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LISREL-Beispiel zum Kapitel 15: Latent-State-Trait-Theorie * Augustin Kelava und Karin Schermelleh-Engel 22. Februar 2010 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung zum inhaltlichen Beispiel: Testängstlichkeit 1 2 Datensatz 1 3 LISREL-Anwendung 2 1 Einleitung zum inhaltlichen Beispiel: Testängstlichkeit In diesem Anhang zu Kapitel 15 „Latent-State-Trait-Theorie“ wollen wir die Berechnun- gen eines Latent-State-Trait-Modells, insbesondere eines Singletrait-Multistate-Modell (vgl. Abschnitt 15.5 im Lehrbuch), anhand der LISREL Software veranschaulichen. Da- bei werden wir auf ein paar grundlegende Funktionen des Programms eingehen, was jedoch eine grundlegende Einführung in Softwarepakte zur Modellierung von Struktur- gleichungsmodellen nicht ersetzen kann. 2 Datensatz Für die Berechnungen greifen wir auf das empirische Beispiel 15.5.1 zur Testängstlich- keit im Lehrbuch zurück. Der Datensatz (Selbsteinschätzungen von 395 Probanden) be- schreibt die empfundene Aufgeregtheit zu zwei Messgelegenheiten (State 1 und State 2) anhand zweier Testhälften. Für die weiteren Analysen benötigen wir eine Kovarianzmatrix der Messvariablen, die sich aus dem Datensatz ableiten lässt. * In diesem Kapitel verwenden wir Screenshots der c LISREL Software (www.ssicentral.com). Wir dan- ken Scientific Software International, Inc. für die freundliche Genehmigung zur Verwendung der Screenshots. 1

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LISREL-Beispiel zum Kapitel 15:Latent-State-Trait-Theorie∗

Augustin Kelava und Karin Schermelleh-Engel

22. Februar 2010

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung zum inhaltlichen Beispiel: Testängstlichkeit 1

2 Datensatz 1

3 LISREL-Anwendung 2

1 Einleitung zum inhaltlichen Beispiel: Testängstlichkeit

In diesem Anhang zu Kapitel 15 „Latent-State-Trait-Theorie“ wollen wir die Berechnun-gen eines Latent-State-Trait-Modells, insbesondere eines Singletrait-Multistate-Modell(vgl. Abschnitt 15.5 im Lehrbuch), anhand der LISREL Software veranschaulichen. Da-bei werden wir auf ein paar grundlegende Funktionen des Programms eingehen, wasjedoch eine grundlegende Einführung in Softwarepakte zur Modellierung von Struktur-gleichungsmodellen nicht ersetzen kann.

2 Datensatz

Für die Berechnungen greifen wir auf das empirische Beispiel 15.5.1 zur Testängstlich-keit im Lehrbuch zurück. Der Datensatz (Selbsteinschätzungen von 395 Probanden) be-schreibt die empfundene Aufgeregtheit zu zwei Messgelegenheiten (State 1 und State 2)anhand zweier Testhälften.Für die weiteren Analysen benötigen wir eine Kovarianzmatrix der Messvariablen, die

sich aus dem Datensatz ableiten lässt.

∗In diesem Kapitel verwenden wir Screenshots der c©LISREL Software (www.ssicentral.com). Wir dan-ken Scientific Software International, Inc. für die freundliche Genehmigung zur Verwendung derScreenshots.

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3 LISREL-ANWENDUNG

8.4077.025 8.1316.815 6.467 8.8176.186 6.688 7.523 8.626

Die ersten beiden Zeilen und Spalten beziehen sich dabei auf die erste Messgelegenheit(je zwei Testhälften). Die letzten zwei Zeilen und Spalten beziehen sich auf die zweiteMessgelegenheit.Neben der Kovarianzmatrix des Datensatzes ist vor allem eine Syntax zur Steuerung

der Analysen notwendig. Diese findet sich unter dem Namen

AU_2states.ls8

wieder.Abbildung 1 veranschaulicht ein allgemeines Singletrait-Multistate-Modell, welches zur

Anwendung kommen soll.

Abbildung 1: Singletrait-Multistate-Modell

3 LISREL-Anwendung

Nachdem das LISREL-Programm geöffnet wurde, muss eine Syntax angelegt oder geöff-net werden. In Abbildung 2 ist das geöffnete LISREL-Anwendungsfenster wiedergegeben.

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3 LISREL-ANWENDUNG

Abbildung 2: LISREL-Anwendungsfenster

Dem Menü File und Open... folgend sucht man die passende Syntax-Datei (mit derEndung .ls8) aus. In unserem Fall handelt es sich um AU_2states.ls8. Abbildung 3veranschaulicht diesen Schritt.Abbildung 4 zeigt die geöffnete Syntax im LISREL-Anwendungsfenster.

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3 LISREL-ANWENDUNG

Abbildung 3: Auswahl der LISREL-Syntax-Datei

Den grundlegenden Aufbau der Syntax wollen wir nachfolgend betrachten (ohne ihnan dieser Stelle im Detail erklären zu können):

!LST-Model for AU: 2 Indicators

DA NI = 4 NO = 395 MA = CM

CM SY8.4077.025 8.1316.815 6.467 8.8176.186 6.688 7.523 8.626

LAAU_11 AU_21 AU_12 AU_22!AU_11, AU_21: Test halves 1 and 2, 1. measurement occasion!AU_12, AU_22: Test halves 1 and 2, 2. measurement occasion

MO NY=4 NE=2 NK=1 LY=FU,FI GA=FU,FI PS=FU,FI TE=SY,FI PH=FU,FR

LKTrait_AU

LEState_1 State_2

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3 LISREL-ANWENDUNG

Abbildung 4: Geöffnete Syntax-Datei in LISREL

!LY-Loadings on StatesVA 1 LY(1,1) LY(2,1) LY(3,2) LY(4,2)

!GA-Loadings Trait on States EMVA 1 GA(1,1) GA(2,1)

!PS-State ResiduuenFR PS(1,1) PS(2,2)

!Theta EpsilonFR TE(1,1) TE(2,2)FR TE(3,3) TE(4,4)FR TE(3,1) TE(4,2)

EQ TE(1,1) TE(2,2)EQ TE(3,3) TE(4,4)

PDOU ME=ML ND=3 SC RS AD=OFF IT=500 MI

Die erste Zeile der Syntax beginnt immer mit dem Titel. Dieser wird in der Regel(obwohl es in der ersten Zeile nicht notwendig ist) mit einem ! Ausrufezeichen auskom-mentiert.

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3 LISREL-ANWENDUNG

Danach erfolgt ein Abschnitt, der die Daten beschreibt. Dieser wird mit dem BefehlDA eingeleitet. NI gibt die Anzahl der im Datensatz enthaltenen Variablen wieder; NO istdie Zahl der Fälle (Objects). MA ist die zu analysierende Matrix. In unserem Beispiel sollals Berechnungsgrundlage die Kovarianzmatrix der Indikatoren (CM) dienen. Mit dem RABefehl wird dem Programm der Name der Rohdaten-Datei mitgeteilt. Sie sollte sich imselben Verzeichnis wie die Syntax-Datei befinden. Mit dem LA Befehl werden Namen fürdie Indikatoren vergeben.Der MO Befehl leitet den Abschnitt ein, der die Modellbeschreibung (Spezifizierung)

enthält. Zunächst wird die Anzahl (NY) der Y -Indikatoren festgelegt. In unserem Beispielbeschränkte sich diese auf vier. Danach wird die Anzahl der latenten endogenen (NE) undexogenen (NK) Variablen festgelegt. Da wir zwei State-Variablen und eine Trait-Variablespezifizieren wollen, werden die Ausdrücke NE=2 und NK=1 in die Modellbeschreibungaufgenommen. Danach erfolgt eine grobe Beschreibung der Ladungsmatrizen, die einigeZeilen weiter unten noch genauer vorgenommen werden wird. So werden in der MO Zeiledie Ladungsmatrix der Indikatoren (LY), die Koeffizientenmatrix der Traiteinflüsse aufdie State-Variablen (GA), die Varianzen der State-Residuen (PS) und die Messfehlerva-rianzen der Indikatoren (TE) zunächst auf Werte von Null fixiert (FI). Die Traitvarianzwird frei geschätzt (FR). Nachdem die latenten Trait- und State-Variablen mit Namenversehen worden sind (LK und LE Befehle) werden in den nachfolgenden Zeilen mit demVA 1 Befehl einzelne Ladungen auf den Wert von 1 fixiert (z.B. zur Skalierung). Ebensowird die Varianz der zuvor fixierten State-Residuen frei gesetzt (FR PS(1,1) PS (2,2)).Darüber hinaus werden mit dem FR Befehl die Varianzen (z.B. TE(1,1)) und Kovarian-zen (z.B. TE(3,1)) der Messfehler der Indikatoren frei geschätzt. Einzelne Messfehlerva-rianzen lassen sich über den EQ Befehl gleichsetzen. Damit ist die Modellbeschreibungabgeschlossen.Mit dem PD Befehl fordert man von dem Programm ein Pfaddiagramm an, wenn

die Berechnungen erfolgreich sein sollten. Die letzte Zeile mit dem OU Befehl weist dasProgramm an, einen Output zu erstellen. Genauer festgelegt und angefordert werdendie Schätzmethode, nach der die Parameter geschätzt werden sollen (hier Maximum-Likelihood: ME=ML), die Anzahl der Dezimalstellen in der Ausgabe (z.B. ND=3), standar-disierte Lösungen (SC), Residuen (RS), die Prüfung auf Konvergenz (AD=OFF), die Anzahlder Iterationen (IT=500) sowie sog. Modifikationsindices (MI).Nachdem die Syntax geöffnet oder in der Form erstellt worden ist, startet man die Be-

rechnungen, indem man den Run Button des LISREL-Programms betätigt (s. Abbildung5).Nach dem Betätigen des Run Buttons gibt das Programm bei erfolgreicher Konvergenz

ein Pfaddiagramm aus. Abbildung 6 zeigt das Pfaddiagramm für unser Beispiel.Neben dem Pfaddiagramm, das die Endung *.PTH aufweist, gibt das Programm auch

eine Output-Datei mit der Endung *.OUT aus. In ihr sind die detaillierten Ergebnisseder Berechnungen im ASCII-Format enthalten. Um diese verstehen zu können, ist esnotwendig, eine gesonderte Einführung in die Strukturgleichungsmodellierung erfahrenzu haben. Daher ist eine Diskussion der Ergebnisse in diesem Anhang nicht sinnvoll.Dem ausgegebenen Pfaddiagramm entnimmt man in visualisierter Form die wichtigs-

ten die Schätzungen. Eine erste Modellgütebeurteilung ist anhand des χ2-Tests und des

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3 LISREL-ANWENDUNG

Abbildung 5: Starten der LISREL-Berechnungen

Abbildung 6: Pfaddiagramm eines LISREL-Outputs

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3 LISREL-ANWENDUNG

RMSEA ebenfalls möglich. Die Modellanpassung unseres Beispieldatensatzes ist sehr gut.Der χ2-Wert von 3.23 (p = 0.52) bei vier Freiheitsgraden ist nicht signifikant, und derRMSEA weist einen optimalen Wert von 0.00 auf, der deutlich kleiner ist als 0.05, dieGrenze zu einem nur befriedigenden Modellfit.Im LISREL-Modell wurden parallele Messungen spezifiziert, indem die Faktorladungen

pro Messzeitpunkt (State) und die Fehlervarianzen der Indikatoren gleichgesetzt wurden.Die standardisierte Lösung zeigt hohe Faktorladungen (0.92 bzw. 0.93) und niedrigeFehlervarianzen (0.15 bzw. 0.14), woraus ersichtlich ist, dass die Reliabilität der beidenIndikatoren zu den beiden Messzeitpunkten recht hoch ist. Für den ersten Messzeitpunkt(State 1) beträgt die Reliabilität der beiden Indikatoren 0.85 (1 - 0.15), für den zweitenMesszeitpunkt (State 2) 0.86 (1 - 0.14). Die Fehlerkorrelationen zwischen identischenSkalen gemessen zu zwei Messzeitpunkten sind zwar klein (0.05), aber signifikant. Siezeigen somit an, dass die Indikatoren gemessen zu zwei Messzeitpunkten gemeinsameVarianz aufweisen, die durch die latenten State-Variablen nicht erklärt werden kann unddie spezifisch für den jeweiligen Indikator ist.Die hohen standardisierten Faktorladungen der States auf den Trait (0.95 bzw. 0.92)

sowie die geringen unerklärten Varianzen der States (0.10 bzw. 0.16) zeigen an, dass dieSituationen, in denen die Messungen vorgenommen wurden, nur einen geringen Einflussauf die Messungen haben: Die Indikatoren messen somit im wesentlichen einen Trait, inunserem Fall den Trait „Aufgeregtheit“, und nur zu einem geringen Anteil situationsspe-zifische Einflüsse.

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