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1 Liebe Familie, Freunde, Bekannte und Unterstützer! Hier ist das erste offizielle ¡Hola!aus Tarija, der einzigen Stadt Boliviens mit dem Slogan: „En una ciudad limpia se vive mejor“ (In einer sauberen Stadt lebt man besser) Es gibt für bolivianische Verhältnisse richtig viele Mülleimer und man hat das Gefühl, die Leute aus der Stadt sind auch ein bisschen stolz, dass ihre Stadt als eine der saubersten Boliviens gilt. Trotz allem gibt es Unmengen an Plastikmüll. Auf dem „mercados“ (Märkten) und in den „tiendas“ (Läden) wird alles einzeln in Plastiktüten verpackt und Glasflaschen sind noch lange nicht so verbreitet, wie zum Beispiel bei uns in Deutschland. „Karpil“ das gefühlte „Nationalgetränk“ Boliviens ( die Marke „Karpil“ gibt es jedoch nur in Tarija und ist die beste von allen!) wird in kleinen „Bolsitas“ (Tütenpackungen) verkauft und der Abfall liegt in jeder Ecke und Straße. Ich habe mir überlegt in meinem Projekt für eine bestimmte Zeitpanne Müll zu sammeln und daraus Klamotten, Taschen, Hüte zu kreiren und im Rahmen eines Festes eine Modenschau als Abschluss zu veranstalten. Dazu eigenen sich die bunten Karpiltüten für 50 centavos (1 € = 9,71… Bs) perfekt! Aber nun erst mal eins nach dem anderen Nach einem guten Monat hier auf der anderen Seite der Welt, habe ich mich schon an Dinge gewöhnt die mir vor ein paar Wochen bestimmt noch unglaublich fremd erschienen wären. Deshalb möchte ich sie hier schnell aufschreiben, damit ich sie nicht vergesse und am Schluss dann keinem erzähle weil es doch ganz „normal“ ist.

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Liebe Familie, Freunde, Bekannte und Unterstützer!

Hier ist das erste offizielle „¡Hola!“ aus Tarija, der einzigen Stadt Boliviens mit dem Slogan:

„En una ciudad limpia se vive mejor“ (In einer sauberen Stadt lebt man besser) Es gibt für bolivianische Verhältnisse richtig viele Mülleimer und man hat das Gefühl, die Leute aus der Stadt sind auch ein bisschen stolz, dass ihre Stadt als eine der saubersten Boliviens gilt. Trotz allem gibt es Unmengen an Plastikmüll. Auf dem „mercados“ (Märkten) und in den „tiendas“ (Läden) wird alles einzeln in Plastiktüten verpackt und Glasflaschen sind noch lange nicht so verbreitet, wie zum Beispiel bei uns in Deutschland. „Karpil“ das gefühlte „Nationalgetränk“ Boliviens ( die Marke „Karpil“ gibt es jedoch nur in Tarija und ist die beste von allen!) wird in kleinen „Bolsitas“ (Tütenpackungen) verkauft und der Abfall liegt in jeder Ecke und Straße. Ich habe mir überlegt in meinem Projekt für eine bestimmte Zeitpanne Müll zu sammeln und daraus Klamotten, Taschen, Hüte zu kreiren und im Rahmen eines Festes eine Modenschau als Abschluss zu veranstalten. Dazu eigenen sich die bunten Karpiltüten für 50 centavos (1 € = 9,71… Bs) perfekt! Aber nun erst mal eins nach dem anderen Nach einem guten Monat hier auf der anderen Seite der Welt, habe ich mich schon an Dinge gewöhnt die mir vor ein paar Wochen bestimmt noch unglaublich fremd erschienen wären. Deshalb möchte ich sie hier schnell aufschreiben, damit ich sie nicht vergesse und am Schluss dann keinem erzähle weil es doch ganz „normal“ ist.

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„Normal“ ist, sein Klopapier in einen Mülleimer neben der Toilette zu werfen und auf keinen Fall hinein, ansonsten wird man wohl schnell aus seinen Fehlern lernen ;)

„Normal“ ist auch, dass man immer Klopapier in seiner Tasche mit sich trägt, da es auf keiner Toilette (nicht im Projekt, nicht in Clubs, nicht einmal auf der Toilette meiner Gastfamilie und auch nicht auf einer Hochzeitsfeier, auf welcher wir geladen waren, nirgends gibt es Toilettenpapier…) Bis jetzt hab ich den genauen Grund jedoch noch nicht herausgefunden…

„Normal“ ist, das es abends kein Wasser (bei uns im Haus mittags ab 12:30 kein Tropfen) mehr gibt und man eine gute Ausrede hat, nicht abspülen zu können Das ist jedoch wohl der einzige Vorteil. Seitdem wir hier sind, hat es erst zweimal geregnet und dann auch nur ganz feine Nieseltropfen. In den „Barrios“ (Stadteilen) unserer Gastfamilien, welche am Rand von Tarija liegen, gab es zum Beispiel an einem Wochenende nur einmal, für eine kurze Zeitspanne Wasser. Ich bin an diesem Wochenende mit meiner Familie zu ihrem Cousin aufs „campo“ (Land) gefahren und habe es deshalb nicht selbst miterlebt. Mireia und ihre Familie mussten jedoch, als Start in den Sonntag um 6 Uhr aufstehen um zu schauen, ob es wieder Wasser gibt. Als es keines gab haben sie sich den Wecker nochmal um 7Uhr gestellt um dann schnell alles vom Wochenende abgespült, die vom Samstag liegengebliebene Wäsche gewaschen und der Papa konnte sich sogar noch schnell duschen als es um 9 Uhr schon wieder abgestellt wurde.

„Normal“ ist es, mit der Hand zu waschen und das wir dafür (noch) sehr viel Zeit brauchen. In meiner Familie, welche sehr traditionell leben habe ich sogar schon mit einem Papa zusammen gewaschen (siehe Bild auf meiner homepage www.lisarriba.wordpress.com) Von wegen Machismos…

Und „normal“ ist, sich keinen guten Appetit vor dem Essen zu wünschen. Ich habe mich zwar noch nicht ganz daran gewöhnt und verspüre manchmal noch den Drang allen einen guten Appetit zu wünschen da sonst irgendwie etwas fehlt, jedoch haben die Bolivianer hier auch ein schönes Ritual, dass jedoch nach dem Essen kommt. Ist eine Person fertig mit dem Essen sagt er in einer kleineren Gruppe (vielleicht bis zu 5 Leuten) zu jedem einzelnem Danke: „Gracias Doña Nati, Gracias Mirian, Gracias Reinaldo…“. Die noch sitzen antworten „Provecho“ Bei größeren Gruppen: „Gracias a todos“ (Danke an alle).

„Normal“ ist auch das man sich überall wo Musik ertönt (und das ist sozusagen ÜBERALL) wie eine Perlenkette aufreiht und in „filas“ (Reihen) tanzt, immer mit einem Partner gegenüber. Das haben wir am ersten Abend in Tarija bei der Geburtstagsfeier von Theresa (unsere Vorgängerin) feststellen können, bei der Hochzeit mit meinen Gastgeschwistern haben auch alle in Reihen getanzt und sogar in der tarijeñischen „Großraum“-Diskothek „Bunker“ haben die jungen Leute (zumindest die ersten 1 ½ Stunden ) in Reihen getanzt. Als ich amüsiert gestaunt habe, dass sogar die jungen Leute beim Weggehen in filas tanzen hat Lucho aus Tarija gesagt, dass er es total gut findet, so könne man sich langsam kennenlernen und jeder hat seinen Platz.

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„Normal“ sind auch die -meist rasanten- Fahrten im „Micro“ (Öffentliches Verkehrsmittel) . Eine Fahrt egal wohin und wie lange kostet 1,50 Bs. Es gibt zwar feste Linien (1, 4, B, E…) die die Microfahrer abklappern, feste Haltestellen, oder gar einen Zeitplan, wann er wo abfährt jedoch nicht. Das ist aber auch gar nicht nötig da die meisten mindestens im 5-minuten-Takt kommen und man sie wo man geht und steht einfach anhalten kann. Um wieder auszusteigen ruft man dem Mircofahrer einfach „Me quedo!“ (Ich bleibe) zu. Wenn man mittags mit allen Schülern und Arbeitenden, die nach Haus zum Mittagessen fahren im Bus sitzt naja dann brüllt man es besser…

Hier ist ein typischer „Micro“ zu sehen, welchen jedoch der Cousin meiner Gastschwester extra für einen Ausflug auf den „campo“ (aufs Land) gemietet hatte!

Da komme ich auch gleich zum vorerst letzten Mal zu „normalen“ Dingen Tarija ist ca. zwischen 12:30- 14:30 fast wie ausgestorben. Ich kann mich noch an meinen ersten Gang durch Tarija erinnern, als wir zur Mittagszeit Geldabheben gegangen sind und ich mir noch gedacht habe, „Wow… das ist wirklich eine Kleinstadt „tranquila“… Nicht viel los hier… auf jeden Fall eine krasse Umstellung im Gegensatz zu München…“. Jedoch hatte ich dort noch nicht gewusst das es ganz normal ist das „todo el mundo“ (jedermann) mittags von der Arbeit, Schule nach Hause zum Mittagessen fährt. Auch das Personal aus dem Krankenhaus, in welchem Mireia zum Beispiel lag, ist um 12:00 nach Hause gegangen und konnte deswegen die Ergebnisse von der Untersuchung erst um 15:00 fertig machen. So musste Mireia einfach ein bisschen warten…

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Trabajo – Projektarbeit Libélula Nun zum wesentlichen Teil meines Berichtes, meiner Arbeit in meinem Hauptprojekt EDYFU (Educación y futuro) und meinem Zusatzprojekt „Fundación Down“. Wie ihr meinem vorangegangen Beschreibungen (siehe Blog www.lisarriba.wordpress.com) entnehmen könnt, ist das EDYFU in verschiedenen Projekte unterteilt und ich arbeite im „Libélula“. Über die „Fundación Down“ berichte ich dann im nächsten Erfahrungsbericht. Das Libélula ist mit dem Micro ca. eine viertel Stunde vom Zentrum entfernt. (bald möchte ich mit dem Radl zur Arbeit fahren! Unsere Vorgänger haben uns nämlich zwei vermacht, welche aber leider nicht mehr so gut in Schuss sind aber das muss sich bald ändern ). Da das Libélula in viele einzelne Teilprojekte aufgespalten ist, steht es auf einem großen Gelände mit vielen verschiedenen kleinen „aulas“ (wie so eine art Bungalow) und hat sogar einen großes Schwimmbecken.

„Apoyo“

(Übersetztung von Pons: „von der Mehrheit unterstützt werden“ so etwas wie Hausaufgabenbetreuung) Da das Schulsystem den Unterricht auf Vormittag und Nachmittag aufteilt und die Kinder also entweder von 8:30 – 12:00 Uhr oder von 14:30- 15:30 ins Apoyo kommen, gibt es den ganzen Tag Hausaufgabenbetreuung. Ein Apoyo ist für die älteren Kinder ca. 10- 15 Jahre und eines für die jüngeren 6- 10 Jahre. Gerade werden auch noch drei weitere aulas gebaut, da anscheinend großer Bedarf vorhanden ist. Seit ich hier bin habe ich hauptsächlich mit den jüngeren Kindern gearbeitet. Für mich hört sich das Wort „Hausaufgabenbetreuung“ so geordnet, so geregelt an, es ist aber etwas ganz anderes. Es kommen ca. 20 Kinder ins Apoyo (in Deutschland, im Hort habe ich mit einer Gruppenstärke von 25 gearbeitet und im Gegensatz zu der Arbeit hier in Bolivien war das ein „Kinderspiel” (wortwörtlich… ) die Bolivianer würden sagen: „facelito es!“*fasseliiito+ Wie einfach das ist!). Diese 20 Kinder haben alle ihr „Päckchen“ aus der Familie oder aus der Schule dabei, vielleicht Streit mit ihren Freunden, Probleme, Schläge in der Familie, dazu vielleicht noch Hunger, müssen aber alle ihre Hausaufgaben machen, die oft wie folgt aussehen. „Schreibe die Zahlen von 6000 -9000 im Zweierschritt auf“. Das heißt eine ellenlange stupide Zahlenreihe. Wie hier rechts zu sehen…

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Auch das Kopieren wird hier sehr hochgehalten. Oft müssen sie einen bestimmten Text abschreiben und die Zeichnung im Buch genau so abmalen wie sie abgebildet ist. Das benötigt viel Motivation von außen und es verlangt viel Kraft die Kinder zu motivieren, wenn man selbst von dem Sinn der Hausaufgabe nicht so viel hält. Christian, 9 Jahre, hatte eine geraume Zeit lang im Apoyo gefehlt und hat viele Hausaufgaben einfach nicht gemacht, aber um die Klasse zu schaffen müssen alle Übungen in seinem Buch vollständig und ordendlich gemacht sein. Deshalb hängt er sehr hinterher und muss parallel zu seinen täglichen Hausaufgaben andere zusätzliche Arbeiten machen. Das alles wäre vielleicht gar nicht so schlimm aber dazukommt, dass er kaum lesen kann und aus diesem Grund eine machbare Textaufgabe in Mathematik einfach deshalb schon nicht lösen kann… Letzte Woche hat er für drei Textaufgaben, welche ich gemeinsam mit ihm gemacht habe, zwei Stunden gebraucht. Diese 120 Minuten waren gespickt von (immer mal wieder) erfolgreichen Motivationsaktionen, wie die Aussicht auf gemeinsames Spielen draußen im „parque“ (Spielplatz) oder lustigen Zeichnungen zur Verbildlichung der Textaufgaben, von Pausen und zwischenzeitliche Auseinandersetzungen. Nach diesem zähen Kampf war Christian aber glücklich die Textaufgaben selber gelöst zu haben und nach dem Apoyo als alle gehen durften hat er mich noch einmal richtig erstaunt. Ich dachte er möchte nach diesem Nachmittag nichts mehr von Zahlen, Wörtern und Lernen wissen, aber als Johanna eine andere Freiwillige zum Abschied etwas auf Deutsch zu mir sagte, wurde er ganz Ohr und wollte mehr deutsche Wörter hören. Er hatte sichtlich Freude daran den Klang der Sprache zu hören, bis er plötzlich zu seiner Schwester, die schon fast das Gelände verlassen hatte lief um sich sein Heft zu holen und sich dann ganz begierig Wörter für „Hallo, Tschüss, Gute Nacht „ in Deutsch und Spanisch aufzuschreiben. Das hat mich wirklich darin bestärkt, dass Kinder lernen wollen und die Schwierigkeit darin besteht diesen Willen richtig zu Nutzen und ihn nicht im Keim zu ersticken! Wir werden sehen was ich noch alles dafür tun kann

„Manualidades“

(Kreativ-Bastel-Werkstatt) Diesen “taller” (Workshop, in Deutsch?!) gibt es dreimal in der der Woche, ich mache ihn jeden Freitag mit Johanna einer anderen Freiwilligen zusammen. Bisher haben wir unter dem Motto „ Spiele selbstgemacht“ gewerkelt und gebastelt. Jetzt gerade kreieren wir die neuste „Schmuck-kollektion“ aus gefärbten Nudeln für die „feria“ (Jahrmarkt) welche am 16. November stattfindet.

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Dort werden diverse selbstgemachte Dinge, viel Essen und Trinken verkauft um ein bisschen Geld für die Kinder (zum Beispiel Geschenke an Weihnachten für die „Internas“)einzunehmen. Nach dieser feria starte ich dann so eine Art „Projekt-Wochen“. Wie am Anfang schon erwähnt, möchte ich die Kinder gerne dazu animieren den Abfall den sie produzieren zu sammeln mitzunehmen um dann zum Beispiel mit den Plastikflaschen, Karpiltüten, Tetrapacks und Zeitungen Taschen Klamotten, Hüte oder Geldbeutel zu kreieren. Die Kinder könnten diese dann zum Beispiel am letzten Schultag, welcher Mitte Dezember kommt mit einer „Modenschau“ präsentieren.

„Clase de Baile“ (Tanz) “Rise up! Don´t falling down again...” Das ist das Lied das sich unsere Tanzgruppe aus einer Liste von zehn verschiedenen „Canciónes“ (Liedern) ausgesucht hat. (Das deutsche Lied „Luftbahn“ von Deichkind wollte sie nicht )dazu tanzen die sieben Kinder im Alter von 7-10 Jahren dreimal in der Woche, drei Stunden. Natürlich tanzen sie nicht die ganze Zeit sondern machen spielen Spiele, wie den guten alten Zeitungstanz aus unseren Kindergeburtstagszeiten… (der kommt richtig gut an!)oder machen Spiele zur Förderung des Gruppenzusammenhalts, da sich die Gruppe oft spaltet und es immer zwei oder drei Kinder gibt, welche die Sündenböcke spielen. Es ist manchmal schwierig, da sie zusammen in einem anderen Projekt sind und nur zur „Clase de Baile“ ins Libélula kommen bringen sie manchmal schon ihren Streit oder die Missstimmung über einen andern aus dem Projekt mit. Aber wenn diese geklärt sind lassen sie sich auch auf Spiele wie den „Luftballontanz“ ein, bei welchem sie Pärchen bilden müssen, was wirklich schwerer ist als man sich vorstellen kann, wenn der eine den nicht mag und der andere ihn schon, aber den anderen nicht…! Schlussendlich klappt es meistens jedoch und sie versuchen zum Beispiel beim Luftballontanz zu zweit gemeinsam den Luftballon zwischen den Bauch, Kopf oder z.B. Po zu behalten.

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„Clase de Pintura“ (Malen) Hier malt Serjio (Einheimischer aus Tarija) mit Kindern mit verschiedensten Materialien und Techniken auf Leinwand, Papier und manchmal auch auf die Zimmerwände. „Clase de música” (Musik) Hier spielt und singt Javier mit Kindern auf Trommeln, Gitarre und Klavier. „Repostería y Cocina“ (Küche) Hier backt und kocht Claudi mit Jugendlichen. Unter anderem machen sie täglich zweimal, Vormittag und am Nachmittag die „Refijerios“ (Pausenmahlzeiten) für die Kinder die in den anderen Bereichen wie Apoyo, Música, Jardinería… usw. sind. Unglaublich lecker! „Jardinería“ (Gärtnerei) Hier arbeitet Don Elias und pflanzt mit den Kindern und Jugendlichen die Gärten von Libélula an, zieht Pflanzen zum Verkaufen und macht Theorieeinheiten, zum Beispiel wie man Rosen zuschneidet. „Elecdricidad“ (Elektizität) Über diesen Bereich weiß ich bis jetzt nur, dass Jorge mit den Jugendlichen etwas mit Stromkabeln und Schaltern macht… Aber ich haben ja noch ein paar Monate Zeit die verschiedenen Zweige besser kennenzulernen. „Albergue“ (Heim) Hier sind nach ca. einem Jahr Pause das erste Mal wieder „Internas“ (so heißen die Bewohner) eingezogen. Es sind zurzeit 9 Mädchen im Alter von 6 bis 17 Jahren im Heim, jedoch soll nach und nach bis auf 20 Mädchen aufgestockt werden. Am Wochenende kehren sie immer in ihre Familien zurück. Unter der Woche jedoch, gehen sie normal zur Schule, nehmen an den Aktionen und Talleres von Libélula teil und schlafen in die dafür vorgesehenen Häuschen. Während Cintia eine junge Frau aus Tarija mit ihnen am Abend arbeitet und auch dort schläft, wird gleichzeitig auch in den Familien der Kinder gearbeitet. Das Ziel ist die Kinder optimaler weise nach 4 Monaten wieder zurück in die Familien zu führen. Da ich in der Zukunft gerne abends mit den Kindern und Jugendlichen des Internados arbeiten möchte werde ich zu einem späteren Zeitpunkt mehr darüber berichten.

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Fiesta - Feiertage und Feste La Entrada de la universidad

Entrada? Tinku? Was ist das? Ensayo? Abends in der Universität? Und warum das alles? Die letzte Frage ist simpel zu beantworten: „Ganz einfach um des Tanzes Willen!“ Aber nun nochmal von vorne…

„Entrada“ wird der Tag genannt an welchem die Universitäten nach ca. zweimonatigen „ensayos“ (Proben) mit einem Umzug Tänze aus ganz Bolivien auf der Straße präsentieren. Da uns ein Freund aus Tarija mitgenommen hatte durften Mireia und ich auch ein Teil dieser Entrada sein und haben ca. eineinhalb Monate, anfangs dreimal in der Woche und am Ende jeden Abend, in der vom Bass der Musikanlagen brummenden und bebenden Universität die Choreografie von dem Tanz „Tinku“ einstudiert. Man muss sich das so vorstellen: Es gibt 47 Gruppen mit Studenten der verschiedensten Fakultäten, die in den Abendstunden, verstreut auf dem Campus der Uni zu tosender Musik wie wild tanzen. Ein tolles Gefühl so viele junge Leute tanzend auf einem Fleck zu sehen

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Die Fakultät von Lucho (der Freund aus Tarija ) wurde dieses Jahr auserwählt „Tinku“ zu tanzen. Dieser Tanz, aus „Quechua“, der indigenen Sprache mit „Begegnung“ übersetzt stammt von einem Fest aus Potosí ab. „Begegnung“, hört sich zunächst eigentlich sehr friedvoll und für ein Fest sehr passend und fröhlich an. Jedoch ist mit dieser Begegnung wohl eher die, der zwei Kontrahenten gemeint, welche aus verschiedenen Dorfgemeinschaften im Zweikampf ihre Kräfte messen. Zum Beispiel um den Besitz von einem Stück Land.

Mireias Gruppe bei den letzten Vorbereitungen

Dabei kann es durchaus vorkommen, dass einer der Männer zu Tode kommt. Das vergossene Blut gilt dann jedoch als Opfer an die „Pachamama“ (Mutter Erde, <- zu ihr in einem zukünftigen Bericht mehr). Dadurch wird diese dann hoffentlich gut gestimmt und sorgt für ein gutes Erntejahr. So sind die Bewegungen in dem Tanz sehr energisch und erinnern oft an die Schlagabtäusche der Männer. Deshalb waren Mireia und ich im Anschluss an die Arbeit nach den nächtlichen ensayos auch wortwörtlich „abgekämpft“! Meine Tinkugruppe schon voll in Fahrt

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Aber die manchmal kräftezehrenden Proben haben sich für die „Entrada“ auf jeden Fall gelohnt! Die ganze „Avenida Panamericana“ (größte Straße in Tarija) war den ganzen Samstag gesperrt und mit vielen kleinen Essensständen, Süßigkeitenverkäufern und Zuschauern gesäumt. Da nach bolivianischer Manier der ganze Tanzumzug drei Stunden Verspätung hatte, sind wir leider erst um 21:30Uhr losgestartet, anstatt um 19:00Uhr wie geplant und mussten um unsere Zuschauer kämpfen aber das ja ist sowieso im Sinne des „Tinkus“. So wie Tinku hat jeder Tanz seine Geschichte und ist typisch für eine bestimmte Region oder Stadt von Bolivien. „Cueca“ zum Beispiel ist unteranderem DER Tanz in Tarija und bis Karneval muss ich diesen auch unbedingt gelernt haben .

„Kullawada“ (vor allem typisch für La Paz) „Suri Sikuri“ (auch typisch für La Paz) Erinnert unter anderem an die Jagd auf stammt von den früheren Spinnern und Webern ab. den „Suri“ besser bekannt als Nandu

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„Queca“ & Chacrarera in Einem „Taquirari“ (Nationaltanz, aber vor allem auch in (Departamentos Santa Cruz, Beni Tarija vertreten) ein kokettes Liebesspiel und Pando ) zwischen Mann und Frau

„Queca-Mädels“ in der für Tarija traditionellen Chapaco- Kleidung

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“Topas” Darstellung der Chaco-Indigener und ihre Konflikte zwischen Hoch- und Tiefland

“Tobas”

Diesen Tanz kann ich leider nicht mehr zuordnen… (aber vielleicht mit einem Nachtrag im nächsten Bericht)

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Tiempo libre- Freizeit Rosillas- „Valle de los Cóndores“ An einem Wochenende Anfang Septemper durften Mireia und ich einen Einblick in das Teilprojekt „Rosillas“ bekommen und haben mit 5 anderen Freiwilligen und „Nicht-“ Freiwilligen eine 3-tägige Bergtour mit 2 Guides (Oriel und Francico) aus Tarija bestitten,

um die königlichen Kondore in ihrem natürlichen Lebensraum zu sehen.

Mit einem eher mäßigen Start (Mireia bekam auf einem Auge eine Bindehautentzündung, ich musste mich die Nacht vorher in Rosillas übergeben- übrigens das erstemal seit ich hier in Bolivien bin!) sind wir nach einem kurzen Abstecher in die „Farmácia“ (Apotheke) mit einer Spritze in den Po (keine Ahnung was das war Mäx... ) aufgebrochen.

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Es sollte ein harter Aufstieg werden. Es begann zu nieseln, der Abstand zwischen den Felsen wurde immer größer und der Berg steiler... nur das zügige Tempo der Guides blieb beständig :) und das komische Gefühl im Magen auch. Doch alle packten tapfer die erste Etappe und auch die erste Nacht, trotz nasser Schlafsäcke, Eisklotzfüße und Übelkeit zu 5t im 3-Mannzelt (so konnten wir uns wenigsten wärmen). „Hundewetter“ Am nächsten Tag, ohne Regen, mit doppeltem Frühstück (8 Uhr „Pan“ (Semmel-Brot) 10 Uhr „Fideos“ (Nudeln)) etwas klammen Anziehsachen und mit dem Ziel vor Augen, die die Kondore zu sehen kletterten wir ca. zwei Stunden die restlichen Meter empor.

Dank ein bisschen Wind bot sich uns ein tolles Schauspiel zwischen Wolken, Himmel und den majästetischen Kondoren. Leider haben sie sich, auch während wir „Milanesa“ (Schnitzlsemml) gegessen haben nicht sehr nah herangewagt. Trotzdem waren ihre

lautlosen Flüge durch die Luft mit 2m Spannbreite imposant anzusehen!

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Dieses Schauspiel, der wunderschöne Sonnenaufgang am Tag danach, das gute Essen am nächtlichen Feuer und der abwechslungsreiche Abstieg am „Rio Caña“ entlang,

belohnten uns für die anfänglichen und Strapazen. Und von Francicso weiß ich jetzt, dass ich bei Übelkeit einfach ein paar Äste der Pflanze „Munya“ pflücke und als Tee aufgieße! Schon ist es besser!

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Sonnenaufgang in den Bergen Tarijas

& Durch die Cañas –fast wie im Dschungel

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La comida –Das Essen Escaveche de Pollo

Empanada, Salteña, Papa rellena, Ojarascas, Roscetas, Choripan, Hamburguesas und viiiiiiiiiiel mehr, haben wir schon unseren Gaumen probieren lassen! Jedoch gibt es noch viel mehr und die Vielfalt hört einfach nicht auf. Das Schöne daran ist, dass man das nicht eingepackt im Supermarkt kauft sondern, dass es an jeder Straßenecke eine „Mamita“ oder einen „Papito“ (Die Bolivianer haben für alles und jeden einen koketten Kosenamen) gibt, welche ihr Können in der Küche vor deinen Augen präsentieren. Sie füllen, drehen und frittieren die „Empanadas“ wie die Weltmeister oder backen zu Hause zum Beispiel schon fleißig fünfzehn Torten, welche sie dann an einem kleinen Stand auf der Straße verkaufen.

Wenn man richtig Mittag oder

Abendessen möchte dann gibt es auf den „Mercados“ (Märkte mit frischem Fleisch, Gemüse, Obst und

vielen andern Dingen) „Comedores“, die man sich vielleicht wie eine Art Kantinen vorstellen

kann. Dort brutzeln und köcheln die

„Doñas“ (höfliche Ansprache für Frauen) in Küchenzeilen und man kann sich an die

davorstehenden Tische und Bänke setzen und gemütlich, wie Daheim von (der bolivianischen) Mama gekocht, speisen.

Um euch auch die Möglichkeit zu geben einen Hauch von Bolivien zu schmecken möchte ich euch in jedem Erfahrungsbericht ein Geheimrezept anvertrauen!

Diesen Monat serviere ich festlich …

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„Escaveche de Pollo“ (Essighuhn) Hier rechts die Zubereitung für eine kleine Runde von 12 Personen. Das Gemüse was hier noch herauslugt wird dann natürlich mit weiteren Hühnerbeinen abgedeckt. Die Kunst dieses Gerichtes ist vor allem, die spezielle Technik des Gemüseschneidens (welche ich (todavía/ noch nicht) perfekt beherrsche...) Es wird nämlich grundsätzlich ohne Brett, sozusagen in der Luft geschnitten. (Dazu ein andermal mehr ) Die Zutaten sind ohne Mengenangaben, schneide einfach so viel von einem Gemüse hinein wie du möchtest.

Zutaten:

Cebollas (Zwiebeln)

Zanahorias (Gelberüben)

Brocoli

Morrones (Paprika)

Vinagre (roter Weinessig)

Pollo (Huhn)

Papas (Kartoffeln)

Arroz (Reis) Wie hier abgebildet, alles Gemüse in dünne Streifen schneiden und ab in den Topf! Nun einfach den Essig drüber geben und alles mit dem Huhn abdecken. Man braucht keine andere Flüssigkeit. Das alles ca. 1 ½ - 2 Stunden köcheln lassen. Währenddessen das Wasser für die Kartoffeln aufsetzten und den Reis, wenn man es nach Bolivianischer Art macht, zunächst mit Öl in der Pfanne anbraten bis er ein bisschen Farbe hat. Danach normal in Salzwasser serviert fertig kochen. Zum Anrichten Kartoffeln, Reis in den Teller geben, obendrauf das Gemüse und als Krönung das Pollo trapieren!! Tadaaaaaaaaa fertig! Aber „Aji“ darf nicht fehlen!! Für ein Schüsselchen für 5 Personen brauchst du:

4 Tomaten reiben

½ Zwiebel ganz klein hacken

1 Locoto (scharfe kleine Paprika) mit einem großen Stein und ein bisschen Handgeschick zermahlen/ zerquetschen wenn nicht vorhanden dann in den Mixer…

Alles zusammen mit Salz vermischen und fertig! Für alle Gericht sowohl Suppen als auch Gemüse und Fleisch!

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Rätsel

Hier noch ein paar kleine Rätsel zur Überprüfung ob ihr hier unten angekommen, (Respekt! Und vielen Dank für euer Interesse!) euch etwas merken konntet Rätsel Nummer 1: Was macht ihr wenn ihr das köstliche Pollo hier oben gegessen habt und für ein Verdauungsschläfchen vom Tisch aufs Sofa wechseln möchtet?

a.) Aufstehen und jede Person einmal kräftig anrülpsen b.) Garnichts, man muss warten bis alle mit dem Essen fertig sind c.) Jedem Danken sagen und die anderen antworten „Provecho“

Rätsel Nummer 2: Wie sieht die „Begegnung“ beim Tinkufest aus?

a.) Sie wollen ihre Kräfte messen und es kommt zu einem heftigen Schlagaustausch b.) Die zwei Kontrahenten geben sich ein „Besito“ (Küsschen) auf die Wange und trinken „Mate“ (bestimmter Tee aus Kräutern) c.) Sie machen ein Feuer und opfern ihren Wein der Pachamama

Rätsel Nummer 3: Welches Spiel ist in der Tanzgruppe der große Hit-tip?

a.) „Hänschen Piep einmal“ gespielt im Wald der „churquis“ *tschurkies+ (Das sind Bäume die an jeder freien Stelle krass lange und piecksige Nadeln haben)

b.) „Zeitungstanz“, bei welchem man am Schluss gerade mal noch mit einem „dedo“ (Zeh) wackeln kann c.) „Armer schwarzer Kater“ aber mit einem hungrigen „perro“ (Hund) von der Straße ausgetauscht

Die Lösung wird im nächsten Bericht veröffentlicht

Ich danke euch (und damit meine ich wirklich jeden einzelnen von euch!) von ganzen Herzen…

…für eure Unterstützung und euer Interesse aus Deutschland und ich hoffe, dass ich euch bis hier unten, auf eine ansprechende Art mein Leben und meine Arbeit hier in Tarija näherbringen konnte! Bei Fragen und Kritik schreibt mir einfach eine e-Mail: [email protected]! Ich freue mich über jede Anregung! bis bald und viele liebe Grüße an das heimatliche München!

Ich kämpfe mich weiter durch den Dschungel neuer Erfahrungen