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Die Makrornolekulare Chernie 100 (1967) 290-294 (Nr. 2462) Aus dern ao. Lehrstuhl fur Technische Chemie der Technischen Universitat Herlin Kurzmitteilung Losungsmitteleinflusse auf die Copolymerisationsparameter des Systems Methylmethaerylat/Acrylsaure Von ROBERT KERBER und HARTWIG GLAMANN (Eingegangen am 21. November 1966) In neueren Arbeiten wurde von verschiedenen Autoren iiber Anderun- gen der Copolymerisationsparameter durch Losungsmitteleffekte berich- tet. Derartige experimentelle Befunde ergaben sich auch bei der radi- kalischen Copolymerisation, und zwar nicht nur bei heterogenem Reak- tionsverlauf l), sondern auch bei Reaktion in homogener Phase2r3). In Erweiterung friiherer Untersuchungen am System Styrol/Acryl- saure wurde die in der Literatur bisher nicht beschriebene Monomeren- kombination Methylmethacrylat/Acrylsaure im Hinblick auf Losungs- mitteleinflusse eingehend untersucht. Dazu wurde in verschiedenen Lo- sungsmitteln bei 50 "C mit x+'-Azoisobuttersauredinitril polymerisiert. Die Konzentrationen wurden fur alle Versuche so eingestellt, daS die Losungen 2,5 m, bezogen auf die Gesamtmonomeren, waren. Die experi- mentellen Methoden waren der in einer friiheren Arbeit 3, ausfiihrlich be- schriebenen Arbeitsweise weitgehend ahnlich. Insbesondere konnte die Bestimmung der Copolymerisatzusammensetzung nach dem gleichen ana- lytischen Verfahren durchgefiihrt werden. Tab. 1 gibt die MeRwerte wieder, Tab. 2 zeigt eine Zusammenfassung der daraus nach den iiblichen Methoden4t6) ermittelten Copolymerisa- tionsparameter rI (Methylmethacrylat) und r2 (Acrylsaure). Abb. 1 zeigt die experimentell ermittelten Werte fur die Extremfdle (Losungspolymerisation in Dimethylformamid und Substanzpolymeri- sation) als MeSpunkte, wahrend die ausgezogenen Kurven mit den in Tab. 2 angegebenen Parametern berechnet wurden. Die in Abb. 2 dar- gestellten MeBwerte fur die Copolymerisation in Benzol zeigen, da13 dabei die Acrylsauregehalte im Polymeren noch wesentlich hoher sind als bei Substanzpolymerisation. Vergleichbar sind jedoch nur die MeBwerte bei 10 und 20 M01-y~ Aerylsaure in der vorgelegten Monomerenmischung. Bei 290

Lösungsmitteleinflüsse auf die copolymerisationsparameter des systems methylmethacrylat/acrylsäure

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Page 1: Lösungsmitteleinflüsse auf die copolymerisationsparameter des systems methylmethacrylat/acrylsäure

Die Makrornolekulare Chernie 100 (1967) 290-294 (Nr . 2462)

Aus dern ao. Lehrstuhl fur Technische Chemie der Technischen Universitat Herlin

Kurzmitteilung

Losungsmitteleinflusse auf die Copolymerisationsparameter des Systems Methylmethaerylat/Acrylsaure

Von ROBERT KERBER und HARTWIG GLAMANN

(Eingegangen am 21. November 1966)

I n neueren Arbeiten wurde von verschiedenen Autoren iiber Anderun- gen der Copolymerisationsparameter durch Losungsmitteleffekte berich- tet. Derartige experimentelle Befunde ergaben sich auch bei der radi- kalischen Copolymerisation, und zwar nicht nur bei heterogenem Reak- tionsverlauf l), sondern auch bei Reaktion in homogener Phase2r3).

I n Erweiterung friiherer Untersuchungen am System Styrol/Acryl- saure wurde die in der Literatur bisher nicht beschriebene Monomeren- kombination Methylmethacrylat/Acrylsaure im Hinblick auf Losungs- mitteleinflusse eingehend untersucht. Dazu wurde in verschiedenen Lo- sungsmitteln bei 50 "C mit x+'-Azoisobuttersauredinitril polymerisiert. Die Konzentrationen wurden fur alle Versuche so eingestellt, daS die Losungen 2,5 m, bezogen auf die Gesamtmonomeren, waren. Die experi- mentellen Methoden waren der in einer friiheren Arbeit 3, ausfiihrlich be- schriebenen Arbeitsweise weitgehend ahnlich. Insbesondere konnte die Bestimmung der Copolymerisatzusammensetzung nach dem gleichen ana- lytischen Verfahren durchgefiihrt werden.

Tab. 1 gibt die MeRwerte wieder, Tab. 2 zeigt eine Zusammenfassung der daraus nach den iiblichen Methoden4t6) ermittelten Copolymerisa- tionsparameter rI (Methylmethacrylat) und r2 (Acrylsaure).

Abb. 1 zeigt die experimentell ermittelten Werte fur die Extremfdle (Losungspolymerisation in Dimethylformamid und Substanzpolymeri- sation) als MeSpunkte, wahrend die ausgezogenen Kurven mit den in Tab. 2 angegebenen Parametern berechnet wurden. Die in Abb. 2 dar- gestellten MeBwerte fur die Copolymerisation in Benzol zeigen, da13 dabei die Acrylsauregehalte im Polymeren noch wesentlich hoher sind als bei Substanzpolymerisation. Vergleichbar sind jedoch nur die MeBwerte bei 10 und 20 M01-y~ Aerylsaure in der vorgelegten Monomerenmischung. Bei

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Losungsmitteleinfliisse des Systems Methylmethacrylat/Acrylsaure

Tab. 1. Zusammensetzungen der Copolymerisate in Abhangigkeit von Monomerenverhaltnis und Losungsmittel

20 30 40 50 60 80 90

7,51 - 17,8 - 31,8 53,O 68,5

8,11 - 19,8 - 34,2 55,4 71,5

9,48 -- 20,6 - 36,8 58,4 74,6

11,2 16,8 22,9 30,2 37,8 - -

13,3 20,9b) 32,5b) - 55,2b) 70,8b) -

Mol-04 AS in der Monomer-

mischung

Losungs- mittel

DMF

THF

Dioxan

ohnea)

Benzol

Mol-"> AS

Copoly-

im

meren

10

3,66

4,25

4,48

5,47

6,49

AS : Acrylsaure, DMF = Dimethylformamid, T H F = Tetrahydrofuran. a) Polymerisation in Substanz. b) Ausfallung des Polymeren wahrend der Reaktion.

100, 1 1001

Mol% Acrylsaure in der Monornerenrnischung

Abb. 1 .' Acrylsauregehalt der Copolymeren in Abhangigkeit van der Zusammenset- zung der Monomerenmischung. a: in Sub-

stanz; b: in Dimethylformamid

0

Mol% Acrylsaure in der Monornerenmischung

Abb. 2. Polymerisation in Benzol. Acryl- sauregehalt der Copolymeren in Abhan- gigkeit von der Zusammensetzung der Monomerenmischung. a: homogener, b :

heterogener Bereich

hoheren Acrylsauregehalten ist der Reaktionsverlauf schon bei sehr klei- nen Umsatzen heterogen, wodurch die Konzentrationsverhdtnisse am Reaktionsort (d. h. im ausfallenden, gequollenen Copolymeren) und damit auch die Copolymerisationsparameter geandert werden. Die in Abb. 2 eingezeichneten Kurven entsprechen den Parametern r1 = 1,5 und r2 =

0,25 fur das homogene sowie rl = 0,5 und r2 = 0,45 fur das heterogene Gebiet.

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R. KERBER und H. GLAMANN

Losungsmittel

DMF ...................... THF ...................... Dioxan .................... Ohne ...................... Len:cl ('lornoZener Eerekh) . .

rl r2

2,89 5~ 0,05 0,24 =t 0,03

2,46 t 0,04 0,25 0,02

2,32 f 0,08 0,30 !C 0,03

1,86 i- 0,06 0,24 1 0 , 0 4

1,s 0 2 ,

Wic: bci der Copolymerisatio:? Styrol/Acrylsaure bleibt der Parameter r2 (Acrj Isaure) i:-r.erhalb der Fehlergrenzen lionstant, waihrecd rl (Methyl- met hacqki t ) vom hoclisten Wert in Dimethylformamid uber Tetrahydro- furar , Dioxan bis zum Wert fur die Substanzpolymerisation abnimmt. Die Reihenfolge in der Losungsmitteleinwirkung ist also die gleiche wie im System Styrol/Acrylsaure3). Auch die fur Benzol im homogenen Be- reich gultigen Copolymerisationsparameter lassen sich in gleicher Weise einordnen. Im Gegensatz dazu wurde bei dem von HERMA und ULBRICHT~) untersuchten System Acrylnitril/Acrylsaure eine Bnderung beider Copoly- merisationsparameter durch Losungsmitteleffekte beobachtet. Offenbar bestehen bei dem relativ stark polaren Acrylnitril - ahnlich wie bei der Acrylsaure - so weitgehende Wechselwirkungen mit Losungsmitteln, da13 daraus h d e r u n g e n der Polymerisationsaktivitat resultieren. Danach ist ein LosungsmitteleinfluB auf die Copolymerisationsparameter nicht nur durch Wasserstoffbruckenbildung zwischen Carboxylgruppen im Mono- meren und dem Losungsmittel bedingt, sondern es kommt anscheinend vielmehr auf den Grad der Selbstassoziation des Monomeren an. Fur diese Annahme spricht auch die Moglichkeit einer halbquantitativen Interpre- tation der experimentellen Ergebnisse lediglich auf der Basis unterschied- licher Dimerisierungskonstanten fur Acrylsaure in verschiedenen Losungs- mitteln, ohne Berucksichtigung von Unterschieden in der Starke der H- Briickenbindung vom Monomeren zum Losungsmittel 3).

Berechnet man aus den Copolymerisationsparametern rI und r2 Werte fur das Q- und e-Schema nach ALFREY und PRICE^), so sind von vorn- herein wegen des Losungsmitteleinflusses auf rl auch variable Werte von Q und e zu erwarten. In Tab. 3 sind die Ergebnisse zusammengestellt, die sich aus den in dieser Arbeit bestimmten Copolymerisationspara-

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Losungsmitteleinfliisse des Systems Methylmethacrylat/Acrylsaure

mittel Losunxs-

DMF

THF

metern fur das System Methylmethacrylat/Acrylsaure und aus den Wer- ten des bereits fruher untersuchten Systems StyrollAcrylsaure 3, ergeben. Als Bezugsbasis wurde dabei fur Styrol Q = l , O ; e = -0,87) und fur Methyl- methacrylat Q = 0,62; e = -0,098) herangezogen*) unter der Annahme, daS diese Werte sich bei Variation des Losungsmittels nicht andern.

Wie Tab. 3 zeigt, ist die obereinstimmung zwischen einander entspre- chenden Versuchen relativ gut. Die Ergebnisse aus den Substanzpoly- merisationen lassen sich nicht in derselben Weise vergleichen, da hier die Eigenschaften des Reaktionsrnediums in erster Linie durch die beiden verschiedenen Comonomeren bestimmt werden.

Q Msungs- Comono- e meres mittel meres

0,39 0,73 MMA@ 0,20 0,51 MMAb) 0,25 0,65

Sty 0935 0964 Ohne Sty 0,94 1,Ol MMA 0,24 0,61 MMA 0,31 0,81

I Q Comona-

Sty&) 0333 0957 Dioxan Sty

a) Sty := Styrol, MiMA = Methylmethacrylat. b) Q- und e-Werte berechnet mit rAs = 0,25.

Auf der Basis der von ALFREY und PRICE gegebenen Interpretation des Q-e-Schemas deutet der systematische Gang des e-Wertes bei Varia- tion des Losungsmittels darauf hin, daB bei dimer vorliegender Acryl- siiure, d. h. in unpolaren Losungsmitteln, die Elektronendichte in der Doppelbindung geringer ist als bei der monomeren, an ein Losungsmittel- molekiil assoziierten Acrylsaure. Des weiteren spricht die Anderung der Q-Werte dafiir, daS durch die Dimerisierung die allgemeine Reaktivitiit der Acr yls iiure erh6ht wird .

H.G. dankt der Stiftung Volkswagenwerk fur die Gewahrung eines Stipendiums.

*) Die auf alteren Messungen beruhenden Werte fiir Msthylmethacrylat: Q = 0,74 und e = 0,407), fiihren zu wesentlich schlechterer fjbereinstimmung zwischen den Messun- gen an Styrol und Methylmethacrylat.

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R. KERBER und H. GLAMANN

l ) J. BRANDRUP, Faserforsch. u. Textiltechnik 12 (1961) 133, 208. 2, H. HERMA und J. ULBRICHT, Faserforsch. u. Textiltechn. 16 (1965) 387. 3, H. KERBER, Makromolekulare Chem. 96 (1966) 30. 4, F. R. MAYO und F. M. LEWIS, J. Amer. chem. SOC. 66 (1944) 1594. 5, M. FINEMAN t.nd S. D. ROSS, J. Polymer Sci. 5 (1950) 259. ') T. ALFREY und C. C. PRICE, J. Polymer Sci. 2 (1947) 101. 7, Copolymerization, Hrsg. G. E. HAM, Intersci. Publ., New Yorlc 1964, (High Poly-

*) G. G. CAMERON, D. H. GRANT, N. GRASSIE, J. E. LAMB und I. C. MCNEILL, J. Poly- mers, Vol. XVIII).

mer Sci. 36 (1959) 173.

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