8
Und dann erzählte er mir etwas schier Unglaubliches: Ihm und seiner Freundin war am Sonntag von ihrer Tante aus dem Kaffeesatz gelesen worden und bei beiden sei eine blonde, schlanke Frau aus Leons näherer Umgebung in der dunklen Brühe aufgeblitzt. Eine Frau von Bedeutung. Und dass er sich in vier Wochen entscheiden müsse. So die grimmigen Erläuterungen der Tante. Er sagte mir, dass er niemals vorher an solche Dinge geglaubt hätte, in diesem Fall jedoch relativ schockiert gewesen sei. Ich hingegen dachte nur, dass ich wohl doch schon recht präsent sein müsse in Leons Leben, wenn ich sogar schon im Kaffeesatz auftauchte. 'Schon merkwürdig, was da passiert ist', meinte er kopfschüttelnd. 'Was mich aber wirklich irritiert, ist die Tatsache, dass ich mich schon jetzt total von meiner Freundin entfremdet habe. Nach nur einer Woche mit dir. Ich kann das alles gar nicht fassen.' Verwirrt betrachtete er mich. Ich schwieg. 'Und habe ich dir eigentlich schon gesagt, dass ich nie schlafen kann neben dir? Ich bin immer so unruhig, dass ich kein Auge zu kriege.' Mir ging es genauso. Neben Leon zu schlafen, war schier unmöglich. 'Gerade auch, wenn du gegangen bist, liege ich stundenlang wach. Das ist doch alles verrückt.'

Leseprobe: 'Eine Love Affair

Embed Size (px)

DESCRIPTION

'Spätsommertrauma – Nachhall einer bizarren Affäre' ist ein humorvoll-ironisches Liebesdrama und handelt von einer leidenschaftlichen Affäre, die zunächst von bezaubernder Leichtigkeit gekennzeichnet ist, bald jedoch einen sehr bizarren Verlauf nimmt. Die Protagonistin Toni entführt den Leser mit ihrer eigenwilligen und sehr einfühlsamen Erzählweise in ein emotionales Wechselbad von Liebe und Herzschmerz. ‚Spätsommertrauma’ zeugt von der Bedeutung wahrer freundschaftlicher Bindungen und ist zugleich ein Appell, sich selbst treu zu bleiben und der eigenen Intuition zu vertrauen und zu folgen. Gewürzt mit einer guten Prise Sarkasmus verspricht der Roman kurzweiliges Lesevergnügen an trüben Winterabenden und regt zugleich zum Nachdenken an. www.amazon.de/gp/product/151948870X

Citation preview

Page 1: Leseprobe: 'Eine Love Affair

Und dann erzählte er mir etwas schier Unglaubliches: Ihm und seiner

Freundin war am Sonntag von ihrer Tante aus dem Kaffeesatz gelesen worden

und bei beiden sei eine blonde, schlanke Frau aus Leons näherer Umgebung in

der dunklen Brühe aufgeblitzt. Eine Frau von Bedeutung. Und dass er sich in

vier Wochen entscheiden müsse. So die grimmigen Erläuterungen der Tante. Er

sagte mir, dass er niemals vorher an solche Dinge geglaubt hätte, in diesem Fall

jedoch relativ schockiert gewesen sei. Ich hingegen dachte nur, dass ich wohl

doch schon recht präsent sein müsse in Leons Leben, wenn ich sogar schon im

Kaffeesatz auftauchte.

'Schon merkwürdig, was da passiert ist', meinte er kopfschüttelnd. 'Was mich

aber wirklich irritiert, ist die Tatsache, dass ich mich schon jetzt total von

meiner Freundin entfremdet habe. Nach nur einer Woche mit dir. Ich kann das

alles gar nicht fassen.'

Verwirrt betrachtete er mich. Ich schwieg.

'Und habe ich dir eigentlich schon gesagt, dass ich nie schlafen kann neben

dir? Ich bin immer so unruhig, dass ich kein Auge zu kriege.'

Mir ging es genauso. Neben Leon zu schlafen, war schier unmöglich.

'Gerade auch, wenn du gegangen bist, liege ich stundenlang wach. Das ist

doch alles verrückt.'

Ich fand das gar nicht so verrückt, dachte nur, dass er vielleicht doch schon

mehr für mich empfand, als er sich selbst eingestehen wollte.

'Ich denke, es ist besser, wenn wir uns ab sofort nicht öfter als einmal die

Woche sehen. Das geht mir alles viel zu schnell und ich bin jetzt schon so

durcheinander', sagte er.

Ich nahm sein Vorhaben sehr entspannt zur Kenntnis. War mir doch klar, dass

es ohnehin zum Scheitern verurteilt sein würde. Wir konnten uns gar nicht aus

dem Wege gehen, selbst wenn wir es versuchten. Ganz abgesehen von der

räumlichen Nähe fühlten wir uns schon viel zu sehr zueinander hingezogen.

Page 2: Leseprobe: 'Eine Love Affair

Wir verbrachten erneut eine wunderschöne Nacht. Als ich Leon gegen vier

Uhr morgens verließ, wurde er zickig.

'Geh' doch, du weißt ja, wo die Tür ist!', polterte er mir hinterher.

Offensichtlich schmeckte es ihm gar nicht, dass ich ihn schon wieder alleine

ließ.

Zwei Tage später kam ich am frühen Abend gut gelaunt von meiner

Schneiderin, der ich gerade in einem längeren Gespräch von meiner Hausaffäre

berichtet hatte. Schon seit geraumer Zeit brachte ich meine Klamotten zum

Ändern zu ihr und mittlerweile war es zur Gewohnheit geworden, dass wir uns

über die Männer in unserem Leben unterhielten. Sie war gut 15 Jahre älter als

ich, lebte alleine, und ich fand es sehr interessant, dass sie in ihrem Leben

ähnliche Erfahrungen mit Männern gemacht hatte wie ich. Meinen aktuellen

Bericht hatte sie mit offensichtlicher Besorgnis aufgenommen.

Dreiecksgeschichten wie diese haben halt einen faden Beigeschmack. Doch ich

ließ mich in meiner Euphorie nicht beirren. Und so trabte ich im Anschluss

fröhlich die sonnige Straße entlang, atmete genüsslich die süße Sommerluft und

betrachtete die bunten Häuser. Ich liebte unser Viertel. Die schönen,

verträumten Altbauten, das holprige Kopfsteinpflaster. Und ganz besonders

unsere Straße mit den vielen, hochgewachsenen Lindenbäumen. Die im

Frühjahr derart ihren Blütensaft vergossen, dass man fast mit den Schuhsohlen

auf den Gehwegen kleben blieb.

Verträumt schlendernd erreichte ich bald unser Haus mit dem hübsch

geschwungenen Torbogen, als ich plötzlich Leons Wagen erblickte. Geparkt im

kühlen Schatten der Bäume. Ich war vollkommen baff, dass er ganz entgegen

seiner Gewohnheit so früh Feierabend gemacht hatte und trabte direkt zu ihm.

Seine Tür war nur angelehnt. Ich klopfte, er riss die Tür auf und stand vor

mir, nur mit einem Slip bekleidet. Sexy sah er aus, wie er so da stand.

'Ich wusste, dass du kommst', meinte er strahlend.

Page 3: Leseprobe: 'Eine Love Affair

Ich küsste ihn und lief leichtfüßig direkt in die Küche, wo ich schwungvoll

meinen Schlüssel auf die Arbeitsplatte schmiss und mich wie selbstverständlich

in meinen Stuhl fallen ließ. Munter blickte ich ihn an, als er sich lächelnd zu mir

setzte.

'Du bist heute aber früh zuhause', sagte ich.

'Ich hatte keine Lust mehr zu arbeiten.'

Das war mehr als ungewöhnlich. Liebte er doch seinen Job.

'Hast du Hunger?' Fragend sah er mich an.

'Klar.'

'Ich habe ein paar Dinge für uns eingekauft.' Wow...für uns!

Er stand auf und begann, auf der Terrasse den Tisch für uns zu decken. Als

ich gerade ein paar Teller aus dem Schrank nahm, kam er zurück in die Küche,

überlegte kurz, sah mich an und fragte:

'Möchtest du meinen Wohnungsschlüssel haben?'

Was hatte er da gesagt???

Fast wäre ich bewusstlos zusammengebrochen.

'Dann könntest du auch immer hier sein, wenn ich über’s Wochenende weg

bin. Natürlich nur, wenn du willst.'

Völlig verblüfft starrte ich ihn an, während er weiter die leckersten Dinge aus

dem Kühlschrank zauberte.

Wie lange lief das jetzt mit uns? Anderthalb Wochen? Anderthalb Wochen!

Und er wollte mir seinen Schlüssel geben! Abgesehen davon, dass mir noch nie

ein Mann seinen Wohnungsschlüssel überlassen hatte, übertraf dies hier meine

kühnsten Erwartungen. Und doch war es auf eine gewisse Art so

selbstverständlich, denn schließlich bewies es einmal mehr das Vertrauen, dass

es doch vom ersten Moment an zwischen uns gegeben hatte.

Leon drehte zu mir und sah mich fragend an.

'Und?'

Page 4: Leseprobe: 'Eine Love Affair

'Ja, gern', meinte ich mit ausdrucksloser Miene, während mir mein Herz so

gegen den Brustkorb hämmerte, dass ich Angst hatte, mein T-Shirt würde

Wellen schlagen.

Wortlos verließ er die Küche. Ich hörte ihn irgendwo herumkramen. Dann

kam er zurück und drückte mir, nun doch ein wenig von seinem eigenen Tun

überwältigt, seinen Zweitschlüssel in die Hand.

'Ich muss verrückt sein', stammelte er wirr.

'Hat deine Freundin eigentlich auch einen Schlüssel?', fragte ich.

Sein Ton veränderte sich augenblicklich.

'Nein', brummte er, 'Sie braucht auch keinen zu haben.' Ups.

Dieser Abend stand symbolisch für einige weitere, die in diesem August noch

folgen sollten: Wir saßen bei Kerzenschein auf der Terrasse, tranken Wein,

hielten uns zärtlich an den Händen, während im Hintergrund sanfte Musik

erklang. Leon war sehr bemüht, las mir jeden Wunsch von den Augen ab. Rings

um uns war es still, es schien, als seien wir die einzigen Menschen weit und

breit. Was selbstverständlich daran lag, dass wir uns immer nur unter der Woche

sehen konnten und bald alles schlief, während wir oft bis weit nach Mitternacht

auf der Terrasse saßen und uns über Gott und die Welt unterhielten. Zur

romantischen Untermalung tauchte des Öfteren ein freundlich schimmernder

Mond über den Dächern der Stadt auf und tauchte die Szenerie in mattes Licht.

Es war eine Insel. Unsere Insel. Unvergesslich schön. Als sei es schon immer so

gewesen. Eine Schein-Harmonie. Die nur getrübt wurde durch die

allabendlichen Anrufe seiner Freundin. Nach denen Leon immer zurück auf die

Terrasse geschlichen kam wie ein geprügelter Hund. Und während er mir dann

übers Haar strich und mich auf die Stirn küsste, fühlte ich mich einfach nur

hilflos.

Das darauffolgende Wochenende verbrachte er bei seinem Sohn in Köln. Als

er am Sonntagabend zurück kam, erwartete ich ihn bereits wie verabredet in

Page 5: Leseprobe: 'Eine Love Affair

seiner Küche. Ich hatte mich so auf ihn gefreut, hatte ihn furchtbar vermisst,

doch schon als er zur Tür hereinkam, spürte ich, dass etwas nicht stimmte. Er

schien sehr bedrückt, begrüßte mich nur halbherzig und setzte sich zu mir an den

Tisch. Nervös knetete er seine Hände. Konnte mir nicht in die Augen sehen.

'Wir müssen reden.'

Nach langer Zeit krampfte sich mein Magen mal wieder zusammen.

'Es kann so nicht mehr weitergehen.'

Jetzt wurde mir richtig schlecht.

'Ich weiß einfach nicht mehr, was ich tun soll. Ich bin so verwirrt, dass ich am

liebsten für eine Woche verschwinden würde. Einfach mal ganz ohne Frauen

sein.'

Scheiße. Das hörte sich gar nicht gut an. Aber es war absehbar gewesen. Denn

seit Tagen war er das personifizierte schlechte Gewissen.

'Auf der einen Seite du und die schönen Abende mit dir. Auf der anderen

Seite meine Freundin, die mir in den Ohren liegt, was denn bloß los wäre. Sie

wundert sich, warum ich in letzter Zeit immer so kurz angebunden bin am

Telefon. Sie spürt, dass ich mich von ihr entferne. Und ich weiß einfach nicht

mehr weiter. Irgendwie wächst mir das gerade alles über den Kopf.'

Ich sah ihm direkt in die Augen und hörte mich dann sagen:

'Gut. Dann sehen wir uns eben in der kommenden Woche nicht.'

Oh Gott...hatte ich das wirklich gerade gesagt???

Er sah mich nur an.

'Ok. Vielleicht hilft mir das ja.'