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www.B–u–B.de BuB | 60 (2008) 04 267 Inhalt | BuB Foyer Lesesaal Magazin Aus dem Berufsverband Blickpunkt Internet Aktuelles aus der ganzen Welt / Zeitungs- artikel – eine oft ignorierte Kategorie der Volltexte (Jürgen Plieninger) ___________ 341 Fachliteratur Buchfieber. Zur Geschichte des Buches im 3. Reich (Peter Vodosek) _______________ 343 Seite Eins Der Funke soll überspringen / Kampagne »Deutschland liest. Treffpunkt Bibliothek« will dem Image der Bibliotheken Pfeffer geben (Julia Hellmich) ________________ 268 Öffentliche Bibliothek Bundespräsident Köhler besucht Stadtbib- liothek Brilon / Anerkennung für heraus- ragende Leistungen – Eine Kleinstadt im Ausnahmezustand (Ute Hachmann) _____ 269 RFID ermöglicht längere Öffnungszeiten / Stadtbücherei Biberach nutzt Automatisie- rungsgewinne – Teamkleidung eingeführt (Frank Raumel) ______________________ 270 Blick in die Kinder- und Jugendbibliothek der Zukunft / Bewährte Projekte und mutige Ideen für morgen (Susanne Brandt) _ 272 Kinder- und Jugendbuchportal gefragt / Ausgabe in weiteren Sprachen geplant – Nützlich für Lektoratsarbeit ____________ 273 Diskussion »Ehrenamtliche Leseklubs sind kein Ersatz« / In Hamburg kämpft eine Bürgerinitiative explizit für den Erhalt einer Bücherei mit Fachpersonal (Axel Kopido) ____________ 274 Freiwillige als Chance für Bibliotheken / Offizieller DBV-Standpunkt ist offenbar nicht überall bekannt (Konrad Umlauf) ___ 275 Public Libraries durch Volunteers gestärkt / In den USA sind Einsatzgebiete von Fachpersonal und Freiwilligen klar voneinander abgegrenzt (Beate Hörning) _ 276 Nur außerhalb des Kerngeschäfts / Wie die Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen ohne Misstöne gelingen kann (Elisabeth Sträter) ________ 276 Integration Bildungsbürgertum statt Migranten im Blick / Große Unterschiede bei inter- kultureller Bibliotheksarbeit in Berlin (Patricia Kern, Sibel Ulucan) ____________ 278 Die Bibliothek als Kulturvermittler / 3. Konferenz über »Bibliotheken und Integration von Migranten« in Kopenhagen (Patricia Kern) ____________ 279 Auf dem Weg zur multikulturellen Informationsgesellschaft / Studierende stellen Buch zur interkulturellen Biblio- theksarbeit vor (Sebastian Wilke)________ 280 Hochschule Gemeinsames Projekt zur Vorbeugung von Datenverlusten / Deutsche und Schweize- rische Hochschulen entwickeln E-Learning- Module zur Langzeitarchivierung _______ 281 Bachelor-Student landet ganz vorne / Kontrovers diskutierte Themen beim Innovationspreis 2008 _________________ 282 Master-Infotag an der HdM Stuttgart / Berufserfahrung willkommen ___________ 282 Bibliothekartag 2008 Die ganze Vielfalt des Tagungsprogramms / Diskussionen, Vorträge, Workshops: BIB-Vorstandswahl 2008: Hinweise zum Wahlverfahren (Präsenz- und Briefwahl) Vor- stellung der Kandidatinnen und Kandidaten. – Service: Mitgliedernachrichten ________ 345 Editorial ____________________________ 268 Impressum __________________________ 335 Summary · Résumé ___________________ 350 Stellenmarkt _________________________ 351 SCHWERPUNKT: Die Botschaft der Häuser Fünf Häuser, fünf Botschaften / Architek- tonische Highlights aus Linz, Amsterdam, Delft und Weimar (Wolfram Henning) ___ 301 Die Botschaft der Häuser / Trends und Tendenzen im modernen Bibliotheksbau (Wolfram Henning) ___________________ 309 Mannheim bietet Fortbildung für jeden Geschmack __________________________ 283 Erst den Körper, dann das Wissen bewegen (Michael Reisser) _____________ 284 Fortbildung kostet Zeit und Geld, keine Fortbildung kostet die Zukunft! / Offener Brief an die bibliothekarische Fachöffent- lichkeit (Ulrich Hohoff, Susanne Riedel) __ 285 Indexierung Register generell in schlechtem Zustand / DNI mahnt mehr Qualität an – Kontakt zu verwandten Organisationen gesucht (Jochen Fassbender) __________________ 287 Verbünde Bibliotheken in Berlin, Brandenburg und Bayern kooperieren / Zweitgrößter Verbundkatalog in Deutschland _________ 287 Ausland Information für jedermann / Studenten diskutieren beim BOBCATSSS-Symposium in Zadar Chancen und Risiken des Web 3.0 (Jessica Euler, Anastasia Schadt) _________ 288 Linz macht Leipzig und Frankfurt Konkurrenz / Die internationale Buch- messe LITERA lädt nach Österreich ein (Susanne Richt) ______________________ 289 Problemlösung vor Ort statt Warten auf die Zentrale / Regionale Seminare fördern Selbstständigkeit türkischer Bibliothekare (Bülent Yılmaz)_______________________ 290 Nachrichten _________________________ 291 Dilibri: Digitalisierungsportal Rheinland-Pfalz ______________________ 291 Stadtbibliothek Verden erhält Preis der VGH-Stiftung ____________________ 292 Mit dem Wohnmobil von Bibliothek zu Bibliothek_________________________ 294 Termine Fortbildungen von April – Juni 2008 _____ 295 Herausragende medienpädagogische Projekte gesucht _____________________ 295 Seminare zur Kinder- und Jugendliteratur _ 296 Informationstag zum Master-Studien- gang »Informations- und Wissens- management« in Hannover ____________ 297 Zum Lesen verlocken / 1. Jugendbuchmesse der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur 298 Markt ______________________________ 298 »Keine Angst vor der Ästhetik!« / Architekt Rolf Ramcke fordert mehr Mut bei der Gestaltung: Bibliotheken sollen stimulieren und Orte der Identifikation sein (Bernd Schleh) _______ 313 Zwischen Ästhetik und Funktionalität / Im Herzen Berlins entsteht mit dem Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrum der Humboldt-Universität eine imposante neue Bibliothek (Milan Bulaty, Olaf Eigenbrodt) _____________________ 317 Richtfest für die große Unbekannte / Baustelle der Superlative: In Berlins Zentrum entsteht die neue Staatsbib- liothek (Jeanette Lamble, Barbara Schneider-Kempf) ____________________ 323 Trends in der Inneneinrichtung / Rahmenbedingungen und Optionen für die Gestaltung zeitgemäßer Biblio- theksräume (Martin Götz) _____________ 328 DIN-Fachbereicht 13 soll auch Öffentliche Bibliotheken einbeziehen / Planungsgrundlage wird überarbeitet und hiermit in BuB zur Diskussion gestellt (Roman Rabe) _________________ 331 Farbe wirkt! Farbberater gibt Tipps für Raumgestaltung in Bibliotheken (Alfred Schleicher) ____________________ 334 Die Pracht der Bücherhäuser / www.bibliotheksbauten.de gibt einen Überblick über die wichtigen Epochen des Bibliotheksbaus in Mitteleuropa (Philipp Mayr, Engelbert Plassmann) _____ 336 Die Bibliothek in der schmucken Scheune / Stadtbücherei Schweinfurt residiert im umgebauten Ebracher Hof (Anita Kaltenbach)____________________ 338

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267Lesesaal | BuB 267Inhalt | BuB

Foyer

Lesesaal

Magazin

Aus dem Berufsverband

Blickpunkt Internet

Aktuelles aus der ganzen Welt / Zeitungs-artikel – eine oft ignorierte Kategorie der Volltexte (Jürgen Plieninger) ___________ 341

Fachliteratur

Buchfi eber. Zur Geschichte des Buches im 3. Reich (Peter Vodosek) _______________ 343

Seite Eins

Der Funke soll überspringen / Kampagne »Deutschland liest. Treffpunkt Bibliothek« will dem Image der Bibliotheken Pfeffer geben (Julia Hellmich) ________________ 268

Öffentliche Bibliothek

Bundespräsident Köhler besucht Stadtbib-liothek Brilon / Anerkennung für heraus-ragende Leistungen – Eine Kleinstadt im Ausnahmezustand (Ute Hachmann) _____ 269

RFID ermöglicht längere Öffnungszeiten / Stadtbücherei Biberach nutzt Automatisie-rungsgewinne – Teamkleidung eingeführt (Frank Raumel) ______________________ 270

Blick in die Kinder- und Jugendbibliothek der Zukunft / Bewährte Projekte und mutige Ideen für morgen (Susanne Brandt) _ 272

Kinder- und Jugendbuchportal gefragt / Ausgabe in weiteren Sprachen geplant – Nützlich für Lektoratsarbeit ____________ 273

Diskussion

»Ehrenamtliche Leseklubs sind kein Ersatz« / In Hamburg kämpft eine Bürgerinitiative explizit für den Erhalt einer Bücherei mit Fachpersonal (Axel Kopido) ____________ 274

Freiwillige als Chance für Bibliotheken / Offi zieller DBV-Standpunkt ist offenbar nicht überall bekannt (Konrad Umlauf) ___ 275

Public Libraries durch Volunteers gestärkt / In den USA sind Einsatzgebiete von Fachpersonal und Freiwilligen klar voneinander abgegrenzt (Beate Hörning) _ 276

Nur außerhalb des Kerngeschäfts / Wie die Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen ohne Misstöne gelingen kann (Elisabeth Sträter) ________ 276

Integration

Bildungsbürgertum statt Migranten im Blick / Große Unterschiede bei inter-kultureller Bibliotheksarbeit in Berlin (Patricia Kern, Sibel Ulucan) ____________ 278

Die Bibliothek als Kulturvermittler / 3. Konferenz über »Bibliotheken und Integration von Migranten« in Kopenhagen (Patricia Kern) ____________ 279

Auf dem Weg zur multikulturellen Informationsgesellschaft / Studierende stellen Buch zur interkulturellen Biblio-theksarbeit vor (Sebastian Wilke) ________ 280

Hochschule

Gemeinsames Projekt zur Vorbeugung von Datenverlusten / Deutsche und Schweize-rische Hochschulen entwickeln E-Learning-Module zur Langzeitarchivierung _______ 281

Bachelor-Student landet ganz vorne / Kontrovers diskutierte Themen beim Innovationspreis 2008 _________________ 282

Master-Infotag an der HdM Stuttgart / Berufserfahrung willkommen ___________ 282

Bibliothekartag 2008

Die ganze Vielfalt des Tagungsprogramms / Diskussionen, Vorträge, Workshops:

BIB-Vorstandswahl 2008: Hinweise zum Wahlverfahren (Präsenz- und Briefwahl) • Vor-stellung der Kandidatinnen und Kandidaten. – Service: Mitgliedernachrichten ________ 345

Editorial ____________________________ 268

Impressum __________________________ 335

Summary · Résumé ___________________ 350

Stellenmarkt _________________________ 351

SCHWERPUNKT: Die Botschaft der Häuser

Fünf Häuser, fünf Botschaften / Architek-tonische Highlights aus Linz, Amsterdam, Delft und Weimar (Wolfram Henning) ___ 301

Die Botschaft der Häuser / Trends und Tendenzen im modernen Bibliotheksbau (Wolfram Henning) ___________________ 309

Mannheim bietet Fortbildung für jeden Geschmack __________________________ 283

Erst den Körper, dann das Wissen bewegen (Michael Reisser) _____________ 284

Fortbildung kostet Zeit und Geld, keine Fortbildung kostet die Zukunft! / Offener Brief an die bibliothekarische Fachöffent-lichkeit (Ulrich Hohoff, Susanne Riedel) __ 285

Indexierung

Register generell in schlechtem Zustand / DNI mahnt mehr Qualität an – Kontakt zu verwandten Organisationen gesucht (Jochen Fassbender) __________________ 287

Verbünde

Bibliotheken in Berlin, Brandenburg und Bayern kooperieren / Zweitgrößter Verbundkatalog in Deutschland _________ 287

Ausland

Information für jedermann / Studenten diskutieren beim BOBCATSSS-Symposium in Zadar Chancen und Risiken des Web 3.0 (Jessica Euler, Anastasia Schadt) _________ 288

Linz macht Leipzig und Frankfurt Konkurrenz / Die internationale Buch-messe LITERA lädt nach Österreich ein (Susanne Richt) ______________________ 289

Problemlösung vor Ort statt Warten auf die Zentrale / Regionale Seminare fördern Selbstständigkeit türkischer Bibliothekare (Bülent Yılmaz) _______________________ 290

Nachrichten _________________________ 291

Dilibri: Digitalisierungsportal Rheinland-Pfalz ______________________ 291

Stadtbibliothek Verden erhält Preis der VGH-Stiftung ____________________ 292

Mit dem Wohnmobil von Bibliothek zu Bibliothek _________________________ 294

Termine

Fortbildungen von April – Juni 2008 _____ 295

Herausragende medienpädagogische Projekte gesucht _____________________ 295

Seminare zur Kinder- und Jugendliteratur _ 296

Informationstag zum Master-Studien-gang »Informations- und Wissens-management« in Hannover ____________ 297

Zum Lesen verlocken / 1. Jugendbuchmesse der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur 298

Markt ______________________________ 298

»Keine Angst vor der Ästhetik!« / Architekt Rolf Ramcke fordert mehr Mut bei der Gestaltung: Bibliotheken sollen stimulieren und Orte der Identifi kation sein (Bernd Schleh) _______ 313

Zwischen Ästhetik und Funktionalität / Im Herzen Berlins entsteht mit dem Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrum der Humboldt-Universität eine imposante neue Bibliothek (Milan Bulaty, Olaf Eigenbrodt) _____________________ 317

Richtfest für die große Unbekannte / Baustelle der Superlative: In Berlins Zentrum entsteht die neue Staatsbib-liothek (Jeanette Lamble, Barbara Schneider-Kempf) ____________________ 323

Trends in der Inneneinrichtung / Rahmenbedingungen und Optionen für die Gestaltung zeitgemäßer Biblio-theksräume (Martin Götz) _____________ 328

DIN-Fachbereicht 13 soll auch Öffentliche Bibliotheken einbeziehen / Planungsgrundlage wird überarbeitet und hiermit in BuB zur Diskussion gestellt (Roman Rabe) _________________ 331

Farbe wirkt! Farbberater gibt Tipps für Raumgestaltung in Bibliotheken (Alfred Schleicher) ____________________ 334

Die Pracht der Bücherhäuser / www.bibliotheksbauten.de gibt einen Überblick über die wichtigen Epochen des Bibliotheksbaus in Mitteleuropa (Philipp Mayr, Engelbert Plassmann) _____ 336

Die Bibliothek in der schmucken Scheune / Stadtbücherei Schweinfurt residiert im umgebauten Ebracher Hof (Anita Kaltenbach) ____________________ 338

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268 BuB | Foyer Seite Eins

Editorial

Renaissance der BücherhäuserIm Zeitalter der digitalen Speichermedien ist die Bibliothek schon vielfach totgesagt worden. Dennoch erlebt der Bibliotheksbau derzeit geradezu eine Renaissance – häufig in prominenter Innen-stadtlage und als bewusster baulicher Ausdruck kultureller Werte und Traditionen.

Beispiel Berlin: Dort entstehen – von der Öffentlichkeit bisher kaum wahrgenommen – zwei der imposantesten und teuersten Bibliotheksgebäude in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die prächtige neue Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität soll öffentlicher, urbaner Wissenschaftsstandort und ein Klassi-ker des Open Access werden, mit Baukosten in Höhe von 75 Mil-lionen Euro, mit 2 Millionen Medien in Freihandaufstellung und 500 Computerarbeitsplätzen (Seite 317). In unmittelbarer Nähe wächst ein zweiter Neubau der Superlative: Die Staatsbibliothek zu Berlin als größte wissenschaftliche Universalbibliothek im deutschsprachigen Raum bekommt am Standort Unter den Linden ihr funktionales und architektonisches Herz zurück, das im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde (Seite 323).

Im Themenschwerpunkt dieser Ausgabe stellt Architektur-Experte Wolfram Henning weitere zukunftsweisende Bibliotheks-bauten in Europa vor (Seite 301) und deckt dabei das breite Spek-trum ihrer möglichen – und kontrovers diskutierten – Funktio-nen auf: kulturelle Erlebnisstätte mit hohem Unterhaltungs- und Erlebniswert versus Ort der Ruhe und des konzentrierten Lesens und Lernens. Manche Häuser verbinden gekonnt beide Extreme und setzen auf klar unterscheidbare Bereiche innerhalb der Bibliothek.

Trotz aller Meinungsunterschiede, der Trend ist offenkundig: Bibliotheken haben die Museen inzwischen als wichtigste Bau-aufgabe im öffentlichen Bereich abgelöst. Norman Foster in Ber-lin, Santiago Calatrava in Zürich, Rem Koolhaas in Seattle – kaum ein Stararchitekt, der noch keine Bibliothek gebaut hat. Alles bestens also?

Aus Sicht der Bibliothekare nicht unbedingt, stellt Architekt Rolf Ramcke im Interview (Seite 313) kritisch fest. Der Bauexperte und Dozent am Institut für Informations- und Bibliothekswissen-schaft der Humboldt-Universität zu Berlin attestiert den Biblio-thekaren einen ausgeprägten Mangel an ästhetischem Bewusst-sein: »Wenn sich ein ganzer Berufsstand darauf kapriziert, nur die Funktion zu erfüllen, hat er, ohne es zu wissen, eine ästhetische Entscheidung gefällt. Und zwar eine sehr negative.«

Die standardisierten bibliothekarischen Baurichtlinien, wie die HIS-Standards der Hochschul-Informations-System GmbH, sind Ramcke ein Gräuel: »Sie wurden von Leuten entworfen, die von Sinn und Wesen einer Bibliothek offenbar wenig Ahnung haben.« Statt auf statistische Zahlen und Faktenhuberei zu setzen, fordert der Architekt: »Mehr Mut zur Ästhetik!« Wie das konkret aus-sehen kann, zeigen Martin Götz anhand aktueller Trends bei der Inneneinrichtung (Seite 328) und Alfred Schleicher mit unkonven-tionellen Tipps zur Farbgestaltung (Seite 334).

Im Spannungsfeld zwischen Funk-tionalität, Ästhetik sowie sozialen und kulturellen Anforderungen bleibt der Bau einer Bibliothek eine aufregende Aufgabe, wie dieser Themenschwer-punkt zeigt.

Bernd Schleh (BuB-Redakteur)

»So viel mürrische Gleichgültig-keit, so viel Trostlosigkeit wie in Bibliotheken trifft man sonst al-lenfalls auf dem Einwohnermel-deamt an oder an den Schaltern der Bundesbahn«, schrieb der frühere BuB-Redakteur Dietrich Segebrecht ketzerisch vor gut 30 Jahren. Seitdem hat die Biblio-theksszene jede Menge Moder-nisierungsschübe erlebt. Doch hat das auch jeder mitgekriegt, der es wissen sollte? Mit der Image-Kampagne »Deutsch-land liest. Treffpunkt Bibliothek« will der Deutsche Bibliotheks-verband (DBV) das Ansehen der Bibliotheken kräftig aufpolieren.

Hohe Ausleihzahlen, digitale Dienstleistungen, atemberau-bende Architektur, Bildungs-partnerschaften, zielgruppeno-rientierte Konzepte, hochkarä-tige Kulturveranstaltungen – es gibt massig Belege dafür, dass Bibliotheken mit Erfolg im 21. Jahrhundert angekommen sind.

Die Wertschätzung hinkt noch immer hinterher. »Ideal wäre […], wenn der Benutzer die Bibliothek gar nicht erst betreten könnte«, sinniert Um-berto Ecco in seiner bissigen Sa-tire zur Nutzerunfreundlichkeit mancher Bibliotheken.

Menschenscheu und Lan-geweile wird dem Berufsstand sofort zugetraut: »Wer sich mit sozialen Problemen nicht abge-ben will oder kann, soll Biblio-thekar werden oder Gärtner«, empfi ehlt ein Kommentator im Jugendmagazin »Jetzt.de« der Süddeutschen Zeitung.1

Um dem Image Pfeff er zu verpassen, startet der DBV eine nationale Kampagne, die es in dieser Dimension hierzulande noch nicht gegeben hat:

Rund um den »Tag der Bib-liotheken« am 24. Oktober sol-len Bibliotheken jedes Typs in der Woche vom 24. bis zum 31.

Seite Eins

Der Funke soll überspringenKampagne »Deutschland liest. Treffpunkt Biblio-thek« will dem Image der Bibliotheken Pfeffer geben

Oktober Veranstaltungen zum Th ema Lesen auf die Beine stel-len. Promis vom Format Xavier Naidoo, Lukas Podolski oder Sarah Kuttner sollen gewonnen werden, auf Plakaten, in Werbe-anzeigen, vielleicht sogar Fern-sehspots, für Bibliotheken zu trommeln.

Bundespräsident Horst Köh-ler hat die Schirmherrschaft übernommen, das Bildungsmi-nisterium tritt als Hauptsponsor auf. Der DBV stellt eine Web-seite mit Veranstaltungskalender und Material im kampagnenei-genen Corporate Design bereit, organisiert die Zusammenarbeit mit überregionalen Medien und Prominenten. Weitere Partner sind der Dachverband Biblio-thek & Information Deutsch-land (BID), das Kompetenz-netzwerk für Bibliotheken (knb), die staatlichen und kirchlichen Fachstellen, die ekz.bibliotheks-service GmbH, der Borromäus-verein und die Werbeagentur Heymann Schnell. (Ausführli-che Infos: www.treff punkt-bibliothek.de.)

Vorbild für die Aktion ist die furiose Kampagne »Österreich liest. Treff punkt Bibliothek«. Mit Tausenden Literaturver-anstaltungen in einer Woche ist es dort gelungen, das größte landesweite Literaturfestival zu inszenieren, so Gerald Leitner, Geschäftsführer des Bücherei-verbands Österreichs. Wie ein Lauff euer hat der Erfolg der Kampagne die Bibliotheksszene ergriff en. Der Funke ist auch bei uns gezündet – und muss jetzt nur noch überspringen.

Julia Hellmich (BuB-Redakteurin)

1 Den Hinweis auf die beiden Zitate verdanke ich Monika Bargmann aus Wien, die in der nächsten BuB-Ausgabe eine Literaturmon-tage zum Image von Bibliotheka-ren veröff entlicht.

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Bundespräsident Köhler besucht Stadtbibliothek BrilonAnerkennung für herausragende Leistungen / Eine Kleinstadt im Ausnahmezustand

Im Rahmen seines Antrittsbe-suchs in Nordrhein-Westfalen hat Bundespräsident Horst Köhler am 27. Februar die Stadtbibliothek Brilon besucht. Eine große Ehre und eine große Herausforderung für das kleine Bibliotheksteam. Doch die gera-de mal sieben Bibliotheksmitar-beiter präsentierten dem hohen Gast souverän die Briloner Vor-zeige-Einrichtung, wie Biblio-theksleiterin Ute Hachmann in folgendem Bericht beschreibt.

Große Überraschung in der Stadtbibliothek Brilon – Anfang Februar kündigte Bürgermeis-ter Franz Schrewe der Leiterin der Stadtbibliothek, Ute Hach-mann, ganz »harmlos« einen Be-such von zwei Herren aus Berlin an. Hinter dieser »Mini«- Grup-pe verbarg sich dann tatsächlich das »Vorbereitungskommando« für den Besuch von Bundesprä-sident Horst Köhler – bestehend aus Mitarbeitern des Bundes-präsidialamtes, des Bundeskri-minalamtes, der Staatskanzlei in Düsseldorf, der lokalen Polizei

Hoher Besuch in der Stadtbibliothek Brilon: Bibliotheksleiterin Ute Hach-mann erläutert eines ihrer vorbildlichen Projekte. Der nordrhein-west-fälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (von links), Bundespräsident Horst Köhler und der Minister für Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in NRW, Eckhardt Uhlenberg, hören aufmerk-sam zu. Foto: Ralph Sondermann/nrwbild.de

Bundespräsident Köhler informierte sich ausführlich über die Bausteine der Leseförderung der Stadtbibliothek Brilon und sprach auch mit den beteiligten Kindern. Foto: Ralph Sondermann/nrwbild.de

und dem Verwaltungsrat der Stadt Brilon.

»Der Bundespräsident kommt am 27. Februar nach Brilon. Und er möchte sich in der Stadtbib-liothek ein Bild von der Arbeit machen. Er hat ausdrücklich den Wunsch geäußert, mit Er-zieherinnen, Lehrern, Kindern und Schülern zu sprechen«, so die Information aus Berlin.

Eine Herausforderung für das kleine Team der Stadtbibliothek Brilon. Schnell war klar, dass die Bibliothek dem Bundespräsi-denten ein möglichst umfassen-des Bild der Arbeit des lokalen Lesenetzwerkes vorstellen woll-te. Nach Absprache mit dem Protokoll des Bundespräsiden-ten durfte die Stadtbibliothek 40 Gäste zum Besuch von Horst Köhler in ihre Räume einladen.

Der Morgen des 27. Februar begann für alle spannend und aufregend. Von den knapp hun-dert Polizisten, die inzwischen nach Brilon gekommen waren, rückten zunächst sechs mit zwei Sprengstoff hunden in die Bib-liothek ein. Nahezu jede CD,

jedes Buch und alle Schränke wurden von den Hunden be-schnüff elt.

Um 10 Uhr traf Bundesprä-sident Köhler, begleitet vom Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen, Jürgen Rüttgers, im historischen Rat-haus der Stadt Brilon ein, um sich ins Goldene Buch der Stadt einzutragen. Nach einem halb-stündigen Gang durch die Fuß-gängerzone erreichten die beiden mit einem Tross von unzähligen Sicherheitsbeamten und Journa-listen die Stadtbibliothek.

Herzliche Begrüßung

Ute Hachmann begrüßte den Bundespräsidenten herzlich und lud ihn zu einem Rund-gang durch die Bibliothek ein. Dort hatte Köhler an vier Sta-tionen Gelegenheit, mit unter-schiedlichsten Projektpartnern (Sponsoren, Ärzten, Säuglings-schwestern, Lehrern, Erziehern, Vorlesepaten) und 25 Kindern (vom Bücherbaby Leonard, acht Monate alt, bis hin zu Schülern der weiterführenden Schulen) zu sprechen und sich über die einzelnen Bausteine der Lese-förderung der Stadtbibliothek Brilon zu unterrichten.

Besonders interessiert war das Staatsoberhaupt an der Koope-ration der Stadtbibliothek mit

dem örtlichen Krankenhaus und mit den Off enen Ganz-tagsschulen. Sichtlich erfreut und beeindruckt über das sehr gut funktionierende Lesenetz-werk, bestehend aus engagier-ten Menschen und vielfältigen Institutionen, trug er sich in das »grüne« Gästebuch der Stadt-bibliothek mit folgenden Sätzen ein:

»Das Buch und das Lesen sind der beste Zugang zu Wissen und Bildung. Hier in Brilon wird im besten Sinne Bildung vermittelt. Dafür danke ich allen Angehö-rigen der Stadtbibliothek, der unterstützenden Gemeinschaft der Stadt und der Landesregie-rung. Hier erleben wir ein Vor-bild, dem ich viele Nachahmer wünsche.«

Der Bundespräsident ist nun wieder in Berlin. Und was macht Brilon? Über 4 500 Bri-loner haben einen freundlichen, kompetenten, nachdenklichen Präsidenten beim Bad in der Menge kennengelernt, der doch tatsächlich »nur« wegen ihrer Bibliothek ins Sauerland gekom-men war. Für Brilon war es ein unvergessliches Ereignis, für die Bibliotheksfachwelt sicherlich ein weiterer wichtiger Schritt in die Zukunft.

Ute Hachmann,Leiterin der Stadtbibliothek

Brilon

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270 BuB | Foyer Öffentliche Bibliothek

Öffentliche Bibliothek

RFID ermöglicht längere ÖffnungszeitenStadtbücherei Biberach nutzt Automatisierungs-gewinne / Teamkleidung eingeführt

Die Umstellung der Medien-verbuchung auf RFID (Radio Frequency Identifi cation) ist heute nichts Besonderes mehr. Die neue Technik setzt sich bei Öffentlichen Bibliotheken, vor allem bei großen und mittleren Betrieben, immer mehr durch. Dass die Umstellung auch für kleinere ÖBs interessant sein kann, zeigt der folgende Erfah-rungsbericht aus Biberach an der Riß (32 000 Einwohner).

Das Medien- und Informations-zentrum (MIZ) Biberach wies 2007 rund 73 000 Medienein-heiten, 300 000 Kundenkontak-te und 500 000 Entleihungen auf. Der Bericht streift die tech-nische Umsetzung nur am Ran-de. Er will vielmehr aufzeigen, dass die Automatisierungsge-winne nicht zu Personaleinspa-rungen führen müssen, sondern gewinnbringend für Leser und Bibliothek eingesetzt werden können.

Bereits 1996 wurde mit dem Umzug in einen renovierten Alt-bau die Selbstverbuchung auf EM-Basis eingeführt. Nach elf Jahren erfolgreichem Einsatz ist jetzt auf radiofrequente Verbu-chung umgestellt worden. Statt zweier in die Verbuchungstheke eingelassener Geräte stehen den Lesern nunmehr drei »Selbst-verbucher« dezentral im Erdge-schoss zur Verfügung. Damit wird zunächst ein Qualitäts-sprung für die Kunden erzielt: Statt aufwendiger Arbeit durch einscannen und entsichern jedes einzelnen Mediums, können die LeserInnen durch Aufl egen klei-nerer Stapel ihre Medien in Se-kundenschnelle verbuchen und entsichern lassen.

Um alle Automatisierungsef-fekte von RFID auszuschöpfen, wurde auch die Medienrückgabe

Es galt, nicht nur einheitliche Kleidung für Frauen und Männer in einem breiten Größenspektrum und mit

langfristiger Wiederbeschaf-fungsgarantie zu fi nden,

sondern auch Geschmacks-diskussionen zu einem

Ergebnis zu führen.

Die Kunden können durch Auflegen kleiner Stapel ihre Medien in Sekun-denschnelle verbuchen und entsichern.

auf Selbstbedienung umgestellt und eine automatische Grobsor-tierung installiert. Seit Februar 2008 stehen den Kunden eine Innen- und eine Außenrückga-be (7 mal 24 Stunden) zur Ver-fügung, eine Sortiermaschine verteilt den Rücklauf nach Ab-teilungen und Medienarten in neun Container. Aus den Con-tainern wird bei Schichtwechsel das Material entnommen und auf Buchwagen feinsortiert. Der Rücklauf der AV-Medien wird den Kunden sofort wieder zur Verfügung gestellt.

Das Projekt wurde mit einem Umfang von 350 000 Euro be-antragt. Als Ziele wurden defi -niert:� spürbare Verbesserung der

Servicequalität,� schnellere und bequemere

Medienausleihe,� längere (40 statt 30,5 Wo-

chenstunden) und besser zu merkende Öff nungszeiten,

� Medienrückgabe 7 mal 24 Stunden lang,

� Erhöhung der Verbuchungs-kapazitäten ohne Personal-aufstockung,

� Erschließung neuer Ziel-gruppen durch erweiterte Öff nungszeiten,

� Erhöhung der Wirtschaft-lichkeit, gemessen an den Kosten je Ausleihe,

� mehr Zeit für Projekte, zum Beispiel im Bereich Bildungs-partnerschaft, gewinnen,

� die technische Zukunftsfä-higkeit sichern.

Die Investition soll sich durch Gewinnung neuer Leser und eine moderate Gebührenanhe-bung (gedacht ist an vier Euro mehr für die Jahreskarte bei Barzahlern) mittelfristig refi -nanzieren.

Erweiterte Öffnungszeiten

Um die um 30 Prozent erweiter-ten Öff nungszeiten (seit März 2008: Di – Fr 10 – 19 Uhr, Sa 10 – 14 Uhr) mit dem vorhandenen Personal betreiben zu können, mussten weitreichende Verände-rungen in der Betriebsorganisa-tion vorgenommen werden: � Die Service- und Beratungs-angebote – bislang getrennt im Erd- und Obergeschoss angebo-ten – wurden auf einen zentra-len Servicepoint im Erdgeschoss konzentriert.� Die lange Servicetheke mit vier Arbeitsplätzen wurde durch einen deutlich kürzeren Service-point mit maximal drei Arbeits-plätzen ersetzt.� Die Besetzung des Service-point erfolgt paritätisch mit je einem Diplom-Bibliothekar und einer Fachangestellten für Me-dien- und Informationsdienste.� Der Kunde hat nur noch ei-nen Ansprechpartner, denn das Serviceteam berät und erledigt

an einer Stelle alle administ-rativen Vorgänge (Gebühren bezahlen, neue Ausweise und Ausweis-Verlängerungen und so weiter) gibt Auskünfte, hilft bei der Mediensuche und berät. � Die Arbeitszeiten ändern sich und wurden in einen neuen Ar-beitsplan gefasst.� Um Abendveranstaltungen ohne Konkurrenz zu den Reini-gungsarbeiten durchführen zu können, wurde die Arbeitszeit

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Teamkleidung in der Stadtbücherei Biberach: Das einheitliche Outfit schafft Identifikation und leichte Erkennbarkeit – und kommt bei den Nutzern gut an. Fotos: Stadtbücherei Biberach

der (hauseigenen) Kräfte in die frühen Morgenstunden verlegt.� Struktur und Rhythmus der Teambesprechungen wurden angepasst. Die Besprechungen der Servicemitarbeiter wurde auf alle Mitarbeiter, ausgenom-men Hausdienste, erweitert.� Damit die Kunden nach Auf-lösung der festen Informations-stelle im Obergeschoss trotzdem schnell einen Ansprechpartner für Fragen fi nden, laufen die zwei Mitarbeiter im Erdgeschoss abwechselnd »Patrouille«. Da-mit sie für die Kunden besser erkennbar sind, tragen sie eine einheitliche Oberbekleidung und ein gut lesbares Namens-schild.

Teamkleidung

Die Frage der Teamkleidung wurde bei einer zweitägigen Teamfortbildung im Februar 2007 im Rahmen des Th emas »Weiterentwicklung unseres Leitbildes« intensiv diskutiert. Aus der Überzeugung heraus, dass sich ein einheitliches Out-fi t positiv auf Sichtbarkeit und Image der Bücherei auswirken werde, wurde der Beschluss ge-fasst, bis Ende 2007 eine Eini-gung zu Art, Form und Farbe der Teamkleidung herbeizuführen.

Eine zweiköpfi ge Arbeits-gruppe löste diese schwierige Aufgabe, denn es galt, nicht nur einheitliche Kleidung für Frau-

en und Männer in einem breiten Größenspektrum und mit lang-fristiger Wiederbeschaff ungs-garantie zu fi nden, sondern auch Geschmacksdiskussionen zu einem Ergebnis zu führen. Nach der Marktsichtung wur-den Hemden, Blusen, Jacketts und Polo-Shirts beschaff t. Wir einigten uns auf eine klassisch-zeitlose Schwarz-weiß-Kombi-nation, die unserem Selbstver-ständnis von unaufdringlicher Professionalität am ehesten Aus-druck verleiht.

Mehr Autorität

Die Zustimmung des Personal-rates erfolgte problemlos, da die fl ankierenden Maßnahmen zugesichert werden konnten: Eine Umkleidemöglichkeit mit Garderobe wurde installiert, ein Arbeitspapier zur Kleider-pfl ege, Nutzung und eventueller Übernahme bei Zeitverträgen erstellt, neue Mitarbeiter bereits bei der Einstellung informiert und im Budget der Stadtbüche-rei wurden ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt. Seit Ja-nuar tragen nun alle Mitarbeite-rInnen während des Publikums-dienstes Teamkleidung. Die Namensschilder wurden gra-fi sch angepasst. Die Reaktionen der Kunden sind überwiegend positiv. Die Einheitlichkeit der Kleidung schaff t Identifi kation und Erkennbarkeit, die korrek-

te Garderobe verleiht vor allem jüngeren und kleiner gewach-senen MitarbeiterInnen mehr Autorität.

Arbeitspapiere und Checklis-ten mussten zusammengefasst werden, die Arbeitsplätze wa-ren neu zu organisieren. Kassen wurden zusammengelegt, Ar-beitsabläufe kritisch überprüft und optimiert.

Danach durchliefen alle Mit-arbeiterInnen mehrere Inhouse-Schulungen, wobei es einerseits darum ging, sich gegenseitig auf den neuesten Wissensstand zu bringen, andererseits neue Ar-beitsfelder lernend zu erschlie-ßen (das Auskunftsinterview, die Kundenanmeldung, Gebüh-renzahlungen, Recherchieren im Bestand und im Netz …).

Durch den Wissensausgleich verschwimmen natürlich die Grenzen zwischen den Berufs-ständen, und es wäre wün-schenswert, dass sich geeignete

Fachangestellte durch entspre-chende berufsbegleitende Wei-terbildungsangebote auch die formale Voraussetzung für eine höhere Eingruppierung schaff en könnten.

Vor Ort bleibt bislang nur die Möglichkeit, die Stellenbewer-tungen zu aktualisieren, sobald

Die Einheitlichkeit der Kleidung schafft Identifi ka-tion und Erkennbarkeit, die

korrekte Garderobe verleiht vor allem jüngeren und kleiner gewachsenen MitarbeiterInnen mehr

Autorität.

die Tarifpartner die alten Ein-gruppierungsregelungen durch eine neue »Entgeltordnung« er-setzt haben.

Frank Raumel, Stadtbücherei Biberach

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Blick in die Kinder- und Jugend-bibliothek der ZukunftBewährte Projekte und mutige Ideen für morgen

Um Modelle, Standpunkte und Erfahrungen aus der Kinder- und Jugendbibliotheksarbeit ging es im Februar bei einem Workshop in Berlin, zu dem das Weiterbildungszentrum der Freien Universität und die DBV-Expertengruppe »Kin-der- und Jugendbibliotheken« eingeladen hatten. Die rund 30 teilnehmenden Kolleginnen und Kollegen kamen überwiegend aus den verschiedenen Bezirken Berlins, aber auch aus anderen Bundesländern.

Der erste Tag war verschiedenen Vorträgen gewidmet, mit denen bemerkenswerte und erprobte Projekte aus kleinen und großen Kinder- und Jugendbibliotheken beschrieben und zur Diskussion gestellt wurden. Ute Hachmann (Stadtbibliothek Brilon) berich-tete vom nordrhein-westfäli-schen Erfolgsmodell Sommer-leseclub und Leseclub Junior (www.sommerleseclub.de), bei dem vor allem die »magische Kombination« aus Lesen als Freizeitinteresse, Zertifi kat als Ansporn, »Partystimmung« und Gruppengefühl für vielfältige Anreize zum Mitmachen – auch für Nichtleser – sorgt. Was in der kleine Stadt Brilon vor einigen Jahren begonnen hat, kommt 2008 in 118 nordrhein-westfä-lischen Städten zur Umsetzung, hat inzwischen auch in anderen Bundesländern Nachahmer gefunden und erreicht somit bundesweit viele tausend Kinder (siehe dazu auch den Beitrag auf Seite 269).

In ganz anderen Dimensio-nen bewegt sich die »Hörclub«-Idee für Bibliotheken, die von Susanne Brandt (Gemeindebü-cherei Westoverledingen) vor-gestellt wurde. Sie betonte in ih-rem Vortrag die oft unterschätz-te Bedeutung des Zuhörens für

»ABC Lesen« heißt ein neues Projekt zur Sprach- und Leseför-derung, das die Stadtbibliothek Salzgitter gemeinsam mit dem Fachdienst Gesundheit im Janu-ar gestartet hat. Im Rahmen der vierjährigen Kampagne erhalten Eltern bei der Schuleingangs-untersuchung ihres Kindes zum Schulstart ein kostenloses Lese-start-Set. Das Set enthält Bücher, Spiele, einen Bibliotheksausweis für die angehenden Schulkin-der, einen Ratgeber zur Leseför-derung für die Eltern sowie eine Ausgabe der Kinderzeitung »Der bunte Hund«. Darüber hinaus

betätigt sich die Stadtbibliothek Salzgitter auch gezielt als Bil-dungspartner für örtliche Schu-len. Dabei hat sich besonders die sei Sommer 2007 bestehende Partnerschaft mit dem Kranich-Gymnasium bewährt. Mit viel-fältigen Angeboten wie Medien-kisten, Klassenführungen, Hand-apparaten für Seminarfächer, Literaturprojekten und Arbeits-gemeinschaften am Nachmittag wird Schülern Appetit aufs Le-sen gemacht und gleichzeitig de-ren Informationskompetenz ge-stärkt.Foto: Stadtbibliothek Salzgitter

Stadtbibliothek Salzgitter als Bildungspartner etabliert

die Lese- und Sprachförderung und zog daraus die Konsequenz, der Zuhörförderung in der Pro-grammarbeit mehr Aufmerk-samkeit und Intensität zu geben. Angeregt durch ein Modell der Stiftung Zuhören (www.zuhoe-ren.de) wird in Westoverledin-gen seit mehreren Jahren in Ko-operation mit einer Grundschu-le ein Hörclub angeboten, der in wöchentlicher Kleingruppen-arbeit mit einer Mischung aus Tonträgerbeispielen, Erzählen, Vorlesen und Musik, Gesprä-chen, Spielen und Experimenten mit Geräuschen die »klassische«, eher buchbezogene Leseförde-rung um neue Facetten ergänzt.

Facettenreich waren auch die Praxisbeispiele aus verschiede-nen Berliner Bezirken, die Gisela Rhein und Ina Taege vom Fach-arbeitskreis für die Bibliotheks-arbeit mit Kindern, Jugendli-chen und Schulen präsentierten. Sie verwiesen auf die inspirieren-de und hilfreiche Zusammenar-beit mit dem Berliner Zentrum für Kinder- und Jugendliteratur »LesArt« (www.lesart.org), das viele kreative Impulse in die Ar-beit der Bibliotheken einbringt, erzählten aber auch von anderen gelungenen Kooperationen wie etwa beim Spandauer Jugendli-teratur-Preis (mit Karstadt), bei der Lehrerfortbildung, bei der vom Quartiersmanagement un-terstützten Familienlesezeit und bei der engagierten und außer-ordentlich öff entlichkeitswirk-samen KinderLiteraTour mit den Berliner S-Bahnen.

Hilfe beim Berufseinstieg

Um Angebote für Jugendliche wie auch um Erfahrungen aus den Niederlanden ging es am Vormittag des zweiten Work-shop-Tages. Hana Bayne stellte das speziell auf die Bedürfnisse

von lernenden Jugendlichen mit Migrationshintergrund abge-stimmte Lernzentrum der Stadt-bibliothek Neukölln vor, das mit ausgewählten Lernhilfen zu al-len Schulfächern, Beratung und Arbeitsplätzen eine wichtige Unterstützung zum Erreichen des mittleren Schulabschlusses wie auch für den Einstieg in die Berufsausbildung bietet (www.stadtbibliothek-neukoelln.de).

In gänzlich anderer Wei-se wendet sich dagegen die Hamburger Jugendbibliothek HOEB4U (www.hoeb4u.de) an Menschen zwischen 14 und 24 Jahren. Leiterin Janette Ach-berger schilderte den staunen-den Kollegen, wie es gelingen kann, nach dem Konzept eines »Juniorbetriebs« und mit einem topaktuellen Multimedia-An-

gebot den Freizeitinteressen von Jugendlichen gerecht zu werden. Einzigartig in der räumlichen Gestaltung wie auch in der fi -nanziellen Ausstattung erinnert in diesem »coolen Laden« kaum mehr etwas an eine Bibliothek, die sich in ihrer konventionellen Form oft nur halbherzig auf die Bedürfnisse von Jugendlichen einzustellen vermag.

Frischen Wind brachte auch die niederländische Kollegin Karen Bertrams, indem sie nicht nur die beachtlichen Möglich-keiten der zentralen Service- und Beratungsstelle Probiblio (www.probiblio.nl) darstellte, sondern vor allem einen farbi-gen Einblick in die »Bibliothek der 100 Talente« von Heerhugo-waard bei Amsterdam vermittel-te. Dort fi nden Kinder zwischen

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Kinder- und Jugendbuch-portal gefragtAusgabe in weiteren Sprachen geplant / Nützlich für Lektoratsarbeit

Vor einem Jahr, zur Leipziger Buchmesse 2007, ging das Kin-der- und Jugendbuchportal des Goethe-Instituts online. Entwi-ckelt haben es Professoren und Studierende des Fachbereichs Medien in Kooperation mit dem Goethe-Institut und der ekz.bibliotheksservice GmbH. Um die Nutzung weltweit zu erleichtern, so heißt es in einer gemeinsamen Pressemeldung, wurde das zunächst in deut-scher Sprache erstellte Portal nun in die englische Sprache übersetzt.

Aufgrund des großen Interesses und der hohen Zugriff szahlen plant das Goethe-Institut wei-tere Sprachversionen, wie etwa eine spanische oder eine arabi-sche.

Neben wertvollen Diensten für die Vermittlung deutsch-sprachiger Literatur im Ausland, ist das Portal auch im Inland an-erkannt. Lehrer, Bibliothekare, Eltern sowie junge Erwachsene nutzen es zur Information und Literaturauswahl. »Die enorme Titelproduktion von Kinder- und Jugendliteratur mit ihrer qualitativen Vielfalt ist kaum noch überschaubar. Aus die-sem Grund werden verlässliche Informationsquellen, die eine qualitative Vorauswahl vorneh-men, im privaten Rahmen wie auch für Institutionen, immer mehr an Bedeutung gewinnen«,

0 und 13 Jahren Materialien und Räumlichkeiten, die ganz auf die Vielfalt kindlicher Fä-higkeiten und Erfahrungswege ausgerichtet sind. Während sich Bibliotheken sonst hauptsäch-lich »sprachbezogen« defi nieren, bietet die »Bibliothek der 100 Talente« im Sinne der Reggio-Pädagogik eine Fülle von weite-ren Experimentiermöglichkei-ten zur Welterfahrung an, be-zieht Kinder in die Gestaltung der Bibliothek aktiv mit ein und weiß die Arbeit von Künstlern, Museen und Werkstätten leben-dig zu integrieren.

Im Schlussteil des überaus anregenden Workshops stellte Karin Rösler (Stuttgart) ent-scheidende Zukunftsfragen zur Diskussion und leitete so zum Gespräch in Kleingruppen über:

Wie defi nieren wir Lesen in Zukunft? Wie wird der Leser der Zukunft sein? Wie unter-scheiden wir zwischen virtu-ellem und wirklichem Leben? Und bleiben Bibliotheken dabei die Verbindungsstelle zwischen Menschen und Medien? Oder haben sie sich zukünftig auf ganz neuen Aufgaben und Ar-beitsformen einzustellen?

Abschließende Antworten konnten auf diese und andere Fragen und daraus sich ergeben-de Teilaspekte in der Kürze der Zeit nicht gefunden werden. Le-diglich Denkanstöße wie diese:

Bei der Frage, wie die Ju-gendbibliotheken attraktiver zu gestalten wäre, schien es den Teilnehmenden zunächst wichtig, dass Jugendliche mit ihren anderen Kommunikati-onsstrukturen akzeptiert und in Entscheidungen zu Einrich-tung, Bestand und inhaltlicher Konzeption ernsthaft mit einbe-zogen werden. Diskutiert, aber letztendlich off en blieb, welche Rolle das Medium Buch für Ju-gendliche und für die Bibliothek in Zukunft spielen wird, ob neue Technologien wie RFID mehr zeitlichen Freiraum schaff en für individuelle Kundengespräche und ob die Bibliothek als »Haus der Begegnung und Kommu-nikation« neben der virtuellen Bibliothek bestehen bleibt.

Lokale Netzwerke

Angesprochen wurde auch das Phänomen, dass Jugendbiblio-theken in gewisser Weise schon wieder generationsübergreifen-de Züge annehmen, wenn die »jungen Älteren« ebenso das Angebot nutzen wie jugendli-che Eltern, die mit ihren kleinen Kindern kommen. Lässt sich da die sogenannte Jugendbiblio-thek, lässt sich Bibliotheksarbeit überhaupt noch über bestimmte Altersgruppen defi nieren oder taugt vielmehr die Milieustruk-tur als Orientierungsrahmen?

Zur Bedeutung von lokalen und globalen Netzwerken für Kinderbibliotheken stellten die Teilnehmenden fest, dass es vie-le Kooperationspartner gibt, mit denen aber zum Teil nur sehr sporadisch zusammengearbeitet wird. Bei den Partnern sei zwi-schen »Entscheidern« und »Ma-chern« zu unterscheiden, wobei Bibliotheken als Netzwerker auch vermehrt lernen müssten, Aufgaben an andere abzugeben.

Mit Blick auf mögliche über-regionale Netzwerke wurde der Wunsch nach einer eige-nen Marke »Kinderbibliothek« geäußert. Hilfreich wäre eine zentrale Einrichtung, die ähn-lich wie Probiblio in den Nie-derlanden zentrale Dienste und praktische Serviceleistungen für die Kinderbibliothek anbietet und die Lobbyarbeit durch ein gemeinsames Logo und Werbe-materialien unterstützt.

Bei dem Versuch, Visionen für eine Leseförderung der Zu-kunft – mit allen Sinnen und allen Medien – zu entwickeln, wurde festgestellt, dass es in der täglichen Arbeit oft an Freiräu-men zum Experimentieren fehlt. Für viele Ideen erweisen sich die Strukturen und Einrichtungen als viel zu starr und unbeweg-lich. Hier dennoch nicht müde zu werden, mit vielleicht un-konventionellen Schritten erste Veränderungen zu bewirken, bleibt eine zentrale Herausfor-derung. Dabei wäre eine größere interdisziplinäre Vernetzung mit anderen Partnern außeror-dentlich hilfreich. Es gilt, Kon-kurrenzgedanken abzubauen

und viel mehr Durchlässigkeit zwischen einzelnen Nachbar-bibliotheken wie auch mehr Off enheit gegenüber anderen Institutionen zuzulassen, um eine größere Vielfalt an Erfah-rungen und Methoden in der Kinderbibliothek zu ermög-lichen.

Die Vorträge des Workshops wie auch die von Karin Rösler eingebrachten und weiterhin sehr bedenkenswerten »Fragen an die Zukunft« sind im Bib-liotheksportal (www.biblio-theksportal.de) nachzulesen.

Susanne Brandt, Gemeinde-bücherei Westoverledingen

prognostiziert die für das Pro-jekt verantwortliche Professorin Kerstin Keller-Loibl.

Im Rahmen einer Diplom-arbeit wurde im Sommer 2007 eine Befragung nach der Nut-zung von Online-Angeboten zur Kinder- und Jugendliteratur an 100 Bibliotheken in Städten mit über 100 000 Einwohnern durchgeführt. Die Untersu-chung ergab, dass das Kinder- und Jugendbuchportal bei 53 Prozent der befragten Bibliothe-ken bekannt war. 30,3 Prozent nutzen es bereits in der biblio-thekarischen Arbeit.

Laut Meinung der Praktiker ist das Online-Angebot beson-ders für die Lektoratsarbeit ge-eignet, weil die Informationen fundiert aufbereitet sind und zielgruppenspezifi sch recher-chiert werden kann. »Wenn man bedenkt, dass das Portal erst seit Ende März 2007 im Netz ist, also nur drei Monate zwischen Freischaltung und Befragung lagen, kann der erreichte Be-kanntheitsgrad als hoch einge-schätzt werden«, erklärt Keller-Loibl.

Dazu beigetragen hat auch die Präsentation des Portals auf Kongressen und internationalen Tagungen. Erst jüngst wurde es auf dem Internationalen Kon-gress BOBCATSSS 2008 im kroatischen Zadar (siehe hierzu Beitrag auf Seite 288) vorge-stellt. �

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Diskussion

»Ehrenamtliche Leseklubs sind kein Ersatz«In Hamburg kämpft eine Bürgerinitiative explizit für den Erhalt einer Bücherhalle mit Fachpersonal

Wenn Stadtteilbibliotheken ge-schlossen werden sollen, führen mitunter engagierte Bürger die Einrichtung ehrenamtlich wei-ter. Dass solche Modelle jedoch schnell am Ende sein können, beweisen Beispiele aus Ham-burg: Die ehrenamtlich geführ-te »Kolibri«-Bibliothek stand vor dem Aus, nachdem sich ein Sponsor zurückzog, und ein »Leseklub« im Stadtteil Sasel, der eine Bücherhalle ersetzen sollte, muss bereits wenige Monate nach der Eröffnung einräumen, dass die Weiterfi -nanzierung nicht gesichert ist. Im Stadtteil Eimsbüttel kämpft jetzt eine Bürgerinitiative um den Erhalt der Kinderbibliothek »KiBi« – und fordert explizit, dass der Standort mit bibliothe-karisch ausgebildetem Personal erhalten bleiben und weiter von der Stadt getragen werden soll. Axel Kopido, ein Sprecher der Initiative »KiBi muss bleiben«, stellt die Situation aus Sicht der engagierten Bürger dar.

In Hamburg gab es bis vor etwa zehn Jahren noch 52 Biblio-theksstandorte. Im Zuge einer Strukturreform hat sich ihre An-zahl auf 39 reduziert. Mit Blick auf die Finanzausstattung der Hamburger Öff entlichen Bü-cherhallen (HÖB) ist zu erwar-ten, dass dieser Trend anhält.

Ein besonders betroff ener Standort ist das »Grindelviertel« im Stadtteil Eimsbüttel. Dort wurde im Sommer 2003 eine der meistbesuchten Bücherhallen dichtgemacht. Auch eine nahe-gelegene Kinder- und Jugendbi-bliothek, teilweise mit Sponso-rengeldern und ehrenamtlichen Mitarbeitern betrieben, musste 2003 schließen, weil sich der Hauptsponsor zurückgezogen hatte. Diese Bibliothek, die

Plakat für eine Protest-Veranstaltung zur Rettung der Hamburger Kin-derbibliothek »KiBi«. Die engagierten Eltern wollen unbedingt eine Bib-liothek mit Fachpersonal und Anbindung ans Ausleihsystem in ihrem Stadtteil behalten. Plakat: Initiative »KiBi muss bleiben«

Bei der Finanzierung des Unterhalts der Leseklubs

sieht es ähnlich düster aus. Sie soll durch Sponsoren gewährleitstet werden.

»Kolibri«, war erst 1998 aus ei-ner Bürgerinitiative zum Erhalt einer von Schließung bedrohten Bücherhalle hervorgegangen.

Um nach Schließung dieser beiden Bibliotheken dem Bür-gerprotest die Spitze zu nehmen, wurde im März 2004 eine Mo-dellbibliothek für Kinder am Grindel eröff net, in die Teile der »Kolibri« integriert wurden. Es entstand eine zentrale Anlauf-stelle für junge Leser, mit Lekto-

rat und schulbibliothekarischer Arbeitsstelle.

Mit Eröff nung der Kinder-bibliothek (KiBi) kehrte zu-nächst Ruhe im Quartier ein. Die KiBi entwickelte sich so-gar prächtig: Ständig steigende Ausleihzahlen und lange Warte-schlangen am Schalter zeugten von einer gelungenen Konzep-tion.

Kein Wunder, befi ndet sich diese Bibliothek doch inmitten eines Gebiets mit einer für eu-ropäische Verhältnisse einmalig hohen Dichte von Kindergärten und Schulen. Einer Drucksache des Hamburger Senats zufol-ge, liegen circa 48 Prozent der Schulen (nämlich 14 Schulen), die in regelmäßigem Austausch mit der KiBi stehen, in einem Umkreis von unter 2,5 Kilome-ter. Bei den Kitas sind es sogar

deutlich über 80 Prozent (25 Kitas).

Trotz dieser Zahlen, die den großen Erfolg der Einrichtung auf einen günstigen Standort zurückführen lassen, hat der Hamburger Senat im Juni 2007 beschlossen, die KiBi zum Som-mer 2008 in die Zentralbiblio-thek zu verlegen, in die Nähe des Hauptbahnhofs: eine Gegend, in der es kaum Schulen oder Ki-tas gibt.

Als die Umzugspläne bekannt wurden, formierte sich Wider-stand. Eine Elterninitiative or-ganisiert seitdem den Protest und bringt Aktionen auf den Weg, die ein starkes Echo in der regionalen Presse fi nden, wie der Laternenumzug mit über 700 Teilnehmern und die Malakti-on an drei Grundschulen. Bei der Malaktion entstanden 1 000 Postkarten, die Hamburgs Bür-germeister Ole von Beust beim CDU-Neujahrsempfang über-reicht wurden.

Zuletzt fand eine Lesung mit Promienten Autoren und Schau-spielern statt. Auf der Homepage www.kibi-muss-bleiben.de wird ausführlich darüber berichtet.

Von Anfang an macht die Elterninitiative klar, dass es ihr um den Erhalt einer voll funkti-onsfähigen Bibliothek mit Pro-fi -Personal geht. Ein Leseklub, wie in einigen Stadtteilen bereits realisiert und von Kultursenato-rin Karin von Welck (parteilos) als Ersatz angeboten, wird als Zumutung empfunden und ab-gelehnt.

Denn aus der negativen Er-fahrung mit der »Kolibri«-Bib-

liothek und durch Informati-onen aus anderen Stadtteilen wissen die Initiatoren der Eltern-initiative, dass ein solcher eh-renamtlich geführter Leseklub keinerlei Ersatz sein kann für die Leistung, die durch eine profes-sionell geführte Bibliothek und ihre Mitarbeiter erbracht wird.

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Die Kinder- und Jugendbuchautorin Kirstin Boie liest auf einer Protest-veranstaltung in Hamburg für den Erhalt der Kinderbibliothek »KiBi« im Stadtteil Eimsbüttel. Foto: Initiative »KiBi muss bleiben«

Die betroffenen Bibliothe-karinnen und Bibliothekare

aber treten bei all den Widerständen und Aktionen

kaum in Erscheinung – sie machen gute Miene zu

bösem Spiel.

Diskussion

Freiwillige als Chance für BibliothekenOffi zieller DBV-Standpunkt ist offenbar noch nicht überall bekannt

Deutsche Bibliothekare waren bis zum Jahr 1999 offi ziell strikt gegen ehrenamtliche Mitarbeit in Bibliotheken. Das Thema wurde als heißes Eisen aufge-fasst und stand unter den Aus-pizien eines Abwehrkampfes: In berufsständischer Perspektive galt es, den Ersatz bezahlter Arbeit ausgebildeter Fachkräfte durch unbezahlte Arbeit von Laien abzuwehren. Die Position des DBV hat sich inzwischen geändert.

Spätestens mit der DBV-Bro-schüre (Freiwillige – (k)eine Chance für Bibliotheken? Ein Positionspapier des Deutschen Biblotheksverbandes. Berlin, 1999) hat sich der verbandsof-fi zielle Standpunkt geändert: Jetzt wird ehrenamtliches Enga-gement gutgeheißen, wenn da-durch eben kein Ersatz bezahlter durch unbezahlte Arbeit erfolgt und die kommunalpolitische Stellung der Bibliothek gefestigt und gestärkt wird. Die Broschü-re enthält konkrete Tipps zur Organisation der Mitarbeit der Freiwilligen bis hin zu Vertrags-mustern.

Die geplante Ausstattung des Klubs mit circa 300 Medien er-scheint zudem geradezu lächer-lich: 2005 kamen 60 000 Be-sucher in die KiBi und 150 000 Medien wurden ausgeliehen. Außerdem ist der Bestand eines Leseklubs nicht erschlossen und nicht systematisiert. Sowohl eine gezielte Suche als auch eine Beratung sind dort nicht mög-lich.

Überdies fehlt die Anbin-dung an das Ausleihsystem der HÖB, sodass Ausleihen über den Bestand des Klubs hinaus ausgeschlossen sind.

Bei der Finanzierung des Unterhalts der Leseklubs sieht es ähnlich düster aus. Sie soll durch Sponsoren gewährleistet werden. Doch es ist kaum zu erwarten, dass Stiftungen oder private Spender bereit sind, sich dauerhaft an der Finanzierung einer öff entlichen Einrichtung zu beteiligen. Aktuelles Beispiel: Ein erst im September 2007 im Stadtteil Sasel eröff neter Le-seklub räumt nach einem halben Jahr bereits ein, dass die Finan-zierung nicht mehr vollständig gesichert ist.

Im Ganzen besteht bei den Bürgern der Eindruck, dass die Einrichtung von Leseklubs dar-auf abzielt, das einstmals dichte Netz von Bibliotheken in Ham-burg abzuwickeln beziehungs-weise auf einige wenige Stand-orte zu beschränken. Dabei gibt es Verlierer auf allen Seiten:

Bibliothekare verlieren ihre Ar-beit, Bürger ihre Anbindung an ein Bildungssystem, Kinder die Möglichkeit, überhaupt erst zu einer Bibliothek zu gelangen.

Die betroff enen Bibliotheka-rinnen und Bibliothekare aber

treten bei all den Widerständen und Aktionen kaum in Erschei-nung. Sie sind durch ihre Ver-träge zur Loyalität verpfl ichtet und machen gute Miene zu bö-sem Spiel.

Unterstützung von Initiati-ven, die es in Hamburg bei fast allen Standortschließungen gab, oder eigenständige Proteste dringen kaum nach außen. Ak-tionen der Bürgerinitiative, die direkt in der KiBi stattfi nden sollen, werden untersagt. Und die Leiterin der HÖB sieht sich off enbar vor allem gezwungen, die wechselnden politischen Vorgaben umzusetzen: bei stetig steigenden Anforderungen und Kosten und einem real immer mehr sinkenden Etat.

Axel Kopido, Initiative »KiBi muss bleiben« Kontakt: [email protected]

Es scheint, dass dieser Ge-danke »Freiwilligenarbeit als Festigung der kommunalpoliti-schen Stellung der Bibliothek« noch immer nicht überall er-kannt wurde. Die bibliothekari-schen Verbände stehen hier noch vor einer bedeutsamen Auf-gabe.

Gerade durch die Einbezie-hung von Freiwilligen gewin-nen Öff entliche Bibliotheken eine über die Informationsfunk-tion hinausgehende Funktion, oder genauer gesagt: Eine Funk-tion, die sie schon längst rekla-miert haben, wird Bestandteil eines gesellschaftspolitischen Konzepts. Als kommunaler Treff punkt wird die Biblio-thek zu einem stadtteil- oder nachbarschaftsbezogenen Zen-trum.

So wenig man sich vorstellen kann, dass vollprofessionelle und hochspezialisierte Informa-tionsdienstleistungen in Biblio-theken ehrenamtlich erbracht werden, so sehr erscheint es sinnvoll, an Aufgaben von Bib-liotheken in Wohnquartieren wie gerade die kulturellen und sozialen Aufgaben die Bürger als Volunteers zu beteiligen. Dieses Bürgerengagement kann die Verankerung der Bibliothek im lokalen Umfeld stärken.

Das darf jedoch nicht als bloße Abwälzung von Kosten in Form von unbezahlter Arbeit missbraucht werden.

Erfolgreiche Zusammenar-beit mit Freiwilligen setzt nicht nur überhaupt Hauptamtlich-keit voraus, sondern erfordert von den Hauptamtlichen sozi-ales Engagement in bisher un-bekannter Qualität und Quan-tität.

Konrad Umlauf,BuB-Herausgeber,

Humboldt-Universität zu Berlin

Viele Wege führen zu

BuBForum Bibliothek und InformationGartenstraße 1872764 Reutlingen

Postfach 13 2472703 Reutlingen

Telefon 0 71 21/34 91-0Telefax 0 71 21/30 04 33

[email protected]

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276 BuB | Foyer Diskussion

Diskussion

Public Libraries durch Volunteers gestärktIn den USA sind Einsatzgebiete von Fachpersonal und Freiwilligen klar voneinander abgegrenzt

»Die Verwendung von Freiwilli-genarbeit als kostenloser Ersatz für bezahlte Arbeitskräfte ist ein Missbrauch des zivilgesell-schaftlichen Engagements«, schreibt Konrad Umlauf im Editorial der BuB-Februarausga-be. Überall, wo Angestellte und Freiwillige gemeinsam in einer Einrichtung arbeiten, ist diese potenzielle Gefahr – so denke ich – nicht einfach von der Hand zu weisen. Das Beispiel USA zeigt aber, dass es sehr wohl möglich ist, die Einsatzgebiete der Freiwilligen (Volunteers) so eindeutig zu defi nieren, dass damit eine klare Abgrenzung gegenüber den Tätigkeiten des bezahlten Fachpersonals möglich ist.

Die Volunteer Managers oder Volunteer Coordinators sorgen in den größeren Öff entlichen Bibliotheken der USA für Rek-rutierung, Bewerbungsgesprä-che, Auswahl, schriftliche Ver-einbarungen und Schulung der Freiwilligen.

Sie erstellen die wöchent-lichen Einsatzpläne, sind An-sprechpartner bei Problemen, treff en Absprachen mit den Friends of the Library, küm-mern sich um Versicherungs- und Steuerbelange und um die Zusammenarbeit mit kom-munalen Einrichtungen sowie bundesstaatlichen Volunteer-Organisationen. Sie bereiten jährliche Auszeichnungs-Ver-anstaltungen vor, verfassen den Annual Volunteer Report und sorgen für ein gutes Miteinan-der von Angestellten und Frei-willigen.

Es gibt ausführliche Materi-alien für die Arbeit mit Volun-teers, herausgegeben von der American Library Association (ALA). Auch wenn in einzelnen

Bibliotheken natürlich unter-schiedliche Bedingungen herr-schen, bilden sie eine wichtige Arbeitsgrundlage.

Hier seien nur einige Bei-spiele für Freiwilligen-Einsatz-gebiete in US Public Libraries genannt: Story Time (Lese- und Th eaterprojekte in den Kinder-Abteilungen), Welcome Am-bassador (Begrüßungstheke im

Library sind und es in den auch technisch gut ausgestatteten Öf-fentlichen Bibliotheken mehr als 136 000 bezahlte (auf Vollzeit-äquivalente umgerechnete) Ar-beitskräfte gibt (das heißt etwa 0,5 auf 1 000 Einwohner), kann von Unterentwicklung keine Rede sein.

Wenn auf dieser soliden Grundlage zahlreiche Freiwil-lige den Wunsch haben, ihre Public Library vor Ort zu un-terstützen (etwa ein Drittel der Frauen und ein Viertel der Män-ner in den USA üben eine oder mehrere freiwillige Tätigkeiten aus), so ist dies ein Gewinn für die Gemeinschaft insgesamt.

Volunteers bringen sich auch vielfältig in die Kommunalpoli-tik ein. Zwei Beispiele: Wenn es um geplante Budget-Kürzungen geht, sind es die Freiwilligen, die für das bibliothekarische Fachpersonal streiten und Un-terschriften sowie persönliche Briefe der Einwohner an die Stadt- oder Gemeindeober-häupter sammeln. Und wenn die Library Budget Votes statt-fi nden (Wahlen, bei denen die Einwohner über den Biblio-theksanteil aus dem kommuna-len Steuertopf abstimmen), sind die Volunteers die Hauptorgani-satoren.

Obwohl man die amerikani-schen Verhältnisse, besonders in Hinsicht auf die historischen, mentalen und soziologischen Gegebenheiten sowie auch die

Eingangsbereich), Homebound Services (Haus-Betreuung von Alten und Behinderten), Tal-king Library (Service für Blin-de), Computerkurse (eine der »Männer-Domänen«), Ausstel-lungsführungen, Unterstützung bei Veranstaltungen, Englisch-kurse für Immigranten, Bücher-fl ohmärkte, Regionalgeschicht-liche Projekte (wie Genealogie, Oral History) und das sehr weite Feld »Teen-Volunteering«.

Trotz fi nanzieller Einschnit-te, die viele Public Libraries besonders in den letzten Jahren erfahren mussten, ist man dort – dies war bisher mein persön-licher Eindruck – überwiegend der optimistischen Auff assung, dass die eigentliche fachliche Arbeit, die nur ein ausgebildeter Bibliothekar leisten kann, wei-terhin unangetastet bleibt.

Ich kann die Meinung der fi nnischen Kollegin, Ehrenamt gäbe es nur in Ländern, wo das Bibliothekswesen unterentwi-ckelt ist (siehe BuB-Februar-ausgabe, Seite 133) – so nicht teilen. In den USA, wo mehr als 50 Prozent der Einwohner ein-getragene Benutzer einer Public

Es gibt ausführliche Materialien für die Arbeit mit Volunteers, herausgegeben von der American Library

Association (ALA).

unterschiedliche Rolle von Staat und Gewerkschaften nicht auf Deutschland übertragen kann, halte ich es für sehr lohnenswert, einen Erfahrungsaustausch mit den US-Kollegen anzustreben. Dabei denke ich besonders an das ganze Spektrum des Ma-nagements von Freiwilligenar-beit.

Beate Hörning

Volunteer Managers sorgen in den größeren

Öffentlichen Bibliotheken für Rekrutierung, Bewerbungs-

gespräche, Auswahl, schriftli-che Vereinbarungen und Schulung der Freiwilligen.

Diskussion

Nur außerhalb des Kernge-schäftsWie die Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen ohne Misstöne gelingen kann

Bürgerschaftliches Engagement besteht in der Stadtbiblio-thek Reutlingen bereits seit 1981 durch den Freundeskreis »Freunde der Stadtbibliothek Reutlingen e.V.«, der anlässlich der Planungen für den Neubau der Stadtbibliothek gegründet wurde und mittlerweile 130 Mitglieder zählt. Außerdem gibt es eine Reihe freiwilliger Helferinnen und Helfer in den Zweigstellen. Da diese ehren-amtliche Unterstützung sich nur auf ergänzende Tätigkeiten zum Kerngeschäft bezieht, gelingt die Zusammenarbeit ohne Misstöne.

Die »Freunde der Stadtbiblio-thek Reutlingen« unterstützen die Bibliothek unter anderem bei Veranstaltungen und Ausstel-lungen, wie Bücherfl ohmärkten, oder beim Tag der off enen Tür durch Bewirtung mit Kaff ee und Kuchen. Großer Beliebtheit erfreut sich inzwischen die von ihnen organisierte wöchentliche »Hellblaue Stunde«; eine Vorle-sestunde für Sechs- bis Achtjäh-rige, die durchschnittlich von 25 Kindern besucht wird. Die Kin-der bekommen ein Heft, in dem jeder Besuch abgestempelt wird. Für sechs Besuche erhalten sie ein Buchgeschenk.

Die Stadtbibliothek arbeitet darüber hinaus seit circa fünf Jahren mit Ehrenamtlichen in verschiedenen Zweigstellen. Durch die Freiwilligen können dort Angebote geschaff en wer-den, für die normalerweise keine Zeit und kein Personal zur Ver-fügung stehen.

Die Freiwilligen werden fast ausschließlich als Lesepaten eingesetzt, wobei die Gestal-tung der Vorlesestunden in den

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einzelnen Zweigstellen unter-schiedlich ist. Es gibt regelmä-ßige, monatlich durchgeführte Vorlesestunden oder saisonbe-dingte, wie »Lesepicknicks« im Sommer oder den »Literarischen Adventskalender«. Manchmal wird im Anschluss an das Vorle-sen gebastelt. Die Vorlesestun-den haben gemeinsam, dass sie als off ene Veranstaltungen für Kinder ab circa sechs Jahren angeboten werden. Sie dauern 45 bis 90 Minuten, und sie wer-den – ebenso wie die »Hellblaue Stunde« – durch die Bibliothek im Monatsprogramm, auf der Homepage, mit Handzetteln sowie durch Veröff entlichung in der örtlichen Presse beworben.

Die Resonanz ist mit 10 bis 15 Teilnehmern durchweg gut. Au-ßer der Werbung übernehmen die Bibliotheksmitarbeiterinnen die Vorbereitung der Vorlese-stunden, teilweise die Auswahl zum Vorlesen geeigneter Bücher, sie führen regelmäßige Treff en mit den Freiwilligen durch und organisieren Seminare.

Ein besonderes Projekt ist die in der Zweigstelle Rommelsbach durchgeführte »Kernzeitbetreu-ung mit Lesepaten«, die in Ko-operation mit dem Förderverein der Grundschule stattfi ndet. Hierbei handelt es sich um eine 90-minütige, wöchentlich statt-fi ndende geschlossene Veran-staltung für Kinder, die an der Kernzeitbetreuung teilnehmen.

Jedes Kind fertigt im Laufe des Schuljahres ein Lesetage-buch an, in dem die vorgelesenen Titel dokumentiert und illust-riert werden; außerdem gibt es ein Bewegungs- oder Geschick-lichkeitsspiel oder eine kleine Bastelei. An der Durchführung sind eine vom Förderverein fi -nanzierte Sozialpädagogin, eine Vorlesepatin und die Zweigstel-lenleiterin beteiligt.

Als Dankeschön für ihr En-gagement erhalten die Freiwil-ligen entweder einen Gutschein für die Jahresgebühr oder ein vergleichbares Präsent. Und die Stadt Reutlingen lädt alle ehren-amtlich Engagierten zu einem gemeinsamen Fest ein.

Die in der Stadtbibliothek Reutlingen ehrenamtlich Täti-

gen sind überwiegend Frauen, die im schulischen oder sozial-pädagogischen Bereich berufs-tätig sind, oder nicht (mehr) Berufstätige – wie pensionierte Lehrerinnen oder Hausfrau-en. Die Fluktuation ist äußerst gering. Die Freiwilligen sind sehr zuverlässig, motiviert und identifi zieren sich in hohem Maße mit ihren Aufgaben in

Die Freiwilligen sind zuver-lässig, motiviert und identifi -zieren sich in hohem Maße mit ihren Aufgaben in einer anerkannten, viel genutzten

städtischen Einrichtung.

einer anerkannten, viel genutz-ten städtischen Einrichtung. Sie bekommen einen Einblick in die fachlich qualifi zierte Arbeit ei-ner Öff entlichen Bibliothek.

Die Stadtbibliothek gewinnt außerdem durch die ehrenamt-lich Tätigen Multiplikatoren für ihre Aktivitäten. Bei einem Koordinations- und Betreu-ungsaufwand für die Ehrenamt-lichen von ungefähr vier Stun-den wöchentlich ist der Nutzen hoch, den die Bibliothek durch die zusätzlichen Serviceangebo-te durch Freiwillige hat.

Im Jahre 2003 wurde bei ei-ner Diskussion über mögliche Zweigstellenschließungen von der Verwaltung und Politikern der Vorschlag unterbreitet, Zweigstellen durch Ehrenamt-liche betreiben zu lassen. Die Bibliotheksleitung konnte sich in intensiven Gesprächen mit der Verwaltungsspitze und dem Gemeinderat mit ihrem Argu-ment durchsetzen, dass sich der Einsatz von Freiwilligen auf er-gänzende Tätigkeiten außerhalb der bibliothekarischen Kernauf-gaben beschränken müsse. Dies ist ein auch weiterhin gültiger Grundsatz.

Unter diesen Voraussetzun-gen müssen die Erfahrungen der Stadtbibliothek Reutlingen mit dem bürgerschaftlichen Enga-gement als ausschließlich positiv bezeichnet werden.

Elisabeth Sträter, Personalchefi n der

Stadtbibliothek Reutlingen

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278 BuB | Foyer Integration

Integration

Bildungsbürgertum statt Migranten im BlickGroße Unterschiede bei interkultureller Bibliotheksarbeit in Berlin

Öffentliche Bibliotheken sind in Deutschland die am häufi gsten frequentierten öffentlichen Ein-richtungen und verfügen gleich-zeitig über ein positives Image. Das macht sie zu einem idealen Ort für die Integrationsarbeit. Doch wie sieht eigentlich die interkulturelle Bibliotheksarbeit der Öffentlichen Bibliotheken in Deutschland aus?

Für die größte deutsche Stadt Berlin wurde 2007 eine Unter-suchung durchgeführt, die die einzelnen Bibliotheksangebote für Migranten näher untersuch-te und gleichzeitig Lösungsvor-schläge für eine Neustruktu-rierung machte.1 Im Folgenden werden die Ergebnisse kurz zu-sammengefasst:

Unter den 3,34 Millionen Einwohnern Berlins2 leben offi ziell gut eine halbe Milli-on Menschen nicht-deutscher Staatsangehörigkeit. Mit knapp 120 000 Personen bilden dabei Zuwanderer türkischer Staats-angehörigkeit die größte Grup-pe. Der tatsächliche Anteil an Einwohnern, die nicht-deut-scher Herkunft sind, ist jedoch statistisch schwer erfassbar, da einige Gruppen aus der Berliner Statistik herausfallen: Aussied-ler, Kinder mit doppelter Staats-angehörigkeit, Asylbewerber, sogenannte Illegale und Saison-arbeitskräfte. Berücksichtigte die Statistik auch diese Grup-pen, so erhöhte sich Schätzun-gen zufolge die Migrantenquote Berlins von 13,9 Prozent auf cir-ca 19 Prozent.

Die Öff entlichen Bibliothe-ken in Berlin weisen einige Be-sonderheiten auf: So gibt es zum Beispiel kein einheitliches groß-städtisches Bibliothekssystem, dafür aber zwölf Bibliotheks-systeme, die in die Kulturhoheit

und Trägerschaft der einzelnen Bezirke fallen. Daher variiert die Qualität der einzelnen Bib-liotheksangebote für die ver-schiedenen Bevölkerungsgrup-pen stark innerhalb der Stadt. Und auch die Kosten der Ange-bote sind mangels Kooperatio-nen vergleichsweise hoch.

In der Untersuchung wurden im Wesentlichen drei Punkte untersucht:� die Integrationsarbeit und

Sprachförderungsangebote, � die Bestandskonzepte und

der Versorgungsgrad mit Medien in den Sprachen der Migranten und

� interkulturelle Programme und Aktionen.

1. Die Programmarbeit für Kin-der mit Migrationshintergrund kann in den Stadtbibliotheken Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte als hervorragend beurteilt werden. In anderen Stadtbiblio-

theken wird zu wenig oder nichts für die Sprach- und Leseförde-rung von Kindern und Jugend-lichen mit Migrationshinter-grund geboten. Allerdings wird Sprachförderung ausschließlich zur Förderung der deutschen Sprache geleistet.

Den Hauptbestandteil der Angebote für Migranten in Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte bildet das Programm »Kinder werden WortStark«. Das Programm besteht mittler-weile aus sieben Bausteinen und richtet sich an Kinder im Alter von zwei bis zwölf Jahren. Allen Modulen ist gemein, dass Kin-der die Bibliothek, die sie über einen längeren Zeitraum regel-mäßig aufsuchen, als einen Ort des Lernens wahrnehmen und wertvolle Erfahrungen mit der Kulturtechnik Lesen und dem Kulturgut Buch sammeln.

So können zum Beispiel Grundschulkinder der zweiten Klasse mit Migrationshinter-grund die am Modul »Lesen ist schön« teilnehmen, einmal wöchentlich ein Jahr lang in Kleingruppen das Sprechen, Le-sen und Schreiben auf Deutsch zusammen mit Kinderbiblio-thekarinnen und Studentinnen der Erziehungswissenschaften in spielerischer Form ohne den Schuldruck üben.

Das Programm »Kinder wer-den WortStark« ist mehrfach ausgezeichnet worden und hat bereits mehrere Nachahmer ge-funden.

2. Die interkulturellen Be-standskonzepte der Berliner Bib-liotheken sind in der Regel auf den Fremdsprachenbedarf des deutschen Bildungsbürgertums ausgerichtet. Menschen mit Mi-grationshintergrund sind in al-len Bezirken an Medien in ihrer Muttersprache unterversorgt. Darüber hinaus sind einige der vorhandenen Bestände teilweise veraltet und werden daher kaum noch genutzt.

Während der Gesamtbevöl-kerung pro Kopf 1,32 Medien und ein Medienetat von 0,83 Euro zur Verfügung stehen, sind es bei den Einwohnern nicht-deutscher Herkunft circa 0,09 Medien und ein Medienetat von

0,31 Euro. Die Schiefl age wird bei genauerem Hinsehen noch deutlicher: Der Versorgungs-grad der Gesamtbevölkerung in Marzahn-Hellersdorf beträgt 1,43. Der Versorgungsgrad an fremdsprachigen Medien ist et-was geringer und liegt bei 1,23. Allerdings sind 10 bis 14 Prozent der Einwohner Marzahn-Hel-lersdorfs aus dem russischspra-chigen Raum. Ihnen stehen aber weniger als 0,00004 Medien pro Kopf zur Verfügung, insgesamt

793 Medien, während sich zum Beispiel der englischsprachige Medienbestand auf 7 868 be-läuft.

3. Programmarbeit oder kulturelle Veranstaltungen in Migrantensprachen werden praktisch nicht angeboten. Pro-grammarbeit für Jugendliche und Erwachsene mit Migrati-onshintergrund wird insgesamt zu wenig bis gar nicht geleistet.

Wie die nachahmenswerten Programme in Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte zeigen, ist es selbst unter den schwierigen Berliner Verhältnissen möglich, Angebote für Migranten zu schaff en. Damit diese Program-me und Angebote jedoch nicht weiterhin als einsame Sterne leuchten, bedarf es einer ver-stärkten Zusammenarbeit der Bibliotheken untereinander und einer kosten- und ressourcen-sparenden Kooperation in der Erwerbung und Erschließung.

Patricia Kern, Sibel Ulucan

Wie die nachahmenswerten Programme in Friedrichs-hain-Kreuzberg und Mitte

zeigen, ist es selbst unter den schwierigen Berliner Verhält-nissen möglich, Angebote für

Migranten zu schaffen.

1 Die Ergebnisse der Masterarbeit (Humboldt-Universität zu Ber-lin) von Sibel Ulucan kann man ausführlich in »Bibliothek, For-schung und Praxis«, Heft 1, 2008, Seite 19 bis 44 nachlesen.

2 Stand: 30. Juni 2006

Mitglieder des BIB

werden gebeten, alle Ände-rungen ihrer personenbezo-genen Angaben, insbesonde-re des Namens, der Anschrift und der Beitragsgruppe, nicht dem Verlag von BuB, sondern der Geschäftsstelle des BIB mitzuteilen.

BIB-GeschäftsstellePostfach 13 2472703 ReutlingenTelefon 0 71 21/34 91-0Telefax 0 71 21/30 04 [email protected]

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279Foyer | BuBIntegration

Integration

Die Bibliothek als Kulturvermittlerin3. Konferenz über »Bibliotheken und Integration von Migranten« in Kopenhagen

Ende Januar 2008 fand in Kopenhagen die dritte Konfe-renz über Möglichkeiten und Formen der Integrationsarbeit von Öffentlichen Bibliotheken statt. Veranstaltet wurde die Konferenz von der Statsbiblio-tek und dem BiblioteksCenter for Integration, der früheren Indvandrerbibliotek. Diese Konferenz beschäftigte sich mit Einwanderung und kultureller Vielfalt aus soziologischer, po-litischer und linguistischer Sicht und stellte einige der Aufgaben von Bibliotheken im Integrati-onsprozess heraus.

Eröff net wurde die Konferenz von der IFLA-Präsidentin Clau-dia Lux, die in ihrer Rede beton-te, dass Bibliotheken mehr als nur ein Ort seien, an dem man Bücher ausleihen kann. Biblio-theken seien Kulturvermittler. Und diese Rolle würde in der Zukunft wichtiger denn je wer-den.

Ein interessanter Beitrag stammte von dem Italianisten und Schriftsteller Th omas Har-der, der in seinem Vortrag »Bes-ser zweisprachig als doppelzün-gig« analysierte, welche Konno-tationen der Begriff zweisprachig in Dänemark mittlerweile hat: zum einen ist er ein Synonym für alle möglichen Probleme der Integration von Migranten ge-worden.

Gleichzeitig hat er eine De-fi nitionsverengung erfahren: Wird zum Beispiel von zwei-sprachigen Schulkindern ge-sprochen, impliziert man damit gleichzeitig die Integrationspro-bleme dieser Kinder. Man ver-wendet diesen Begriff jedoch nur bei Kindern mit beispielsweise Türkisch, Arabisch oder Soma-lisch als Zweitsprache. Kinder, die Schwedisch, Norwegisch

oder auch Deutsch als zweite Sprache sprechen, fallen nicht unter diese Defi nition, und bei ihnen impliziert man auch kein Integrationsproblem.

Ähnliches lässt sich auch bei der jüngsten Diskussion in Deutschland beobachten: Wäh-rend wir gute Kenntnisse des Englischen als Vorraussetzung für jeglichen Bildungs- und Be-rufserfolg sehen, von jedem Stu-denten erwartet wird, mindes-tens ein Semester im fremdspra-chigen Ausland zu verbringen und Schulen, die bereits den Jüngsten Unterricht auf Englisch, Französisch oder Spanisch an-bieten, Rekordanmeldungen ver-buchen, steht die Beherrschung des Türkischen, Arabischen oder Russischen im Verdacht, die Mi-grantenkinder in ihrem Schuler-folg zu behindern.

Wollen Bibliothekare Mig-ranten Medien in ihrer Mutter-sprache anbieten, haben sie mit dem Vorurteil zu kämpfen, dass die Unterstützung der Zweispra-chigkeit in diesen Sprachen die Bildung von Parallelgesellschaf-ten fördert.

Die Orientwissenschaftlerin Helle Lykke Nielsen analysierte, wie sich die unterschiedlichen Gesellschaftsstrukturen auf den Umgang mit Wissen und die Er-langung von Informationskom-petenz auswirken.

Selbstständiges Lernen

Die westlichen Gesellschaften fordern ein selbstständiges Ler-nen, das Individuum trägt die Verantwortung für das eigene Lernen und es wird schon früh der kritische Umgang mit Infor-mationen geübt. Der berufl iche Erfolg und der Status eines In-dividuums richtet sich nach sei-nem Wissen.

Migrantenkinder aus Fami-lien, die aus dem arabischen Raum oder aus Entwicklungs-ländern stammen, sind gegen-über einheimischen Kindern in ihrem Bildungsweg benach-teiligt. In ihren Herkunftsge-sellschaften wird Wissen repro-duziert, nicht hinterfragt. Was man lernt, wird von »oben« vor-gegeben. Der Status innerhalb dieser Gesellschaften richtet sich nach dem Alter und dem Geschlecht.

Ein Problem, für das sich kei-ner so richtig zuständig fühlt: Die Schule schiebt die Verant-wortung für die Vermittlung von Informationskompetenz auf die Bibliotheken und die Bibliotheken schieben die Ver-antwortung wieder zurück. An der Universität wird die Infor-mationskompetenz bereits vor-ausgesetzt, was dazu führt, dass diese Migrantenkinder in ihrem universitären und berufl ichen Werdegang auf ein für sie un-sichtbares Hindernis stoßen.

Ein gutes Beispiel hierfür sind Studenten der Literaturwissen-schaft, die zwar die geforderte Literatur eines Seminars lesen, aber nicht verstehen können, warum das nicht genug ist. Es hat ihnen ja keiner gesagt, dass sie noch Sekundärliteratur, zum Beispiel zur historischen Ein-ordnung eines Romans, lesen sollen.

Bibliothekare müssen sich dieser Problematik bewusst sein. Sie treff en hier auf Nutzer, bei denen es nicht mehr genügt zu sagen, wo ein Buch steht. Sie müssen vielmehr Hilfestellung bei der Suche nach Informatio-nen und der kritischen Einord-nung von Informationen geben.

Der kanadische Politikwis-senschaftler Keith Banting be-schäftigte sich mit den sozialen und politischen Bedingungen von Einwanderung und gelun-gener Integration.

Integration ist keine Einbahn-straße, sondern ein Prozess, bei dem sowohl die Einwanderer als auch die aufnehmende Gesell-schaft Veränderungen durch-laufen. Ökonomische Integra-tion der Zuwanderer ist eine wichtige Vorraussetzung für die

gesellschaftliche Integration, sie sei aber nicht ausreichend. Eine Einwanderergesellschaft muss sich auch als solche defi nieren, den Zuwanderern ein Gefühl der Zugehörigkeit zur Gesell-schaft vermitteln und einen ge-meinsamen Kanon an Werten und Überzeugungen schaff en.

Emotionsgeladenes Thema

Zuwanderung ist ein emotions-geladenes Th ema, und bei den aufnehmenden Gesellschaften herrschen oft Ängste vor, welche Auswirkungen Zuwanderung auf die Gesellschaft und die Wirtschaft eines Landes haben. Dies sind vor allem zwei Ängs-te: Wird kulturelle Vielfalt die soziale Integration in einer Ge-sellschaft verringern, fi ndet eine Spaltung der Gesellschaft statt und werden Parallelgesellschaf-ten entstehen? Wird kulturelle Vielfalt den Sozialstaat unter-minieren, wird unser sozialer Fortschritt behindert?

Keith Banting erklärte an-hand von wirtschaftlichen Daten aus verschiedenen Zuwanderer-ländern weltweit, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem Umfang der Zuwanderung und der sozialen Stabilität einer Ge-sellschaft oder dem Umfang der sozialen Sicherungssysteme gibt.

Banting betonte in seinem Vortrag die wichtige Rolle, die Bibliotheken in einer Zuwander-ergesellschaft spielen: Sie sind der erste Anlaufpunkt für Zuwande-rer, um sich Informationen über die Gesellschaft des Aufnahme-landes zu besorgen. Sie sind ein Ort, wo Zuwanderer ohne staat-lichen Druck die Landessprache lernen können. Und sie sind ein Ort, an dem sich sowohl die ein-heimische Bevölkerung als auch die Zuwanderer treff en und ken-nenlernen können.

Für 2009 ist in Kopenhagen eine vierte Konferenz zum Th e-ma »Integration und Bibliothe-ken« geplant, diesmal als mehr-tägige, internationale Konferenz auf Englisch (weitere Informati-onen unter: www.statsbibliote-ket.dk/sbci).Patricia Kern, Universitäts- und

Landesbibliothek Saarbrücken

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Integration

Auf dem Weg zur multikultu-rellen InformationsgesellschaftStudierende stellen Buch zur interkulturellen Bibliotheksarbeit vor

Studierende am Institut für Bibliotheks- und Informati-onswissenschaft der Hum-boldt Universität zu Berlin haben anlässlich des »Jahres des interkulturellen Dialogs«1 eine Publikation zum Thema interkulturelle Bibliotheksarbeit initiiert, die im vergangenen Wintersemester unter der Lei-tung von Petra Hauke realisiert wurde. »Brücken für Babylon. Interkulturelle Bibliotheksarbeit: Grundlagen – Konzepte – Erfah-rungen«2 stellt Strategien und Projekte zur Überwindung der kulturellen Diskrepanz vor und soll Anregungen zur Unterstüt-zung der Arbeit mit Menschen mit Migrationshintergrund geben. Dabei werden zunächst verschiedene Perspektiven auf bestehende Aktivitäten an deutschen Öffentlichen Bib-liotheken eröffnet.

Was die Förderung interkul-tureller Lese-, Medien- und Sprachkompetenz angeht, bie-ten Öff entliche Bibliotheken be-reits eine Vielzahl kreativer Pro-jekte an: »Interkulturelle Me-dienkisten« ermöglichen nicht nur Kindern, sondern auch den Eltern einen Zugang zu Sprache und verschiedenen Medienfor-men. Spezielle Bibliotheksfüh-rungen schaff en einen sicheren Umgang mit Informations-diensten und Bibliotheksres-sourcen. Lesungen mit Autoren verschiedener Herkunft und anschließende Diskussionen er-lauben einen aktiven Austausch zwischen den Kulturen. Die ge-nannten Beispiele formen nicht nur Sprach- und Lesefähigkeit, sondern sorgen vor allem für Toleranz und ein vertieftes in-terkulturelles Verständnis aller Beteiligten.

In den Reihen des Biblio-thekspersonals wird häufi g eine

Vielzahl von Sprachen gespro-chen. Es erscheint nur logisch, dieses natürliche Potenzial zu nutzen, wenn es zum Beispiel darum geht, einen Bestand fremdsprachiger Literatur ge-wissenhaft und kompetent auf-zubauen. Darüber hinaus bilden diese Sprachfähigkeiten die wichtigste Grundlage für den Erwerb interkultureller Kom-petenzen. In Kombination mit gezielten Fortbildungen werden die Mitarbeiter in die Lage ver-setzt, verschiedenste Arten von Veranstaltungen durchzufüh-ren.

Starke Netzwerke

Interkulturelle Bibliotheksar-beit bedeutet auch Kooperation. Aufgrund ihrer vielfältigen Ak-tivitäten können Öff entliche Bibliotheken starke Netzwerke in ihrem lokalen Umfeld auf-bauen. Dabei stehen sie im Ide-alfall im Zentrum, zwischen Bil-dungseinrichtungen, privaten Organisationen, dem Jugend-amt, Firmen et cetera – als ver-mittelnde Instanz, interkulturell kompetent und ausgestattet mit einem breiten Medienangebot. In diesem Falle bietet sich der Bibliothek die große Chance,

sich auch gegenüber Lokalpoli-tikern neu zu positionieren.

Auf dem Gebiet interkultu-reller Bibliotheksarbeit haben Öff entliche Bibliotheken in Deutschland bereits ein breites

Spektrum vielversprechender Projekte initiiert. Doch leider handelt es sich dabei nur allzu häufi g um engagierte Einzelakti-onen. Zu wenig ist dieses wichti-ge Th ema bislang im Leitbild der Bibliotheken verankert. So ist es aktuell denn auch die größte Herausforderung, Erfahrungen und Konzepte der interkultu-rellen Arbeit derart zu kommu-nizieren, dass es inner- und au-ßerhalb des Bibliothekswesens zur verstärkten Bildung eines Bewusstseins von Verantwor-tung für dieses Th ema kommt. Es geht schließlich darum, sich der Bedürfnisse von Menschen anzunehmen, die mittlerweile einen erheblichen Teil unserer Gesellschaft ausmachen.

»Brücken für Babylon« berei-chert die Diskussion zusätzlich durch eine Reihe internationaler Beispiele. Länder wie Kanada, Dänemark oder die Niederlan-de machen zum Teil schon seit Langem vor, wie erfolgreiche interkulturelle Bibliotheksarbeit auf breiter Ebene funktionieren kann. Internationales und inter-kulturelles Denken korrelieren dabei stark miteinander: Denn wer bereit ist, nationale Gren-zen hinter sich zu lassen und den Blick über den eigenen Teller-rand zu wagen, wird beeindru-ckende Erfahrungen gewinnen und ein globales Verständnis dafür entwickeln, was Interkul-turalität heutzutage bedeutet.

Ort des Austausches

Auch die Vereinten Nationen haben die Interkulturalität ver-stärkt im Blick und das Jahr 2008 zum »Jahr der Sprachen« ausgerufen. Nicht zuletzt die-ses Beispiel zeigt, welch großer Stellenwert von politischer Seite zurzeit den Th emen Interkultu-ralität und Sprachenvielfalt auf internationaler Ebene zugespro-chen wird. Gerade Bibliotheken nehmen in diesem Zusammen-hang einen wichtigen Platz ein. Sie können aktiv zur Förderung des interkulturellen Prozesses beitragen, indem sie sich als Treff punkt und sozialer Ort des Austausches in ihrem Umfeld etablieren.

Durch vielfältige Projekte und Serviceangebote sind Nut-zer mit Migrationshintergrund dazu in der Lage, sich mit ihrer eigenen Kultur auseinanderzu-setzen und ihre Muttersprache

1 Das Europäische Parlament und die Mitgliedsstaaten der EU er-nennen 2008 zum »Jahr des In-terkulturellen Dialogs«: Alleine die steigende Zahl von Sprachen und die ethnische und kulturelle Vielfalt Europas verdeutlichen, »wie wichtig der interkulturelle Dialog auf dem Weg zu einem eu-ropäischen Bewusstsein ist«. Vgl. European Year of Intercultural Dialogue – About the Year: www.interculturaldialogue2008.eu.

2 Zu diesem Th ema fand am 27.04.2007 in der Freien Uni-versität Berlin eine internationale Tagung statt, die vom Weiterbil-dungszentrum der Freien Uni-versität Berlin und der Exper-tenkommission »Interkulturelle Bibliotheksarbeit« des Deutschen Bibliotheksverbandes ausgerich-tet wurde. Die Beiträge dieser Ta-gung bilden den Grundstock für »Brücken für Babylon«.

In den Reihen des Biblio-thekspersonals wird häufi g eine Vielzahl von Sprachen

gesprochen. Es erscheint nur logisch, dieses natürliche

Potenzial zu nutzen.

zu pfl egen. Auf der anderen Seite bieten Bibliotheken den idealen Einstiegspunkt, um über das Er-lernen der neuen Sprache einen leichteren Zugang zu Gesell-schaft und kulturellem Leben zu fi nden. Die Herausforderung besteht also darin, Bibliotheks-angebote zu entwickeln und zu forcieren, die auf die beschrie-benen veränderten Bedürfnisse einer verstärkt multikulturell geprägten Informationsgesell-schaft ausgerichtet sind.

Sebastian Wilke, Student, Humboldt Universität zu Berlin

Länder wie Kanada, Dänemark oder die Nieder-

lande machen schon seit Langem vor, wie erfolgreiche interkulturelle Bibliotheksar-

beit funktionieren kann.

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281Foyer | BuBHochschule

Hochschule

Gemeinsames Projekt zur Vorbeugung von DatenverlustenDeutsche und Schweizerische Hochschulen entwi-ckeln E-Learning-Module zur Langzeitarchivierung

Im Fachbereich Informations-wissenschaften der FH Potsdam ist im Rahmen eines E-Tutorials zur digitalen Langzeitarchi-vierung das Modul »Formate und Datenträger« entwickelt worden. Wie die Fachhochschu-le mitteilt, haben Studierende der Studiengänge Archival Studies/Archiv und Information Studies/Information und Doku-mentation im Wintersemester 2007/ 2008 unter der Leitung von Karin Schwarz Texte, Übun-gen und Tests erstellt, die für die E-Learning-Methode am Fachbereich eingesetzt werden können.

Das Modul »Formate und Da-tenträger« ist nach dem Motto »von Studierenden für Studie-rende« konzipiert. Es orien-tiert sich an häufi g gestellten Fragen der Studierenden: Was sind Formate? Wie sind Datei-en aufgebaut? Welche Formate und Datenträger gibt es und welche eignen sich für die Ar-chivierung? Welche Verfahren eignen sich bei der Aufberei-tung veralteter Formate? Au-ßerdem werden Formate zum Austausch von elektronischen Dokumenten, wie sie gerade im Zusammenhang mit E-Govern-ment benötigt werden, vorge-stellt.

Jede Lektion besteht aus ei-ner 90-minütigen Lerneinheit mit einem Textteil zur Wissens-vermittlung, einer Übung zur Wissensvertiefung und einem anschließenden Test zur Wis-sensüberprüfung. Das E-Tuto-rial nutzt hierfür »moodle« als Lernplattform.

Formate und Datenträger haben bei der dauerhaften Er-haltung digitaler Daten eine hohe Bedeutung: Durch ständi-ge Weiterentwicklungen lassen

sich ältere Dokumente nicht mehr lesen. Gerade hersteller-abhängige Formate führen mit heutigen Softwareumgebungen nur zu Datenmüll. Nur wenige Formate und Datenträger sind für die dauerhafte Archivierung geeignet, um dem Anspruch ge-recht zu werden, dass auch digi-tale Dokumente, Bilder, Filme und Tonaufnahmen von kom-menden Generationen gelesen werden können.

Das E-Tutorial »Digitale Langzeitarchivierung« wird bis-her in Zusammenarbeit mit der FH Köln, der HWTK Leipzig und der HTW Chur aufgebaut. Jede Hochschule trägt mit eben-falls von Studierenden erarbei-teten Modulen zum E-Tutorial bei.

Nach dem Baukastensys-tem können so ganze Kurse oder Kurseinheiten für das E-Learning an den Hochschulen genutzt werden. Das Modell geht auf die Idee Potsdamer Studierender des Fachbereichs Informationswissenschaften zu-rück.

Ende Januar trafen sich die Modulproduzenten aus Chur,

zur digitalen Langzeitarchi-vierung von CAD-Daten und GIS-Daten sowie Module für das Referenzmodell OAIS in der digitalen Langzeitarchivierung nutzbar.

Sie werden im kommenden Semester gegenseitig evaluiert. Hiernach werden die Module öff entlich zugänglich sein und können für die Lehre eingesetzt werden. Die HU Berlin stellt hierfür ihre Lernplattform moo-dle zur Verfügung und betreut sie.

Das Kompetenznetzwerk nestor, eine in Deutschland allgemein anerkannte Kompe-tenzplattform für die digitale Langzeitarchivierung, betreut das Vorhaben federführend. In einem Memorandum of Understanding haben sich ins-gesamt acht Hochschulen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz auf eine gegenseiti-ge Zusammenarbeit in der Leh-re verständigt.

Köln, Leipzig und Potsdam zu einem Workshop an der FH Potsdam und stellten ihre Ar-beitsergebnisse vor. Ab Mitte April sind für die beteiligten Hochschulen neben dem Pots-damer Beitrag auch Module zur Einführung in die Langzeitar-chivierung digitaler Objekte,

In Zukunft sollen weitere Module an der FH Potsdam entstehen und so zu dem Koo-perationsvorhaben beitragen. Die Studierenden lernen bei der

Das E-Tutorial »Digitale Langzeitarchivierung« wird bisher in Zusammenarbeit

mit der FH Köln, der HWTK Leipzig und der HTW Chur

aufgebaut.

Die Studierenden lernen bei der Erstellung der Module

nicht nur die Inhalte des bearbeiteten Themas,

sondern auch die nutzer-gerechte Vermittlung von

Informationen.

Erstellung der Module nicht nur die Inhalte des bearbeiteten Th emas, sondern auch die nutz-ergerechte Vermittlung von In-formationen.

Ansprechpartnerin für wei-tergehende Informationen ist Karin Schwarz vom Fachbereich Informationswissenschaften der Fachhochschule Potsdam (Te-lefon 0 33 15 80-15 28, E-Mail: [email protected]).�

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Hochschule

Bachelor-Student landet ganz vorneKontrovers diskutierte Themen beim Innovationspreis 2008

Der B.I.T.online-Innovations-preis wird seit 1999 in Zusam-menarbeit mit der Kommission für Ausbildung und Berufsbilder des Berufsverbandes Informati-on Bibliothek (BIB) bundesweit ausgelobt. Er wird für heraus-ragende Abschlussarbeiten und innovative Studienprojekte vergeben, die in die Berufswirk-lichkeit übertragbar sind. Die diesjährigen Preisträger des mit jeweils 500 Euro dotierten Inno-vationspreises stehen jetzt fest.

Mit dem 1. Preis wurde die Bachelor-Arbeit von Benja-min Stasch von der Stuttgarter Hochschule der Medien (HdM) mit dem Th ema »Musik-, Film- und Hörbuchdownloads: Eine Perspektive für das Dienstleis-tungsangebot Öff entlicher Bib-liotheken?« ausgezeichnet. Den 2. Preis erhielt Jin Tan, FH Pots-dam, für die Diplomarbeit »Bib-liotheken in Second Life«. Ca-rola Schreiber, ebenfalls HdM

Stuttgart, und Myra Th ürsam von der Hochschule für Ange-wandte Wissenschaft Hamburg teilen sich den 3. Preis. Carola Schreiber bekam die Auszeich-nung für ihre Bachelor -Arbeit »Aspekte der Rhetorik und ihre Bedeutung für die bibliotheka-rische Arbeit in Bezug auf Be-nutzerschulungen, Mitarbeiter-gespräche und Verhandlungen mit dem Unterhaltsträger« und Myra Th ürsam für ihre Diplo-marbeit »Vorschulische Sprach- und Leseförderung von Kindern

Jin Tan setzt die Erfolgsserie der Potsdamer Bibliotheks-wissenschaftler fort, die seit

2003 fast jedes Jahr einen der Preisträger stellen.

Wer sich überlegt, sich zum kommenden Wintersemester für den Masterstudiengang Bib-liotheks- und Informationsma-nagement an der Hochschule der Medien Stuttgart zu bewer-ben, kann sich über dieses Stu-dienangebot beim Master-Info-tag am 17. April persönlich in-formieren und beraten lassen; Näheres dazu unter: www.hdm-stuttgart.de/master/infotag.

Das neue Masterstudi-um startete im Oktober 2007; in BuB wurde darüber im Heft 10/2007 berichtet. Die Erfah-rungen nach dem ersten Semes-ter bestätigen das Konzept des Stuttgarter Masters. Zwar hat-te sich die Mehrzahl der Studie-renden gleich nach Abschluss des Bachelor-Studiums für das Weiterstudieren entschieden. Doch hat sich gezeigt, dass ge-rade auch Berufserfahrene vom dem neuen »BI-Master« sehr profitieren und ihrerseits eine Bereicherung für die Lerngrup-pe sind. Insgesamt bewerteten alle Studierende das inhaltliche Angebot als attraktiv und an-spruchsvoll; positiv werden au-ßerdem die Organisation des

Studiums – die Lehrveranstal-tungen finden von Mittwoch bis Freitag statt – sowie die Vielfalt der Lehr- und Lernfor-men empfunden. Lohnenswer-te Herausforderungen sind un-ter anderem auch die eigenen praktischen Lehrerfahrungen mit Studierenden in den Bache-lor-Studiengängen im Pflicht-fach »Fachdidaktische Kompe-tenz«.

Mindestvoraussetzung für die Bewerbung ist eine Ab-schlussnote von 2,5. Da uns er-folgreiche berufliche Praxis im Bereich Bibliothek und Informa-tion jedoch auch viel Wert ist, können damit weniger gute No-ten kompensiert werden.

Wer keine Möglichkeit hat, den Master-Infotag zu besu-chen, findet alles Wissenswer-te über die Masterstudien-gänge der HdM unter: www.hdm-stuttgart.de/master. Die Studiendekanin steht außerdem jederzeit persönlich, telefonisch und per E-Mail ([email protected]) für Informationen und Beratung zur Verfügung.

Ingeborg Simon, Studiendekanin

Master-Infotag an der HdM Stuttgart / Berufserfahrung willkommen

mit Migrationshintergrund in Bibliotheken: Konzeption eines Programms für die Bücherhalle Wilhelmsburg«.

Carola Schreiber und Benja-min Stasch sind nunmehr die siebten Preisträger aus dem Stu-diengang Bibliotheks- und In-formationsmanagement an der HdM Stuttgart. Prof. Cornelia Vonhof, Studiendekanin des Studiengangs Bibliotheks- und

Informationsmanagement, freut sich, dass Absolventen des ersten Bachelor-Jahrgangs der HdM im Wettbewerb mit zahlreichen eingesandten Diplom-Arbeiten gleich zwei von vier Preisen er-ringen konnten. Sie wertet dies als Beleg für die Qualität des Bachelor-Studiums: »Die Fach-community darf sich freuen: Die künftigen Absolventen kön-nen dank des Bachelors früher in den Beruf einsteigen und sind dafür durch den neuen Studien-gang gut gerüstet.«

Ihr Kollege Prof. Sebastian Mundt, der den 1. Preisträger Benjamin Stasch betreut hatte, hebt hervor, dass dieser sich mit seinem Th ema der Musik- und Film-Downloads einem inno-vativen und kontrovers disku-tierten Th ema gestellt habe.

»Der Preis ist eine schöne Be-stätigung, dass es uns gelingt, die Studierenden neugierig auf die Zukunft zu machen.« Prof. Wolfgang Ratzek hat mit Ca-rola Schreiber nun zum dritten Mal eine Preisträgerin betreut und sieht seine »Coaching-Philosophie« aus projektinte-griertem Studieren und »über den Tellerrand gucken« bestä-tigt.

Mit der Frage »Bibliotheken in Second Life. Was hat die vir-tuelle Welt mit den realen Bil-dungsproblemen Deutschlands und der dramatischen Entwick-lung im Bibliothekswesen zu tun?« beschäftigte sich Diplom-Bibliothekar Jin Tan im Rah-men seiner Diplomarbeit, mit der er im Herbst 2007, betreut von Prof. Dr. Hans-Christoph Hobohm vom FB Informations-wissenschaften, sein Studium an der Fachhochschule Potsdam abschloss. Tan kommt in seiner Arbeit zu dem Schluss, dass vir-tuelle Welten eine Brücke zwi-schen dem Analogen und dem

Digitalen darstellten, die vor al-lem auch Jugendliche erreichten. Second Life sei also mitnichten ein simples Computerspiel, son-dern eine wichtige Möglichkeit, bestimmte Personen auf eine zielgruppengerechte Art und Weise anzusprechen und wird deshalb zunehmend für die Bil-dungs- und Informationsarbeit der Bibliotheken interessant. Jin Tan setzt die Erfolgsserie der Potsdamer Bibliothekswissen-schaftler fort, die seit 2003 fast jedes Jahr einen der Preisträger stellen.

Alle Preisträger werden ihre Arbeiten auf Einladung der Kommission für Ausbildung und Berufsbilder des BIB im Rahmen des Innovationsforums 2008 auf dem 97. Bibliothekar-tag in Mannheim vom 3. bis zum 6. Juni 2008 vorstellen.

Alle Preisträger werden ihre Arbeiten im Rahmen des

Innovationsforums 2008 auf dem 97. Bibliothekar-

tag in Mannheim vorstellen.

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Bibliothekartag 2008

Die ganze Vielfalt des TagungsprogrammsDiskussionen, Vorträge, Workshops: Mannheim bietet Fortbildung für jeden Geschmack

»Wissen bewegen. Bibliotheken in der Informationsgesellschaft« – unter diesem Motto fi ndet die größte Fachtagung der Biblio-thekare und Informationsspezi-alisten in Deutschland vom 3. bis zum 6. Juni 2008 in Mannheim statt. Die 97. Aus-gabe des Deutschen Biblio-thekartages bietet eine Fülle von Fortbildungsmöglichkeiten. Im Folgenden präsentiert BuB einen Überblick über die wich-tigsten Fachveranstaltungen. Das komplette Programm und weiterführende Informationen sind im Internet unter www.bibliothekartag2008.de/de/Programm.htm zu fi nden.

Dienstag, 3. Juni, Vormittag

Th emenkreis 4: Wissens-organisation und Wissens-vermittlung Fachreferat und Projekte – Fachreferat als Projekt? Konturen eines sich wandeln-den BerufsfeldesVeranstalter: VDB-Kommis-sion für FachreferatsarbeitModeration: K. Oberdieck, Braunschweig

Th emenkreis 7: Technik und Technologie Einsatzmöglichkeiten und Bei-spiele des Single Sign-On Ver-fahrens Shibboleth im Rahmen einer föderativen Umgebung. PraxisberichteModeration: A. Ruppert, Freiburg

Th emenkreis 8: Management und betriebliche Steuerung Bibliothekare auf die Tagesord-nung – Personalentwicklung und Profi lbildung für eine

»Wissen bewegen. Bibliotheken in der Informationsgesellschaft« lautet das Motto des 97. Deutschen Bibliothekartages, der vom 3. bis zum 6. Juni in Mannheim stattfinden wird.

erfolgreiche Lobbyarbeit für BibliothekenVeranstalter: IFLA-National-komitee bei DBV/KNB Inter-nationale KooperationenModeration: H. Klauser, Berlin

Th emenkreis 8: Management und betriebliche Steuerung Ändert Bologna die biblio-thekarische Ausbildung? Zukünftige Wege zum wissen-schaftlichen BibliotheksdienstVeranstalter: VDB-Kommissi-on für berufl iche Qualifi kationModeration: H. Schiff er, KölnTeilnehmer der Podiumsdis-kussion: M. Seadle, Berlin; Johlen-Budnik, Düsseldorf; K. Südekum, Würzburg; U. Steigerwald, Dieburg; B. Meier, Dieburg; A. Oßwald, Köln; P. Hätscher, Konstanz

Th emenkreis 8: Management und betriebliche Steuerung Bibliotheken und PolitikModeration: B. Lison, Bremen

Th emenkreis 9: Kulturelles Erbe Wissen bewahren – Bestand-serhaltung heuteVeranstalter: AG Bestandser-haltung beim DBV/Sekt. IVModeration: A. Mälck, Berlin

Dienstag, 3. Juni, Nachmittag

Schwerpunktthema 1: Wer bewegt das Wissen: Wo stehen die Bibliotheken heute?Moderation: U. Schwens, Frankfurt/M.

Th emenkreis 4: Wissensorgani-sation und Wissensvermittlung Wissensvermittlung im Benut-

zerdialog: Auskunft, Beratung, ÖffentlichkeitsarbeitModeration: T. Wolf, Heidel-berg

Th emenkreis 8: Management und betriebliche Steuerung 10 Jahre FaMI. Ein Beruf emanzipiert sichVeranstalter: BIB-Kommission für Ausbildung und Berufsbil-derModeration: W. Zick, Berlin, S. Taege, Potsdam

Th emenkreis 6: Wissensmarkt Regionale Konsortien als Säulen der Informationsver-sorgungVeranstalter: HBZ

Th emenkreis 7: Technik und Technologie Aktuelle Bibliotheksneu- und -umbautenVeranstalter: UB MannheimModeration: C. Benz, Mann-heim

Th emenkreis 7: Technik und Technologie Metadaten: Präsentation, Retrieval und VerwaltungModeration: M. Pfeff er, Mannheim

Th emenkreis 8: Management und betriebliche Steuerung Management und betriebliche Steuerung von wissenschaft-lichen BibliothekenModeration: A. Schüller-Zwier-lein, München

Th emenkreis 9: Kulturelles Erbe Neue Entwicklungen im Bereich DigitalisierungModeration: D. Lülfi ng, Berlin

Th emenkreis 9: Kulturelles Erbe Wissen erschließen und ver-mitteln – historische Sammlun-gen im digitalen ZeitalterVeranstalter: AG Handschriften und Alte Drucke der Sektion 4 des DBVModeration: M. Riethmüller, Bonn

Mittwoch, 4. Juni, Vormittag

Schwerpunktthema 2: Wer bewegt das Wissen: Wo stehen wir in 10 Jahren?Veranstalter: Management-Kommission des DBVModeration: W. Neubauer

Th emenkreis 4: Wissensorgani-sation und Wissensvermittlung Bibliotheken als Bildungspart-ner der Schulen – Schulbib-liotheken als Basis der neuen LernkulturVeranstalter: DBV-Experten-gruppe Bibliothek und SchuleModeration: R. Schneider, Oberhausen

Th emenkreis 6: Wissensmarkt E-Book – das ewig neue Medium

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284 BuB | Foyer

Viele Teilnehmerinnen und Teil-nehmer der Bibliothekarta-ge klagen darüber, dass ihnen während der Tagungswoche kaum Zeit bleibt, um die Stadt am Veranstaltungsort einmal in-tensiver zu erkunden. Sofern Sie regelmäßig laufen und körper-lich fit sind, haben Sie in diesem Jahr die Möglichkeit, die Biblio-thekartagsstadt Mannheim und das angrenzende Ludwigshafen schon zwei Wochen vor der Ta-gung kennenzulernen – und das auf dem Fußweg. Speziell dafür werden für Sie ganze Straßenzü-ge durch die beiden Innenstäd-te und einige Vororte gesperrt. Und alle paar Kilometer reichen Ihnen freundliche Menschen Er-frischungsgetränke und koh-lehydratreiche Snacks. Sie ha-ben sogar die Wahl, ob Sie auf große Tour gehen wollen oder sich auf eine der beiden Städ-te beschränken. Alternativ be-steht noch die Möglichkeit, ei-nen kürzeren Lauf durch ausge-wählte Stadtteile zu machen.

Und damit nicht genug: Sie müssen nicht einmal alleine lau-fen (es sei denn, Sie wollen das unbedingt). Im Berufsverband Information Bibliothek gibt es eine Gruppe laufbegeisterter Kolleginnen und Kollegen, die – passend zum Motto des diesjäh-

rigen Bibliothekartages »Wis-sen bewegen« – am 24. Mai in Mannheim beim sogenannten »Dämmer-Marathon« starten wird und dafür noch Mitläu-fer/innen begeistern will. Denn nicht jede/r muss die komplet-te Distanz über 42 Kilome-ter laufen, der Marathon kann auch geteilt (Duo-Marathon: 2 x 21 Kilometer) oder gevier-telt (Team-Marathon: 4 x 10,5 Kilometer) werden. Speziell für den Duo-Marathon und die Bil-dung von Vierer-Teams werden noch Läufer/innen gesucht. Ein spezielles Funktionslaufshirt mit einheitlichem Design wird ge-stellt.

Interessiert? Infos zum Däm-mer-Marathon (Startzeit: 18.15 Uhr!) finden Sie im Netz unter www.marathonmannheim.de. Interessierte melden sich bit-te bei der BIB-Geschäftsstel-le ([email protected]; Tele-fon 0 71 21/34 91-13). Bitte ge-ben Sie an, welche Distanz für Sie infrage kommt, über welche Lauferfahrungen Sie verfügen beziehungsweise welche Zei-ten Sie schon gelaufen sind. Bit-te beachten: Walker sind beim Mannheim-Marathon nicht zu-gelassen.

Michael Reisser, BIB-Geschäftsführer

Erst den Körper, dann das Wissen bewegen

Bibliothekartag 2008

Veranstalter: Bayerische Staats-bibliothek / Expertengruppe Erwerbung und Bestandsent-wicklung des DBVModeration: K. Kempf, Mün-chen

Th emenkreis 7: Technik und Technologie Sind Metadaten teamfähig oder was macht Metadaten-formate interoperabel?Veranstalter: Kompetenzzent-rum Interoperable Metadaten (KIM-Workshop)Moderation: H. Neuroth, Göttingen

Th emenkreis 8: Management und betriebliche Steuerung Management und betriebliche Steuerung von Öffentlichen BibliothekenModeration: H. Vogt, Würzburg

Th emenkreis 9: Kulturelles Erbe Nachhaltige Massendigitalisie-rung: Kooperative Produktion und Präsentation von digita-len Medien mit Open Source SoftwareVeranstalter: Göttinger Digi-talisierungszentrum (GDZ) / SLUB GöttingenModeration: R. Stockmann, Göttingen

Mittwoch, 4. Juni, Nachmittag

Th emenkreis 4: Wissensorgani-sation und Wissensvermittlung Öffentliche Bibliotheken im Spannungsfeld von demographischem Wandel und MigrationModeration: U. Moeske, Dortmund

Th emenkreis 4: Wissensorgani-sation und Wissensvermittlung Bildungspartnerschaften stärkenVeranstalter: Expertengruppe Kinder- und Jugendbibliothe-ken des DBVModeration: K. Keller-Loibl, Leipzig

Th emenkreis 4: Wissensorgani-sation und Wissensvermittlung Softwarelösungen für wissen-schaftliche Bibliotheken mit Produkten von Ex LibrisModeration: H. Albrecht, Bochum

Th emenkreis 4: Wissensorgani-sation und Wissensvermittlung Best Practice bei der Vermitt-lung von Informationskompe-tenz für Studierende: Modelle und ihre Bewertung

Veranstalter: Arbeitsgemein-schaften zur Informationskom-petenz Baden Württemberg, Bayern, GBV und Nordrhein-WestfalenModeration: S. Rockenbach, Kassel

Th emenkreis 5: Recht Zurück in die Steinzeit des Leihverkehrs? Auswirkungen des novellierten Urheberrechts auf die FernleiheVeranstalter: Dienstleistungs-

kommission des DBVModeration: R. Schmolling, Bremen

Th emenkreis 7: Technik und Technologie Europaweite Infrastruktur zur Authentifi zierung und Autori-sierung in einem föderativen Umfeld. Ein StatusberichtModeration: A. Ruppert, Freiburg

Th emenkreis 8: Management und betriebliche Steuerung Zum Thema Geld: Fachhoch-schulbibliotheken und ihre FinanzierungVeranstalter: AG der Fachhoch-schulbibliotheken im DBVModeration: S. Peters, Werni-gerode

Th emenkreis 4: Wissensorgani-sation und Wissensvermittlung Treffpunkt StandardisierungVeranstalter: Standardisie-rungsausschussModeration: B. Dugall, Frank-furt

Th emenkreis 4: Wissensorgani-sation und Wissensvermittlung »In einem Boot? – Bibliotheken und Volkshochschulen«: Er-wartungen an Zusammenarbeit und Erfahrungen aus bereits vorhandenen KooperationenVeranstalter: Sektionen 3A, 3B und 6 im DBVModeration: U. Flammershei-mer, Lohr a. Main

Th emenkreis 4: Wissensorgani-sation und Wissensvermittlung Management von Forschungs- und PrimärdatenVeranstalter: Technische Infor-mationsbibliothek Hannover (TIB) / GeoForschungszent-rum PotsdamModeration: M. Lautenschla-ger, Hamburg

Th emenkreis 6: Wissensmarkt Die »Onleihe« als digitaler Mehrwertdienst öffentlicher BibliothekenModeration: C. Hasiewicz, Wiesbaden

Th emenkreis 7: Technik und Technologie

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Selbstverbuchung per RFID: Können wissenschaftliche Bibliotheken von öffentlichen Bibliotheken lernen? Techni-sche Standards und praktische ErfahrungenVeranstalter: Dienstleistungs-kommission des DBVModeration: W. Tiedtke, Hamburg

Th emenkreis 8: Management und betriebliche Steuerung Informationslösungen im UnternehmenModeration: P. Knudsen, Mannheim

Donnerstag, 5. Juni, Vormittag

Schwerpunktthema 3: »Shakers and movers of infor-mation – where do we stand internationally?« (Wer bewegt das Wissen: Wo stehen wir international?)Moderation: J. Peters, CEO Emerald,

Th emenkreis 4: Wissensorgani-sation und Wissensvermittlung Web 2.0, Bibliothek 2.0, Ver-bund 2.0. Zukunftsweisende Aktivitäten und Kooperationen Arbeitsgemeinschaft der Ver-bundsystemeVeranstalter: Arbeitsgemein-schaft der VerbundsystemeModeration: W. Hamedinger, Wien(Veranstaltung wird am Nach-mittag fortgesetzt)

Th emenkreis 6: Wissensmarkt Open Access – Bewegung durch VernetzungVeranstalter: DINI Arbeits-gruppe Elektronisches Publi-zierenModeration: P. Schirmbacher, Berlin(Veranstaltung wird am Nach-mittag fortgesetzt)

Th emenkreis 7: Technik und Technologie Das Ende der bibliotheka-rischen Sacherschließung. Alternative Formen der Inhalts-erschließung

Veranstalter: UB MannheimModeration: H. Stucken-schmidt, Mannheim

Th emenkreis 8: Management und betriebliche Steuerung Öffentliche Bibliotheken: Problemlöser im gesellschaftli-chen Wandel. Bibliothekskon-zepte als Mittel zur Profi lierung und Verankerung Öffentlicher Bibliotheken vor OrtVeranstalter: Fachkonferenz der Bibliotheksfachstellen in DeutschlandModeration: G. Bassen, Lüne-burg

Th emenkreis 9: Kulturelles Erbe Forum Langzeitarchivierung – aktuelle Entwicklungen und praktische AnwendungsfelderVeranstalter: Kompetenznetz-werk nestorModeration: M. Jehn, A. Oß-wald, Köln(Veranstaltung wird am Nach-mittag fortgesetzt)

Donnerstag, 5. Juni, Nachmittag

Th emenkreis 5: Recht Aktuelles aus dem Arbeits- und DienstrechtVeranstalter: VDB-Kommis-sion für RechtsfragenModeration: C. Hall, Wiesbaden

Th emenkreis 7: Technik und Technologie Semantisches Information Retrieval: Aufbruch vom Catalog Enrichment bis zum Knowledge Dienstleister des LandesModeration: H. Weigel, Bregenz

Th emenkreis 8: Management und betriebliche Steuerung Neue Entwicklungen in Studi-um und AusbildungModeration: I. Simon, Stuttgart

Th emenkreis 8: Management und betriebliche Steuerung »Wissensvermittlung braucht Professionalität«: Möglich-

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Bibliotheken sind Bildungsein-richtungen – darüber sind wir uns nicht erst seit Pisa und »Bib-liothek 2007« einig! Viele Bib-liotheken, ob wissenschaftliche oder öffentliche, leisten einen aktiven Beitrag als Bildungs-partner, der immer deutlicher von Politik und Gesellschaft wahrgenommen und geschätzt wird. Mit dem Themenschwer-punkt »Lebenslanges Lernen« profilieren sich Bibliotheken als unverzichtbare Einrichtungen der Bildungslandschaft.

Aber wie sieht es mit dem lebenslangen Lernen in unse-ren Bibliotheken aus? Mit dem lebenslangen Lernen der Mit-arbeiterinnen und Mitarbeiter oder gar der Entwicklung der Bibliothek zu einer lernenden Organisation?

Wir wissen alle: Kontinuierli-che Fortbildung im Rahmen ei-ner professionellen Personal-entwicklung ist entscheidend für die Existenzsicherung von Bibliotheken in der Zukunft. Die technologische und ge-sellschaftliche Entwicklung er-zwingt die konsequente Weiter-qualifizierung der Beschäftigten in Bibliotheken. Der demogra-fische Wandel wird diese Her-ausforderung noch verstärken, denn wir werden mit länge-rer Lebensarbeitszeit, höherem Durchschnittsalter in den Beleg-schaften und schwer zu gewin-nendem Nachwuchs konfron-tiert sein.

Die bibliothekarischen Be-rufsverbände BIB und VDB bie-ten kontinuierlich ein breites Spektrum an Fortbildungsan-geboten zu den aktuellen The-men des Berufsstandes an. Die Professionalität dieses Ange-bots hat in den letzten Jahren merklich zugenommen. Dazu tragen die vielen ehrenamtlich

Engagierten in den Berufsver-bänden bei, die sich gerade die Entwicklung und Organisation von Fortbildungsangeboten auf die Fahnen geschrieben haben. Dieses Angebot wird den hohen Erwartungen der Teilnehmerin-nen und Teilnehmer gerecht, aber auch den Anforderungen der Führungskräfte in den Bib-liotheken, die wissen, dass nur gut ausgebildete Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter ihren Bei-trag zum Erfolg der Einrichtung leisten können.

Die Qualität der Vorträge und Workshops auf dem dies-jährigen Deutschen Bibliothe-kartag in Mannheim ist ein be-redtes Zeugnis dieser Entwick-lung. Wir laden Sie ein, nach Mannheim zu kommen und für Ihre persönliche und berufliche Entwicklung davon zu profitie-ren!

Eine besondere Bitte ha-ben wir an die Führungskräfte auf allen Ebenen der Bibliothe-ken:

Ermutigen Sie Ihre Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter, den Bibliothekartag zu besuchen! Hochkarätige Fortbildungsan-gebote, die Möglichkeit zum kollegialen Erfahrungsaustausch und zum Knüpfen professionel-ler Netzwerke sind Chancen, die sie nutzen sollten!

Ermöglichen Sie Ihren Mit-arbeiterinnen und Mitarbei-tern bitte den Besuch des Bib-liothekartags! Freistellungen und finanzielle Unterstützung sind Signale dafür, dass Perso-nalentwicklung und lebenslan-ges Lernen nicht nur ein Thema für Sonntagsreden der Politiker sind, sondern eine praktische Notwendigkeit!

Susanne Riedel, Vorsitzende des Berufsverbandes Informa-

tion Bibliothek e.V. (BIB),Dr. Ulrich Hohoff,

Vorsitzender des Vereins Deut-scher Bibliothekare e.V. (VDB)

Offener Brief an die bibliothekarische Fachöffentlichkeit:

Fortbildung kostet Zeit und Geld, keine Fortbildung kostet die Zukunft!

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286 BuB | Foyer Bibliothekartag 2008

keiten und Grenzen des Ehrenamts in Bibliotheken (Podiumsdiskussion)Veranstalter: BIB-Kommission für BibliothekspolitikModeration: M. Reisser, Reut-lingenTeilnehmer: Lutz Jahre, Mann-heim; Harald Pilzer, Bielefeld; Johannes Ziegler, Berlin; Ruth Zeddies, Münster

Das Robinson Crusoe Syndrom und was man dagegen tun kannVeranstalter: BIB-Kommission für One-Person LibrariansModeration: F. Merken, Wip-perfürth

Th emenkreis 4: Wissensorgani-sation und Wissensvermittlung Netzwerke bewegen das Wissen – aber wie bewegt man ein Netzwerk? Erfahrungen aus dem Kompetenznetzwerk für Bibliotheken (KNB)Veranstalter: Kompetenznetz-werk für Bibliotheken (KNB)Moderation: U. Wimmer, Berlin

Th emenkreis 4: Wissensorgani-sation und Wissensvermittlung »Normdaten als Bausteine der Wissensorganisation und Wissensvermittlung« – Normdaten-Anwendertreffen Bibliothekartag 2008Veranstalter: Arbeitsstelle NormdateienModeration: C. Hengel, Frank-furt/M.

Th emenkreis 5: Recht 2. Korb Urheberrecht im BibliotheksalltagVeranstalter: Rechtskommissi-on des DBVModeration: U. Moeske, Dort-mund

Th emenkreis 8: Management und betriebliche Steuerung Qualitätsentwicklung durch kollegiale Beratung Veranstalter: Management-kommission des DBVModeration: P. Hätscher, Konstanz

Th emenkreis 8: Management und betriebliche Steuerung

Fortbildungsforum: Best Practice in der Veranstaltungs-arbeitVeranstalter: BIB-Kommission für FortbildungModeration: U. Kraß, Freiburg

Freitag, 6. Juni, Vormittag

Th emenkreis 4: Wissensorgani-sation und Wissensvermittlung Wissensorganisation mitInstrumenten des Web 2.0Moderation: P. Danowski, Ber-lin, W. Stephan, Stuttgart

Th emenkreis 6: Wissensmarkt Bestandsentwicklung im Span-nungsfeld von Medienvielfalt und IntegrationVeranstalter: Expertengruppe Erwerbung und Bestandsent-wicklung des DBVModeration: F. Wein, Erfurt, M. Moravetz-Kuhlmann, München

Th emenkreis 6: Wissensmarkt Digitale Ressourcen überregi-onal: Lizenzmodelle, Struktur-bildung, PerspektivenModeration: W. Reinhardt, Siegen

Th emenkreis 7: Technik und Technologie Bilder für die Wissenschaft. In-novative Dienstleistungen aus Bildarchiven und FotothekenModeration: A. Bonte, Dresden

BIB-Innovationsforum: Verleihung des »Innovations-preises 2008« mit Vorträgen der Preisträger/innenVeranstalter: BIB-Kommission für Ausbildung und Berufsbil-derModeration: K. Holste-Flin-spach, Frankfurt/M.

Th emenkreis 7: Technik und Technologie Neue Portale und Software für die Wissensorganisation und den direkten Zugang zum WissenModeration: A. Osterode, Berlin

Th emenkreis 8: Management und betriebliche Steuerung Bixomanie – Evaluationen auf dem PrüfstandVeranstalter: BIB/VDB-Kom-mission für Management und betriebliche SteuerungModeration: D. Klages, Bremen

Th emenkreis 9: Kulturelles Erbe Langzeitverfügbarkeit kultureller und wissenschaftli-cher Überlieferung. Ziele der Allianz für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts in DeutschlandVeranstalter: Allianz für Be-standserhaltungModeration: T. Bürger, Dres-den, U. Schwens, Frankfurt

Themen für Erfurt 2009 gesucht

Der Bibliothekartag in Mann-heim hat noch nicht einmal be-gonnen, und schon laufen die Vorbereitungen für die nächs-te Veranstaltung 2009 in Erfurt. Der 98. Bibliothekartag wird vom 2. bis zum 5. Juni 2009 stattfinden, das Motto wird vor-aussichtlich »Ein neuer Blick auf Bibliotheken« lauten.

Folgende Bitte richtet das Ortskomitee an alle Fachkolle-gen:

Gesucht werden nun The-menvorschläge für die Pro-grammgestaltung – besonders solche, die Öffentliche Biblio-theken betreffen – gern auch gleich mit Referentenvorschlä-

gen. Die Öffentlichen Bibliothe-ken haben in der Vergangenheit bemängelt, dass ÖB-Themen zu wenig berücksichtigt worden seien. An Themen für die wis-senschaftlichen Bibliotheken fehlt es weniger. Natürlich ist es trotzdem möglich, interessante Themen für wissenschaftliche oder andere Bibliotheken vor-zuschlagen.

Deshalb möchte ich Sie bit-ten, machen Sie sich Gedanken über Themen oder Themenkrei-se, die Ihnen wichtig sind und die für die Praxis nützlich sind – und lassen Sie uns das wis-sen. Vielen Dank für Ihre Mit-arbeit!

Barbara Jokisch, Erfurt; Kontakt: erwerbung.

[email protected]

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287Foyer | BuBIndexierung

Indexierung

Register generell in schlechtem ZustandDNI mahnt mehr Qualität an / Kontakt zu verwandten Organisationen gesucht

Das Deutsche Netzwerk der Indexer (DNI) wurde von einigen Indexing-Spezialisten im Sommer 2004 gegründet. Es fungiert als fachliche Plattform von Indexern im deutsch-sprachigen Raum, um das Bewusstsein für professionelle Registererstellung (= Indexing) in der Allgemeinheit und in der Fachwelt zu fördern, um Kon-takte von Indexern und Fach-verbänden auszubauen, um die Qualität der Registererstellung zu verbessern und das fachliche Verständnis zu verbreiten. Dazu veröffentlichen Mitglieder des DNI Fachbeiträge in Zeitschrif-ten und Büchern, halten Kurse und Seminare ab, organisieren eine jährliche Info-Veranstal-tung auf der Frankfurter Buch-messe, bieten Verlagsberatung und – last but not least – bieten selbst Registererstellung als Serviceleistung an.

Die Qualität der Register und das Fachwissen zur Registerer-stellung befi ndet sich hierzu-lande nach DNI-Einschätzung generell in einem schlechten Zu-stand – auch im wissenschaft-lichen Verlagswesen. Grundle-gende Fehler kommen immer wieder vor, sowohl was die Erstellung der Index-Einträge als auch typografi sche Aspekte angeht. Oft wird auch bei der Vorgehensweise der Registerer-stellung das Rad neu erfunden, obwohl es bewährte Techniken, Methoden und Software gibt. Das DNI möchte helfen, die-sen Zustand zu verbessern und derartige Defi zite und verbrei-tete Fehleinschätzungen zum Indexing abzubauen.

Ein Schwerpunkt der bishe-rigen Info-Veranstaltungen auf der Buchmesse waren Präsen-tationen moderner Software

für die Indexerstellung. Dabei handelt es sich um Programme, die die intellektuelle Arbeit des Indexers auf eff ektive Weise un-terstützen. Diese spezielle Inde-xing-Software ist in der weltweit führenden Indexing-Szene in angloamerikanischen Ländern weit verbreitet.

Das DNI unterhält sehr gute Beziehungen zu den Partnerver-bänden in anderen Ländern, so zum Beispiel zum Nederlands Indexers Netwerk (NIN), aber auch zu den großen Fachver-bänden, der Society of Indexers (SI) in Großbritannien und der American Society of Indexers (ASI). Die SI feierte letztes Jahr ihr 50-jähriges Bestehen und gibt seit 1958 die Fachzeitschrift »Th e Indexer – Th e International Journal of Indexing« heraus.

Auf der DNI-Website (www.d-indexer.org) werden im Be-reich »Fragen« Aspekte der Re-gistererstellung erläutert. Der Bereich »Ressourcen« beinhaltet unter anderem eine Bibliografi e mit deutschsprachigem Kontext, Index-Rezensionen und Links zu Indexer-Fachverbänden. Im Bereich »Mitglieder« fi nden sich auch diejenigen Indexer, die Re-gistererstellung für Verlage und andere Auftraggeber anbieten. Für eine spezielle Suche inner-halb der Website steht ein stän-dig aktualisierter Site Index zur Verfügung.

Das DNI ist stets daran inter-essiert, neue Kontakte zu knüp-fen, insbesondere auch zu fach-lich verwandten Organisationen und Personen, die ein Interesse daran haben, Registererstellung als eigenständiges Fachgebiet hierzulande voranzubringen.

Kontakt: Jochen Fassbender (DNI-Koordinator), E-Mail: [email protected]

Jochen Fassbender, Bremen

Verbünde

Bibliotheken in Berlin, Brandenburg und Bayern kooperierenZweitgrößter Verbund-katalog in Deutschland

Der Bibliotheksverbund Bayern (BVB) und der Kooperative Bibliotheksverbund Berlin-Bran-denburg (KOBV) haben bereits Ende Dezember 2007 eine Vereinbarung zur Begründung einer langfristigen Entwick-lungspartnerschaft und zur In-tegration ihrer Verbundkataloge unterzeichnet. Die Vereinba-rung sieht die gemeinschaftliche Entwicklung innovativer Diens-te, zum Beispiel in den Berei-chen Semantic Web und Social Software für die insgesamt 360 Verbundteilnehmer vor.

Beide Verbünde bringen signifi -kante fi nanzielle und personelle Kapazitäten in die Entwick-lungspartnerschaft ein. Der Entwicklungsbereich wird dem KOBV angegliedert, der durch seine Einbindung in das renom-mierte Konrad-Zuse-Zentrum

für Informationstechnik Berlin (ZIB) ideale Voraussetzungen dafür bietet.

Darüber hinaus werden die Datenbestände beider Verbün-de in einer gemeinsamen Ver-bunddatenbank zusammenge-führt, die vom BVB betrieben wird. Mit rund 20 Millionen Titeldatensätzen entsteht so der zweitgrößte Verbundkatalog in Deutschland. Die beteiligten Bibliotheken beider Verbünde katalogisieren ihre Bestände

künftig kooperativ in der ge-meinsamen Verbunddatenbank. Hierdurch entstehen bedeuten-de Synergiegewinne vor allem bei der Datenübernahme und Kataloganreicherung.

BVB und KOBV verfolgen als gemeinsame Ziele den Auf- und Ausbau kontinuierlich op-timierter Services für die Be-nutzerinnen und Benutzer bei gleichzeitiger Effi zienzsteige-rung für die Bibliotheken. Auf der Grundlage dieser Ziele wird die strategische Allianz von BVB und KOBV im Rahmen gemeinsamer Entwicklungs-projekte Zukunftsfelder ge-stalten und gemeinsame Dienst-leistungen anbieten. Mit dem innovativen Konzept der »Ent-wicklungspartnerschaft mit

integrierter Dienstleistungs-komponente« wird bibliotheks-politisch ein Zeichen gesetzt für eine intensive und arbeitsteilige Zusammenarbeit der Verbünde nicht nur auf dem Feld klassi-scher, katalogorientierter Auf-gaben, sondern gerade auch im Bereich der institutionalisierten Innovationspartnerschaft. Die-se Kooperation dient der Wei-terentwicklung des Bibliotheks-wesens im deutschsprachigen Raum und ist off en für weitere Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft.

Für Rolf Griebel, Generaldi-rektor der Bayerischen Staats-bibliothek, ist die Kooperations-vereinbarung ein »entscheiden-der Beitrag zur Sicherung der Zukunfts- und Innovationsfä-higkeit von BVB und KOBV«. Wolfgang Zick, Vorsitzender des KOBV-Kuratoriums, be-tont: »Mit der Integration von Entwicklungspartnerschaft und Katalogkooperation verfügen KOBV und BVB über ein we-sentliches Alleinstellungsmerk-mal in der deutschen Verbund-landschaft.«

Die beteiligten Bibliotheken beider Verbünde katalogisie-

ren ihre Bestände künftig kooperativ in der gemeinsa-

men Verbunddatenbank.

Die Kooperation dient der Weiterentwicklung des

Bibliotheks- und Informati-onswesens im deutschspra-chigen Raum und ist offen

für weitere Partner.

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Ausland

Information für jedermannStudenten diskutieren beim BOBCATSSS-Symposium in Zadar Chancen und Risiken des Web 3.0

Der Zugang zu Informationen ist entscheidend für die persön-liche und soziale Entwicklung eines jeden Einzelnen. Trotz-dem bleiben vielen Menschen wichtige Informationen ver-schlossen. Ziel des diesjährigen BOBCATSSS-Symposiums war, den Zugang zu Informationen für jedermann aus technischer, politischer, gesetzlicher, gesell-schaftlicher und wirtschaftlicher Perspektive zu betrachten. Unter der Schirmherrschaft des kroatischen Ministerprä-sidenten wollte der Kongress die bestehenden Barrieren im Informationszugang aufzeigen. Neue Konzepte, Ideen und Beispiele aus der Praxis wurden vorgestellt, um den Zuhörern die Problematik ins Bewusstsein zu rufen und neue Lösungs-ansätze zu fi nden.

Drei Tage lang bot die Hafen-stadt Zadar die Kulisse, um über das Th ema »Providing Ac-cess to Information for Everyo-ne« zu diskutieren. Knapp 350 Teilnehmende aus 26 Ländern trafen sich vom 28. bis 30. Ja-nuar in Kroatien, um mit den Organisatoren – die LIS-Fach-bereiche der Humboldt-Univer-sität Berlin, der Fachhochschule Potsdam sowie die Universitä-ten Osijek und Zadar – Projekte vorzustellen und Perspektiven zu entwickeln.

Zahlreiche Vorträge, acht Workshops, fünf Panels und drei Posterpräsentationen, bei denen das Poster »It’s time to change – Hamburg is ready for it!« aus Deutschland den dritten Platz belegte, fesselten das Pu-blikum. Diverse Veranstaltun-gen und Exkursionen luden die Teilnehmenden ein, die Stadt zu erkunden, sich abends in ent-spannter Atmosphäre weiteren Fachgesprächen zu widmen und Kontakte zu knüpfen.

Das deutsch-kroatische Organisationsteam des BOBCATSSS-Symposi-ums bei Vorbereitungen zum Kongress. Foto:Bobcatsss

Mit Unterstützung des Hoch-schulchors von Zadar und der Opernsängerin Barbara Oth-man führten zwei kroatische und zwei deutsche Organisati-onsmitglieder durch die Eröff -nungsfeier und boten einen ge-lungen Einstieg in die dreitägige Konferenz.

Die Hauptreden hielten Ana Marušic, Herausgeberin des Croatian Medical Journal, und Claudia Lux, Präsidentin des Weltbibliotheksverbandes (IFLA). Mit »How long libra-ries will exist as we have the internet?« warf Lux den Fokus auf das Image und die Rolle der Bibliotheken und motivierte den Nachwuchs, sich aktiv an einer positiven Veränderung zu beteiligen. Sie appellierte vor allem an die Studierenden und jungen Professionellen, sich zu engagieren.

Mehrere Workshops und Vorträge informierten ausführ-lich über gelungene Praxisbei-spiele und über bedenkliche Umfrageergebnisse in Bezug auf den Zugang zu Informationen in unterschiedlichen Ländern.

In Foren wurde unter anderem über die Existenz und Defi ni-tion des Web 3.0 und über den Wandel der Rolle des Bibliothe-kars diskutiert. Genauso ange-regt debattiert wurde die wich-tige Frage, ob Bibliotheken ihre Informationen zensieren soll-ten und ob dabei zum Beispiel Öff entliche Bibliotheken und Schulbibliotheken unterschied-lich betrachtet werden müssten.

Mit einer Firmenausstellung sowie Firmenvorträgen wagten sich die jungen Informations-wissenschaftler auf dünnes Eis, jedoch ohne dies bereuen zu müssen. Viele der Firmen be-mühten sich, ihre Programme und Produkte dem Publikum interessant zu präsentieren, ohne eine Atmosphäre der Wer-bepräsentation aufkommen zu lassen. Vorträge wie Ausstellung wurden durchweg positiv aufge-nommen und gut besucht.

Erstmals in der BOB-CATSSS-Geschichte haben sich die Organisatoren dazu entschlossen – entsprechend dem Symposiumsthema – den Tagungsband in hybrider Form zu veröff entlichen. Die Vorträge der Konferenz sind nun sämt-lich als Open Access-Fassung auf dem edoc-Server der Hum-boldt-Universität verfügbar: edoc.hu-berlin.de/conferences/bobcatsss2008. Sie werden zu-dem im Verlag Bock + Herr-chen als Band drei der Reihe

»Beiträge zur Bibliotheks- und Informationswissenschaft« er-scheinen. Außerdem wurde dem Th ema gemäß zur Vorbereitung der Konferenz auf Open Source Software zurückgegriff en.

Dank der in die E-Learning-Plattform Moodle integrier-ten Kommunikationsfunktio-nen wie Wikis und Foren gelang es den Organisatoren, die außer-ordentliche Herausforderung der Kommunikation zwischen den neun kroatisch und deutsch besetzten Arbeitsgruppen zu bewältigen. Die Teilnehmer konnten über Moodle Dateien und Arbeitsergebnisse austau-schen. Wichtig war, dass alle Teilnehmer die Plattform regel-mäßig nutzten und sich an Dis-kussionen beteiligten, um eine demokratische Organisation zu ermöglichen.

Zur Konferenz-Programm-Organisation wurde das Open Source Programm Pentabarf ge-nutzt, das mit »Ruby on Rails« – einem in Ruby geschriebenen und quelloff enen Web-Frame-work – und speziell für die Kon-ferenzorganisation program-miert ist. Um das Tagungspro-gramm zu gestalten, wurden die eingereichten Kurzreferate in Pentabarf eingepfl egt. Dort konnten sie eingesehen und nach Relevanz zum Tagungs-thema bewertet werden.

Das Th ema des nächsten BOBCATSSS-Symposiums lautet »Challenges for the New Information Professional«, das einige Vertreter aus Portugal und Finnland während der drei Tage mit einem eigenen Stand und einem Powerpoint-Vortrag während der Schlussfeier präsen-tierten. Vom 28. bis 30. Januar 2009 werden sich dann in Porto wieder Studierende, Lehrende der Bibliotheks- und Informati-onswissenschaft sowie Vertreter der Bibliothekspraxis treff en, um anregende Diskussionen zu führen, sich auszutauschen und Kontakte zu knüpfen. Mehr Informationen hierzu unter: http://bobcatsss2009.org/.

Jessica Euler und Anastasia Schadt,

Studierende der HU Berlin und FH Potsdam

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Linz macht Leipzig und Frankfurt KonkurrenzDie internationale Buchmesse LITERA lädt nach Österreich ein

Wer auf der Frankfurter oder Leipziger Buchmesse war, dem ist der neongrüne Stand der LITERA vielleicht aufgefallen. Dort rührten die Österreicher nämlich schon kräftig die Werbetrommel, denn neben Leipzig und Frankfurt soll nun auch in der Stadt Linz ein großer internationaler Literaturevent etabliert werden. Vom 23. bis 27. April öffnet die LITERA zum ersten Mal1 ihre Pforten im Design Center Linz. Hauptver-anstalter ist die Linzer Kongress-gesellschaft.

Die LITERA wird als gemein-nütziges Projekt angekündigt, das sich die Literatur- und Le-seförderung sowie den Erhalt der Medienvielfalt auf die Fah-nen geschrieben hat. Erwirt-schaftete Überschüsse sollen in verschiedene Kultur- und Bildungsprojekte fl ießen. Die internationale Buchmesse Linz sieht sich als Buchmesse der Vielfalt, möchte sie doch für alle Genres und Informationsträger off en stehen. Laut Andrea Zöbl von der Linzer Kongressgesell-schaft ist die LITERA vor allem eine Publikumsmesse und soll ein Lesefest für alle Beteiligten werden. Die Schwerpunkte im Jahr 2008 liegen auf Autoren, Jugend und Osteuropa. Diese

Die LITERA in Kürze

Die LITERA wird vom 23. bis 27. April im Design Center Linz abgehalten. Die Eintritts-preise zur LITERA betragen für das Tagesticket 6 Euro (ermä-ßigt 4), für Fachbesucher ist auch eine über zwei Tage gül-tige Eintrittskarte zum Preis von 10 Euro erhältlich.ÖffnungszeitenMittwoch 9 – 19 UhrDonnerstag 9 – 19 UhrFreitag 9 – 24 Uhr

(ab 18 Uhr »Lange Nacht der LITERAtur«)

Samstag 9 – 19 UhrSonntag 9 – 16 UhrWeitere Informationen unter www.litera-linz.at ric

Im Design Center Linz wird die erste internationale Buchmesse Öster-reichs, die LITERA, stattfinden. Foto: Design Center Linz

1 Eigentlich hätte die Internatio-nale Buchmesse in Linz im Jahr 2007 das erste Mal stattfi nden sollen. Auf Bitten der Stadt Linz wurde der Start der LITERA je-doch um ein Jahr verschoben.

2 Die »Lange Nacht der LITERA-tur« am Freitag soll zusätzlicher Publikumsmagnet sein, die Messe ist zwischen 19 und 23 Uhr für alle kostenlos zugänglich.

3 Berthold Greif im Gespräch mit Conrad Lienhardt, www.linz09.info – business&culture

Th emen sollen rund 25 000 Be-sucher, hauptsächlich aus dem Ballungsraum Linz, aber auch aus dem übrigen Österreich und dem süddeutschen Raum an-locken. Es werden voraussicht-lich rund 230 Aussteller auf der LITERA vertreten sein.

Die Autorenförderung ist ein besonderes Anliegen der Mes-sebetreiber, sie möchten bisher unbekannten Schriftstellern die Chance bieten, mit Verlagen in Kontakt zu treten und ihre Werke einem breiten Publikum vorzustellen. Aber auch schon bekannte Größen wie Peter Turrini und Petri Tamminen werden sich und ihre Werke präsentieren. Für den Schwer-punkt Kinder- und Jugend sind spezielle Lesungen und Manga-Workshops geplant.

Die LITERA will sich als Literaturportal von und nach Osteuropa etablieren und hat zu diesem Zweck eine Vielzahl osteuropäischer Staaten dazu ermuntert, ihre Länder und deren Literatur und Kultur zu präsentieren. So entsendet zum Beispiel die Slowakei die Lyrikerin Mila Haugová (ins Deutsche übersetzt: »Sandat-las«, Edition Korresponden-zen).

Zeitgleich mit der LITERA fi ndet auch das erste Linzer LITERAturFestival statt. Das Programm verspricht eine große Anzahl verschiedener Lesungen, Vorträge, Diskussionen und Aktionen rund um das Th ema Literatur auf dem Messegelände und an verschiedenen Orten in der Stadt. Als weiteres Projekt der Literaturförderung werden auf der LITERA im Rahmen der »Langen Nacht der LITERA-tur«2 Literaturpreise in sieben Kategorien verliehen: Belletris-tik, Kinder- sowie Jugendlite-

ratur, Lyrik, Hörbuch-Gestal-tung, Wirtschaftsliteratur und ein »Preis für Demokratie und Freiheit« in der Presse.

Bleibt nun nur noch die Fra-ge off en, wie sich die LITERA am Markt etablieren kann. Die Linzer Buchmesse weist star-ke Parallelen zum Konzept der Leipziger Buchmesse auf. Diese beiden deutschsprachigen Mes-sen haben einen starken Fokus auf kleinere Verlage und möch-ten die Kontakte nach Osteur-opa fördern. Während Leipzig in diesem Jahr verstärkt auf die kroatische Literatur setzt,

haben die Linzer ein breiteres Spektrum, es werden Autoren aus Bulgarien, Ungarn, Lett-land, der Slowakei und anderen osteuropäischen Staaten er-wartet.

Auch das Rahmenprogramm in Linz und Leipzig ist recht ähnlich. Zudem fi nden die Buchmessen in den beiden Städ-ten sehr zeitnah statt. Die Lin-zer Kongressgesellschaft wählte diesen Termin für die LITERA unter anderem darum, weil der April ein veranstaltungsarmer Monat in Linz sei. Berthold Greif, Präsident der Linzer Kon-gressgesellschaft, meint zum Konkurrenzproblem: »Einen direkten Vergleich zu Frank-furt oder Leipzig soll man nicht herstellen. Das sind einfach verschiedene Dimensionen. LITERA ist überschaubar kon-zipiert, ist kleinräumiger als Frankfurt und Leipzig.«3

Die Linzer wollen ihre Buch-messe von nun an jedes Jahr ver-anstalten, jeweils in der Woche, in die der Welttag des Buches fällt. Spannend wird es dann noch mal im Herbst, da steigt auch Wien in den Messereigen ein. Die Wiener Buchwoche des österreichischen Buchhandels zieht vom Rathaus in die Messe Wien um und wird unter dem Label »BuchWien« fortan jähr-lich als Publikumsmesse mit internationalem Fachbesucher-bereich veranstaltet werden.

Susanne Richt

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Problemlösung vor Ort statt Warten auf die ZentraleRegionale Seminare fördern Selbstständigkeit türkischer Bibliothekare

In den vergangenen Jahren waren zwei Entwicklungen zu beobachten, die zu grund-legenden Veränderungen im türkischen öffentlichen Biblio-thekssystem1 führen werden. Diese sind der Prozess der Eingliederung der Türkei in die Europäische Union sowie die Übertragung der Öffentlichen Bibliotheken aus der Zustän-digkeit des Ministeriums an die regionalen Verwaltungen. Für die türkischen Bibliothekare an Öffentlichen Bibliotheken ist es wichtig, auf diese Veränderun-gen vorbereitet zu sein.2

Die Bewusstseinsveränderung, die durch die genannten Ent-wicklungen an Wichtigkeit gewonnen hat und bei den Bib-liothekaren vollzogen werden muss, können wir als Wandel »weg von einer Erwartungshal-tung gegenüber der Zentral-verwaltung« und »hin zu einer Problemlösung auf der Basis lokaler kreativer Projekte in Kooperation mit den NGO’s« beschreiben. Vor diesem Hin-tergrund wurden in den Jahren 2006 und 2007 in Zusammen-arbeit mit dem Ministerium für Kultur und Tourismus, dem Goethe-Institut und dem Ver-ein türkischer Bibliothekare regionale Fortbildungsseminare veranstaltet.

Es wurde geplant, mit diesen neun regionalen Seminaren die Öff entlichen Bibliotheken in allen Provinzen zu erreichen. Bei der Planung ging man von einer Teilnehmerzahl von circa 30 Bibliothekaren pro Seminar aus. An den Seminaren nahmen das Leitungspersonal der Bib-liotheken und ausgebildete Bib-liothekare teil. Außerdem wur-de zu den Seminaren von den Kultur- und Tourismus-Ämtern

und den Stadtverwaltungen der gastgebenden Provinzen je eine Person eingeladen. Darüber hi-naus nahm ein Beobachter der dem Ministerium für Kultur und Tourismus unterstehenden Generaldirektion für Biblio-theken und Veröff entlichungen teil. Den Inhalt des Seminars vertraten der Lehrbeauftragte des Fachbereichs für Informati-on und Dokumentation (Bilgi ve Belge Yönetimi Bölümü) an der Hacettepe-Universität, Prof. Bülent Yılmaz, und der Direktor der öff entlichen Atatürk-Biblio-thek in Izmir, Talat Aydilek.

Die Seminare wurden in den Städten Manisa, Gaziantep, Bartın, Antalya, Ankara, Trab-zon, Erzurum, Van und Istan-bul durchgeführt.

Behandelt wurden die Th e-men »Innovative Dienstleis-

und Verwaltungskräfte erreicht wurden. Das heißt, bei den de-zentralen Seminaren handelt es sich um die größte innerberufl i-che Fortbildungsveranstaltung, die in der Türkei für den öff ent-lichen Bibliotheksbereich bisher organisiert worden ist.

Positive Evaluation

Am Ende der Seminare wurde eine Evaluation durchgeführt. 92 Prozent der Teilnehmer be-stätigten, dass die behandelten Th emen für sie von großem Nutzen gewesen seien. Die Teilnehmer brachten zum Aus-druck, dass die Seminare ihren Horizont erweitert, ihr Selbst-vertrauen gestärkt, ihre Kennt-nisse vergrößert, ihnen neue Perspektiven verschaff t, ihre Motivation und ihre Stimmung verbessert, eine Atmosphäre von Kommunikation und Interakti-on geschaff en, sie ermutigt und den Wunsch, Projekte durchzu-führen, geweckt haben.

Als Kritik wurde vorgebracht, dass die Seminare zu kurz, zu in-tensiv und zu anstrengend und das Rahmenprogramm zu ge-ring seien. Die Teilnehmer for-derten Seminare zu den Th emen Informations- und Kommuni-kationstechniken, Digitalisie-rung, Kommunikation, Medi-ennutzung, Beschaff ung von Sponsoren, Gedankenfreiheit und Zensur.

Bei den Seminaren entwi-ckelten die Bibliothekare einige Beispiele für künftige kreative Dienstleistungen, wie zum Bei-spiel das Sammeln von Erinne-rungen älterer Menschen der Region, die Umwandlung des Bibliotheksgartens in einen Le-segarten oder die Veranstaltung von Fahrrad-Rallyes, bei denen die Gewinner Bücher geschenkt bekommen.

Infolge der Seminare hat un-ter den Bibliothekaren, die an den Seminaren teilnahmen, ein Kommunikationsprozess be-gonnen. Bei Gesprächen und Beobachtungen waren erste, wenn auch noch schwache An-zeichen für eine Verschiebung der »Erwartungshaltung gegen-über der Zentralverwaltung« zu-

gunsten einer »Problemlösung auf Basis lokaler kreativer Pro-jekte« festzustellen. Besonders für junge Bibliothekare, die erst neu ins Berufsleben eingetreten sind, hatte die Teilnahme an den Seminaren einen sehr positiven Einfl uss auf ihre Motivation.

Die Vorgeschichte der re-gionalen Seminare: Im Jahr 2005 fand mit Unterstützung des Goethe-Instituts eine Rei-se nach Deutschland statt, an der 15 Bibliothekare türkischer Öff entlicher Bibliotheken teil-nahmen. Ziel dieser Reise war, das deutsche öff entliche Biblio-thekssystem und seine Dienst-leitungen kennenzulernen. Bei den im Anschluss stattfi ndenden Evaluationsgesprächen wurde beschlossen, die neu erworbe-nen Kenntnisse und Erfahrun-gen auf regionalen Seminaren an die Bibliothekare der Öf-fentlichen Bibliotheken in der Türkei weiterzugeben. Außer-dem kam man überein, auch die Erfahrungen der Bibliothekare, die in den Jahren 2002 bis 2003 im Rahmen des PULMAN-XT-Projektes nach Finnland gereist waren, in diesen Seminaren wei-terzugeben.

Prof. Dr. Bülent Yılmaz, Ankara (Türkei) – Kontakt:

[email protected]

Besonders für junge Biblio-thekare, die erst neu ins

Berufsleben eingetreten sind, hatte die Teilnahme an den Seminaren einen positiven

Einfl uss auf ihre Motivation.

tungen in Öff entlichen Biblio-theken«, »Projektentwicklung« und »Öff entlichkeitsarbeit«. Die Seminare setzten sich aus PPT-Präsentationen, Vorführungen von Fotos und Filmen, Work-shops, Besuchen von Öff entli-chen Bibliotheken, Gesprächen mit Provinz-Gouverneuren und den Direktoren der Kultur- und Tourismus-Ämter und Evaluati-onsgesprächen der Teilnehmer zusammen.

Insgesamt haben 300 Bib-liothekare teilgenommen. Das bedeutet, dass circa 25 Prozent der an Öff entlichen Bibliothe-ken arbeitenden Bibliothekare

1 In der Türkei, die circa 71 Milli-onen Einwohner hat, gibt es ein zentrales öff entliches Bibliotheks-system, das dem Ministerium für Kultur und Tourismus unter-steht. In den 81 Provinzen gibt es 1 179 Öff entliche Bibliotheken, in denen 2 628 Personen arbei-ten. Davon sind wiederum 326 ausgebildete Bibliothekare. Die Bibliotheken verfügen über einen Bestand von knapp 13 Millionen Medien. Die Öff entlichen Biblio-theken wurden im Jahre 2006 von mehr als 21 Millionen Personen benutzt, die rund 4,5 Millionen Medien ausliehen; außerdem sind 60 mobile Bibliotheken im Ein-satz.

2 Übersetzung von Kathrin Neu-mann, Istanbul

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Nachrichten

400 000 Euro-Spende für neue Bücherei

Augsburg. Die Stadtsparkasse hat für den Neubau der Stadt-bücherei am Ernst-Reuter-Platz 400 000 Euro gespendet. Mit dem Geld soll eine Medienbib-liothek mit CDs, DVDs und Hörbüchern aufgebaut werden, die vor allem junge Leute an-spricht. Von der Spende sollen gerade auch Schüler profi tieren: Für sie ist ein Bereich »Schule & Lernen« vorgesehen, mit Litera-tur aus ganz unterschiedlichen Fachbereichen. Gleichzeitig ist geplant, das Angebot für Mig-ranten zu erweitern. Der Neu-bau soll Ende des Jahres fertig-gestellt werden.

Großer Ansturm auf Philologische Bibliothek

Berlin. Der Ansturm auf die neue Philologische Bibliothek der Freien Universität ist nach wie vor groß. Wegen nicht aus-reichender Arbeitsplatzkapa-zität musste der Zugang zur Bibliothek Mitte Februar sogar eingeschränkt werden. Vorrang beim Zutritt haben Mitglieder des Fachbereichs Philosophie und Geisteswissenschaften so-wie des zentralen Lateinameri-ka-Instituts.

Erläuterungen zum Urheberrecht

Berlin. Die Rechtskommission des Deutschen Bibliotheksver-bands (DBV) will in den nächs-ten Monaten bibliotheksrecht-liche Erläuterungen zum neuen Urheberrecht veröff entlichen. Dabei werden die einzelnen neuen Vorschriften des 2. Kor-bes von verschiedenen Experten behandelt. Bereits frei abrufbar ist eine Auslegung der Vorschrift zum Kopienversand von Armin Talke unter: www.bibliotheks-verband.de/ko-recht/dokumen-te/Aufsatz_53a_gekuerzt.pdf.

Günter Röttcher verstorben

Bonn. Der langjährige Direktor der Stadtbibliothek (1963 bis 1984), Dr. Günter Röttcher, ist am 19. Februar verstorben. Rött-cher war in Fachkreisen durch zahlreiche Veröff entlichungen und als Mitautor am noch heu-te in Überarbeitung benutzten grundlegenden Lehrbuch für die Assistentenausbildung »Basis-kenntnis Bibliothek« bekannt. Außerdem hat er maßgeblich an der Institutionalisierung des damaligen Berufs »Assistent an Bibliotheken« in Nordrhein-

Westfalen mitgewirkt. Darüber hinaus war Röttcher nebenamt-licher Dozent und Mitglied der Prüfungskommission sowohl am damaligen Bibliothekar-Lehrinstitut NRW als auch an der damaligen Bibliotheksschule des Borromäusvereins in Bonn.

Größtes Wörterbuch

Bremen. Das wohl größte Wörterbuch der Welt steht seit Februar in der Universitätsbib-liothek. Es umfasst 25 Bände à 2 000 Seiten, nachzuschlagen sind 50 400 Begriff e in 225

Sprachen. Zusammengetragen wurde das Ganze in 25 Jahren von dem bei Bremen lebenden Gregg Cox. Der US-Amerika-ner hat seine Unterlagen – dar-unter auch über 100 Jahre alte Bücher über Indianersprachen – nach Abschluss seiner Frei-zeittätigkeit komplett der UB gestiftet. Die Direktorin, Ma-ria Elisabeth Müller, versichert: »Die Wissenschaftler haben sig-nalisiert, dass die Cox’sche Bib-liothek wissenschaftlich inter-essante Anteile enthält.« Zuvor hatte die Stadtbibliothek, laut »Weser Kurier«, die Annahme der Sammlung abgelehnt.

Dilibri (www.dilibri.de) ist die di-gitalisierte Sammlung von lan-deskundlichen Werken zu Rhein-land-Pfalz sowie von Beständen aus rheinland-pfälzischen Bib-liotheken.

In einer von September bis Dezember 2007 dauernden Pi-lotphase wurde dilibri von der Universitätsbibliothek Trier und dem Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz in Zusammen-arbeit mit der semantics GmbH und der Walter Nagel GmbH & Co KG aufgebaut. Weitere rheinland-pfälzische Bibliothe-ken und Einrichtungen werden sich an dem Projekt beteiligen und ihre digitalisierten Bestände gemeinsam in diesem Portal prä-sentieren.

Für die Pilotphase wurden von beiden beteiligten Einrichtun-gen urherberrechtsfreie Werke verschiedener Publikationsfor-men und mit unterschiedlichen Schrifttypen ausgewählt: histo-rische Zeitschriften, Adressbü-cher, landeskundliche Monogra-fien, illustrierte Werke wie zum Beispiel Rheinalben des 19. Jahr-hunderts, Schulschriften et ce-tera.

Während der Pilotphase soll-te ein Workflow für bereits vor-liegende beziehungsweise selbst erstellte Scans entwickelt und Erfahrungen in der Nutzung der Software gesammelt werden. Die Erarbeitung eines Webauf-tritts mit gemeinsamer Ober-fläche für alle Teilnehmer war

ebenso Ziel wie die Nutzung von diversen Schnittstellen.

Nicht zuletzt sollten Erfahrun-gen in Bezug auf Personaleinsatz und Kosten (Hosting, Speiche-rung) gesammelt werden.

Die eingesetzte Software Vi-sual Library bietet im Backend eine automatisierte Qualitäts-kontrolle der Digitalisate, die automatisierte Generierung von Metadaten (OAI, METS, RSS), die automatisierte Einspielung der Digitalisate in die Webprä-sentation und die Generierung von URN für eine persistente Identifikation. Auch der Einsatz von OCR-Erkennung wurde in der Pilotphase getestet.

Die Webpräsentation ermög-licht die intuitive Navigation in-nerhalb eines Objektes und die Betrachtung der Digitalisate in verschiedenen Vergrößerungs-stufen. Die Nutzer haben die Möglichkeit der Volltext- und Metadatensuche im gesamten Bestand. Die Dateien stehen im PDF-Format zum Download zur Verfügung.

Damit ist der Startschuss für ein gemeinsames Digitalisie-rungsportal Rheinland-Pfalz und für die kontinuierliche Bereit-stellung von Digitalisaten rhein-land-pfälzischer Provenienz ge-fallen.

Barbara Koelges, Elmar Schackmann;

Landesbibliothekszentrum Koblenz

Dilibri: Digitalisierungsportal Rheinland-Pfalz

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Online-Portal Europeana

Frankfurt am Main. Die Web-site »Europeana« soll künftig den direkten Zugang zu mehre-ren Millionen digitaler Objekte aus Europas Bibliotheken, Mu-seen, Archiven und audiovisu-ellen Sammlungen über ein ein-ziges Portal bieten. Eine Demo-Website ist inzwischen in der Deutschen Nationalbibliothek vorgestellt worden. Dort wurde gezeigt, wie Benutzer anspruchs-volle Such- und Browsing-Werkzeuge nutzen können, um Gemälde, Fotografi en, Objekte, Bücher, Zeitungen, Archivali-en, Filme und Tonaufnahmen zu fi nden, die von europäischen Kulturinstitutionen digitalisiert wurden. Das Projekt European digital library network begann im Herbst 2007 mithilfe fi -nanzieller Unterstützung der Europäischen Kommission mit der Entwicklung der Europea-na. Das Nutzerverhalten in der Demo-Version der Europeana wird online beobachtet. Da-durch soll sichergestellt werden, dass der Prototyp, der im No-vember 2008 der Öff entlichkeit vorgestellt werden wird, alle Funktionalitäten bietet, die die Nutzer benötigen. Die Demo-Website ist unter www.europeana.eu zu fi nden.

RAK-NBM im Netz

Frankfurt am Main. Auf der Webseite der Deutschen Natio-nalbibliothek steht ab sofort eine elektronische Ausgabe der RAK-NBM RAK-NBM. Stand: Prin-tausg. 1996 u. Präzisierungen 2001 sowie Aktualis. 2004 u. 2006 kostenfrei zur Verfügung (http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:101-2007072733).

Weihnachten im April

Gerlingen. Die Stadtbücherei feiert ihren zehnten Geburtstag im neuen Gebäude. Die Fei-erlichkeiten beginnen Anfang April mit den Marketingkam-pagnen »www.ich-bin-dein.de« und »www.weihnachten-im-

april.de«, die auf den Beginn der Festwoche am 19. April hin-weisen. Am 20. April wird unter anderem der Gerlinger Stadt-bücherei-Imagefi lm der Öff ent-lichkeit präsentiert. Dieser Ima-gefi lm ist genauso wie das Ver-anstaltungskonzept ein Produkt aus der Zusammenarbeit mit einer Projektgruppe des Bache-lor-Studiengangs Bibliotheks- und Informationsmanagement der Hochschule der Medien in Stuttgart unter der Leitung von Prof. Wolfgang Ratzek.

Kostenfreie Recherche-Datenbank

Hamburg. Der »Spiegel« hat nach eigenen Angaben die größ-te kostenfreie Recherche-Da-tenbank im deutschsprachigen Internet gestartet. Unter www.wissen.spiegel.de gibt man wie bei Google ein Suchwort ein und erhält dann Informationen aus folgenden Quellen: Archiv des »Spiegel« bis zur Gründung 1947 zurück (mit Ausnahme der beiden aktuellen Ausgaben), alle

Inhalte von »Spiegel Online«, Einträge von Wikipedia sowie der Lexika und Wörterbücher von Bertelsmann, eine Video- und Bildermediathek.

»Lesestart« geht in die zweite Runde

Heidelberg. Die Initiative »Hei-delberg schenkt Kindern Zu-kunft« ist bereits im Februar in die zweite Runde gegangen. Nachdem im vergangenen Jahr 1 500 Familien, deren Kinder in der Heidelberger Universitäts-Frauenklinik geboren wurden, ein erstes Lesestart-Set erhalten hatten, können diese sich nun das Fortsetzungs-Set in der Stadtbücherei abholen. Darin fi nden sie weiterführende An-regungen. Zu den Sets gehören ein zweiter Vorleseratgeber mit neuen Tipps, ein Ravensburger Bilderbuch, eine Aufkleberserie und eine »Leselatte«, in der ne-ben der Größe des Kindes auch seine »Bilderbuch-Vorlieben« eingetragen werden können.

Zwist an UB Heidelberg

Heidelberg. Anfang April wech-selt der Fachmann für frühe Handschriften und alte Drucke Armin Schlechter an die Pfäl-zische Landesbibliothek nach Speyer. Schlechter war zuvor zehn Jahre lang Leiter der be-rühmten Handschriftenabtei-lung der Universitätsbibliothek Heidelberg. In der Fachwelt und in der Stadt selbst hat Schlech-ters Kündigung Überraschung und Verwunderung ausgelöst. Laut einem Bericht der »Stutt-garter Zeitung« vom 23. Feb-ruar ist ein seit Längerem an-dauernder Zwist zwischen dem Leiter der Heidelberger UB, Veit Probst, und Armin Schlechter der Grund für den Stellenwech-sel. Die Zeitung schreibt: »Beide, so hört man im Umfeld der UB, hätten sich noch nie besonders gemocht. Mit der wachsenden Bekanntheit des Handschriften-experten Schlechter sei es nicht besser geworden.« Ein anony-mer Kenner wird zitiert: »Probst

Nachrichten

Die Stadtbibliothek Verden (Foto) erhält den Bibliotheks-preis 2008 der VGH-Stiftung. Der Preis ist mit 10 000 Euro do-tiert und wird alle zwei Jahre von der VGH-Stiftung und dem Lan-desverband Niedersachsen im Deutschen Bibliotheksverband e.V. gemeinsam ausgelobt. Der Bibliothekspreis der VGH-Stif-tung würdigt Einrichtungen, die vorbildliche und innovative Ar-beit leisten, in diesem Jahr wird er zum fünften Mal vergeben. Die Jury ehrt mit der Verleihung des Bibliothekspreises das über-zeugende Gesamtkonzept der Stadtbibliothek Verden, das sich durch ausgeprägte Kundenori-entierung, zukunftsorientierte Partnerschaften sowie zielge-richtete Medien- und Öffent-lichkeitsarbeit auszeichne. Mit

ihrem Engagement habe sich die Stadtbibliothek Verden zu einem wichtigen Lern-, Begeg-nungs- und Veranstaltungsort in der Stadt entwickelt.

Mit dem »Preis für Kleine Bibliotheken« wird die Büche-rei Elbmarsch in Marschacht ausgezeichnet. Gewürdigt wird damit das große Engagement in allen bibliothekarischen Ar-beitsfeldern, die stete Leis-tungsentwicklung und die posi-tive Verbindung von Schul- und Gemeindebücherei. Der Preis ist mit 5 000 Euro dotiert. Die Katholisch-Öffentliche Büche-rei Haselünne erhält einen mit 3 000 Euro dotierten Sonder-preis. Diese Auszeichnung gilt dem besonderen ehrenamtli-chen Engagement der Bücherei.

Foto:Helge Krückeberg

Stadtbibliothek Verden erhält Preis der VGH-Stiftung

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kann es eben nicht gut ertragen, dass Schlechter öfter in den Me-dien vorkommt als er selbst.« In einem off enen Brief an den Rek-tor der Heidelberger Universität hatten zuvor 30 Fachleute und Mitarbeiter großer Bibliotheken zwischen Stuttgart, Wolfenbüt-tel und Princeton (USA) gegen die bereits Ende 2007 erfolgte Abberufung Schlechters als Lei-ter der Handschriftenabteilung protestiert.

Monika Münnich verstorben

Heidelberg. Am 22. Januar ist Monika Münnich verstorben. Münnich war bis zu ihrem Ru-hestand vor einigen Jahren und auch darüber hinaus eine enga-gierte Bibliothekarin. Bis Juni 2004 war sie ein aktives Mit-glied der Expertengruppe For-malerschließung des Standardi-sierungsausschusses und zuvor Vorsitzende des Vorgängergre-miums, der Expertengruppe RAK der Kommission des DBI für Erschließung und Kata-logmanagement. Schon früh erkannte sie die Vorteile einer Internationalisierung deutscher Regelwerke. Münnich war eine der Personen, die die Überset-zung der AACR2 ins Deutsche initiierten und durchführten. Auch nach ihrer Pensionierung arbeitete sie aktiv für das Bib-liothekswesen, insbesondere auf internationaler Ebene, bei der IFLA Cataloguing Section. Darüber hinaus war Münnich langjähriges Mitglied der dama-ligen Kommission Neue Tech-nologien des VdDB (Verein der Diplom-Bibliothekare an wis-senschaftlichen Bibliotheken).

SLA-Award 2007

Karlsruhe. Der Geschäftsführer der Online Consultants Inter-national GmbH, Michael Fan-ning, hat den SLA-Award 2007 der Special Libraries Association (SLA) erhalten. Der Preis wurde dem deutschen Informationsex-perten für sein herausragendes Konzept für eine Mitglieder-

werbekampagne für die interna-tionale Einrichtung in Deutsch-land (»Impulse for Growth!«) zuerkannt.

Weiterbildungs-Master

Köln. Ab dem Sommersemes-ter 2009 wird vom Institut fuer Informationswissenschaft der Fachhochschule ein neuer berufsbegleitender Weiterbil-dungs-Masterstudiengang Bib-liotheks- und Informationswis-senschaft angeboten. Der vier-semestrige, bologna-konforme MA-Studiengang wird folgende Charakteristika haben: berufs-begleitend mit 14 Präsenztagen in Köln im 1. und 2. Semester; komplementär E-Learning-basierte Fernstudieneinheiten; projektorientiertes Studium im 3. und 4. Studiensemester; 50 Prozent der Lehrenden werden aus der einschlägigen berufl i-chen Praxis kommen. Bewer-bungsschluss für den ersten Studienjahrgang ist der 30. Juni 2008. Weitere Informationen unter: www.fbi.fh-koeln.de/studium/wbma/wbma.htm.

Mailingliste für Spezialbibliotheken

Marburg. Ab sofort gibt es auch eine Mailingliste für Spezial-bibliotheken. Der fachliche Austausch umfasst Fragen und Antworten, Stellenangebote, Fundstücke und Ähnliches. Die Subskribierung der Liste »ASpB-Spezialbibliotheken« ist möglich unter www.listserv.dfn.de/cgi-bin/wa?SUBED1=aspb-spezialbibliotheken-l&A=1.

Propädeutik in der Schulbibliothek

München. Das Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungs-forschung (ISB) hat eine Bro-schüre herausgegeben, in der ein Kapitel dem »Lernort Bib-liothek« (Seite 117 ff .) gewidmet ist. Darin werden Bedeutung, Funktion und Aufgaben der Schulbibliothek im Rahmen der

Nachrichten

wissenschaftspropädeutischen Seminare in der gymnasialen Oberstufe beschrieben. Down-load unter www.gymnasiale-oberstufe-bayern.de/index.php?Seite=2547&.

Kinderkrippe in der Staatsbibliothek

München. Nach einem knap-pen Jahr Vorbereitungszeit ist die hauseigene Kinderkrippe der Bayerischen Staatsbibliothek offi ziell eröff net worden. Nach und nach wurden bereits seit Ende 2007 Kinder im Alter von acht Wochen bis zu drei Jahren in der Krippe aufgenommen, um ihre Betreuer kennenzulernen. Seit März teilen sich in den 120 Quadratmeter großen Räum-lichkeiten mit angrenzendem Gärtchen insgesamt 22 Kinder 18 Betreuungsplätze. Der Ge-neraldirektor der Bayerischen Staatsbibliothek, Rolf Griebel, unterstützt das Vorhaben nach-drücklich. »In erster Linie rich-

tet sich das Betreuungsangebot an die Kinder von Mitarbeitern. Freibleibende Plätze werden ger-ne an ›befreundete Institutio-nen‹ sowie Münchener Familien vergeben«, so Griebel.

Bachelor-Studiengänge erfolgreich gestartet

Potsdam. Die drei Bachelor-Studiengänge am Fachbereich Informationswissenschaften der Fachhochschule – Archival Stu-dies, Bibliotheksmanagement, Information Studies – haben ihre Probezeit bestanden. Die 95 Studierenden gaben den Stu-diengängen nach dem ersten Se-mester gute Noten. Als äußerst positiv am Studium in Potsdam wurden der persönliche Kontakt zu den Lehrenden sowie der Ein-satz von begleitendem E-Lear-ning empfunden, während der bauliche Zustand des Gebäu-dekomplexes am Alten Markt deutlich in der Kritik stand. Zum Anfang des Studiums im

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Vor eineinhalb Jahren brachte der Bremer Schünemann-Verlag das Buch »So leben und glau-ben wir in Deutschland« auf den Markt. Nachdem die Autoren Lilo Almstadt und Heinz Meyer damit in heimischen Gefilden für Furore sorgten, sind sie seit dem vergangenen Jahr hauptsächlich in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-West-falen mit ihrer Multimediashow zum Buch unterwegs. Ihre Ziel-gruppe: Kinder.

Im Gegensatz zu anderen Autoren benötigen die Bremer kein Hotel, sondern verbringen die Nächte in ihrem Wohnmo-bil. Es sei zwar ein wenig eng, doch das stört die beiden über-haupt nicht. »Ich schlafe neben der Leinwand«, meint Lilo Alm-stadt mit einem Lachen: »Denn wir bringen das gesamte Equip-ment mit.«

Die überaus positiven Reakti-onen der Mädchen und Jungen zeigen dem dynamischen Auto-renduo, dass das auf die junge Zielgruppe abgestimmte Kon-zept richtig ist.

In ihren Veranstaltungen gehen sie zunächst gemein-sam der Frage nach, was Men-schen benötigen, um ihre Ge-schichten überhaupt aufschrei-ben zu können. Danach folgt die Vorstellung der Familien, die im Buch »So leben und glau-ben wir in Deutschland« vor-kommen.

Das Beste aber sei das Quiz, bei dem es regelmäßig Süßig-keiten zu gewinnen gibt und bei dem kein Kind leer aus-geht, wissen Lilo Almstadt und Heinz Meyer. Abgerundet wird die Bremer Show durch ein Ge-spräch mit den Kindern. Heinz Meyer: »Sie dürfen sich mit ein-bringen.«

In diesem Jahr sind unter an-derem eine Lesereise auf Einla-dung mit der niedersächsischen Bibliothekszentrale, Lesungen im Rahmen der schleswig-hol-steinischen Jugendbuchwo-che und erstmals ein Einsatz im Raum Stuttgart geplant. – Kon-takt: Telefon 04 21/3 96 57 39; E-Mail [email protected].

Ulf Buschmann

Lesereise

Mit dem Wohnmobil von Bibliothek zu Bibliothek

Auf Achse in Sachen Völkerver-ständigung: das Bremer Auto-renpaar Lilo Almstadt und Heinz Meyer in ihrem Wohnmobil

Foto: mk vegesack

Oktober 2007 hatte es noch Un-klarheiten über die Berufsbilder gegeben, die sich hinter den Studienangeboten im Fach-bereich Informationswissen-schaften verbergen. Jetzt wurde bestätigt, dass das interdiszipli-näre Konzept der gemeinsamen Studien für Archivare, Biblio-thekare und Dokumentare eine gute Wahl sei. Manche Studen-ten wünschten sich sogar noch mehr Flexibilisierung.

Wechsel an der Spitze

Potsdam. An der Spitze des Fachbereichs Informationswis-senschaften der Fachhochschu-le gibt es zum Sommersemester einen Wechsel: Neuer Dekan wird Professor Dr. Hans-Chris-toph Hobohm, neuer Prodekan Professor Dr. Hartwig Walberg.

Gutes Geschäft mit Schulbibliotheken

Reutlingen. In Baden-Württem-berg entstehen – wie in anderen Bundesländern auch – wei-tere neue Schulbibliotheken. Mehrere davon hat die ekz.bibliotheksservice GmbH mit Mobiliar und Grundbestand ausgestattet, so zum Beispiel die Bibliothek der Grund-, Haupt- und Werkrealschule in Balin-gen-Frommern, die Bibliothek des Bildungszentrums Nord in Reutlingen-Rommelsbach, die Freie Evangelische Schule Reut-lingen, die Grundschule Mittel-berg in Biberach und die Medio-thek im Pestalozzi-Gymnasium Biberach. Aber nicht nur im In-land, auch im Ausland herrscht Interesse an deutscher Biblio-thekstechnik und deutschem Know-how. Zuletzt besuchten Vertreter der Deutschen Schule Shanghai die ekz und wählten dort den Grundbestand für die hauseigene Bibliothek aus. Un-terdessen hat die ekz auch die Rundumerneuerung ihrer Web-site abgeschlossen: Unter der bisherigen Adresse www.ekz.de präsentiert das Unternehmen seine Informationen nun in neu-em Design.

Bibliotheksfi lm

Salzgitter. Flickr und Youtube gehören im Internet zu den am meisten aufgerufenen Seiten weltweit. Die Stadtbibliothek Salzgitter greift verstärkt auf diese Möglichkeiten zu, die das World Wide Web bietet, um ihre Serviceleistungen publik zu machen. Nachdem über die Ho-

mepage der Bibliothek via fl ickr.com auf fast 200 Fotos zugegrif-fen werden kann, die die Akti-vitäten und Veranstaltungen dokumentieren, steht ab sofort über youtube.com beziehungs-weise über die Homepage der Bibliothek der neu entstandene offi zielle Bibliotheksfi lm zur Verfügung, der von Paul Hein-richs und Marco Gudat produ-

ziert wurde. Das Team ist auch für seine Filmbeiträge für TV 38 (Pauls Kunstsplitter) bekannt. Dieser in Niedersachsen bisher einzige Film über eine Stadtbib-liothek bietet einen sehenswer-ten Eindruck über Architektur, Angebote, Veranstaltungen und Arbeit in den drei Bibliotheken Salzgitters. Die Homepage der Stadtbibliothek Salzgitter: www.salzgitter.de/rathaus/fachdienstuebersicht/stadtbibliothek/index.php.

Absolventenumfrage

Stuttgart. Die Hochschule der Medien startet eine Umfrage unter Ehemaligen. Zur Betei-ligung aufgerufen sind sämt-liche Ehemaligen-Jahrgänge bis einschließlich 2007. Dazu zählen auch die Absolventen der HdM-Vorgängereinrichtungen: die Fachhochschule für Druck (FHD), die Fachhochschule für Bibliothekswesen (FHB), die Hochschule für Druck und Medien (HDM) und die Hoch-schule für Bibliotheks- und In-formationswesen (HBI). Die Er-gebnisse werden voraussichtlich im April 2008 auf der Websei-te der Hochschule veröff ent-licht. Die Studie wird über das Alumni-Portal der HdM (www.hdm-stuttgart.de/alumni) abge-wickelt. Die Teilnahme erfolgt anonym, ohne Verbindung zum Teilnehmenden oder seinem Nutzerkonto im Portal.

Alles übers Symposium

Zadar (Kroatien). Die Procee-dings des 16. BOBCATSSS Symposiums, das vom 28. bis zum 30. Januar unter dem Mot-to »Providing Access to Infor-mation for Everyone« im kroati-schen Zadar stattfand, sind auf dem edoc-Server der Humboldt-Universität Berlin unter http://edoc.hu-berlin.de/conferences/bobcatsss2008 frei zugänglich. Die gedruckte Ausgabe ist als Band 3 der Reihe »Beiträge zur Bibliotheks- und Informations-wissenschaft« im Verlag Bock + Herchen erschienen.

Nachrichten

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Mit dem Dieter Baacke-Preis zeichnet die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kom-munikationskultur (GMK) ge-meinsam mit dem Bundesmi-nisterium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bundesweit beispielhafte Projekte aus, die in der Bildungs-, Sozial- und Kul-turarbeit entstanden sind. Be-werben können sich Institutio-nen, Initiativen oder Einzelper-sonen, die innovative, originelle oder mutige Projekte zur För-derung einer pädagogisch ori-entierten Medienkompetenz durchführen. Das kann bei-spielsweise ein kreatives Inter-netprojekt in der Jugendarbeit sein, ein Kinderradioprojekt, ein Film- und Fernsehworkshop für Familien oder ein außerge-wöhnliches multimediales Foto-projekt. Im Zentrum der Preis-

vergabe steht nicht allein das Produkt, sondern auch der me-dienpädagogische Prozess.

Die Ausschreibung richtet sich an Projekte außerschuli-scher Träger (zum Beispiel Ju-gendzentren, Kindergärten, Medienzentren und Medienini-tiativen) und Kooperationspro-jekte zwischen schulischen und außerschulischen Trägern. Das Projekt sollte entweder im Jahr 2007 oder bis zum 31. August 2008 abgeschlossen sein. Die Preisträger erhalten eine Zu-wendung für ihre medienpäd-agogische Arbeit in Höhe von: 3 000 Euro (1. Preis); 1 500 Euro (2. Preis); 500 Euro (3. Preis). Be-werbungsschluss ist der 31. Au-gust. Information und Anmel-dung unter: www.gmk-net.de/wettbewerb/dieter_baacke_preis.php.

Herausragende medienpädagogische Projekte gesucht

Termine

Fortbildung

April

Was für ein Service! Der Weg zu Auskunfts-standards in Ihrer Bibliothek21. April – Münchner Stadt-bibliothek, Rosenheimer Str. 5, · BuB 2/2008

Studienfahrt nach Flensburg23. April – Abfahrt ab S-Bahn-hof Bahrenfeld · BuB 2/2008

Alles Online – oder was?24. April – Stadtbücherei Würzburg · BuB 2/2008

Wie sag’ ich es meinen Kun-den?: Das Auskunftsinterview23. – 24. April – Universi-tätsbibliothek Johann Chris-tian Senckenberg, Frankfurt (Main) · BuB 2/2008

Einführung der kommunalen Doppik in Öffentlichen Bibliotheken28. April – Büchereizentra-le Niedersachsen, Lüneburg · BuB 2/2008

Mai

Besichtigung Leibniz-Institut für Katalyse e.V. und der Bib-liothek, anschließend Stamm-tisch im »Klock 8«, Rostock 4. Mai – Leibnitz-Institut für Katalyse e.V., A.-Einstein-Str. 29a, Rostock · BuB 3/2008

Braunschweig-Exkursion mit Besuch des Georg-Eckert-Institut für Internationale Schulbuchforschung und der Stadtbibliothek6. Mai – Georg-Eckert-Institut für Internationale Schulbuch-forschung · BuB 3/2008

Steuerrechtliche Fragen in der Medienbearbeitung7. Mai – Universitätsbiblio-thek Johann Christian Sen-

ckenberg, Frankfurt (Main) · BuB 3/2008

HABIT: Ein Bibliotheks-Trai-ningsprogramm für Klasse 107. Mai – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Hannover · BuB 3/2008

Workshop für die EDV-MitarbeiterInnen der wissenschaftlichen Bibliotheken in Thüringen7. Mai – Thüringer Univer-sitäts- und Landesbibliothek Jena · BuB 3/2008

»2. Runder Tisch« zum Thema KooperationsvereinbarungenBibliothek und Schule als Bildungspartner7. Mai – Büchereizentrale Schleswig-Holstein, Rends-burg · BuB 3/2008

Vorlesen und Erzählen! Oder »Wie fessle ich meine Zuhörer« – Workshop7. Mai – Beratungsstelle für Öffentliche Bibliotheken Süd-niedersachsen, Hildesheim · BuB 3/2008

Vorlesen und Erzählen! Oder »Wie fessle ich meine Zuhörer« – Workshop8. Mai – Büchereizentrale Niedersachsen in Lüneburg · BuB 3/2008

Hier gibt’s was auf die Ohren: Hörbücher für Erwachsene14. Mai – Büchereizentrale Schleswig-Holstein, Rends-burg · BuB 3/2008

Freie Informationsquellen im Internet21. Mai – Büchereizentrale Niedersachsen in Lüneburg · BuB 3/2008

Das Projekt »Vorlesen in Familien« des Zentrums für Literatur, Wetzlar22. Mai – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Hannover · BuB 3/2008

Google IEffiziente Suche im Internet22. Mai – Büchereizentrale Schleswig-Holstein, Rends-burg · BuB 3/2008

Fortbildungsexkursion 2008 – Thüringen-Rundfahrt Jena/Erfurt/Weimar22. – 25. Mai – Magdeburg / Halle · BuB 3/2008

Arbeitskreis Fahrbibliotheken23. Mai – Stadt- und Landesbibliothek Potsdam · BuB 3/2008

Wer nicht lesen will – darf hören!: Hörbücher für Erwachsene26. Mai – Bibliothek am Meer Bad Zwischenahn · BuB 3/2008

Podcast, Wiki, Blog & Co: Wie Bibliotheken neue Trends im Internet für sich nutzen können26. Mai – Landesfachstelle München · BuB 3/2008

Mit allen Sinnen. Konzepte und Erfahrungen zur Literacy-Erziehung zwischen 0 und 4 Jahren (Vortrag)27. Mai – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Hannover · BuB 3/2008

Wer nicht lesen will – darf hören: Hörbücher für Erwachsene27. Mai – Büchereizentrale Niedersachsen · BuB 3/2008

Der Weg ist das Ziel: Wie man Ziele formuliert, Kenn-zahlen entwickelt und diese auch kontrolliert28. Mai – Landesbibliothek Wiesbaden · BuB 3/2008

BIBLIOTHECA2000-Anwendertreffen28. Mai – Landesfachstelle für Öffentliche Bibliotheken, Erfurt · BuB 3/2008

Was ist eine Klassen-führung?: Workshop zu Qualitätsstandards von Klassenführungen28. Mai – Büchereizentrale Schleswig-Holstein, Rends-burg · BuB 3/2008

Wer nicht lesen will – darf hören!: Hörbücher für Erwachsene

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Der Arbeitskreis für Jugendlite-ratur e.V. (AKJ) bietet zwei Se-minare an, die auch für Biblio-thekare von Interesse sind:1. Wohin sich die Kinderlitera-

tur in der Medienlandschaft verändert

Die Medienlandschaft und da-mit das Umfeld der Kinder- und Jugendliteratur wandelt sich mit zunehmender Geschwindigkeit. Die Rolle des Buchs muss neu definiert werden. Kinder erwer-ben Medienkompetenz auf mo-derne Weise, und es stellt sich die Frage: Zählt Lesekompetenz als grundlegende Kulturtechnik überhaupt noch? Wie werden Bücher inhaltlich dem neuen Anspruch gerecht? Wen wollen und sollen sie erreichen? Und wie? – Unter dem Titel »Alles ist möglich?« möchte die Tagung vom 30 Mai bis zum 1. Juni in Freising die vielfältigen media-len und kinderliterarischen Ver-änderungen skizzieren und aus ihnen konkrete Folgen für die Arbeit in der Praxis ableiten. Die Teilnahmegebühr beträgt 200 Euro (inklusive Unterbringung im Doppelzimmer und Verpfle-gung) beziehungsweise 210 Euro (im Einzelzimmer).2. Eintägige Praxisseminare zu

den nominierten Büchern des Deutschen Jugendlitera-turpreises 2008

Der Deutsche Jugendliteratur-preis prämiert jährlich heraus-ragende Werke der Kinder- und Jugendliteratur. Seit über 50 Jahren ist der einzige deutsche Staatspreis für Literatur ein ver-lässliches Gütesiegel für hohe li-terarische Qualität, aber auch Orientierungshilfe auf dem mit-tlerweile fast unüberschaubaren Kinder- und Jugendbuchmarkt. In eintägigen Praxisseminaren unter dem Titel »Ausgezeich-net!« können Teilnehmer krea-tive Vermittlungsmethoden zu den nominierten Büchern des Deutschen Jugendliteraturprei-ses 2008 für ihren Berufsalltag kennenlernen und erproben. Die Seminare bieten morgens und nachmittags Workshops zu den Sparten Bilderbuch, Kinder-buch und Jugendbuch an. Die Idee des neuen Seminarange-botes ist es, praxisorientierte Konzepte zu den ausgezeichne-ten Büchern auf kompakte Art und Weise in verschiedene Re-gionen Deutschlands zu brin-gen. So finden Tagesseminare am 6. Juni in Berlin, am 11. Juni in Dortmund und am 25. Juni in Stuttgart statt. Die Teilnahme-gebühr beträgt 68 Euro (inklu-sive Verpflegung).

Programm und Anmeldung jeweils unter: www.jugendliteratur.org.

Seminare zur Kinder- und Jugendliteratur

28. Mai – Beratungsstelle für Öffentliche Bibliotheken Süd-niedersachsen, Hildesheim · BuB 3/2008

Leseförderung von Anfang an – Spielerischer Lesespaß für Kinder zwischen 0 und 4 Jahren29. Mai – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Hannover · BuB 3/2008

Weblogs, Wikis und RSS: Überblick, Nutzung und Erstellung29. – 30. Mai – Landesbib-liothekszentrum Rheinland-Pfalz/Pfälzische Landesbiblio-thek Speyer · BuB 3/2008

Leseförderung von Anfang an – Spielerischer Lesespaß für Kinder zwischen 0 und 4 Jahren30. Mai – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Hannover · BuB 3/2008

Juni

Buchstabensuppe: Feine Re-zepte zur Leseförderung – von Bibliotheken für Kindergärten2. Juni – Landesfachstelle, Au-ßenstelle WürzburgVeranstalter: Landesfachstelle für das öffentliche Bibliotheks-wesen, Außenstelle WürzburgReferentin: Sita Freihold, Bre-menGebühr: 20 EuroAnmeldung: Stephan Nie-meyer, Landesfachstelle, Au-ßenstelle Würzburg, Telefon: 09 31/30 46 91-4, [email protected]

Buchstabensuppe: Feine Re-zepte zur Leseförderung – von Bibliotheken für Kindergärten3. Juni – Landesfachstelle MünchenVeranstalter: Landesfachstelle für das öffentliche Bibliotheks-wesen, MünchenReferentin: Sita Freihold, BremenGebühr: 20 EuroAnmeldung: Ulrich Gäßlein, Landesfachstelle München,

Telefon: 089/286 38-28 73, [email protected]

Leselust durch neuen Lesestoff (Klassen 10–13)Zielgruppe: Lehrkräfte der Klassen 10 bis 133. Juni – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, HannoverVeranstalter: Akademie für Leseförderung der Stiftung Lesen, Hannover

Referent: Dr. Andreas Müller, Akademie für LeseförderungAnmeldung: (bis 19. Mai) Dr. Andreas Müller, www.akademiefuerlesefoerderung.de, [email protected], Telefon: 05 11/12 6 7-215

Buchstabensuppe: Feine Re-zepte zur Leseförderung – von Bibliotheken für Kindergärten4. Juni – Landesfachstelle, Außenstelle RegensburgVeranstalter: Landesfachstelle

für das öffentliche Bibliotheks-wesen, Außenstelle Regens-burgReferentin: Sita Freihold, BremenGebühr: 20 EuroAnmeldung: Ingrid Schnei-der, Landesfachstelle, Au-ßenstelle Regensburg, Tele-fon: 09 41/5 95 63-67, [email protected]

Allegro-C (ÖB)-Anwender-treffen – Workshop4. Juni – Landesfachstelle für Öffentliche Bibliotheken, ErfurtVeranstalter: Landesfachstelle für Öffentliche Bibliotheken in Thüringen, ErfurtReferent: Herr Hartmann, Büchereizentrale LüneburgAnmeldung: (bis 5. Mai) Lan-desfachstelle für Öffentliche Bibliotheken in Thüringen, Schillerstr. 40, 99096 Erfurt, Christina Kummer-Bolz, Telefon: 03 61/26 28 93 73, E-Mail: kummerbolz@lf erfurt.de

Buchstabensuppe: Feine Re-zepte zur Leseförderung – von Bibliotheken für Kindergärten5. Juni – Landesfachstelle, Außenstelle NürnbergVeranstalter: Landesfachstelle für das öffentliche Bibliotheks-wesen, Außenstelle NürnbergReferentin: Sita Freihold, BremenGebühr: 20 EuroAnmeldung: Norbert Hellin-ger, Landesfachstelle, Außenstelle Nürnberg, Telefon: 09 11/9 28 92-13, [email protected]

Web 2.0Jeder spricht von Web 2.0. Was ist das? Welche Bedeu-tung hat das Web 2.0 für Bibliotheken?9. Juni – Münchner Stadtbib-liothekVeranstalter: BIB Landesgrup-pe BayernReferent: Karl Dietz, Dipl.-Do-kumentar, Schwäbisch GmündGebühr: BIB-Mitglieder 40 Euro, Nichtmitglieder 90 EuroAnmeldung: (bis 26. Mai) Anette Hagenau, Stadt-

Termine

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Im Wintersemester 2008/2009 werden erneut Studierende zum Master-Studiengang »Infor-mations- und Wissensmanage-ment« mit dem Abschluss Mas-ter of Arts zugelassen. Der Wei-terbildungsstudiengang um-fasst fünf Semester und ist be-rufsbegleitend als Teilzeitpro-gramm mit Präsenzphasen und E-Learning organisiert. Am 19. April lädt die Fakultät III – Me-dien, Information und Design zu einem Informationstag von 10 bis 15 Uhr an die Fachhoch-schule Hannover auf der Expo

Plaza ein. Vorträge zum Wis-sensmanagement und Work-shops zu den Studieninhalten vermitteln einen Eindruck von Inhalt, Konzeption und Ausrich-tung des Studienprogramms. Des Weiteren können sich Stu-dieninteressierte zu Studienvor-aussetzungen, Studienablauf und -inhalten von Dozenten und den Master-Studierenden des ersten Jahrgangs beraten lassen. Weitere Informationen gibt es unter www.fakultaet3.fh-hannover.de/de/studium/master/MIWM.

Informationstag zum Master-Studiengang »Infor-mations- und Wissensmanagement« in Hannover

bücherei Traunstein, Hay-wards-Heath-Weg 1, 83278 Traunstein, [email protected] Information: www.bib-info.de/fobi/reg_fobi.htm

Neue Leserezepte – Aktivie-rende Methoden für die Praxis9. Juni – Büchereizentrale Nie-dersachsen in LüneburgVeranstalter: Büchereizentrale Niedersachsen in LüneburgReferentin: Dr. Gudrun Sul-zenbacherAnmeldung: (bis 19. Mai) Bü-chereizentrale Niedersachsen, Lüner Weg 20, 21337 Lüneburg, Telefon: 0 41 31/95 01-0, E-Mail: [email protected], www.bz-niedersachsen.de

Neue Leserezepte – Aktivie-rende Methoden für die Praxis10. Juni – Beratungsstelle für Öffentliche Bibliotheken Süd-niedersachsen, HildesheimVeranstalter: Beratungsstel-le für Öffentliche Bibliotheken Südniedersachsen, HildesheimReferentin: Dr. Gudrun Sul-zenbacherAnmeldung: (bis 19. Mai) Be-ratungsstelle für Öffentliche Bibliotheken Südniedersach-sen, Richthofenstr. 29, 311 37 Hildesheim, Telefon: 0 51 21/708-313, E-Mail: [email protected], www.bz-niedersachsen.de

Neue Leserezepte – Aktivie-rende Methoden für die Praxis11. Juni – Stadtbibliothek LeerVeranstalter: Beratungsstel-le für Öffentliche Bibliotheken Weser-EmsReferentin: Dr. Gudrun Sul-zenbacherAnmeldung: (bis 19. Mai) Beratungsstelle für Öffentli-che Bibliotheken Weser-Ems, Esenser Str. 26, 26603 Aurich, Telefon: 0 49 41/9 73 79-30, E-Mail: [email protected], www.bz-niedersachsen.de

Lese-Rezepte IIZielgruppe: Mitarbeiter/innen

an Öffentlichen Bibliotheken und Schulbibliotheken12. Juni – Büchereizentrale Schleswig-Holstein, Rends-burgVeranstalter: Büchereizen-trale Schleswig-Holstein, RendsburgReferentin: Dr. Gudrun Sulzenbacher, Autorin und freie Mitarbeiterin des Pädagogischen Instituts Bozen (Südtirol)Gebühr: 35 EuroAnmeldung: (bis 22. Mai) Bü-chereizentrale Schleswig-Hol-stein, Margret Much, Wran-gelstr. 1, 247 68 Rendsburg, Telefon: 0 43 31/12 54 53, E-Mail: [email protected]

Lesescouts – Schüler motivie-ren andere Schüler zum LesenZielgruppe: Beschäftigte in weiterführenden Schulen und Öffentlichen Bibliotheken12. Juni – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, HannoverVeranstalter: Akademie für Leseförderung der Stiftung Lesen, HannoverReferentin: Sarah Rickers, Mitarbeiterin der Stiftung LesenAnmeldung: (bis 28. Mai) www.akademiefuerlesefoerderung.de, Anke Märk-Bür-mann, [email protected], Telefon: 05 11/12 67-215

Vorleseseminar: Lebendig und nachhaltig vorlesen16. Juni – Stadtbücherei Groß-GerauVeranstalter: Hessische Fach-

stelle für Öffentliche Biblio-theken Referent: Rainer Rudloff, In-stitut für lebendige Sprache, LübeckAnmeldung: Hessische Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken bei der Landes-bibliothek Wiesbaden, Rhein-str. 55-57, 65185 Wiesbaden, Telefon 06 11/334-269 0

5. Wetzlarer Bibliothekstag16. Juni – Zentrum für Literatur, WetzlarInformation: Zentrum für Literatur, Turmstraße 20, 35578 Wetzlar, Telefon: 0 64 41/400 1-40, [email protected]

Lese-Rezepte – Workshop 2 18. Juni – Landesfachstelle für Öffentliche Bibliotheken, ErfurtVeranstalter: Landesfachstelle für Öffentliche Bibliotheken in Thüringen, ErfurtReferentin: Gudrun Sulzenba-cher, AutorinGebühr: 15 EuroAnmeldung: (bis 9. Mai) Landesfachstelle für Öffentli-che Bibliotheken in Thüringen, Schillerstr. 40, 99096 Erfurt, Christina Kummer-Bolz, Telefon: 03 61/26 28 93 73, E-Mail: kummerbolz@lf erfurt.de

Leistungsbezogene Vergü-tung im TVöD – Leistungsan-reize für Beschäftigte in Öf-fentlichen Bibliotheken18. Juni – Stadt- und Landes-bibliothek PotsdamVeranstalter: Landesfachstel-le für Archive und öffentliche Bibliotheken im Brandenburgi-schen LandeshauptarchivReferentin: Kristina Lippold, Vorsitzende der BIB-Kommis-sion Eingruppierung und Be-soldungAnmeldung: Landesfachstel-le für Archive und öffentliche Bibliotheken im Brandenburgi-schen Landeshauptarchiv, Sus-anne Taege, An der Orangerie 3, 14469 Potsdam, Telefon: 03 31/6 20 32-14, E-Mail: [email protected]

Google IIEffiziente Literaturrecherche mit GoogleZielgruppe: Mitarbeiter/in-nen aus Bibliotheken mit Aus-kunftstätigkeitVorkenntnisse: Teilnahme an einem früheren Google-Kurs (oder Google I) bzw. sicherer Umgang mit Suchmaschinen19. Juni – Büchereizentrale Schleswig-HolsteinVeranstalter: Büchereizentra-le Schleswig-Holstein, Rends-burg

Termine

Zentrum für Literatur

Das Zentrum für Literatur in Wetzlar bietet unterschiedli-che Fortbildungen an. Die Lis-te der Angebote kann auf der Internetseite www.phantastik.eu eingesehen werden. Kon-takt: Zentrum für Literatur, Turmstraße 20, 35578 Wetz-lar, Telefon 0 64 41/40 01-40, Telefax: 0 64 41/40 01-49, E-Mail: [email protected].

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»Bücherwege – vom Verlag zum Leser« – so lautet das Motto der ersten Kinder- und Jugendbuch-messe in Unterfranken. Vom 29. bis 31. Mai stellen verschiedene Kinder- und Jugendbuchverlage im »Divino« Nordheim ihr Pro-gramm vor. Begleitend werden verschiedene Kinderbuchauto-ren, wie Manfred Mai und Jut-ta Richter, aus ihren Werken le-sen.

Zusätzlich besteht für Fach-publikum am 29. und 30. Mai die Möglichkeit, an der alljähr-lichen Frühjahrstagung mitzu-wirken. Am ersten Tag des Kon-gresses liegt der Schwerpunkt auf Vorträgen wie zum Beispiel »Qualität und Kommerz im Kin-

derbuch« durch Klaus Willberg (avj). Am zweiten Tag werden neben Referaten auch sieben verschiedene Workshops ange-boten, unter anderem »Jugend-bücher des Deutschen Jugend-literaturpreises 2007«. Renate Paßmann-Lange möchte Einbli-cke in die Tätigkeit des Arbeits-kreises für Kinder- und Jugendli-teratur gewähren und die neuen Preisträger vorstellen.

Es wird ein Tagungsbeitrag von 85 Euro erhoben (ermä-ßigt 45 Euro). Das Gesamtpro-gramm, die genaue Adresse so-wie das Anmeldeformular ste-hen unter www.akademie-kjl.de. Dort können auch Hotelzim-mer reserviert werden. ric

Zum Lesen verlocken1. Jugendbuchmesse der Deutschen Akademie für Kinder und Jugendliteratur e.V.

Referent: Oke Simons, Lektor in der Büchereizentrale Schles-wig-HolsteinGebühr: 10 EuroAnmeldung: (bis 5. Juni) Bü-chereizentrale Schleswig-Hol-stein, Margret Much, Wran-gelstr. 1, 24768 Rendsburg, Telefon: 0 43 31/12 54 53, E-Mail: [email protected]

Web 2.0, Weblogs, Wikis & Co.: Grundlagen und Einsatz von Social Software in Öffentlichen Bibliotheken23. Juni – Volkshochschule HildesheimVeranstalter: Beratungsstel-le für Öffentliche Bibliotheken Südniedersachsen, HildesheimReferent: Dipl.-Bibl. Stephan KieckAnmeldung: (bis 4. Juni) Beratungsstelle für Öffentli-che Bibliotheken Südnieder-sachsen, Richthofenstr. 29, 31137 Hildesheim, Telefon: 0 51 21/708-313, E-Mail: [email protected], www.bz-niedersachsen.de

Web. 2.0, Weblogs, Wikis & Co.: Grundlagen und Einsatz von Social Software in Öf-fentlichen Bibliotheken25. Juni – Büchereizentrale Niedersachsen in LüneburgVeranstalter: Büchereizentrale Niedersachsen in LüneburgReferent: Dipl.-Bibl. Stephan KieckAnmeldung: (bis 4. Juni) Büchereizentrale Nieder-sachsen, Lüner Weg 20, 21337 Lüneburg, Telefon: 0 41 31/95 01-0, E-Mail: [email protected], www.bz-niedersachsen.de

Erfahrungsaustausch und anderes – BIB-Stammtisch HannoverZielgruppe: BIB-Mitglieder (und andere Kolleginnen und Kollegen) im Raum Hannover25. Juni – Restaurant »Maes-tro«, Hannover, Künstlerhaus, Sophienstr. 2Veranstalter: BIB-Landesgrup-pe Niedersachsen/BremenAnmeldung: (bis 11. Juni) Elke König-Gerdau c/o Stadt-

bibliothek Neustadt a. Rbge., Telefon: 0 50 32/93 97 19, [email protected] Information: www.bib-info.de/fobi/reg_fobi.htm

Büchereiforum Kinder und Jugend 2008 – Programm-arbeit für MinisZielgruppe: Mitarbeiter/innen in Kinderbibliotheken25. Juni – Büchereizentrale Schleswig-Holstein, Rends-burgVeranstalter: Büchereizentra-le Schleswig-Holstein, Rends-burg

Referentin: Renate Schiffers, Kinderbibliothek, Hamburger Öffentliche BücherhallenGebühr: 15 EuroAnmeldung: (bis 16. Juni) Büchereizentrale Schleswig-Holstein, Margret Much, Wrangelstr. 1, 24768 Rendsburg, Telefon: 0 43 31/12 54 53, E-Mail: [email protected]

Bilderbuchkino als Mittel zur Leseförderung in Kinder-garten und SchuleZielgruppe: Beschäftigte in Kindergärten, Grundschulen (1./2. Klasse) und Öffentli-chen Bibliotheken26. Juni – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, HannoverVeranstalter: Akademie für Leseförderung der Stiftung Lesen, HannoverReferentin: Anke Märk-Bür-mann, Akademie für Leseför-derungAnmeldung: (bis 11. Juni) www.akademiefuerlesefoerderung.de, Anke Märk-Bürmann, [email protected], Telefon: 05 11/12 67-215

Markt

Veranstaltungen, die vom Be-rufsverband Information Bib-liothek (BIB) angeboten wer-den, finden sich ab sofort ebenfalls in dieser Rubrik. Eine Sammlung von Links zu bib-liothekarischen Fortbildungs-veranstaltungen bietet die Website www.bib-info.de/event.htm.

Markt

Zeutschel GmbH:Bedienungsfreundliches Scannen auch im Großformat

pr. – Mit dem OS 12000 A1 präsentiert Zeutschel einen neuen Farbscanner für die Digi-talisierung von großformatigen Dokumenten, Zeitungen und Büchern. Der Aufsichtsscanner erfasst Vorlagen bis zu einem Format von A1 und zeichnet sich durch innovative Lichttech-nologien, ein intuitives Bedien-konzept und ein attraktives Preis-/Leistungsverhältnis aus.

Ein patentiertes LED-Beleuch-tungssystem führt zu einer optimalen Lichtfokussierung. Das Resultat ist eine hohe Ver-arbeitungsgeschwindigkeit von drei Sekunden in Graustufe und fünf Sekunden in Farbe sowie eine Minimierung der Licht-belastung. Durch die geringe Lichtemission werden die wert-vollen Dokumente geschont und ein ergonomisches Arbeiten ermöglicht.

Die rückwärtige, blendfreie Beleuchtung verhindert Schlag-

Der integrierte Monitor erlaubt eine Voransicht des Scans. Fehlkopien gehören

somit der Vergangenheit an.

schatten und störende Refl exe und stellt somit auch bei pro-blematischen Dokumenten eine bestmögliche Ausleuchtung des Buchfalzes sicher.

Eine perfekte Entzerrung des Buchfalzes bietet die optional erhältliche 3D-Scantechnologie »Perfect Book«. Das zusammen mit der Otto-von-Guericke Universität in Magdeburg ent-wickelte Verfahren erfasst wäh-rend des Scanvorgangs die 3D-Oberfl ächenform der Buchseite. Darauf aufbauend korrigiert »Perfect Book« die Verzerrung der Zeichen zur Buchmitte hin;

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die Zeichen werden exakt gerade ausgerichtet, die Seiten automa-tisch getrennt und im passenden Format gescannt.

»Simplify it« lautet das Mot-to der OS 12000-Bedienerfüh-rung. So lassen sich am Bedi-enfeld der Zeutschel Scanner die wichtigsten Funktionen in wenigen Schritten aktivieren. Besonders praktisch: Der inte-grierte Monitor erlaubt eine Vo-ransicht des Scans. Fehlkopien gehören somit der Vergangen-heit an.

Der OS 12000 A1 ist ab der Jahresmitte 2008 erhältlich. Neben dem A1-Modell gibt es den OS 12000 auch im A2-For-mat als Graustufen- (OS 12000 G) und Farbscanner (OS 12000 C) sowie als Buchkopierer (OS 12000 Bookcopy in Grau oder Farbe) mit angeschlossenen Drucksystemen.

»Der OS 12000 macht das Buchscannen einfacher, schnel-ler und preisgünstiger. Dadurch wird aus einer Nischenanwen-dung eine interessante Option für Bibliotheken und Archiven in den Bereichen Kopierlösungen und elektronische Lieferdienste, aber auch für neue Zielgruppen wie Behörden, DMS-Dienstleis-ter und Versicherungen«, cha-rakterisiert Hans-Peter Heim, Geschäftsführer der Zeutschel GmbH, das neue Scanner-Kon-zept.

Mit dem OS 12000 A1 präsentiert Zeutschel einen neuen Farbscanner für die Digitalisierung von großfor-matigen Dokumenten, Zeitungen und Büchern. Foto: Zeutschel

NORIS:Neue Ideen für Medienverpackungen

Bereits im März ist der neue Katalog von NORIS für Medi-enverpackungen erschienen. Die Produktauswahl gerade für den Bedarf in Bibliothe-ken wurde um einige Artikel erweitert. Eine Produktgruppe hat sich in den letzten Monaten für Bibliotheken zum absolu-ten Favoriten entwickelt: Die NORIS Media-Boxen 8, 14 und 24 mit den dazu passenden CD-Taschen doppelseitig mit Vlies und Abheftrand gehören zur Grundausstattung jeder Bibliothek mit der Ausleihe von neuen Medien.

Durch die CD-Taschen können keine CDs durch unsachgemäße Entnahme beschädigt werden. Ob für Hörbücher oder Kon-zerte mit mehreren CDs, ob mit einem dicken Textheft oder nur für mehrere CDs – die NORIS Media-Boxen 8, 14 und 24 bie-ten für viele Anforderungen die ideale Lösung.

Mit nur drei Boxen, die glei-che Außenmaße haben und sich nur durch die Rückenbreite un-terschieden, kann eine Vielzahl von Anforderungen für den Ver-leih abgedeckt werden. Alle drei Boxen haben eine Klarsichtfolie für Einleger, die eigenhändig sehr variabel gestaltet werden können. Hilfsmittel dazu wie doppelseitig selbstklebende Pads gibt es auch im Katalog von NORIS.

Zur Ausleihe von DVDs/CDs in Bibliotheken ist die neue »DVD Media-Box« eine viel-fältig nutzbare »Universalbox«. Die Außenmaße entsprechen der Standard-DVD-Box. Innen befi ndet sich kein Knopf zur Disc-Aufnahme. Die Disc wird in einer CD-Tasche in die Box eingelegt.

Dadurch entstehen keine Beschädigungen mehr durch unsachgemäße Entnahme. Die Original-Einleger können ver-wendet werden. Auch wenn die CDs zum Beispiel in Jewelboxen aufbewahrt werden, kann diese

zum Transport in die DVD Me-dia-Box gepackt werden.

Die zerbrechlichen Jewelbo-xen werden geschützt. Auch bei der Selbstverbuchung mit RFID kann mit der DVD Media-Box gearbeitet werden. Wenn kei-

ne Vollsicherung erfolgt, kann entweder der Einleger oder die Box mit einem RFID-Etikett gesichert werden. Die weiteren DVDs/CDs beziehungsweise Booklets werden mit Dummy-Etiketten gesichert. So können bis zu fünf CDs in CD-Taschen in der DVD Media- Box ausge-liehen werden.

Kostenlose Muster können angefordert werden unter Tele-fon 09 11/44 44 54.

www.noris-transportverpackung.de

Zur Ausleihe von DVDs/CDs in Bibliotheken ist die neue

»DVD Media-Box« eine vielfältig nutzbare

»Universalbox«.

BOND:Stadtbibliothek Köln entscheidet sich für BIBLOTHECA.net

pr. – Die Stadtbibliothek Köln, eine der größten Öffentlichen Bibliotheken Deutschlands, wechselt zur Bibliothekssoft-ware BIBLIOTHECA.net. Das webbasierte Bibliotheksma-nagement-System von BOND wird die bisher eingesetzte Soft-ware ablösen.

»Wir freuen uns sehr und sind stolz, mit der Stadtbibliothek Köln eine der renommiertes-ten und größten Bibliotheken Deutschlands im Kreis unserer Kunden begrüßen zu dürfen«, so die BOND-Geschäftsführer Michael König und Wolfgang Nathusius. Nach Frankfurt, Stuttgart und Bielefeld ist Köln

die vierte Großstadtbibliothek der DBV-Sektion 1, die auf Soft-ware von BOND setzt. Köln ist die erste Bibliothek dieser Grö-ßenordnung, die sich für die zukunftsweisende webbasierte Software BIBLIOTHECA.net entschieden hat.

Im Rahmen des Auswahl-verfahrens und anhand eines anspruchsvollen Pfl ichtenhef-tes wurden das Unternehmen BOND und das Potenzial der Software intensiv geprüft. Mit der Software ausgestattet wer-den neben der Zentralbibliothek Köln auch elf Stadtteilbibliothe-ken, der Bücherbus, die Blin-denbibliothek, das Literatur-in-Köln-Archiv und das Hein-rich-Böll-Archiv. Im gesamten Bibliothekssystem stehen na-hezu eine Million Medien zur Verfügung. Diese werden in ei-nem mehrstufi gen Prozess in die neue Software migriert.

Die webbasierte Technologie von BIBLIOTHECA.net er-möglicht den Bibliotheksmitar-beitern den fl exiblen Zugriff auf die Software per Web-Browser. Die Software wird über einen zentralen Server bereitgestellt. So ist die EDV-Abteilung der Stadtbibliothek Köln in der Lage, das System zentral, schlank und zeitsparend zu ad-ministrieren.

Nach der Software-Umstel-lung können die Bibliotheksbe-nutzer im Web-OPAC.net im Medienbestand online recher-

chieren. Neben den klassischen Selbstbedienungsfunktionen (suchen, vormerken, verlängern) bietet der Web-OPAC.net zahl-reiche zukunftsweisende neue Möglichkeiten: RSS-Feeds, automatisierte Medienempfeh-lungen und Medienlisten (zum Beispiel Top10-Ausleihen), Be-wertungs-Möglichkeiten durch die Leser, Feedback-Funktionen »Tell us« und »Tell a friend« so-wie Social-Bookmarking.

Nach der Software-Umstel-lung können die Bibliotheks-benutzer im Web-OPAC.net

im Medienbestand online recherchieren.

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Bibliotheca RFID:Mit zwei Klicks zu den zentralen Informationen

pr. – Seit Februar ist die neue dynamische Website von Biblio-theca RFID Library Systems online. Aktuelle, bibliotheks-spezifi sche Informationen rund um das BiblioChip RFID-System werden klar und übersichtlich präsentiert. Ein frisches und mo-dernes Layout, das dem neuen Corporate Design ent-spricht, sowie ein stabiles, seitliches Hauptmenü erleichtern die Na-vigation durch alle Rubriken wie News, Unternehmen, Technolo-gie, Produkte und Referenzen.

Matthias Joos, Bibliothecas CEO, bringt das Ziel des Re-launches auf den Punkt: »Mit zwei Klicks gelangt der Bib-liothekar zu allen wichtigen Fakten über uns und unser modulares, off enes RFID-Sys-tem. Der dritte Klick off enbart weiterführende Details. Inter-essenten und Kunden können auf dieser neuen Plattform einen professionellen Überblick über unsere große Bandbreite moder-ner, kundenspezifi scher Biblio-Komponenten erhalten.« Pro-duktseiten vermitteln auf einen Blick die Vielzahl der Produkt- und Softwarefeatures. Biblio-Chip-systemeigene, technische Benefi ts und diverse Modellva-rianten werden in anschaulichen Videos off ensichtlich.

Referenzberichte internati-onaler Installationen und eine umfangreiche News-Section mit aktuellen Meldungen, Me-dienberichten und Newsletter-Angebot gestalten den Auftritt besonders praxisnah. Mit einem Klick ist das Support-Team er-reichbar. Und der persönliche Ansprechpartner für eine wei-terführende Beratung vor Ort ist über ein diff erenziert gestaltetes, globales Kontaktmenü einfach zu fi nden.

Ein umfassender Download-bereich bietet zudem vielfältige Zusatzinformationen zur Tech-nologie und aus der Praxis, wie White Papers, Bilder und Filme einzelner Installationen.

Datronic:RFID für Outsourcing-Bibliothekssystem

pr. – Die Schwabmünchner Stadtbücherei ist nach dem Abschluss von umfangreichen Sanierungsarbeiten wieder in ihr angestammtes Domizil in der Grundschule zurückgekehrt. Seither nutzt sie auch mo-dernste Informationstechnik: Als erste Bibliothek setzt sie ein Internet- Bibliothekssystem in Verbindung mit RFID-Technolo-gie (Radio Frequency Identifi ca-tion) von EasyCheck ein.

Zu diesem Zweck wurde die RFID-Lösung von EasyCheck, Göppingen, in das Internet-Bibliothekssystem WinBIAP.net von datronic, Augsburg, integriert. Die lokal angeschlos-senen RFID-Geräte wurden von EasyCheck netzwerkfähig gemacht, damit der Hosting-Server sie über das Internet an-sprechen kann.

»Durch Outsourcing konnte die gesamte IT-Verantwortung auf das datronic-Rechenzent-rum übertragen werden«, so die Büchereileiterin Erika Jakob. »Wir starten aus dem normalen Browser heraus die komplette WinBIAP.net-Applikation und ob Sie sich in der Bibliothek selbst oder an Ihrem Heimar-beitsplatz befi nden, spielt dabei keine Rolle.«

Herzstück der RFID-Techno-logie ist ein winziger Transpon-der (Mikrochip und Antenne),

der auf Medien (Büchern, CDs, DVDs, Kassetten, Hörbüchern, Spielen) angebracht wird und auf dem die Medien-Informati-onen gespeichert werden. Diese können mithilfe von RFID-Lesegeräten automatisch, ka-bel- und berührungslos bis auf einige Meter Entfernung gelesen werden. Die RFID-Technolo-gie erlaubt es, von einer Viel-zahl von Transpondern ganzer Medienstapel Informationen gleichzeitig auszulesen. Dies er-spart das manuelle Scannen von Barcodes auf einzelnen Medien bei der Ausleihe oder Rückgabe und kann künftig von den Le-sern selbstständig an der Selbst-verbuchungstheke ausgeführt werden.

Neu ist auch die elektronische Sicherung der Medien gegen Diebstahl. Am Ausgang der Bib-liothek ist der Durchgangsleser EasyGate installiert, der sofort Alarm auslöst, wenn ein Medi-um nicht ordnungsgemäß aus-geliehen und verbucht wurde.

Die Stadtbücherei Schwab-münchen hat bei der Ausleihe eine Zentralfunktion als Stadt- und Schulbibliothek. Mit über 21 000 Medien werden jährlich rund 70 000 Ausleihen getätigt. Den Bibliotheksmitarbeitern stehen zwei PC-Arbeitsplätze zur Verfügung, die über das In-ternet an das datronic-Rechen-zentrum angeschlossen sind. Zwei PCs stehen den Besuchern für die Recherche im WEB-Ka-talog und zwei weitere für die Internet-Recherche zur Verfü-gung.

Die RFID-Technologie erlaubt es, von einer Vielzahl von Transpondern ganzer Medienstapel Informationen gleichzeitig auszulesen.

Foto: Datronic

Wiley InterScience:Zusammenarbeit mit Swets bei E-Books

pr. – Wiley, ein weltweit führen-der Verlag hochwertiger natur-wissenschaftlicher, technischer, medizinischer und professio-neller Inhalte, gibt bekannt, mit Swets eines der weltweit führenden Unternehmen für Abonnementmanagement als globalen Vertriebspartner für seine E-Book-Sparte gewonnen zu haben. Dieses Geschäft um-fasst den gesamten Bereich des elektronischen Buchmaterials auf der Webplattform Wiley In-terScience, das nun direkt über Swets bezogen werden kann.

Wiley InterScience Online-Books sind vom Kunden in frei wählbaren Titel-Paketen be-ziehbar, wodurch die E-Books-Kollektion des Kunden fl exibler

ausgebaut werden kann. Derzeit sind mehr als 2 900 Titel verfüg-bar.

Wiley InterScience ermög-licht Bibliotheken Zugriff auf hochwertige Inhalte aus Na-turwissenschaft, Technik und Medizin, Wirtschaft, Geis-teswissenschaften, Finanzen und weiteren Bereichen. Mit COUNTER-kompatiblen Be-nutzungsstatistiken können die Bibliotheken die Nutzung ihrer Wiley InterScience Online-Books Titel für Titel bewerten und jedes Jahr die wenig genutz-ten Titel austauschen.

»Wir verstehen es als unsere Aufgabe, unseren Kunden zu helfen, Zugriff auf die benötig-ten Informationen im von ihnen gewünschten Format zu erhal-ten«, sagte Arie Jongejan, Chief Executive Offi cer von Swets. »Indem unsere Kunden Online-Books direkt bei Swets ordern, erhalten sie auf effi ziente und wirtschaftliche Art Zugang zu der von Wiley angebotenen Fül-le von Informationen.«

Derzeit sind mehr als 2 900 Titel verfügbar – und ihre Zahl steigt weiter an.

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Lesesaal | BuB 301Schwerpunkt

Die Botschaft der Häuser

Wolfram Henning

Fünf Häuser, fünf BotschaftenArchitektonische Highlights aus Linz, Amsterdam, Delft und Weimar

Spannende neue Bibliotheksgebäude verkörpern aktuelle Architekturtenden-zen: Zum Beispiel der Wissensturm im österreichischen Linz, ein über die Dächer der Stadt ragendes bildungspolitisches Symbol mit Aussicht, oder auch die neue Öffentliche Bibliothek Amsterdams, die mit 28 000 Quadratmeter Fläche wahrscheinlich die größte in ganz Europa ist. Wolfram Henning hat für BuB fünf interessante neue Bibliotheksgebäude in Linz, Amsterdam, Delft und in Weimar besucht.

Im Januar und Februar 2008 besuchte ich in Deutschland, Österreich und den Niederlanden einige neue Biblio-

theken, auf deren Konzepte und Häuser ich neugierig war. Die folgenden Berichte sind nicht komplett. Sie wollen Wesent-liches pointieren und die abstrakte Dar-stellung von Tendenzen (siehe dazu den Bericht auf Seite 309 bis 312) mit Leben erfüllen. Mein Dank gilt den auskunftsbe-reiten Kolleginnen und Kollegen in Linz, Delft, Amsterdam und Weimar.

Wissensturm Linz

Eine Idee wurde zum Turm – und wie spie-gelt der Turm die Idee? Ausgangspunkt war der Gedanke, Öff entliche Bibliothek und Volkshochschule möglichst eng und systematisch miteinander zu verknüpfen.

Vorangetrieben wurde dieses Konzept von Hubert Hummer, dem heutigen Di-rektor des Wissensturms. »Auf der Basis eines integrativen Konzepts sollen die Volkshochschule, die Stadtbibliothek und die Medienwerkstatt ein Stück weit zu-sammenwachsen und ihre Leistungen auf-einander abstimmen. Dazu wurden sieben Sachbereiche gebildet, in denen gemischt besetzte Teams die Programmierung vor-nehmen. Gibt es in der Volkshochschule einen Schwerpunkt Entspannung, so soll das Th ema auch im Medienbereich ent-sprechend vertreten sein und umgekehrt. Aus dem Konzept darf dabei kein Korsett werden, das die Entwicklung behindert. Der Nutzen für die BesucherInnen des Wissensturms und die Effi zienz von Lern-prozessen kann dadurch aber gesteigert werden.«1

Die sieben Sachbereiche heißen: Gesell-schaft und Politik, Natur und Technik,

Der Linzer Wissensturm ist im Herbst 2007 eröffnet worden und ein Beitrag zum Linzer Kulturhauptstadtjahr 2009.

Foto: Herzenberger, Magistrat Linz

Im Wissensturm im österreichischen Linz sind Öffentliche Bibliothek und Volkshochschule unter einem Dach untergebracht. Als bildungspolitisches Symbol und städtebaulicher Akzent macht sich der Turm vorzüglich. Foto: Herzenberger, Magistrat Linz

Gesundheit und Wohlbefi nden, Haushalt und Wohnen, Grundbildung und Beruf, Kultur und Kreativität, Sprachen.

Die Stadt Linz beschloss einen gemein-samen Neubau für die beiden sehr unzu-länglich untergebrachten Bildungseinrich-tungen Bibliothek und Volkshochschule. Linz, mit reicher Bautradition, aber auch mit aktuellen Kulturbauten gesegnet – ars electronica, neues Kunstmuseum, ein neu-es Musiktheater ist im Bau – beschloss ein Projekt in einem Viertel zwischen Bahn-hof und historischem Zentrum, das sich zurzeit im Umbruch befi ndet. �

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 302 Die Botschaft der Häuser

Der Bau ist ein Beitrag zum Kultur-hauptstadtjahr 2009. Das architektonische Grundkonzept der Architekten Kneidin-ger und Stögmüller wurde vom Gebäude-management der Stadt Linz weitergeführt. Die Bezeichnung »Wissensturm« charak-terisiert die Sache und zugleich das Haupt-merkmal des Bauwerks.

Es entstand ein 63 Meter hohes, ellipti-sches Turmbauwerk mit 15 Obergeschos-sen sowie einem dreigeschossigen Sockel-bauwerk und einem Untergeschoss. Die Bibliothek nimmt das Erdgeschoss, ein Zwischengeschoss und zwei Obergeschos-se ein.

Das Sockelbauwerk kann grob als recht-eckig bezeichnet werden. Im elliptischen Turm befi nden sich Verwaltungsräume (drittes bis fünftes Obergeschoss), die Räume der Volkshochschule und zuoberst ein Seminarzentrum.

Der Turm gestattet schöne Rundblicke auf Stadt und Umgebung. Die von außen ablesbare Panoramaliftgruppe hat spezi-elle Brandschutzmaßnahmen erfordert. Besonderer Wert wurde auf behinderten-gerechte Ausstattung gelegt. Leitsysteme für Gehörlose und Sehbehinderte wurden entwickelt sowie spezielle optische und akustische Alarmsysteme.

Die Möglichkeiten der großen Ein-gangshalle sind noch nicht voll ausgereizt. Sie fungiert als Verteiler und bietet direk-te Zugänge zu Bibliothek, Tapas-Bar und Veranstaltungssaal. An einem Infopoint erhält man Orientierungsauskünfte, ein Servicecenter bietet Volkshochschul-anmeldungen und Bürgerservice sowie

nutzt. In den Kursräumen sorgen Wand-felder in sanften Farben für gelöste Atmos-phäre. Sehr praktisch: Tische, die unter zwei Beinen kleine Räder haben, sodass ein unangestrengtes Umgruppieren mög-lich ist.

Zum Haus gehört eine Medienwerk-statt, die Radio- und Fernsehsendungen produziert. Der Gedanke der Synergie zwischen Volkshochschule und Bibliothek verdichtet sich im sogenannten Lernzent-rum. Es liegt an der Schnittstelle zwischen beiden Einrichtungen, enthält einmal ei-nen off enen Lernbereich mit Computerar-beitsplätzen und Multimediaplätzen, da-neben einen Raum, in dem professionelle Lernberatung stattfi ndet.

Speziell geschulte Bibliotheks- und Volkshochschul-Mitarbeiter fungieren als »Lerncoaches«. Räumliche Synergien werden außerdem, wie schon erwähnt, im Eingangsgeschoss und bei der Kinderbe-treuung wirksam; diese ist neben der Kin-derbibliothek angesiedelt, wird aber per Outsourcing betrieben.

Die inhaltliche Verknüpfung von Bib-liothek und Volkshochschule, die Arbeit in gemeinsamen Teams, wird von Hu-bert Hummer und der Bibliotheksleiterin Heike Merschitzka als »work in progress« betrachtet. Durch die Gebäudeform sind fl ießende Übergänge zwischen beiden Einrichtungen beschränkt. Im Turm muss gestapelt werden. Als bildungspolitisches Symbol und eindrucksvolles städtebauli-cher Akzent macht er sich allerdings vor-züglich.

Openbare Bibliotheek Amsterdam (OBA)

Zehn Minuten Fußweg vom Amsterdamer Hauptbahnhof – und man erreicht auf ei-ner Insel die größte Öff entliche Bibliothek der Niederlande, wenn nicht Europas. Ihre Fläche beträgt 28 000 Quadratmeter. (Zum Vergleich: die geplante »Bibliothek 21« in Stuttgart wird 11 200 Quadratme-ter haben).

Auf Oosterdokseiland befi ndet sich nicht nur die neue Bibliothek, weitere gro-ße Bauten wie das Konservatorium oder ein Interimsgebäude für das Stedelijk Mu-seum sind schon hochgezogen oder wer-den noch geplant.

Der Abstand dieser Hochbauten von-einander ist sehr gering. Der Architekt der Bibliothek Jo Coenen (bekannt durch seinen Bibliotheksbau in Maastricht) fand das treff ende Bild von einem aufgeschnit-

Buchrückgabe. Es fehlt einstweilen Ani-mation, Wecken von Neugier auf das gro-ße Wissensvergnügen...

Die Bibliothek konnte einen Entwick-lungssprung vollziehen. Sie präsentiert sich ruhig und klar gegliedert. Verbucht wird mit RFID-Technik. Designermöbel sorgen für Form- und Farbakzente.

Die Volkshochschule kommt in ih-ren 39 sachlich-modern möblierten und technisch ausgezeichnet ausgestatteten Seminarräumen mit den ellipsenförmigen Geschossgrundrissen gut zurecht. Kleine Restfl ächen, die sich ergeben, werden als Gruppenräume oder Pausenbereiche ge-

Kreatives Design im Wissensturm Linz, dem 63 Meter hohen, elliptischen Turmbauwerk, das in-ternational Beachtung findet. Foto: Herzenberger, Magistrat Linz

Wissensturm LinzWebsite: www.wissensturm.atBibliothekstyp: Öffentliche BibliothekEinwohner Linz: 190 000Bestand: 100 000 MedieneinheitenEröffnung: 2007Öffnungsstunden pro Woche: 41Art der Baumaßnahme: Gemeinsamer Neubau für Bibliothek und VolkshochschuleArchitekten: Franz Kneidinger und Heinz Stögmüller (Grundkonzept), Egon Wurzinger und Manfred Diessl (Weiterführung)Fläche: Nettofläche Volkshochschule 4 560 Quadratmeter, Nettofläche Biblio-thek 3 350 Quadratmeter, Synergieflä-chen 1 570 QuadratmeterKosten: circa 32 Millionen Euro

1 Wissensturm. Einladung zur Entdeckungs-reise. Magistrat Linz, 2007, S. 12

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Lesesaal | BuB 303Die Botschaft der Häuser

tenen Brotlaib, so dicht sind die Häuser beieinander. Durch eine Ausnahmege-nehmigung gelang es, dass die Bibliothek trotzdem ein wenig aus der Baufl uchtlinie hervorspringt und gleichzeitig einen Vor-platz erhielt.

Jo Coenen musste sich dem Zwang fü-gen, dass die Bibliothek nicht mit Terras-sen nach außen ausgestattet werden konn-te. So entwarf er Terrassen nach innen, entwarf gegeneinander versetzte Lufträu-me, die Tageslicht von oben hereinholen und um die herum sich ein großer Teil der 600 Internetplätze gruppiert.

Von der geräumigen Eingangshalle führen fl ache, kindgerechte Stufen hinun-ter in die Kinderbibliothek, die ebenfalls Tageslicht erhält. Halbgeschossig über der Eingangshalle fi nden sich Café und Zeitschriften, das erste Obergeschoss ist der Multimediaabteilung vorbehalten, die zweite Etage bietet Belletristik und Co-mics, die Etagen drei bis sechs enthalten die nach der Dewey-Klassifi kation geord-neten Sachgebiete; Restaurant und litera-risches Th eater verbinden sich im siebten Obergeschoss mit einer Aussichtsterrasse.

Kleine Museumsbereiche und Plät-ze sind in einige Geschosse integriert. Es gibt Seminarräume, die auch vermietet werden. Den großartigen Ausblick nach Westen über glänzendes Wasser in die Stadt Amsterdam hinein kann man von besonderen Sitz- und Liegelandschaften aus genießen.

Pro Geschoss beträgt die Fläche in der Regel 2 500 Quadratmeter, ein geräumiges

Magazin sitzt unter der Kinderbibliothek. Eine Rolltreppenanlage, deren Verklei-dung auch Teilfunktionen des Leitsystems übernimmt, verbindet die Geschosse; die Aufzüge sind mit künstlerischen Installa-tionen verbunden; zum Restaurant führt eine breite Treppe.

Für die geforderte Bibliotheksgröße orientierte man sich an San Francisco, das bei etwa gleicher Einwohnerzahl 30 000 Quadratmeter hat. Die Stadt Amsterdam brauchte eine starke Zentralbibliothek, damit Oosterdokseiland als vielbesuchter Ort funktioniert.

Schlüsselwort für die Bibliotheksphilo-sophie ist nach Direktor Hans van Velzen »belevenis« – das meint das Erlebnis Bib-liothek im Ganzen, aber auch die Wahr-nehmung einzelner Bereiche und Aktivi-täten. Ausgangspunkt ist, dass man jeden Tag etwas in der Bibliothek erleben kann.

Technisch ist man auf dem neuesten Stand: Sonnenkollektoren auf dem Dach, Glasfaserkabel in den Fußböden, eine Mediensortiermaschine in Verbindung mit RFID, Selbstverbuchung in mehreren Geschossen, professionelle Beleuchtungs-technik im Bibliothekstheater.

Die PCs mit Sprachprogrammen – Nie-derländisch als Fremdsprache – sind mit Kopfhörern und Mikrofon gekoppelt. Es gibt Sessel in der Form liegender Eier, aus denen ein Segment entfernt wurde, um die Sitzfl äche zu gewinnen; derart platziert hat man vor sich eine Säule mit Tastatur und iMac – Computerplätze fantasievoller Art.

Teile der Bibliothek sind virtuell »nach-gebaut« und können im Second Life be-spielt werden. Um die guten alten Bücher-rücken attraktiver zu gestalten, hat man Leuchtdioden in die Regale integriert, nun glitzert das Gutenbergmedium verhei-ßungsvoll …

Themenschwerpunkte in BuB

Heft 11-12/2007: Teaching LibraryHeft 1/2008: Die Bibliothek der Zukunft Heft 2/2008: Trend zum EhrenamtHeft 3/2008: Streitfall Bildschirmmedien

Heft 4/2008: Die Botschaft der Häuser

Heft 5/2008: Fremdbild – Wie sehen uns andere?Heft 6/2008: Bibliothekarische Berufsbilder

Schwerpunkt

Openbaare Bibliotheek Amsterdam: Von der geräumigen Eingangshalle führen flache, kindge-rechte Stufen hinunter in die Kinderbibliothek, in die ebenfalls Tageslicht hineinscheint.

Foto: OBA

Die Kinderbibliothek hat eine besonde-re Raumkonzeption. Die weißen Regale bilden Kreissegmente, sodass Binnen-räume entstehen. Auch bei den farbigen Sesseln und Liegelandschaften setzt man auf Rund und dimensionierte sie so, dass Platz für mehrere Personen entsteht. Ke-gelförmige weiße Leuchten schweben über dem Ganzen. Sehr funktional sind Com-putertische in unterschiedlicher Höhe ausgeführt. Zur Kinderbibliothek gehören ein »Laboratorium« und ein »story telling room«.

Es gibt einige kritische Stimmen. Der Bau sei zu groß, das Interieur überrasche aber positiv. Ein Fachkollege vermisst leb-haftere Farbgestaltung – die Farbe Weiß dominiert. Ein Mediathecarius der Ams-terdamer Akademie für Baukunst wird im Internet grundsätzlich: Eine Bibliothek als

Openbare Bibliotheek Amsterdam (OBA)Website: www.oba.nlBibliothekstyp: Öffentliche BibliothekEinwohner: 743 000 Bestand: 1,7 Millionen Bücher (übrige Medien nicht beziffert)Eröffnung: 2007Öffnungsstunden pro Woche: 84 (an 7 Tagen von 10 Uhr bis 22 Uhr)Art der Baumaßnahme: Selbstständiger NeubauArchitekt: Jo CoenenFläche: 28 000 QuadratmeterKosten: 73,5 Millionen Euro

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 304 Die Botschaft der Häuser

kultureller Supermarkt sei da entstanden, die echte Bibliothek befi nde sich im Ma-gazin.

Ins Positive gewendet: die Öff entli-che Bibliothek als ein akustisch sogar recht annehmbares Kulturkaufhaus für 6 000 Besucher täglich. Es ist ähnlich wie bei einem Bienenkorb, aus dem ja

Über dem verglasten Eingang prangt ein Schriftzug: »dok Library Concept Center«. Das Kürzel DOK steht für DiscOtake, Openbare Bibliotheek und Kunstcentrum – drei Einrichtungen, die im Vorgängerbau getrennt arbeiteten und nun auf städtischen Wunsch zu einer Ein-richtung verschmolzen sind.

mitunter spektakulärer Veranstaltungen, die in Delft nicht als Anhängsel, sondern als wichtiger Teil des Leistungsangebots und der Ausstrahlung der Bibliothek in die Stadt angesehen werden.

Um die Halle gruppieren sich Belletris-tik und Kinderbibliothek sowie die Musik- und Filmabteilung. An dem Platz mit dem besten seitlichen Tageslicht fi ndet sich der Bilderverleih, reichlich Fläche für die Prä-sentation des Bildangebots ist vorhanden, ein Ausstellungsbereich schließt sich an.

Zum Farbkonzept gehören orangene Wandfl ächen, kräftig gelbe Th eken und die leuchtenden Orange- und Rottöne der fantasievollen Sitzmöbel. Die mattschwar-zen Regale stehen auf hellem Boden.

Zahlreiche Details fallen auf: die groß-zügigen Regalkojen mit innen situierten Arbeitsplätzen; die klare Binnengliede-rung der Kinderbibliothek, die auch ohne Teddybärenkitsch Geborgenheit signa-lisiert; ein rosarotes Kabinett mit Liebes-romanen, das die seriöse Romanabteilung ergänzt – und natürlich die poppigen Prä-sentations-, Hör- und Sehinseln im Mu-sik- und Filmbereich.

Es gibt iPod-Sessel mit integrierten Lautsprechern; Macs, die vom Personal mit neuester Musik und neuesten Filmen gefüttert werden; Spielkonsolen und den sogenannten »Tank U«, von dem man sich von der Bibliothek bereitgestellte Inhalte aufs Handy laden kann. Auch Delft de-monstriert RFID-Verbuchung und mo-derne Transporttechnik.

Wie wird der selbstbewusste Anspruch des »library concept centers« eingelöst? Die Medienwelt ändert sich dramatisch, aber es bleibt das Interesse der Menschen an »stories« im weitesten Sinn des Wor-tes. So das Credo des Bibliotheksdirektors Eppo van Nispen tot Sevenaer, der vom Fernsehen zu DOK Delft gekommen ist. Was tut es zur Sache, ob die Story als Buch existiert, als CD, als DVD, als MP3-Play-er-Botschaft oder als Kunstwerk?

Man studiert die besten Bibliotheks-konzepte Amerikas, denkt nach über die Rolle von Spielen für Bildung und den Er-werb bestimmter Fähigkeiten, die man in Zukunft brauchen wird. Wenn die Men-schen, das heißt der wichtigste »Bestand« der Bibliothek, glücklich sind, dann hat die Bibliothek eine Zukunft.3

auch kein Einzelgeräusch heraussticht – und »De Bijenkorf« sieht sich als das inspirierendste Warenhaus der Nieder-lande.2

DOK Delft

Von der Kanalseite kommend, sieht man einen langgestreckten, ochsenblutfarbe-nen Backsteinbau. In diesen hat, im Zuge einer partiellen Umnutzung, die Stadt Delft ihre Öff entliche Bibliothek einpas-sen lassen.

Den Bau umrundend, begreift man die Logik des Standorts: ein neu geschaff ener zentraler Platz öff net sich, mit Th eater, Kino, Geschäften und Wohnbebauung. Die Bibliothek zeigt zur Platzseite viel Glas, schwungvolle weiße Linien auf den Glasfl ächen deuten Buchrücken an. Der Frequenzbringer Bibliothek stärkt diesen neuen zentralen Ort der kleinen, mit ein-drucksvollen historischen Bauten geseg-neten niederländischen Stadt.

Die Publikumsbereiche erstrecken sich über zwei Hauptgeschosse, das vorhande-ne Stützenskelett wurde beibehalten, me-tallene Technikkanäle werden off en unter der Decke geführt. Diese quasi industrielle Ausstrahlung kontrastiert absichtsvoll mit der losen Möblierung und dem Farbkon-zept der Bibliothek.

Die Raumfolge erschließt sich für das Publikum so: Aus dem eher niedrigen Erdgeschoss mit den Sachbuchbeständen führt eine breite Holztreppe hinauf in eine großzügige, schön proportionierte zentrale Halle, die durch ein Podium mit einigen witzig-voluminösen Sesseln kom-plettiert wird. Ein schräges Glasdach, das hoch über der gesamten Halle liegt, führt Tageslicht von oben ins Haus.

Die Halle wird seitlich vom Zeitschrif-tenangebot und dem Bibliothekscafé fl an-kiert. Große Tische für jeweils acht Perso-nen sind so weit auseinandergerückt, dass plaudernde Gruppen einander nicht stö-ren. Die Halle ist zugleich ein Ort großer,

Computerarbeitsplätze der fantasievollen Art gibt es in Amsterdams Öffentlicher Bibliothek: Die Sessel vor den Bildschirmen haben die Form liegender Eier. Foto: OBA

2 Informationen und Abbildungen in »Biblio-theekspecial«, Juni 2007

3 Dazu DOK Delft, internes Arbeitspapier4 Olaf Eigenbrodt: Living Rooms and Mee-

ting Places – aktuelle Annäherungen an den Raum der Bibliothek. In: Die Bibliothek als öff entlicher Ort und öff entlicher Raum. Ber-lin: Bib Spider, 2006, S. 47–61, zit. S. 54

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Lesesaal | BuB 305Die Botschaft der Häuser

Das ist sehr weit weg von der altbacke-nen Versicherung: Wir haben Bücher »und mehr«. Konzept und Erscheinungsbild von DOK Delft entsprechen einander. Öff ent-liche Bibliotheken in Deutschland, kon-statiert ein fachkundiger Kollege, bemüh-ten sich zwar sehr darum, Treff punkt zu sein. Es fehle ihnen aber an »Hippness«.4 Delft ist hipp!

Universitätsbibliothek der Bauhaus-Universität Weimar

Die Bauhaus-Universität hat ihre Wurzeln im 19. Jahrhundert. Seit 1996 trägt sie den verpfl ichtenden Namen der berühmten Gestaltungs- und Ausbildungsinstitution, die 1925 aus der Stadt vertrieben wurde und ihre Arbeit dann in Dessau fortsetzte. Sie hat heute die Fakultäten Architektur, Bauingenieurwesen, Gestaltung und Me-dien.

Der Bibliotheksneubau hat die Biblio-thek stärker ins Zentrum der Universität

DOK DelftWebsite: www.dok.infoBibliothekstyp: Öffentliche BibliothekEinwohner: 97 000Bestand: Bücher 120 000, Non-Books 47 000, Kunstwerke 4 000Eröffnung: 2007Öffnungsstunden pro Woche: 48Art der Baumaßnahme: UmnutzungArchitekten: Dok architecten (Liesbeth van der Pol)Innenausstattung: Aequo. (Aat Vos)Fläche: Gesamtfläche 4 300 Quadrat-meterKosten: Gebäude: keine Angabe (Teil eines größeren Projekts), Einrichtung: 2,35 Millionen Euro

Die helle Lese- und Veranstaltungshalle im DOK Delft wird seitlich vom Zeitschriftenangebot flankiert. Große Tische sind so weit auseinandergerückt, dass plaudernde Gruppen einander nicht stören. Foto: Arjen Schmitz

Den Bau des DOK Delft umrundend, begreift man die Logik des Standorts: Ein neu geschaffener Platz öffnet sich, mit Theater, Kino, Geschäften und Wohnbebauung. Die Bibliothek zeigt zur Platzseite viel Glas. Foto: Arjen Schmitz

gerückt. Sie liegt nun in geringer Entfer-nung zu den Hauptstandorten der Hoch-schule. Es kam der Universität zupass, dass ein vorheriges Nutzungskonzept für das Grundstück – die Errichtung einer »Kul-turfabrik« – gescheitert war.

Das neue Gebäude, das Bibliothek und Audimax enthält, wurde in seine Umge-bung im Brauereiquartier eingepasst. Der Neubau ist von vier Seiten erreichbar. So gibt es den großen Hauptaufgang von Westen, der von ehemaligen Brauereige-bäuden fl ankiert wird, im »Limona«-Ge-bäude befi nden sich zwei Zweigstellen der Bibliothek.

Die Baufl uchtlinie der Steubenstraße, die vom Frauenplan in die Innenstadt

führt, wird durch eine leicht hervorsprin-gende Betonnase unterbrochen – Signal für einen weiteren Eingang. Ganz intim wirkt das kleine historische Tor, das direkt vom Frauenplan zur UB führt. Von Goe-the zum Bauhaus – ein Katzensprung!

Die Architekten Andreas Meck und Stephan Köppel haben die zweifl ügelige Bibliothek – die Flügel bilden ein Y – so organisiert, dass ein Platz im Innern des Quartiers entsteht, das Hochschulfo-

Schlüsselwort für die Bibliotheksphilo-sophie ist nach Direktor Hans van

Velzen »belevenis« – das meint das Erlebnis Bibliothek im Ganzen, aber auch die Wahrnehmung einzelner

Bereiche und Aktivitäten.

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 306 Die Botschaft der Häuser

Universitäts-bibliothek der Bauhaus-Univer-sität WeimarWebsite: www.uni-weimar.de/ubBibliothekstyp: UniversitätsbibliothekEinwohner: 64 000Studenten: 4 500Bestand: 435 000 Bände, zahlreiche weitere MedienEröffnung: 2006Art der Baumaßnahme: NeubauArchitekten: Andreas Meck (meck archi-tekten) und Stephan Köppel Fläche: Hauptnutzungsfläche 4 431 QuadratmeterKosten: 18 Millionen Euro, 1,2 Millionen Euro Einrichtungskosten

Prof. Wolfram Henning hat nach dem Studium von Germanistik, Zei-tungswissenschaft und Theaterwissen-schaft und der bib-liothekarischen Aus-bildung in Stuttgart

seine berufliche Laufbahn 1968 als Di-rektionsassistent bei der Stadtbibliothek Bremen begonnen. Bis 2005 lehrte er an der Hochschule der Medien Stuttgart (und ihren Vorläuferinstituten) Biblio-thekskonzepte, Bibliotheksbau und Kul-turmanagement. Vorträge und Publika-tionen, besonders zu Bibliotheksbau und -einrichtung, einschlägige Beratungstä-tigkeit im In-und Ausland, Mitwirkung in Wettbewerbsjurys zum Bibliotheks-bau. Henning gehört der 2006 einbe-rufenen Arbeitsgruppe zur Überarbei-tung des DIN-Fachberichts 13 »Bau und Nutzungsplanung von Bibliotheken« an. – Kontakt: Wolfram Henning, Pfarr-str. 86, 70734 Fellbach, [email protected]

Mit dem Neubau der Universitätsbibliothek hat Weimar etwas gewonnen, was der von einzigartiger Bauhistorie, aber auch von äs-thetischem Konservativismus geprägten Stadt gut tut: ein öffentliches Gebäude von sachlich-entschiedener Modernität.

Foto: A. Burzik/ Bauhausuniversität

5 Andreas Meck und Stephan Köppel: Biblio-theks- und Hörsaalgebäude in Weimar. In: Architektur + Wettbewerbe 2005, Nr. 209 Bibliotheken und Archive, S. 20–23

6 Frank Simon-Ritz: Im Herzen der Universität – der Bibliotheksneubau der Bauhaus-Uni-versität Weimar. In: Bibliothek, Forschung und Praxis 2003(1/2), S. 122–124

7 Hilde Barz-Malfatti und Karl-Heinz Schmitz: Zur Architektur. In: Die Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar. Das Stu-dienzentrum. Hrsg. v . Michael Knoche. Ber-lin: Nicolaische Verlagsbuchhandlung 2006, S. 31f.

rum. Der schmalere Flügel mit dem Ver-waltungsbereich wendet sich einem ruhi-gen Innenhof in Richtung Frauenplan zu.

Das Gebäude fällt von Nord nach Süd, sodass zwei Zugangsebenen entstanden. Das führt zu interessanten Blickbeziehun-gen. Der verglaste Baukörper wirkt ruhig und stark horizontal betont. Für die Archi-tekten ist das Haus »wie ein großer Rah-men, einem Regal vergleichbar, in dem über die Geschosse die Regalreihen einge-stellt sind wie Bücher in die Regalböden«.5

Die Verwaltungsräume haben roten Estrich und gestrichenen Beton. Das Farbkonzept beschränkt sich auf Rot-Braun-Orange-Töne, die an die Bauhaus-architektur erinnern sollen. Die Bibliothek weist Decken und Treppen aus Eichenholz auf. In ruhiger Reihung stehen die schwar-zen Regale auf eichenen Holzpodesten.

Wie studiert es sich in dieser Weimarer UB? Die Ausleihe auf der Haupteingange-bene ist verglast, sodass kein Lärm nach außen dringt. Im Übrigen fi ndet sich hier die (sehr nüchterne) Bibliothekslounge mit zentraler Information, Normen und Presse. Die Ebene »minus Eins« enthält die Lehrbuchsammlung, darunter liegt das Magazin. Alle zwei Stunden werden Ma-gazinbestände bereitgestellt.

Auf den Ebenen »plus Eins« und »plus Zwei« fi nden sich die diversen Sachgebie-te, Semesterapparate und Zeitschriften. 400 Benutzerarbeitsplätze, 100 öff entliche PC-Plätze und fl ächendeckend W-LAN sind verfügbar. Ein PC-Pool mit 15 Plät-

zen für Datenbank-Schulungen wird an-geboten.

Besondere Beachtung verdienen die großzügigen Carrels, Gruppenarbeitsplät-ze und Gruppenräume. Die heute häufi g geforderte störungsarme, aber auch stimu-lierende Lernumgebung wird dort ganz unspektakulär realisiert. Die großzügigen Tischfl ächen fallen auf, geschaff en für die umfänglichen Planmaterialien von Ar-chitekturstudenten. Eine entsprechende technische Ausstattung mit PC, Leinwand und Multimediatechnik gehört dazu.

Das Problem vom störanfälligen, aber ach so repräsentativen Lesesaal löst man mit Understatement: Es gibt ein »Lesesaal-zitat«, wie sich Direktor Frank Simon-Ritz ausdrückt. Eine Anbindung der neuen Bibliothek an das Limonagebäude auf der Ebene »minus Eins« soll demnächst reali-siert werden.6

Im Jahr 2006 erhielten die Architekten den Th üringer Staatspreis für Architektur und Städtebau. Weimar hat etwas gewon-nen, was dem von einzigartiger Bauhisto-rie, aber auch von ästhetischem Konserva-tivismus geprägten Städtchen gut tut: ein öff entliches Gebäude von sachlich-ent-schiedener Modernität.

Studienzentrum der Anna Amalia Bibliothek Weimar

Der furchtbare Brand vom 2. September 2004 und die glanzvolle Wiedereröff nung

der restaurierten Anna Amalia Bibliothek Weimar am 24. Oktober 2007 hatten merkwürdige Eff ekte: Untergang, Verluste und Auferstehung der Bibliothek mit dem berühmten Rokokosaal, deren Leitung Goethe 35 Jahre lang innehatte, gerieten zu nationalen Ereignissen.

In ihrem Schatten reiste die Nachricht von der Entstehung eines wohl einzigarti-gen Studienzentrums, das am 4. Februar 2005 eingeweiht werden konnte. Wenige Wochen nach dem Brand hätten die ge-samten Bestände des Stammbaus hierhin umsiedeln sollen.

Platzmangel und off enbar auch konzep-tionelle Unschlüssigkeit waren im Grünen Schloss, das Herzogin Anna Amalia 1766

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Lesesaal | BuB 307Die Botschaft der Häuser

zur Bibliothek umbauen ließ, schon länger zu Hause. Michael Knoche, der im Jahr 1991 Direktor der Bibliothek wurde, stell-te sich die Aufgabe, beiden Missständen ein Ende zu bereiten.

Eine Denkschrift brachte 1994 das Th e-ma in den politischen Raum. Mindestens so wirkungsvoll war zwei Jahre später die Meldung, dass die wertvollen Bestände vom Schimmel bedroht wurden. Später rückte eine Spendenkampagne der Frank-furter Allgemeinen Zeitung die Nöte der Bibliothek ins helle Licht.

Wie wäre zu bauen? Ein funktionaler Neubau an anderem Platz schien sich an-zubieten. Dann wäre eine Zweiteilung ent-standen: hier die Forschungsbibliothek, dort das Stammhaus als musealer Ort.

Dagegen hielt Knoche mit einer ris-kanten, aber dem genius loci entsprechen-den Idee – nämlich durch Umnutzung einiger weiterer historischer Gebäude ein Ensemble zu errichten, dessen sämtliche Teile baulich miteinander verbunden sein sollten.

Heute besteht dieses Gebäudeensemble aus Bestandsbauten: Rotes Schloss, Gel-bes Schloss, Gleichenscher Hof, ein Bau von 1910, Neue Wache, zwei Torhäuser. Dazu kamen oberirdisch ein Eingangs-neubau mit Lesesaal und Konferenzraum sowie ein Bücherkubus. Dieser Kubus ist das Kernstück der neuen Anlage. Er er-möglicht oberirdische Leseplätze, dient als Bücherhort und Veranstaltungsort, verknüpft Wege und kann als modernes Pendant zum Rokokosaal des Grünen Schlosses angesehen werden.

Unterirdisch entstand ein zweigeschos-siges Tiefmagazin unter dem Platz der De-mokratie und ein etwas düsterer weiterer Lesebereich.

Für die Architekten ging es um Verbin-dung von Gebäuden aus fünf Jahrhunder-ten. Die Grundrisse wurden von den his-torischen Gebäuden beeinfl usst. Zu den baulichen Eingriff en gehörten Verände-rungen des Bodenniveaus und die Anlage von drei neuen Treppenhäusern.

Die technische Ausstattung ist umfas-send: klimatisierte Freihand- und Ma-gazinräume, nachrüstbare Elektro- und Datenverkabelung im gesamten Komplex, Rauchmelder in allen Gebäudeteilen, eine Sprühnebelanlage für das Tresormagazin.

Die Gesamtwirkung der Räume ist ru-hig. Die Tischlerregale sind aus Kirsch-holz und kanadischem Ahorn. »Behagli-che Eleganz« wurde von den Architekten angestrebt und erreicht. Für ihre Leistung erhielten sie den Th üringer Staatspreis 2006 für Architektur und Städtebau.7 Barrierefreiheit, bei Neubauten heu-

Das neue Gebäude, das die Bibliothek und das Audimax der Universität Weimar enthält, wurde in seine Umgebung in einem Brauereiquartier eingepasst. Foto: A. Burzik/ Bauhausuniversität

te mit Recht gefordert, erwies sich trotz aller heterogenen Bauteile als mach-bar.

Man betritt das Studienzentrum durch ein neues Torhaus und erreicht im Erdge-schoss Servicetheke, eine Mediathek mit Sehbehindertenarbeitsplatz, die Fotothek mit 100 000 Motiven zur Kulturgeschich-te Weimars, einen kleinen Hörsaal und eine für Veranstaltungen nutzbare Freifl ä-che im Zentrum des Kubus. Ein Lesecafé ist ebenfalls im Erdgeschoss angesiedelt.

Das Erdgeschoss des Studienzentrums ist ein Informationsbereich, über dem sich in zwei Geschossen Freihandbestände und Arbeitsplätze ausbreiten. Die Freihandbe-

reiche haben eine Kapazität von 200 000 Bänden. Man denkt ans Prinzip der baro-cken Saalbibliothek: Bücherwände bilden den Raum.

Über der Eingangshalle liegt zwischen Stammhaus und Kubus ein repräsentati-ver Lesesaal mit 32 Plätzen. Studiencarrels fi nden sich an der Fensterfront zum Park. Die Tiefgeschosse bergen unter anderem eine zur ausgleichenden Unterhaltung der Forschenden gedachte Romanbibliothek, die von der Suhrkamp-Verlegerin Ulla Berkéwicz zum Andenken an Siegfried Unseld geschenkt worden ist.

Bis zu neun Metern unter der Erde fi nden sich die historischen Bestände der

Neues Eingangsportal des Studienzentrums der Anna Amalia Bibliothek Weimar. Foto: Ulrich Schwarz

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 308 Die Botschaft der Häuser

Studienzentrum der Herzogin Anna Amalia Bibliothek WeimarWebsite: [email protected]: ForschungsbibliothekEinwohner: 64 000Bestand: 1 Million Bände, zahlreiche weitere Medien Eröffnung: Studienzentrum 2005, restauriertes Stammgebäude 2007Öffnungsstunden pro Woche: 67 Stunden (Information), 52 Stunden (Ausleihe)Art der Baumaßnahmen: Restaurierung/Umbau/NeubauArchitekten: Walther Grunwald (Restaurierung: Grünes Schloss), Karl-Heinz Schmitz und Hilde Barz-Malfatti (Studienzentrum)Flächen: Hauptnutzungsfläche 6 218 Quadratmeter (nur Studienzentrum)Kosten: 21,1 Millionen Euro mit Inven-tar

8 Michael Knoche: Das neue Studienzentrum – Vorgeschichte und Nutzungskonzept. In: Die Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar. Das Studienzentrum. Hrsg. v. Mi-chael Knoche. Berlin: Nicolaische Verlags-buchhandlung 2006, S. 9 – 17

9 Andrew McDonald: Th e Top Ten Qualities of Good Library Space. In: IFLA Library Building Guidelines: Developments & Re-fl ections. München: Saur 2007, S. 14–29

Bibliothek im Tiefmagazin. Eine große Vielfalt von Leseplätzen ist im Gebäude-komplex vorhanden. Das Studienzentrum hat 130 komfortabel ausgestattete Plätze (vorher 30).

Die Anna Amalia Bibliothek ist nicht nur beträchtlich erweitert, sie hat ein ge-schärftes, klares Profi l bekommen. Auch das Grüne Schloss ist kein von der mo-dernen Entwicklung abgeschnittener Museumsbau geworden. Das ist eine Teil-funktion, zur Freude von Besuchern und lebhafter Schulklassen.

Aber zugleich ist das Gebäude nun ein Lern- und Forschungszentrum für das alte Buch. Michael Knoche bilanziert das Gesamtprojekt: »Aus der Fürstenbiblio-thek wird eine Forschungsbibliothek.«8

Man fühlt sich in diesem Gebäude-komplex ganz eigen. Goethe könnte da oder dort um die Ecke schreiten, in den weitläufi gen Tiefen mag man schon an Faustens Gang zu den Müttern denken, im Kubus oben genießt man das helle Licht moderner Erkenntnis.

Das elfte Gebot

Die Botschaft der Häuser ist stark – auch wenn das nicht für alle Zeiten so bleiben

muss. Enormer Publikumsmagnet in der Metropole Amsterdam. Vertrauen auf »stories«, in welchem Medium auch im-mer, in Delft.

Systematische Erkundung des Mitei-nanders von Bibliothek und Volkshoch-schule im hochsymbolischen Wissensturm zu Linz. Komfortable neue Studien- und Forschungswelten im klassischen Wei-mar.

Faulkner-Browns »zehn Gebote« des funktionalen Bibliotheksbaus haben eine Nachfolge gefunden. Die »Top Ten«-Qua-litäten guter Bibliotheksräume, die der Londoner Bibliothekswissenschaftler An-drew McDonald fordert, decken sich nur zum Teil mit den bekannten Forderungen nach Wirtschaftlichkeit, Veränderbarkeit, Sicherheit und so weiter. Interessant ist, worin McDonald abweicht:� Funktionalität bedeutet, die Menschen

ins Zentrum der Planung zu stellen. � Zugänglichkeit ist ein soziales Th ema,

Bücherkubus des Studienzentrums der Anna Amalia Bibliothek. »Behagliche Eleganz« wurde von den Architekten angestrebt und erreicht. Foto: Ulrich Schwarz

nicht einfach ein Aspekt der Wegefüh-rung.

� Die Bibliotheksräume müssen ganz un-terschiedliche Aktivitäten zulassen.

� Die Räume müssen inspirierend wir-ken.

Und – das ist McDonalds elftes Gebot! – neue Bibliotheksräume müssen etwas schwer zu Fassendes, aber Notwendiges aufweisen: »the oomph- or wow-factor«.9

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Lesesaal | BuB 309Schwerpunkt

Die Botschaft der Häuser

Die Zeiten sind vorbei, in denen Designermöbel reflexartig abgelehnt wurden und Farbkonzepte als unnötig galten. Modern sind Ideen von Atmosphäre, Aufenthaltsqualität und öffentlichem »living room«, wie hier im DOK Delft. Foto: DOK Delft

Wolfram Henning

Die Botschaft der HäuserTrends und Tendenzen im modernen Bibliotheksbau

Bibliotheksgebäude sind nicht nur eine »Rahmenbedingung«, um darin Men-schen und Medien zu beherbergen: Sie entscheiden mit über Substanz, Profi l und Qualität der gesamten Einrichtung. Die Bibliotheksarchitektur erregt inzwischen wieder Aufsehen, Stars der Szene wie Rem Koolhaas, Norman Foster, Gottfried Böhm, Herzog und de Meuron bauen Bibliotheken. Die wichtigsten Tendenzen im modernen Bibliotheksbau erläutert Wolfram Henning in folgendem Beitrag.

Vier Pfeiler tragen die Bibliothek: als Hauptkapital ihr qualifi ziertes Personal, sodann die Bestände und

die Einbindung in Netzwerke im Zeichen der Digitalisierung. Und schließlich das Gebäude. Studienzentrum und Treff -punkt soll es sein, Teil der zentralen Funk-tionen der Gemeinde. Vom Zustand aller vier Pfeiler hängt es ab, wie die Bibliothek ihre Aufgaben wahrnimmt in den Feldern Information, Bildung, Kultur, als Inspira-tionsquelle für das Lesen und als Podium für Diskussionen, als öff entlicher Platz. So sieht es die Vereinigung öff entlicher Bib-liotheken in den Niederlanden.1

Das Bibliotheksgebäude ist also nicht eine Rahmenbedingung, um Menschen und Medien trocken zu halten, es entschei-det unverzichtbar mit über die Substanz der Bibliothek. Misstrauenserklärungen angesichts des Trends, »das Bibliotheks-wesen sozusagen über die Architektur zu modernisieren«, greifen zu kurz.2

Welche Tendenzen spiegeln sich gegen-wärtig in dem, was ich die »Botschaft der Häuser« nennen möchte? Vorweg sei an eine verstorbene Lieblingsidee der Neun-zigerjahre des 20. Jahrhunderts erinnert: »Die Fassade wird nicht mehr aus Steinen erbaut […], sondern sie besteht aus Pixeln auf Tausenden über die ganze Welt ver-streuten Bildschirmen […] alles Feste löst sich in Luft auf.«3

Kopfschüttelnd oder erfreut betrachten die Auguren die anhaltend lebhafte Bautä-tigkeit. Die Planer von Bibliotheksgebäu-

den sehen sich einer nach wie vor starken Buchproduktion und zugleich den neuar-tigen Angeboten gegenüber. »Diese Ge-mengelage im Übergang von Büchern zu Bytes ist das Hauptmerkmal der hybriden Bibliothek.«4

Versucht man einen Überblick über aktuelle Tendenzen, stößt man teils auf Th emen, die von raschem Wandel zeugen – Kommunikationstechnik, Gebäude-technik, Selbstverbuchung – andernteils auf die angesagten Interpretationen klas-sischer Fragen wie etwa Grundriss und Flexibilität.

Tendenzen im Bibliotheksbau

Öff entliches Wohnzimmer

Die ursprüngliche Idee, aus dem häuslich-privaten Raum in den öff entlichen Raum der Bibliothek zu wechseln, hat sich diff e-renziert: Via Internet wird das private Re-fugium zum Empfangs- und Sendeplatz weltweiter Kommunikation.

Der von Tausenden aufgesuchte öff ent-liche Bibliotheksraum wird seit einigen Jahren von Architekten wie Bibliotheka-ren gern als Wohnzimmer bezeichnet. Olaf Eigenbrodt: »Öff entliche Orte, die Kommunikation ermöglichen und gleich-zeitig eine private Atmosphäre inszenieren, werden also nicht gemieden, sondern im Gegenteil gesucht.«5 Das hat Konsequen-zen für Raumangebot, Bereichsbildung, Gestaltung und Möblierung.

Standort und Stadtentwicklung

Die klassische Forderung »Next to Wool-worth!« – die Öff entliche Bibliothek ge-hört neben die großen Kaufhäuser – wird von den Politikern aus Gründen der Stadt-entwicklung gern variiert.

»Im Spannungsfeld zwischen ›Verslu-mung‹ und Belebung wurde der Gürtel zum besonderen Objekt der Stadtplanung und Stadtsanierung«, erläutert Alfred Pfo-ser die Standortwahl für die neue Zentral-bibliothek in Wien.6

Friedrichshafen am Bodensee überlegte, mit welcher Idee man das Geschäftsviertel stärker beleben könnte. Lösung: die Ver-pfl anzung der Öff entlichen Bibliothek, die nun als »Medienhaus am See« nachhaltig Besucherströme erzeugen wird.

Nicht im Zentrum der Stadt wird sich die kurz vor der Eröff nung stehende Bib-liothek in Luckenwalde fi nden. Als dritter Punkt eines »Kräftedreiecks« mit Rathaus und Kreishaus soll sie das tote Bahnhofs-viertel revitalisieren. Der Bahnhof wird zur Bibliothek. �

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 310 Die Botschaft der Häuser

Nur von Fall zu Fall lässt sich klären, ob solche zunächst bibliotheksfremden Erwägungen der Bibliothek schaden oder ihr möglicherweise eine Schubkraft be-scheren, die sie mit allen inhaltlichen Ar-gumenten nicht erreichen könnte.

Architektur

Eine typische Bibliotheksarchitektur – historisch lässt sie sich sehr schön an der wissenschaftlichen Großbibliothek mit Hochmagazin festmachen – existiert nicht. Etwas vage konstatiert man also Modern Freestyle, weist auf typische Ma-terialien wie Beton, Stahl und Glas hin, empfi ndet Gebäude als off en, einladend und transparent oder freut sich am nostal-gischen Charme umgenutzter Altbauten.

Feststellen lässt sich, dass nach einer Pe-riode aufsehenerregender Museumsbauten in den letzten Jahren auch Bibliotheken von Öff entlichkeit und Architekturkritik als Attraktionen empfunden werden. Stars der Architekturszene wie Rem Koolhaas, Norman Foster, Gottfried Böhm, Herzog und de Meuron bauen Bibliotheken.

Die Bilder der Public Library Seattle, der gläsernen Pyramide von Ulms neuer Zentralbibliothek und des Informations-, Kommunikations- und Medienzentrums der Universität Cottbus gehören zum »Zeichenvorrat«, ebenso wie der Rokoko-saal der 2004 durch Feuer zerstörten und nun restaurierten Anna Amalia Bibliothek in Weimar.

Eine britische Bibliothekarin hat nach einer Deutschlandreise bilanziert, dass die neuen deutschen Universitätsbibliotheken »at the fore front of modern library design« stehen.7

Der Architekt Rolf Ramcke weist dar-auf hin, dass durch den stürmischen Wan-del der Informationstechnologien »sich Arbeitsweisen und Arbeitsabläufe und damit auch die Arbeitsorte entscheidend ändern«. Das meint Verwaltungsabläufe, Zugriff zu den Beständen und die Berück-sichtigung heutiger Benutzungsformen. »Orientierung und Stimulanz« sind für Ramcke übergeordnete Leitbegriff e für die Entwicklung adäquater architektoni-scher Lösungen.8 (Siehe hierzu auch das Interview auf Seite 313.)

Eine Verallgemeinerung wagt die Re-daktion der Zeitschrift »Architektur + Wettbewerbe« in einem Th emenheft zum Bibliotheksbau:

»Bibliotheksbauten boomen. Archi-tektonisch äußert sich dies in fl ießenden, spannungsvollen und dennoch hochgra-dig funktionierenden Räumen, frischen Farben, geschmackvollen Möblierungen

und Einbauten sowie interessanten Fassa-denkonzepten.«9

Unverändert häufi g ist auch die Um-nutzung historischer Bauten für Biblio-thekszwecke. Das geht von der Zehnt-scheuer (siehe Beitrag auf Seite 338) bis zum Polizeipräsidium. Die Kombination historischer Räume mit moderner Erwei-terung kann zu besonders reizvollen und funktional durchaus befriedigenden Lö-sungen führen.

Kombinationen

Die Kombination der Bibliothek mit einer anderen Einrichtung in einem Gebäude oder Gebäudekomplex ist nach der Kul-turzentrumswelle vor dreißig Jahren er-neut zum Th ema geworden.

Als Frequenz- und Imagebringer fi n-det sich die Bibliothek in Einkaufszen-tren. Programmatisch ist die räumliche Verbindung mit Volkshochschulen, sei es additiv wie in Chemnitz oder im Rahmen eines gemeinsamen Bildungskonzepts und gemeinsamer Organisation wie in Unna oder seit Kurzem in Linz.

Die Londoner Idea Stores demonstrie-ren in sozial schwierigen Vierteln einen unbekümmerten Mix von Bibliotheks-, Lern- und Freizeitangeboten.10

Bibliotheksbau als Symbol

Bibliotheksbauten können symbolhaf-te Wirkung haben. Die vier (funktional höchst fragwürdigen) Türme der Biblio-thèque de France werden als aufgeschla-gene Bücher gedeutet und gemahnen an die »grands projets« französischer Präsi-denten.

Die großen Gebärden der Nationalbib-liotheken von Tallin und Zagreb zeugen von frisch errungener nationaler Unab-hängigkeit, der eher unauff ällige Neubau der Deutschen Bibliothek in Frankfurt am Main dagegen von Verlegenheit. Ein archi-tektonisches Zeugnis bildungspolitischen Willens ist der Wissensturm in Linz.

In Seattle »wird das Gebäude selbst zu einem ikonischen Symbol gegenüber der Stadt«. Die eigenwillige Form lässt sich als logische Konsequenz aus dem Bibli-otheksprogramm begreifen.11 Inmitten kleinmaßstäblicher Wohnbebauung sym-bolisiert das Oval der Stadtteilbibliothek Bremen-West den außergewöhnlichen Ort, der für alle da ist.

Räume

Der Begriff der »modernen Einraumbib-liothek« fasst nicht alle praktischen Be-

dürfnisse. Er ist gerechtfertigt, sofern er meint, dass man die Hauptpublikumsbe-reiche in einem Raum oder doch in fl ie-ßender Raumfolge organisieren kann.

Auch Café- und Ausstellungsfl ächen werden gern in diese off ene Struktur ein-gebunden. Anders ist es mit Gruppenräu-men, Computerschulungsräumen, Lern-treff s, Kinderwerkstätten, story telling rooms. Attraktive Seminar- und Konfe-renzräume lassen sich vermieten.

Die Überlegung, Veranstaltungsfl ä-chen off en zu halten, ist plausibel, damit sie auch im Alltag nutzbar sind. Während der Öff nungszeiten sind Veranstaltungen dann freilich gar nicht oder nur in be-grenztem Rahmen möglich.

Es begegnen ergänzende Nutzungen wie Buchhandlung oder Restaurant. Die Interessenabwägung kann schwierig sein: zusätzliche Stell- und Arbeitsfl ächen ge-winnen oder doch ein attraktives Bistro einplanen?

Gestalterisch triff t man auf attraktive Bibliothekslandschaften mit vielfältigen horizontalen und vertikalen Durchbli-cken. Akustische Probleme können der Preis sein. Barrierefreiheit wird mit Recht als verpfl ichtend angesehen und am unbü-rokratischsten in Absprache mit den Ver-tretern entsprechender Verbände erreicht.

Grundriss

»Das Haus soll als kompakte Einheit auf dem einem Quadrat mindestens angenäher-ten Grundriss zusammengefasst sein«, lau-tete die strikte Forderung vergangener Jahr-zehnte. Nur so ergäben sich die benötigten raumorganisatorischen »Spielfl ächen«.12

Heute bemerken wir raumorganisato-risch durchaus befriedigende fächerförmi-ge Grundrisse; die UB Magdeburg ist um ein glasgedecktes Atrium herum organi-siert; durch elegante Brücken sind die Ge-bäudearme der Stadtbibliothek Gütersloh verbunden; die Öff entliche Bibliothek in Münster bildet ein Häuserduo, das durch eine zentrale Brücke und ein durchgehen-des Untergeschoss geschickt miteinander verbunden ist; organische Formen begeg-nen im fi nnischen Tampere oder bei der amöbenförmigen Grundrisslösung der UB Cottbus.

Grenzen werden sicherlich dort über-schritten, wo bei knappen Flächen Spitz-winkligkeit mit schmalen Podesten und häufi gen Niveausprüngen korrespondiert.

Flexibilität

Ist Flexibilität ein übergeordnetes Pla-nungsziel oder ein Instrument, um wichti-

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Die Botschaft der Häuser

ge Teilforderungen zu realisieren? Die Idee unbegrenzter Flexibilität war lange mit der Idee vom idealen Grundriss verknüpft.

Der britische Architekt Harry Faulkner-Brown reüssierte auch in der deutschen Fachdiskussion mit seiner Vorstellung vom voll fl exiblen, kompakten, beliebig veränderbaren Bau. Die von ihm entwor-fene UB Nottingham mit der Grundriss-form eines dem Quadrat angenäherten Rechtecks bot das Beispiel: fi x sind hier nur Treppen, Lift und Toiletten.13

Auch bei Neubauten – von der Biblio-theksnutzung historischer Gebäude ganz zu schweigen – regte sich Widerspruch ge-gen diese rigide Position.

Der Wissenschaftsrat fordert für Hoch-schulbibliotheken Flexibilität in der Er-richtung, um Änderungswünsche wäh-rend der langen Planungszeiten auff angen zu können und Flexibilität im Betrieb, das heißt hohe Tragfähigkeit der Decken, leicht versetzbare Trennwände und zu-kunftsorientierte Verkabelung.14 Elmar Mittler plädierte schon 1980 für »geglie-derte, nicht mehr voll fl exible Gebäude«.15

In jüngster Zeit unterschied das Büro Rem Koolhaas am Beispiel Seattle zwi-schen uniformer Flexibilität – ein Bereich wächst, ein anderer wird zusammenge-drängt – und der Flexibilität innerhalb einzelner Bibliotheksbereiche – ohne Be-drohung von Nachbarbereichen.16

Die neue Philologische Bibliothek der FU Berlin ist aufgrund des Architekten-entwurfs und des sie umgebenden Gebäu-debestandes im Innern schwerlich verän-derbar und schon gar nicht im Sinne der äußeren Flexibilität zu erweitern. Dennoch zählt »the Brain« zu den spannendsten Bib-liothekserlebnissen der jüngsten Zeit.

Gebäudetechnik

Auf den ersten Blick sind die klassischen Th emen geblieben: die Position von Wän-den und Stützen, natürliche Belichtung, künstliche Beleuchtung, Klima, Akustik, Elektroinstallationen, Sicherheit.

Sie erfahren jedoch neue Interpretatio-nen. Ökologisches Bauen, Wärmerückge-winnung, Bauteilkühlung mit Nachtluft, Energieeinsparung, horizontale und verti-kale Ausdehnung von Kabelnetzen.

Natürliches Licht wird immer virtuoser auch in die Tiefen vielgeschossiger Gebäu-de geholt. Die künstliche Beleuchtung hat die Aufgabe erhalten, der Bibliothek ein eindrucksvolles »Nachtgesicht« zu geben.

Bildschirme mit elektronischen An-zeigen von Bibliotheksdiensten und -ver-anstaltungen oder Hinweisen zur Ori-entierung im Gebäude sind übers ganze

Café- und Ausstellungsflächen werden gern in die offene Struktur der Räume eingebunden, wie hier im Wissensturm Linz. Foto: Herzenberger, Magistrat Linz

Die bibliothekspädagogische Vorstellung von in die Buchbestände integrierten neuen Medien wird in der Praxis manchmal konterkariert: Scharen junger Leute bevölkern die geballten Medi-enbereiche, die Bücher stehen anderswo. Foto: DOK Delft

Die Kinderbibliothek im DOK Delft ist ein Ort zum Wohlfühlen – und das ganz ohne Teddybären-kitsch. Foto: DOK Delft

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 312 Die Botschaft der Häuser

Haus verteilt; wer die neue Amsterdamer Zentralbibliothek betritt, bekommt so im Eingangsbereich die neuesten Tagesnach-richten serviert.

IT-Technik

Schon vor einigen Jahren hat zum Bei-spiel Ingo Kolasa darauf hingewiesen, dass man das Th ema nicht auf die Ergonomie von Bildschirmarbeitsplätzen reduzieren kann. Netze und Hardware stellen erhöh-te Anforderungen an Klimatisierung und stabile Stromversorgung, Kabelkanäle und Hohlraumböden müssen Reserven für künftigen Ausbau enthalten, Wireless Local Areas Network (W-LAN) ist zu er-möglichen, Hybridlösungen mit drahtlo-sen und drahtgebundenen Bereichen sind bei größeren Neubauvorhaben einzupla-nen.17

Eine Herausforderung: Wie kann der Besucher die verschiedensten neuen Me-dien und Programme nutzen, ohne aus »technischen Gründen« mehrfach den Platz wechseln zu müssen?

Bibliotheksbereiche

Beobachtungen einzelner Bibliotheksbe-reiche zeigen: � Es gibt (und es entstehen) immer noch Eingangsbereiche, die man als »no action areas« bezeichnen könnte: Abfertigungs-theken oder Garderoben, sonst nichts. Dagegen hat die UB Frankfurt am Main ihren »abgelebten« Eingangsbereich in einen Kommunikationsbasar verwandelt: zentraler Anlaufpunkt für Benutzer, Bis-tro, Zeitungen, Gruppensitzplätze, Ge-spräche, Computerrecherchen, eigenwilli-ges Mobiliar, Boxen in Schwarz, Rot und Petrol. Eine vergleichbare Tendenz zeigt die Verwandlung eines Zeitungslesesaals in eine Library Lounge an des Universi-tätsbibliothek Passau.18

� Die RFID-Selbstverbuchung gestattet und erfordert Veränderungen der Raum-organisation, Dezentralisation statt Bün-delung sämtlicher Vorgänge in einem Ver-buchungsbereich ist möglich.� Die bibliothekspädagogische Vorstel-lung von in die Buchbestände integrierten neuen Medien wird zum Teil von einer Praxis konterkariert, die auf Unterhal-tungswert und technische Attraktivität neuer und allerneuester Medien setzt. Scharen junger Leute bevölkern diese ge-ballten Medienbereiche, Bücher stehen anderswo.� Dem einen großen und störanfälligen Lesesaal der wissenschaftlichen Bibliothek wird heute vielfach eine Absage erteilt;

statt seiner begegnen kleinere »Lesesaalzi-tate«, ein immer diff erenzierteres Angebot an Einzelarbeitsplätzen und mehr Arbeits-möglichkeiten für Gruppen. Bei Öff ent-lichen Bibliotheken wird die Auswahl an »informellen« Sitz- oder auch Liegeplät-zen, ohne und mit Bildschirmen, immer reichhaltiger.

Ausstattung

Wer sich der Zeiten erinnert, da Parkett als zu edel für Öff entliche Bibliotheken galt, Designermöbel refl exmäßig für unfunkti-onal erklärt und Farbkonzepte abgelehnt wurden, weil doch dank Buchrücken und Benutzergewandung ohnehin Farbe ins Haus käme – der wird dankbar registrie-ren, dass der Trend zu anspruchsvoller Raumgestaltung und hochwertiger Mö-blierung sich auf Dauer nicht aufhalten ließ. Er korrespondiert mit den Ideen von Atmosphäre, Aufenthaltsqualitäten und öff entlichem »living room«, von der Bib-liothek als Erlebnis.

Balance

Everything goes? Bei der Fülle möglicher Interpretationen der Bibliothek durch Bibliothekare, Architekten und natürlich auch erfolgssüchtige Bauherren sind klare Grundideen gefragt, um sich nicht heillos zu verirren.

Zwei Hauptpositionen lassen sich aus-machen. Walter Umstätter spricht vom Spannungsverhältnis zwischen dem Er-werb von Macht durch Wissen, das aber von den Lesern in harter Arbeit erst erwor-ben werden muss, und dem Kampf um die Nutzerzahlen beziehungsweise »Kunden«, durch attraktive Freizeitangebote. Strebt zum Beispiel die Öff entliche Bibliothek Wissensvermittlung oder Unterhaltung an?« Muss man sich gar »an Rom vor dem Untergang« erinnert fühlen?19

Dagegen setzt Olaf Eigenbrodt auf un-terscheidbare Bereiche innerhalb der Bib-liothek. Schon in der Gebäudestruktur sollte sich ablesen lassen, welche Zonen eher für konzentriertes Arbeiten und wel-che für Begegnung und Kommunikation gedacht sind. Sein Leitgedanke ist die so-ziale Funktion der Bibliothek, nicht der Primat von Technologie, Ökonomie und voller Flexibilität.20

1 Vereniging van Openbare Bibliotheeken. Den Haag, December 2005

2 Walther Umstätter: Die Rolle des Biblio-theksbaus für die moderne Bildungs- und Wissensproduktion in der optimal verteilten Bibliothek. In: Libreas 2005(1)

3 William J. Mitchell: City of Bits – Leben in der Stadt des 21. Jahrhunderts. Basel u.a.: Birkhäuser, 1996

4 Glen E. Holt, Jens Ingemann Larsen und Ton van Vlimmeren: Selbstbedienung in der hy-briden Bibliothek. Gütersloh: Bertelsmann Stiftung, 2002, S. 9

5 Olaf Eigenbrodt: Living Rooms and Mee-ting Places – aktuelle Annäherungen an den Raum der Bibliothek. In: Die Bibliothek als öff entlicher Ort und öff entlicher Raum. Ber-lin: Bib Spider, 2006, S. 47–61, zit. S. 51

6 Alfred Pfoser: Der Gürtel wird Bibliothek. Bibliotheksbau und Stadtplanung. In: Büche-reiperspektiven 2004, 1, S. 20 f.

7 Alison Wilson: Germany – leading library de-sign. In: Cilip Update 2004, 9, S. 25–29

8 Rolf Ramcke: Bibliotheken – Gebäude, Be-trieb, Nutzung. In: Detail 2005, 3, S. 164 – 71, zit. S. 164 und 166

9 Architektur + Wettbewerbe 2005, Nr. 209 Bibliotheken und Archive, Editorial

10 Dazu Hannelore Jouly: Königswege durch Experimentierfelder? In: BuB 58(2006)11/12, S. 764–767. Der Idea Store Whitechapel in London wird vorgestellt in Architektur + Wettbewerbe 2005, Nr. 209 Bibliotheken und Archive, S. 50–53

11 Anna Klingmann: Datascapes als Informa-tionslandschaften. In: Susanne Bieri und Walther Fuchs (Hrsg.): Bibliotheken bauen – Tradition und Vision. Basel u.a.: Birkhäuser 2006, S. 377–405, zit. S. 394

12 Werner Mevissen: Tendenzen im Bibliotheks-bau – öff entliche Bibliotheken. In: Verband der Bibliotheken des Landes Nordrhein-West-falen. Mitteilungsblatt 1969, Sonderdruck

13 Harry Faulkner-Brown: Der off ene Plan und die Flexibilität. In: Bibliotheken wissen-schaftlich planen und bauen. München 1981, S. 9–25

14 Wissenschaftsrat: Empfehlungen zur digita-len Informationsversorgung von Hochschul-bibliotheken. Köln: Wissenschaftsrat 2001, S. 38

15 Elmar Mittler: Bibliotheksbau in Deutsch-land um die Jahrtausendwende. In: Biblio-thek, Forschung und Praxis 2003, 1/2, S. 8

16 Rem Koolhaas: Content. AMOMA 2003. Taschen-Verlag, S. 140ff .

17 Ingo Kolasa: Bibliotheksbau. In: Die moder-ne Bibliothek. Ein Kompendium der Biblio-theksverwaltung. München: Saur, 2004, S. 61–92

18 Zu Frankfurt: Wolfram Henning: Bibliothe-ken – Häuser des Lesens, In: Hessen, Kultur und Politik. Die Bibliotheken. Stuttgart: Kohlhammer, 2005, S. 115–130. Zu Passau: Anita Kellermann und Steff en Wawra: Die Library@Lounge an der Universitätsbiblio-thek Passau. In: BuB 2006, S. 359–362

19 Umstätter, s. Anm. 220 Eigenbrodt, s. Anm.5, zit. S. 57

Quellen:

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Lesesaal | BuB 313Schwerpunkt

Die Botschaft der Häuser

»Keine Angst vor der Ästhetik!«

Architekt Rolf Ramcke fordert mehr Mut bei der Gestaltung: Bibliotheken sollen stimulieren und Orte der Identifi kation sein

Im Zeitalter der digitalen Speichermedi-en ist das Buch schon vielfach totgesagt worden. Dennoch erlebt der Bibliotheks-bau derzeit geradezu eine Renaissance. Das ist nicht nur Anlass zur Freude, wie Architekt Rolf Ramcke im Interview mit BuB-Redakteur Bernd Schleh feststellt. Statt auf die drei wesentlichen Elemente einer gelungenen Bibliotheksarchitektur – Verhaltenssicherheit, Stimulation und Identifi kation für die Nutzer – zu setzen, würden sich allzu viele Neubauten in der Beliebigkeit verlieren. Der Bauexperte und Dozent am Institut für Informations- und Bibliothekswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin fordert eine Neuo-rientierung, nicht zuletzt deshalb, weil er den Bibliothekaren einen ausgeprägten Mangel an ästhetischem Bewusstsein attestiert: »Wenn sich ein ganzer Berufs-stand darauf kapriziert, nur die Funktion zu erfüllen, hat er, ohne es zu wissen, eine ästhetische Entscheidung gefällt. Und zwar eine sehr negative.«

BuB: Herr Ramcke, der Bibliotheksbau er-lebt derzeit eine Renaissance. Handelt es sich dabei um ein letztes Aufbegehren oder sind Bibliotheken tatsächlich so aktuell wie selten zuvor?

Rolf Ramcke: Die aktuelle Blüte der Bibliotheken hat meines Erachtens keinen tieferen Grund. So eine Entwicklung ent-steht ganz unvorhersehbar: Im Bauwesen stehen immer irgendwelche Th emen im Vordergrund. Vor den Bibliotheken waren es die Museen. Beide Th emen sind viel-leicht durch die Vergangenheitsorientie-rung der Menschen in den Vordergrund gerückt.

Könnte die Aktualität auch daher rühren, dass Bibliotheken inzwischen mit das letz-te Bollwerk gegen die graduelle Erosion des öff entlichen Raums aufgrund zunehmender Kommerzialisierung sind?

Das sehe ich nicht so. Man versucht da mit dem verschwommen Begriff »Kom-munikationszentrum« Bibliotheken als öf-fentliche Räume darzustellen, das ist aber eher ein Wunschdenken der Bibliothekare. Im Strategiekonzept »Bibliothek 2007« wird behauptet, dass mehr als 60 Prozent der Deutschen die Bibliothek benutzen. Die Zahl sagt aber nur, dass so viele Deut-sche irgendwann mal in einer Bibliothek waren. Aktive Benutzer sind aber rund 10 Prozent der Bevölkerung. Zieht man hier-von noch mal die Hälfte ab, die gezwunge-nermaßen eine Bibliothek benutzen, zum Beispiel Studierende, dann ist der Rest, der freiwillig in eine Bibliothek geht, eine marginale Größe, bei der man nicht von Bollwerk sprechen kann.

Was machen die Bibliothekare falsch?Bibliothekare denken im Wesentlichen

an ihre Arbeit, an die Bücher, an die Medi-en, an eine effi ziente Betriebsweise – aber sie denken sehr wenig daran, wie sie auf ihre Kunden wirken. Das ist ein grund-sätzlicher Fehler. Die Darstellung, die Wirkung auf den Menschen ist entschei-dend für die Herstellung und Strukturie-rung eines öff entlichen Raumes.

Das heißt, Bibliothekaren ist die Funktion ihrer Einrichtung wichtiger als die Ästhetik?

Schon in Ihrer Formulierung ist das Grundproblem erkennbar: Es gibt kei-ne Trennung zwischen Funktion und Ästhetik. Funktionen sind immer eine ästhetische Kategorie. Das heißt, es gibt keine funktionale Anordnung, zum Bei-spiel innerhalb einer Bibliothek, ohne ihre ästhetische Auswirkung. Wenn sich ein ganzer Berufsstand darauf kapriziert, nur die Funktion zu erfüllen, hat er, ohne es

zu wissen, eine ästhetische Entscheidung gefällt. Und zwar eine sehr negative. Da kann keiner entwischen – auch Bibliothe-kare nicht. Wenn man das versucht, dann entsteht häufi g diese muffi ge, unerträgli-che Ausstrahlung, die dem ganzen Berufs-stand nicht zur Ehre gereicht.

Kämpfen mit diesem Problem auch andere Berufsgruppen?

Meiner Ansicht nach handelt es sich hier um ein typisches, sehr bibliotheka-risches Problem. Und was erschwerend hinzukommt: Die Bibliothekare selbst be-merken es gar nicht. Ich habe in meinem Berufsleben viele Gebäude entworfen, für viele Berufsbereiche, diesen Mangel an ästhetischem Bewusstsein habe ich bei keinem anderen Berufsstand in dieser Ausprägung gefunden. Gepaart ist die-ser Mangel übrigens mit einer geradezu kritiklosen Begeisterung an ästhetischen Fragen, was wiederum zeigt, dass man sich über Ästhetik keine großen Gedan-ken macht. Eine ästhetische Entscheidung ist ein Wagnis, dabei kann man sich auch bloßstellen. Bibliothekare sind off ensicht-lich dazu wenig bereit. Sie sind zu vorsich-tig, zu zurückhaltend.

Sind denn dann alle Bibliotheken hässlich?Nein, natürlich nicht. Es gibt sehr at-

traktive Bibliotheksgebäude. Aber oft steckt dahinter kein eigentlich ästhetischer Ansatz, sondern so eine Art Markenden-ken: Man erstrebt nicht die Schönheit des Gebäudes, sondern den Namen des Starar-chitekten. Das geht am Kern des Problems vorbei. Auf diesen vordergründigen Eff ekt setzen übrigens nicht nur Bibliotheken, sondern in jüngster Zeit beispielsweise auch Automobilkonzerne, die sich Starar-chitekten holen, um ihre Kundenzentren als Kommunikationsräume zu erschaff en.

Norman Foster in Berlin, Santiago Calat-rava in Zürich, Rem Koolhaas in Seattle – warum bauen Star-Architekten gerne Bib-liotheken?

Die kriegen die Angebote hinterherge-worfen. Die Auftraggeber wollen ja, dass sich die Attraktivität der Bibliothek durch den prominenten Erbauer erhöht. Sie wol-len die Marke.

In der Regel sind das ja auch ästhetisch schö-ne Gebäude.

Das muss man diff erenzierter sehen. Calatrava schaff t beiläufi g auf gerade 800 Quadratmetern in der Fakultät der Rechtswissenschaften in Zürich einen bezaubernden Bibliotheksraum. Die Ko-olhaas-Bibliothek in Seattle ist auf zigtau-

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BuB | Lesesaal 314 Die Botschaft der Häuser

send Quadratmetern mit viel aufgepfropf-ter Th eorie von einer Beliebigkeit, die im Kern eigentlich mit einer Bibliothek nicht viel zu tun hat.

…was bei den Besuchern aber gut an-kommt.

Ja, aber damit wird nicht das vorge-nannte Problem gelöst. Es ist mehr dem Komplex kritikloser populärer Begeiste-rung zuzuordnen. Außerdem stellt sich die Frage, ob die Bibliothek in Seattle in ihrer Beliebigkeit eigentlich noch eine Biblio-thek ist.

Wie sieht denn eine rundum gelungene Bib-liothek aus?

Da möchte ich den Neubau der Tech-nischen Universität im niederländischen

Delft nennen. In dieser Bibliothek sind eigentlich alle Probleme ansprechend ge-löst, die heute in der Fachwelt diskutiert werden. Das ist ein Bibliothek, in der man sich gerne aufhält, ein Ort mit einem in-spirierenden Konzept.

Können Sie das näher beschreiben?Der Weg des Nutzers in das Gebäude

führt trichterförmig in den Untergrund, aus dem gleichzeitig die Bibliothek mit ei-nem bogenförmigen Dach herauswächst, ein Bild der in sich widersprüchlichen Grundgegebenheit einer Bibliothek. Das Dach, das übrigens außen begrünt und be-gehbar ist, steigt auf eine Höhe von 14 Me-tern an. Vor dem Eintretenden erscheint am Ende des Raumes, herrlich beleuchtet, eine riesige Bücherwand, vier Geschosse

übereinander, das ist wie eine Bühne, wie ein Bühnenbild als Bild der Bibliothek. Man kann die Bücher benutzen, man muss aber nicht – und dennoch: Durch diese In-szenierung weiß der Besucher immer wo er ist, dort wo es Bücher gibt, in der Bib-liothek. Das Ganze ist derartig inszeniert, dass man einerseits die grandiose Pracht des Buchbestandes sieht, gleichzeitig aber auch an den Abschied vom Buch erinnert wird. In der Mitte der Bibliothek befi ndet sich eine Art Kegel, der die bogenförmige Decke durchstößt, gewissermaßen als Pa-raphrase auf den klassischen Lesesaal. In diesem Kegel sind auf verschiedenen Ebe-nen Arbeits- und Leseplätze vorhanden, ganz locker angeordnet und durch schma-le Stege mit der Bücher-»Bühnenwand« verbunden. Der gesamte Raum wird durch eine parallel zum Eintretenden verlaufen-de hohe Glaswand getrennt, hinter der sich ein riesiger Arbeitssaal befi ndet, in dem kein Buch steht, sondern nur Tische und Datensichtgeräte. In der Halle sind locker aufgebaut ein Informationstresen, ein Café, Zeitschriftenregale und im Ein-gangsbereich ein langer Doppeltisch mit den Rechercheplätzen und in blockhaften Regalen die zugehörige Literatur. Das ist

In der Mitte der Bibliothek der TU Delft befindet sich eine Art Kegel, der die bogenförmige Decke durchstößt, gewissermaßen als Paraphrase auf den klassischen Lesesaal. In diesem Kegel sind auf verschiedenen Ebenen Arbeits- und Leseplätze vorhanden, ganz locker angeordnet und durch schmale Stege mit der Bücher-»Bühnenwand« verbunden. Foto: Christian Richters

Der spektakuläre Neubau der Bibliothek der Technischen Universität im niederländischen Delft: Für Architekt Rolf Ramcke sind dort alle Probleme ansprechend gelöst, die heute in der Fachwelt diskutiert werden: »Das ist ein Bibliothek, in der man sich gerne aufhält, ein Ort mit einem inspi-rierenden Konzept.« Foto: Christian Richters

»Die Vorzeige-Bibliothek in Deutschland ist für mich die Universi-

tätsbibliothek in Rostock.«

ein Bild der Bibliothek der Zukunft. Ein Bild dessen, was uns bevorsteht: Das Buch, als leuchtende, theaterhafte Inszenierung immer vor Augen, das wird nie verloren ge-hen, die elektronischen Arbeitsplätze exis-tieren daneben, durch die Glaswand blei-ben die Bücher sichtbar – und benutzbar.

Gibt es in Deutschland Vergleichbares?Nein, so brillant nicht. Die Vorzeige-

Bibliothek in Deutschland ist für mich die Universitätsbibliothek in Rostock. Sie ist wunderbar geordnet, mit Fenstern zum Campus hin weit geöff net. Ein win-kelförmiges Gebäude, ganz simpel, mit einem Lichtgraben, der die Leseplätze auf der einen Seite vom Freihandbestand auf der anderen Seite trennt. Das ist Über-sichtlichkeit, verbunden mit einer klaren Abgrenzung. Die Leseplätze sind beim Buch und nicht im fernen Lesesaal. Da-zwischen liegen die entsprechenden Infor-mationszonen, die logisch und einfach ge-gliedert sind. Der Buchbestand ist direkt als Freihand-Kompaktus erreichbar. Das ist heutzutage die beste Aufstellungsform. Diese Charakteristik ist auch auf den ÖB-

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Lesesaal | BuBDie Botschaft der Häuser

Bereich übertragbar. Die Bibliothek ist überzeugend in ihrer Einfachheit, ohne Firlefanz und ohne eitles Getue der Ar-chitekten, wie zum Beispiel beim IKMZ-Cottbus.

Was sollten Bibliothekare über die Architek-tur ihrer Einrichtung dem Benutzer vermit-teln?

Das sind drei Dinge. Erstens: Ver-haltenssicherheit. Derjenige, der in eine Bibliothek hineingeht, muss das Gefühl haben, in einen Raum zu kommen, in dem er sich aufhalten kann, ohne auf alles mögliche achten zu müssen. Er muss sich dort gut orientieren und deshalb wohl-fühlen können. Zweitens: Stimulation. Der Benutzer muss von seiner Umgebung angeregt werden. Das kann durch Farbe, Licht, Atmosphäre, durch vielfältige in-nenarchitektonische Mittel geschehen. Man muss den Raum so gestalten, dass die Leute geweckt, ermuntert werden, sich zu informieren, keine graue schläfrige Ruhe. Drittens: Identifi kation. Man kann einen öff entlichen Raum nicht »machen«, ob-wohl man ihn plant. Er entsteht, und zwar dadurch, dass Menschen, die dort hin-kommen, sich selbst wiederfi nden – was Identifi kation im Wortsinne ja bedeutet: zu Hause sein, das Gefühl haben, persön-lich angesprochen zu werden. Öff entliche Räume, die Erfolg haben, haben Identifi -kationsmöglichkeiten. Denken Sie an den öff entlichen Raum einer Diskothek, damit identifi ziert sich eine ganze Altersgruppe. Vor allem mit den Th emen Identifi kation und Stimulation hat sich der bibliotheka-rische Berufsstand wenig beschäftigt. Für die Bibliothekare gilt: Die Angst vor der Ästhetik muss verschwinden!

Wie kann das geschehen?Dazu muss man sich, wie immer in Kri-

sen, über Grundsätzliches klar werden: Was ist Sprache? Was ist Wortklang? Was ist Schrift? Es braucht eine Auseinander-setzung mit Schrift, Buchstaben, Wort, Satz, Buch – und daraus entwickelt sich schließlich eine Auseinandersetzung darü-ber, was eine Bibliothek eigentlich ist. Die ganzen Widersprüche, die im bibliotheka-rischen Bereich von Anfang an vorhanden waren, müssen ins Bewusstsein zurück-kommen. Beispiel: das Th ema Lesen. Die Bibliothekare haben einen viel zu engen Begriff des Lesens. Es geht ja nicht nur ums Buchaufschlagen und Reinschauen. In der Bibliothek wird die Kommunikati-on mit dem Buch in Ruhe und Abgeschie-denheit zu eng in den Mittelpunkt gestellt. Der weitergehende menschliche Begriff des Lesens wird gar nicht beachtet.

Praxis und Lehre fruchtbar verbunden

Rolf Ramcke, 74 Jahre alt, verheiratet, vier Kinder, acht Enkelkinder; Abitur 1954 in Neumünster; Architekt: Studium an der Technischen Hochschule (heute Universität) Hannover, Diplom 1962; sofort danach bei der Landeshauptstadt Hannover als Mitglied des persönlichen Entwurfsstabs von Profes-sor Hillebrecht eingestellt, dort bis 1995 als Planungsleiter tätig; Planung, Entwurf und Ausführung vieler Projekte für die Stadt Hannover und andere Bauherren, Wettbe-werbserfolge, Preisgerichts-Tätigkeiten, viele Projekt- und Textveröffentlichungen, Architekturpreise, Träger der Walter-Giese-king-Medaille.

Von 1974 bis 1979 Gastdozent an der FU Berlin, seit 1979 dort Honorarprofessor für Grundlagen und Methoden der Planung so-wie Bau und Einrichtung von Bibliotheken;

von 1976 bis 1983 als Nachfolger von Wer-ner Mevissen Mitglied der Baukommission des DBV (später des DBI); seit 1994 Beru-fung an die Humboldt-Universität zu Berlin mit dem gleichen Lehrgebiet, dort bis heu-te tätig.

Herausgeber und Verfasser von mehre-ren architektonischen und bibliothekari-schen Fachbüchern, unter anderen einem Standardwerk über Mauerwerksbau sowie von ungezählten Beiträgen in den entspre-chenden Fachzeitschriften. (Eine Bibliogra-fie hierüber gibt es noch nicht.)

Seit 2002 Beirat des Goethe-Insti-tuts im Bereich Information und Biblio-thek. Hier tätig als Gutachter und Entwer-fer bei Planungs- und Baufragen, (zum Beispiel 2007: Neukonzeption der Informa-tionszentren der Goethe-Institute in Rom und Paris) sowie vielen Vortrags- und Se-minartätigkeiten in verschiedenen Erd-teilen.

Architekt Rolf Ramcke redet Klartext im BuB-Interview: »Bibliothekare denken im Wesentlichen an ihre Arbeit, an die Bücher, an die Medien, an eine effiziente Betriebsweise – aber sie denken sehr wenig daran, wie sie auf ihre Kunden wirken. Das ist ein grundsätzlicher Fehler.«

Foto: Karin Blüher

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 316 Die Botschaft der Häuser

Apropos Lesen. Das Urbild der Bibliotheken aus dem 19. Jahrhundert, ein großer Lesesaal unter weitem Kuppelhimmel ist im moder-nen Bibliotheksbau weitgehend verschwun-den. Heute setzen Architekten auf dezentral über die Bibliothek verteilte Arbeitsplätze. Warum?

Da herrscht inzwischen weitgehend Ei-nigkeit zwischen Bibliothekaren und Ar-chitekten, dass die Frage der Arbeitsplätze nicht mehr über einen großen Lesesaal ge-löst werden kann. Es gibt ein lehrreiches Gegenbeispiel, die SLUB Dresden, mit einem zentralen Lesesaal, der unter die Erde gebaut ist, von einer Lächerlichkeit, die kaum zu überbieten ist. Die SLUB hat insgesamt fast 1 000 Arbeitsplätze, davon sind gerade mal 180 im Lesesaal vereint. Das heißt, das ist nur so eine Art Schau-raum.

Die zweite Lächerlichkeit besteht darin, dass alles, was zu einem klassischen Lese-saal gehört, nämlich Lexika, Recherche-literatur, Bibliografi en und so weiter, im Lesesaal nicht enthalten ist. Die Bücher dort stammen aus dem pädagogischen Fachbereich, damit ist der Lesesaal nichts anderes als ein Fachbereich der pädagogi-schen Abteilung.

Die dritte Lächerlichkeit: Auf der Ga-lerie, die zum Schema des klassischen Le-sesaals gehört, steht in Dresden kein Buch – weil sie nicht richtig zugänglich ist. Ein weiteres Beispiel für so einen unsinnigen Lesesaal wird es wohl bald auch in meiner direkten Nähe geben: Der Leiter der Uni-versitätsbibliothek der Humboldt-Univer-sität hat gefordert, dass die neue Zentral-bibliothek einen Lesesaal bekommt. Be-gründet hat er dies mit dem angeblichen Bedürfnis der Rückbesinnung auf die Werte einer Bibliothek, eine Auff assung aus dem 19. Jahrhundert, die komplett an den Problemen der Bibliothek vorbei-geht.

Das heißt, das Informationsbedürfnis heuti-ger Benutzer kann nicht sinnvoll in einem Lesesaal befriedigt werden?

Genau, die Nutzer informieren sich heute zu einem großen Teil elektronisch. Und wenn sie Bücher brauchen, dann sind die heute nicht zentral gesammelt, son-dern verteilt auf Fachbereiche. Die fach-lichen Dinge haben Bibliothekare immer perfekt im Griff , die sind hervorragend geregelt. Bibliothekare regeln aber ohne Einbeziehung der prägenden Wirkung der Architektur das, was ihnen für eine Biblio-thek wichtig erscheint. Von der fachlichen Seite ist das ausgesprochen gut organi-siert, nur im Bereich der Planung und des Bauens fehlt eine Neuorientierung. Diese

Besinnung ist im Augenblick am Notwen-digsten – damit muss sich der Berufsstand jetzt unbedingt auseinandersetzen, um die Zukunft meistern zu können.

Wie viel Einfl uss sollten die Mitarbeiter ei-ner Bibliothek bei der Planung eines Neu-baus haben?

Der Einfl uss der Mitarbeiter ist nach meiner Erfahrung außerordentlich wich-tig. Meist wird Planung viel zu wenig beachtet. Das liegt auch daran, dass man seine tägliche Arbeit macht, sich mit Pla-nung aber wenig beschäftigen muss. Der Neubau der Bibliothek wird meist erst richtig wahrgenommen, wenn die Bau-grube ausgehoben ist. Entscheidend ist aber die Zeit davor. Man muss keine gro-ßen Versammlungen von Mitarbeitern und Architekten initiieren, dabei kommt meist nichts heraus. Mitarbeiterversamm-lungen sollten intern stattfi nden. Danach sollten sich Beauftragte mit den Architek-ten unterhalten, und zwar mit regelmäßi-ger Rückkoppelung. Bei einem Neubau gibt es unendlich viele Einzelprobleme, die man lösen muss, die Arbeitsabläufe, der Weg des Buches durch das Haus, die Anordnung der Informationsplätze und so weiter. Hier sind die Bibliothekare die Experten, das wissen Architekten in der Regel nicht.

Der Weltverband der Bibliothekare IFLA hat nach langjähriger Bearbeitungszeit ein Standardwerk zum Th ema Bibliotheksbau mit dem Titel »IFLA Library Building Gui-

delines« veröff entlicht. Spielt diese Publika-tion unter Architekten eine Rolle?

Eher nicht. Das wird wenig gelesen. Es ist Aufgabe der Bibliothekare, die Archi-tekten im Vorfeld einer Planung auf diese Standards hinzuweisen und fachlich zu erläutern, denn jedes Haus hat über die Standards hinaus seine individuelle Ar-beitsweise, etwa durch Zielgruppenbezug.

Wie sieht es bei den HIS-Standards der Hochschul-Informations-System GmbH aus?

Von denen halte ich nicht viel. Diese Standards ärgern mich sogar. Sie wurden von Leuten entworfen, die von Sinn und Wesen einer Bibliothek off enbar wenig Ahnung haben. Das ist so ein richtiges Verwaltungswerk.

Wird dem Th ema Bibliotheksbau bei der Ausbildung deutscher Bibliothekare genü-gend Aufmerksamkeit gewidmet?

Diesem Bereich wird schon Aufmerk-samkeit gewidmet. Grundsätzlich sehe ich jedoch darin ein Problem, dass Methoden der Planung und planerisches Denken im Berufsalltag eher wenig bekannt sind. Wenn man darin gebildet ist, kann man bei einem Neubau viel Schlechtes verhin-dern und viel Gutes erreichen. Das Th ema Planung ist im Lehrplan nicht sehr zen-tral verankert – spielt aber weit über die Bauplanung hinaus eine ganz wesentliche Rolle, eigentlich in allen Arbeitsbereichen, vor allem in krisenhaften Zeiten der Ver-änderung.

Auslaufmodell Lesesaal: »Von einer Lächerlichkeit, die kaum zu überbieten ist«, meint Rolf Ram-cke zum Lesesaal der neuen SLUB Dresden, der auf diesem Foto noch im Urzustand des Probe-betriebs aus dem Jahr 2002 zu sehen ist. Foto: Ahlers

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Lesesaal | BuB 317Schwerpunkt

Die Botschaft der Häuser

Milan Bulaty, Olaf Eigenbrodt

Zwischen Ästhetik und FunktionalitätIm Herzen Berlins entsteht mit dem Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrum der Humboldt-Universität eine imposante neue Bibliothek

In Berlin Mitte entsteht die prächtige neue Universitätsbibliothek der Hum-boldt-Universität – das Jacob und Wilhelm-Grimm-Zentrum. Milan Bulaty, Direktor der Universitätsbibliothek, und Olaf Eigenbrodt, Bibliothekswissenschaft-ler und Baureferent, beschreiben das moderne Konzept dieser neuen Einrich-tung. Neben Funktionalität kommen darin auch soziologische Gesichtspunkte nicht zu kurz. Die Bibliothek soll öffentlicher, urbaner Wissenschaftsort und ein Klas-siker des »Open Acess« sein, ein Ort, an dem auch in Zukunft still und konzentriert Bücher und Texte studiert werden, ein Raum mit spezialisierten Auskunftsberei-chen, rund 500 Computerarbeitsplätzen und einem großen Lesesaal als Herzstück. Nicht zuletzt soll das Haus hohen ästhe-tischen Ansprüchen genügen und die großen Freihandbereiche mit rund zwei Millionen Büchern sollen auch zum Stö-bern und Entdecken anregen. Sogar ein Kinderbereich ist von vorneherein einge-plant, damit Eltern ihre Kinder problemlos mitbringen können.

Der Lesesaal wird nicht nur symbolisch das Herz des Hauses sein. Wenn wir uns ältere Bibliothe-ken anschauen, ist dort der Lesesaal stets das Zentrum. Grafik: Max Dudler

Das Bibliothekssystem der Hum-boldt-Universität zu Berlin (HU) wird seit den Neunzigerjahren des

vergangenen Jahrhunderts in jeder Hin-sicht umgestaltet: bibliothekarisch, perso-nell, technisch, räumlich.

An allen Veränderungsprozessen hat sich die Universitätsbibliothek von Anfang an aktiv beteiligt und nicht nur Vorgaben und Planungen für die drei großen Stand-orte der Humboldt-Universität – Campus Adlershof, Campus Mitte, Campus Nord – übernommen und umgesetzt. So haben wir keine bösen Überraschungen und keine Enttäuschungen erlebt. Vielmehr konnten wir unsere Vorstellungen bei der Zusammenlegung von Zweigbibliotheken einbringen und realisieren.

Die umfassenden Veränderungen fan-den und fi nden statt, damit Studierende, Dozenten und alle anderen wissenschaft-lich Interessierten professionell mit Lite-ratur und Informationen versorgt werden können.

Eine breite Öff entlichkeit nahm diese Veränderungsprozesse zum ersten Mal deutlich wahr durch die Einweihung des Campus für naturwissenschaftliche Fä-cher in Berlin-Adlershof. Dort hat die Universitätsbibliothek (UB) zusammen

mit dem Computer- und Medienservice (CMS) erstmals ein gemeinsames Ge-bäude geplant und realisiert: das Erwin Schrödinger-Zentrum, in dem die Zweig-bibliothek Naturwissenschaften und der Hauptsitz des CMS untergebracht sind.*

Die produktive Zusammenarbeit zwi-schen der UB und dem CMS bezog sich nicht nur auf die Bauplanung, sondern umfasst bis heute auch die gemeinsa-me Entwicklung und Präsentation von Dienstleistungen mit dem Schwerpunkt Elektronisches Publizieren. Unsere Dienstleistungsangebote werden im Er-win Schrödinger-Zentrum zwar in be-nachbarten Räumlichkeiten erbracht, aber unsere Nutzerinnen und Nutzer nehmen sie als Einheit wahr.

Diese enge und bewährte Zusammen-arbeit zwischen der Bibliothek und dem Rechenzentrum wird auch im neuen Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrum fortge-führt, das zurzeit in Berlin-Mitte zwischen der Planck- und der Geschwister-Scholl-Straße direkt neben den Hochbahnschie-nen zwischen den S-Bahnhöfen Friedrich-straße und Hackescher Markt entsteht.

Hier werden die Zentralbibliothek, die geistes-, sozial-, kultur- und wirtschafts-wissenschaftlichen Zweigbibliotheken des

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 318 Die Botschaft der Häuser

Erster Entwurf von K.F. Schinkel für einen Bibliotheksbau im Garten der Universität an der Uni-versitätsstraße, Gebäudeansicht 1833.

Copyright: Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Kupferstichkabinett

Ins Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrum wer-den unter anderem die Zentralbibliothek und die geistes-, sozial-, kultur- und wirtschafts-wissenschaftlichen Zweigbibliotheken des Campus Berlin-Mitte einziehen.

Grafik: Max Dudler

Campus Berlin-Mitte sowie die öff entli-chen Bereiche des CMS, zum Beispiel PC-Pool sowie Multimedia Lehr- und Lern-zentrum, einziehen.

Höher, weiter, besser?

Der Bau einer Bibliothek wirft immer wie-der die Frage nach einer »guten« Bibliothek auf. Eine gute Bibliothek muss nicht im-mer eine große Bibliothek sein. Aber eine große Menge Medien, gepaart mit biblio-thekarischen und elektronischen Dienst-leistungen, ist in einem ansprechenden Gebäude leichter in eine gute Bibliothek zu verwandeln als in einem ungeeigneten Gebäude.

Und eine große Bibliothek ist in der Regel besser als eine kleine Bibliothek, weil sie ganz einfach mehr Bücher und Informationsmittel anbieten kann und damit eine umfangreichere Auswahl für den Nutzer. Dass Qualität eine entschei-dende Rolle spielt, ist off ensichtlich. Nur bei hoher Qualität ist mehr Auswahl auch besser.

Kritik an der vereinfachten Behaup-tung, eine große Bibliothek sei eine gute, wird stets mit den Argumenten der Un-übersichtlichkeit und der Unauffi ndbar-keit geäußert. Nun ist es aber gerade eine der Hauptaufgaben von Bibliothekaren, Informationen und Daten so aufzuberei-ten, dass sie handhabbar und durch An-leitung und Hilfe nutzbar sind. Daher ist es unser Ziel, möglichst viele Bücher aus möglichst vielen Bibliotheken in das neue Bibliotheksgebäude zu integrieren.

Die Grenzen dieses Vorhabens sind durch das uns zur Verfügung stehende Grundstück in Berlin-Mitte festgelegt. Eine weitere Einschränkung ergibt sich

aus dem Wunsch, die Fachliteratur der Zweigbibliotheken auch in Zukunft in räumlicher Nähe zu den entsprechenden Instituten anzubieten. Ein Fußweg von 10 bis 15 Minuten ist aus unserer Sicht die obere Grenze für die Entfernung zwischen Bibliothek und Institut. Unter anderem an diesem Kriterium orientierte sich die Zu-sammenführung von Zentralbibliothek, Zweigbibliotheken und CMS.

Freier Zugang rund um die Uhr

Wir haben uns zunächst grundsätzlich für die Freihandaufstellung unserer Bestände entschieden, da sie Eigenschaften besitzt, die durch Ansammlungen von Informa-tionen in anderer Form (zum Beispiel Magazinbibliothek oder digitales Archiv) nicht ersetzt werden können.

Die Bibliothek ist nicht nur ein Contai-ner für Informationen oder Wissen, son-dern auch ein Ort der in Schrift, Bildern, Formen und Tönen festgehaltenen Ge-danken und Gefühle von Menschen.

Eine Freihandbibliothek erlaubt uns, nicht nur ein konkretes Buch zu suchen und zu fi nden, sondern auch an den Re-galen entlang zu schauen, zufällig oder systematisch in uns unbekannte Bücher hineinzulesen, sich Anregungen zu holen, die wir sonst nicht bekommen hätten, die wir durch eigenes Nachdenken nicht pro-duzieren könnten. Denn in diesem Sam-melsurium von unterschiedlichen Gedan-ken und Gefühlen werden wir auch mit Erfahrungen – und deren Verarbeitung – aus zweitausend Jahren Menschheitsge-schichte konfrontiert, die wir selbst nicht machen können.

Wir fi nden in einer so gestalteten Bib-liothek vielleicht etwas, was wir nicht

gesucht haben, was aber neue Gedanken hervorruft. Selbstverständlich werden wertvolle Bücher (circa 500 000 Bände) nicht in Freihand angeboten, aber circa zwei Millionen Bände werden frei zugäng-lich sein.

Dieser freie Zugang zu den Regalen soll durch restriktive Öff nungszeiten nicht ad absurdum geführt werden. Vielmehr wollen wir die Bibliothek jeden Tag, auch Samstag und Sonntag, durchgehend oder bis spät in die Nacht öff nen. Es ist nicht nur Bedürfnis und Wunsch der Nutzer, zu jeder Zeit die Bibliothek betreten zu können, sondern auch eine wirtschaftliche Überlegung.

Durch die umfassende Nutzung der Bibliothek sind die Investitionen in Bau, Erwerb und Erschließung der Medien ef-fektiv eingesetzt. Deswegen ist das Betrei-ben der Bibliothek mit nur drei Personen von vornherein eingeplant. Ob wir unsere Absicht in vollem Umfang verwirklichen können, hängt von Betriebs- und Perso-nalkosten ab. Momentan allerdings unter-stützt der Präsident der Universität unsere Position und macht sie sich zu eigen.

Lesesaalatmosphäre

Eine zweite wichtige konzeptionelle Fest-legung ist unsere Entscheidung für einen zentralen Lesesaal mit circa 520 Arbeits-plätzen, den wir bereits in der Ausschrei-

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bung für den Neubau forderten. Er wird durch dezentrale Arbeitsplätze, Computer-arbeitsplätze, 180 betreute Arbeitsplätze im PC-Pool, 55 Studienkabinen, 10 Grup-penarbeitsräume und Arbeitsplätze für Eltern mit Kindern vielfältig ergänzt.

Der Lesesaal soll nicht nur symbolisch das Herz des Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrums sein. Wenn wir uns ältere Bib-liotheken anschauen, ist dort der Lesesaal stets das Zentrum der Bibliothek. Einige Kollegen kritisieren unsere Entscheidung für einen zentralen Lesesaal, weil sie mit Recht darauf hinweisen, dass ein zentraler Lesesaal nur in einer Magazinbibliothek eine sinnvolle und eindeutige Funktion erfüllt. In unserem als Freihandbibliothek konzipierten Neubau sei diese Funktiona-lität nicht mehr gegeben, sodass ein zen-traler Lesesaal nun nicht zeitgemäß, son-dern rückschrittlich sei.

Die Beschreibung der Funktion des Le-sesaals in früheren Magazinbibliotheken ist zutreff end, dennoch ist die Schlussfol-gerung falsch. Die Funktion des zentralen Lesesaals bewerten wir anders. Es gibt vie-le Leserinnen und Leser, die einen großen zentralen Lesesaal gegenüber dezentralen Arbeitstischen – die wir auch in großer Zahl anbieten werden – bevorzugen. Das heißt, heute müssen wir uns fragen, war-um so viele Studierende und andere Leser den zentralen Lesesaal besuchen, obwohl er seine ursprüngliche Funktion in einer Freihandbibliothek verloren hat.

Die Antwort ist einfach: wegen der Atmosphäre. Wir können weiter gehen und fragen, warum sie diese Atmosphäre bevorzugen und nicht eine andere. In die-sem Sinne können wir auch fragen, warum wir Kleidung tragen, die nach dem jetzi-gen Stand der Technik mehr oder weni-ger unfunktional ist, die sich aber durch Tradition, Kultur und damit Sozialisation und Gewöhnung durchgesetzt hat. Die Kleidung – wie der zentrale Lesesaal – hat nicht nur eine bestimmte Funktion, son-dern viele, und die ästhetische Funktion ist für uns Menschen nicht die unwichtigste.

Ästhetik und Funktionalität

Neben der Freihandaufstellung und ei-nem großen zentralen Lesesaal spielen Fragen der Funktionalität im Verhältnis zur Ästhetik eine wichtige Rolle in unse-rem Konzept. Wenn ich als Leser vor der

Entscheidung zwischen einem schönen Arbeitsplatz in einer nichtfunktionalen Bibliothek und einem hässlichen Arbeits-platz in einer funktionalen Bibliothek stünde, würde ich mich für die erste Alter-native entscheiden.

Meiner Erfahrung nach triff t eine sehr große Anzahl von Nutzern diese Entschei-dung ganz ähnlich. Als Bibliothekare, die für den Arbeitsablauf und die Organisati-on der Bibliothek verantwortlich sind, so vermute ich, entscheiden sich die meisten von uns für die zweite Alternative. Funk-tionalität wird oft vor Fragen der Ästhetik verhandelt und so einer anregenden At-mosphäre vorgezogen.

Können und sollen Bibliothekare sich von ästhetischen Kriterien bei der Pla-nung, Auswahl und Realisierung eines Bibliotheksneubaus leiten lassen? Oder sollen sie nur die funktionalen Aspekte verfolgen und die ästhetischen den Archi-tekten überlassen? Sind nicht die Archi-tekten die Fachleute für die ästhetische Raumgestaltung und die Bibliothekare für die funktionale?

Die Antwort auf diese Fragen fi el uns leicht, nachdem wir uns mit der häufi g geforderten Flexibilität von Bibliotheks-bauten auseinandergesetzt hatten. Sie ist entstanden, als Bibliothekare merkten, wie schnell neue Technologien die Bedürfnisse der Nutzer ändern.

Wir wissen aber auch, dass wir derar-tige technische Veränderungen für die Zukunft nicht vorhersagen können. Wir wissen nicht, welche Geräte in 10, 20, ge-schweige denn 50 Jahren in einer Biblio-thek üblich sein werden. Deswegen aber eine umfassende Flexibilität zu fordern ist übertrieben, unvernünftig und letztlich auch unwirtschaftlich. Auch die Erfah-rung mit Bibliotheksbauten, die »prak-tisch, quadratisch, gut« gestaltet wurden, um Flexibilität zu garantieren, hat gezeigt, wie wenig diese überhaupt in Anspruch genommen wurde.

Wir sind deswegen davon ausgegangen, dass es auch in 50 Jahren noch Bücher in Freihand geben wird, dass wir Menschen diese Bücher auf Tischen studieren und dazu auf Stühlen sitzen werden.

Flexibilität dagegen haben wir gefordert am Rande der Freihandbereiche, um Re-galfl ächen zu Arbeitsplätzen umzuwan-deln. Wir bauen mit öff entlichen Mitteln ein neues Haus, in dem unsere Nutzer jetzt und auch in vielen Jahren räumlich und ästhetisch einzigartig anregende Bedin-gungen vorfi nden sollen.

Selbstverständlich sollen auch die Ar-beitsräume und -bedingungen für die Mitarbeiter gut sein; denn sie verbringen

* Milan Bulaty: Konzentration und Koopera-tion – Das Erwin Schrödinger-Zentrum der Humboldt-Universität zu Berlin. In: ABI-Technik 23(2003), S. 315 ff .

Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrum

Bauherr

Humboldt-Universität zu Berlin, vertre-ten durch ihre Technische Abteilung

Baudienststelle

Senatsverwaltung für Stadtentwicklung / Abteilung V – Hochbau

Architekt

Max Dudler (Berlin, Zürich, Frankfurt am Main)

Nutzer

ZE Universitätsbibliothek und ZE Computer- und Medienservice

Kosten

75,5 Millionen Euro

Fertigstellung

Sommer 2009

Hauptnutzfläche

20 296 Quadratmeter

Öffentliche Arbeitsplätze

circa 1 250 davon circa 500 Computerarbeitsplät-ze – davon im betreuten PC-Pool circa 180 Plätze, Multimediaarbeitsplätze 44, Plätze in Computer-Schulungsräumen: 55, Gruppenarbeitsräume (6 bis 10 Per-sonen): 10, Einzelarbeitskabinen: 55

Inhaltliche Ausrichtung

Integration der Zentralbibliothek und von 11 Zweig- und Teilbibliotheken der Geistes-, Kultur-, Sozial-, und Wirtschaftswissenschaften

Medienbestand

bis zu 2,5 Millionen Einheiten im Haus, davon 2 Millionen in Freihandaufstellung circa 2 400 laufende Zeitschriften

Dienstleistungen

zentrale bibliothekarische Fachauskunft; bibliografische Auskunft / Datenbank-recherche; dezentrale fachbezogene Auskünfte und Beratung; umfassender Kopier-, Druck- und Scanservice; breites Schulungsangebot zur Informa-tionskompetenz; Ausleihe und Rück-gabe von Medien in Selbstbedienung; drahtloser Netzzugang im ganzen Haus; Videoschnittplätze; Grafikbearbeitung; Hardwareservice; Elektronisches Publi-zieren; Videokonferenzen

Sonderbereiche

Multimedia Lehr- und Lernzentrum; Vi-deokonferenzräume; Forschungslesesaal mit 57 Plätzen; Diathek & Mediathek; Zeitschriftenleselounge; Eltern-Kind-Ar-beitsbereich; Ausstellungsraum; Audito-rium mit circa 180 Plätzen; Cafeteria

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vermutlich viel mehr Zeit in dem Haus als die Nutzer. Das heißt, wir haben bei der Auswahl des Entwurfes darauf geachtet, dass das neue Gebäude schön ist, bestän-dig schön, auch nach Jahrzehnten.

Wir sollten den Anspruch auf Schön-heit, Qualität und Beständigkeit vorran-gig vor allen anderen Anforderungen an einen Bibliotheksneubau stellen, obwohl

Bibliothek im Stadtraum

Das Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrum ist in einer für Wissenschaft, Bildung und Kultur nahezu idealen stadträumlichen Umgebung verortet. Die Dorotheenstadt in der Mitte Berlins ist, wenn nicht für die-se Aufgaben geschaff en, doch von Beginn ihrer Entwicklung im 17. Jahrhundert an

Grimm-Zentrum an einem gemeinsamen städtischen Platz liegen. Von dort aus öff -net sich entlang des Kompetenzzentrums der Staatlichen Museen eine Passage zur Museumsinsel und darüber hinaus ein Weg bis in die Spandauer Vorstadt. Am Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrum vor-bei verlängert sich diese neue Wegführung bis zum Bahnhof Friedrichstraße.

Das Foyer des Hauses nimmt diesen Weg der Kultur buchstäblich auf und er-öff net einen einfachen Zugang für Jeder-mann. Ausstellungsbereich, Cafeteria, aber auch das Auditorium werden so zu ei-nem Teil des explizit öff entlichen Raums, der sich mit dem Raum der Bibliothek durchdringt. Hier kommt nicht nur das Selbstverständnis der Universitätsbiblio-thek als der Öff entlichkeit zugängliche wissenschaftliche Bibliothek zum Tragen – der Klassiker des Open Access – sondern auch ein Bewusstsein für die Bedeutung der Universität als gestaltender Teil eines Stadtraums.

Vielfalt der Funktionen – Vielfalt der Räume

Dem Gebäude liegt das Achsmaß der Re-gale als Raster zugrunde, eine deutliche Reminiszenz an die von Milan Bulaty be-tonte Bedeutung des Freihandbestandes. Die besondere Beachtung der Symmetrie hat es in der Planungsphase nicht immer einfach gemacht, die Vielfalt der Funktio-nen auch räumlich darzustellen. Im Endef-fekt werden aber ästhetisch anspruchsvolle und funktional klare Räume entstehen, die bei aller Wiedererkennbarkeit doch nicht auf Identität verzichten.

Dabei entwickelt sich der Raum insge-samt von einer verkehrsreichen, kommu-nikativen und quirligen Atmosphäre im Erdgeschoss über die technisch dominier-ten Computer- und Multimediabereiche des ersten Obergeschosses hin zu den eher ruhigen, konzentrierten Arbeitsbereichen des zweiten bis fünften Obergeschosses, die auch den Großteil des Freihandbestan-des in unmittelbarer Nähe zum Arbeits-platz aufnehmen.

Besonderen Wert wurde immer auf die Trennung der Etagen gelegt, nachdem »of-fene« Entwürfe in Bibliotheksbauten der Neunzigerjahre immer wieder zu größeren akustischen und klimatischen Problemen geführt hatten.

Lediglich der große, durch ein Glasdach beleuchtete Saal mit den Leseterrassen ver-bindet alle Freihandbereiche optisch mit-einander und ist über die einzelnen Terras-sen von fünf Etagen her zugänglich, ohne dass im Raum selbst Verkehr entstehen

sie so schwer und dauerhaft zu charakte-risieren sind.

Ihre Merkmale aus der Vergangenheit abzuleiten, heißt nicht, sie zu kopieren oder nachzuahmen. Die Anforderungen der Bibliothekare waren in der Vergangenheit oft rein funktional und technisch inter-pretiert beziehungsweise gesellschaftlich untermauert. Unsere Herangehensweise hat diese Aspekte aufgenommen, aber in einen anderen Zusammenhang gestellt.

Wir wissen zugleich, dass dies im besten Fall nur die notwendigen Bedingungen sind, die eine gute Bibliothek in der Zu-kunft charakterisieren. Die hinreichenden Bedingungen können wir nie vollständig aufzählen. Dadurch wird auch deutlich, warum die Architektur nicht nur ein Handwerk, sondern eine Kunst ist. Unsere Vorgehensweise ist keine Garantie für das Gelingen. Wissen, Handwerk und Gespür, letztlich aber auch Glück sind dafür nötig.

von zentralen kulturellen Einrichtungen des preußischen und später deutschen Staates geprägt. Gerade im ausgehenden 19. Jahrhundert hatte man in Preußen die Museen, die Staatsbibliothek, die Akade-mie der Wissenschaften und die Universi-tät mit der Bibliothek immer auch als ein aufeinander bezogenes und sich ergänzen-des wissenschaftliches System gesehen.

Heutzutage ist allein die Konzentration der Bibliotheken und ihrer Bestände in der unmittelbaren Umgebung beinahe einzig-artig. Dies spiegelt sich auch in der eher profanen Tatsache wieder, dass die beiden aktuell größten Bibliotheksbaustellen des Landes nur einen Block voneinander ent-fernt liegen.

Der Entwurf ist auf diese stadträum-liche Umgebung nicht nur bezogen, er sieht das Gebäude auch als einen vitalen Teil des Ganzen. Mit den geplanten Mu-seumshöfen wird das Jacob und Wilhelm

Großbaustelle Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrum: Das Bibliothekssystem der Humboldt-Uni-versität wird in jeder Hinsicht umgestaltet – bibliothekarisch, personell, technisch, räumlich.

Foto: Ernst Fesseler

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Die Botschaft der Häuser

Dr. Milan Bulaty studierte Philoso-phie, Linguistik und Psychologie in Prag, Freiburg im Breis-gau und Heidelberg. Nach der Promoti-on 1979 war er Bi-bliotheksreferendar

an der Universitätsbibliothek der Freien Universität. Er arbeitete an der Amerika-Gedenkbibliothek in Berlin und ist seit 1992 der Direktor der Universitätsbiblio-thek der Humboldt-Universität zu Berlin.

kann. Durch Glasscheiben getrennt und mithilfe einer Holzverkleidung akustisch gedämpft, bildet er das ruhige Herz der Bibliothek.

Auch die Einzelarbeitskabinen und Gruppenräume, die sich über die Etagen verteilen, sind auf den Saal bezogen – wenn auch hinter Glas. Die Raumfolgen, die hier entstehen, laden zum konzentrierten Arbeiten ein und werden durch die Zonen der formellen und informellen Kommu-nikation ergänzt, die Schulungsräume, Gruppenarbeitsbereiche und frei nutzbare Räume innerhalb der Bibliothek bieten.

Spezielle Bereiche fi nden sich im sechs-ten und siebten Obergeschoss. Ein For-schungslesesaal bietet nicht nur genug Platz für die intensive Auseinandersetzung mit dem historischen Altbestand und den Spezialsammlungen der Bibliothek, er öff -net sich zudem in einen Freihandbereich, der auch schützenswerte und sonst nicht in Freihand zugängliche Bände anbietet. Hier soll sich die Wissenschafts-, Kultur- und Geistesgeschichte des weiteren 19. Jahrhunderts erschließen und zudem eine intensive Betreuung wissenschaftlicher Projekte auf diesem Gebiet stattfi nden.

In der siebten Etage befi ndet sich mit der Diathek und Mediathek eine Einrich-tung, die von Universitätsbibliothek und kunstgeschichtlichem Seminar gemein-sam betrieben wird. Bildmedien, aber auch Mikrofi lme, Videos und ähnliches Material können hier angesehen und be-arbeitet werden.

Auf diesem Obergeschoss sind außer-dem noch weitere off ene Gruppenarbeits-bereiche und ein Eltern-Kind-Arbeitsbe-reich angesiedelt. Im Sinne einer famili-

enfreundlichen Bibliothek soll Eltern die Gelegenheit gegeben werden, ihre Kinder mitzubringen und in der Nähe ihres Ar-beitsplatzes zu beschäftigen, ohne sie aus den Augen zu verlieren oder andere Nutzer zu stören.

Schon diese kursorische Darstellung macht deutlich, wie viel Wert auf eine größtmögliche Vielfalt von Räumen und damit auch Identifi kationsangeboten ge-legt wurde. Die Nutzer sind eingeladen, die Flächen für sich zu entdecken und teilweise können sie diese sogar in ihrem Sinne umgestalten. Es entsteht ein off enes und kommunikatives Raumensemble, das erst durch seine Nutzung wirkliche Be-währung erfahren wird.

Flexibilität ist hier weder Selbstzweck, noch diktierendes Gestaltungselement, sondern die Architektur lädt zur fl exiblen Nutzung der unterschiedlichen Bereiche ein. Computertechnik, vom anspruchs-vollen Multimedia-Arbeitsplatz bis zum omnipräsenten W-LAN, fügt sich selbst-verständlich in diese Struktur ein, ohne unterzugehen oder dominant zu sein.

Automatisierung und persönliche Kommunikation

Insgesamt setzen wir mit dem Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrum nicht nur die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen CMS und UB in einer anspruchsvollen technischen Infrastruktur fort, sondern wir verwirklichen auch konsequent die Automatisierung bestimmter Dienstleis-tungen, um mehr Zeit für direkte Kontak-te mit den Nutzern in den Auskunftsberei-chen zu haben.

Olaf Eigenbrodt studierte Germanis-tik, Kunstgeschich-te, Geschichte und Philosophie in Bo-chum und Münster und absolvierte sein Referendariat an der Humboldt-Universi-tät zu Berlin. Heute

ist er Baureferent der Universitätsbib-liothek der Humboldt-Universität und Lehrbeauftragter am Institut für Biblio-theks- und Informationswissenschaft. Seit 2007 ist er Mitglied im Standing Committee der IFLA »Library Buildings and Equipment Section« und stellvertre-tender Vorsitzender (Berlin) des VDB-Regionalverbandes Berlin-Brandenburg. Seine Forschungsschwerpunkte sind Bibliothekssoziologie, Bibliotheksbau und psychologische Aspekte der Biblio-theksbenutzung. Er ist Autor mehrerer Veröffentlichungen zum Bibliotheksbau und zur Bibliothekssoziologie. – Kon-takt: [email protected]

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 322 Die Botschaft der Häuser

Als eine der ersten Bibliotheken Deutschlands wird das Jacob und Wil-helm Grimm-Zentrum über eine kom-binierte Buchrückgabe-, -sortier- und -transportanlage verfügen. Die Kapazi-tät ist so geplant, dass auf eine manuelle Rücknahme von Medien (außer Fernlei-hen) in der Regel verzichtet werden kann. Der Neubau macht es hier einfach, eine leistungsfähige Kastenförderanlage an die Buchsortierung anzuschließen. Auch die Ausleihe soll durch eine ausreichende An-zahl an Selbstverbuchern weitestgehend automatisiert werden.

Die Interaktion zwischen Nutzern und Bibliothekaren verlagert sich damit in andere Bereiche. Nicht ein uniformierter Wachmann wird die Besucher des Gebäu-des empfangen, sondern Mitarbeiter der Bibliothek, bei denen sie schon im Foyer generelle Informationen einholen können.

Innerhalb der Bibliothek befi ndet sich im Erdgeschoss eine Auskunfts- und Be-ratungszone. Anstelle einer großen domi-nanten Th eke sollen hier vor allem auch spezielle, für intensive Beratung nutzbare Tische stehen. Lediglich für die quan-titativ sehr wichtigen Schnellauskünfte stehen auch Th ekenplätze zur Verfügung. Hier wird konsequent auf Doppelmonito-re gesetzt.

Auch auf den einzelnen Etagen fi nden sich Informationsbereiche, die je nach Nachfrage und Personalstärke mit Mit-arbeitern besetzt werden können. Da-mit sie allerdings nicht verlassen wirken, wenn kein Mitarbeiter vor Ort sein kann, sind sie so gestaltet, dass sie dann auch als Opac-Inseln dienen können.

Alle Informations- und Auskunftsplät-ze werden durch Lichtstelen und eine be-sondere Beleuchtung hervorgehoben und damit auch ohne Blick auf das Leitsystem leicht auffi ndbar.

Obwohl das Konzept des gemeinsamen Dienstleistungsangebots von UB und CMS weiter ausgebaut werden soll, hat sich ein gemeinsamer Beratungsbereich inzwischen als schwierig erwiesen. Zu diff erenziert sind die Anfragen der Nutzer und zu unterschiedlich ist die Qualifi kati-on des Personals, um einen solchen Bereich befriedigend organisieren zu können.

Daher wird es im ersten Obergeschoss unmittelbar am PC-Pool eine Informati-onstheke des CMS mit entsprechender Be-setzung geben. Der Multimediaservice des CMS bietet im Haus Videokonferenztech-nik an. Face-to-Face-Kommunikation wird hier auch ortsunabhängig möglich.

Die Lage der Mitarbeiterbüros im Haus wurde im Vorfeld lange diskutiert. Aufgrund der Gebäudegeometrie des

Entwurfs ist es aber nicht möglich, sie als Backoffi ce-Bereich in die Bibliothek direkt zu integrieren. So entsteht wie in vielen an-deren Fällen eine Bibliothek mit einem ei-genen Verwaltungsbereich im achten und neunten Obergeschoss.

Trotzdem wurde versucht, einen Teil der Büros für die Nutzer einfacher zugänglich zu machen. So liegen im ersten Oberge-schoss unmittelbar am Benutzungsbereich wichtige Anlaufstellen der Benutzungs-abteilung und auch im Erdgeschoss sowie im sechsten und siebten Obergeschoss ist das Personal für die Nutzer leicht er-reichbar.

Architekten – Bibliothekare

Mit Entwurf und Planung des Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrums wurde das Architekturbüro Max Dudler beauftragt. Die Architektur zeichnet sich durch eine formale Strenge aus, die sich an die ge-ometrische Formensprache der klassi-schen Moderne anschließt, ohne sie zu kopieren. Gerade das lässt den Entwurf, der sich in einem Wettbewerb gegen ein breites Teilnehmerfeld durchgesetzt hat, in einer Hinsicht klassisch-zeitlos er-scheinen.

Besonders lohnend ist hier ein Vergleich etwa mit Friedrich Schinkels Skizze ei-ner Bibliothek im Garten der Universität von 1833. Die regelmäßige Gliederung der Fassade und die klare, rechteckige Grundform des Gebäudes vermitteln die gleiche Strenge wie der Entwurf Max

Dudlers. Gleichzeitig sind bei Letzterem aber Anleihen an die des Bauhaus und an Max Dudlers Lehrer Oswald Matthias Ungers zu erkennen; vor allem auch in der Gestaltung großer, proportionierter Räume.

So unterschiedlich die Konstellationen und Aufgaben im Bibliotheksbau sind, so verschieden sind die Erfahrungen, die Bib-liothekare mit Architekten machen – und umgekehrt, darüber ist schon viel gesagt und geschrieben worden. Die Humboldt-Universität hat hier in zweifacher Hin-sicht Glück gehabt. Der Architekt teilt die grundsätzlichen Überlegungen und Überzeugungen sowie die Philosophie, die hinter dem Projekt steht, und die HU ist selber Bauherr des Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrums.

Dies macht Abstimmungen und Dis-kussionen wesentlich einfacher und hat im bisherigen Planungsverlauf immer dazu geführt, dass für beide Seiten akzeptable Kompromisse entstanden, wo keine Über-einstimmung hergestellt werden konnte. Dabei waren sicher auch gemeinsame Be-suche anderer Bibliotheken hilfreich.

An dieser Stelle sollte einmal die Kolle-gialität erwähnt werden, die in den meis-ten Bibliotheken herrscht. Wir wurden nicht nur freundlich willkommen gehei-ßen, sondern es wurden auch manch hei-ße Eisen angefasst und viele Fehler off en diskutiert.

Natürlich ist eine vertrauensvolle Zu-sammenarbeit und ein gegenseitiges Ver-ständnis auch in anderen Bereichen wie der Technikplanung essenziell, der stän-dige Diskussionsprozess zwischen Biblio-thekaren und Architekten bildet aber den Kern der Gesamtplanung.

Das Jacob und Wilhelm Grimm-Zen-trum wird das Gesicht der Dorotheen-stadt, der Universität und der Bibliothek selbst nachhaltig verändern. 175 Jahre musste die Zentrale Universitätsbibliothek ohne eigenes, adäquates Haus auskom-men. Zum 200. Jahrestag ihrer Gründung wird die Humboldt-Universität nun um ein Informations- und Kommunikati-onszentrum bereichert, das nicht nur eine Infrastruktur für CMS und UB auf höchstem Niveau bietet, sondern als Treff -punkt und Schaufenster der Universität das Hauptgebäude im Palais des Prinzen Heinrich ergänzt und erweitert.

Im Mittelpunkt unserer Planungen ste-hen die Nutzer mit ihren sich verändern-den Bedürfnissen. Dem versuchen wir entgegenzukommen, indem wir Ästhetik und Funktionalität als sich ergänzende, unverzichtbare Eigenschaften des neuen Hauses begreifen.

Leseplätze an der Fassade. Es sollen ästheti-sche und funktional klare Räume entstehen, die bei aller Wiedererkennbarkeit nicht auf Identität verzichten. Grafik: Max Dudler

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Lesesaal | BuB 323Schwerpunkt

Die Botschaft der Häuser

Jeanette Lamble, Barbara Schneider-Kempf

Richtfest für die große UnbekannteBaustelle der Superlative: In Berlins Zentrum entsteht die neue Staatsbibliothek

Nicht nur die Humboldt-Universität zu Berlin bekommt einen neuen, eindrucks-vollen Bibliotheksbau im Herzen der Hauptstadt. In unmittelbarer Nachbar-schaft wird an einem weiteren Neubau der Superlative gewerkelt, und zwar für die Staatsbibliothek zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Die größte wissenschaftliche Universalbibliothek im deutschsprachigen Raum bekommt damit am Standort Unter den Linden ihr funkti-onales und architektonisches Herz zurück, das im Zweiten Weltkrieg durch Bomben-treffer verloren ging. Die Pressesprecherin Jeanette Lamble und die Bibliotheksdi-rektorin Barbara Schneider-Kempf stellen den imposanten Neubau vor, der zunächst so unauffällig vor sich ging, dass die Bau-stelle in den Tageszeitungen der Haupt-stadt schon als die »größte unsichtbare Baustelle« und »große Unbekannte« von sich reden gemacht hat.

Das Haus Unter den Linden der Staatsbibliothek zu Berlin heute, im Vordergrund das Reiterdenk-mal Friedrich des Großen. Die Baustelle ist von außen kaum sichtbar, da sich alle Bauarbeiten hin-ter den Mauern vollziehen. Foto: Staatsbibliothek – PK

Am 5. Februar 2008 feierten die aus-führenden Baufi rmen zusammen mit Vertretern der Bundesregie-

rung, der Stiftung Preußischer Kulturbe-sitz, der Staatsbibliothek zu Berlin und mit den Architekten und Planern das Richt-fest. Parallel wird bis zum Jahr 2011/12 das dann knapp einhundert Jahre alte Gebäude generalsaniert und für einen mo-dernen Bibliotheksbetrieb instand gesetzt. Die Baukosten trägt der Bund und unter-streicht damit die Bedeutung der größten wissenschaftlichen Universalbibliothek im deutschsprachigen Raum.

»Größte unsichtbare Baustelle«, »Groß-baustelle im Verborgenen«, »Die große Unbekannte« betitelten Anfang Februar große deutsche Zeitungen ihre Beiträge über die größte Kulturbaustelle des Bun-des, auf der am Tag zuvor Richtfest gefei-ert wurde.

Erstaunen, immer wieder Erstaunen ruft diese Baustelle inmitten der Staatsbib-liothek zu Berlin hervor: über die bauliche Dimension dieses Projekts, das nicht nur für die nationale und internationale Wis-senschaftslandschaft, sondern auch für die städtebauliche Entwicklung Berlins bedeutend ist; und darüber, dass es mög-lich ist, direkt am prächtigsten Boulevard der Hauptstadt, an der Straße Unter den Linden, ein in jeder Hinsicht gigantisches Bauwerk derart geräuschlos, unsichtbar und von der Außenwelt unbemerkt wach-sen zu lassen.

Täglich verharren Hunderte Menschen vor dem Gebäude, gehen in den Brun-

nenhof, zögernd erst, dann voller Bewun-derung für die mit Wein bewachsenen Gemäuer und die über dem Eingang ein-gelassenen Statuen, lassen ihre Blicke der majestätischen Fontäne in die Höhe und weiter die Fassade 13 Etagen hoch folgen – und ahnen doch meist nicht, was da im Innern dieses Gebäudekomplexes, der 107 mal 170 Meter misst, entsteht.

Erst der Zugang zum Richtfest eröff ne-te Journalisten, Politikern, Bibliothekaren, Bibliotheksbenutzern und vielen anderen geladenen Gästen den ersten räumlichen Eindruck vom künftigen Allgemeinen Le-sesaal, dem Rara-Lesesaal, den Tresorma-gazinen und dem Freihandmagazin – den Neubauten. Und führte endlich vor Au-gen, wie sich ab 2009 der außen geschlos-sen stehende Altbau funktional und archi-tektonisch mit den im Zentrum stehenden Neubauten verbinden wird.

Bestände, Sammlungen, Benutzungskomfort

Das, wofür gebaut wird, ist ebenso außer-ordentlich wie der Bau selbst. Umsichtige Erwerbungspolitik, königliche Zuwen-dung, einzigartiges Expertenwissen und manches glückliche Händchen beim Ankauf heute unschätzbarer Objekte, der Aufschwung der Wissenschaften seit dem 18. Jahrhundert, die Explosion der Buchproduktion seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, die Ausweitung des Er-werbungsspektrums hin zu den heutigen Sammelschwerpunkten in den Geistes-

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 324 Die Botschaft der Häuser

Trümmer im Lesesaal: Am 14./15. Februar 1944 traf eine Luftmine den Kuppellesesaal; bis zum Jahr 1975 blieb die Ruine des Raumes im Zentrum des Gebäudes stehen.

Foto: Staatsbibliothek – PK

»Größte unsichtbare Baustelle«, »Großbaustelle im Verborgenen«,

»Die große Unbekannte« betitelten Anfang Februar große deutsche Zeitungen ihre Beiträge über die

größte Kulturbaustelle des Bundes.

und Sozialwissenschaften, die universale Ausrichtung der Sammlungen (alle Zei-ten, alle Länder, alle Sprachen) bei gleich-zeitiger Betonung des wissenschaftlichen Wertes der Sammlungsobjekte – all dies formte im Laufe von 350 Jahren einen Be-stand an Sammlungen, der sich mit denen der großen Bibliotheken in London, Paris, Moskau und anderen Städten misst.

Zu den unikalen Werken gehören zum Beispiel die Matthäuspassion von Bach, die Zauberfl öte von Mozart, Beethovens 9. Sinfonie, Schriftstücke von Lessing, Goethe, Kleist, die Nachlässe von Her-der und Hauptmann, das älteste Druck-

werk der Welt aus Japan 764/770. Hin-zu kommen über 10,5 Millionen Bände seit 1501 gedruckter Literatur aus allen Wissenschaftsgebieten, Hunderttausen-de Frühdrucke und Musikdrucke, über eine Million Karten, des Weiteren Atlan-ten, historische Zeitungen, umfangreiche Parlamentaria, Archive und Nachlässe, elektronische Zeitschriften, Datenban-ken, CD-ROMs, Mikrorollfi lme, Mikro-fi che und vieles mehr. Insgesamt über 22 Millionen Objekte aller Art werden hier gesammelt, sorgsam gepfl egt und für die Benutzung bereitgestellt.

Die Bestände der Bibliothek sind groß und großartig. Groß sind auch die beiden Standorte Unter den Linden und Potsda-mer Straße, rund 1,5 Kilometer im Zen-trum Berlins voneinander entfernt, auf die

sich die Bestände und Dienstleistungen der Bibliothek heute verteilen. Nach der Vereinigung der beiden Standorte im Jahr 1992 wurde das Konzept der »einen Bib-liothek in zwei Häusern« entwickelt und im Jahr 1998 vom Stiftungsrat Preußi-scher Kulturbesitz beschlossen.

Um im Rahmen dieses Zwei-Häuser-Modells die Möglichkeiten der Bibliothek voll entfalten zu können, sind sowohl die Instandsetzung und Modernisierung des 1914 in Betrieb genommenen Altbaus Un-ter den Linden als auch seine Ergänzung um Neubauten erforderlich. In einem internationalen Wettbewerb zur Lösung

dieser anspruchsvollen Aufgabe setzte sich im Jahr 2000 der renommierte Stuttgarter Architekt HG Merz durch, nach dessen Plänen nun gebaut wird.

Umfangreiche Planungen sowie logis-tische und technische Meisterleistungen waren stets zu vollbringen, bevor wieder ein Meilenstein erreicht wurde: erster Spatenstich im Mai 2005, Grundsteinle-gung für die Neubauten im April 2006, Aufsetzen der Richtkrone im Februar 2008.

So vollzog sich zwischen Spatenstich und Grundsteinlegung unterirdisch eine der zahlreichen ingenieurtechnischen Spitzenleistungen an diesem Bau: Ein hal-bes Jahr lang wurde in 13,5 Metern Tiefe zunächst ein Betontrog errichtet, welcher das Berliner Grundwasser fernhält und

zugleich die Stabilität des umliegenden Gebäudes sowie der Baustelle während der Bauarbeiten sichert.

Dazu wurde im Hochdruckinjektions-Verfahren waagerecht Spezialbeton ver-spritzt, welcher zuvor durch rund 3 000 senkrechte Bohrungen in die Tiefe gelang-te. Der zentrifugal verspritzte Beton muss-te unterirdisch so überlappen, dass er sich zu einer festen Schicht verbinden konnte.

Doch auch diese Düsenstrahlsohle selbst musste vor dem Aufschwemmen ge-sichert werden, wofür sie in der darunter-liegenden Erdschicht mit rund 500 Klein-bohrverpresspfählen in einem gerasterten Abstand von drei mal drei Metern rück-verankert wurde. Nach mehreren Tests bestand Gewissheit, dass die Düsenstrahl-sohle dicht und fest ist. Möge niemals je-mand diese zu Gesicht bekommen!

Über der Sohle befi nden sich fünf Me-ter hoch verdichteter Boden sowie eine Drainage und Sauberkeitsschicht, wel-

che in 8,5 Metern Tiefe unterhalb der Erdkante abschließt. Bis auf diese Ebene wurde nun das darüberliegende Erdreich ausgebaggert, 26 000 Kubikmeter Erde, in denen sich so mancher Rest des früheren Kuppellesesaals und der alten Holzpfahl-gründung fand.

In gut 20 Monaten nach der Grund-steinlegung im April 2006 wuchsen die Fundamente und die zwei Geschosse Tre-sormagazin, das angrenzende Freihand-magazin und der separate Rara-Lesesaal, schließlich die Stahlbetonkonstruktion für den neuen zentralen Lesesaal, die bald in einen 35 Meter in die Höhe ragenden Lichtkubus gehüllt wird, empor.

Ein Zusammenschnitt von Fotos, die seit Mai 2005 täglich um 11 Uhr aufge-nommen werden, zeigt im Zeitraff er be-eindruckend, wie die Baustelle vorberei-tet, riesige Versteifungen für den Halt des umliegenden Gebäudes angebracht, die Baugrube ausgehoben und schließlich die Neubauten in die Höhe getrieben wurden, zu betrachten unter http://bauen.staats-bibliothek-berlin.de.

Zwischen der Grundsteinlegung und dem Richtfest wurden 17 500 Kubikme-ter Beton vor Ort gegossen, dabei 3 600

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Lesesaal | BuB 325Die Botschaft der Häuser

Arbeiten auf der größten Kulturbaustelle des Bundes. Hier werden die Stahlbau-Fertigteile für die Deckenkonstruktion verschweißt. Foto: hg merz architekten

Grundsteinlegung für den Neubau der Superlative mit dem Stuttgarter Architekten Hans-Günter Merz und seinen Mitarbeitern aus dem Berliner Büro. Foto: Staatsbibliothek – PK

Tonnen Stahlbewehrung verbaut, 4 000 Stahlbeton-Fertigteile als Gerüst für den transluzenten Glaskubus verschweißt. Die Schweißarbeiten wurden von 40 extra für diese Aufgabe qualifi zierten Facharbeitern ausgeführt; jetzt sind die Fertigteile mit 2,8 Kilometern Schweißnaht verbunden, für deren Herstellung ein Schweißer allein sieben Jahre gebraucht hätte.

Für den Aufbau der Dachkonstruktion aus den Stahlbeton-Fertigteilen sowie für den späteren Innenausbau des zentralen Lesesaals wurde ein Gerüst eingerichtet, welches nicht zuletzt ob seiner Einzigar-tigkeit als Fotomotiv überrascht.

Es war ein erhebender Moment, als sich am 5. Februar 2008 der Richtkranz em-porhob. Denn jetzt wurden endlich die Konturen des Lesesaals sichtbar; nicht länger beugt man sich über Modelle, son-dern hat gebaute Materie vor sich und über sich – und es nähert sich die Zeit, in der es mehr denn je eine Freude sein wird, in den Lesesälen der Staatsbibliothek zu Berlin historische Forschungen zu betreiben.

Dieses Bauvorhaben ist in jeder Hinsicht mit Superlativen zu beschreiben. Aus Sicht des Bundes ist zu vermerken: Sowohl von

der Baumasse als auch vom Finanzvolu-men her ist dies die größte Einzelbaustelle des Bundes für kulturell-wissenschaftliche Zwecke, 333 Millionen Euro kosten allein die Neubauten und die Generalsanierung.

Auch die architektonischen, städte-baulichen und denkmalpfl egerischen Anforderungen bewegen sich auf höchs-tem Niveau: Architekt HG Merz – übri-gens einem breiten Publikum durch die

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 326 Die Botschaft der Häuser

Daten zum Neubau

Technische AusstattungInternet an allen Benutzerarbeitsplätzen, W-LAN in allen öffentlichen Benutzungsberei-chen, Buchtransportanlage mit 17 Linear- und 4 Umlaufzügen, Gesamtlänge 1 500 Meter

Freihandbestand – Magazinbestand

Die Staatsbibliothek zu Berlin ist eine Maga-zinbibliothek. In den Magazinen wird das Gros der zehn Millionen Bände und der vielen an-deren Materialien der bedeutenden Samm-lungen aufbewahrt. Der Anteil der in den Lesesälen frei zugänglichen Literatur (über-wiegend Referenzliteratur wie Nachschlage-werke, Handbücher, große Quelleneditionen) wird in den nächsten Jahren auf über fünf Pro-zent erhöht. Die maximalen Kapazitäten al-ler Freihandbestände wachsen im Haus Unter den Linden auf 460 000 Bände, im Haus Pots-damer Straße auf 210 000 Bände.

Tresore für herausragende Sammlungen

Tresore sind gelegen im ersten und zweiten Untergeschoss unterhalb des neuen Lesesaals, 18 Grad Celsius temperiert, 50 Prozent Luft-feuchtigkeit, UV-freie Beleuchtung, einsturz-sicher, 3 000 Quadratmeter Nutzfläche, aus-gestattet mit Kompaktregalanlagen.

Arbeitsplätze und Freihandbestände für hohen Benutzungskomfort

Insgesamt entstehen im gesamten Gebäude 656 internetfähige Benutzerarbeitsplätze ver-schiedener Ausstattung. Der Zugang zum In-ternet über W-LAN ist aus allen Benutzerbe-reichen möglich.

Qualität der Arbeitsplätze: Standardar-beitsplatz mit Tisch, Stuhl, IT-Anschluss; For-scherarbeitsplatz wie Standard und abschließ-barer Roll-Container, reservierbar; Carrel wie Forscherarbeitsplatz, jedoch abgeschlossener Raum, längere Zeit mietbar; Rechercheplatz mit PC für Internet- und Katalog-Recherche oder Mikrofiche-Lesegerät oder Readerprin-ter; Blindenarbeitsplatz wie Standardarbeits-platz und besondere technische Ausstattung wie PC mit Scanner, Braille-Zeile, Sprachaus-gabe, Vergrößerungssoftware für Monitor; Abspiel-Platz mit Audio-Anlage

Künftiger Allgemeiner Lesesaal im Zentrum des Gebäudes (ab 2008)

250 Arbeitsplätze, davon 90 Standardarbeits-plätze, 140 Forscherarbeitsplätze, 19 Carrels, 1 Blindenarbeitsplatz, 10 Rechercheplätze, 125 000 Bände Freihandbestand, 9 000 Qua-dratmeter Nutzfläche

Freihandmagazin, angrenzend an den Allgemeinen Lesesaal (in Betrieb ab 2011/2012)

175 000 Bände Literatur mit Erscheinungsjahr bis 1945

Informationszentrum für das Historische Buch (ab 2008)

65 Rechercheplätze, 50 000 Bände Freihand-bestand

Sonderlesesaal für Seltene Drucke (ab 2008)

50 Standardarbeitsplätze, 30 000 Bände Frei-handbestand, 700 Quadratmeter Nutzfläche

Weitere Sonderlesesäle (ab 2011/2012)

281 Benutzerarbeitsplätze insgesamt, davon

Handschriften-Lesesaal: 48 Standardarbeits-plätze, 10 Rechercheplätze; Karten-Lesesaal: 40 Standardarbeitsplätze, 10 Rechercheplät-ze; Musik-Lesesaal: 70 Standardarbeitsplätze, 10 Abspiel-, 10 Rechercheplätze; Zeitungs-Lesesaal: 50 Standardarbeitsplätze, 15 Re-chercheplätze; Kinder- und Jugendbuch: 12 Standardarbeitsplätze, 6 Rechercheplätze; Freihandbestand in diesen Lesesälen insge-samt 120 000 Bände

Neue Öffentlichkeitsbereiche (ab 2011/2012 im Neubau)

Auf der Ebene des Erdgeschosses entstehen Bereiche, welche für eine breite Öffentlichkeit zugänglich sein werden. Interessierte können sich – auch ohne Benutzer der Bibliothek zu sein – über die Staatsbibliothek, die moder-ne Informationsdienstleistungen erbringt so-wie nationales und Weltkulturerbe sicher ver-wahrt, auf vielfältige Weise informieren. � 308 Quadratmeter großes Bibliotheksmu-

seum mit Dauerausstellung zur Entwick-lung der Staatsbibliothek als wissenschaftli-ches und kulturelles Zentrum Berlins, Preu-ßens und Deutschlands

� auf 66 Quadratmetern entsteht die »Schatz-kammer«, welche baulich in den Bereich der Tresormagazine integriert wird; Raum für wechselnde Ausstellungen, 248 Qua-dratmeter

� 3 Veranstaltungssäle� Cafeteria, Buchshop

Werkstätten der Staatsbibliothek

Die Werkstätten der Staatsbibliothek – Re-staurierung, Buchbinderei, Digitalisierung, Druckerei, Mikroverfilmung, Reprografie – beziehen im Nordteil des Gebäudes im sanier-ten Altbau 1 500 Quadratmeter Fläche.

Zu den unikalen Werken gehören zum Beispiel die Matthäuspassion von

Bach, die Zauberfl öte von Mozart, Beethovens 9. Sinfonie und Schriftstü-

cke von Lessing, Goethe und Kleist.

Sanierung der Alten Nationalgalerie auf der Museumsinsel, den mehrfach preis-gekrönten, neuen zentralen Gedenkort der Gedenkstätte Sachsenhausen oder die Konzeption des neuen Daimler-Museums in Stuttgart bekannt – plante für diese be-deutende Bibliothek einen funktionalen und zugleich repräsentativen Bau.

Ein besonderer Aspekt war dabei sicher auch die räumliche Situierung des Gebäu-des – im Zentrum der deutschen Haupt-stadt gelegen, wo in nie da gewesenem Umfang historische Gebäude mit moder-ner Architektur ergänzt werden können, nein müssen; zugleich am weltberühmten Forum Fridericianum mit seinen Kultur- und Bildungsstätten angrenzend.

Planern und Bauherren gab und gibt dies zusätzlich einzigartige Chancen, aber

eben auch immense Verantwortung mit auf ihren langen Weg: Neues muss mit Al-tem auf höchstem Niveau klug und positiv nachhaltig verbunden werden.

Beispiele aus dem nun bereits Jahre dauernden Baualltag in der Staatsbiblio-thek können die gigantischen Aufgaben rund um diesen Bau und den Bauablauf nur schlaglichtartig illustrieren: Vom 7.

bis zum 13. Obergeschoss, damit bis unter das Dach, ist das Gebäude vom Lipman-Regalsystem durchzogen, dessen Auf- und Einbau zu Beginn des letzten Jahrhunderts sowohl planerisch als auch technisch eine Meisterleistung war.

Diese zusammenhängende Stahlkon-struktion bildet den statischen Kern der oberen Gebäudehälfte und kann weder entfernt noch verändert werden, ist viel-mehr im Gebäudebestand zu sanieren.

Oder die Fenster: Mehr als 1 200 Fens-ter sind denkmalgerecht aufzuarbeiten, darunter die von der Charlottenstraße aus besonders auff allenden 6,50 Meter hohen Rundbogenfenster. Von diesen bringt al-lein der Mittelfl ügel mit 700 Kilogramm das Gewicht eines Kleinwagens auf die Waage.

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Lesesaal | BuB 327Schwerpunkt

Die Botschaft der Häuser

Barbara Schneider-Kempf ist seit 2004 Generaldirektorin der Staatsbibliothek zu Berlin, von 2002 bis 2003 war sie Ständige Vertreterin des Generaldirek-tors. Von 1992 bis

2002 leitete sie die neu gegründete Uni-versitätsbibliothek Potsdam. Nach dem Erwerb des Diploms in Architektur und einem bibliothekswissenschaftlichen Re-ferendariat war sie von 1984 bis zu ih-rem Wechsel nach Potsdam an den Uni-versitätsbibliotheken in Hannover und Duisburg als Fachreferentin, später als Leiterin mehrerer Dezernate tätig.

Jeanette Lamble ist Pressesprecherin der Staatsbibliothek zu Berlin. Sie stu-dierte Englisch und Swahili mit sprach-wissenschaftlichem Schwerpunkt. Seit Oktober 2000 arbei-

tet sie in der Staatsbibliothek zu Berlin, im Jahr 2004 erwarb sie den Abschluss Master of Library and Information Sci-ences. – Kontakt: [email protected]

Grundsteinlegung mit Politik-Prominenz im April 2006 (von links): Polier der Firma SchälerBau, Engelbert Lütke-Daldrup (Staatssekretär im Bundesbauministerium), Florian Mausbach (Präsi-dent des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung), Klaus-Dieter Lehmann (Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz), Barbara Schneider-Kempf (Generaldirektorin der Staatsbib-liothek zu Berlin), Bernd Neumann (Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien)

Foto: Staatsbibliothek – PK

Oder die fortlaufenden Maßnahmen zur »Herstellung der Baufreiheit«, in de-ren Zuge immer wieder nicht nur Bücher, Sondermaterialien und Regale umziehen müssen, sondern auch die Konsequenzen daraus zu bedenken sind: So wurden 70 Kilometer dicht an dicht gestellte Bücher aus den Magazinen in das Interimsdepot Westhafen gebracht, welches seinerseits zunächst aufwendig herzurichten war.

Zugleich mussten die Bibliothekare dafür sorgen, dass die umgezogenen Bü-cher trotz ihres neuen Standorts weiterhin recherchierbar und ausleihbar sind, sie fügten für jeden bewegten Band einen ent-sprechenden Vermerk im elektronischen Katalog der Bibliothek ein, eine Arbeit, die absolut fehlerfrei zu erledigen ist.

Groß sind aber auch die Belastungen für die Mitarbeiter, welche zum Nutzen der Leser den Bibliotheksbetrieb mit gro-ßen Anstrengungen und Geduld aufrecht-erhalten: Baubedingt wird niemand daran vorbeikommen, in den Jahren bis zum Ab-schluss der Generalsanierung mindestens einmal mit Arbeitsplatz oder Büro umzu-ziehen, und viele werden dann vorüberge-hend in einem Ausweichcontainer neben dem Bibliotheksgebäude sitzen.

Und die Leser? Sie rechnen es hoch an, dass sie trotz umfassender Bauarbeiten und daraus erwachsender Belastungen, wie sich ständig ändernder Wege, weiter-hin die Sammlungen der Bibliothek nut-zen können.

Profi lierung der Standorte

Schon bald werden in kurzer Distanz zu-einander an den Standorten Potsdamer Straße und Unter den Linden zwei große allgemeine Lesesäle betrieben. In beiden werden die Benutzer und Leser – derzeit

sind dies montags bis samstags rund 4 000 am Tag – den unendlichen Kosmos der Wissenschaften vorfi nden.

Während der Bestand an Freihandlite-ratur im Allgemeinen Lesesaal der Potsda-mer Straße auf 280 000 Bände ausgebaut wird, ist die Kapazität des Allgemeinen Lesesaals inklusive Freihandmagazin Un-ter den Linden für 300 000 Bände ausge-legt, bei Letzterem ein enormer Zuwachs gegenüber dem jetzigen Bestand.

Als Groborientierung für den zu erwar-tenden Inhalt der in den beiden Lesesälen aufgestellten Freihandliteratur dient das Einsetzen der »Moderne zum Beginn des 20. Jahrhunderts«, wobei dies von Fach-gebiet zu Fachgebiet noch genauer zu be-stimmen sein wird.

Der Allgemeine Lesesaal und das In-formationszentrum im historischen Haus Unter den Linden widmen sich dann der Literatur sämtlicher Epochen der Vormo-derne, der Allgemeine Lesesaal der Pots-damer Straße wird die Moderne bis zur Gegenwart besetzen.

Bei der Verteilung der Sonderabteilun-gen auf die beiden Häuser gilt künftig fol-gende Faustregel: Die materialbezogenen Abteilungen – Handschriften, Musik, Karten, Zeitungen, Kinder- und Jugend-buch – sind im Haus Unter den Linden, die auf Regionen bezogene Abteilungen – Orient, Ostasien, Osteuropa – im Haus Potsdamer Straße zu fi nden.

Orte für das Patrimonium der Deutschen

Deutschland – ohne »eigentliche« Natio-nalbibliothek – benötigt in der Hauptstadt Berlin einen Kristallisationspunkt zur Do-kumentation des nationalen gedruckten und handschriftlichen Kulturerbes. Zur Identifi kation mit der eigenen Nationalge-schichte ist es unabdingbar, das Entstehen Deutschlands als Kulturstaat in breiten Sammlungen zu dokumentieren.

Die Sammlungen der Staatsbibliothek zu Berlin verkörpern in ganz herausragen-der Weise das Patrimonium der Deutschen – und wir sind stolz und glücklich, dass diesen Schätzen der Menschheit eine neue, würdige und sichere Heimstatt erwächst.�

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 328 Die Botschaft der Häuser

Martin Götz

Trends in der InneneinrichtungRahmenbedingungen und Optionen für die Gestaltung zeitgemäßer Bibliotheksräume

Es bewegt sich was in den Bibliotheksräu-men. Nach wie vor besteht zum Beispiel die Herausforderung, neue Medien noch geschickter und attraktiver zu integrieren, aber auch mehr Platz zum Lernen und Arbeiten zu schaffen. Und bei der Gestal-tung ist Mut zu Farben, Kreativität und Gefühl gefragt. Diese und andere Trends und Tendenzen bei der Innengestaltung von Öffentlichen wie wissenschaftlichen Bibliotheken schildert Martin Götz in folgendem Beitrag. Er wirft dabei auch einen Blick auf neueste Entwicklungen in Technik und Gestaltung, auf die Biblio-theken sich heute schon einstellen sollten, um zeitgemäß planen zu können.1

Es verbietet sich, pauschal über die Ausstattung der »Bibliothek der Zukunft« zu sprechen. Klar ist: die

Inneneinrichtung wird immer von Art und Konzept der jeweiligen Bibliothek abhängen: ist sie eine Öff entliche oder wissenschaftliche Bibliothek, will sie In-formations- und Lernzentrum sein, Ideen-generator, Wissenstauschbörse, Wissens-begegnungsstätte2, kulturelle Drehscheibe und Treff punkt einer Kommune oder legt sie ihren Schwerpunkt auf Information Literacy und/oder traditionelle Leseförde-rung?

Trotzdem können Teilaspekte beleuch-tet werden. Ihre Entwicklung und ihre Bedeutung für die Bibliothek der Zukunft muss man, um »modern« bauen und ein-richten zu können, möglichst weitgehend antizipieren.

ICT, Elektronische Ressourcen, virtuelle Präsenzen

Künftig wird es, wegen des Bedeutungszu-wachses, eine noch bedeutendere Aufgabe sein, Online-Ressourcen deutlich sichtbar hervorzuheben, transparent und dadurch auffi ndbar und leicht verständlich benutz-bar zu machen. Dafür braucht es eindeu-tige und ausdrucksstarke Leit- und Hin-weissysteme.

Jetzt dominieren Bücher immer noch das Innere von Bibliotheken, sie bilden eine Art Festung. Der Weg geht sicher in Richtung Lern- und Bildungszentrum, weniger Bedeutung hat die Bibliothek als Ausleihstätte, viel Präsenznutzung, aber auch steigende virtuelle Nutzung3 (vom eigenen Schreibtisch aus) charakterisieren ihren Gebrauch.

Bestand an und Zugang zu elektroni-schen Medien müssen ebenso wie Dienst-leistungen ausgebaut werden. Insgesamt gilt noch für viele Jahre: Weiterhin müssen reale Räume vorgehalten werden; virtuelle Präsenzen kommen dazu.

Das kann und wird gehen bis zu virtu-ellen 3-D-Filialen zum Beispiel in Second Life4. Und: Die Gesamtentwicklung führt dazu, dass für die gesamte IT-Ausstattung die erforderliche architektonische Umge-bung geschaff en und einhergehend damit mehr Fläche eingeplant werden muss.5

Auch sogenannte Helpdesks sollen für die Hilfe beim Umgang mit Informati-onstechnologie eingeplant und bereit-gehalten werden. Das ist ein zusätzlicher Raumfaktor.

Darüber hinaus werden Geräte und Räume benötigt, um die vorhandenen Bestände zu digitalisieren. IT-Trends sind (bereits schon): RFID, Selbstverbuchung,

Rückgabeautomaten, die rund um die Uhr benützt werden können, Rücksortier-automaten, Funknetze, Online-Leitsyste-me. Neu hinzu kommt die LED-Technik.6 Auch Room-Ware7 wird mehr Verbreitung fi nden (siehe dazu Abbildung 1 auf der fol-genden Seite).

Lernen

Lern- und Bildungszentren bieten in Zukunft unterschiedliche Lernarrange-ments: Gruppenarbeitsräume (also fl e-xible Räume unterschiedlicher Größe) für selbst organisierte Lernkooperationen, in denen Kleingruppen diskutieren können und sich Stoff gemeinsam erarbeiten und Ergebnisse erörtern können, ohne ande-re zu stören, aber auch Schulungsräume, Vortrags- und Seminarräume werden ge-braucht – mit der nötigen EDV ausgestat-tet, zum Beispiel für Informationskompe-tenz-Schulungen.

Nach wie vor haben Einzelarbeitsplätze und Doppelarbeitsplätze für Zweier-Grup-

pen und Carrels, in denen man alleine und ungestört arbeiten kann, hohe Bedeutung. Von den Studierenden geht ein steigender Druck aus, weil sie, nach Bezahlung von Studiengebühren, auch eine entsprechen-de Leistung dafür bekommen wollen.

Nötig ist, dass Zeitbudgetanalysen8 angestellt werden, um zu ermitteln, ob und wie sich das Lernverhalten der Stu-dierenden im Zuge des Bologna-Prozesses verändert hat und um daraus gegebenen-falls Konsequenzen für die Anzahl und Ausstattung der Arbeitsplätze ziehen zu können.

Es ist davon auszugehen, dass durch den Bologna-Prozess das Studium kom-primiert wurde, eine stärkere Verschulung eingesetzt hat und dass Studierende zu häufi geren Bibliotheksbesuchen gezwun-gen sind. Eine Umstellung der Lehre in Richtung Gruppen- und Projektarbeit führt zudem zu einem erhöhten Bedarf an Gruppenarbeitsplätzen.

Insgesamt bedeutet dies, dass eine Zu-nahme des Bedarfs an Arbeitsplätzen in Bibliotheken sehr wahrscheinlich ist.9

Bibliotheken bieten den Kunden in Zukunft eine Vielfalt von Arbeitsmög-

Der Begriff »intelligente Gebäude« wird im Zusammenhang mit der

Gebäudeleittechnik und der elektroni-schen Gebäudeausrüstung der

Heimautomatisierung verwendet.

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Lesesaal | BuB 329Schwerpunkt

Die Botschaft der Häuser

lichkeiten, im Stehen und im Sitzen. Fle-xibles Lern-Mobiliar (Trennwände, Flip-Chart-Ständer, White-Boards, virtuelle Tische und so weiter) ermöglicht schnelle Veränderung und damit ein passgenaues Angebot. Hiervon existieren zurzeit nur Skizzen und Entwürfe, die »perfekten« Lernumgebungen müssen noch realisiert werden.

Leichtbauweise ist angesagt. Funktio-nen von einzelnen Bereichen ändern sich häufi g, ja müssen sich manchmal schon im Laufe eines Tages ändern. Dafür ist, wenigstens teilweise, große Flexibilität er-forderlich – aber wirklich nur für Teile der Bibliothek, eine Vollfl exibilität soll hier nicht gemeint sein.

Allgemein gesprochen: Den hohen An-sprüchen der Kunden (genauer: einzelnen Zielgruppen als Untermenge davon) muss man gerecht werden und Umgebungen schaff en, die den Bedürfnissen von Stu-dieren, Forschen, Weiterbilden und zum Beispiel Lehren entsprechen.

Dazu gehören ein zufriedenstellend großes Raumangebot, viel Tageslicht, wenig Lärm (beziehungsweise ausgespro-chen ruhige Zonen), angenehme Tem-peraturen und eine interessante, farblich ansprechende Gestaltung – wozu auch der Mut gehört, kräftige Farben einzu-setzen.

Öff nungszeiten, Sicherheit

Für die Mehrzahl der deutschen Bibliothe-ken ist die Ausweitung der Öff nungszeiten (für die physisch zugänglichen Räume) ein Hauptwunsch.

Dies triff t vor allem auf die zahlrei-chen kleinen und mittleren Öff entlichen Bibliotheken zu; sie sind öff entliche Ein-richtungen, die immer noch überwiegend geschlossen sind!

Zahlreiche, vor allem wissenschaftli-che Bibliotheken sind erheblich kunden-freundlicher. Die nötigen Sicherheitsvor-kehrungen, die für den immer häufi ger angebotenen 24-Stunden-Betrieb nötig sind10, müssen getroff en werden.

Intelligente Gebäude

Der Begriff »intelligente Gebäude« wird im Zusammenhang mit der Gebäudeleit-technik und der elektronischen Gebäu-deausrüstung der Heimautomatisierung verwendet. Das passende Stichwort ist hier der intelligente Kühlschrank, der meldet, wenn die Milch ausgeht und sie gleich beim Lebensmittelhändler be-stellt, der sie sozusagen »just in time« liefert.

Es wird Gebäude geben, die sich selbst steuern, selbsttägig Tageslicht und Tem-peraturen regulieren, energiesparend sind, intelligent »wirtschaften«, und damit die Kosten deutlich reduzieren.

Das Hauptziel ist: Wohnen und Arbei-ten angenehm gestalten, das Nebenziel ist:

ökologisch und ökonomisch sinnvoller Umgang mit den Ressourcen.

Personalarbeitsplätze

Arbeiten die BibliothekarInnen in der Zukunft mehr mit Desk-Sharing? Es gibt heute schon Bibliotheken (zum Beispiel in Maastricht), in denen die Mitarbeiter keine individuellen Arbeitsplätze mehr haben.11

Planung

Computeranimierte 3-D-Modelle, mit denen die geplanten Räume visualisiert werden können, perfektionieren den Pla-nungsprozess – mit allen Vorteilen, die Si-mulationen haben.12

Vielleicht wird es in Zukunft noch mehr geschlechtsspezifi sche Angebote und Dienstleistungen geben, und demzu-folge dann geeignete physische und virtu-elle Räume, in denen diese bereitgehalten und genutzt werden können.

Konzeption

Bibliotheken werden zukünftig eher Bil-dungseinrichtung sein und auf individu-elle Lebensstile und Lernstile eingehen. Also müssen wir unterschiedliche Lernbe-dürfnisse eruieren und befriedigen.

Hier herrscht zurzeit noch ein Mangel: Wir wissen aus der Forschung wenig über die konkreten Lernbedürfnisse unter-schiedlicher Zielgruppen. Wir benötigen aber systematische und tiefer gehende In-formationen über diese Lernbedürfnisse, um unsere Kundenorientierung weiter voran zu treiben.

Dr. Martin Götz, geboren 1961, stu-dierte von 1987 bis 1990 an der FHB Stuttgart (ÖB) und war danach zwei Jahre lang als Assis-tent am Fachbereich Information und Do-

kumentation tätig. Von 1992 bis 1995 absolvierte er das Magisteraufbaustu-dium Kulturmanagement an der Päd-agogischen Hochschule Ludwigsburg und war von 1995 bis 2001 als Bera-ter an der Staatlichen Fachstelle für das Öffentliche Bibliothekswesen Freiburg tätig. Im Jahr 2000 promovierte Mar-tin Götz an der Humboldt-Universität zu Berlin zum Thema Öffentlichkeits-arbeit, nahm Lehraufträge für die HdM Stuttgart wahr und arbeitete als Bera-ter bei der Hessischen Fachstelle Wies-baden. Von September 2004 bis März 2006 war er Vorstandsvorsitzender des Berufsverbandes BIB der Landesgrup-pe Hessen. Seit 2005 ist er Mitglied des Standing Committee »Library Buildings and Equipment« der IFLA. Seit März 2006 lehrt Martin Götz als Professor an der HdM Stuttgart mit den Lehrgebieten Bibliotheksbau, Kulturmanagement, Bi-bliothekspolitik und Bibliothekskonzep-te. – Kontakt: [email protected]

Abbildung 1: Verschiedene RoomWare-Komponenten. Quelle: Institut für Integrierte Publikati-ons- und Informationssysteme (IPSI), Fraunhofer-Gesellschaft Darmstadt und www.foresee.biz

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 330 Die Botschaft der Häuser

Kooperation

Es gibt einen Trend, verschiedene Einrich-tungen unter einem Dach zu vereinen. In gemeinsam genutzten Häusern werden mehr und mehr gemischte Funktionen angeboten: Volkshochschulen, Bürgerser-vicecenter, Museen, Archive, Cafés, Buch-handlungen, Ticketcenter für Kulturange-bote, Karriere- oder Berufsberatungscen-ter (etwa durch das Studentenwerk oder die Agentur für Arbeit) et cetera.

Flexibilität und gegenseitige Off enheit sind von elementarer Bedeutung. In Uni-versitäten werden mehr und mehr Bib-liotheken, Rechenzentren, Universitäts-verlage eng kooperieren beziehungsweise ineinander integriert werden (obwohl das vielerorts nicht reibungslos klappt).

Wohlfühlen

Die Bibliothek bietet immer mehr Flächen zum Chillen, Reden, Dösen, Telefonieren und zum Musik hören. Diese Bereiche können sogenannte Lounge Areas oder Talking Floors mit Wohnzimmeratmos-phäre sein, die Sofas oder Entspannungs-möbel beherbergen et cetera. Innen und außen werden Cafés eingerichtet, Leseter-rassen, Innenhöfe oder Dachgärten bieten die Möglichkeit, frische Luft zu schnap-pen. Power-Napping-Möbel bieten intime Räume in der Öff entlichkeit.13

Design

Design hat nach Meinung von Kennern seine ästhetische Komponente in der Ver-gangenheit überbetont: Minimalismus in Schwarz, Weiß und Chrom, das war ein-mal. Der Grundsatz: »Gute Gestaltung schaff t mehr Lebensqualität«, gilt jedoch weiterhin.

Innenarchitekten sind mehr und mehr nicht nur »für die oberen Zehntausend« tä-tig, sondern auch in Kindergärten, Kran-kenhäusern und Altenheimen. Innenar-chitektur hat viel mit Emotionen zu tun, zu fordern sind Mut zu Farbe, Kreativität und Gefühl14!

Besonders interessant sind elektrolumi-neszierende Tapeten, die Räumen inner-halb kurzer Zeit unterschiedlichstes Aus-sehen verleihen können.

Kundenorientierte Bestandspräsentation

Interessante Forschungsergebnisse15 zur Platzierung und Präsentation warten darauf, berücksichtigt zu werden. Beide Aspekte wurden sorgfältig unterschie-den, defi niert und erstmals als genuine

Marketinginstrumente von Bibliotheken identifi ziert, und auch Kenntnisse der Produktpräsentation werden in die Biblio-thekswissenschaft übernommen.

Ein erhellendes Beispielergebnis sei stellvertretend genannt: Platzierungsgrup-penbildung (also eine Gruppenbildung der zusammen zu platzierenden Medi-en): ein Sortierexperiment ergab, dass die Gruppen Literatur, Belletristik, Sprache, fremdsprachige Belletristik und biblio-grafi sche Literatur von Kunden in einem »Cluster« gesehen werden und daher im Zusammenhang präsentiert werden soll-ten, und: dass ihnen vor allem die Farben Gelb und Rot zugeordnet wurden.

Der räumliche Bereich, in dem diese Medien stehen, sollte zur besseren Ori-entierung der Kunden auch mit diesen Farben versehen sein. Diese Farbassozia-tionen (jeweils die beiden meistgenannten Farben) hat die Autorin für Medien zu allen Bereichen ermittelt und damit eine Grundlage für eine kundenorientiertere Bestandspräsentation geschaff en.

Roboter

Es wird noch eine Zeit lang dauern, bis Roboter in Bibliotheken die physischen Medien rücksortieren. Ein Vorgeschmack darauf sind »Automated Storage and Re-trieval-Systeme (ARS)«.

Funktionalität und Ästhetik

Die funktionale Optimierung von Bib-liotheken ist, auch in Deutschland, schon weit vorangeschritten16, die ästhetische Komponente darf ruhig noch viel stär-ker betont werden. Bibliotheken können großartig und begeisternd sein, und sie sollen es auch!

1 Der Text ist die Kurzfassung eines Referats »Aktuelle Trends in der räumlichen Gestal-tung von Bibliotheken«, gehalten am 12.12. 2007 auf dem ekz-Workshop »Räume und Inneneinrichtung für die Bibliothek 2030 – Zukunftsorientierte Gestaltungskonzepte«.

2 Vgl. Joscha Remus: Die Bibliothek neu erfi n-den! In: BuB 60(2008)1, S. 40

3 Durch sämtliche klassischen Funktionalitä-ten wie Recherche in Opacs, Kontoeinsicht, Vorbestellung und Verlängerung, aber auch Informationsbeschaff ung in Datenbanken, Auskunft per E-Mail, Chat oder Internet-Te-lefonie, Lieferung elektronischer Dokumente, Hördownloads, Filmdownloads, Downloads von E-Books, »Besuchen« von E-Learning-Sprachkursen et cetera.

4 Wie etwa Wolfgang Tiedtke von den Ham-burger Bücherhallen erwägt (siehe Wolfgang Tiedtke: Per Mausklick durch die Bücherhal-le. In BuB 60(2008)1, S. 54–60

5 Vgl. die Ausführungen von Elmar Mittler in seinem Referat (unveröff entlicht): »Moderne Bibliotheksbauten weltweit 1« auf der Fort-bildung »Bibliotheken bauen und ausstatten« am 6.11.2007 in Berlin.

6 Leuchtdioden LED (Licht emittierende Di-oden) sind Halbleiterverbindungen, die den Strom direkt in Licht umwandeln können. Die Leuchtdioden verhalten sich, bezogen auf Effi zienz, Größe und Lebensdauer zu konven-tionellen Glühlampen wie Halbleiterdioden zu Röhrendioden, das heißt sie werden die Beleuchtungstechnik in ähnlicher Weise ver-ändern, wie die Halbleitertechnologie bereits die Elektronik verändert hat – revolutionär. Künstliches Licht kann mit LEDs höchst diff erenziert gestaltet werden (Leuchtdichte, Beleuchtungsstärke, Lichtfarbe, Farbwieder-gabe, Blendung usw.).

7 Wände, Türen, Möbel etwa, in die Informati-ons- und Kommunikationstechnik integriert ist.

8 Vgl. Ausführungen von Ulrich Naumann und Olaf Eigenbrodt auf der Fortbildung »Biblio-theken bauen und ausstatten« am 6.2.2008 in Berlin.

9 Vgl. Ute Drechsler: Lern(w)ort Bibliotheken: Antworten aus Fachhochschulbibliotheken. In: Information und Ethik – Dritter Leipzi-ger Kongress für Information und Bibliothek. Herausgegeben von Barbara Lison. Wiesba-den: Verlag Dinges & Frick, S. 316–321

10 Hier ist beispielhaft die Universität in Karls-ruhe zu nennen, die im Erdgeschoss der UB Karlsruhe ihren Sicherheitsdienst für das gesamte Gelände stationiert hat. An vielen Regalen in den oberen Stockwerken sind Notknöpfe angebracht, die Überwachungs-kameras aktivieren und das Sicherheitsperso-nal alarmieren.

11 Vgl. die Ausführungen von Klaus Werner in seinem Referat (unveröff entlicht): »Stand der Neufassung des DIN Fachberichts 13« auf der Fortbildung »Bibliotheken bauen und aus-statten« am 6.2.2008 in Berlin.

12 Vgl. Erik Friedling, Martin Götz und Clau-dio Schmidt: Spaziergang durch die gedachte Bibliothek. In: BuB 60(2008)1, S. 65–68.

13 Einfache Liegen werden in einem der obers-ten Geschosse der Stadtbibliothek Ulm in der Mittagspause zum Beispiel von Angestellten häufi g zur Entspannung in der Mittagspause aufgesucht, so berichtete Jürgen Lange, Leiter der Stadtbibliothek Ulm, dem Verfasser.

14 Vgl.: Wenn das Wohnen zum Leben wird. Rudolf Schricker aus Ditzingen ist neuer Prä-sident des Bundes Deutscher Innenarchitek-ten. In: Stuttgarter Zeitung vom 01.12.07.

15 Vgl. Natalie Fischer: Kundenorientierte Plat-zierung der Medien in Öff entlichen Biblio-theken, Dissertation an der Humboldt-Uni-versität zu Berlin 2007 (Berliner Arbeiten zur Bibliotheks- und Informationswissenschaft; 18).

16 Vgl. Konrad Heyde: Bibliotheksplanung im Spannungsfeld ästhetischer und funktionaler Konzeption. In: Bibliotheks(t)räume. Hrsg. von Magdalena Pisarik. Wien, 1997

Quellen und Anmerkungen:

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BuB | 60 (2008) 04

Lesesaal | BuB 331Schwerpunkt

Die Botschaft der Häuser

Roman Rabe

DIN-Fachbericht 13 soll auch Öffentliche Bibliotheken einbeziehenPlanungsgrundlage wird überarbeitet und hiermit der Fachöffentlichkeit zur Diskussion gestellt

Der DIN-Fachbericht 13 »Bau- und Nutzungsplanung von wissenschaftli-chen Bibliotheken«1 zählt seit 1988 zu den wichtigsten Planungsgrundlagen für den Bibliotheksbau. Nachdem er sich bisher auf wissenschaftliche Bibliotheken beschränkte, hat das Deutsche Institut für Normung 2007 eine Überarbeitung auf den Weg gebracht, deren Ziel diesmal nicht nur eine Aktualisierung, sondern zu-sätzlich die Integration von Öffentlichen Bibliotheken und von Archiven ist. Roman Rabe stellt die Überlegungen für BuB vor – und möchte einen Erfahrungsaustausch damit anregen. Erfahrungen und Feed-back sind ausdrücklich erwünscht und sollen bei der Ausarbeitung der Normen berücksichtigt werden.

Kernstück des Fachberichtes bildet das Kapitel 5 »Nutzfl ächen« und in diesem besonders das Kapitel 5.2,

das sich mit den »Grundfl ächen für Be-stände« beschäftigt. Das Kapitel bietet eine Formel, mit deren Hilfe der Flächenbedarf für Bestände einschließlich Bewegungs-fl ächen (also Haupt- und Nebengängen) nach einer vorgegebenen Medienzahl ein-fach ermittelt werden kann. Voraussetzung sind Aussagen beziehungsweise Festlegun-gen zu Faktoren wie: Achsabstand (Sum-me aus Regaltiefe eines Doppelregals und Bediengangbreite), Zahl der Medien pro Regalboden, Regalböden übereinander und – in Zukunft – auch durchschnittli-che Länge der Regalreihen.

Damit der Nutzer des Fachberichtes nicht selbst rechnen muss, bietet das Ka-pitel Tabellen an, aus denen der Flächen-bedarf pro 1 000 Medien und die Medi-enzahl pro Quadratmeter für verschiedene Werte der oben genannten Faktoren abge-lesen werden kann.

Bisher enthalten die Tabellen nur Werte für Bücher und Zeitschriften in wissen-schaftlichen Bibliotheken. Für Nonbook-medien existieren nur Beispielrechnungen ohne Varianten.

Zur Integration der Belange Öff entli-cher Bibliotheken müssen im neuen DIN-Fachbericht zusätzliche Werte für Buchre-gale (zum Beispiel niedrigere Regalhöhen und größere Achsabstände) und erstmals auch Werte für Nonbookmedien ergänzt werden.

Nonbooks spielen in Öff entlichen Bib-liotheken eine größere Rolle. Ihr Flächen-bedarf muss ähnlich diff erenziert betrach-tet werden wie bei Büchern (abhängig von der Funktion der Bibliothek und der Auf-stellungsart).

Da hier zum Teil Neuland betreten wird, lohnt es sich, Erfahrungen aus der bibliothekarischen Praxis zu bündeln, und dem Arbeitskreis, der den DIN-Fachbe-richt überarbeitet, an die Hand zu geben. Konkret geht es um die Frage: Welche Werte können oder dürfen die einzelnen Faktoren bei verschiedenen Bibliotheksty-pen, Aufstellungsformen und Medienar-ten annehmen?

Messen und zählen Sie die in den Tabellen aufgeführten Werte in Ihrer Bibliothek nach und teilen Sie mir Ihre Ergeb-nisse mit. Sie helfen damit, den DIN-Fachbericht 13 auch in seiner neuen Form praxis-gerecht zu gestalten.

Kontakt:Roman RabeStädtische Bibliotheken DresdenFreiberger Straße 3301067 DresdenTel. 03 51/8 64 81 [email protected]

Der Autor schlägt in Tabellen Spiel-räume für Werte und Maße vor, die er hiermit der Fachöff entlichkeit zur Dis-kussion stellt, bevor er sie im Arbeitskreis als Grundlage für die Erstellung neuer Berechnungstabellen vorschlägt. Berufs-kollegen, die mit Bibliotheksbau und -ein-richtung beschäftigt sind, haben dadurch die Möglichkeit, ihre Erfahrungen direkt in die Gestaltung des neuen DIN-Fachbe-richtes 13 einfl ießen zu lassen.

Noch eine Anmerkung zu Nonbooks: Auch wenn für Nichtbuchmaterialien (so heißen Nonbooks im Fachbericht bisher) ähnlich diff erenzierte Flächenberechnun-gen angestrebt werden wie für Bücher, ist es doch unmöglich, die ganze Vielfalt an Möbeln zu berücksichtigen, die der Markt dafür bereithält. Der Autor ist deshalb stets von Regalen ausgegangen.

Testrechnungen haben ergeben, dass mit verbreiteten auf Flächenoptimierung getrimmten Sondermöbeln ungefähr die gleichen Kapazitäten pro Quadratmeter Fläche erreicht werden wie mit Regalen, sodass dieses Verfahren zu brauchbaren Ergebnissen führt.

Die bisherige Trennung der Medienar-ten in verschiedene Unterkapitel soll mög-lichst aufgegeben werden. Die folgenden Tabellen gelten folgerichtig weitgehend für alle Medienarten und, wo sinnvoll, auch für unterschiedliche Aufstellungsfor-men.

1. Regalbodentiefen

Die Regalbodentiefen beeinfl ussen den Achsabstand (Faktor in der Flächenbe-rechnungsformel).

Eine zu starke Diff erenzierung kann problematisch sein, wenn sich die Antei-le der Medienarten innerhalb eines Be-standes immer wieder wandeln. Relativ einheitliche Regalbodentiefen sichern auf Kosten des Flächenbedarfs einen fl exible-ren Einsatz der Regale. Auf Regalboden-tiefen unter 200 mm wurde deshalb ver-zichtet. Siehe zu Regalbodentiefen Tabelle 1 auf Seite 332.

2. Bediengangbreiten

Die Bediengangbreiten beeinfl ussen eben-falls den Achsabstand. Da hier rechtliche und ergonomische Anforderungen ins Spiel kommen (Gefährdung und Belas-tung von Personal und Nutzern), haben

1 DIN-Fachbericht 13: Bau- und Nutzungs-planung von wissenschaftlichen Bibliotheken (1998). 2., aktualisierter Nachdruck, 2002. Berlin: Beuth

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BuB | 60 (2008) 04

Schwerpunkt BuB | Lesesaal 332 Die Botschaft der Häuser

Gudrun Faller und Petra Janssen, Lan-desunfallkasse NRW, das Th ema in ihrer Stellungnahme 1 zur HIS-Studie »Biblio-theken an Universitäten und Fachhoch-schulen«2 aufgegriff en.

Weil die Pfosten meist einige Zenti-meter über das Regalbrett hinausstehen (nicht selten auch Medien), sind die Be-diengangbreiten in der Wirklichkeit oft circa 5 Zentimeter schmaler als in der Ta-belle dargestellt. Siehe dazu Tabelle 2 auf dieser Seite.

3. Regallängen

Dieses Maß spielte für die Flächenbedarfs-berechnung im alten DIN-Fachbericht keine Rolle. Eine gegenüber dem DIN-Fachbericht abweichende durchgehende Praxis in den Bibliotheken, Hauptgänge im 90 Grad-Winkel zu den Regalreihen anzuordnen (im DIN-Fachbericht bisher parallel zu den Regalen betrachtet), macht den Anteil der Bewegungsfl ächen an den Gesamtfl ächen für Regalbereiche stark von der Regallänge abhängig.

Hier macht sich eine Änderung in der Formel notwendig. Der Faktor für Bewe-gungsfl ächen (bisher als »Zuschlag« für Bewegungsfl ächen in Prozent) ergibt sich direkt aus der Regallänge. Die Regallänge wird selbst ein Faktor in der Formel. Siehe dazu Tabelle 3 auf dieser Seite.

4. Regalhöhe und Anzahl der Regalböden übereinander

Die Pfostenhöhe ist kein Faktor in der Berechnungsformel, aber sie wirkt sich auf den Faktor »Anzahl der Regalböden übereinander« aus. In wissenschaftlichen Bibliotheken wird fast ausschließlich mit 2,25 Meter hohen Regalen gearbeitet. In

Öff entlichen Bibliotheken variieren die Regalhöhen nach Zielgruppe, Wand- oder Raumaufstellung und Raumgestaltung stark.

Wegen der Fülle an unterschiedlichen Maßen werden die Anzahl der Regal-böden übereinander für Bücher und für Nonbooks in zwei Tabellen angegeben.

Die empfohlenen Pfostenhöhen für Nonbooks sind mit denen für Bücher identisch. Siehe dazu Tabelle 4 und 5 auf dieser und der folgenden Seite.

5. Kapazität der Regalböden

Das seit Jahren kontrovers diskutierte Th ema bietet nicht zuletzt wegen der HIS-Studie, die höhere Werte ansetzt als der DIN-Fachbericht, Sprengstoff . Die in der Tabelle 6 angegebenen Werte integrieren die Ergebnisse der HIS-Studie.3 Bei Klein-schrifttum sind eher die oberen, bei Alt-beständen eher die unteren Werte zu ver-anschlagen. Siehe dazu Tabelle 6 auf der folgenden Seite.

Tabelle 1: Empfohlene Regalbodentiefen für verschiedene Medienformate und Lagerungsarten

Medienart Art der Lagerung RegalbodentiefeEinfachregal in mm

Bücher (Oktav und Quart) stehend, Rückenansicht 250 bis 300Bücher (Folio) stehend, Rückenansicht 300 bis 400

Bücher (Großfolio) liegend 400 bis 500Zeitschriften/Zeitungen liegend 300 bis 400Karten/Pläne gefaltet stehend, Frontalansicht 250 bis 300

Schallplatten stehend, Rückenansichtstehend, Frontalansicht

300 bis 400300 bis 400

CD, CD-ROM stehend, Rückenansichtstehend, Frontalansicht

200 bis 250250 bis 400

MC stehend, Rückenansichtstehend, Frontalansicht

200 bis 250250 bis 400

DVD stehend, Rückenansichtstehend, Frontalansicht

200 bis 250250 bis 400

Video stehend, Rückenansicht 200 bis 250

Tabelle 2: Empfohlene Bediengangbreiten in den einzelnen Bibliotheksbereichen

Bereich Bediengangbreite in m

Geschlossenes Magazin 0,80 bis 0,90

Freihandmagazin 0,90 bis 1,10

Freihand-, Lesesaal- und Informationsbereich, auch Freihandbereich Kinder

1,10 bis 1,50

Bereich durchschnittliche Länge der Regalreihen in m

geschlossenes Magazin 5 – 8

Freihandmagazin 5 – 7

Freihandbereich 3 – 7

Tabelle 3: Regallänge

Bereich Pfostenhöhe in m Regalböden übereinander

Magazin und Kompaktmagazin – Aufstellung nach numerus currens 2,25 6 bis 7

Freihandmagazin – Aufstellung nach numerus currens 2,25 6 bis 7

Freihandmagazin – systematische Aufstellung 2,25 5,5 bis 6

Freihhand- und Informationsbereich – Wandregale

2,05 (öffentliche Bibliotheken)2,25 (wissenschaftliche Bibliotheken)

5 bis 6 5,5 bis 6,5

Freihand-, Lesesaal- und Informationsbereich – freistehende Regale

1,80 (öffentliche Bibliotheken)2,05 (öffentliche Bibliotheken)2,25 (wissenschaftliche Bibliotheken)

4,5 bis 5 5 bis 65,5 bis 6,5

Freihandbereich Kinder –Wandregale 1,501,80

3 bis 44 bis 5

Freihandbereich Kinder – freistehende Regale 1,503 bis 4

Tabelle 4: Pfostenhöhe und Anzahl der Regalböden übereinander bei Büchern

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Lesesaal | BuB 333Schwerpunkt

Die Botschaft der Häuser

6. Flächenbedarf zur Erschließung der Regalblöcke

Um unnötigen Befürchtungen vorzubeu-gen, sei hier noch eine Tabelle angefügt. Der Schritt in Richtung eines insgesamt geringeren Platzbedarfs durch höher ange-setzte Regalbodenkapazitäten bei Büchern wird mindestens ausgeglichen durch einen höheren Bedarf für Bewegungsfl ächen, siehe Punkt 3 und Tabelle 7 auf dieser Sei-te.

In beiden Anpassungen sieht der Au-tor Schritte in Richtung einer die Praxis genauer abbildenden Berechnung. Er plä-diert deshalb für eine breite Akzeptanz.

2 Gudrun Faller, Petra Janssen: Berechnung des Flächenbedarfs für Bestandsaufstellungen in Hochschulbibliotheken – Stellungnahme der Landesunfallkasse NRW. In: ABI-Technik 27(2007)1, S. 43–46

3 Silke Cordes, Bernd Vogel: Bibliotheken an Universitäten und Fachhochschulen. Hanno-ver: HIS-Hochschulplanung 179, 2005

Tabelle 5: Pfostenhöhe und Anzahl der Regalböden übereinander bei Nichtbuchmedien

Medienformat Art der Lagerung ohne oder mit Safer

Regalböden übereinander

Pfostenhöhe 2,25 m

Pfostenhöhe 2,05 m

Pfostenhöhe 1,80 m

Pfostenhöhe 1,50 m

Zeitschriften Schrägablage, dahinter liegend – 6 5 5 4

KartenSchallplatten

stehend, Frontalansicht – 3 3 3 2

stehend, Rückenansicht – 5 5 4 3

CD, CD-ROM

stehend, Frontalansichtstehend, Rückenansicht

– 2 2 2 1

ohne Safer 10 9 8 7

mit Safer 9 8 7 6

MCstehend, Frontalansichtstehend, Rückenansicht

ohne Safer, mit Safer

4 4 4 3

ohne Safer 12 11 10 8

mit Safer 10 9 8 7

DVDstehend, Frontalansichtstehend, Rückenansicht

ohne Safer, mit Safer

4 4 4 3

ohne Safer 7 7 6 5

mit Safer 6 6 5 4

stehend, Frontalansichtstehend, Rückenansicht

ohne Safer, mit Safer

3 3 3 2

Video ohne Safer 7 7 6 5

mit Safer 7 6 5 4

Bereich Bände je 1 m Regalboden

Magazin und Kompaktmagazin (Aufstellung nach numerus currens)

25 bis 35

Freihandmagazin (Aufstellung nach numerus currens) 25 bis 35

Freihandmagazin (systematische Aufstellung) 20 bis 30

Freihandbereich, Informationsbereich und Lesesaal 20 bis 30

Kinderbuchbereich 25 bis 35

Tabelle 6: Kapazität von Regalböden bei Büchern (Rückenpräsentation)

Bereichdurchschnittliche

Länge der Regalreihen in m

Faktor Flächenbedarf für Regal-

erschließung, circa

Kompaktmagazin, Magazin 8 1,30

Kompaktmagazin, Magazin, Freihandmagazin, Freihandbereich

7 1,35

6 1,40

Kompaktmagazin, Magazin, Freihand-magazin, Freihandbereich, Kinderbereich

5 1,50

Freihandbereich, Kinderbereich

4 1,60

3 1,75

Kinderbereich 2 2,10

Tabelle 7: Flächenbedarf zur Erschließung der Regalblöcke

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 334 Die Botschaft der Häuser

Die Farbe bestimmt, neben der Architektur, das Erscheinungsbild einer Bibliothek und gehört zur »Corporate Identity«. Wenn ein Gebäude außen oder innen farblich neu ge-staltet wird, verhilft ihm dies unweigerlich zu einer neuen Identität.

Farbe ist nicht nur zufälliger Bestandteil der Architektur, sondern wirkt noch bevor Formen wahrgenommen werden. Durch Far-ben werden Emotionen und Stimmungen im Raum erzeugt. Farbgestaltung ist nicht nur eine Sache des Geschmacks, sondern ergibt sich aus vielen objektiven Kriterien.

In einer Zeit, die geprägt ist durch techno-logische Veränderungen und sich stets verän-dernde Rahmenbedingungen, ist es auch für die Bibliotheken angesagt, an ihrem Image zu arbeiten. Will eine Bibliothek ihren Service verbessern, sollte auch das Erscheinungsbild einbezogen werden. Farbe ist nicht das ein-zige Mittel, aber es ist immer das schnellste und kostengünstigste.

Zeitgemäßes Bibliotheksdesign bedeutet jedoch nicht, dass optisch alles auf moderne Technik ausgerichtet ist, die gefühlskalt und seelenlos wirkt. Das Erscheinungsbild eines Unternehmens oder eines Raumes wird ge-prägt durch seine Farbigkeit. Diese muss je-doch nicht bunt sein, das Geheimnis ist die Kombination.

Eintönigkeit sollte vermieden werden, denn sie ist ermüdend. Eine gewisse Viel-falt ergibt sich durch eine leichte Reizung der Augen und Augenadaption, sie lässt der Fantasie mehr Spielraum. Die Bibliothek soll großzügig und übersichtlich sein, wobei die Farben ordnend wirken können, ruhig und friedlich. Insgesamt ist eine dezente Farbig-keit empfehlenswert, die jetzt modern und zeitlos ist, aber dies auch in zehn bis zwanzig Jahren noch sein wird.

Psychologisch wirken Farben direkt auf uns – wir empfinden sie sofort als warm oder kalt, leicht oder schwer, hell oder dunkel. Farbe wirkt auf Empfindungen und Sinne, aber ebenso auf das Unterbewusstsein.

Wirkungen ausgewählter Farben

Gelb ist eine warme Farbe und steht für die strahlende Sonne, für Kreativität, Kommuni-kation und einen schnellen Verstand. Es wirkt vordergründig und kommt auf uns zu.

Orange steht für Wärme, Geborgenheit und Gemütlichkeit und für Feuer. Orange

wird auch nachgesagt, appetitanregend zu sein.

Grün ist die Farbe der Natur und der Schöp-fung. Grün ist deshalb auch ein Stabilisie-rungselement. Ein Raum mit Grüntönen wirkt ausgleichend, wohltuend und entspannend.

Blau strahlt Zufriedenheit und Ruhe aus. Stress, Nervosität, Unruhe und Schlafstörun-gen werden durch die Farbe Blau erfahrungs-gemäß positiv beeinflusst.

Violett gilt als Farbe des Geistes und der Spiritualität. Sie fördert seelisches Gleichge-wicht und Entschlusskraft und wirkt durch

die Mischung von Rot und Blau zweideutig, mystisch und magisch.

Rot hat eine belebende und positiv ver-stärkende Wirkung auf emotionaler Ebene, ist Vitalkraft und Willensstärke. Rot ist eine sehr starke Farbe und gilt als Symbol für das Leben und steht für Blut, Energie und körper-liche Aktivität. Das anregende Rot kann je-doch leicht in Aggressivität umschlagen.

Dies soll und kann nur ein kleiner Auszug der Wirkungen und Assoziationen von Far-ben sein. Farben wirken aber im Raum nicht für sich alleine, sondern immer im Konzert . Der Farbakkord ergibt die Gesamtfarbstim-mung und damit auch die Wirkung und Iden-tität einer Einrichtung – dieses Gestaltungse-lement sollte bewusst eingesetzt werden.

Alfred Schleicher

Farbe wirkt!Farbberater gibt Tipps für Raumgestaltung in Bibliotheken

Alfred Schleicher ist Diplom Farbberater und -designer. Seinen Titel erwarb er bei der International Associa-tion of Colour-Con-sultants in Salzburg. 1980 gründete er das »Farbatelier Schlei-cher« mit den Ar-

beitsschwerpunkten öffentliche Gebäude, Siedlungsbau, Arbeitsplatz und Industriege-staltung. – Webseite: www.farbatelier.de, Kontakt: [email protected]

Blau strahlt Zufriedenheit und Ruhe aus. Stress, Nervosität, Unruhe und Schlafstörungen werden durch

die Farbe Blau erfahrungsgemäß positiv beeinfl usst.

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Lesesaal | BuB 335Schwerpunkt

Die Botschaft der Häuser

Redaktionsschluss für Heft 6/2008: 15. April

Anzeigenschluss für Heft 6/2008: 5. Mai

(www.b-u-b.de)

(Bis 2000: »Buch und Bibliothek«)Fachzeitschrift des BIB . Berufsverband Information Bibliothek e.V.(www.bib-info.de)60. Jahrgang, Nr. 04, April 2008ISSN 0340-0301

Herausgeber:Dr. Carola Schelle-Wolff, Hannover Prof. Dr. Konrad Umlauf, Berlin Prof. Cornelia Vonhof, StuttgartRedaktionsbeirat:Dale S. Askey, Kansas State University Library, Manhattan, KS .Prof. Jürgen Hering, Stuttgart . Dr. Jürgen Lodemann, Schriftsteller, Freiburg im Breisgau und Essen . Dr. Gerhard W. Matter, Kantons-bibliothek Baselland, Liestal . Prof. Dr. Elmar Mittler, Göttingen . Walburgis Otte, Bibliothek der FH Oldenburg/Ostfries-land/Wilhelmshaven . Dr. Georg Ruppelt, Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek/Nie-dersächsische Landesbibliothek, Hannover . Barbara Schleihagen, Deutscher Biblio-theksverband, Berlin . Dr. Harald Weigel, Vorarlberger Landesbibliothek, BregenzRedaktion:BuBPostfach 13 24 . 72703 ReutlingenGartenstraße 18 . 72764 ReutlingenTelefon (0 71 21) 34 91-0Telefax (0 71 21) 30 04 33E-Mail: [email protected]: Julia Hellmich (hel)Bernd Schleh (verantwortlich, slh) . unter Mitarbeit von Michael Reisser (rei)

Verlag und Anzeigenverwaltung:BOCK + HERCHEN VerlagPostfach 11 45 . 53581 Bad HonnefReichenbergerstraße 11 e . 53604 Bad HonnefTelefon (0 22 24) 57 75Telefax (0 22 24) 7 83 10E-Mail: [email protected]: Gabi Bott

Herstellung:Satz: Punkt & Pixel, Bad HonnefDruck: Strube OHG, GudensbergErscheinungsweise:zehn Hefte jährlich (Doppelhefte: Juli/Au-gust und November/Dezember)Preis:je Heft € 12,50, jährlich € 88,– Studierende sowie Mitglieder des VDB jährlich € 44,– Preise einschließlich Mehrwertsteuer und zuzüglich Versandgebühr.Für Mitglieder des BIB ist der Bezug im Mitgliedsbeitrag enthalten.BuB ist kündbar bis jeweils 15. November. Bezug durch den Verlag

Das Erscheinungsbild eines Raumes wird geprägt durch seine Farbigkeit. Das Geheimnis dabei ist die Kombination. Das obere Foto zeigt den Blick in den Freihandbereich einer deutschen Bib-liothek. Die beiden anderen Fotos demonstrieren, wie Atmosphäre und Raumwirkung durch den gezielten Einsatz unterschiedlicher Farben verändert werden können.

Fotos: Alfred Schleicher

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 336 Die Botschaft der Häuser

Bibliotheksbau gehört seit der vorchristlichen Antike zu den spannendsten Herausforderun-gen der Baukunst. Viele der im Lauf der Jahr-hunderte gebauten Bücherhäuser stellen be-deutende Zeugnisse der Kulturgeschichte dar und bereichern das Verständnis für die gro-ßen Linien der europäischen Wissenstraditi-on. Auf der frei zugänglichen Website www.bibliotheksbauten.de1 mit dem Titel »Das Buch und sein Haus« wird eine Reihe solcher Zeugnisse präsentiert; der geografische Rah-men ist durch Deutschland und seine Nach-barländer bestimmt, der zeitliche durch die letzten sechs Jahrhunderte.

Im digitalen Zeitalter werden eigene Gebäu-de zur dauerhaften Aufbewahrung, öffent-lichen Präsentation und freien Nutzung der Informationsmedien von manchen als nicht mehr notwendig, ja als überholt angesehen; der heimische Bildschirm genüge, so heißt es. Angesichts der durch solche Auffassungen entstandenen Spannung auf dem Felde der Informationskultur soll die Sammlung einen originären Beitrag zur Entspannung leisten.

»Alte« und »Neue Medien« gehören zu-sammen, am besten unter einem Dach. Dem aufmerksamen und geduldigen Betrachter zeigt die Sammlung nicht nur, welchen Rang man in früheren Zeiten den Bücherhäusern zuerkannt hat, sondern auch, welcher Rang ihnen an der Wende vom 20. zum 21. Jahr-hundert nach wie vor zukommt.

Die umfangreiche private Diasammlung, die über Jahre auf Exkursionen entstanden ist, zeigt Bilder von dem Architektur-Foto-grafen Christoph Seelbach2. Die Texte zu den

einzelnen Bibliotheken bieten nur die aller-wichtigsten Sachinformationen und die er-forderlichen Kontaktdaten, dazu in den meis-ten Fällen nur einen einzigen Literatur-Hin-weis. Nach Möglichkeit ist hierfür ein neuer oder wenigstens neuerer Titel ausgewählt worden, der die betreffende Bibliothek mo-nografisch behandelt und weiterführende Literaturangaben enthält. Die knappe Infor-mation über die Gelegenheit, bei der die Auf-nahmen der jeweiligen Bibliothek gemacht worden sind, soll die Erinnerung daran wach halten, dass die gesamte Präsentation »Das Buch und sein Haus« aus der akademischen Lehre erwachsen ist und nicht aus einem vor-her festgelegten, theoretisch bestimmten Konzept.

Gliederung nach kunst-historischen Epochen

Die 15 Haupt-Alben repräsentieren in erster Linie die für den Bibliotheksbau wichtigen (kunst-)historischen Epochen seit dem späten Mittelalter, berücksichtigen aber auch andere

Gesichtspunkte. Sie enthalten insgesamt 128 Unteralben (die einzelnen Bibliotheken), die ganze Präsentation bietet zurzeit 1 432 ein-zelne Bilder.

Der gegenwärtige Umfang der Präsentati-on wird demnächst noch erheblich erweitert.

Die Pracht der Bücherhäuserwww.bibliotheksbauten.de gibt einen Überblick über die wichtigen Epochen des Bibliotheksbaus in Mitteleuropa

Historismus: UB Leipzig (Haupt-Album 07, Foto Nr. 10) Foto: Christoph Seelbach

Barock und Rokoko: der Prunksaal der Nationalbibliothek Wien (Haupt-Album 04, Foto Nr. 14) Foto: Christoph Seelbach

Die umfangreiche private Diasammlung, die über Jahre

auf Exkursionen entstanden ist, zeigt Bilder von dem Architektur-Fotografen Christoph Seelbach.

Der gegenwärtige Umfang der Präsentation wird demnächst noch

erheblich erweitert.

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Lesesaal | BuB 337Schwerpunkt

Die Botschaft der Häuser

Zum einen müssen vorhandene Aufnahmen aus etlichen Bibliotheken noch eingescannt und dann in das jeweils zuständige Album ein-gereiht werden; zum andern bestehen konkre-te Pläne, in einzelnen besonders signifikanten in- und ausländischen Bibliotheken erstmals Aufnahmen zu machen, um das Gesamt-bild des mitteleuropäischen Bibliotheksbaus in Geschichte und Gegenwart weiter abzu-runden.

Ende 2004 wurde damit begonnen auf Ba-sis der Open Source Software Gallery3 (Ver-sion 1) die Präsentation aufzubauen. Die Al-benstruktur der Sammlung ist vergleichsweise flach (drei Hierarchie-Ebenen). Die Samm-

lung besteht zunächst aus einer Übersichts-seite4 mit aktuell 15 Haupt-Alben, die den Epochen sowie anderen Gruppeneinteilungen entsprechen. Die zweite Ebene stellen bereits die einzelnen Bibliotheks-Alben dar, die in die Haupt-Alben eingruppiert sind. Zum Beispiel befinden sich im Album »13 Bibliotheksbau der Gegenwart«5 19 Bibliotheken als Unter-Alben, die alphabetisch in drei Spalten ange-ordnet sind (siehe Abbildung 1).

Die dritte Ebene stellen die Detailan-sichten der einzelnen Fotografien dar. Je-des Bild auf den Übersichtsseiten existiert in größeren Auflösungen, die durch Klick auf die Thumbnail-Ansicht geladen werden. Der Benutzer kann zwischen einer mittleren Bildgröße und einer Vollansicht der Bilder wählen.

Philipp Mayr, Engelbert Plassmann

1 Zu Entstehungsgeschichte und Grundgedanken des Projekts: Engelbert Plassmann, Philipp Mayr (2005): Das Buch und sein Haus – ein Digitalisie-rungsprojekt am Institut für Bibliothekswissen-schaft. In: B.I.T.online 8, Nr. 3, Seite 233–240; www.ib.hu-berlin.de/~mayr/arbeiten/plass-mann-mayr_bitonline05.pdf

2 www.seelbachfotografie.de 3 http://gallery.sourceforge.net4 http://bibliotheksbauten.de/albums.php 5 http://bib l iotheksbauten.de/view_album.

php?set_albumName=Gegenwart

Abbildung 1. In der frei zugänglichen Präsentation werden die wichtigen Epochen des Bibliotheksbaus in Mitteleuropa in den letzten Jahr-hunderten, das heißt vom späten Mittelalter bis zur Gegenwart, in anschaulichen Bildern dokumentiert. Hier sind verschiedene Ansichten der SLUB Dresden zu sehen.

Bibliotheksbau der Gegenwart: UB Cottbus (Haupt-Album 13, Foto Nr. 10) Foto: Christoph Seelbach

Ende 2004 wurde damit begonnen auf Basis der Open Source

Software Gallery (Version 1) die Präsentation aufzubauen.

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 338 Die Botschaft der Häuser

Anita Kaltenbach

Die Bibliothek in der schmucken ScheuneStadtbücherei Schweinfurt residiert im umgebauten Ebracher Hof

Seit dem Jahr 1979 hauste die Stadtbü-cherei Schweinfurt in einem Wohn- und Geschäftshochhaus in der sechsten Etage. Inzwischen ist sie in eines der ältesten öffentlichen Gebäude der Stadt aus dem Jahre 1431 in zentraler Lage umgezogen, in den Ebracher Hof. Dort residiert sie in der ehemaligen »Zehntscheune« des frü-heren Zisterzienserklosters. Die stilvolle neue Heimat kommt an – und sorgt für Besucherrekorde.

Die Stadtverwaltung hatte 1999 einen internationalen Architek-tenwettbewerb für die Gestaltung

des Gebäude-Ensembles ausgelobt. Das italienisch-argentinische Architekturbü-ro von Bruno Fioretti Marquez aus Ber-lin setzte sich durch mit der Idee eines unterirdischen, mit Tageslicht erhellten Erweiterungsbaues, der die Silhouette des ursprünglichen Bauwerkes kaum be-einträchtigt und einen Platzgewinn ver-sprach. Der erste Spatenstich wurde 2004

Für die Stadtbücherei wurden Synergie-Eff ekte geschaff en, denn die Mitarbeiter der Firmen und Behörden in der Innen-stadt und die Gäste des Hotels besuchen jetzt die neue Bücherei. Die Hackeschen Höfe in Berlin Mitte inspirierten für die Gestaltung.

Die Resonanz kann sich sehen lassen: Von Mai bis Dezember 2007 verzeichnete das neue Haus 105 000 Besucher. Im Ver-gleichszeitraum des Vorjahres besuchten 55 000 Menschen die Zentrale der Stadt-

gestochen, und im Mai 2007 wurde das neue Haus eingeweiht.

Die Stadtbücherei ist in der ehemaligen »Zehntscheune« untergebracht. Früher wurde dort ein Zehntel der Ernte der Steu-erpfl ichtigen in Naturalien aufbewahrt. Heute wird dort Wissen in Form von Me-dien gelagert; eine würdige Umnutzung im Informationszeitalter.

Die Industriestadt Schweinfurt be-fi ndet sich in einem Strukturwandel zur Dienstleistungs- und Kulturstadt. Neben der Stadtbücherei wurden in einem neuen Gebäude die Zollverwaltungen von Ober- und Unterfranken zusammengefasst, in das Hinterhaus des Ebracher Hofes zog ein Hotel mit Feinschmeckerküche und Busi-ness-Menü.

bücherei. Dies entspricht einer Steigerung von über 90 Prozent.

Auch die Zahl der Neuanmeldungen ist deutlich gestiegen von 600 auf 1 300 Neu-anmeldungen von Mai bis Dezember, also

Früher wurde in der Zehntscheune ein Zehntel der Ernte in Naturalien aufbewahrt. Heute wird dort Wissen in Form von Medien gelagert – eine würdige Umnutzung.

Foto: Stadt Schweinfurt

um 114 Prozent. Die Besucher verweilen länger, denn sie halten sich gerne hier auf.

Das Gebäude wurde beim Umbau in seinen Umrissen nicht verändert und die ursprüngliche großräumige Aufteilung wegen des Denkmalschutzes beibehalten.

Die Industriestadt Schweinfurt befi n-det sich in einem Strukturwandel zur

Dienstleistungs- und Kulturstadt.

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Lesesaal | BuB 339Schwerpunkt

Die Botschaft der Häuser

Es galt, die gestalterischen Zwänge kreativ zu nutzen.

Vom Vorplatz am Stadteingang gelangt man in das Gebäude: Blickfang dabei sind die 33 Meter lange Glaslaterne, die das Untergeschoss beleuchtet und das neu entstandene Hauptzollamt, in dessen Fenstern sich das historische Gebäude der Zehntscheune spiegelt.

Man betritt das Erdgeschoss und steht in der Verbuchungszone und im »Markt«. Dort befi nden sich wechselnde Medien-ausstellungen zu Jubiläen und Gedenk-tagen sowie viel genutzte Bestände wie DVDs, die Elternbibliothek, CDs und CD-ROMs.

Ein schwarzer, polierter Teerboden, schwarze Magic Boxes, dreidimensionale Präsentationsmöbel, inspiriert vom Bild-hauer Richard Serra, sowie Decken, Fach-werk und Wände in Weiß dominieren das Erscheinungsbild.

In Erdgeschoss befi ndet sich auch das Lesecafé mit historischem Tonnengewöl-be. Dort kann man ungestört Zeitungen und Zeitschriften lesen und leckere Kaf-feesorten genießen. Einmal im Monat lädt die Bücherei zum Erzählcafé ein.

Im Sommer lässt sich ein kleiner, süd-ländisch anmutender Innenhof zur Lektü-re nutzen. Dort wird sichtbar, dass der Ar-chitekt durch seine hispanische Herkunft inspiriert wurde.

Vom Markt aus gelangt man in die oberen Etagen zur Romanabteilung, zu Literaturwissenschaft und in die Kinder-bücherei und nach unten in die Sachbuch-abteilung und die Videothek.

Studienzone mit Internetplätzen

Das weitläufi ge Untergeschoss in vier Metern Tiefe setzt sich aus zwei trapezför-

migen Flächen zusammen. Diese Form-gebung ist durch die Grundstücksgrenze bedingt und wird geschickt als Studienzo-ne mit acht Internetplätzen und die Sach-buchabteilung genutzt. Auch die Jugend-Sachbücher sind dort integriert.

Im Untergeschoss entstand ein tag-heller, ruhiger Raum durch die oberir-dische Glaslaterne, die den ehemaligen

Anita Kaltenbach, geboren 1959 in Nürnberg, ist seit 1996 Leiterin der Stadtbücherei Schweinfurt. Nach dem Abitur 1978 absolvierte sie eine Buchhändlerausbil-

dung. Von 1980 bis 1982 Tätigkeit im Benutzungsdienst und in der EDV der Zentralbibliothek der Stadtbibliothek Nürnberg. Von 1982 bis 1985 bib-liothekarisches Studium in Stuttgart, Praktikum an der Avon County-Libra-ry in Bristol. Von 1985 bis 1986 als Bib-liothekarin im Benutzungsdienst der Zentralbibliothek der Stadtbibliothek Nürnberg tätig. Von 1986 bis 1996 Lei-terin der Stadtbücherei Einbeck. Aktu-elle Arbeitsschwerpunkte sind Marke-ting und Management mit Schwerpunkt Kostenmanagement und Kosten- und Betriebsoptimierung. – Kontakt: [email protected]

Von der Romanabteilung aus kann der Besucher einen schönen Ausblick auf den Main, den Stadteingang und in

den Innenhof genießen.

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 340 Die Botschaft der Häuser

Verlauf der Stadtmauer (virtuell) an-deutet. Sichtbeton und Eichenstützen, eine Reminiszenz an die alten Fach-werkstützen in den oberen Etagen, Ei-chenholz-Regale und eine Naturstein-wand erzeugen eine einmalige Atmos-phäre.

Im ersten Stock befi ndet sich die Bellet-ristik und die Sekundärliteratur dazu. Das »Literarische Kabinett« ist die ehemalige Kapelle des Klosters. Hier sind Hörbücher, allgemeine Biografi en, fremdsprachige Belletristik und literaturwissenschaftliche Sekundär-Literatur untergebracht sowie eine ruhige Studienzone.

Die Romanabteilung wird von Lese-tischen und Leseplätzen umrahmt, die

an den historischen Fenstern stehen. Von hier aus kann der Besucher einen schönen Ausblick auf den Main, den Stadteingang und in den Innenhof ge-nießen.

Da in den oberen Etagen nur histori-sche, kleinere Fenster zu fi nden sind, ent-schied sich der Architekt dafür, die Regale,

Stadtbücherei Schweinfurt

Einwohnerzahl

Schweinfurt: rund 54 000

Anschrift

Stadtbücherei SchweinfurtEbracher HofBrückenstraße 2997421 Schweinfurt

Träger/Bauherr

Stadt Schweinfurt

Leitung

Dipl.-Bibl. Anita Kaltenbach

Fläche

1 281 Quadratmeter

Ausstattung

Eigenentwurf des Architekten

Datenverarbeitung

Bibliotheca

Kosten

9 Millionen Euro

Planung/Architekt/Gestaltung

Architekturbüro Bruno Fioretti Marquez

Bestand

92 000 Medien, davon 56 700 im Ebracher Hof

Etat

2008: 1,38 Millionen Euro, davon 87340 000 Euro Buchetat

Personal

12 Stellen, davon 8,56 im Ebracher Hof

Öffnungszeiten

Montag 10 bis 19 Uhr, Dienstag 10 bis 18 Uhr, Mittwoch 13 bis 18 Uhr, Donnerstag 10 bis 18 Uhr und Freitag 10 bis 19 Uhr

das Fachwerks und die Wände in Weiß zu halten, um mehr Helligkeit in den Raum zu bringen.

In der zweiten Etage befi ndet sich die Kinderbücherei. Sie wurde bewusst in der Nähe der Romanabteilung angesiedelt, damit Eltern und Kinder zueinander kur-ze Wege haben – und dennoch über ein eigenes Reich verfügen.

Die weißen, kindgerechten Regale kon-trastieren mit bunten Sitzmöglichkeiten aus Schaumgummi, die auch zum Bauen genutzt werden können und die kindliche Fantasie anregen. Wir entdecken täglich neue Gebilde, von kleinen Künstlern ge-schaff en.

Die zum Teil mobilen Regale in der Kinderbücherei bilden kleine Innenräu-me, in denen es sich die Kinder gemüt-

lich machen zum Spielen und Lesen. Die bunten Kinderbücher sind Farbkleckse in dieser hellen Umgebung, beleuchtet durch die vielen Dachgaubenfenster der ehema-ligen Scheunenböden.

Wunderbare Stille

Auf den Etagen herrscht eine wunderbare Stille, da das Gebäude bis zu 120 Zentime-ter dicke Mauern hat, die jeden Straßen-lärm der Innenstadt abhalten.

Das Haus war schon als Sanierungsob-jekt am Tag des Off enen Denkmals zu be-sichtigen. Die Stadt ist stolz auf ihr jüngs-tes Architekturjuwel, das bereits auf neue Technologien vorbereitet ist. Die Stadt-führungen gehen zu den Öff nungszeiten der Bücherei durchs Haus.

Aktionen wie »Senioren ans Netz« und »Frauen ans Netz« geben Gelegenheit, sich mit dem Internet, unserer Homepage und dem Internetkatalog, mit der 24-Stunden-Recherche und der Verlängerungsfunkti-on bekannt zu machen.

Die Stadtbücherei versteht sich als Por-tal zur Welt der (neuen) Medien. Die bei-den ehemaligen großen Scheunentore, die heute durch große Glasfenster ersetzt sind, gewähren ebenerdigen Einblick in das Ge-schehen, die neu ausgestellten Medien und die Internetplätze für Jugendliche. Sie zie-hen Laufkundschaft an. Das Programm des Hauses wurde so in Architektur und Leben umgesetzt.

Das Haus war schon als Sanierungsob-jekt am Tag des Offenen Denkmals zu besichtigen. Die Stadt ist stolz auf ihr

jüngstes Architekturjuwel.

Auf den Etagen herrscht eine wunderbare Stille, da das Gebäude bis zu 120 Zentimeter dicke Mauern hat, die jeden Straßenlärm abhalten. Foto: Kaltenbach

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341Lesesaal | BuB341 341Magazin | BuB

@Dr. Jürgen Plieninger arbeitet als Biblio-thekar in Tübingen und ist im Internet als Informationsanbieter und Rechercheur aktiv. Näheres zur Person unter http://homepages.uni-tuebingen.de/juergen.plieninger

Aktuelles aus der ganzen WeltZeitungsartikel – eine oft ignorierte Kategorie der Volltexte

Volltexte sind neben allgemeinen Informa-tionen der Mehrwert, den das WWW bie-tet. Eine oft vergessene Kategorie der Voll-texte sind Neuigkeiten und Artikel aus Zei-tungen.

Volltexte – also Texte, welche nicht zuerst bibliografisch recherchiert und deren Stand-ort und Verfügbarkeit dann in einem zwei-ten Rechercheschritt gesucht werden muss – sind eine der attraktiven Inhalte des Inter-net. Suchen und gleich nutzen können, was könnte besser sein?

Von bibliothekarischer Seite (beispiels-weise bei Schulungen) wird dabei meist an elektronische Zeitschriften und Bücher ge-dacht und eine Kategorie der Volltexte oft übersehen, welche für unsere Benutzer von hohem Wert ist – die Zeitungsartikel, wel-che neudeutsch meist »news« genannt wer-den. Zeitungen sind geschichtlich gesehen das Rückgrat der Öffentlichkeit, bilden also einen Baustein der Demokratie (und der Bil-dung), sodass sie schon immer einen wichti-gen Teil im Bestand von Bibliotheken bilde-ten. Auch wenn die Presse in der Nutzung durch andere Massenmedien wie Radio oder TV überholt wurde, auch wenn behauptet wird, dass Zeitungen durch Weblogs ersetzt werden könnten (was nicht der Fall ist), auch wenn die Qualität von Presseartikeln tendenziell sinkt: Die Funktion und Bedeu-tung der Presse wird bleiben.

Folglich sollten Bibliotheken weiterhin für ihre Verbreitung sorgen, auch wenn stei-gende Abonnementspreise und sinkende Bibliotheksetats oft dazu führten, das An-gebot an Titeln einzuschmelzen oder gar ganz einzustellen. Um so mehr sollte man

dann dafür Sorge tragen, dass die Nutzung der frei zugänglichen Zeitungen im Inter-net steigt. Wie man gezielt darauf zugreifen kann, stelle ich hier vor.

Prinzipiell muss man im Voraus bemer-ken, dass der Markt unübersichtlich ist und sich stets in Bewegung befindet. Es ist nur ein Teil der Inhalte kostenlos verfügbar und, um dies auch zu erwähnen, extensiv mit Werbung versehen. Von diesen wandert ein großer Teil nach einer Periode von 5 bis 24 Tagen ins kostenpflichtige Archiv. – Der ers-te Zugang zu – zumindest bei den aktuellen Ausgaben – kostenfrei zu nutzenden Zei-tungen sind Linksammlungen. Es gibt eini-ge, welche die Zeitungen international auf-führen, sodass man nicht nur die deutschen Titel im Blick hat. Das macht Sinn, denn man sollte auch an Mitbürger mit Migrations-hintergrund denken! Wenn Sie einmal mit-erlebt haben, was für einen in Deutschland lebenden Spanier die Zeitung »El País« für eine Bedeutung hat, dann wüssten Sie, was es bedeutet, dass diese Zeitung nicht nur frei im Netz zugänglich ist, sondern unlängst auch ihr Archiv seit 1976 für die kostenlose Nutzung geöffnet hat (www.elpais.com).

Aber nach diesem Exkurs zurück zu den Linksammlungen: Metagrid www.metagrid.de und Newspaperindex www.newspaperindex.com decken eigentlich so ziem-lich alles ab, was benötigt wird. Manche der in diesen Sammlungen aufgeführten Titel sind erst nach einer Registrierung kostenlos zu nutzen. Wer hier seine Daten nicht einge-ben mag, die/der kann den Dienst BugMe-Not www.bugmenot.com verwenden, bei dem man sich für viele Registrierungsseiten einfach Registrierungsdaten borgen kann.

Wenn Sie jetzt Zugriff auf einen Titel und vielleicht auch auf dessen Archiv haben, so denken Sie bitte nicht, dass Ihnen jetzt alles, was auf Papier erschienen ist, elektronisch zur Verfügung steht! Wie alle Online-Me-dien bieten Zeitungen und Zeitungsarchi-ve keinerlei Informationen darüber, welche Lücken bestehen. In den Online-Ausgaben fehlt oft der Inhalt ganzer Rubriken, ebenso verschwanden vor einiger Zeit in US-ameri-kanischen Zeitungsarchiven kommentarlos alle Artikel, die von freien Mitarbeitern ver-fasst worden waren. Der US Supreme Court hatte befunden, dass diese für eine Online-Veröffentlichung erneut zu entlohnen seien, was dazu führte, dass deren Beiträge ein-fach aus den Online-Zeitungsarchiven ver-schwanden.

Merke: Sie haben also bei der elektroni-schen Ausgabe einer Zeitung stets etwas, aber selten alles!

Einen netten Dienst möchte ich Ihnen noch nennen, »Today’s Front Pages« des Newseums www.newseum.org/todaysfrontpages. Er bietet weltweit von ausge-suchten Titeln tagesaktuell jeweils die An-sicht der Frontseite in Original-Layout. Zu-gegebenermaßen ist das Angebot nur für die USA sehr breit, gleichwohl bietet dieser Dienst einen speziellen Mehrwert, welchen Ihre Nutzer vielleicht schätzen.

Wenn nun nicht der Zugriff über einzel-ne Zeitungen gewünscht wird, sondern die Suche nach Beiträgen zu bestimmten The-men im Vordergrund steht, dann sind Spezi-alsuchmaschinen das Mittel der Wahl. Meist sind diese Zeitungssuchmaschinen bereits in die bekannten Suchmaschinen als Opti-on eingegliedert worden, aber es gibt dane-ben auch Einzel- und Metasuchmaschinen, welche die Presse erschließen. Alle unter-scheiden sich – wie könnte es auch anders sein? – in Datenbestand und Performanz der Suche, sodass man wie immer bei On-line-Suchdiensten nur empfehlen kann, stets mehrere zu verwenden! Freilich ist es auch hier wieder so, dass Google der Markt-führer nach Breite der erschlossenen Titel, Suchmöglichkeiten und Darstellung der Er-gebnisse ist, aber ich hoffe, dass ich Ihnen einige andere Angebote schmackhaft ma-chen kann, die als zusätzliche Suchmöglich-keit infrage kommen.

Fangen wir mit Googles Newssuche an: Wenn man die deutschsprachige Newssu-che von Google news.google.de aufruft –

Internet

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Blickpunkt Internet

es gibt weitere für andere geografische beziehungsweise Sprachbereiche –, so se-hen Sie links Rubriken wie in Zeitungen (Po-litik, Wirtschaft, Sport, …) und in der Mit-te die wichtigsten neuen Meldungen, un-ter anderem mit Bildern aus den Artikeln garniert. Es wird dem Nutzer also ein Index der wichtigsten Beiträge angeboten, durch die man sich je nach Interesse durchklicken kann.

Oben über den einzelnen Kurztiteln gibt es ein Suchfeld, in dem man Stichworte ein-geben kann. Die oft gebündelt dargestellten Ergebnisse kann man sich entweder nach Re-levanz in einem Ranking oder chronologisch geordnet darstellen lassen. Die erweiterte Suche erlaubt einem genauer konfigurierte Suchanfragen. Bemerkenswert ist noch die Option »Alert Service« links unter den Ru-briken. Dort kann man die aktuell durchge-führte Suchanfrage »abonnieren«, das heißt sicherstellen, dass neue Artikel zu dieser Ab-frage einem per E-Mail oder RSS zugesendet werden. So ist man nicht mehr gezwungen, bei langfristigem thematischem Interesse immer wieder die Suchmaschine zu laden, die bewährten Stichworte einzugeben und zu checken, ob neue Artikel angezeigt wer-den. Man bekommt nun aktuelle Ergebnisse stets aufs Neue zugesandt, ohne dass man daran denken und aktiv werden muss. Das ist Zeitmanagement pur!

Zwei weitere Suchmaschinen für deutsch-sprachige Zeitungen sollten Sie bei der Su-che berücksichtigen: Romso www.romso.de und die Newssuche von web.de suche.web.de/search/newshp. Romso verarbeitet ein-zelne oder mehrere Suchbegriffe und ordnet die Ergebnisse chronologisch. Dabei sind die Kurztitelangaben oft nicht so aussagekräftig wie bei Googles Newssuche, dafür aber mit Schlagwörtern versehen, die Orientierung geben. Romso kümmert sich nicht darum, ob die betreffenden Artikel zugänglich sind oder nicht, das heißt, man kann die Spezial-suchmaschine auch für die Suche nach wei-ter zurückliegenden Zeitungsartikeln ver-wenden.

Web.de bietet mit seiner Newssuche die Möglichkeit, nach einer Suche mithilfe einer auf der Ergebnisseite links eingeblendeten Leiste mit »geclusterten« Begriffen (Begrif-fe, welche in den Ergebnissen öfter vorkom-men) die Suche weiter einzuschränken, sich also relevanten Artikeln schneller nähern zu können.

Für den internationalen Bereich gibt es den Suchdienst Wordnews www.worldnews.com, welcher auch die Suche in be-stimmten Weltregionen ermöglicht. Darü-ber hinaus bekommt man hier bei den Ergeb-nissen zum Teil auch passende Pressefotos angezeigt, was sonst nur das internationale Yahoo! (und dies auch sehr versteckt) bie-tet.

Etliche Metasuchmaschinen wie zum Bei-spiel clusty.com und www.metacrawler.com bieten die Möglichkeit, mehrere Zei-tungssuchmaschinen auf einmal abzufra-gen. Meiner Erfahrung nach sind die Er-gebnisse aber nicht so gut, als dass sich die Verwendung wirklich lohnt. Im Vergleich dazu kann die Verwendung von Suchinter-faces reizvoll sein, da diese mehrere Zei-tungssuchmaschinen nebeneinander auf-listen und die sukzessive Abfrage mit den-selben Stichwörtern erlauben. So kann man gut vergleichen! Probieren Sie doch mal www.trovando.it oder www.intelways.com aus.

Blicken wir zum Schluss noch auf die Su-che nach Zeitungsartikeln, deren Erschei-nungsdatum bereits länger zurückliegt und die nicht mehr frei zugänglich sind. Romso habe ich in dieser Hinsicht bereits erwähnt, Google bietet seit neuestem auch eine er-weiterte News-Suche und eine Suche nach weiter zurückliegenden Artikeln; news.google.com/archivesearch.

Eine Metasuche über viele deutschspra-chige Titel (einzuschränken auf überregio-nale oder regionale Titel) ermöglicht Ger-man Business Information (GBI) www.genios.de. Man kann hier sogar mit Boole’schen Operatoren und Klammerungen arbeiten und somit sehr genau abfragen. So wäre bei-spielsweise die Recherche von »(bibliothek* and pankow) and etatkürzungen« möglich, um Artikel zu Etatkürzungen in Berlin-Pan-kow zu recherchieren.

Was ist die Nutzanwendung des bisher Geschilderten? Was haben unsere Benut-zer davon?

Öffentliche Bibliotheken können diese Kategorie der Volltextsuche in ihre Schu-lungen übernehmen und Links in ihre Ho-mepage integrieren, welche die Zeitschrif-tensuchmaschinen allgemein betreffen oder auch bestimmte Suchabfragen (beispiels-weise zur Lokalgeschichte oder Kommunal-politik). Man könnte sogar die betreffenden Pressemeldungen selbst per Widget (Anzei-

gefenster) in die Homepage einbinden, je-doch sollte man vorher die urheberrechtli-chen Fragen abklären, beispielsweise bei der Lokalpresse die Einwilligung einholen, Titel-zeilen auf der Bibliothekshomepage anzu-zeigen.

Wissenschaftliche Bibliotheken können ihre Nutzer auf diesen Volltexttyp aufmerk-sam machen, sei es in Schulungen oder auf Fachinformationsseiten. Hier sollte auch die Möglichkeit des Abonnements von Such-anfragen per RSS mit kommuniziert werden, da die Benutzer so eine genau konfigurier-te und stets aktualisierte Anzeige von inter-essanten Artikeln zu gewünschten Themen bekommen.

Zwei Dinge fallen mir noch ein: Zum ei-nen gibt es spezialisierte Zeitungen, auf die man in bestimmten Fächern hinweisen soll-te. Man findet sie meist unter den Ergeb-nissen von Zeitungssuchmaschinen, wenn man nach speziellen Themen gesucht hat. Beispielsweise ist die »Neue Musikzeitung« www.nmz.de ein frei zugänglicher Titel, der im Bereich Musik interessante Beiträge bringt. Solche Titel sollten bei einschlägigen Linksammlungen und Fachinformationssei-ten mit aufgeführt werden.

Zum anderen gibt es thematisch spezia-lisierte Pressedienste, welche die Zeitungs-artikel für bestimmte Themengebiete doku-mentieren. Ein Beispiel habe ich Ihnen in ei-nem zurückliegenden »Fundstück« bereits genannt, den »Perlentaucher« www.perlentaucher.de, der die Feuilletonbeiträge großer deutscher Tageszeitungen inhaltlich referiert. Und für den Bereich der Europäi-schen Union bietet seit einiger Zeit die Bun-deszentrale für politische Bildung den Pres-sedienst Eurotopics an www.eurotopics.net/de. Solche Dienste – falls bekannt und frei zugänglich – sollten unbedingt beim Thema »Zeitungsartikel« mit bedacht wer-den.

Fundstück

In einem der ersten Internet-Blickpunk-te wurde auf den Biblioblog-Planeten von Lambert Heller hingewiesen. Er wur-de durch einen noch benutzerfreundli-cheren Aggregator unter rss.netbib.de er-setzt. Hier können Sie die Neuigkeiten aus den verschiedensten Bibliotheks- und Bib-liothekars-Weblogs in einem zur Kenntnisnehmen.

Internet

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Vom Tod durch Ertrinken in Information bis zur Beihilfe zum Mord…Buchhistorischer Sammelband zum Dritten Reich mit interdisziplinärem Anspruch

Buchfi eber. Zur Geschichte des Buches im 3. Reich. Gerd Simon und unzählige Mitar-beiter [Walter Back, Steffen Bender, Peter Michael Berger…]. Tübingen: Gesellschaft für Interdisziplinäre Forschung, 2007. X, 328 Seiten: Illustrationen. – broschiert 30,– Euro

Müsste man dieses Buch mit ei-nem Wort charakterisieren, böte sich »apart« mit seiner Be-

deutungsbreite an: von »ungewöhnlich« bis »abseitig«. Die Schwierigkeiten für den Rezensenten beginnen bereits mit dem Ti-tel. Der Begriff »Buchfi eber« fasst, gemäß der Einleitung, »Phänomene wie Bücher-fälschung, Buchverfolgung, Bücherwahn, aber auch Bücherfl ut« zusammen. Wie weit ein solcher Metabegriff trägt, soll hier nicht erörtert werden. Er suggeriert aber eine gewisse inhaltliche Einheit, zumin-dest aber einen roten Faden, der jedoch nur schwer auszumachen ist.

Zwischen der ominösen Ura-Linda-Chronik und der Gründungsgeschichte der Deutschen Gesellschaft für Doku-mentation (DGD) 1941 liegen jedoch Welten. Der Zusatz zum Titel (»Zur Ge-schichte des Buches im 3. Reich«) begrenzt das Spektrum zwar zeitlich, macht aber aus den disiecta membra noch kein Gan-zes. Diese einleitenden Bemerkungen sol-len keine Fundamentalkritik a priori sein, denn eine Aufsatzsammlung zum Buch in Nazi-Deutschland hat ihre grundsätzliche Berechtigung.

»Tödlicher Bücherwahn«

Gewöhnungsbedürftig ist die Verfasseran-gabe auf Umschlag und Titelblatt (»Gerd Simon und unzählige Mitarbeiter«). Auf dem Gegentitel werden wie auf einem Besetzungszettel 52 »Mitwirkende« na-mentlich aufgeführt und auf »viele andere mehr« hingewiesen. Vermutlich handelt es sich zum großen Teil um Studierende aus den Lehrveranstaltungen des Autors. Das ist ehrenwert, aber in den Texten selbst ist diese Mitwirkung nicht erkennbar, zumal ein »Ich« häufi g hervortritt.

Simon hat an der Universität Hamburg Germanistik, Evangelische Th eologie, Philosophie und Pädagogik studiert, an Interdisziplinarität orientiert. Von 1970 bis 2002 wirkte er als Akademischer Rat beziehungsweise Oberrat am Deutschen Seminar der Universität Tübingen. Er ist Mitbegründer und Vorsitzender einer Ge-sellschaft für interdisziplinäre Forschung Tübingen (GIFT) – das Buch ist dieser Vereinigung als »Geschenk« zum zehnjäh-rigen Bestehen gewidmet – sowie Gründer und Leiter eines Philologiehistorischen Forschungsauftragsdienstes (PFAD). Die-ses und vieles andere mehr, darunter ein umfängliches Publikationsverzeichnis und von ihm verfasste Texte, sind seiner Homepage zu entnehmen.

Der Band enthält zwischen Einleitung und Nachwort fünf Kapitel, die jedes ein

eigenes Inhalts- und Literaturverzeich-nis haben. Ein Anhang bietet eine Reihe von Kurzbiografi en. »Buch und Schwert«, Kapitel eins, gibt einen ersten Überblick über das deutsche Buchwesen im Dritten Reich. »Himmlers Bibel« handelt von der bereits erwähnten »Ura-Linda-Chronik«, eines der vielen literarischen Machwerke dieser Zeit.

»Zwangsbücherverbrennung und KZ« beschäftigt sich mit der nationalsozialisti-schen Sprachpolitik im Elsass. In »Tödli-cher Bücherwahn« geht es um das relativ bekannte, tragische Schicksal des jüdi-schen Albanologen und Bibliothekars an der Wiener Nationalbibliothek Norbert Jokl. »Der Kampf gegen die Bücherfl ut« meint die der Deutschen Gesellschaft für Dokumentation bei ihrer Gründung zugedachte Aufgabe. Die bewusst reiße-risch formulierten Überschriften verfüh-ren aber weniger zur Lektüre, als dass sie falsche Erwartungen wecken. »Tödlicher Bücherwahn« ist eben kein Krimi aus der Feder von Agatha Christie.

Hehrer Anspruch

Nach der Selbstaussage des Verfassers greifen einige Kapitel auf ältere Fassun-gen oder Vorfassungen zurück, die er im Internet zur Verfügung stellt. Aus seinen Bemerkungen zum Wissenschaftsbetrieb lässt sich herauslesen, dass er sich als al-ternativer oder besser kritischer Wissen-schaftler betrachtet. Seiner Meinung nach neige Wissenschaft zum Marginalismus, zum »Nebensachenwahn«; eine Fehlent-wicklung; die durch eine Umstellung der verbreiteten wissenschaftlichen Metho-dik auf das Bedeutende korrigiert werden müsse.

Sein Buch soll am Beispiel der Geschich-te des Informationsträgers Buch zeigen, wie die Wiedergabe interdisziplinärer For-schung praktiziert werden kann. Es bringe Übersichten, »wie man sie in dieser Strin-genz nirgendwo fi ndet, mit Detailstudien auf Grund von autoptional gewonnenen Primärinformationen und faktennahen Interpretationen«.

Diesem hehren Anspruch gegenüber sieht die Realität etwas anders aus. Es soll nicht bestritten werden, das in dem Buch bisher nicht oder nicht ausreichend be-kannte »Primärinformationen« zu fi nden sind. Sehr vieles aber ist ergänzungs- oder korrekturbedürftig.

250 Bücher täglich?

Um mit etwas Grundsätzlichem zu be-ginnen: Simon spricht immer wieder von

Fachliteratur

Privatanschrift des Rezensenten: Prof. em. Dr. Peter Vodosek, Seestraße 89, 70174 Stuttgart; [email protected]

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Buch-, Bibliotheks- und Informationswis-senschaften, ohne diesen Plural irgendwo theoretisch zu begründen. Zumindest im Fall der Buchwissenschaft(en) sei an die Überlegungen von Ludwig Delp erinnert, die schon vor Jahrzehnten die Fachdiskus-sion belebt haben.

Zum ersten Kapitel wäre zu sagen, dass das Motto »Das Buch, ein Schwert des Geistes« (Seite 1) nicht erst 1937, sondern bereits für die erste »Woche des Deutschen Buches« vom 27. Oktober bis 3. November 1935 in Münster geprägt wurde. Werner Schochow (Seite 6) hat für seine angeführ-ten Zitate sehr wohl auf eine exakte Quel-lenangabe hingewiesen.1

Dietrich Strothmanns Monografi e »Das System der nationalsozialistischen Schrift-tumspolitik« sollte doch besser nach der 4. Aufl age 1985 zitiert werden, zumal sie mit der 2. Aufl age beträchtlich erweitert wurde. Die Zahlenangabe von fünf Mil-lionen durch den Verfasser eingesehener Schriftstücke aus dem 3. Reich (Seite 127, Fußnote 2) erscheint doch sehr zweifel-haft, wenn er bei einer angenommenen 50-jährigen wissenschaftlichen Tätigkeit nicht tagtäglich über 250 Stücke in die Hand genommen hat.

Verwechslungen

Bertha von Suttner (Seite 172) hieß nicht Barbara und verstand sich in erster Linie als Pazifi stin und Schriftstellerin, nicht als Frauenrechtlerin. Zur Geschichte der Deutschen Gesellschaft für Dokumenta-tion sei zusätzlich auf die in Deutschland viel zu wenig bekannte verdienstvolle Un-tersuchung von Pamela Spence Richards hingewiesen.2

Nicht recht glücklich wird man auch mit den »Kurzbiographien« zu einigen Buch-, Dokumentations- und Informati-onswissenschaftlern im 3. Reich«. Warum im Fall der Würdigung von Hanns Wil-helm Eppelsheimer (Seite 216) die »Buch-wissenschaftshistoriker« (wer immer die sein mögen) nur »ausnahmsweise« einmal lobend zu erwähnen sind, bleibt Geheim-nis des Autors. Adolf von Harnack war nicht Inhaber des Lehrstuhls für Biblio-thekswissenschaft an der Universität Ber-lin (Seite 266). 1921 wurde vielmehr Fritz Milkau als sein Nachfolger Generaldirek-tor der Preußischen Staatsbibliothek und erhielt danach 1928 die neu geschaff ene Professur für Bibliothekswissenschaft.

Wessen »Hauszeitschrift« (Seite 268) das 1884 von Otto Hartwig (Halle) ge-gründete »Zentralblatt für Bibliothekswe-sen« sein soll, wird nicht ersichtlich. Nach-folger von Josef Bick als Generaldirektor

der Wiener Nationalbibliothek war nicht Robert Teichl (Seite 288), sondern Paul Heigl. Teichl wurde sein Stellvertreter. Die Aussage, die Deutsche Bücherei habe den Umfang des (Deutschen) Gesamtkatalogs auf 330 Bände und die Erscheinungsdauer auf 200 Jahre geschätzt, wird nicht belegt (Seite 283).3 Gustav Abb war nicht Leiter der UB Krakau (Seite 284), sondern Di-rektor der neu gegründeten Staatsbiblio-thek Krakau.

Lebensdaten unvollständig

Aus der Kurzbiografi e von Alfred Petrau (Seite 241 f.) erfährt man im Grunde nicht, welches »Kleinunternehmen« er geleitet und was er tatsächlich »zentral mit der Ge-schichte des Buches« als »Privatforscher« im Sinn gehabt hat. Bei etlichen Biogra-fi en sind die Lebensdaten unvollständig, obwohl sie in den meisten Fällen unschwer zu ermitteln gewesen wären. Unwillkür-lich drängt sich die Frage auf, wie bei sol-cher Sorglosigkeit im Detail die Statik den methodologischen Oberbau trägt.

In formaler Hinsicht befremdet die Angabe des Datums im Abschnitt »Eini-ge Daten zur Geschichte der Buch- und Dokumentationswissenschaft« nach »amerikanischem Muster« (Seite 258 ff .). Zahlenungetüme wie »14500000« (soll schlicht 1450 bedeuten) sind alles eher als benutzerfreundlich. Allzuviele Leser in den USA wird die Veröff entlichung wohl nicht fi nden, um ihnen dergestalt entge-genkommen zu müssen.

Um sich nicht in Quisquilien zu verlie-ren, soll hier abgebrochen werden. Nicht ohne Enttäuschung legt man ein Buch aus der Hand, das zumindest von seiner Inten-tion her die Forschungsliteratur zum Th e-ma hätte bereichern können.4

Peter Vodosek

Neue Fachliteratur

1 Und zwar in Peter Vodosek/Manfred Komo-rowski [Hrsg.]: Bibliotheken während des Nationalsozialismus. Teil 1. Wiesbaden: Har-rassowitz, 1989, Seite 25

2 Pamela Spence Richards: Scientifi c Informa-tion in Wartime. Th e Allied-German Rivalry 1939–1945. Westport (Connecticut), Lon-don: Greenwood Press, 1994

3 Vgl. dazu die maßgebliche Untersuchung von Bernd Hagenau: Der deutsche Gesamtkata-log. Wiesbaden: Harrassowitz, 1988.

4 Christina Koch: Das Bibliothekswesen im Nationalsozialismus. Eine Forschungsstan-danalyse anhand der Fachliteratur. Marburg: Tectum-Verlag, 2003

Neue Fachliteratur

Brown, David J.; Richard Boulderstone: The impact of electronic publishing. Th e future for publishers and librarians: Mün-chen: Saur, 2008. ca. 304 Seiten. – gebun-den 88,– Euro

Brücken für Babylon. Interkulturelle Bib-liotheksarbeit. Grundlagen – Konzepte – Erfahrungen. Einführung von Claudia Lux. Herausgeber: Petra Hauke und Rolf Busch. 1. Aufl age. Bad Honnef: Bock + Herchen, 2008. 320 Seiten. – broschiert 39,90 Euro

Fuchs, Thomas: Bibliothek und Militär. Militärische Büchersammlung in Han-nover vom 18. bis zum 20. Jahrhundert. Mit einem Katalog der Handschriften der ehemaligen Wehrreichsbibliothek II in der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek. 1. Aufl age. Frankfurt (Main): Klostermann, 2008. 205 Seiten: Illustrationen (Zeit-schrift für Bibliothekswesen und Biblio-graphie: Sonderbände; 93). – gebunden 64,– Euro (im ZfBB-Abonnement 57,60 Euro)

Providing access to information for everyone. 16 BOBCATSSS Symposi-um 2008 (Zadar, Croatia, 28.01.2008 – 30.01.2008). Hrsg. Petra Hauke … 1. Aufl age. Bad Honnef: Bock + Herchen, 2008 (Beiträge zur Bibliotheks- und In-formationswissenschaft; 3). XIV, 379 Sei-ten: Illustrationen. – broschiert 25,– Euro [Online-Version unter http://edoc.hu-berlin.de/conferences/bobcatsss2008]

Tan, Jin: Bibliotheken in Second Life. 1. Aufl age. Wiesbaden: Dinges & Frick, 2008 (B.I.T.online innovativ; 17). 100 Seiten: Illustrationen. – broschiert 24,50 Euro

Wissen, Dirk: Zukunft der Bibliogra-phie – Bibliographie der Zukunft. Eine Expertenbefragung mittels Delphi-Technik in Archiven und Bibliotheken in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Berlin: Logos-Verlag, 2008 (Berliner Arbeiten zur Bibliotheks- und Informationswissenschaft ; 20). 456 Sei-ten: grafi sche Darstellungen. – broschiert 56,– Euro

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Vorstandswahl 2008

Information des Wahlausschusses:

Hinweise zum Wahlverfahren (Präsenz- und Briefwahl)

Präsenzwahl

Wie in der Vergangenheit wird auch der nächste Bundesvorstand für die Wahlperi-ode 2008 bis 2011 von den eingeschriebe-nen BIB-Mitgliedern auf einer Mitglieder-versammlung in geheimer Abstimmung gewählt. Zusätzlich besteht die Möglich-keit der Briefwahl.

Die Präsenzwahl fi ndet im Rahmen des diesjährigen Deutschen Bibliothekartages in Mannheim auf der BIB-Mitgliederver-sammlung statt, und zwar am Donners-tag, 5. Juni 2008, im Congress Center Rosengarten Mannheim, Saal Ludwig van Beethoven I (Dorint Hotel). Die Ver-sammlung beginnt um 9 Uhr, Ende gegen 13 Uhr.

BIB-Mitglieder, die keine offi ziellen Teilnehmer des Bibliothekartags sind, erhalten für die Zeit der Mitgliederver-sammlung auch ohne Teilnehmerkarte Zutritt zum Gebäude. Die offi zielle Einla-dung mit detaillierter Tagesordnung wird in der nächsten BuB-Ausgabe veröff ent-licht.

Briefwahl

Für BIB-Mitglieder, die die Mitglieder-versammlung nicht besuchen können oder wollen, besteht die Möglichkeit der Brief-wahl. Dabei ist Folgendes zu beachten: � Die Wahlunterlagen für die Briefwahl werden an die Mitglieder von der BIB-Geschäftsstelle nur auf Anforderung ver-schickt. Die Materialien können seit An-fang März dieses Jahres (Hinweis in BuB Heft 3/2008, Seite 257) bei der BIB-Ge-schäftsstelle bestellt werden (Adresse siehe im Folgenden).� Der Versand der Wahlunterlagen an die anfordernden Mitglieder beginnt mit Erscheinen dieses Heftes. Die Zustellung der Materialien erfolgt bis Freitag, 25. April 2008. Letzter Rücksendetermin (Poststempel) für die Wahlbriefe ist dann Freitag, 23. Mai 2008 (Vierwochenfrist).

Anforderung

Die Briefwahlunterlagen werden aus-schließlich von der BIB-Geschäftsstelle in Reutlingen verschickt. – Kontakt:

Berufsverband Information Bibliothek e.V.Stichwort »Briefwahl 2008«Postfach 13 24, 72703 ReutlingenTelefon 0 71 21/34 91-0Telefax 0 71 21/30 04 [email protected]

Bitte nennen Sie in der Anforderung Ihren vollständigen Namen sowie die aktuelle Anschrift. Die Unterlagen gehen Ihnen dann umgehend zu. Die Materialien ent-halten neben Stimmzettel, Wahlbriefum-schlag und Postbriefumschlag eine detail-lierte Erläuterung des Wahlverfahrens.

Die aktuelle Wahlordnung kann über die BIB-Website unter www.bib-info.de/vorstand/neue_wahlordnung_buvo.pdf eingesehen werden. Fragen zur Briefwahl beantwortet Ihnen BIB-Geschäftsführer Michael Reisser (Telefon 0 71 21/34 91-13 oder [email protected]).

Für den Wahlausschuss:Edgar Fixl (UB Konstanz), Vorsitzender

Kandidatinnen und Kandidaten für den BIB-Bundesvorstand 2008/2011

Tibor Maxam

Tibor Maxam (Jahrgang 1975), aufge-wachsen und verwurzelt in Springe am Deister (liegt zwischen Hannover und Hameln). Seit der Ausbildung zum Assis-tenten an Bibliotheken (1992 bis 1995) in der Stadtbibliothek Springe dort beschäf-tigt. In der Stadtbibliothek in nahezu allen Bereichen tätig, ein Schwerpunkt bildet hier unter anderem die EDV. Auf dem

zweiten Bildungsweg erworbenes Abitur mit anschließendem Fernstudium der In-formatik (Abschluss 2007).

Seit einigen Jahren nebenberufl ich tätig im Bereich Webdesign/Logoentwicklung. Neben meinem Beruf bin ich in örtlichen Vereinen und im Katastrophenschutz ak-tiv, lese gern, treibe ein wenig Sport und verbringe meinen Urlaub zumeist jenseits des Atlantiks (natürlich immer Pfl icht: Besuch der lokalen Bibliothek). Auch bin ich sehr kommunikationsfreudig und kann daher keiner guten Diskussion wi-derstehen – und das nicht nur zu biblio-theksbezogenen Th emen.

Seit vielen Jahren bin ich im BIB aktiv (unter anderem Mitarbeit in der Kommis-sion für Neue Technologien, im Vorstand der Landesgruppe Niedersachsen/Bremen und, derzeit, der Webredaktion des BIB). Ein Berufsverband, der mich immer wie-der inspiriert hat. Durch meine Mitglied-schaft sind viele Kontakte entstanden, die ich heute nicht mehr missen möchte.

Nun möchte ich mich neuen, berufspo-litischen Herausforderungen stellen und kandidiere daher für einen Sitz im Bun-desvorstand. Woran möchte ich künftig mitwirken?� Den BIB als Dienstleister für seine Mit-

glieder stärken: umfangreiche Fortbil-dungsangebote, anregende Diskussio-nen, Erhalt und Ausbau von »Buch und Bibliothek« (BuB) als hochqualifi zierte Fachzeitschrift

� Ausbau der Mitgliederwerbung und -bindung, professionelle Öff entlich-keitsarbeit

� Positionierung des BIB als kompeten-ten Ansprechpartner in Fragen des be-rufl ichen Alltags

� Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Verbänden, Organisa-tionen und Institutionen (bibliotheka-rischen und nichtbibliothekarischen) um unsere Ziele zu erreichen

� Verknüpfung von Berufs- und Hoch-schulen mit Stätten der berufl ichen Praxis zum Erfahrungs- und Mei-nungsaustausch

� Etablierung des BIB als Partner der Po-litik, besonders auch im kommunalen Bereich und auf Landesebene

� Standpunkte zum Th ema Aus- und Weiterbildung konkretisieren und um-setzen

� Strategien zur Entwicklung der Biblio-thekslandschaft auch in Zeiten hart umkämpfter fi nanzieller Mittel.

Wer sich in diesen Punkten, die nur einem kleinen Teil meiner Vorstellungen entspre-chen, wiederfi ndet – den bitte ich um seine Stimme!

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Prof. Dr. Haike Meinhardt

Drei Jahre BIB-Vorstandsarbeit – eine be-reichernde und spannende Zeit, in der wir als Bundesvorstand gemeinsam als Team eine Menge erreicht haben. Erfolgreich waren wir, zusammen mit vielen Kolle-gen, bei der weiteren Konsolidierung des Verbandes. Der Personalverband BIB steht auf festen Beinen: Der fi nanzielle Schwund konnte gestoppt werden, und die Mitgliederentwicklung zeigt nicht mehr steil nach unten. Und das Angebot, das der BIB seinen Mitgliedern macht, war nie so reichhaltig wie derzeit – ob das die Fort-bildungsangebote oder die Ergebnisse der Kommissionsarbeit anbelangt. Der BIB ist stärker geworden und wahrnehmbarer – im Interesse aller Mitarbeiter/innen im Informationsbereich.

Aber es gibt keinen Grund sich auszu-ruhen, und rückblickend müssen wir auch feststellen, dass noch lange nicht alles, was wir uns vorgenommen haben, auch ver-wirklicht wurde. Ganz oben auf der Agen-da wird weiterhin die Gewinnung neuer Mitglieder stehen – wir sind beispielsweise dabei, ein Konzept zu entwickeln, dass es dem Verband erlaubt, auch nicht persön-liche Mitglieder als fördernde Mitglieder aufzunehmen. Das wird dem Verband neue Impulse und Unterstützung bringen.

Der Arbeitsalltag in den Bibliotheken hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert; diese Veränderung aufzuneh-men und umzusetzen in neue Angebote für die Mitglieder, auch das bleibt eine wichtige Aufgabe. Die Umstrukturierun-gen der Kommissionen ist dafür wichtige Voraussetzung – und wurde vertrauens-voll mit den Aktiven in den Kommissio-nen und Landesgruppen realisiert.

Ich möchte gerne mit meinen Kollegen im Bundesvorstand auch zukünftig an die-sen Aufgaben arbeiten – weil es dafür keine Einzelkämpfer, sondern ein Team braucht. Daneben werde ich mich gerne weiterhin,

wie die letzten drei Jahre, dafür einsetzen, dass die Lektoratskooperation in Zusam-menarbeit von BIB, ekz und DBV, ihre Stärken ausbauen kann. Sie ist unverzicht-bares Instrument für die Öff entlichen Bib-liotheken, und ihre Existenzsicherung wie Weiterentwicklung ist mir ein wichtiges Anliegen. Auch die enge und vertrauens-volle Zusammenarbeit mit der ekz, zum Beispiel im Rahmen des bundesweit ange-botenen ekz-BIB-Seminars, gilt es weiter zu entwickeln und zu intensivieren.

In meinem berufl ichen Leben bin ich seit rund fünf Jahren Professorin an der Fachhochschule Köln mit dem Lehrgebiet »Strukturen des Bibliothekswesens und des Informationsbereichs«. Diese Arbeit macht mir nicht nur viel Freude, sondern erfüllt mich auch immer wieder mit Opti-mismus, denn das Interesse am Beruf Bib-liothekarin/Bibliothekar ist ungebrochen, wie wir jedes Jahr erneut beobachten kön-nen! Vorherige berufl iche Stationen waren die Reaktion BuB (Redakteurin) und die Stadtbibliothek Apolda (Th üringen), in der ich als stellvertretende Leiterin gear-beitet habe.

Jens Renner

Wozu brauchen wir einen Berufsverband Information Bibliothek? Meine Antwort: Den Berufsstand nach außen profi lieren, unsere Berufspraxis nach innen profes-sionalisieren, das ist unser Auftrag. Nur wenn wir unserem immer anspruchsvol-ler werdenden Job gewachsen sind, und nur wenn unsere Unterhaltsträger unsere Unverzichtbarkeit tatsächlich erkennen, werden Bibliotheken auch in Zukunft bestehen können. Dafür arbeitet der Bun-desvorstand des BIB.

Dies bedeutet einerseits eine wahrnehm-bare Stimme für den Gesamtverband zu

entwickeln. Dies bedeutet andererseits, die vielfältigen Angebote der Landesgruppen und Kommissionen zu unterstützen und eigene Angebote zu verwirklichen. Vor-aussetzung dafür ist ein Bundesvorstand, der koordinierend und moderierend, aber auch handelnd und führend die vielfälti-gen Aktivitäten und die Aktiven des BIB bündelt.

Mein Diplom-Examen habe ich 1996 in München abgelegt. Seit 1997 leite ich die Bibliothek der Fachhochschule Ansbach. Für 1 800 Studierende (und 3 000 externe Kunden) leisten wir mit 4,5 Personalstel-len den vollen Service einer Hochschul-bibliothek. Kleine FHBs sind die ÖBs un-ter den WBs: moderner Kundenservice auch ohne die angemessene Personal- und Etatausstattung ist die tägliche Herausfor-derung.

In Bibliotheken schlägt der Puls der Informationsgesellschaft. Diese besonde-re Bedeutung der Bibliotheken und aller Menschen, die in diesen Einrichtungen arbeiten (und einen sehr beträchtlichen Teil ihres Lebens verbringen) muss zual-lererst uns selbst bewusst sein, um dann als positiv verstandene Lobbyarbeit zu den Entscheidungsträgern transportiert zu werden. Dazu trägt mein Engagement im BIB bei.

Ich gehöre dem Bundesvorstand als stellvertretender Vorsitzender seit 2002 an. In den vergangenen Jahren habe ich mich vor allem um die Verbandsfi nan-zen gekümmert. Solide Finanzen sind die Basis einer guten Verbandsarbeit. Darauf vertrauen unsere hauptamtlich Beschäf-tigten, daraus leben die mannigfaltigen Unternehmungen im Bund, in den Län-dern, in den Fachkommissionen. Trotz der schwierigen Lage der Vorjahre konnten wir im Vorstand gemeinsam die Verbands-fi nanzen sanieren und bei ausgeweitetem Leistungsspektrum positive Ergebnisse er-zielen. Leider machen Kostensteigerungen und neue Forderungen zum Beispiel des Finanzamtes eine Anpassung der Beiträge ab 2009 unumgänglich. Weitere Tätig-keitsfelder, um nur noch ein paar Beispie-le zu nennen, waren die Organisation der Sommerkurse 2005 in Potsdam und 2006 in Kempten, auch für die Tagung »Die lernende Bibliothek« 2007 in Innsbruck konnte ich mich einbringen.

Der Bundesvorstand 2005 bis 2008 hat als gemeinsame Anstrengung den Verband ein gutes Stück nach vorne gebracht. Die umfassenden Reorganisationen in Ge-schäftsstelle und der Kommissionsarbeit waren nur möglich, weil dieser Vorstand inhaltlich wie persönlich vertrauensvoll und fruchtbar zusammenarbeitete. Dies

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geschah in einem Umfang, der nicht sel-ten die Grenzen des Ehrenamtes auslotete. Denn Vorstandsarbeit fi ndet auch im Hin-tergrund als umfassende Detailarbeit in einer Vielzahl von Fragen und Problemen statt. Stets wurden dabei alle anstehenden Fragen und Entscheidungen im aktuellen Vorstand und mit dem Geschäftsführer gemeinsam besprochen und einvernehm-lich gelöst. Um die begonnenen Projekte vorantreiben und abschließen zu können, würde ich in diesem Rahmen gerne wei-terarbeiten wollen und bin bereit, im Falle einer Wahl wiederum die Finanzverant-wortung zu übernehmen.

Susanne Riedel

Warum noch mal? – Der aktuelle Vor-stand ist mit einer Bestandsaufnahme in seine Amtszeit gestartet. Seinerzeit haben wir eine Ziel- und Strategiediskussion an-geregt, um die Arbeitsschwerpunkte für die nächsten Jahre festzulegen. Es stellte sich heraus, dass der BIB ein schärferes Profi l braucht und attraktiver, reaktions-schneller, kompetenter sein sollte, um zu-kunftssicher zu werden.

Ein erster Schritt dahin ist gemacht: Gemeinsam mit dem Vereinsausschuss haben wir die Kommissionsstruktur überarbeitet. Es hat viel Zeit und Ener-gie gekostet, aber es hat sich gelohnt. Das Kommissionsspektrum ist gestärkt aus dem Veränderungsprozess hervorgegan-gen und bildet nach wie vor das Rückgrat für unsere Arbeitsschwerpunkte Mitglie-derberatung, Netzwerk, Information, Aus- und Fortbildung, Politik, Kommuni-kation und Marketing. Ich möchte verfol-gen, wie es weitergeht.

In den Landesgruppen spielt sich ein wichtiger Teil des Verbandslebens ab, dort treff en sich Interessierte, Mitglieder und BIB-Aktive, um Informationen auszutau-schen, Koalitionen zu bilden, voneinander

und miteinander zu lernen – eine wichtige Aufgabe eines Personalverbands ist es, den berufl ichen Alltag zu erleichtern und per-sönliches Fortkommen zu unterstützen. Gründe genug, um die Arbeit der Landes-gruppen zu fördern und zu stärken! Das wird ein nächster Schritt sein; da möchte ich dabei sein.

Als relativ kleine Berufsgruppe haben es Bibliothekarinnen und Bibliothekare schwer, gehört beziehungsweise gesehen zu werden. Zudem ist es in Deutschland leider notwendig, die Bedeutung und Kompetenz von Bibliotheken immer wie-der herauszustellen und so das Image bib-liothekarischer Arbeit zu verbessern. Ne-ben dem Beitrag, den jeder von uns täglich in seiner Bibliothek vor Ort dazu leistet, müssen Allianzen gebildet werden, um möglichst großes Gewicht auf politischer Ebene zu erlangen. An die Erfolge bei der spartenübergreifenden Lobbyarbeit für Bibliotheken, die im Zusammenspiel mit den anderen Verbänden im Dachverband BID erzielt wurden, muss angeknüpft werden. Die positive Wahrnehmung des Bundespräsidenten, die in seiner »Wei-marer Rede« zum Ausdruck kam, die In-itiativen für Bibliotheksgesetze und die geplante Kampagne »Deutschland liest« sind vielversprechende Ansätze. Aber auch unsere Kooperationen auf anderer Ebene mit in- und ausländischen Partnern möch-te ich weiter festigen.

Als ich vor drei Jahren den Vorsitz im BIB-Bundesvorstand übernahm, wusste ich nur, dass meine neuen Vorstandskol-legInnen ähnliche Prioritäten setzen woll-ten wie ich. Dass wir uns aber inhaltlich ausgezeichnet ergänzen, dass wir auf per-sönlich-menschlicher Ebene harmonieren und kompatible Ansprüche an die Ver-bandsarbeit haben, ist ein Glücksfall und hat uns zu einem belastbaren, konstruktiv arbeitenden Team gemacht.

Drei Jahre sind eine lange Zeit – wenn man sie vor sich hat. Im Rückblick reichte die Zeit gerade, um Ideen zu entwickeln, die Umsetzung zu beginnen und erste Er-gebnisse zu sehen. Ich möchte mir die Zeit nehmen, um zusammen mit den BIB-Gre-mien aus vielversprechenden Anfängen verlässliche Strukturen und erfolgreiche Dienstleistungen für Sie zu machen. Ich bitte Sie deshalb für weitere drei Jahre um Ihr Mandat.

Zur Person: Susanne Riedel, Jahrgang 1963. Buchhändlerin, Dipl.-Bibl. (WB), Abschluss FH Hamburg 1988. 1988 bis 2002 UB Osnabrück, Bereichsbibliothek Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Seit 2002 UB Bielefeld, Abteilung Elek-tronische Dienstleistungen.

Sabine Stummeyer

Wohin geht die bibliothekarische Reise? Die Bibliotheken in Deutschland und mit ihnen ihre Mitarbeiter und Mitarbei-terinnen befi nden sich auf einer Reise der Herausforderungen, deren Ziel noch nicht in Sicht ist, an deren »Haltepunkten« aber zum Beispiel die Veränderungen im Urhe-berrecht, Digitale Medien, Lebenslanges Lernen – um nur einige zu nennen – ste-hen. Eines ist nur schon jetzt klar: Die Ver-änderungsprozesse, auf die hier reagiert werden muss, laufen immer schneller ab.

Um bei diesen Prozessen »mithalten« zu können, brauchen Bibliothekare und Bib-liothekarinnen einen starken, professio-nell organisierten Berufsverband, der ihre Interessen sowohl im Gesamtverband, als auch auf Landesebene wirkungsvoll ver-tritt. Und der für seine Mitglieder attrak-tive Angebote zur persönlichen Fort- und Weiterbildung bereithält. Der BIB tut dies zum Beispiel mit der Organisation des Sommerkurses und des Bibliothekartages sowie den zahlreichen Veranstaltungen auf regionaler Ebene.

Berufsverbände leben von ehrenamtlich Aktiven. Nach dem ich meine Ausbildung in Hannover 1987 abgeschlossen hatte, führten mich meine berufl ichen Stationen 1988 zum Deutschen Wetterdienst nach Off enbach und 2000 wieder an die TIB/UB nach Hannover. Seit 1992 engagiere ich mich in BBA und vba, den beiden Vor-läuferorganisationen des BIB, jeweils im Vorstand. Seit Gründung des BIB, im Jahr 2000, bin ich im Bundesvorstand. Dort bin ich derzeit die einzige Vertreterin der mittleren Qualifi kationsebene und ver-trete besonders die Interessen der Biblio-theksassistentinnen und der FaMIs.

In der vergangenen Amtsperiode war ich für den »Bau« des Standes und die Organisation der Veranstaltungen am

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Stand während des Bibliothekartages und des Bibliothekskongresses verantwortlich. Weitere Aufgaben waren Aktivitäten zur Mitgliederwerbung sowie die Betreuung der Landesgruppen Niedersachsen/Bre-men und Schleswig-Holstein. Ein beson-deres Augenmerk galt meiner Arbeit in der »Management of Library Associations Section – MLAS« der IFLA. Durch die-sen Blick über den »nationalen Tellerrand« konnte ich an den IFLA-Tagungen 2005 und 2007 teilnehmen und dort die Inter-essen des BIB vertreten. Das Netzwerk von Kontakten, die ich dort knüpfen konnte, ermöglicht es dem BIB, künftig Mitglie-dern bei der Vermittlung von Praktikum-splätzen in den USA, Großbritannien, Dänemark, Holland, Schweden und Finnland zu helfen. Außerdem versuche ich Know-how aus anderen Verbänden und Ländern auch hierzulande bekannt zu machen.

In der Zukunft möchte ich weiter an der Stärkung des Verbandes nach außen mit-arbeiten, indem Positionen vertreten und Lobbyarbeit geleistet wird. Aber auch eine Professionalisierung des Verbandes nach innen ist notwendig, zum Beispiel durch die Erarbeitung eines Konzepts zur Mit-gliedschaft für fördernde Mitglieder.

Der gegenwärtige Vorstand vereint unterschiedlichste Interessen und Fä-higkeiten, die die grundlegenden Verän-derungen in dieser Amtszeit ermöglicht haben. Ich möchte in diesem Team mei-nen Beitrag dazu leisten und meine bis-herigen Aufgaben zum Nutzen des BIB und seiner Mitglieder fortführen.

Prof. Cornelia Vonhof

Seit 2005 arbeite ich im Bundesvorstand des BIB: Drei arbeitsreiche Jahre, drei Jah-re, in denen wir (der Bundesvorstand und

die vielen Aktiven im BIB) viel erreicht haben, drei Jahre, in denen ich viel über Bibliotheken und von Kolleginnen und Kollegen gelernt und erfahren habe, drei Jahre, die viel Spaß gemacht haben! Aus all diesen Gründen bewerbe ich mich für weitere drei Jahre für den Bundesvorstand des BIB.

Mein Verständnis von den Aufgaben des Bundesvorstands eines Berufsver-bandes mit über 6 400 Mitgliedern, mit aktiven Landesgruppen, die den direkten Kontakt zu den Mitgliedern halten, und engagierten Kommissionen, die die fach-liche Arbeit des Verbandes voranbringen, hat sich in den letzten drei Jahren für mich erweitert und präzisiert.

Neues zu initiieren, den BIB als Gan-zes im Blick zu haben, seine Schlagkraft für die Zukunft zu sichern und ihm eine Stimme im Zusammenspiel mit Partnern, anderen Verbänden im In- und Ausland zu geben, sind wichtige Aspekte dieser Ar-beit.

Dafür haben wir einiges getan: Ausge-hend von einer Diskussion der Ziele des BIB, haben wir begonnen, die Struktur des Verbandes neu zu gestalten. Neue Kommissionen mit neuen Aufgabenbe-schreibungen sind das erste sichtbare Er-gebnis eines nicht immer einfachen Ver-änderungsprozesses, in dem der BIB steht.

Wir haben den Verband auf fi nanzi-ell stabile Füße gestellt – auch wenn dies nicht einfach und keineswegs konfl iktfrei verlief. Die anstehende Anpassung der Mitgliedsbeiträge ist ein Element in die-sem Konzept, das der aktuelle Vorstand initiiert hat, um die Zukunftsfähigkeit des BIB zu sichern. Wir halten dies für unab-dingbar – wissen aber auch, dass dies von unseren Mitgliedern durchaus kritisch ge-sehen wird.

Diesen begonnen Weg möchte ich mit meinen VorstandskollegInnen weiter ge-hen, und ich möchte mich auch in der nächsten Wahlperiode dafür einsetzen, dass der BIB für seine Mitglieder die best-möglichen Dienstleistungen erbringt.

Meine Arbeit als delegierte Herausge-berin für BuB möchte ich gerne ebenso fortsetzen wie die bibliothekspolitische und konzeptionelle Arbeit am Strategie-papier »Bibliothek 2012«. Hier habe ich im letzten Jahr den BIB als Mitgliedsor-ganisation im Dachverband BID vertre-ten. Den BIB attraktiv zu machen für den Berufsnachwuchs ist ein weiteres Th ema, das ich verfolge. Der Newcomer-Treff auf unseren Jahrestagungen, der Studieren-den und Auszubildenden ein Forum bietet und Kontakte zwischen Praktikern und Newcomern herstellt, liegt mir deshalb am

Herzen. Der Berufsverband und der ganze Berufsstand brauchen qualifi zierten und engagierten Nachwuchs. Für die kommen-de Wahlperiode würde ich deshalb gerne meinen Erfahrungen mit Mentoring-Pro-jekten für den BIB nutzbar machen und hier eine Initiative starten.

Es gibt aber auch ein Leben neben dem BIB! Der berufl iche Teil davon spielt sich für mich an der Hochschule der Medien Stuttgart (HdM) ab. Als Professorin für Public Management und Studiendekanin des Bachelor-Studiengangs Bibliotheks- und Informationsmanagement stehen die Entwicklung von Bibliotheken und die Qualifi zierung des Nachwuchses Tag für Tag im Mittelpunkt. 15 Jahre Leitungs-tätigkeit in Öff entlichen Bibliotheken, ein betriebswirtschaftliches Studium, einige Jahre als Unternehmensberaterin mit Schwerpunkt »Öff entlicher Sektor« gehören ebenfalls zu meinem berufl ichen Hintergrund.

Mitglieder

Neueintritte

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Änderungen

Verstorben

Impressum »Aus dem Berufsverband«

Herausgeber: BIB . Berufsverband Information Bibliothek e.V., Postfach 13 24, 72703 Reutlingen

Redaktion: Jörg Sämann, Stadtbibliothek Merzig,Hochwaldstraße 47, 66663 MerzigTelefon 0 68 61/85-393/-394Telefax 0 68 61/[email protected]

Redaktionsschluss für Verbandsmitteilungen BuB Heft 6/2008: 15. April

Mitglieder des BIBwerden gebeten, alle Änderungen ihrer personenbezogenen Angaben, insbe-sondere des Namens, der Anschrift und der Beitragsgruppe, nicht dem Verlag von BuB, sondern der Geschäftsstelle des BIB mitzuteilen:

BIB-GeschäftsstellePostfach 13 2472703 ReutlingenTelefon 0 71 21/34 91-0Telefax 0 71 21/30 04 [email protected]

Mitglieder

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350 BuB | Lesesaal350350350 BuB | Summary/Résumé Summary/Résumé | BuB

»No Need to Fear Aesthetics!« / Architect Rolf

Ramcke Calls for More Courage in Library Design:

Libraries Should Be Stimulating and Create a Sense

of Identification (pp. 313–316)

In the age of digital storage media the book has re-

peatedly been given up for dead. Nevertheless libra-

ry construction is currently enjoying a renaissance.

This is not entirely a cause for rejoicing, as architect

Rolf Ramcke made clear in an interview with BuB’s

editor Bernd Schleh. Instead of concentrating on

the three essential elements of successful library ar-

chitecture – behaviour security, stimulation and user

identification – too many new projects are losing

their focus through arbitrariness. As building expert

and instructor at the Institute for Information and

Library Science at the Humboldt University in Ber-

lin, Ramcke calls for a new orientation, among other

things, because he finds a serious lack of aesthetic

awareness among librarians: »If an entire professio-

nal body sets its heart on nothing more than fulfilling

function, it is unconsciously making an aesthetic de-

cision – and a very negative one at that.«

Even in supposedly attractive new library buil-

dings Ramcke can often detect no aesthetic impul-

se, but only a kind of brand-name approach: »One

aspires not to the beauty of a building, but rather

the name of a famous architect.« This happened,

for example, in the case of the new library in Seatt-

le, USA, which was designed by the Dutch architect

Rem Koolhaas. »With its thousands of square feet,

Koolhaas’s library is designed with arbitrary bits of

theory which basically have very little to do with a

library,« he criticizes.

Completely obsolete, in Ramcke’s opinion, is a

central reading room: »For the most part users today

gather information electronically. When they need

books, these are not collected on a central location,

but divided up by subject.«

Between Aesthetics and Functionality / An Impres-

sive New Library Building for the Jacob and Wil-

helm Grimm Center at Humboldt University in the

Heart of Berlin (Milan Bulaty, Olaf Eigenbrodt)

(pp. 317–322)

Under construction at the Humboldt University in

the heart of Berlin is a magnificent new university li-

brary building – the Jacob and Wilhelm Grimm Cen-

Summary of the Main Articles

ter. Milan Bulaty, library director, and Olaf Eigen-

brodt, librarian and building specialist, describe here

the plans for this new and modern building.

Along with functionality, the design draws abo-

ve all on a sociological point of view. The library is

to be a public, urban and scholarly site and a clas-

sic case of »open access«. It will be a place in which,

even in the future, books and written matter can be

studied in peace and quiet, and also a place with

specialized reference areas, 500 computer stations

and a large reading room at its core. Last but not

least the building needs to satisfy a high standard of

aesthetics. The large open shelving with approxima-

tely two million volumes is intended to encourage

browsing and discovery. There is even a children’s

area included in the original plans, thus allowing

parents to bring along their children without any

problems.

At the center of all planning for the Jacob and

Wilhelm Grimm Center are the users and their chan-

ging needs. The planers have attempted to accom-

modate this by conceiving of aesthetics and func-

tionality as complementary and indispensable ele-

ments of this new library domicile.

Translated by Martha Baker

»N‘ayons pas peur de l‘esthétique«! L‘architecte

Rolf Ramcke demande plus de courage lors de la

construction: Les bibliothèques doivent stimuler et

être des lieux d‘identification. (pp. 313–316)

A l‘heure des supports électroniques de conser-

vation, la mort du livre a été annoncée souvent.

Et pourtant on assiste actuellement à une véritab-

le renaissance de la construction de bibliothèques.

Cela n‘est pas seulement un sujet de joie, affirme

l‘architecte Rolf Ramcke dans une interview avec le

rédacteur de BuB, Bernd Schleh. Au lieu de parier

sur les trois éléments importants d‘une architectu-

re de bibliothèque réussie, à savoir la pérennité, la

stimulation et l‘identification des usagers, trop de

constructions nouvelles se perdent dans la banalité.

L‘expert en construction et professseur à l‘institut

de l‘information et des sciences des bibliothèques

de l‘université Humboldt de Berlin, demande une

nouvelle orientation, notamment parce-qu‘il repro-

che aux bibliothécaires un défaut généralisé de sens

esthétique. »Quand le caprice de toute une profes-

sion est de ne vouloir que l‘exigence de fonctionnali-

té, cette profession a pris, sans le savoir, une décision

d‘ordre esthétique. Et une décision très négative.«

Même dans de nouveaux bâtiments de bibliothè-

ques prétendument attractifs, Ramcke ne discerne

Résumé des principaux articles

pas de fondement esthétique, mais plutôt une sorte

de référence à une marque: »On ne recherche pas

la beauté du bâtiment, mais le nom de l‘architecte-

star.« C‘est selon notre architecte, le cas de la nou-

velle bibliothèque de Seattle. »La bibliothèque de

Koolhaas est, avec ses milliers de kilomètres carrés

et sa greffe pléthorique de théorie, d‘une banalité,

qui dans le fond a très peu de choses à voir avec une

bibliothèque«, critique-t-il.

Une salle de lecture centrale lui semble désormais

complètement obsolète. »Aujourd‘hui, les usagers

s‘informent essentiellement de façon électronique.

S‘ils ont besoin de livres, ceux-ci ne doivent pas être

rassemblés de façon centralisée, mais répartis en do-

maines thématiques.«

Entre esthétique et fonctionnalité / Au coeur de

Berlin une nouvelle bibliothèque imposante est en

train de naître au centre Jacob et Wilhelm Grimm de

l‘Université Humboldt (Milan Bulaty, Olaf Eigen-

brodt) (pp. 317–322)

Au centre de Berlin se construit actuellement la su-

perbe bibliothèque de l‘Université Humboldt, le cen-

tre Jacob et Wilhelm Grimm. Milan Bulaty, directeur

de la bibliothèque universitaire et Olaf Eigenbrodt,

spécialiste des bibliothèques et professeur pour la

construction décrivent la conception moderne de ce

nouvel établissement.

Outre la fonctionnalité, la conception s‘appuie

avant tout sur des points de vue sociologiques. La

bibliothèque se doit d‘être un lieu scientifique pu-

blic, ouvert sur la ville et un classique de »l‘open ac-

cess«. Un lieu où, dans le futur aussi, on pourra étu-

dier en silence et dans la concentration des livres et

des textes, mais aussi un espace offrant des lieux de

renseignement spécialisé, et quelques 500 places de

travail informatisées, ainsi qu‘une grande salle de

lecture en sa partie centrale.

Le bâtiment doit aussi répondre à des exigences

esthétiques importantes. Les grands espaces en

libre-accès avec leurs deux millions de livres doi-

vent aussi inciter à la flânerie et à la découver-

te. Il est même prévu un espace pour enfants, afin

que les parents puissent amener leurs enfants sans

problème.

Les usagers du Centre Jacob et Wilhelm Grimm

et leurs besoins changeants sont au centre de la pla-

nification. Les réalisateurs essaient de les satisfaire

en considérant que l‘esthétique et la fonctionnalité

sont les qualités complémentaires et indispensables

du nouveau bâtiment.

Traduit par Suzanne Rousselot