschaftlich arbeiten