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1 Leseprobe Toolbox Führung 12. Auflage

Leseprobe Toolbox Führung 12. Auflage · - Passende Kontrolle - Konsequentes Intervenieren (z.B. bei Kursabweichungen, Fehlverhalten) Die Letztverantwortung ist natürlich bei der

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Leseprobe Toolbox Führung 12. Auflage

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Vorwort Das Betty Bossi der Führung gibt es nicht. Gleichwohl gibt es aber Prinzipien, nützliche Landkarten und Werkzeuge. Die Toolbox Führung ist eine Zusammenstellung solcher Prinzipien, Werkzeugen und Landkarten. Sie ist Nachschlagewerk – aus der Praxis für die Praxis – gesammelt, entwickelt und aufbereitet während den Jahren meiner Führungstätigkeit und meiner heutigen Arbeit als Organisationsentwickler, Führungsausbildner und Coach. Und inspiriert und gespiesen durch die konkreten Fragen von Seminarteilnehmern und Coachees. Das Buch richtet sich an Führungskräfte, Fachführungskräfte und Projektleiter. Wirksame Führung umfasst aus meiner Erfahrung sieben Disziplinen. Mit diesen sollten Führungskräfte gut vertraut sein, um nachhaltig Erfolg zu haben, aber auch um leistungsfähig, zufrieden und gesund zu bleiben. Das Buch ist nach diesen sieben Disziplinen gegliedert. Als das wichtigste Werkzeug in der Führung erachte ich die eigene Person. Gute Führung ist authentische Führung. Führungsverhalten, das nicht durch die eigenen Haltungen und Fähigkeiten gedeckt ist, greift zu kurz. Führungsentwicklung muss daher immer auch die Stärkung der eigenen Persönlichkeit im Fokus haben. Daher habe ich dem Kapitel Selbstführung bewusst einen relativ grosszügigen Raum beigemessen. Die vorliegende Werkzeugsammlung ist eine subjektive Auswahl und ist von meinen persönlichen Erfahrungen geprägt. Ich habe in diesem Buch nur Inhalte beschrieben, die sich in meiner eigenen Führungspraxis bewährt haben. Es soll dabei nicht einfach eine lose Ansammlung von Modellen, sondern vielmehr eine in sich schlüssige Verbindung von relevanten und nützlichen Inhalten sein. Damit möchte ich Sie einladen, Ihr persönliches Führungsverständnis zu reflektieren, zu schärfen und zu überprüfen, welche Inhalte Sie persönlich ansprechen und für Sie in Ihrer Praxis passend und nützlich sein könnten. Das Buch möchte auch Brücken bauen: von der Theorie in die Praxis; von den Erkenntnissen der Psychologie und anderen Nachbargebieten in den konkreten Führungsalltag. Es erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern eher auf Nützlichkeit und Praxisbezug. Darüberhinaus ist es mir ein Anliegen - im Sinne eines Vorschlages - ein zeitgemässes und differenziertes Führungsverständnis zu skizzieren. Das Buch soll Nachschlagewerk und Handbuch aber auch Quelle von Anregungen zur persönlichen Reflexion, Inspiration und Weiterentwicklung sein. Wenn die 'Toolbox Führung' mit ihren Prinzipien, Landkarten und Denkanstössen einen Beitrag dazu leisten kann, dass Sie Ihre Führungsaufgabe mit mehr Erfolg, Nachhaltigkeit und Freude wahrnehmen können, hat sie ihren Zweck erfüllt. Der besseren Lesbarkeit halber habe ich die Ausführung in der männlichen Form gehalten. Stefan Marti Winterthur, Juli 2015

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Angelehnt an: Management Center Vorarlberg, Göpf Hasenfratz und Alfried Längle

Triathlon der Führung Führungskräfte nehmen im Rahmen ihrer Führungsaufgabe im Wesentlichen drei "Rollen" ein: Experte, Manager und Leader.

Bemerkungen: • Leadership: Wortstamm: "nach vorne gehen" oder "über die Schwelle gehen". Leadership

beinhaltet die wesentlichen Qualitäten von Führungskräften, wenn es um Veränderung und Zukunftsausrichtung von Unternehmen geht. Der Begriff Leadership hat sowohl eine soziale Dimension (Gestaltung tragfähiger Beziehungen, Kommunikation, Motivation, Vertrauen, „Ermöglicher“ (Facilitator) sein , Potentiale verwirklichen, Sogwirkung erzeugen, ermutigen, Zustimmung erzielen) als auch eine zeitlich-inhaltliche Dimension (die Zukunft gestalten, kraftvolle Zukunftsbilder entwerfen, Vordenken, offener Blick für Neues, Anderes und Ungewöhnliches, Visionär sein, Schöpferische Kraft, alte Denkmuster durchbrechen). Leadership heisst Bewegung, Richtung und Zusammenhalt. Sinn und Orientierung geben. Mut und Grenzen überschreiten. Konvergenz erzielen: Zusammenbringen von Personen, Ideen und Plänen. Konzeptualisierung (Entwickeln von Ideen), Motivierung (Ideen mit Menschen verklammern) und Prozessualisierung (Umsetzung, Ressourcen)

• Management (ital. maneggiare: handhaben, händeln, mit den Händen ausrichten) heisst leiten, dirigieren (lat. diregere: in eine Richtung bringen, ausrichten), in ein Gefüge bringen, koordinieren, verschiedene Kräfte in eine Richtung bringen, ordnen. Organisationen brauchen Management.

• Management und Leadership sind gleichermassen wichtig: „Management without Leadership is a daydream - Leadership without Management is a nightmare!“. Oft entstehen Konflikte und Blockaden, weil die Managementaufgaben (klare Organisation) nicht gelöst wurden.

• Die Wichtigkeit dieser Rollen wird v.a. dann spürbar, wenn eine davon fehlt oder unterentwickelt ist.

• Basis für diese drei ‚Disziplinen’ ist – in Analogie zum Triathlon - die bewusste Selbstführung.

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Der Diamant der Führungsverantwortung Der Diamant der Führungsverantwortung zeigt die mehrfache Verantwortung einer Führungskraft auf:

Führungsverantwortung und Verantwortung des Mitarbeitenden Es ist zweckmässig zwischen der Handlungsverantwortung des Mitarbeitenden und der Führungsverantwortung zu unterscheiden: 1. Handlungsverantwortung des Mitarbeitenden zur Erfüllung einer delegierten Aufgabe (bei

entsprechenden Befugnissen) à Eigenverantwortung des Mitarbeitenden

2. Führungsverantwortung: - Verantwortung für das Ganze (Letztverantwortung) - Verantwortung für die Führungshandlungen; Beispiele:

- Delegation an Personen mit ausreichenden Fähigkeiten - Geeigneter und klarer Arbeitsrahmen - Passende Kontrolle - Konsequentes Intervenieren (z.B. bei Kursabweichungen, Fehlverhalten)

Die Letztverantwortung ist natürlich bei der Führungskraft. Wenn die Führungshandlungen aber bewusst und geeignet erfolgen (z.B. geeignete Kontrolle), läuft das Restrisiko unter ‚Betriebsunfall’.

Fragen zur Selbstreflexion betreffend meiner Führungsverantwortung - Wofür fühle ich mich als Führungskraft zuständig? - Wie gut habe ich die 8 Dimensionen des Diamanten der Führungsverantwortung im Blick? - Wie eigenverantwortlich und eigeninitiativ handle ich als Führungskraft? - Wie konsequent belasse ich die Handlungsverantwortung beim Mitarbeitenden? - Wo handle ich nicht mit voller innerer Zustimmung? - Fragen zu meiner Führungssituation:

- Was ist die wichtigste Frage, die sich mir in meiner Führungsverantwortung zur Zeit stellt? - Um was geht es jetzt derzeit – im jetzigen Horizont? Welche Entwicklungen sind absehbar? - Womit sollte ich mich jetzt auseinandersetzen - worum sollte ich mich jetzt kümmern? - Worauf - vor allem - sind Antworten, Lösungen zu finden? - Wofür ist jetzt eine gute Zeit? Höchste Zeit? Allerhöchste Zeit?

Kundenzufriedenheit Qualität operatives

Geschäft

Kundenzufriedenheit Dienstleistungsqualität Qualität Compliance Sicherheit

Effizienz Effizienz Wirkungsgrad Kosten Organisation Optimierung

Mitarbeiter/Team

Zufriedenheit Klima Engagement, Spirit Zusammenarbeit Eigenverantwortlichkeit Können Sogwirkung auf neue Mitarbeiter

Zusammenarbeit ... mit anderen Teams / Bereichen ... mit externen Partnern ... mit Vorgesetzten

Beitrag zum Ganzen

Suboptimieren der eigenen Ziele Image des Gesamtbereichs

Mitarbeiterentwicklung über den eigenen Bereich hinaus

Unangenehmes anpacken Ungenügende Leistungen Schwierige Entscheide Konflikte

Entwicklung Team/Bereich

Sicherstellung Zukunftsfähigkeit Entwicklung Kontinuierliche Verbesserung Veränderung, Anpassungen Innovation Eigeninitiative

Ich

Gesundheit Leistungsfähigkeit

Motivation Kompetenz Selbsttreue

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Wie delegieren? Das Grundprinzip der Delegation beinhaltet das Definieren des Zieles und des Arbeitsrahmens. Dies ermöglicht eigenverantwortliches Handeln:

Vorgehensschritte in der Delegation 1. Ziel, Ergebnis, beabsichtige Wirkung; Qualität und Zeitpunkt 2. Rahmenbedingungen (Arbeitsrahmen):

- Sinn-Kontext; Zusammenhänge; warum/wozu? - Vorgaben / Restriktionen (darf nicht; muss...) - Ressourcen, Budget - Kompetenzen und Befugnisse (Entscheidungs-, Anordungs- Verfügungskompetenz; Zugang

zu Informationen); vorlagepflichtige Fälle - Unterstützung; Zusammenwirken - Informationsfluss (was wann wie detailliert) - Form der Kontrolle (Selbst- / Fremdkontrolle; Ergebnis- / Verlaufskontrolle)

3. Commitment / Zustimmung Führungsverantwortung und Verantwortung des Mitarbeitenden Es ist zweckmässig zwischen der Handlungsverantwortung des Mitarbeitenden und der Führungsverantwortung zu unterscheiden: 1. Handlungsverantwortung des Mitarbeitenden zur Erfüllung einer delegierten Aufgabe (bei

entsprechenden Befugnissen) à Eigenverantwortung des Mitarbeitenden 2. Führungsverantwortung:

- Verantwortung für das Ganze (Letztverantwortung) - Verantwortung für die Führungshandlungen; Beispiele:

- Delegation an Personen mit ausreichenden Fähigkeiten - Geeigneter und klarer Arbeitsrahmen - Passende Kontrolle - Konsequentes Intervenieren (z.B. bei Kursabweichungen, Fehlverhalten)

Rahmenbedingungen •  Restriktionen •  Vorgaben •  Grundsätze •  Prioritäten •  Gesamtkontext / ‚Big Picture‘

Kompetenzen und Ressourcen �  Entscheidungskompetenz �  Anordnungskompetenz �  Verfügungskompetenz �  Zugang zu Informationen

•  Ressourcen, Budget •  Unterstützung, Coaching, Ausbildung

Information und Kontrolle •  Informationsfluss •  Form und Inhalt der Kontrolle

Aufgaben Um das zu erreichen, sind folgende Aufgaben / Schritte sinnvoll, nötig...

Ziel Ergebnis Beabsichtigte Wirkung Qualität, Zeit

Eigenverantwortung / Selbstnavigation „Ich sorge dafür, dass ich das Ziel/Ergebnis erreiche“

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Führen zu eigenverantwortlichem Handeln Rahmenbedingungen schaffen • Zu eigenverantwortlichem Handeln einladen, ermutigen und inspirieren. Eigenverantwortliches Handeln

führt aus der Komfortzone und braucht Mut. Ermutigen Sie ihre Mitarbeiter dazu. Betrachten Sie jeden Mitarbeiter einzeln.

• Geben Sie Freiräume, Spielräume, Möglichkeiten, um eigene Antworten zu finden und zu verantworten. • Delegieren Sie und übertragen Sie die Verantwortung (wirklich). Halten Sie die Fähigkeiten des

Mitarbeiters im Blick. • Wählen Sie angemessene Schrittgrösse, damit der Mitarbeiter in die Verantwortung hineinwachsen kann. • Schenken Sie Vertrauen und Zutrauen. Lassen Sie den Mitarbeiter spüren, dass Sie an ihn glauben. • Schaffen Sie Verbindlichkeiten • Lassen Sie los. Verhindern Sie Mikromanagement. Stehen Sie nicht im Weg. • Organisieren Sie gut, damit die verschiedenen eigenverantwortlichen Mitarbeiter in eine Richtung gehen.

Aber überregulieren Sie nicht. • Geben Sie vollständige Information • Stellen Sie sicher, dass die Mitarbeiter die Ergebnisse (bzw. Konsequenzen) ihres Handelns kennen. • Stellen Sie Zusammenhänge und Wertbezüge her: „dafür mag ich mich verantwortlich fühlen“; „da mag ich

einen Betrag zum Ganzen leisten“ Verantwortung beim Mitarbeitenden lassen • Stehen Sie als Gesprächspartner bereit, wenn der Mitarbeiter Sie braucht – aber nur dann! • Achten Sie in allen Kontakten auf Über- und Unterverantwortung • Geben Sie keine Lösungen vor. Gehen Sie nicht mit der eigenen Meinung und Vorschlägen in die Vorlage . • Distanzieren Sie sich vom Glauben der Einzig-Richtigkeit der Lösung. Lassen Sie sich überraschen. • Vermeiden Sie Ratschläge. Ratschläge zu geben ist oft eine versteckte Aufforderung zur Rückdelegation. • Antworten Sie auf Fragen mit Gegenfragen. Stellen Sie Fragen, die zu selbständigen Suchprozessen

anregen. Beispiele: „An welche Alternativen hast du bisher gedacht? Wo liegen aus deiner Sicht die Vorteile und Nachteile? Welche weiteren Informationen brauchst du, um das Problem zu lösen? Was ist dein Vorschlag?

• Konfrontierten und verweigern Sie (offene oder verdeckte) Rückdelegations-Versuche • Lassen Sie den Mitarbeiter selbst entscheiden und Antwort finden. Entscheiden Sie selbst so wenig wie

möglich. Legen Sie fest, welche Entscheidungsspielräume der Mitarbeiter hat, und fordern Sie ein, dass diese auch ausgenutzt werden. Tun Sie nichts, was der Mitarbeiter selbst tun könnte.

• Seien sie nicht zu fürsorglich. Lassen Sie Fehler und Erfahrungen machen. Lassen Sie die Verantwortung beim Mitarbeitenden. Auch und gerade, wenn Schwierigkeiten drohen. Genau ist solchen Situationen wird über das Thema Eigenverantwortung im Unternehmen entschieden! Treten Sie zurück und geben Sie dem Mitarbeiter Raum, seine Kraft und seine Fähigkeit zu entfalten. Erklären Sie nicht jede schwierige Situation zur Chefsache! Lassen Sie den Mitarbeiter die Kohle aus dem Feuer holen. Machen sie keine "Feuerwehrübungen" für den Mitarbeiter, die er selbst tun könnte! Nicht den Retter oder Katastrophenbeauftragten spielen!

Anerkennung und Rückhalt • Anerkennen Sie eigenverantwortliches Handeln immer wieder. Anerkennen Sie unverlangtes Engagement. • Anerkennen Sie mutiges Handeln, das im Interesse der Organisation ist. • Gehen Sie klug und konstruktiv mit Fehlern um. • Geben Sie Rückhalt. Schirmen Sie den Mitarbeiter nach oben ab.

Konfrontation von Passivität • Konfrontieren Sie Passivität offen. Geben Sie Feedback über Aktivität bzw. Passivität des Mitarbeiters.

Konfrontieren Sie Aussagen wie: vielleicht, ich versuche es, ...aber..., ich sollte..., man... • Reissen Sie Klagemauern ein. Fragen Sie Klagende immer, warum sie nichts ändern. • Ziehen Sie eine klare Linie durch bei Mitarbeitern, die nicht eigenverantwortlich und verbindlich handeln

wollen (obwohl sie könnten). Trennen Sie sich - fair und frühzeitig („du bist auf dem falschen Spielfeld“). Seien Sie nicht führungspassiv! Unterstützen Sie niemanden, der unter seiner Verantwortung leben will.

Seien Sie selbst Vorbild bzgl. eigenverantwortlichem Handeln.

Quellen: Bernhard Schibalski, R. Sprenger

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Einstellungsgespräche führen

Gesprächsvorbereitung • Überprüfung / Entscheid, ob die freiwerdende Stelle wirklich (unverändert) besetzt werden soll,

oder ob die Chance für eine Neubündelung der Aufgaben genutzt werden soll. • Klarheit über das Anforderungsprofil. Welche Ergänzung zum bestehenden Team? • Definition der Schlüsselkompetenzen, welche im Interview beurteilt werden sollen. • Studium der Bewerbungsunterlagen. Laufbahnanalyse. Auffälligkeiten und Unklarheiten

erkennen. Bilden von Hypothesen, welche im Gespräch überprüft werden.

Hinweise für das Gespräch • Standardfragen sind in der Regel wenig ergiebig, da die Bewerber sich darauf vorbereiten

können und es schwierig ist zu erkennen, ob das Interview einfach nur gut eingeübt oder ob die erfragten Kompetenzen wirklich vorhanden sind. Es ist daher wichtig und besser, die 2-3 Schlüsselkompetenzen anhand des Verhaltensdreiecks abzufragen.

• Geeignete Situationen für das Überprüfen der Schlüssel-kompetenzen sind effektive positive oder negative Situation oder auch potentielle Situation („was würden Sie in folgender Situation tun...?)

• Diese Art von Fragen erschweren einen einfachen ‚Erklärungsmodus’. Der Bewerber wird in einen ‚Erforschungsmodus’ geführt, in welchem wertvolle Beobachtungen gemacht werden können.

• Die besten Erkenntnisse gibt das Bewerbungsgespräch selbst. Dieses gibt wertvolle Erkenntnisse, zum Beispiel zu: Zuhören, Eigenverantwortlichkeit, Kontaktfähigkeit, Selbstvertrauen, Werte, Motive, Auffassungsgabe, Selbstreflexionsfähigkeit, emotionale Kompetenz. Die eigene Person ist das wichtigste Wahrnehmungsorgan (Gefühl von Stimmigkeit)

• Wirksam sind auch Gesprächsaufforderungen. Zum Beispiel: „Weshalb möchten Sie zu uns kommen?“ à den Bewerber sprechen lassen und gezielt nachfragen.

• Gesprächsanteile für den Bewerber vorsehen Typische Fehler • Hinweise und Signale missachten, welche von Referenzen oder der Mitinterviewern kommen • Hypothesenbestätigendes Fragen (die Hypothese oder Vorentscheidung bestätigend) • Similar-to-me-Effekt • Kein Definieren von Schlüsselkompetenzen, die im Zentrum des Gespräsch stehen • Zeitdruck: sich unter Druck setzen lassen • Zu optimistische Einschätzung der Entwicklungsmöglichkeit und –geschwindigkeit • Zu hohe Anforderungen (die „eierlegende Wollmilchsau“ suchen)

Empfehlungen • Haltung: "wir bewerben uns gegenseitig" und "Herausfinden-wollen, ob wir wirklich

zusammenarbeiten wollen" • Mehr-Augen-Prinzip; Dialog/Gespräch • Mehrere potenziell qualifizierte Anwärter ansehen • Ehrlich sein – nichts beschönigen (beidseitig). Transparenz. Dialog • Gute Hinweise zur Persönlichkeit ergeben sich aus dem privaten Engagement des Bewerbers • Vor allem die Stärken erkennen und beurteilen, ob diese zur Aufgabenstellung passen • Mit mehreren Personen sprechen, die mit dem Kandidaten zusammen gearbeitet haben • Sicherstellen, dass der ausgewählte Kandidat die Aufgabenstellung wirklich versteht • "Witwenmacher-Jobs" erkennen: Jobs, wo gute Personen regelmässig scheitern, abschaffen

oder verändern • Die aktuelle private Situation des Bewerbers erkennen, um abzuschätzen, ob er mit der

beruflichen Neuorientierung zurecht kommt. • Auf das Bauchgefühl vertrauen. Nicht gegen das Bauchgefühl entscheiden! Darüber schlafen.

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Das Schlüsseldreieck in der produktiven Zusammenarbeit In der Praxis zeigt sich immer wieder die Bedeutung des folgenden Schlüsseldreiecks für die produktive Zusammenarbeit.

Vertrauen ist zugleich Folge als auch Voraussetzung Eigenverantwortlichkeit, Verbindlichkeit und Auseinandersetzung.

Autonomie und Verbundenheit In jedem Team stellt sich die Herausforderung des Ausbalancierens von Autonomie und Verbundenheit. Insbesonders bei sehr heterogenen Teams oder Bereichen ist das gemeinsame Erarbeiten der ‚Verbundenheit’ wichtig. Autonomie Verbundenheit - Autonome Aufgabenerfüllung - Klare Verantwortlichkeiten - Rollenverteilung

- Gemeinsame Themen und Aufgaben - Gemeinsame Identität - Aussenauftritt, -wahrnehmung - Geteilte Werte und Haltungen - Gesamtentwicklung / Zukunftsbild - Gemeinsame Strukturen und Prozesse,

Referenzpunkte - Synergien und Zusammenarbeit

Autonomie Verbundenheit

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Teamentwicklung Jedes Team braucht immer mal wieder einen Marschhalt, Boxenstopp, ein Innehalten, um sich gemeinsam Fragen zu stellen wie:

• Wie sind wir eigentlich unterwegs? • Wo kommen wir her? Was haben wir in den letzten

Monaten erreicht? Was waren Highlights? • Was haben wir noch nicht erreicht? Wo müssen wir

dranbleiben? • Wie arbeiten wir zusammen? • Wie kommen unsere Stärken zum Tragen? • Was gelingt uns gut? Worauf können wir stolz sein?

Was macht mir Freude? • Was gelingt uns weniger gut? Wo haben wir Sand im

Getriebe? • Wo geht es hin? • Wo ist aus der Vergangenheit noch Energie gebunden?

Was müssen wir loslassen, um mit Volldampf in die Zukunft zu gehen?

• Welche Barrieren / Hindernisse stehen uns im Weg? Was wird auf uns zukommen? Was werden die grössten Herausforderungen für uns sein? Welche ‚Drachen’ müssen wir töten?

• Worum – vor allem – sollten wir uns kümmern? • Wie werden wir das tun? • Welche Gefässe und Strukturen werden wir einrichten,

damit das ‚Gewollte’ gut aufgehoben ist?

Es lohnt sich, sich als Team periodisch eine Auszeit zu nehmen, um eine gemeinsame Standortbestimmung durchzuführen. Das Ziel von Teamentwicklung ist letztlich, die Kooperationsbereitschaft und den Teamgeist zu fördern, die Arbeitseffizienz zu steigern. Oft werden dabei nicht nur Kompetenzen einzelner Teammitglieder oder der ganzen Gruppe (z. B. Kommunikation) optimiert, sondern auch Strukturen der Zusammenarbeit neu geregelt. Auf den Punkt gebracht, geht es in der Teamentwicklung um das Erkennen und Beseitigen von Störungen, die die Ausschöpfung des Potentials hemmen.

L = P - S Leistung = Potential - Störung

Klassische Themen für die Teamentwicklung sind: 1. Zukunftsbild / Ziele 2. Stragien, Aufgaben,

Schlüsselaufgaben, Prioritäten 3. Organisation, Zuständigkeiten,

Veranwortlichkeiten, Prozesse, Hilfsmittel, Räume…

4. Kultur und Zusammenarbeit: Eigenverantwortung, Verbindlichkeit, Auseinandersetzung, Vertrauen, Kommunikation, Kooperation, Klima, Werte…

5. Führung 6. Person (Können, Verhalten,

Haltung) 7. Aussenbeziehungen

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Konstruktiv die eigene Meinung äussern Das ehrliche Äussern der eigenen Meinung (Feedback geben, Kritik äussern, Nein sagen, Unangenehmes und Schwieriges ansprechen) gegenüber Mitarbeitenden, Kollegen, Vorgesetzten, Freunden oder Beziehungspartnern ist aus zahlreichen Gründen anspruchsvoll: - Bedürfnis nach Harmonie und Konfliktfreiheit - Angst: zu verletzen, verletzt zu werden, die Beziehung zu belasten, ungerecht zu sein... - Angst vor Ablehnung, vor Selbstwertverlust: nicht bestehen zu können, „falsch zu liegen“ - Angst vor Peinlichkeit, weil man etwas Eigenes zeigt und glaubt, sich dafür schämen zu müssen - Angst vor Konsequenzen oder starke Emotionen - Fehlende innere ‚Erlaubnis’ („ist es richtig, dass ich mich damit zumute?“) - Tiefer Selbstwert, mangelnder Mut; innere Konflikte („Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust“) - Ungewissheit, was geschehen wird Die eigene Meinung zu äussern findet im Spannungsfeld zwischen Ehrlichkeit und Respekt statt. Dabei ist weder eine verletzende ‚Unverblümtheit’ noch ein unehrliches ‚durch-die-Blume-Sprechen’ oder Runterschlucken die Lösung. Vielmehr gilt es, die eigene Meinung klar, wahrhaftig und aufrichtig in respektvoller Art zu äussern – was bei eigener emotionaler Aufgeführtheit alles andere als einfach ist. Dabei haben sich die folgenden Schritte zur Selbstklärung bewährt: Schritt 1: Was liegt vor? - Was liegt vor? Was ist geschehen? - Was war wirklich? Wo habe ich Annahmen getroffen oder interpretiert?

Schritt 2: Mein Gedanken- und Gefühlscocktail? - Meine Gedanken? - Meine Gefühle? Mein Ärger? - Meine spontanen Handlungsimpulse („am liebsten würde ich..“)

Schritt 3: Meine Kernwahrheit? - Weshalb mich das so ärgert, stört... - Worum es mir eigentlich geht... - Was es wirklich ist, was mich so stört... - = verletzte, frustierte Werte, Bedürfnisse, Standards - Merkmal: „ja, genau, das ist es!“

Das Herausschälen der Kernwahrheit erfolgt im Zwiebelschalenprinzip und ist in der Praxis oft gar nicht einfach. Hilfreich dabei sind klärende Gespräche und darüber schlafen.

Schritt 4: Mein Ziel? - Was ist mein Ziel? Was möchte ich erreichen? - Wozu möchte ich mein Gegenüber veranlassen? Schritt 5: Filter - Eigenfilter: Was ist mein Anteil und gehört nicht in die Beziehung (Selbstverantwortung)? - Schamfilter: Wieviel und was sage ich? - Vernunftsfilter: Wem kann ich was sagen? Wie kommt es beim anderen an? Könnte ich mit den

Konsequenzen leben? - Praktische Überlegungen: Wie kann ich meinen Willen wirksam machen? Wieviel ist notwendig? Mit

welcher Tonalität und auf welcher Eskalationsstufe? - Zeitfilter: Wann sage ich es? Bei welcher Gelegenheit?

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Die Ich-Botschaft Feedback und Kritikansprache wird nach Vorteil mit der vierteiligen Ich-Botschaft der ‘Gewaltfreien Kommunikation’ nach Marshall Rosenberg formuliert:

1. Beobachtung/Wahrnehmung; Annahmen/Interpretationen

2. Gefühle, Gedanken .... weil:

3. Bedürfnisse / Werte / Standards (Kernwahrheit) .... deshalb:

4. Bitte, Wunsch, Verbesserungsvorschlag (konkretes, beobachtbares Verhalten, positiv formuliert)

Die Gesprächsstruktur für die Praxis sieht so aus:

Eskalationstreppe des Durchsetzens Beim Durchsetzen ist es zweckmässig sich an nebenstehender Eskalationstreppe zu orientieren. Es gilt das Prinzip der Verhältnismässigkeit: so wenig wie möglich, so viel wie nötig. Aber auch das Prinzip von Klarheit und Mut: oft entsteht deshalb keine Wirkung, weil nicht genügend Klartext gesprochen wird oder weil der Mut oder die Bereitschaft für den nächsten Schritt fehlt. Wichtig ist das Herstellen der Verbindlichkeit nach jedem Schritt. Die Ich-Botschaft befindet sich auf der dritten Stufe.

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"Nobody really wants what he asks for."

Fred Kofman

"Ziel eines Konfliktes oder Auseinandersetzung soll nicht der Sieg, sondern der Fortschritt sein”

Josef Joubert

Konfliktgespräch

0. Geeigneten Kontext schaffen • Ort, Zeitrahmen, Teilnehmer, Ankündigung. • Persönliche Vorbereitung (inhaltlich und emotional). • Störquellen ausschalten.

1. Einleitung / Kontaktaufnahme • Eröffnung mit Kontaktaufnahme. • Klärung von Anlasse, Inhalt, Ziel und Dauer des Gesprächs

2. Das Gegenüber verstehen (A spricht, B hört zu) • Zuhören ohne Unterbrechung; Learner-Haltung (das Gehörte als 'Geschenk'

entgegennehmen); Augenkontakt. • Zusammenfassen und checken, ob das Gehörte stimmt. • Anerkennen: „Ich verstehe, wie es aus deiner Sicht aussieht.“ • Nachfragen: Deine Beweggründe, Wünsche, Befürchtungen, Vorschläge?

3. Die eigene Sicht darlegen (B spricht, A hört zu)

• Meine Sicht, Beweggründe, Befürchtungen, Wünsche in der Ich-Form darlegen. • Sicherstellen, dass ich verstanden wurde (analog oben).

4. Vertieftes Verstehen

• Die darunter liegenden Interessen / Bedürfnisse erkennen. Meist sind nur dadurch wirklich Lösungen möglich!

• Erkennen von Gemeinsamkeiten und Unterschieden; vom vordergründigen Problem zum Kern des Konflikts vorstossen. Erkennen, worum es eigentlich geht. Fokus: vertieftes gemeinsames Verständnis erlangen.

5. Kreative Problemlösung und Vereinbarung

• Lösungsbrainstorming; Wünsche ausdrücken; spontaner Austausch; Auswahl. • Konkrete Massnahmen (wer, was, wann) vereinbaren (Commitment). Bei fehlendem

Konsens muss ein Konsens zum weiteren Vorgehen erarbeitet werden (Entscheidungsfindung).

• Evtl. Folgetermin vereinbaren.

6. Abschluss Bemerkungen: • Eine zweckmässige Haltung für Konfliktgespräche ist: "Wir bringen beide die Zutaten in die

Küche mit und werden gemeinsam kochen." • Zentral sind das gegenseitige Verstehen und das Ausdrücken der eigenen Bedürfnisse. • Es ist wichtig, sich auf das Konfliktgespräch persönlich gut vorzubereiten. Insbesondere für einen

vollen Selbstwerteimer zu sorgen. Quelle: Fred Kofman

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Gesprächsvorbereitung 0. Ausgangslage • Was liegt vor? Wie ist das für mich? (persönliche Stellungnahme) • Was will ich erreichen (Ziel?) • Welchen Weg wähle ich sinnvollerweise, um das Ziel zu

erreichen? • Ist ein Gespräch ein passender Schritt? 1. Zielanalyse (Es) • Was ist das Ziel des Gesprächs? (Ziel ist nicht dasselbe wie

Thema!) • Was will ich erreichen? (Minimum/Maximum) • Was ist verhandelbar? Was nicht? • Welche konkreten Fakten, Informationen, Argumente habe ich? 2. Selbstanalyse (Ich) • Was ist mein eigener Beitrag zur Situation? • Wie stehe ich zur anderen Person? Welche 'Geschichte' haben wir? Wie ist unsere Beziehung?

Welche guten / schlechten Erfahrungen könnten beim Gespräch eine Rolle spielen? • Mit welcher Grundhaltung / Einstellung gehe ich in dieses Gespräch? Achtung: Self fullfilling

prophecy! • Was sind meine Ängste und Befürchtungen? • Was habe ich meinem Gesprächspartner zu sagen und was will ich von mir zeigen? • Welcher Anteil meiner Reaktion auf mein Gegenüber ist situationsangemessen und klar – und

welcher Anteil hat wenig oder nichts mit dem Gesprächspartner zu tun (Projektionen, Übertragungen, Überempfindlichkeiten, Vorurteile, Beeinflussung durch Meinungen anderer)?

• Wie sieht mein inneres Team bezogen auf das Gespräch aus? • Worum geht es mir wirklich? 3. Partneranalyse (Du, Perspektivenwechsel) • Wo steht die andere Person? Wie steht sie zum Thema? Was ist ihr wichtig? Was ist ihr

Wissensstand? • Welches werden ihre Ziele, Argumente und Einwände sein? • Wie wird das beim anderen ankommen? Wie wird die wahrscheinliche Reaktion sein? • Was wünscht er sich von mir, inhaltlich und menschlich? 4. Gesprächsplanung • Gesprächsstruktur: Einstieg, Hauptteil, Abschluss • Inhalte: Was und wieviel sage ich? • In welcher Reihenfolge? Konkreter Ablaufplan mit Zeiten? • Passende Eskalationsstufe? Tonalität? • Wie könnte das Gespräch anders als von mir erwartet ablaufen?

- Wie verhalte ich mich, wenn das Gespräch einen (für mich) ungünstigen Verlauf nimmt? - Schlüsselstellen? - Welche Schwierigkeiten und Stromschnellen sind absehbar? - Wie werde ich damit umgehen? - Plan B? Alternativen für das Vorgehen?

• Geeigneter Ort? • Geeigneter Zeitpunkt? Optimale Zeitdauer? • Sitzordnung? • Ausschalten von Störungsquellen? • Ankündigung / Einladung? • Persönliche Vorbereitung (inhaltlich und mental)

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Problemlösungszyklus

1. Ausgangslage klären • Welche Themen/Probleme sind zu bearbeiten? De quoi s'agit-il? • Wie könnte man das Problem in 3 Sätzen beschreiben? • Was gehört zum Problemkreis? Was nicht? • Welche Ziele, Rahmenbedingungen und Restriktionen bestehen? • Wie dringend ist die Problemlösung? Wie sind die Zeitverhältnisse? • Wo bin ich in der Lösungsfindung frei? Wo gebunden? • Wie sieht eine erste Problemzergliederung aus? • Wer muss in die Problemlösung miteinbezogen werden? • Welche Sofortmassnahmen sind zu treffen? • Welches sind die wichtigsten Stakeholder? Wer ist betroffen? • Wer hat Ziele? Wer entscheidet? • Wie sieht die passende Zeitplanung aus? à Problemerkennung

2. Situation analysieren • Welche Einflussgrössen bestehen? • Wie kann das Problem strukturiert

werden? Welches sind die Teilprobleme?

• Welches sind die Abhängigkeiten? Welches Teilproblem sollte als erstes gelöst werden?

• Welches ist das Hauptthema/ -problem?

• Wann, wo, wie oft tritt es auf? Wer ist davon wie betroffen?

• Was sind die Ursachen? Wie ist das Problem entstanden?

• Wer hat welche (versteckten) Vorteile, wenn der heutige Zustand nicht verändert wird?

• Was passiert, wenn das Problem nicht gelöst wird?

• Welche Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken bestehen?

• Welches sind die Prioritäten? à Problemklärung und -beurteilung

3. Ziele formulieren • Was soll erreicht werden? Welches sind die

Ziele? Wer hat Zielvorstellungen? • Welches sind Muss-Ziele? Welches sind Kann-

Ziele? • Was ist eine zweckmässige Zielstruktur? • Woran merken wir, dass das Ziel erreicht ist? • Wie sind die einzelnen Ziele zu gewichten? • Wer entscheidet darüber? • Wie können die Ziele operationalisiert werden?

4. Lösungsalternativen suchen • Welche Lösungsalternativen bestehen? (mindestens

drei Alternativen erarbeiten!) • Gab es gleiche oder schon ähnlich gelöste Problemstellungen? • Welche Lösungen wurden schon (erfolglos) ausprobiert? • Wer kann zur Lösungsfindung beitragen? • Was wäre ein erster Schritt in die gewünschte Richtung?

5. Lösungen bewerten und auswählen • Welches sind die Bewertungs-/ Entscheidungs-

kriterien? • Wer entscheidet? • Wie sieht das Kosten/Nutzen-Verhältnis aus? • Welches ist die beste Lösungsalternative? • Welches sind die Vor- und Nachteile? • Welche Risiken bestehen? Was spricht gegen die

Lösung? Wer ist gegen die Lösung? • Welche Nebenwirkungen bestehen? • Kann/will ich entscheiden? • Sind bei der Lösung die Ursachen behoben oder

nur die Folgen / Symptome?

6. Umsetzung planen • Wer macht was bis wann? • Wer ist wofür

verantwortlich? • Welches sind die

Prioritäten? • Welches sind die

kritischen Punkte in der Umsetzung? Was tue ich dagegen (präventiv und reaktiv)?

• Wer kontrolliert wie wann die Umsetzung?

• Welches sind die Kontrollkriterien?

7. Umsetzen und steuern • Wie gut verläuft die Umsetzung

(bezüglich Kosten, Zeiten, Inhalte)?

• Ist die Umsetzung auf Kurs? • Welche Massnahmen müssen

ergriffen werden?

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Über 50% aller fundamentalen

Veränderungsprozesse erreichen ihre Ziele

nicht.

Change Management - Überblick Change Management bedeutet das professionelle und zielgerichtete Gestalten und Begleiten von Veränderungsprozessen (sachlogische und psychologische Ebene, Ausgangs- und Zukunftszustand). Change Management findet auf zwei Ebenen statt und beinhaltet sieben Gestaltungsfelder, welche weiter unten beschrieben sind.

Die professionelle Gestaltung des Veränderungsprozesses wird dann matchentscheidend und unverzichtbar, wenn beim Veränderungsvorhaben ein erhöhtes Risiko des Scheiterns auf der psycho-sozialen Ebene vorliegt (z.B. Verhaltensänderungen) oder wenn viele Personen betroffen sind. Der Kern des Change Managements ist gute Führung! Hauptgründe, weshalb Veränderungsvorhaben scheitern (empirische Ergebnisse):

• Widerstand der Betroffenen • Mangelndes Anpassungsvermögen der Betroffenen • Unzureichende Macht bzw. mangelndes Durchsetzungsvermögen • Falsch gewählter Zeitpunkt; unzureichende neue Konzepte; zu

knappe Zeitvorgabe, mangelnde Ressourcen • Ungenau formulierte Ziele/fehlende Zukunftsvision/Perspektive • Ungenügende Kommunikation von Ausgangslage, Vision, Sinn und Zweck der Veränderung • Zu geringer Leidensdruck / zu viel Selbstzufriedenheit • Zu geringe Verankerung des Wandels in der Unternehmenskultur • Mangelndes Sponsorship und Engagement des Top-Managements • Zu schwaches Netz an überzeugten „Change Agents“

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Die vier Zimmer des Wandels Der Umgang mit tiefgreifendem Wandel verläuft in mehreren Schritten (Zimmer). Kein Zimmer kann ausgelassen werden. Das Zimmermodell ist hilfreich als Kompass, um festzustellen, wo sich die Mitarbeitenden befinden und zu erkennen, welches Führungsverhalten passend ist.

Führungsverhalten in den vier Zimmern (angelehnt an Rudi Potocnik)

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Instrumente im Change Management (1) Kraftfeldanalyse Ziel: Erkennen und beurteilen der fördernden und hemmenden Faktoren und ableiten von Massnahmen. Commitmentanalyse Ziel: Erkennen und beurteilen des Commitments der für den Change notwendigen Schlüsselpersonen.

Angelehnt an: Rudi Potocnik

Stakeholder-Analyse Ziel: Erkennen des Kraftfeldes im Projekt. Zeigt die relevanten (internen und externen) Stakeholder sowie deren Einfluss. Die Stakeholderanalyse zeigt rasch und deutlich die notwendigen Changemassnahmen auf.

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Psychologisches Stressmodell Das biologische Stressmodell erklärt, was im Körper bei Stress abläuft. Es erklärt jedoch nicht, weshalb ich beim gleichartigen Auslöser am einen Tag mit Stressreaktionen reagiere und am anderen Tag nicht. Oder weshalb die einen Personen auf den gleichen Auslöser mit Stress reagieren und andere Personen nicht. Das heutige aktuelle Stressmodell ist eher psychologischer Natur und greift diese Fragestellungen auf:

Stresserleben ist das Ergebnis einer subjektiven Interpretationsleistung, abhängig von persönlichen Erfahrungen, individueller Veranlagung und dem momentanen körperlichen und geistig-seelischen Befinden. Die subjektive Befürchtung, eine für die Person wichtige Situation nicht meistern zu können, verursacht körperliche und psychisch-emotionale Stressreaktionen. Stress entsteht immer auch in unseren Köpfen. Anhand dieses Modells kann eine persönliche Stressursachen-Analyse gemacht werden. Dabei ist vor allem die Unterscheidung von externen und ‚internen’ Stressursachen bedeutsam. Aus diesem Modell können die drei 'Hauptstrassen' zur Stressbewältigung abgeleitet werden:

1. Reduktion oder Eliminierung der Stressoren 2. Veränderung der eigenen Stressneigung 3. Entspannung und Regeneration

Zudem setzt im zentralen Feld der ‚Bewertung der Situation’ die Methode der ‚Kognitiven Umstrukturierung an.

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Burnout: Ursachen und Entwicklung Burnout entsteht aus dem Zusammenspiel mehrerer Faktoren:

Entwicklung von Burnout • Burnout ist ein Kräfteverlust, die den ganzen Menschen erschöpft. Man hat zuwenig „zurück-

bekommen“; man hat sich an der Tätigkeit nicht „nähren“, zu wenig erfreuen können; wenn die innere Motivation und das Erleben des Wertes fehlt. Das ist dann der Fall, wenn die Intention der Handlung/Arbeit nicht der Sache bzw. der Aufgabe selbst, sondern z.B. der Karriere, dem Einfluss, dem Einkommen, der Anerkennung, der sozialen Akzeptanz, der reinen Pflichterfüllung, der Selbstlosigkeit (religiös oder humanitär) dient.

• Die Person erlebt dann weniger ein „von einem Wert angezogen sein“ als vielmehr ein „zur Tätigkeit getrieben oder gedrängt sein“. Die Arbeit hat dann Nutzwert und nicht Eigenwert. Die Arbeit wird Mittel zum Zweck. Es herrscht eine Ziel-Gerichtetheit statt einer Wert-Orientierung vor. Burnout entsteht durch ein Leben ohne innere Zustimmung. Erfüllung in der Arbeit ist der beste Burnout-Schutz.

• Entstehungsdynamik des Burnout: Das Handeln beruht in der Regel auf subjektiver Bedürftigkeit und erst sekundär aus objektivem Bedarf. Es gibt kein Burnout ohne subjektive Bedürftigkeit (z.B. Anerkennung, Zuwendung, Selbstwert, Halt, Vertrauen).

Quelle: Alfried Längle

Pragmatische Faustregel: Wer mehr als die Hälfte der Zeit mit Dingen beschäftigt ist, die er nicht gerne tut, nicht mit Herzen bei der Sache ist oder keine Freude hat, der muss früher oder später mit Burnout rechnen.

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Selbstführung Selbstführung hat verschiedene Aspekte:

Die Selbstführung ist oftmals eine vernachlässigte Kompetenz. Ich bin aber überzeugt, dass gerade in dieser Kompetenz der Schlüssel zur persönlichen Leistungsfähigkeit, Gesundheit und Zufriedenheit liegt. Selbstführung ist deutlich umfassender als der Begriff Selbstmanagement, welcher im Wesentlichen den Bereich der persönlichen Arbeitsmethodik/Zeitmanagement umfasst. Selbstführung basiert auf der Beziehung zu sich selbst und bedeutet aktive Lebensgestaltung. Selbstführung beinhaltet die folgenden Kapitel:

• Selbstmanagement • Umgang mit Druck/Stress • Selbstkenntnis / Bewusstheit • Selbstregulation • Umgang mit Veränderungen und Krisen • Gestaltung des eigenen Lebensweges • Persönliches Wachstum

Nach dieser Struktur ist das vorliegende Kapitel aufgebaut. Selbstmanagement und Umgang mit Druck sind die Inhalte des letzten Kapitels. Ein Grundmodell für die Selbstführung ist das Eisbergmodell (siehe Kapitel 1) Es lohnt sich, periodisch eine Standortbestimmung in diesen Kompetenzfeldern durchzuführen. Dies kann z.B. jährlich in der Form eines persönlichen Retreats/Timeouts (z.B. ausgedehnte Wanderung) erfolgen. Oder auch in der Form eines Seminars oder durch ein regelmässiges Gespräch mit einem Coach.

Umgang mit Druck •  Stress / Burnout •  Gesundheit •  Erholungskompetenz •  Energiekompetenz

Selbst- führung

Umgang mit Veränderungen / Krisen •  Resilienz •  Gelassenheit •  Vertrauen / Halt •  Mut

Selbstmanagement

Selbstkenntnis •  Sich selber kennen •  Sich selbst verstehen •  Selbstreflexion •  Authentizität •  Handeln ohne Autopilot

Gestaltung des Lebensweges •  Sinn, Glück, Erfüllung •  Das Eigene leben •  Lebensbalance •  Zukunftsbilder

Persönliches Wachstum •  Selbstentfaltung •  Wahres Selbst •  Schattenintegration •  Persönliche Spiritualität

•  Zeitmanagement •  Persönliche Arbeitstechnik •  Arbeitsorganisation •  Priorisierung

Selbstregulation •  Emotionale Kompetenz •  Selbststeuerung, -motivation •  Selbstwert •  Das Zentrum wieder gewinnen •  Bewusstheit und Achtsamkeit

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Authentizität, Wahrhaftigkeit und Aufrichtigkeit Authentizität - Echtheit, ungekünstelt, real, urwüchsig, unverborgen. Schein = Sein - Wahrheit: gr.: aletheia = Unverborgenheit: das Eigentliche wird offenbar - Ich bin darin erkennbar, unverstellt; Identifikation mit sich selbst - Einmaligkeit, unverwechselbar; Original; keine Kopie, keine Nachmache, keine Täuschung, keine

Fälschung (notariell: Eigenhändig unterschrieben) - In sich verwurzelt sein: sich seinen Werten, Überzeugungen und Grundhaltungen bewusst sein

und danach leben. Wahrhaftigkeit. Aus dem wahren Selbst heraus handeln. - „Es fliesst – ich bin in meiner Mitte“ - Kongruenz zwischen Innerem und Verhalten. Verbale und nonverbale Signale stimmen überein.

Selektive Authentizität Die eigenen Gefühle offen auszudrücken bedeutet aber nicht, ungefiltert alles zu sagen, wonach mir gerade ist. So wäre es beispielsweise unangebracht, wenn ein Angestellter zu seinem Chef sagen würde: „Ich habe eine solche Wut, dass ich Ihnen am liebsten eine Ohrfeige geben würde.“ Vier Kriterien, die erfüllt sein müssen, um sich selbst als authentisch zu erleben (nach Michael Kernis und Brian Goldman):

1. Bewusstsein – Ein authentischer Mensch kennt seine Stärken und Schwächen ebenso wie seine Gefühle und Motive für bestimmte Verhaltensweisen. Erst durch diese Selbstreflexion ist er in der Lage, sein Handeln bewusst zu erleben und zu beeinflussen.

2. Ehrlichkeit – Hierzu gehört, der realen Umgebung ins Auge zu blicken und auch unangenehme Rückmeldungen zu akzeptieren.

3. Selbsttreue, Wahrhaftigkeit – Ein authentischer Mensch handelt nach seinen Werten und seiner inneren Wahrheit. Das gilt auch für den Fall, dass er sich dadurch Nachteile einhandelt. Kaum etwas wirkt verlogener und unechter als ein Opportunist

4. Aufrichtigkeit – Authentizität beinhaltet die Bereitschaft, seine negativen Seiten nicht zu verleugnen. Sich mit seiner Wahrhaftigkeit aufgerichtet (geradlinig) zu zeigen.

Stimmigkeit und Wahrhaftigkeit Sein Verhalten an innerer Stimmigkeit ausrichten. Wahrhaftigkeit ist die Übereinstimmung mit seinem innersten Wesen. Mich im Spiegel anschauen können und spüren: „Das stimmt so für mich! Dazu kann ich stehen. So ist es gut! Das entspricht mir! Da kann ich "Ja" sagen. Das ist richtig! So stimmt es!“. Wer authentisch handelt, kann das, war er tut, auch (vor seinem Gewissen) vertreten: „So kann ich mich sehen lassen. So ist das moralisch vertretbar“. Authentizität ist also auch die Grundlage für Ethik und Moralität. Ein Wissen um ‚richtig’ und ‚falsch’. Wahrhaftigkeit bedeutet auch, dass ich mir selbst gegenüber treu bin, dass ich mir nichts vormache. Auswirkungen von Authentizität Authentizität fasziniert und spricht an. Denn was persönlich ist, ist aussergewöhnlich und einmalig. Charisma. Authentizität führt zu natürlicher Autorität und Zustimmung. Das strahlt nicht nur in das Unternehmen ab, sondern wirkt auch nach innen: Authentizität führt zu Selbstachtung, einem positiven Selbstbild und innerem Frieden. Authentizität beinhaltet das Geheimnis, Glück, Zufriedenheit, Heiterkeit und inneren Ruhe und Frieden im Leben zu erreichen, denn Glück ist nicht das Ergebnis der erreichten Ziele (des Erfolges), sondern das Ergebnis von wahrhaftigem Handeln. Authentizität ist auch die Quelle von Charme. Wahrhaftige und aufrichtige Führungskräfte strahlen innere Klarheit, Gelassenheit, Mut, Vertrauen, Zuverlässlichkeit, Standfestigkeit und Halt aus.

Quellen: Alfried Längle und Anselm Grü

Wahrhaftigkeit (à nach innen gerichtet) - Übereinstimmung mit seinem

innersten Wesen - “Ich mache mir nichts vor” - Treue zu sich selbst Aufrichtigkeit (à nach aussen gerichtet) - Sich nicht verbiegen, zu sehr anpassen - Zu sich selbst stehen - Gefühl für das Richtige; die Richtung - Gegenteil: schwächliche Nachgiebigkeit - Setzt eigene Kraft, Selbstvertrauen,

Selbstwert voraus - Führt zu Verlässlichkeit - Standfestigkeit - Den eigenen, inneren Überzeugungen

Ausdruck geben - Zentral: Takt und Güte beim Ausdrücken

der Wahrheit

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Selbstverantwortung Selbstverantwortlichkeit bedeutet die Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen. Und zwar für das ganze Leben, für alle meine Handlungen, meine Gefühle, Gedanken, Einstellungen und für alles, was mir geschieht: Privates und Berufliches, Angenehmes wie Unangenehmes, Erfolg und Misserfolg. Dinge auf die ich stolz bin, und solche, die ich lieber vor der Öffentlichkeit verbergen möchte. Meine Gesundheit, meinen Selbstwert, meine Würde, meine persönlichen Themen. Selbstverantwortung heisst zu akzeptieren, dass ich der Schöpfer all meiner Erfahrungen bin. Aller Erfahrungen! Selbstverantwortung ist Selbsttreue. Und Selbstfürsorge: ein gutwilliger, sorgender Umgang mit sich selbst Selbstverantwortliches Handeln bedeutet: • Den eigenen Beitrag zur Situation sehen • Wissen, dass externe Umstände das eigene

Verhalten zwar beeinflussen, es aber nicht bestimmen.

• "Aus den eigenen Spielkarten, das Beste machen". • Bewusst die persönliche Einstellung und das

Verhalten gegenüber einer Situation wählen (= meine Freiheit)

• Handeln in Übereinstimmung mit meinen Werten (Selbsttreue)

• Das Erkennen und Lösen von persönlichen Mustern und Blockaden, die mich gefangen halten

• Fokus auf das Selbst-Beeinflussbare. Unterscheidung von Beeinflussbarem und Nichtbeeinflussbarem. Nicht-Handeln führt zu Ohnmacht und Resignation.

• Viktor Frankl: "Die menschliche Würde liegt im Wesentlichen in der Fähigkeit, die Antwort auf eine Situation zu wählen (response-ability)".

• Selbstverantwortung setzt einen guten Zugang zur Inneren Stimme voraus.

Bemerkungen • Fähig sein zu antworten und nach den eigenen Werten zu handeln heisst nicht zwingend, Erfolg

zu haben, aber es führt zu einem Gefühl von Authentizität und zu einem positiven Selbstbild. Dies selbst, wenn aufgrund von äusseren Umständen das gesetzte Ziel nicht erreicht worden ist ("Success beyond Success").

• Selbstverantwortung ist kräftigend und selbstwertstärkend. Sie kann zwar Angst machen und die gewohnte Sicherheit kosten. Sie erfordert daher Mut. Sie ist aber die Quelle für Authentizität und ist die hauptsächliche Ressource hinsichtlich Resilienz, sowie erfolgreichem Umgang mit Druck. Und Voraussetzung für Glück und erfülltes Leben (das eigene Leben selbst an die Hand nehmen).

• Die Quelle von Selbstverantwortung ist Gestaltungsfreude, persönliche Entwicklung und Wachstum, persönliche Würde, Freiheit und Selbsttreue (Werte) sowie das Bedürfnis nach Autonomie und Sinnerfüllung. Selbstverantwortung bedeutet auch die eigene Einzigartigkeit und schöpferische Kraft zu entdecken und zu nutzen.

• Das Gegenteil von Selbstverantwortung ist Passivität und Opfer-Haltung. Und ein ‚Getrieben-sein’ von der Umgebung oder der eigenen Psychodynamik. Daher ist gute Selbstkenntnis und Selbstregulation besonders wichtig.

• „Selbstverantwortung ist immer auch Weltverantwortung“ (Göpf Hasenfratz

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Neuromuskuläre Blockaden Bei unerwarteten oder neuen Stimuli (mögliche Bedrohungssituation) aus der Umwelt, bei Unsicherheit (objektiv oder subjektiv), Stress, Disharmonie, Unlust, Unwohlsein (Angst, Nervosität, Ärger), inneren Spannungsszuständen oder wenn das eigene Selbstwertgefühl oder der ‚wunde Punkt’ in Gefahr ist, schaltet das Gehirn automatisch in den ‚Überlebensmodus’ und die beiden alten Gehirnteile Reptilienhirn (Kampf oder Flucht) und das limbische System (Emotionen, Stresshormone) übernehmen die Regie.

Es treten die sogenannten neuromuskulären Blockaden auf:

• Erregung, Verschlossenheit und fokussierter Blick: - Sein-lassen, womit man sich gerade beschäftigt („Seins-Modus à Tuns-Modus“) - Anspannung, Erregung und körperliche Unbeweglichkeit, gehemmte Atmung - Orientierung auf den Stimulus (v.a. mit den Augen); hyperwachsamer Verstand - Grizzli-Blick: Verengung der Aufmerksamkeit; eingeengter Blick; 1° statt 360° - Hauptfragen: „1. Was ist da draussen? 2. Was tue ich jetzt?“

• 4 F’s (automatische Reaktionen gegen den Stress)

- Fight: Kampf, Ärger, Aggression, Dominanz, Wut, Hass, Aktivismus, Drohgebärden - Flight: Flucht, Rückzug, Vermeidung, Angst, Ängstlichkeit - Freeze: Erstarren, Abspaltung, entkörpertes Denken, Dissoziation - Fold: Aufgeben, einschlafen, betäuben, Apathie, Depression, Zusammenbruch

Die neuromuskulären Blockaden führen zu folgendem Zustand: • Starre Landkarte und getrübte Wahrnehmung: Zurückgreifen und Gefangen-sein in

persönlichen Mustern und persönlicher ‘Wirklichkeit’ (‘Default-Werte’, persönliches Gefängnis), Verschlossenheit, Engstirnigkeit

• Knower-Verhalten: Identifikation: “Es ist so! Ich habe Recht! • Angestrengtes Denken: Störung der analytischen Arbeit des Denkhirns infolge der Aktivierung

alter Gehirnteile; Denkblockaden; geistige ‘Verstopfung’ • Verlust der Mitte: Wegfall der Körper/Geist-Zentrierung; Trennung rechter und linker Hirnhälfte • Reaktivieren von und Gefangensein in persönlichen Mustern (z.B. Skript, Antreiber, innere

Dämonen)

Die Folgen davon sind: à Gefühl: "ich bin vom ‘Problem’ vereinnahmt" à Verlust des Selbstkontaktes und der Selbstreflexionsfähigkeit à Wegfall von Intuition, Empathie und Kreativität à Wegfall des Zugangs zu den eigenen Ressourcen à Wegfall des Zugangs zum kreativen Unbewussten und dem Feld à Unterbrechung des kreativen Flusses (Flow)

Bemerkungen: - Die neuromuskulären Blockaden sind oft chronisch, eingefroren und werden zur grundlegenden

Identität einer Person. Dies äussert sich zum Beispiel so: ständiges Besorgtsein, angespannter Körper, unfähig zu entspannen und sich auf etwas vertieft zu konzentrieren. Dies ist auch eine Grundlage für viele Krankheiten (dis-eases = ent-beruhigen). Diese Chronifizierung entwickelt sich meist früh im Leben.

- Dieser Mechanismus erklärt, weshalb Menschen immer und immer wieder diesselben Erfahrungen hervorbringen und die Vergangenheit wiederholen

- Für gute Problemlösung in neuartigen Situationen und in Konflikt- und Stresssituationen ist es entscheidend in den Kompetenzmodus zu kommen: Learner-Haltung, Offenheit, ok/ok-Haltung, Vertrauen und Selbstvertrauen, Kontakt und Selbstkontakt, Klarheit, Gelassenheit, emotionale Kompetenz.

- Ansatzpunkte dazu sind: Körper/Geist-Zentrierung, Verlangsamung, Atmung, Erdung, Selbstkontakt, innerer Dialog (s. unten).

Quelle: Stephan Gilligan

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Präsenz - Körper/Geist-Zentrierung Präsenz ist ein ruhiger, kraftvoller und achtsamer Zustand, der sich durch folgende Merkmale auszeichnet: • Zentrierung: „Ganz-bei-mir-sein; ganz in meiner Mitte“. Wahrnehmen der Selbstverbundenheit

und Stabililtät der eigenen Mitte statt im Klammern an äusseren Halten • Optimaler Zustand (somatisches Mischpult) von:

- Entspannung (und in den eigenen Rhythmus hineinkommen) - Erdung: sich mit der Erde verbunden fühlen; Stabilität - Tiefe Konzentration - Musikalität: Rhythmus, Resonanz, Fliessen, Flexibilität, Spielen, Humor - Offenheit: entspannte Aufmerksamkeit nach aussen (peripheres Sehen: “weicher Blick“)

• Achtsames Gewahrsein nach innen: - Mit etwas sein, ohne es zu werden (dissoziiert) - Ruhige Wachheit und Gelassenheit statt stresshaft und automatisch auf Äusseres zu

reagieren. Auf Distanz zu seinen Emotionen kommen - Nichturteilendes Erleben: Nicht gefangen-sein in Bewertungen „gut vs schlecht“

• Kreativer Flow, Gefühl von Ganzheit und Verbundenheit mit Ressourcen, kreativem Unbewusstsein und Grösserem. Verbindung mit der Lebenskraft (Chi). Da Vinci, Einstein: „Nicht ich habe dieses Kunstwerk geschaffen, sondern etwas, das sich durch mich hindurch ausdrückt“. Mozart: „ ich kann meine Musik nicht erzwingen. Ich kann mich nur in einen Zustand versetzen, in dem ich empfangen kann, in der sie zu fliessen beginnt (Flow)“.

Im Zustand der Präsenz wirken Körper, Geist und Emotion als eine Einheit zusammen. Je grösser die Präsenz, umso näher ist man an Inspiration, Intuition, Kreativität und Flow. Dies ist inbesondere bei darstellenden Künsten wie Tanz und Schauspiel, in den Kampfkünsten (z.B. Aikido) sowie im Sport entscheidend. Dort wurde auch eine entsprechende Übungspraxis entwickelt. Ebenso zentral ist dieser Zustand für das Erbringen optimaler Leistung in einer schwierigen Situation und beim Navigieren durch emotionale Schwierigkeiten (Stress, Misserfolg, Rückschläge, Konflikte etc.). Also bei allen Leistungen ausserhalb der Routine-Zone. Denn in diesen Situationen ist der Körper angespannt (Neuromuskuläre Blockaden) und das Denken angestrengt und eingeengt. Bildlich gesprochen ermöglicht das Wiedererlangen dieses Flow-Zustandes wieder mit dem ganzen ‚Kartenset’ zu spielen. Statt des 'Gefangenseins in seinen persönlichen Mustern stehen dann wieder eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Verfügung (Quantenphysik).

Einer der wichtigsten Wege, diesen Zustand zu erreichen, derjenige über den Körper: Atmung, Erdung und Zentrierung. Dort wo es in erster Linie auf Bewegung ankommt, wie in den Kampfkünsten oder Akrobatik, liegt die Mitte genau unter dem Nabel (= physische Mitte). Bei anderen Aktivitäten liegt die Mitte am ehesten im Herzen oder Bauch oder sogar im „dritten Auge“. Alle diese Zentren liegen entlang einer senkrechten Mittellinie (vertikale Zentrierung), sodass linke und rechte Seite in Balance sein können. Die Mitte ist nicht nicht nur physisch, sondern auch mental: Bewusstsein mit entspannter Konzentration.

Flow: • Tiefe Konzentration • Leichtigkeit • Klarheit • Ruhe • Meisterschaft • Balance von Wachheit und

Entspannung • Balance von Steuern und

Lassen • Vertrauen

• Verbundenheit mit sich selbst, mit anderen, und mit allem um sich herum

• Gefühl: 'ich bin ganz in meiner Haut " • Einheit von Denken / Fühlen / Instinkt • Einheit von Körper und Geist • Intensives Gefühl von Lebendigkeit • Zeitlosigkeit • Mehrdimensionales Bewusstsein • Duale Aufmerksamkeit (innen / aussen) • Präsenz

Quelle: Steven Gilligan und Nicholas Janni

“Meine Leistung ist so gut wie mein Zustand”

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Einsatzmöglichkeiten der Toolbox Führung - Anregungen Die Toolbox Führung kommt in unterschiedlichen Kontexten zur Anwendung: • Persönliches Nachschlagewerk als Führungskraft oder Projektleiter

• Im Rahmen von Führungsausbildungen

- Als Seminarunterlage - Teilnehmer wählen ein Thema aus, machen einen Vortrag dazu und bereiten für ihre

Seminarkollegen eine Lektion vor - Fallbearbeitung: nach Antworten suchen zu einer konkreten Fragestellung - Angaben von Toolboxseiten zum weiterführenden Studium - Festlegen von Schwerpunkten für die Führungsausbildung durch die Geschäftsleitung

• Einsatz in Unternehmen

- Unternehmensweite Abgabe der Toolbox Führung an die Führungskräfte - Gemeinsames Arbeitsinstrument in Führungsteams

• Einsatz im Rahmen von Führungscoachings • Handbuch für Trainer und Berater

• Selbststudium • Selbstreflexion / Persönliche Standortbestimmung

- Erkennen, wo die grössten Stärken und Lücken sind - Grundlage für die Entwicklung des persönlichen Führungsselbstverständnisses

• Geschenk (an Einzelpersonen oder ganze Teams)