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Beschlagnahmung von Saatkartoffeln auf dem Biohof Ellenberg, heftige öffentliche Diskussionen in allen Medien, vorübergehende Schonfrist durch das Bundessortenamt. All dies hat Europlant nicht dazu bewegt, das Patent „normal“ auslaufen zu lassen. Darauf hin beantragte der Linda-Freundeskreis und der Landwirt Klaus Ellenberg die Neuzulassung in mehreren EU- Ländern. In 2009 erfolgte in Schottland die Wiederzulassung zur Freude aller Linda-Fans. LINDA DIE KÖNIGIN EINE KARTOFFEL MACHT GESCHICHTE BUND FREUNDE DER ERDE Projektförderung aus Erträgen von BINGO! Die Umweltlotterie „Nutzpanzenvielfalt“; Tafel 7 - Linda die Königin - Fotos: Sibylle Maurer-Wohlatz (2), Biohof Ellenberg (4); Redaktion und Text: Sibylle Maurer- Wohlatz, BUND; Layout: Ingrid Ohlendorf Das Copyright an den Fotos unterliegt dem jeweiligen Fotografen. www.bund-hannover.de Öffentliche Straßenverkaufs-Aktionen des Vereins „Rettet die Linda“ wie sie vielerorts in Norddeutschland durchgeführt worden sind - offensichtlich mit Erfolg! Linda wird auf den Feldern des Bio-Betriebes der Familie Ellenberg geerntet Dieses skurrile Kartoffelmännchen war ein Zufallsprodukt beim Privatanbau für den eigenen Verzehr: Wirklich Zufall? oder Botschafter für „Rettet die LINDA“ und Symbol dafür, dass es kein privates Patent auf Leben dauerhaft geben darf! Linda Herkunftsland Estland. Zulassung 1974, Reifezeit mittelfrüh, Knolle oval, Schalenfarbe gelb, Fleischfarbe hellgelb, Augentiefe mittel, Knollenschale glatt, Vewen- dungszweck Speisekartoffel, Kochtyp vorwiegend fest- kochend. Linda hat einen aromatischen, feinen Geschmack. So ist sie als festkochende, gefüllte Knolle heiß geliebt. Sie hat unterdurchschnittliche Ertragsleistungen bei einem hohen Anteil kleiner Knollen. Allerdings weist sie dafür meistens geringe innere und äußere Mängel auf. Resistent gegen Kartoffelkrebs. Anfällig für Kartoffelschorf, Kartoffelvirus X, Kartoffelnematoden. So sieht es das europäische Saatgutgesetz vor: Damit eine Sorte zugelassen wird, muss vom Züchter die Zulassung beantragt und Qualitätsprüfungen durchlaufen werden, bis sie vom Bundessortenamt zugelassen wird. Der Züchter lässt dann die Sorte patentieren und genießt damit 30 Jahre Sortenschutz. Danach läuft ein Patent aus und darf lizenzfrei nachgebaut werden. Sorteninhaberin der Linda war die Firma Europlant GmbH, die für Linda-Saatkartoffeln und den Nachbau Lizenzgebühren von den Bauern erhält. Kurz vor Ablauffrist hat Europlant das Patent zurückgezogen und damit versucht, die beliebte Kartoffel aus dem Verkehr zu ziehen, denn eine neue, angeblich bessere Sorte der Firma soll Linda ersetzen. Dies löste einen Proteststurm von Verbrauchern und Landwirten aus, denn Linda ist überaus beliebt, schmeckt hervorragend und ist für den Bioanbau sehr gut geeignet. Der Anbau wurde zu „wissenschaftlichen“ Zwecken – eigentlich zur Saatgutvermehrung – 2009 in Deutschland genehmigt. Eine kommerzielle Zulassung ist bei der EU beantragt. Der Haken: Die Gentech-Kartoffel enthält als Marker ein Resistenz-Gen gegen das Antibiotikum Kanamycin. Nicht nur die Weltgesundheitsorganisation befürchtet, dass mit der Zulassung solcher Sorten die Verbreitung von Resistenz-Genen gegen wichtige Antibiotika für die Menschheit unabsehbare Folgen haben kann: In der Medizin werden sie zur Bekämpfung von Tuberkulose und anderen schweren Krankheiten eingesetzt. Die Alternative: Besonders stärkehaltige Industriekartoffeln können über züchterische Auslese aus dem natürlichen genetischen Schatz kon- ventionell gezüchtet werden. Dies alles war teuer und un- nötig, denn Linda hat fast 30 Jahre den Praxistest be- standen. Weniger im Ram- penlicht steht der äußerst problematische Anbau der gentechnisch veränderten, besonders stärkehaltigen Industriekartoffelsorte „Am- ora“ der Firma BASF. Lin d a in B lü t e

LINDA DIE KÖNIGIN - BUND: Startseiteregion-hannover.bund.net/.../Tafel_7_DIN_A_4_Linda_die_Koenigin.pdf · Linda-Fans. LINDA DIE KÖNIGIN EINE KARTOFFEL MACHT GESCHICHTE BUND FREUNDE

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Beschlagnahmung von Saatkartoffeln auf dem Biohof Ellenberg, heftige öffentliche Diskussionen in allen Medien, vorübergehende Schonfrist durch das Bundessortenamt. All dies hat Europlant nicht dazu bewegt, das Patent „normal“ auslaufen zu lassen. Darauf hin beantragte der Linda-Freundeskreis und der Landwirt Klaus Ellenberg die Neuzulassung in mehreren EU-Ländern. In 2009 erfolgte in Schottland die Wiederzulassung zur Freude aller Linda-Fans.

LINDA DIE KÖNIGINEINE KARTOFFEL MACHT GESCHICHTE

BUNDFREUNDE DER ERDE

Projektförderung aus Erträgen von

BINGO!Die Umweltlotterie

„Nutzpfl anzenvielfalt“; Tafel 7 - Linda die Königin -Fotos: Sibylle Maurer-Wohlatz (2), Biohof Ellenberg (4); Redaktion und Text: Sibylle Maurer- Wohlatz, BUND;Layout: Ingrid Ohlendorf Das Copyright an den Fotos unterliegt dem jeweiligen Fotografen.www.bund-hannover.de

Öffentliche Straßenverkaufs-Aktionen des Vereins „Rettet die Linda“ wie sie vielerorts in Norddeutschland durchgeführtworden sind - offensichtlich mit Erfolg!

Linda wird auf den Feldern des Bio-Betriebes der Familie Ellenberg geerntet

Dieses skurrile Kartoffelmännchen war ein Zufallsprodukt beim Privatanbau für den eigenen Verzehr: Wirklich Zufall? oder Botschafter für „Rettet die LINDA“ und Symbol dafür, dass es kein privates Patent auf Leben dauerhaft geben darf!

Linda Herkunftsland Estland. Zulassung 1974, Reifezeit mittelfrüh, Knolle oval, Schalenfarbe gelb, Fleischfarbe hellgelb, Augentiefe mittel, Knollenschale glatt, Vewen-dungszweck Speisekartoffel, Kochtyp vorwiegend fest-kochend.Linda hat einen aromatischen, feinen Geschmack. So ist sie als festkochende, gefüllte Knolle heiß geliebt. Sie hat unterdurchschnittliche Ertragsleistungen bei einem hohen Anteil kleiner Knollen. Allerdings weist sie dafür meistens geringe innere und äußere Mängel auf.Resistent gegen Kartoffelkrebs.Anfällig für Kartoffelschorf, Kartoffelvirus X, Kartoffelnematoden.

So sieht es das europäische Saatgutgesetz vor: Damit eine Sorte zugelassen wird, muss vom Züchter die Zulassung beantragt und Qualitätsprüfungen durchlaufen werden, bis sie vom Bundessortenamt zugelassen wird. Der Züchter lässt dann die Sorte patentieren und genießt damit 30 Jahre Sortenschutz. Danach läuft ein Patent aus und darf lizenzfrei nachgebaut werden. Sorteninhaberin der Linda war die Firma Europlant GmbH, die für Linda-Saatkartoffeln und den Nachbau Lizenzgebühren von den Bauern erhält. Kurz vor Ablauffrist hat Europlant das Patent zurückgezogen und damit versucht, die beliebte Kartoffel aus dem Verkehr zu ziehen, denn eine neue, angeblich bessere Sorte der Firma soll Linda ersetzen. Dies löste einen Proteststurm von Verbrauchern und Landwirten aus, denn Linda ist überaus beliebt, schmeckt hervorragend und ist für den Bioanbau sehr gut geeignet.

Der Anbau wurde zu „wissenschaftlichen“ Zwecken – eigentlich zur Saatgutvermehrung – 2009 in Deutschland genehmigt.Eine kommerzielle Zulassung ist bei der EU beantragt. Der Haken: Die Gentech-Kartoffel enthält als Marker ein Resistenz-Gen gegen das Antibiotikum Kanamycin. Nicht nur die Weltgesundheitsorganisation befürchtet, dass mit der Zulassung solcher Sorten die Verbreitung von Resistenz-Genen gegen wichtige Antibiotika für die Menschheit unabsehbare Folgen haben kann: In der Medizin werden sie zur Bekämpfung von Tuberkulose und anderen schweren Krankheiten eingesetzt. Die Alternative: Besonders stärkehaltige Industriekartoffeln können über züchterische Auslese aus dem natürlichen genetischen Schatz kon-ventionell gezüchtet werden.

Dies alles war teuer und un-nötig, denn Linda hat fast 30 Jahre den Praxistest be-standen. Weniger im Ram-penlicht steht der äußerst problematische Anbau der gentechnisch veränderten, besonders stärkehaltigen Industriekartoffelsorte „Am-fl ora“ der Firma BASF.

Linda in Blüte