49
1

Locus Mundi - groovymamagroovy.de filevielzitierte Satz steht zum Beispiel auf der Rückseite meiner Ausgabe von Dorothee Sölles «Mystik und Widerstand»ii und hat mich seitdem ich

  • Upload
    others

  • View
    3

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

1

2

Locus Mundi

Aufbruch in postreligiöse Spiritualität

Ein Gesprächsbeitrag

von Benjamin Soldan

3

Umschlaggestaltung: Benjamin SoldanGesamtherstellung: Benjamin Soldan, Weigersdorf

Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet dieses Büchlein nicht.

Printed in Germany© 2018 Benjamin Soldan

BSIN 000 000 003www.groovymamagroovy.de

4

Für Abraham und Joachim

5

6

Inhalt    07

Vorwort    09

Vision    13

Theorie    17

Praxis    21

Nachwort    29

Danksagung    31

AnhangTrinitäts­Analogien    34Stichwortverzeichnis    46Quellenverzeichnis    48

7

8

Vorwort

  Dies   ist   mein   drittes   kleines   Büchlein,nach «Der letzte Katholik» und «Der Jesus­Pachtvertrag»   möchte   ich   hier   aus   dentheoretischen   Überlegungen   und   Fragenpraktische   Konsequenzen   ableiten.   Ichhab  dabei  natürlich  weiterhin   eine   engechristliche   Perspektive,   was   ich   bedaureaber nur so  langsam ändern kann, dasses beinahe nicht auffällt.  Auch wenn ichheute  vielleicht  kein  Christ   im Wortsinnbin,   so   hab   ich   doch   die   Vokabeln   derchristlichen Spiritualität gelernt und kannmich   fast   nur   mit   ihnen   verständigen.Was ich hier schreibe könnte vermutlichauch   aus   anderen   Religionen   undWeltanschauungen   abgeleitet   werden,aber das müssten Andere tun. Speziell dieSicht der Baha'i würde mich interessieren,nur mal nebenbei bemerkt.  Die  meisten Religionen pflegen sich alsden einzigen Weg zu Gott zu verstehen. ImChristentum funktioniert das ungefähr so:Gott  hat  die  Menschen mit  einem  freien

9

Willen   geschaffen,   sie   haben   sichabgewendet   (Sünde)   und   Gott   musstediese   menschengemachte   Barrierewegräumen (Jesu Tod und Auferstehung).Jetzt   können   alle   Menschen,   die   dasakzeptieren,   wieder   mit   Gott   versöhntwerden (Himmel). Das Judentum ist ähnlich abgeschlossen:das mosaische Gesetz, die Propheten, dieMessiaserwartung.   Dazwischen:   langesWarten. Judentum und Christentum sindim Prinzip «fertig», sie warten nur auf ihreErfüllung: die (christlich: zweite) Ankunftdes   Messias   und   der   Beginn   derGottesherrschaft   auf   der   ganzen   Erde.Aber:   aus   diesen   Religionen   haben   sichStrömungen   entwickelt,   die   dieseKonzepte   in   Frage   stellen   und   dabeiähnliche  Sichtweisen  entwickeln,  wie   siein   nicht­monotheistischen   Religionengepflegt   werden,   unter   anderem   dieMystik.   Der   katholische   Theologe   KarlRahner   hat   1965   vermutet,   dass   dieReligion   des   dritten   Jahrtausendsmystisch sein wird oder  abstirbt.i  Dieser

10

vielzitierte Satz steht zum Beispiel auf derRückseite  meiner  Ausgabe   von  DorotheeSölles «Mystik und Widerstand»ii  und hatmich  seitdem  ich   ihn  gelesen  hab  nichtmehr losgelassen. Im Kern fordert er, dassmoderne   Theologie   sich   zu   Mystagogikwandeln   muss.   Nunja,   da   tut   sich   jaschon einiges. Nun bin ich natürlich keinLehrer der Mystik, aber ich bin ein Freundder  Bewegung  und   begegne  der   Erosionder   etablierten   Religionen   mit   großemVerständnis.  Wenn   Du   mehr   über   Mystik   und   ihreAbgrenzung zum Beispiel zu Mystizismus,Magie und Okkultismus wissen möchtest,und   wie   Du   diese   Phänomene   denEntwicklungsstufen   von   Spiritualitätzuordnen kannst, empfehle ich «Gott 9.0»von   Marion   Küstenmacher,   TilmannHaberer und Werner Tiki Küstenmacher.iii

  Ich   möchte   mit   den   hier   geäußertenGedanken   Impulse   für   eine   zukünftiglebbare   postreligiöse   Spiritualität   geben.Durch   Jens   Stangenbergs   sehrhörenswerten Podcast über die  «Radikale

11

Reformation»   bin   ich   auf   Joachim   vonFiore,   ein   Abt   aus   dem   zwölftenJahrhundert,  aufmerksam geworden. Aufder Grundlage des Trinitätsverständnissesvon   Joachim,   der   den   drei   PersonenGottes  drei  Zeitalter   zuordnet,  bilde   ich,teilweise   recht   willkürlich,     weitereTrinitäts­Analogien,   die   vielleichterhellend zu wirken vermögen. Ich wünsche angenehme Lektüre. 

Benjamin Soldan, Weigersdorf, 2018

12

Vision

  Ein   frommer   Jude   ist   gestorben   undbekommt   im   Himmel   eine   Führung   vonPetrus.   Vor   einer   hohen   Mauer   bleibtPetrus stehen und bedeutet  dem Juden,leise   zu   sein.   «Warum?»   fragt   der.   SagtPetrus:   «Hinter   der   Mauer   sind   dieChristen und die glauben, sie seien alleinehier!»  Als  Kind  fand  ich die Vorstellung,  dassich nach dem Tod zu Gott in den Himmelkomme   und   Gott   mir   alles   erklärt,   wasjetzt noch unklar und rätselhaft ist, totalspannend.  Dieser  Witz  konterkariert  dassehr schön: den Christen kann man nichteinmal   im   Himmel   die   volle   Wahrheitzumuten, sie begreifen einfach nicht. Hihi.Jefällt ma. Spielt mit der Idee, dass GottesGegenwart   ein   Werden   in   Gang   setzt,keinen perfekten Zustand herstellt.  Ich hoffe  ja,  genau wie Jesus,  dass dieMenschheit   durchaus   zu   Verständnisfähig ist.  Das ist eine weitere Sache, dieich als Kind schon interessant  fand: wie

13

frech   ist   Jesus,   dass   er   von   seinenJüngern dasselbe  erwartet  wie  von  sich!Wie hoffnungsvoll geht er davon aus, dassdie Welt nach ihm, vielleicht sogar durchihn, eine bessere wird! Manchmal überleg ich mir, was ich gernesehen würde, wie Sabrina Setlur in ihremSong «Das will   ich sehen.»iv  Sie zitiert daaus  dem alten Testament  der  Bibel  undich  bin   versucht   zu   vermuten,   dass   diegroßartigen   Prophezeihungen   nichtausschließlich   für   ein   Leben   nach   demTod oder  eine  Art  Himmel  gedacht  sind,sondern für uns jetzt hier. Einer meiner Gedanken ist, dass ich will,dass es in meiner Stadt keine Prostitution,keine Kriminalität und kein Militär mehrgeben   soll.   Ist   doch   eigentlich   einnachvollziehbarer  Wunsch.  Aber  was   fürein   dickes   Brett,   wenn   man   bedenkt,welche   Umstände   dafür   sorgen,   dassProstitution,   Kriminalität   undMilitarismus möglich werden. Es geht umTrieb, Gefühl, Geld, Macht; alles Möglichespielt da mit rein. Viel zu hart.

14

  Normalerweise   bin   ich,   wenn   ich   ansowas  denke,  wütend und resigniert.  Soals   könnte   ich   nichts   ändern,   und   dieOhnmacht   fördert   eine   immenseFrustration   zutage.   Eine   Methode,   umwenigstens ein bisschen  inneren Friedenund   Handlungsfähigkeit   zurück   zugewinnen,   ist  das  «So­Tun­Als­Obv».  Sichso   zu   verhalten,   als   ließe   die   Welt   sichverbessern,  als  würden zum Beispiel  dieZwänge nicht existieren, die Frauen in derProstitution   halten,   so   als   könnte   ichetwas   tun   gegen   die   Aufrüstung   vonKriminellen, Polizei und Armee. Dabei darfman   nur   nicht   die   Augen   davorverschließen, dass die Welt nicht wirklichso  ist.  Aber  wenn  ich so  lebe,  als   liebteich,   übe   ich   das   Lieben  und  die  Visionwird vorstellbar.

15

16

Theorie

  Oft hab ich gehört, dass Religionen dasBöse im Menschen zu erklären vermögen.In   Judentum   und   Christentum   zumBeispiel funktioniert das ungefähr so: Gottmöchte   etwas   Gutes,   die   Menschenentscheiden sich für etwas anderes – dasist per Definition das Schlechte, das Böse.Das  Gute   zu   tun   ist   also   ganz   einfach:nicht   das   tun,   was   man   selbst   will,sondern   das   tun,   was   Gott   will.   DerIdealfall   sieht  dann so  aus,  dass  GottesWille und mein Wille identisch werden, inmanchen christlichen Kreisen spricht mandann davon «Jesus ähnlicher zu werden.»Das funktioniert aber nur zum Teil, selbstdie  heiligsten  Menschen  bleiben  Menschund damit zum Bösen fähigvi. Wie kommt es nun, dass Menschen zumGuten fähig sind? Ein Freund nennt dasdie   «Erb­Sehnsucht»:   neben   der   Erb­Sünde   gibt   es   eine   aus   dem   Paradiesvererbte   Sehnsucht   zurück   zu   Gott.Zurück   zum   Guten.   Eine   scheinbar

17

unrealistische Hoffnung auf paradiesischeZustände.   Klassischerweise   wird   dieseHoffnung   in   einem   theistischen   Kontextins Jenseits verlagert, weil wir es einfachnicht  sehen.  Da gibt  es  unterschiedlicheVorstellungen,  aber  ihnen gemein  ist  dietraurige   Aussage:   «Zu   Deinen   Lebzeitenwirst   Du   nicht   in   paradiesischenZuständen leben.»  Der   Pessimismus   des   traditionellenChristentums wird von Dorothee Sölle inihrem   Buch   «Gott   denkenvii»   schönanalysiert   und   mit   Erwartungen   Jesukonfrontiert, die mindestens optimistisch,wenn   nicht   sogar   utopisch   sind.Berühmtestes Beispiel dafür ist natürlichdie Bergpredigt, die ohne der Möglichkeitihrer Erfüllung für Jesus nicht zu haltengewesen   wäre.   Daraus   ergibt   sich   fürmich,   dass   die   Welt   und   die   Menschenzwar schlecht sind, es aber keinen Grundgibt, das hinzunehmen.  Natürlich   kann   man   Idealismus   undHoffnung auch ohne Religionen erklären:die erste Erfahrung eines Menschen ist die

18

unbedingte Annahme, das Ungetrenntseindes   Babys   mit   der   Mutter.   SelbstRetortenbabys müssen sich ihre Existenznicht   verdienen,   sie   bekommen   allesgeschenkt   –   anders  würde  niemand  vonuns   existieren.   Diese   Urerfahrung   istdemnach   der   Grund   dafür,   dass   wirwissen,   dass   die   Welt   nicht   wirklich«Fressen und Gefressen­Werden»   ist.  Aufder Suche nach der Wahrheit  hinter derGrausamkeit wächst Idealismus.

19

20

Praxis

  «GoD is in control and He never makesmistakes.»viii (Gott hat die Kontrolle und Ermacht  niemals  Fehler.)  Dieser  Satz,   ausden   Freakstock­Mottos   der   Jahre   2000und   2001   zusammengesetzt,   fasstvielleicht   mein   Gottesbild   um   dieJahrtausendwende   gut   zusammen.   Ichwar   damals   in   einer   Gemeinde­Gründungs­Initiative   der   Jesusfreaks   inGörlitz   aktiv   und   hatte   nach   meineraltlutherischen   Kindheit   und   Jugendgerade den Heiligen Geist und sein Wirkenkennengelernt.   Ich   war   froh,   dass   dieJesusfreaks   so   strenge   Theisten   sind,denn so  fand  ich einen Anschluss.  DassGott die Welt in seiner Hand hält hab ichbereits  als  Kinderlied gesungen.  Und beiden Jesusfreaks konnte ich dieses Bild alsErwachsener   weiterglauben,   gemeinsammit vielen Leuten, die mir ähnlich waren.Das   hat   mir   enorm   geholfen,   mich   aufandere   Aspekte   einzulassen,   mich   zumBeispiel   mit   der   gesellschaftlichen

21

Bedeutung meines Glaubens auseinanderzu   setzen.   Eine   wichtige   Frage   für   unswar,   wie   die   innere   Transformation   derChristen,   die   bekanntlich   versuchen,gottgefällig   zu   leben   («Jesus   ähnlicherwerden»   nannten   wir   das),   sich   nachaußen   gesellschaftlich   und   politischmanifestiert.   Es   gibt   auch   bei   denJesusfreaks Gruppen, die sich in kreativerWeise politisch engagieren, weil es sich fürsie  natürlich   aus   ihrem  Glauben   ergibt.Dabei   geht   es   allerdings   nicht   um   ein«Verteidigen   traditioneller   Werte»,   diemanchmal   ein   christliches   Mäntelchenbekommen   und   als   göttliche   Wahrheitabsolut   gesetzt   werden,   sondern   umradikale visionäre Positionen, wie sie zumBeispiel in der Bergpredigt zu finden sind.Dieser Text ist ja seit Jahrtausenden eineInspiration   und   er   wird   gerne   von   denverschiedensten   Seiten   zu   greifenversucht. Hier treffen sich auch Theistenund  Atheisten,   dieser   Text   ist   einer   dervielen   Heimatorte   von   Mystikern   undSuchenden aus der ganzen Welt.

22

  Eine   interessante   Annäherung   hab   ichbei   Franz   Alt   gefunden,   der   in   seinemBüchlein «Frieden ist möglich»ix  1983 dieBergpredigt zum Schlüsseltext christlicherPolitik erhebt. Er schreibt davon, dass er,aus   politisch   konservativen   Kreisenkommend, früher der Meinung war, es seiunmöglich, mit der Bergpredigt Politik zubetreiben.   Angesichts   der   nuklearenAufrüstung im Kalten Krieg formuliert erdas aber drastisch um und kommt zu derForderung: man muss mit der BergpredigtPolitik   betreiben.   Es   wird   nichtausreichen,   auf   das   Einlenken   derpolitischen Gegner zu warten, wir müssenselbst den ersten Schritt zur Deeskalationunternehmen.  Die   zu  wählende  Methodeist eine, die das Ziel einschließt, also zähltGewaltfreiheit zu den Grundregeln.  Eine   andere   Perspektive   hat   JensStangenberg in seinem Podcast über denlinken   Flügel   der   Reformation   erläutert:viele   Gruppierungen   haben   aus   derBergpredigt   eine   deutliche   Kritik   anstaatlicher Macht herausgelesen und sich

23

hierarchiekritisch organisiert. Er stellt dieGedanken   von   Petr   Chelčickýx  vor,   einZeitgenosse von Jan Hus, der Machtbesitzund   Machtausübung   der   Kirche   infundamentaler Weise kritisierte und dabeianarchistische   Gedanken,   die   einigeJahrhunderte   später   aufkamen,vorwegnahm. Christliche Gruppen wie die«Religiöse   Gesellschaft   der   Freunde»,besser bekannt als Quäker, haben ähnlichablehnende   Ansichten   über   Hierarchienentwickelt   und   leben   Anarchismus   ineiner   einfachen   und   friedlichen   Weise.Diese Tendenzen kenne ich auch von denJesusfreaks, seit einigen Jahren wird beivielen   Entscheidungen,   insbesondere   imLeitungskreis,   ein   Konsensverfahrenverwendet. In dem bereits erwähnten Buch «Gott 9.0»werden   die   Entwicklungsstufen   derGottesbilder unterschieden in Ich­betonteund   Wir­betonte   Stufen,   wobei   diesebeiden   sich   von   Stufe   zu   Stufeabwechseln.   Wenn   ich   darübernachdenke,   wie   ich   meine   Spiritualität

24

leben will, frage ich mich immer wie dasVerhältnis   von  mir   zu   einer  Gruppe   ist.Viele  meiner  Freunde   sind   zurzeit   alleinim   Aufbruch   aus   ihrer   religiösenHerkunft,   sie   verlassen   ein   vertrautes«Wir» und formulieren ein neues «Ich». Dasist eine wunderbare Entwicklung, die ichselbst   erlebe   und   genieße.   Aberirgendwann kommt wieder ein Impuls zueinem  «Wir»  und  ich  suche  zurzeit  nachIdeen, wie ich postreligiöse Spiritualität ineiner Gruppe leben kann. Manchem magJesu   Ausspruch,   dass   er   «mitten   unterihnen   ist,  wo   zwei   oder  drei   in  meinemNamen   versammelt   sind»xi  zu   christlichsein, aber ich glaube dass darin trotzdemeine Wahrheit verborgen liegt.  Ein wunderbares Bild   für eine Zukunftder Gestalt von Kirche, das ich für michumformuliere zur Zukunft der Gestalt vonMystik, ist das Bild vom «SchwärmendenChristus»,xii  das   Jens   Stangenberg   alsAbschluss   seines   Podcasts   entwirft,   fürmich  eine  der   schönsten   Ideen.  Es  gehtnicht   um   Schwarmintelligenz   oder

25

kollektive   Dummheit,   sondern   um   dieFunktionsweisen   eines   Schwarms:Anziehung, Abgrenzung, Ausrichtung. EinSchwarm bildet sich, wenn die Mitgliedereinen   Grund   haben,   gemeinsam   zuagieren, wenn eine Anziehung vorhandenist. Sie grenzen sich dennoch voneinanderab   und   sind   Individuen.   Sie   sindgleichwertig   und   auf   unterschiedlichenWegen zu gemeinsamen Zielen unterwegs.Ich glaube übrigens, dass das Schwarm­Bild   eine   adäquate   Beschreibung   fürbereits   bestehende   Zustände   ist.   Damitmeine   ich,   dass   Gruppen   schon   immerund  grundsätzlich   so  beschreibbar   sind.Wir   müssen   also   nicht   künstlichirgendeine   neue   Form   finden,   sonderneinfach   die   natürlichen   Prozesse   weiterverstehen und darauf eingehen lernen.  Für   mich   verkörpern   die   sogenanntenGlaubenszeugnisse   der   Quäker   alle   dreider   grundlegenden   Schwarmfunktionen:Frieden,   Einfachheit,   Gemeinschaft,Wahrhaftigkeit,   Gleichwürdigkeit,ökologische   Gerechtigkeit.xiii  Diese

26

Eigenschaften   sind   keine   ausschließlichchristlichen Tugenden und so verwundertes   nicht,   wenn   es   Mitgleider   derGesellschaft   der   Freunde   gibt,   die   sichnicht   als   Christen   bezeichnen.   Hierbegegnen   mir   Anknüpfungspunkte   füreine   postreligiöse   Spiritualität,   wie   sieauch   dem   Moslem   in   mir   oder   demAtheisten in mir entspricht.  Ich kann nicht genau sagen, wann meinkindlicher  Glauben   an  den  allmächtigenGott,   der   die   Welt   in   seiner   Hand   hält,sich   zu   wandeln   begonnen   hat.Irgendwann   war   für   mich   das   Bild   voneiner «persönlichen Beziehung zu Jesus»,das gern verwendet wird, treffender. Undmittlerweile versuche ich mehr und mehr,die   trans­personalen   Elemente   zuwürdigen   und   mich   auf   den   Geist   zubesinnen, wie es das Wort «Spiritualität» jaso   schön   trifft.  Geist   ist  nicht   leicht   zugreifen, lässt sich nur schwer in Dogmenund Systeme einengen und für destruktiveZwecke missbrauchen.  Die Überzeugung,dass «das von Gott» in allen Menschen zu

27

finden   ist,   wie   die   Mystik   voraussetzt,leitet   mich   aus   den   Religionen   hinaus.Vielleicht kann eine anarchistische Mystikmeine   Form   der   postreligiösenSpiritualität werden.

28

Nachwort

  Helmut  Schmidt  wird  oft  mit  dem Satzzitiert: «Wer eine Vision hat soll zum Arztgehen.»xiv Später hat er das relativiert undals   «pampige  Antwort   auf   eine  dusseligeFrage»  bezeichnet.  Ohne  Idealismus gehtes nicht, schon gar nicht in der Politik.  Ich möchte das Zitat  deshalb,  vielleichtsogar   im   Sinne   Helmut   Schmidts,   umeinen Gedanken erweitern: «Wer Visionenhat,   sollte   zum   Arzt   gehen;   wer   keineVisionen   hat,   sollte   zur   Existenzanalysegehen.» Vielstimmig wird erklärt, wozu ein jeweilsgerade   anstehender   bewaffneter   Konfliktnützen   soll:   Massenvernichtungswaffenfinden,   Völker   befreien,   Demokratieermöglichen.  Können wir   in  dieser  Logikauch   erklären,   wofür   Frieden   notwendigist?  Damit   aktive  Entfeindungsliebe  undVersöhnung   stattfinden   kann   zumBeispiel?   Wir   überlegen,   was   wir   mitechtem   Frieden   alles   anstellen   können.Vielleicht   können   wir   sogar   unsere

29

ideologischen   Gräben   überspringen   undeinen Gerechtigkeits­Schwarm bilden, alledie  Sehnsucht   in   sich   tragen.  Wir,   jetztund hier.

30

Danksagung

  Ich   danke   meiner   Familie,   meinenMäzenen  und allen,  mit  denen   ich  überdie   hier   behandelten   Fragen   und   Ideengesprochen hab und sprechen werde.

  Ich   danke   natürlich   all   deninspirierenden Denkern und Dichtern, diemir   mit   ihren   Ideen   undSchlussfolgerungen   zeigen,   dass   meinBemühen   um   eine   ehrliche   Spiritualitätnicht   zwingend   zum   Scheitern   verurteiltsein muss.

  Und  natürlich  danke   ich  Dir,   dass  Dumeinen Ausführungen bis hierhin gefolgtbist.   Ich   freu   mich   über   jede   Art   derRückmeldung!

31

32

Anhang

33

 Trinität – Analogien 

 Joachim von Fiore: Klassische Trinität Epoche Metapher vom Licht

Gott Vater Altes Testa. Licht der Sterne

Gott Sohn Neues Testa. Morgenröte

Gott Hl. Geist Reich d. Geists Heller Tag

  Die Lehre von der Trinität (Dreifaltigkeit) Gottes istein sehr populäres, aber auch etwas paradoxes Bildfür das Wesen Gottes. Es wurde vom ersten bis zumvierten   Jahrhundert   entwickelt   und   hat   sich   beimersten   ökumenischen   Konzil   in   Nicäa   gegen   dieanderen Deutungsmuster durchgesetzt. Joachim vonFiore hat im zwölften Jahrhundert daraus ein Weltbildentwickelt,   das   die   Phasen   der   christlichenHeilsgeschichte um eine dritte erweitert, nämlich diedes Geistes.

 Beziehung Erkenntnis     Verbindung

Knechtschaft Außerliches Wissen Gesetz

Kindschaft Innere Weisheit Gnade

Freundschaft Vollkommene Einsicht Liebe

  Viele   der   Bilder,   die   er   benutzt,   sind   aufeinanderfolgende Epochen, aber zum Beispiel die dritte Spalte«Gesetz,  Gnade,  Liebe»  bildet  meiner  Meinung  nachdrei Drittel eines Kreises: alle drei Dinge sind wichtig,wir können nicht auf Gesetze und Gnade verzichten,nur  weil  wir   Liebe   leben   wollen.   Sie   bedingen  undbefruchten   einander.   So   ist   es   auch   mit   vielenweiteren Analogien, die ich hier entwerfe.

34

 Friedrich von Hügel:    Benjamin Soldan: Apostel     Erkenntniswege Textauslegung    Spirituelles System

Petrus institutionell historisch Theismus

Paulus intellektuell analytisch Atheismus

Johannes mystisch intuitiv Mystik

  Jens Stangenberg erwähnt in seinem Podcast beimVorstellen der Trinitäts­Analogien von Joachim, dassman   das   nun   erweitern   könne,   und   bringt   einigeBeispiele. Das war für mich der Ansporn, weitere zufinden   und   selbst   zu   bilden.   Das   ist   ein   relativwillkürlicher Vorgang, keine wissenschaftliche Arbeit.Ich sehe das etwas künstlerisch. Intuitiv eben. Hier inder zweiten Zeile sieht man eine schöne Beschreibungdes modernen Menschen unserer Zeit. Die zweite Zeilesteht   für  Jesus  und der  Schlüsselsatz   ist   für  mich«Mein  Gott,  warum hast  Du mich  verlassen?»xv  DerWeg der Mystik führt durch das Vermissen Gottes.

 Ken Wilber: Epoche     Wahrnehmung Weltbild

Vormoderne vermischt Philosophia Perennis

Moderne differenziert Wissenschaft

Postmoderne integriert Integrale Theorien

  Wilbers Integrale Philosophie verbindet Vormoderneund   Moderne,   um   das   Beste   aus   den   Epochen   zugewinnen und nutzbar zu machen. Kurz gesagt:  dieWeisheit  der Frühzeit  und die Analysen der Neuzeitverschmelzen zu neuen Erkentnissen, zu einem neuenVerständnis.

35

 Brian McLaren: Gottes Hauptwerk Konsequenz für Menschen

Schöpfung Ins Sein gerufen

Befreiung In Freiheit geführt

Versöhnung Von Liebe umgeben und durchdrungen

  Brian McLaren legt  in seinem Buch «Nachfolge aufneuem Kurs»xvi  ein dreidimensionales Bild der WerkeGottes dar. Die drei Dimensionen, in die hinein sichGottes   Weg   öffnet,   sind   Schöpfung,   Befreiung   undVersöhnung.  Hier kann man schön eine Zuordnungzu  den  drei  Personen  Gottes   sehen:  Gott  Vater  alsSchöpfer,   Gott   Sohn   als   Befreier,   Gott   Geist   alsVersöhner. Gleichzeitig bedingen diese drei einander:die   Schöpfung   ist   unabgeschlossen,   wird   durchBefreiung und Versöhnung weiter vervollständigt. Hierwird  weniger  von einem Ziel  her  gedacht,  mehr einProzess veranschaulicht.

 Dorothee Sölle: Gestalt von Kirche  Dienst Jesus         traditionelle Mystik

Kerygma(Verkündigung)

predigen Reinigung

Diakonia(Dienst)

heilen Erleuchtung

Koinonia(Gemeinschaft)

In Nachfolge rufen

Einung

  Die  drei  Schritte  der   traditionellen Mystik  mit  dendrei   Personen   Gottes   zu   kombinieren   eröffnet   eineinteressante   Perspektive   auf   die   Bestrebungen   derjeweiligen Person. Gottes Wort wird verkündet, Jesus

36

hat viel gedient und der Geist stiftet Gemeinschaft.

 Mystik Matthew Fox    Handlung   Wege d. Mystik

Staunen Gott loben Via Positiva

Loslassen Gott vermissen Via Negativa

Widerstehen In Gott leben Via Transformativa

 Die erste Zeile zeigt oft einen klaren theistischen Weg,sie passt zu orthodoxer Frömmigkeit. Die zweite Zeileist   hier   ein   Verzweifeln   am  Glauben,   der  Kern  derSuche. Die dritte wird zu unserer Konsequenz.

 Gefühl Zuruhekommen     Symbol der Mystik

Glück Schweigen des Mundes Rose

Loslassen Schweigen des Geistes Dunkle Nacht

Mitgefühl Schweigen des Willens Regenbogen

  Weitere  mystische Trilogien,  wie  ich sie  bei  Söllexvii

gefunden   habe.   Kleiner   Scherz   dabei:   Gott   istbestimmt   Mystiker,   der   die   Schritte   desZuruhekommens perfektioniert hat.

 G. W. F. Hegel     Benjamin Soldan     Philipp Möller Dialektik     Kategorien Humanismus    Ziele

These Moral Wissenschaft Erkenntnisse

Antithese Ethik Philosophie Deutungen

Synthese Reinigung Kunst Lebensfreude

  Die   Hegel'sche   Dialektik,   mein   Weg   zur   Mystik,Möllers Primat des Humanismus – drei  Seiten einerMedaille? Wohl eher drei Saiten einer Laute.

37

 Benjamin Soldan Psychologie  Emotion  Verständnis von Liebe

Bestätigung Furcht Gefühl des Rauschs

Herausforderg. Mut Gute Tat

Zusage Gelassenheit Tiefe Verbundenheit

  Gott Vater bestätigt, dass wir «sehr gut» sind, GottSohn fordert heraus, einen neuen Weg zu gehen undGott Geist sagt zu, dass der Weg ein guter Weg ist.Liebe wird tätig und führt in Verbundenheit.

 Benjamin Soldan Regierungsform      politische Willensbildung  Metapher Krieg ­ Frieden

Monarchie Befehl Krieg

Demokratie Kompromiss Waffenstillstand

Anarchie Konsens Frieden

  Gott   Vater   steht   für   einen   Herrscher,   Gott   Jesussteht   für   eine  Gruppe  und  wir   sind  heute   eins   imGeist   mit   Jesus   und   Gott   –   dürfen   also   nichtübereinander   herrschen.   Anarchie   (Nichtherrschaft)kann dabei  genau so   friedlich  oder  gewalttätig  seinwie   jede   andere   Form   des   gesellschaftlichenZusammenlebens.

 Wirtschaftsform      Führungsstil          politische Beteiligung

Tauschwirtschaft autoritär Gehorsam

Geldwirtschaft mehrheitlich Diskurs

Gütergemeinschaft herrschaftslos Einheit

  Der   Gedanke,   dass   die   Erde   uns   von   Gott   nichtgeschenkt, sondern geliehen ist (weil nach uns andere

38

kommen, die hier leben wollen/müssen) findet zurzeitan   vielen   Stellen   Gehör,   zum   Beispiel   bei   denInitiativen für eine Post­Wachstums­Ökonomie. Vieleder  dort   auftauchenden   Ideen   sind   schon   sehr   alt,bestens  erprobt  und  absolut  anpassbar  an  aktuelleAnsprüche. Dafür  ist es nötig,  dass wir den Faktengegenüber Gehorsam zeigen, miteinander gewaltlos ineinen Diskurs gehen und Einheit entstehen lassen. 

 Gesellschaftliche Hauptströmung Personalpronomen Sinn

Glaube Ich Leben

Vernunft Du Freiheit

Liebe Wir Gemeinschaft

 In einer theistischen Gesellschaft steht der Glaube imVordergrund, in unserer modernen Gesellschaft wirdsogar in den Kirchen vernünftig argumentiert und ineiner   zukünftigen postmodernen Gesellschaft   ist  dieLiebe Dreh­ und Angelpunkt  aller  Handlungen.  Daslässt   sich   hier   auch   am   Beispiel   des   Aufwachsenseines Kindes erklären: zuerst bildet sich ein Ich, dassich von einem Du unterscheiden kann und dadurcherkennt, dass Wir eine Gemeinschaft bilden. 

 Sufismus Suche nach Gott I Suche nach Gott II

Reise zu Gott Bewusstsein unserer Verbannung

Reise in Gott Auslöschung des Ichs

Reise durch Gott Von Gott ausgehende Suche

 Die mystische Reise kehrt sich um, Gott sucht uns.

39

 Benjamin Soldan Stanisław Lem Erwin Schrödinger / Paulus Substanz          Substanz   Zustand (Schrödingers Katze)xviii

Existenz Materie Lebendig

Wissen Energie Tot

Verständnis Information Verschränkt

  «Bloße   Existenz»,   «nüchternes   Wissen»,   «tiefesVerständnis» ­ manchmal können Adjektive eben dochden Unterschied machen. Lem hat übrigens aus derIdee,  dass Materie,  Energie  und Information  in  jedeRichtung   ineinander   wandelbar   seien   eine   schöneGeschichte in den Sterntagebüchernxix  seines HeldenIjon   Tichy   geschrieben.   Die   dritte   Spalte   erzähltPaulus: lebendig für Gott, tot für die Sünde.xx

 Physikverständnis  Sprechvorgang Religiöses System

Raum Wort Römisch­Griechisch

Zeit Schwingung Jüdisch­Christlich

Raumzeit Idee Östlich­Mystisch

  Die   Physik   ist   durch   die   Entdeckung   derVerschränkung   getrennt   geglaubter  Systeme   in   denvergangenen   hundert   Jahren   enorm   bereichertworden.   Dafür   hab   ich   hier   mal   die   klassischeReihenfolge  umgedreht,  und den Sprechvorgang  aufden   Kopf   gestellt:   Gott   beginnt   in   diesem   Bild   alsGeist, manifestiert sich in Jesus und wird das Wort,das den Anfang macht.

40

 Benjamin Soldan       Quäker Fragen an Gott             Glaubenszeugnisse

Wer bist Du? Einfachheit & Gemeinschaft

Was tust Du? Wahrhaftigkeit & Ökologische Gerechtigkeit

Wie tust Du das? Gleichwürdigkeit & Frieden

  «Ich   bin   der   ich   bin»xxi  –   eine   Antwort   die   nurscheinbar nicht  weiterhilft.  Auf   jeden Fall  bleibt  dieFrage interessant. Jesus ist dann der aktive Part, demman konkret zusehen kann und der Geist wirkt dasalles. Die Glaubenszeugnisse der Quäker ergeben eineinteressante   Antwortmöglichkeit,   vor   allem   in   derspektakulären  dritten  Zeile,   in  der  Gleichwürdigkeitund Frieden nicht mehr utopische Ziele sind, sondernnötige   Eigenschaften   und   Konstellationen,   um   dieZiele der zweiten Zeile zu erreichen.

 Gefühl I Gefühl II Beziehungsgenese

Sorglosigkeit Glück Alleinsein

Niedergeschlagenheit Schmerz Begegnung

Sinnfülle Reife Beziehung

  Hier   ein   paar   Emotionen,   die   auf   der   mystischenReise entstehen. Wieder ist es die zweite (Jesus­)Zeile,die uns so vertraut und so verhasst ist. Im Eintrag zu«Depression»xxii  in der Online­Enzyklopädie Wikipediawerden   verschiedene   Erklärungen   für   den   starkenAnstieg an Diagnosen psychischer Störungen in denletzten Jahrzehnten diskutiert. Eine weitere Erklärungkönnte   sein,   dass  die  Demokratisierung  der  Mystikgerade   in   religiös   geprägten   Strukturen   Schmerz

41

hervorruft, durch den zur Reife gelangt werden kann.Dazu   finde   ich   die   innergöttliche   Beziehungsgeneseinteressant: Gott Vater ist allein, Gott Sohn begegnetden   Menschen   und   Gott   Geist   durchdringt   undumgibt alle, schafft Beziehung.

Medizin Leib griechisch Dreieck der Wahrnehmung Symboltier der Bibel

Körperlich Körper Löwe

Geistig Gedanken Lamm

Seelisch Gefühle Taube

 Sich die drei populären Symboltiere für Gott als einsvorzustellen ist schwer. Das ist einer der paradoxestenVergleiche,  denn  er  gibt  mehr  Rätsel  auf  als   er   zulösen vermag. Egal, schön ist er trotzdem. Die beidenanderen   Spalten   lassen   sich   mit   dem   Symboltier­Vergleich  erhellen:  wenn mein  Körper   ein  Löwe  ist,meine Gedanken ein Lamm, dann kann meine Seelewie eine Taube fliegen. Hier wird die Trinität Gottesdirekt   auf   den   Menschen   bezogen,   das   ist   alsoAtheismus   auf   der   Höhe   seiner   Möglichkeiten:radikale Diesseitigkeit auf dem Fundament, nicht aufden Trümmern, der Religion.

 Symbol Baum Symbol der Epoche Gott­9.0­Modell

Wurzeln Dreieck 1­4

Baumstamm Kreuz 5­7

Blätter Herz 8­9

 Das Baumsymbol dagegen ist aus einem Guss, jedemKind verständlich. Und doch bei genauem Hinseheninteressant:   nachdem   der   Same   in   der   Erde   zu

42

wachsen begonnen hat,  strebt er sofort  danach,  einBlatt   zu   bilden.   Erst   danach   wird   daraus   einBaumstamm. Hier wird deutlich, dass Gott Vater undGott   Geist   zeitlich   durchaus   vor   Gott   Sohn   stehenkönnen. Die anderen Spalten haben damit scheinbarnichts   zu   tun,   und   doch:   Wurzeln   können   einunterirdisches Dreieck bilden, das Kreuz erklärt sichvon   selbst   und   es   gibt   Bäume   mit   herzförmigenBlättern.  Etwas  weit  hergeholt,   aber  es  geht  mir   jaauch um Intuition. In der dritten Spalte hab ich malversucht, den drei Personen die Stufen des Gott­9.0­Modells zuzuordnen. Interessant finde ich daran, dassdie Reihenfolge erhalten bleibt.

 Gruppenverständnis Ort der mystischen Gruppenerfahrung

König + Volk Lobpreisabend (theistisch)

Hirte + Herde Fußballstadion (säkular)

Geist + Schwarm Schweigendes Gebet (mystisch)

  Hier  nochmal ein Gesellschaftsmodell,  König Davidverkörpert alle drei Gruppen: er musiziert, er hütet, erherrscht. Die Orte der mystischen Gruppenerfahrungsind natürlich völlig willkürlich gewählte Beispiele, esließen sich wohl beliebig viele anführen. Ich hab dasschweigende Gebet  der  Quäker  als  Beispiel   für  denGeist gewählt, weil  ich glaube, dass das eine richtiggute Idee ist.

43

 Carl Gustav Jung        Erich Fromm Sri Aurobindo

Ich Haben ­

Selbst ­ Wissen

Weltseele / kollektives Unbewusstes

Sein Sein

 Vom Haben zum Sein, vom Wissen zum Sein, das Ichwird erweitert durch Selbstaufgabe. Empfehlenswert.

 Benjamin Soldan Umgang mit Destruktivität       Gottesbegegnung Ort

Verbot Du sollst nicht Unterwerfung Himmel

Diskurs EinerseitsAndererseits Verständnis Erde

Traurigkeit Täter­Opfer­                           Identifikation

Verschmelzung Lebewesen

 Hier steht Traurigkeit in der dritten Zeile, ich hab dasWort   gewählt   weil   mir   «Mitgefühl»   zu   harmlosvorkommt.  In der ersten Zeile sehen wir schön, wieeine theistische Weltsicht definiert werden kann: Gottgibt   uns   aus   dem   Himmel   heraus,   besser:   vomHimmel   herab,   Verbote,   unter   die   wir   uns   zuunterwerfen   haben,   besser:   denen   wir   unterworfensind. In der zweiten Zeile findet sich eine atheistischeWeltsicht:   wir   führen   einen   Diskurs   über   unserVerständnis   der   Erde.   Die   dritte   Zeile   zeigt   einemystische   Wirklichkeit:   wir   sind   verschmolzen   mitallen Lebewesen und leiden, wenn sie leiden. 

44

 Bedeutungsquellen        Destruktivität Sprache der Mystik

Mythologisch Zerstörung Wort

Religiös Gefangenschaft Gesang

Spirituell Trennung Schweigen

 Die Textauslegungsstufen von Seite 35 passen hierzu:Mythen, Religionen, Offenbarungen sind die Quellender   Bedeutung   unseres   Lebens.   Die   Ursprüngeunserer  Überzeugungen zu   leugnen hieße,   sich  vonder   Tradition   abzuschneiden   und   damit   bestenfalls«das Rad nocheinmal zu erfinden», schlechtestenfallseinfach vom Weg abzukommen und zu verirren. In derzweiten   Spalte   hab   ich   die   Gegenteile   der   dreiDimensionen   Gottes   Werken   nach   Brian   McLaren(Seite   36)   gesammelt:   Schöpfung   wird   zerstört,Befreiung findet nicht statt, Spaltung und Trennungkann   nicht   überbrückt   werden.   Leid   ensteht.   Diedritte Spalte ist dann etwas ganz anderes, es geht umSprache, die immer leiser wird.

 Dorothee Sölle Ken Wilber Heilsfrage  Quadranten Wahrheitsbegriff

Heillose Welt ES (das Wahre) Objektiv

Weltloses Heil WIR (das Gute) Intersubjektiv

Heilende Welt ICH (das Schöne) Subjektiv

  Die   ersten   beiden   Zeilen   spiegeln   dasSelbstverständnis  mancher   religiöser  Gruppierungenwider:   die   Welt   ist   heillos,   Erlösung   kann   es   nurgeben,  wenn man der  Welt  entsagt.  Die  dritte  Zeilebringt das durcheinander: die heilende Welt wird zumeiner Heimat.

45

StichwortverzeichnisAlt, Franz    23Anarchismus  24, 28, 38Atheismus 22, 27, 42, 44Baha'i     09Bergpredigt  18, 22fBibel    14Chelčický, Petr    24David, König    43Depression    41Existenzanalyse    29von Fiore, Joachim  12, 34fFreakstock    21Frieden 15, 23, 26, 29Görlitz    21Haberer, Tilmann    11Hegel, G. W. F.    37Hoffnung        14, 18Hus, Jan    24Idealismus  18f, 29Jesusfreaks  21f, 24Küstenmacher, Marion und Werner    11Lem, Stanisław    40McLaren, Brian   36, 45Möller, Philipp    37

46

Moslem    27Militär    14Mystik           10ff, 22, 25, 28,

35ff,  39, 41, 43ffvon Nazareth, Jesus     9f, 13f, 17f,

     22, 25, 27, 41Optimismus    18Pessimismus    18Petrus    13Politik  22f, 29Post­Wachstums­Ökonomie    39Prostitution   14fReformation   12, 23Quäker     24, 26f, 41, 43Rahner, Karl    10Schmidt, Helmut    29Sehnsucht   17, 30Setlur, Sabrina    14Sölle, Dorothee  11, 18, 37Stangenberg, Jens 11, 23, 25, 35Theismus 18, 21f, 39Tichy, Ijon    40Trinität 12, 34f, 42Utopie    18Wilber, Ken    35

47

i https://www.erzbistum­muenchen.de/Ueber­uns/Dem­Glauben­Zukunft­geben/cont/78588,abgerufen am 10. Februar 2018

ii Dorothee Sölle; Mystik und Widerstand,1997, Hoffmann und Campe, 5. Auflage 1999

iii Haberer / Küstenmacher; Gott 9.0 ­ Wohin unsere Gesellschaftspirituell wachsen wird,2010, Gütersloher Verlagshaus

iv Sabrina Setlur; Die neue S­Klasse, 3p, 1997v Bibel, Johannes 17, Vers 16vi Bibel, 1. Mose, Vers 21vii Dorothee Sölle; Gott denken – Einführung in

die Theologie, 1990, Kreuz Verlag viii https://jesusfreaks.de/wp­content/uploads/

2016/09/25­Jahre­JF­Ausstellung­Brosch%C3%Bcre.pdf, abgerufen am 17. März 2018

ix Franz Alt; Frieden ist möglich –    Die Politik der Bergpredigt,

1983, R. Piper und Co.x Jens Stangenberg;

www.radikale­reformation.de; Folge 30,abgerufen am 12. November 2017

xi Bibel, Matthäus 18, Vers 20xii Jens Stangenberg; 

www.radikale­reformation.de; Folge 41,abgerufen am 12. November 2017

xiii https://quaeker.org/ueber­quaeker/zeugnisse/,abgerufen am 17. März 2018

xiv https://de.wikiquote.org/wiki/Helmut_Schmidt,

48

abgerufen am 09. März 2018xv Bibel, Matthäus 27, Vers 46xvi Brian McLaren; Nachfolge auf neuem Kurs, 

Neukirchener Verlagsgesellschaft, 2012xvii Dorothee Sölle; Mystik und Widerstand,

1997, Hoffmann und Campexviii http://theory.gsi.de/~vanhees/faq/

physik/node5.html, abgerufen am 20. März 2018

xix Stanisław Lem; Professor A. DondaInsel­Bücherei, 2012

xx Bibel, Römer 6, Vers 11xxi Bibel, 2. Mose 3, Vers 14xxii https://de.wikipedia.org/wiki/Depression,

abgerufen am 19. März 2018

49