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Abschlussbericht zum Verbundprojekt „Reduzierung von Emissionen aus bentonitge- bundenen Formstoffsystemen durch Design optimaler Glanzkohlenstoffbildner“ “Lo w Be nzene Lu strous Ca rbon“ (P-302) Projektpartner: Autoren: Joachim Helber (IfG) Clive Rogers (MAGMA) Eicke Brümmer (Süd-Chemie) Düsseldorf / Aachen / Moosburg im Februar 2005 Dieses Forschungsprojekt wurde aus Mittels des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) in Bonn innerhalb des Rahmenkonzepts „Forschung für die Umwelt“ im Forschungsschwerpunkt „Integrierter Umweltschutz in der Gießereiindustrie“ gefördert.

“Low Benzene Lustrous Carbon“ (P-302) · Bentonit-gebundene Formstoffe werden allein in Deutschland im Jahr in einer Größenordnung von etwa 2,6 Mt eingesetzt. Daher ist jede

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Abschlussbericht zum Verbundprojekt

„Reduzierung von Emissionen aus bentonitge-bundenen Formstoffsystemen durch Design

optimaler Glanzkohlenstoffbildner“ “Low Benzene Lustrous Carbon“ (P-302)

Projektpartner:

Autoren:

Joachim Helber (IfG) Clive Rogers (MAGMA)

Eicke Brümmer (Süd-Chemie)

Düsseldorf / Aachen / Moosburg im Februar 2005

Dieses Forschungsprojekt wurde aus Mittels des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) in Bonn innerhalb des Rahmenkonzepts „Forschung für die Umwelt“

im Forschungsschwerpunkt „Integrierter Umweltschutz in der Gießereiindustrie“ gefördert.

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Inhalt:

1 Aufgabenstellung und Ziele des Projekts 2

2 Wissenschaftlicher und technischer Stand zu Beginn des Projektes 4

2.1 Allgemeiner Entwicklungsstand auf der Ebene der vier

Grundphänomene zu Projektbeginn 5

2.2 Stand des Wissen auf der Ebene der Teilprozesse 7

2.3 Stand des Wissens auf der Ebene von Einzelsubstanzen,

Reaktionsmechanismen und reaktionskinetischen sowie

physikalischen Parametern, Formstoffkennwerten etc. 8

2.4 Vertiefung des Kenntnisstandes auf der Ebene der wesentlichen Teilprozesse 8

3 Wissenschaftlicher und technischer Stand zu Ende des Projektes 23

4 Ergebnisdarstellung: 26

Modellentwicklung

4.1 Benzolbildung 28

4.2 Transportmechanismus und mathematische Transportmodellierung 62

Entwicklung und Prüfung emissionsärmerer GKB

4.3 Entwicklungen und Empfehlungen zum Design emissionsärmerer Glanzkohlen-

stoffbildner 88

Anwendung in Gießereien

4.4 Entwicklung eines benzolreduzierten GKB 99

5 Zusammenfassung und Ausblick 116

6 Veröffentlichungen 121

7 Literatur 121

8 Kooperationspartner 127

Anhang

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1 Aufgabenstellung und Ziele des Projekts

Das beantragte Projekt sollte im Rahmen des BMBF-Programms „Forschung für die Umwelt“ im

Förderschwerpunkt „Metall“ zum integrierten Umweltschutz im Bereich Gießereiwesen beitragen.

Nach TRGS 900 ist Benzol ein krebserregender Stoff, dessen Freisetzung in die Umwelt auf ein

Minimum reduziert werden sollte. Das Projekt sollte eine prozessintegrierte Maßnahme zur Ver-

minderung von Benzol- und Geruchsemissionen bei der Verwendung von Sandformen beim Gie-

ßen in Eisen-Gießereien ermöglichen.

Es sollte hierbei ein emissionsreduziertes oder in seiner Wirkung effektiveres Formstoff-Additiv –

genannt Glanzkohlenstoffbildner - entwickelt und im Pilot- und Vorserienmaßstab erprobt wer-

den. Glanzkohlenstoffbildner sind technisch notwendige Bestandteile bentonitgebundener Form-

stoffe, die wiederum die bedeutendste Stoffgruppe bei der gießereitechnischen Formgebung dar-

stellen. Die Bedeutung liegt in ihrer – relativen – Umweltverträglichkeit: vergleichsweise geringe

organische Emissionen bei einem sehr hohem Formstoff-Recyclinggrad von bis zu 99 %. Unge-

achtet dieser relativen Vorteile ist das Einhalten der emissionsseitigen Grenzwerte nach TA-Luft

zum Teil problematisch, weil es an Eingriffsmöglichkeiten zur Verringerung der Benzolfreisetzung

aus dem Prozess fehlte.

Bentonit-gebundene Formstoffe werden allein in Deutschland im Jahr in einer Größenordnung

von etwa 2,6 Mt eingesetzt. Daher ist jede emissionstechnische Verbesserung – die sich am

Markt durchsetzen kann - ein bedeutender Entlastungsschritt für die Umwelt.

Durch systematische Verringerung der Emissionen durch die Primärmaßnahme „Rohstoffmodifi-

kation“ soll ein Beitrag zur Verbesserung der Nachhaltigkeit gießereitechnischer (Mas-

sen)Produktion an ihren gewachsenen Standorten geleistet werden, zur Steigerung der Umwelt-

verträglichkeit und zur Sicherung von Arbeitsplätzen.

In einer Kooperation zwischen Anwender, Lieferanten, Forschung sowie Anwendungstechnik soll-

ten emissionsverringerte und wirksamere Glanzkohlenstoffbildner entwickelt werden, die in Se-

riengießereien sparsamer eingesetzt werden können und zu geringeren Emissionen und Ab-

fallmengen führen. Vermindert werden sollten speziell aromatische Kohlenwasserstoff-Freiset-

zungen; als Leitkomponente zur Beurteilung der Verbesserung sollte die spezifische Benzolfrei-

setzung genutzt werden.

Ein weiteres, wesentliches Ziel des Projektes war es, die theoretischen Grundlagen der Glanz-

kohlenstoffbildung systematisch aufzubereiten und zu verbessern. Die Vervollständigung und

Systematisierung der Grundlagenkenntnisse bildet die Basis, Simulationsmodelle und -

algorithmen zu entwickeln und darüber komplexe Vorgänge durchschaubarer zu machen und vor

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allem Eigenschaften und Verhalten der Gießform während des Gießens vorherzusagen. Mit dem

Verständnis des Systems „Gießform“ wachsen auch die Möglichkeiten, Entwicklungszeiten von

Gießereichemikalien zu verkürzen, Gießereichemikalien noch genauer den Erfordernissen anzu-

passen oder, wie schon angeklungen, Emissionsminimierung zu betreiben. Motiviert werden die-

se Ansprüche durch die Notwendigkeit, die Prozesssicherheit immer weiter zu verbessern, um

Optimierungspotential effektiv und schnell aufzuzeigen und umzusetzen. Insofern trifft hier der

Begriff „integrierter Umweltschutz“ in vollem Umfang zu.

Folgende Teilziele waren definiert:

1. Erstellung eines Reaktionsmodells der Glanzkohlenstoffbildung und Klärung der Reakti-

onsmechanismen (Schwerpunkt IfG)

2. Erstellung eines Computer-Programms zur Simulation der Transportvorgänge und Reakti-

onen im Formstoff (Schwerpunkt MAGMA)

3. Design eines alternativen Glanzkohlenstoffbildners (Schwerpunkt Süd-Chemie)

4. Praxiserprobung und Einführung des neuen Glanzkohlenstoffbildners in Gießereien (Süd-

Chemie und IfG).

Enger gefasst geht es in dieser Arbeit um ein vertieftes Verständnis dafür, welche physikalisch-

chemischen Effekte die fortschreitende Wärmefront beim Abkühlen eines Gussteils in einer verlo-

renen Form auf Sandbasis hat. Im Einzelnen sind zu betrachten:

• Glanzkohlenstoffbildner (GKB) als Bestandteil des Formstoffs wird zersetzt und entwickelt

eine Reihe gießereitechnisch bedeutender Wirkungen, insbesondere liefert er Glanzkohle

(GK). Hier sollte der Mechanismus geklärt werden.

• Es entstehen Gießgase, die Aromaten, Teer, Russ und Geruchsstoffe enthalten, wobei es

die Aufgabe war zu klären, warum und wie das geschieht.

• Es herrscht ebenfalls Klärungsbedarf darüber, was davon als Emission nach außen ge-

langt und was in der Form verbleibt.

Mit den vertieften Verständnis sollten sich neue Möglichkeiten zur Emissionsverringerung eröff-

nen. Im Nebeneffekt wird damit das Verständnis über die Entstehung von gasphasenbedingten

Gussfehlern unterstützt. Qualitätsfehler an Gussoberflächen, speziell Gaseinschlüsse, Entartun-

gen und Vererzungen, sind in ihren Erschienungsformen bekannt und es gibt praktische Vermei-

dungsstrategien, die jedoch nicht hundertprozentig wirksam sind. Sind die chemisch-physikali-

schen Ursachen genauer bekannt, kann die Wirksamkeit von Gegenmaßnahmen verbessert

werden.

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2 Wissenschaftlicher und technischer Stand zu Beginn des Projektes

Beim Gießen von Gusseisen in Sandformen schützen reduzierende Gase und dünne Schichten

von Pyrokohlenstoff (Glanzkohlenstoff) Eisenschmelze und Form. Saubere Gussoberflächen

werden nur erhalten, wenn Glanzkohlenstoffbildner im Formstoff enthalten sind, die zu einer kon-

trollierten Abscheidung von Glanzkohlenstoff an der Grenzfläche Metall-Form führen. Bedeutsam

ist auch die dabei entstehende reduzierende Atmosphäre, die das Metall vor Oxidation schützt.

Oxidation bildet Schlacke auf der Metalloberfläche und diese führt zu Versinterungen mit dem

Formstoff (Quarz und Montmorillonit) und Eindringen von Eisen in den Porenraum der Form.

Die Pyrolyseprozesse der Glanzkohlenstoffbildner werden seit 40 Jahren im IfG erforscht, um

Vorgaben für wirksame Produkte mit geringeren Emissionen zu entwickeln [Kolorz 1963; Wöhr-

mann 1982; Helber 2000]. Diese eigenen und auch viele fremde Arbeiten haben sich jeweils mit

Aspekten der Gießgasfreisetzung beschäftigt. Auf deren Ergebnisse wird im Folgenden in Form

eines Review Bezug genommen.

Da für die Modellentwicklung im Rahmen des Projektes ein „systemanalytischer Ansatz“ gewählt

wurde, gab es keinen singulären Anknüpfungspunkt an bekanntes Wissen sondern, um im Bild zu

bleiben, eher eine Anknüpfungsfläche mit vielen Facetten und sehr unterschiedlichen Tiefen der

Detaillierung. Strukturiert wird dies über die Diskussion der Vorgänge an der abkühlenden Form,

die durch vier Grundphänomene beschrieben werden:

• den Wärmetransport

• den Stofftransport durch das granulare (poröse) Medium Sandform nach Abguss

• die Einströmung des Metalls in den Formhohlraum (Formfüllung wichtig für die Anfangs-

bedingungen der Gasreaktionen) und der dadurch induzierte Verdrängungsstrom während

des Abgusses

• den chemischen Reaktionsfortschritt im gesamten System, also

- an der erweiterten Phasengrenze Metall // Gas im Porenraum

- an der Phasengrenze Metall // Formstoff (nur indirekt beachtet über Vererzungs-

reaktionen)

- in den festen Bestandteilen des Formstoffes: Quarz, Bentonit und Kohle

- im Porenraum (homogene Gasreaktionen)

- an der Phasengrenze Gas im Porenraum // Formstoff (heterogene Reaktionen).

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2.1 Allgemeiner Entwicklungsstand auf der Ebene der vier Grundphänomene zu

Projektbeginn

Der Füllvorgang der Form war schon simulierbar. Die Wechselwirkungen mit der Gasphase (Kon-

vektion) konnten eingeschränkt beschrieben werden. Chemische Reaktionen waren nicht integ-

riert.

Der Wärmetransport vom Metall in die Form war seit kurzem simulierbar mit guter Präzision. Spä-

ter, 2003, kamen mathematische Grundlagen heraus, die es gestatten, die Wärmewelle als ge-

triebenen Fluss in Gestalt und Geschwindigkeit zu modellieren, was in dieser Arbeit keine Be-

rücksichtigung mehr finden konnte, aber zukünftigen Entwicklungen dienlich sein könnte.

Der Stofftransport in porösen Medien konnte simuliert werden (bekannte Anwendungen in der

Bodenkunde – Grundwasserbewegungen und Gastransport, in Filtertechnik, Bautechnik und Be-

lüftung von Haufwerken). In der Gießereitechnik hatte die Simulation von Begasungsvorgängen

gerade anwendungstechnische Reife erlangt zwecks Verbesserung der Kernaushärtung mittels

gasförmiger Katalysatoren.

Eine Kopplung zwischen Stofftransport und Wärmetransport war von Trocknungsvorgängen her

und u. a. aus der chemischen Reaktorsimulation bekannt. Auch gießereitechnische Applikations-

beispiele lagen vor, u. a. in Form der Begasungsmodellierung von Kernen unter Berücksichtigung

der Temperaturverteilung in der strömenden sowie in der stationären Phase.

Ein chemisches Reaktionsmodell für den Porenraum von Gießformen gab es nicht. Wohl konnte

auf allgemeine Reaktionsmodelle zugegriffen werden, die in der Verbrennungstechnik weit ver-

breitet sind und dort zur Optimierung von Verbrennungsräumen, Raketenantrieben, zur Optimie-

rung von Löschverfahren und vielem anderen mehr eingesetzt werden. Die chemischen Modelle

für die Verbrennungstechnik sind speziell auf den Hochtemperaturbereich von über 1000 °C ein-

gerichtet. Das ist für Teile der Gießform angemessen, für die kälteren Partien jedoch nicht. Für

diesen niedertemperaturigen Bereich sind verschiedene Reaktormodelle seit langem verfügbar,

wobei die Kopplung des Stofftransportes mit kinetisch oder thermodynamisch kontrollierten Reak-

tionsfolgen immer größere Anwendungsbereiche erobert (z. B. zur Simulation von Phasenaus-

tauschprozessen in heterogenen Stoffsystemen).

Die dreifache Kopplung eines Wärmetransportmodells mit einem Stofftransportmodell und einem

chemischen Reaktionsmodell ist rechnerintensiv. Ansätze hierzu gab es auch früher schon im

Gießereiwesen bei der Simulation von Kupolofen-Prozessen. Im Formstoffbereich wurde bis dato

noch nicht versucht, eine derartige Applikation zu installieren.

Ein besonderes Augenmerk ist auf die Zahl der Freiheitsgrade bei der Modellierung zu richten.

Viele Modelle bedienen aus mathematischen Gründen oder um den Computeraufwand in ver-

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nünftigen Größenordnungen zu halten, lediglich den eindimensionalen Anwendungsfall. Trans-

portvorgänge in einer Gießform werden zumeist erst in einem dreidimensionalen Ansatz (und

höher bei Füllsimulation) wirklichkeitsgerecht dargestellt.

Ein Systemmodell für verlorene Gießformen in dem angesprochenen Umfang war nicht verfüg-

bar. Als Arbeiten, die sich bereits eine gewisse Komplexität zu eigen machen (ohne hier in eine

tiefergehende Bewertung einsteigen zu wollen) können u. E. die Veröffentlichungen von Lane et

al. (2001) sowie von Hsiau und Chang (1998) angesehen werden. Erstgenannte beschäftigten

sich mit Phasengrenzreaktionen zwischen Metall und Gasphase, während letztere den Wärme-

transport im Formstoff mit Verdampfungs- und Kondensationsvorgängen verknüpfen. Das eindi-

mensionale Modell von Hsiau und Chang hat folgende Elemente:

Grafik 1: Zonenmodell des Formstoffs nach Hsiau und Chang (1998)

Die entscheidende Grundlage für die eigenen Arbeiten zur Modellentwicklung liegt in der seit kur-

zem möglichen Berechenbarkeit des 3-dimensionalen Temperaturfeldes (Wärmetransportglei-

chung) in Gießformen. Mit dieser Entwicklung hat sich eine neue Basis herausgebildet, die Mög-

Zentrum des flüssigen Metalls

erstarrte Randschale

trockene Sandzone

Dampftransportzone

externe Zone (kalt)

Verdampfungsgrenze

Kondensationsgrenze

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lichkeiten eröffnet, andere thermisch beeinflusste Vorgänge exakter und geschlossener sowie

dreidimensional zu beschreiben. Damit ist eine zweite Grundvoraussetzung verfügbar, die chemi-

schen Vorgänge in einer Gießform geometrieabhängig zu simulieren. Die erste Grundvorausset-

zung, die Simulation der Gastransportes, hatte bereits einen fortgeschrittenen Entwicklungsstatus

in anderen Anwendungen und sollte durch dieses Projekt – u. A. durch Einbeziehung von Ver-

dampfungs- und Kondensationsvorgängen, von Reaktionen, die mit Gasbildung verbunden sind

und durch Bestimmung der Druckquellen und –senken - auf wichtige physikalisch-chemische

Vorgänge in der Form appliziert werden. Dies nicht aus akademischem Interesse, sondern weil

sonst, wie bereits gesagt, dreidimensionale Reaktionssimulation nicht möglich ist.

2.2 Stand des Wissens auf der Ebene der Teilprozesse

Die Ebene unterhalb der Basismechanismen soll als Ebene der Teilprozesse verstanden werden.

Sie wird zunächst aufzählend dargestellt und danach in den Aspekten vertieft, die für dieses Pro-

jekt wichtig waren.

Tabelle 1: Thermisch getriebene Teilprozesse im Formstoff

Teilprozess Fachgebiet Literatur Kohlepyrolyse ? Verbrennungsprozesse Frenklach ? Verschwelungsprozesse (Fischer-Tropsch-

Synthese und Reststoffverschwelung) Wanzl; Wagner; Rumpel; Zhang

? Kokereiprozesse Kohlehandbuch ? Simulation von Kohlepyrolysen Zhang; Wanzl,

RWTH Aachen (Glanz)Kohlenstoff-Bildung

? Glanzkohlenstoffabscheidung Helber Wöhrmann

? Themochemical vapour deposition (TCVD) Duan ? Diamantsynthesen Schwärzler ? Russgewinnungsprozesse Ullmanns Enzyklopädie ? (frühere) Pyrokohlenstoffgewinnung für die

(Nuklear)Technik Luleich, Nickel

? Grafit, Nanotubes und Polyyne (Chemie des Kohlenstoffs)

Melker Dong

? Modellbildung SFB551-TPA2 der DFG Luleich, Nickel

Gasdurchlässigkeiten und Strömungswider-stände

? Druckmessung in Formen während und nach dem Gießen

Bakhtiyarov; Chang

Reaktionen des Sys-tems Metall // Gaspha-se

? Gussfehleranalysen (Penetration) Graf Lane und Stefanescu

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Benzolbildung und deren Unterdrückung

? Syntheseprozesse für Benzol aus der Gasphase hiesige Arbeit SFB551-TPA2 der DFG

? Kinetisch orientierte Simulation von Kohlenwas-serstoffreaktionen

Schwärzler

? Kokereiprozesse Ullmann´s Enzyklopädie

? Modellbildung CHEMKIN™ Turanyi Wang und Frenklach

? Dosierung von Sauerstoffträgern zur Aromaten-unterdrückung

Neill, Goudzwaard

Zur Aufklärung der in der Gießform stattfindenden Vorgänge wurde vorrangig auf diese Informati-

onsquellen zurückgegriffen sowie zusätzlich und insbesondere auf Experimente, die speziell auf

die hier aufgeworfenen Fragestellungen ausgerichtet waren.

Kohlepyrolyse, Glanzkohlenstoffbildung, Reaktionen mit C/H-Verbindungen im Gasraum sowie

Benzolunterdrückung waren dabei die Arbeitsschwerpunkte.

2.3 Stand des Wissens auf der Ebene von Einzelsubstanzen, Reaktionsmechanismen und

reaktionskinetischen sowie physikalischen Parametern, Formstoffkennwerten etc.

Statt einer mechanischen Aufzählung des Kenntnisstandes in zahlreichen Details an dieser Stelle

werden die diesbezüglichen relevanten Literaturstellen sachbezogen im Ergebnisteil diskutiert.

Einige Reaktionsparameter wurden im Rahmen dieser Arbeit bestimmt. Es versteht sich von

selbst, dass dies nur an Punkten vorgenommen wurde, an denen der Literatur keine Informatio-

nen entnommen werden konnten oder wo eine eindeutige Interpretation nicht möglich war.

2.4 Vertiefung des Kenntnisstandes auf der Ebene der wesentlichen Teilprozesse

2.4.1 Kohlezersetzung

Nach dem Austreiben des Wassers aus der Form ist der nächste Schritt im Reaktionsgeschehen

die thermische Zersetzung des Glanzkohlenstoffbildners (hier meist gleichgesetzt mit Kohle). Die

Kohlezersetzung ist ein sehr komplexer Vorgang, dessen Details überwiegend aus der Zusam-

mensetzung der Endprodukte erschlossen werden müssen.

Eine Übersicht über die Massenbilanz einer Zersetzung gibt die Spalte 3 in Tabelle 2. Bemer-

kenswert ist u. a. der große Unterschied zwischen den volumenbezogenen Anteilen und den

massebezogenen Anteilen beim Wasserstoff, weil Anlass für Missverständnisse. Das Gasvolu-

men wird durch Wasserstoff dominiert, die Gasmasse durch Methan.

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Autoren

Komponenten

Ruhrkohle 1999

Van Heek 1986

Bezug: % V/V Ge-samtgas trocken

% m/m Kohle

Benzol 0,6 k. A.

m-Xylol ca. 0,05

Naphthalin ca. 0,27

o-Xylol ca. 0,05

Phenol k. A.

Toluol 0,2

nicht identif iziert 4,1 ?

Wasserstoff 58 1,5

Kohlenmonoxid 4,6 2,2

Kohlendioxid 1,5 0,7

Methan 25,2 3,5

Ethen 1,7 0,1

Ethan 0,9 0,8

Propen 0,5

Rohteer incl. Naph-thalin

1,8 19,9

Wasser 2,0

Gesamtgas > 8,8

Koksrückstand 70 - ?

Da nicht alle Komponenten identifiziert und bilanziert sind, ist der Überblick nicht ganz vollständig.

Grob gesprochen verliert die Kohle durch Erhitzen 30 % an Masse, indem aus ihr so genannte

„flüchtige Bestandteile“ freigesetzt werden. In diesen „Flüchtigen“ sind vor allem die Elemente

Schwefel (als kleinere Mengen an COS, CS2, H2S und organische Schwefelverbindungen) und

Sauerstoff (als CO, CO2) bevorzugt vertreten. Die Flüchtigen unterteilen sich in rund 22 % Kon-

densierbare (Wasser + Rohteer) und 8,8 % Nicht-Kondensierbare.

Bei den Nicht-Kondensierbaren vertreten die Kohlenwasserstoffe im Beispielfall einen Anteil von

etwa 4,4 %, wovon anteilig etwa 3,5 % Kohlenstoffmasse darstellt. Die Differenz ist gebundener

Wasserstoff.

Zum thermischen Verhalten von Kohle (Pyrolyseverhalten) gibt es schon seit längerem die Vor-

stellung gestufter Modelle, die primäre und sekundäre Zersetzung unterscheiden. Die Unter-

Flüchtige

Gesamtgas

Tabelle 2:

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scheidung rührt daher, dass bei allen Pyrolysevorgängen eine Aufheizung des Materials erfolgt,

wobei sich die Temperatur zwangsläufig von niedrigen zu hohen Werten entwickelt. Bleibt die

Endtemperatur (Tmax am Punkt X) auf niedrigem Niveau stehen, unterbleiben Sekundärzerset-

zungen der Spaltprodukte weitgehend. Geht die Temperatur darüber hinaus auf etwa 700-800 °C,

finden Sekundärzersetzungen statt.

Nach Zhang wird die Kohle-Pyrolyse schematisiert in folgende Teilschritte gegliedert:

Grafik 2: Schema der Kohlezersetzung nach Zhang 2001

Die kurzen, roten Pfeile deuten an, dass mit diesen Schritten Dämpfe und Gase entwickelt wer-

den. Anschaulicher zeigt Grafik 3, was hinter diesen Begriffen steht.

Kohle

primärer Teer

primäre Gase

primärer Koks endgültiger Koks

Russ

sekundäre Gase

(weitere) Tempera-tursteigerung

Erste Tempera-tureinwirkung

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Grafik 3: Modell der Kohlezersetzung nach Solomon et al. 1988

Kohle

primäre Pyrolyse

sekundäre Pyrolyse

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Die Pyrolyse der Kohle wurde sowohl unter dem Gesichtspunkt der Benzolbildung als auch unter

dem Blickwinkel der Glanzkohlenstoffbildung studiert.

Kohlen mit mehr Flüchtigen (und Kernbinder mit viel Lösemittel) zeigen deutlich höhere Freiset-

zungsraten [Meiser 1999] für Aromaten.

Untersuchungen an unterschiedlichen Kohlesorten zeigten, dass die primär gebildeten Flüchtigen

(Radikale und Neutrale) unterschiedliche Reaktivitäten und deshalb typische Sekundärreaktionen

bei der Pyrolyse zeigen. So entbinden Kohlen mit hohem Anteil an Flüchtigen auch mehr Benzol

und Aliphaten, wobei sich dieser Trend wieder umkehrt (festgestellt an der spezifischen Ethanbil-

dung), wenn die Flüchtigen auf über 25 % ansteigen [Wanzl 1990].

Wird Kohle sehr rasch aufgeheizt und können entbundene Stoffe ungehindert entweichen, so

entsteht mehr Teer, Gas und auch Benzol. Im Teer konnten aliphatische Kohlenwasserstoffe bis

C-30 nachgewiesen werden. Druckerhöhung und zusätzlich gröbere Körnung der Kohle (> 0,2

mm) vermindert die Teermenge durch sekundäre Spaltreaktionen zu Wasserstoff, Methan und

auch Benzol [Kaiser 1986]. So verdoppelt Wasserstoff unter hohem Druck (100 bar !!) die Ben-

zolausbeute bei einer um 1/3 niedrigeren Teermenge. Längere Verweilzeit im heißen Bereich

begünstigt die Umsetzung von primär gebildeten Aromaten in Gase und Teer/Russ.

Es gab demnach mehrere eindeutige Hinweise, dass der Zersetzungsvorgang der Kohle abhän-

gig ist von kinetischen Bedingungen. Darunter sind einerseits äußere Temperaturfeldbedingun-

gen zu verstehen, zum anderen aber auch Einflüsse, die aus der Nachströmgeschwindigkeit von

Reaktionskomponenten (Diffusionskontrolle) herrührten und mit der Dichte und Größe der Kohle-

partikel zu tun haben.

Eine Arbeit von Wagner et al. weist für zwei petrochemisch total unterschiedliche Kohlen aus,

dass im Flammen die Diffusion der mobilen Phase in Kohlepartikeln erst ab Partikeldurchmessern

von > 200 µm reaktionsbestimmend wird und dies auch nur bei Aufheizraten, die in einem gieße-

reitechnischen Formstoff nicht erzielt werden. Bei den Temperaturen einer Flamme (meist > 1500

°C) pyrolysiert ein individuelles Kohlekorn unter Freisetzung von Koks, Teer und Gas innerhalb

von sehr kurzer (20 ms) Zeit, (während die konkurrierende Verbrennung des Kokses deutlich

langsamer verläuft. Am unteren Ende der Temperaturskala, bei etwa 300 bis 350°C, werden da-

gegen die Reaktionen in der Kohle so langsam, dass die Haltedauer (Tmax = const.) zur bestim-

menden Einflussgröße werden kann.

Mechanismus und Bildungskinetik leichter Aromaten bei der Pyrolyse von Steinkohle wurden an-

hand der Teer- und Aromaten-Bildungsraten unter Stickstoff- und Wasserstoffatmosphäre abge-

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leitet. Gasflammkohle „Westerhold“ setzt beim langsamen Aufheizen mit 3 °C/min auf 950 °C

unter Stickstoff insgesamt 1,8 mg Benzol (0,18 %) und 240 mg Teer (24 %) pro g Kohle frei.

Zwischen 300 - 530 °C werden vorzugsweise schwächere aliphatische C-C- Bindungen der Kohle

gespalten und Schwelteer, Kohlenwasserstoffe mit 1-4 C-Atomen neben wenig Benzol als Pri-

märprodukte entbunden. Über 530 °C entstehen durch hydrierende Spaltung vermehrt Methan

und auch Aromaten. Benzol zeigt deshalb in Wasserstoffatmosphäre bei 650 °C ein zweites und

höheres Bildungsmaximum1, Trotz erhöhtem Wasserstoffangebot wird der gebildete Teer durch

einen höheren Anteil an Aromaten wasserstoffärmer als bei Pyrolyse unter Stickstoff [Bunthoff

1983, Jüntgen 1985, Cagniant 1990].

Fazit:

Für neutrale Moleküle kommt es also darauf an, in welche Temperaturzone sie gelangen. In kal-

ter, neutraler Umgebung werden sie beständig (bzw. metastabil) bleiben und keine Weiterreaktio-

nen eingehen, in heißer(er) Umgebung, und diese ist in einer Gießform zumindest in Richtung auf

das Gussteil zu unterstellen, werden sie an Reaktionen teilnehmen und sich verändern.

Fragmente werden dagegen in heißen als auch in kalten Zonen eine starke Tendenz haben, sich

zu stabilisieren.

Diese Vorgänge sind kinetisch kontrolliert, unter anderem durch die Diffusionsgeschwindigkeiten

der flüchtigen Stoffe in der Kohle, der Aufheizrate, die Maximaltemperatur, die „Haltedauer“ auf

einem Temperaturniveau und durch den Partialdampfdruck an Wasserstoff(radikalen) in den Koh-

lepartikeln.

2.4.2 Der Zusammenhang zwischen Kohlezersetzung und Glanzkohlenstoffbildung

Es war selbstredend bekannt, dass die Glanzkohle durch Einsatz von Kohle oder von Kohlenstoff

und Wasserstoff enthaltenden organische Verbindungen gebildet wird. Makroskopisch waren

auch die Bildungsbedingungen definiert und Messverfahren für die Glanzkohlenstoffbildung ent-

wickelt.

Bei Steinkohle als GK-Lieferant bestimmen Anteil der flüchtigen Bestandteile und Aufheizge-

schwindigkeit Art und Menge der Pyrolyseprodukte. Menge und Struktur des Glanzkohlenstoff-

bildners im Formstoff und nicht die Formstoffmatrix ergeben die erwünschte Glanzkohlenstoffbil-

dung. In der Form freigesetzte Aromaten erzeugen mehr (>90 % des C-Anteils) Glanzkohlenstoff

1 Bei stark erhöhtem Wasserstoffdruck (100 bar) wird die 10-fache Menge Benzol freisetzt. Solche Drücke ko mmen in Gießformen nicht vor. Die Druckanhängigkeit von solchen Gasphasenreaktionen kann daher völlig aus allen Betrach-tungen ausgeklammert werden.

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als Aliphaten (60 %) oder Kohle und Stärke (15-17 %). Sauerstoffanteile senken die Ausbeute

stöchiometrisch und bilden CO [Wöhrmann et al. 1982].

Im Strömungsrohr unter Inertgas wurde ein Temperaturbereich definiert, in dem die gasförmigen

Vorprodukte der Glanzkohlenstoffbildung die höchste Bildungsrate aufweisen. Bei Steinkoh-

lenstaub liegt dieser bei 400-600 °C. Die höchste Zersetzungsrate zu Glanzkohlenstoff an

Quarzwolle wurde um 1100-1200 °C beobachtet. Als flüchtige Nebenprodukte wurden Methan

und Benzol identifiziert.

Mit einem statischen Kaltwand-Reaktor kann anhand der Widerstandsänderung des innenliegen-

den, heißen (bis zu 2200 K) Wolframdrahtes die Glanzkohlenstoffabscheidung auch in Formsan-

den gemessen werden [Helber et al. 2000]. Glanzkohle scheidet sich hierbei am Heizdraht ab,

um den sich eine Zone hoher Energiedichte mit angeregten Gasen (Langmuirzone) bildet.

2.4.3 Precursoren für Glanzkohlenstoff

Da die Kohlenstoff-Zersetzung und die Glanzkohlenstoff-Abscheidung räumlich getrennt stattfin-

den können, ist ein Transportmechanismus erforderlich von der Kohle in die heißere Zone. Aus

Arbeiten, die sich mit der Abscheidung von Kohlenstoff beschäftigten, gab es Hinweise, welche

Substanzen hierfür in Frage kommen können. Das sind niedermolekulare Kohlenwasserstoffe,

wie Methan , Ethin, Ethan [Luleich et al. 1972] aber auch Heptan oder Benzol [Brooks 1968].

Fazit:

Diese und andere Arbeiten enthielten indirekt den wichtigen Hinweis, dass als Mechanismus der

py-C-Abscheidung eine komplexe Reaktion(sfolge) bestehen muss, die über Zwischenstufen ver-

läuft, welche die Identität der Ausgangssubstanz verwischen.

2.4.4 Mechanismus der Kohlenstoffabscheidung

Hilfreich zum Verständnis der Glanzkohlenstoffbildung sind die untersuchten Prozessbedingun-

gen bei der Herstellung von Graphitwerkstoffen hoher Dichte. Methan scheidet auf angebotener

Koksoberfläche dichten Kohlenstoff nur in einem engen Prozessfenster (1150 °C, 1 s Verweilzeit,

Umsatz 83 %) ab [Brooks 1968]. Unter 1100 °C fällt der Pyrolyseumsatz ab, darüber entsteht

feinteiliger Kohlenstoff in der Gasphase. Dieser feine Pyrokohlenstoff bildet sich bei 1100 °C

bevorzugt aus mehratomigen Kohlenwasserstoffen wie Benzol, Heptan und Mineralöl, die we-

sentlich leichter als Methan gespalten werden. Hydrogenbromid und Jod katalysieren die Me-

thanpyrolyse zu feinem Kohlenstoff.

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An Eisen- und Nickelfolien scheidet sich bereits bei 750 °C Pyrokohlenstoff ab, allerdings erst im

Verlauf mehrerer Stunden [Robertson 1972]. Dabei entstehen aus Methan neben Kohlenstoff

auch Ethen und Propen. Bei 870 °C wurde maximale Kohlenstoffabscheidung an der Nickelfolie

mit 0,1mg C/g Ni x Minute festgestellt [Derbyshire 1974]. Bei höherer und niedriger Temperatur

fällt die Zersetzungsrate zu Kohlenstoff deutlich ab, wobei die Reaktion im Hochtemperaturbe-

reich nach erster Ordnung verläuft.

Am heißen Wolframdraht (1620-2400 °C) im Glaskolben mit 1,8 l scheidet sich Kohlenstoff nach

einer Anlaufphase von rund einer Minute aus 0,13 bar Methan als elektrisch leitender Belag ab.

Dabei entsteht in der Anlaufphase wenig Wasserstoff, Ethan und Ethen. Erst in der Beschich-

tungsphase entsteht als Hauptprodukt Wasserstoff und Ethin, während Ethan und Ethen zum Teil

wieder abgebaut werden. Die Kohlenstoffabscheidung aus Methan im so genannten Kaltwandre-

aktor ist danach mit Syntheseprozessen zu Kohlenstoffketten mit 2 und mehr C-Atomen verbun-

den [Luhleich 1972].

Mit einem statischen Kaltwand-Reaktor kann (unter Schutzgas) anhand der Widerstandsände-

rung eines glühenden Wolframdrahtes (etwa 1200 bis 2200 K) die Glanzkohlenstoffabscheidung

auch in Formsanden gemessen werden [Helber 2000]. Bei dieser Versuchführung ist entschei-

dend, dass die Fläche der Abscheidung und die thermische Quelle identisch sind, genau wie

beim Gießen. Glanzkohle scheidet sich hierbei am Heizdraht, um den sich eine Zone hoher E-

nergiedichte mit angeregten Gasen („Langmuirzone“) bildet, ab. Davon deutlich zu unterscheiden

ist Russbildung, die sich als schwarze Flockenbildung im gesamten Reaktionsraum bemerkbar

macht. In diesem Reaktionssystem lassen sich verschiedene Kohlenstoffspezies erkennen. Russ

verteilt sich im Raum, eine weitere Kohlenstoffart findet sich bevorzugt an Gerätenteilen, die etwa

500 bis 600 °C heiß werden, und die typische Glanzkohle besetzt ausschließlich den glühenden

Draht). An der kalten Wandung akkumulieren Paraffin-Kohlenwasserstoffe (etwa C20 bis C30).

Grob schematisch ist dies in (Grafik 4) skizziert.

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Grafik 4: Reaktionsmodell für die Glanzkohlenstoffbildung [Helber 2000]

Die diversen Veröffentlichungen, die dieses Thema ansprechen, in Verbindungen mit den eige-

nen Erfahrungen ließen erkennen, dass die Glanzkohlenstoffabscheidung keine matrixspezifische

Reaktion darstellt (Matrix = Unterlage, auf die aufgedampft wird ), wobei aber doch tendenzielle

Unterschiede auftreten. Wie bereits die zitierten Untersuchungen von [Robertson] und [Derbyshi-

re] lehren, kann die Abscheidetemperatur in gewissem Rahmen beeinflusst werden. Neue Arbei-

ten haben gezeigt, dass auch die Textur der Matrix den abgeschiedenen Kohlenstoff strukturell

prägt [Dong und Hüttinger].

Diskutiert wurde ein Reaktionsmodell über aktive Zentren (Radikale), die durch thermische Spal-

tung von chemischen Bindungen (Dehydrierung) im Gasraum entstehen und dort oder an der

Reaktorwand zu Pyrokohlenstoff und weiteren Radikalen reagieren.

Im Gasraum können auch Syntheseprodukte mit 2 und mehr Kohlenstoffatomen z. B. Ethin ent-

stehen. Diese wurden vor allem bei kurzen Verweilzeiten unter 0,5 Sekunden nachgewiesen.

Aus Methan ergaben sich Abscheideraten für Kohlenstoff von 0,1 bis 1 µg/cm² • s bei 950 °C und

1050 °C [Makarov 1974].

py-C

H E I S S E F L Ä C H E

H-C=C-H

Ruß

H

CnH2n+x

K A L T E

W A N D U N G

Langmuir-Zone

H-C=C-H

H-C=C-H

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Die Pyrokohlenstoffbildung aus der Gasphase wird durch Dehydrierung und Polymerisation zu

Keimen und größeren Agglomeraten eingeleitet, die noch Wasserstoff enthalten [Linke 1977]. Die

physikalischen Eigenschaften der entstehenden Kohlenstoffschichten hängen vorwiegend von

der Morphologie dieser Agglomerate ab. Selbst bei der Verbrennung von Kohlenwasserstoffen

entstehen in sauerstoffarmen Zonen Kohlenstoffpartikel in Form von Russ sowie Aromaten (Ben-

zol, Toluol, Styrol u. a.) und ungesättigte Kohlenwasserstoffe, da Pyrolyse und Umwandlung des

Brennstoffes schneller ablaufen als die nachfolgende Oxidation.

Fazit:

Es gab eine Reihe von Hinweisen, dass zugleich mit der Pyrokohlenstoffbildung Synthesen von

Kohlenwasserstoffen auftreten, mit einer auffälligen Häufung von geradzahligen C-Verbindungen

(C2, C4, C6, C8,..). Diamant und Graphit sowie die neu gefundenen Kohlenstoff-Modifikationen

der Buckminster-Fullerene und Polyyne – die hier nicht vertieft werden aber sicherlich eine ge-

wisse Rolle spielen - können alle als (kovalent gebundene) Polymere aufgefasst werden.

Offen war zu Beginn des Projektes, ob nur die Bildung von höheren Kohlenwasserstoffen über

eine vielstufige Synthesekette verläuft oder auch die Bildung der Glanzkohle. Deshalb erschien

es aufschlussreich, die Arbeiten auf dem Gebiet der Diamantsynthese auszuwerten. Bei den Ver-

suchen, aus Kohlenwasserstoffen Diamant herzustellen, tritt immer zugleich py-C-Bildung in Er-

scheinung, so dass hier von einem konkurrierenden Mechanismus ausgegangen werden sollte.

Aus den Begründungen, warum Diamant so schwer synthetisch gewonnen werden kann, waren

zumindest Hinweise zu erwarten, warum die Reaktionen immer in Konkurrenz stehen mit der py-

C-Bildung. Die in den energetischen Niveaus des Kohlenstoffatoms begründeten Restriktionen

erbrachten keine direkten Hinweise auf den Mechanismus. Jedoch zeigten kinetische Simulati-

onsrechnungen von [Schwärzler, 1997] zumindest, dass gute Übereinstimmungen mit den Erfah-

rungen auftreten, wenn man bei Simulationen von Polymerisation ausgeht.

2.4.5 Bildung von Aromaten, Bildung von Benzol

Der Reaktionsverlauf bei der Bildung von Ein- und Mehrringaromaten bei der Verbrennung (!) von

Kohlenwasserstoffen wurde eingehend untersucht [Wang und Frenklach 1997]. Aus kinetischen

Daten der Prozesse werden Dehydrierung und Ethin-Addition als bestimmende Reaktionen abge-

leitet. Auch die Oxidation von Heptan verläuft zunächst über Aufspaltung zu Radikalen und un-

gesättigten Kohlenwasserstoffen, die dann im geringen Umfang zu Aromaten reagieren [Curran

1998].

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Die Synthese polyzyklischer Verbindungen soll über Butadien- oder Acetylenradikale und nach-

folgende Dehydrierung erfolgen [Siegla 1981]. Bei der Pyrolyse von Ethylacetylen (= Butin-1) bei

1400 bis 1600 K und kurzen Verweilzeiten von 2 ms entstehen neben Benzol und Toluol ver-

mehrt polyzyklische Aromaten [Boyle 1990].

Bei der großtechnischen Herstellung von Ethen durch Pyrolyse von Ethan entsteht Ethin, Benzol

und Pyrokohlenstoff. Aus den Bildungsraten wurde abgeleitet, dass Benzol direkt in einer Reakti-

on 3. Ordnung aus Ethin gebildet wird und dann in einer Reaktion 1. Ordnung weiter zu Kohlen-

stoff und Wasserstoff zerfällt [Glasier und Pacey 2000].

2.4.6 Mechanismus der Russbildung

In der zweiten Hälfte des Projektes wurde ein wichtiger Beitrag zum Verständnis der Russbildung

veröffentlicht (leider zu einem Zeitpunkt, an dem eigene Arbeiten und Reviews auf einem ähnli-

chen Stand angekommen waren): Struktur und Eigenschaften des aus der Gasphase abge-

schiedenen Kohlenstoffs werden wesentlich durch die Art der dabei kondensierenden polyzykli-

sche Aromaten und das Aromatenwachstum bestimmt. Kohlenstoff-Schichten mit hohem Ord-

nungsgrad entstehen bei einem ausgewogenes Verhältnis von Aromaten und Ethin, wovon letzte-

res Löcher im wachsenden Substrat auffüllt [Dong und Hüttinger 2002].

Grafik 5: Modell der Glanzkohlenstoffbildung ab C6 / C10 [Dong und Hüttinger, 2002]

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Bei der Herstellung von hochwertigen technischen Kohlenstoffbeschichtungen oder bei der quan-

titativen Bestimmung der Glanzkohlenstoff-Bildungsrate [Helber et al. 2000] arbeitet man häufig

bei 1 kPa Unterdruck, um diese Reaktion zu vermeiden und statt dessen ein geordnetes Wachs-

tum zu erzielen (vermutlich durch sukzessives Anlagern von Ethin).

Fazit:

Es muss einen Unterschied zwischen (der Bildung von) Glanzkohle und Russ geben, da die bei-

den Varianten gepaart auftreten, aber strukturell nicht dasselbe sind. 2000 war dafür keine Erklä-

rung verfügbar.

Inzwischen gibt es plausible Erklärungsmuster, welche in der Dichte von Reaktionspartnern um

das reaktive Zentrum herum ihre Basis haben.

Das Reaktionsmuster in Grafik 5 kann als der „schnelle Weg“ bezeichnet werden, indem nicht

(nur) kleine Einheiten polymerisieren sondern vorgeprägte große mit kleinen verknüpft werden,

ähnlich den vorpolymerisierten Kernbindern. Damit lassen sich geringfügig verschiedene Reakti-

onsprodukte und Entstehungswege erklären.

2.4.7 Unterdrückung der Benzolentstehung

Mit verwandten Problemen der Aromatenunterdrückung beschäftigen sich vor allem Arbeitsgrup-

pen, die die Russbildung von Diesel-Verbrennungsmaschinen unterdrücken wollen. Auch in der

Feuerungstechnik spielt das Problem eine Rolle. Dabei ist es zunächst nicht trivial, wieso ein

Verbrennungssystem mit Luftsauerstoff-Überschuss ähnliche Emissionen haben kann wie ein

reduzierendes Formsystem ohne Sauerstoff. Der Grund hierfür liegt zum Einen in Konzentrati-

onsgradienten in der Flamme, da durch die Reaktion des Sauerstoffs mit dem Brennstoff eine

Verarmung an Sauerstoff eintritt (weshalb die Durchmischung der Brenngase so wichtig ist), so-

wie zum Anderen in dem schon erwähnten Umstand, dass Zersetzungsreaktionen schneller ver-

laufen als Oxidationen. Die Reaktionszeiten in einer Flamme sind kurz (etwa 0,1 s) so dass bei

größeren Brennstoffmolekülen der oxidative Abbau nicht schnell genug verläuft, um vollständig zu

sein. Dass beispielsweise Dieselmaschinen mehr Russ entwickeln als Benzinmotoren, hat auch

mit dieser Molekülgrößenabhängigkeit zu tun.

2.4.8 Reaktionen an der Phasengrenze Metall // Gas im Porenraum

Die Aufkohlung von Stahl in reduzierender Atmosphäre ist ein lange bekanntes Phänomen. Ge-

gen Ende des Projektes erschien eine Arbeit von [Graf et al. 2003], die die Bildung von Kohlen-

stoff aus Propan an der Werkstückoberfläche aufklärte.

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Grafik 6 zeigt Aufkohlungsvorgänge auf der Basis von Propangas (C3H8) als Aufkohlungsmittel.

Grafik 6: Nach Untersuchungen der Aufkohlung von Stahl mit Propan im EBI Karlsruhe

verläuft die Abscheidung von Kohlenstoff über Aufbaurektionen und Benzol [Graf 2003]

Da während der Abscheidung von Glanzkohle auf heißen Drähten (thermal chemical vapor depo-

sition (TCVD) oder HW-CVD = hot wire chemical vapor deposition) auch plastische schwarze

Phasen beobachtet wurden [Helber unveröffentlicht], ist die intermediäre Teerbildung bei der

Glanzkohlesynthese sehr wahrscheinlich. Somit könnten die Unterschiede zwischen Russ und

GK möglicherweise eher in Feldeffekten als in den Reaktionsfolgen begründet liegen. Die hohe

Energie- und Moleküldichte am heißen Draht sollte geeignet sein, sehr viel schnelleres Wachs-

tum zu unterstützen als die Gasphase.

Fazit:

In einer bentonitgebundenen Form liegt natürlich keine Propangasatmosphäre vor. Deshalb kann

dieses Schema zwar als Erklärung dienen für Aufkohlungsvorgänge, nicht aber als zwingende

Erklärung für die Bildung einer Kohlenstoffschicht auf der Metalloberfläche beim Kühlen.

Dennoch wird sofort augenfällig, dass auch in diesem Zusammenhang die Kohlenstoffbildung als

Synthesevorgang aus der Polymerisation von niederen Kohlenwasserstoffen analytisch und lo-

gisch abgeleitet wird.

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Ein Aufkohlungsmechanismus nach diesem Schema ist dann widerspruchsfrei mit den Ergebnis-

sen dieser Arbeit, wenn das Wort „Russ“ in Grafik 6 durch „Glanzkohlenstoff“ ersetzt wird2.

Für die weitere Aufklärung des Abscheidemechanismus ergibt sich aus dieser Beobachtung ein

neues Detailproblem. Wenn sich der Kohlenstoff im Metall löst, kann er nicht auf der Oberfläche

eine Haut bilden. Es muss daher ein Grenzkriterium für das Eintreten des einen oder anderen

Falls geben. Das könnte beispielsweise eine Sättigungskonzentration sein:

Die Arbeit von [Graf] weist aus, dass (unterhalb der Sättigungsgrenze) ein Teil dieses Kohlen-

stoffs vom Metall aufgenommen wird, wodurch die Randschalenverarmung abgemildert, ausge-

glichen oder sogar überkompensiert werden kann.

Es existieren allerdings auch Nachweise, die belegen, dass Glanzkohlenstoffschichten auch auf

entkohlte (randentartete) Gusseisenoberflächen aufwachsen [pers. Mitteilung Löblich, 2004].

Aufkohlung wird auch in erstarrtem Zustand noch beobachtet [Graf]. Damit ist dieser Punkt noch

keineswegs geklärt. Die Ursache wird in kinetischen Effekten vermutet.

2.4.9 Reaktionen Gasphase // Metall

Zwei Arbeiten sind in diesem Zusammenhang besonders informativ [Lane et al 2001; Wagner

1979], d. h. für ein chemisches Gesamtmodell von Nutzen. Von den erstgenannten Autoren

stammt das Stoffflussmodell an der Phasengrenze Metall // Gas.

Grafik 7: Erste Reaktion beim Füllen der Form

2 Russ wird hier als polymorphes Kohlenstoffaerosol verstanden, entstanden aus einer homogenen Gasphasenreaktion (siehe petrochemische carbon-black-Prozesse), während Glanzkohlenstoff (wie Russ ein Pyrokohlenstoff) als ein Pha-sengrenzpolymer angesehen wird.

C O2 aus Luft

Metall

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Zu Anfang der Formfüllung trifft Luftsauerstoff auf Metall (Grafik 7). Beim Gusseisen wird zuerst

der Kohlenstoff (bzw. das Magnesium bei GJS) oxidiert. Es entsteht CO bei Kohlenstoffüber-

schuss und / oder CO2 bei Sauerstoffüberschuss - je nach Mengenverhältnis.

Grafik 8: Reaktionsmodell der Decarburierung durch Wasserdampf aus dem Formstoff

nach Lane et al. 2001 sowie Shih et al. 1996

Der Wärmeeintrag in den Formstoff bedingt innerhalb weniger Sekunden die Bildung relativ gro-

ßer Mengen an Wasserdampf. Diese reagieren besonders bei hohen Temperaturen als Oxidati-

onsmittel. Solange der Kohlenstoff im Metall im (diffusionskontrollierten) Grenzschichtbereich

nicht verbraucht ist, ist die Reaktion:

CFe + H2O = CO + H2 (Wassergasreaktion, Volumenzuwachs im Gas)

vorherrschend (Grafik 8). Mit nachlassendem C-Angebot (das Metall wird kälter, der Diffusions-

weg für Wasser/und Kohlenstoff immer länger) oxidiert bei noch ausreichender Temperatur auch

das Eisen gemäß der Reaktionsgleichung

Fe + H2O = FeO + H2 (kein Volumenzuwachs)

Diese Reaktionen verlaufen in Millisekunden3 bis Zehntelsekunden. Beide Reaktionen bedingen

eine Anreicherung reduzierender Atmosphäre an der Metalloberfläche und behindern damit das

ungestörte Diffundieren von Wasserdampf an die heiße Oberfläche bis Gleichgewicht eintritt.

3 In einem eigenen Versuch konnte schon 10 s nach Gießbeginn Benzol nachweisen werden. Dieses kann sich nur in reduzierender Atmosphäre bilden, was damit gleichgesetzt werden kann, dass der Sauerstoff (und vermutlich auch das Wasser) zuvor weitestgehend verbraucht sein muss.

Metall

C

CO

H2

H2O H2O

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Chronologisch findet beim Gießen zuerst die Oxidation durch Sauerstoff und Wasserdampf statt,

womit die Bildung einer Schutzatmosphäre durch Wasserstoff und CO / CO2 einhergeht, und die

Oxidation gebremst wird, wegen einsetzender Diffusionskontrolle. Dann treten andere Reaktionen

auf den Plan, die Kohlenwasserstoffe wie Methan und Propen bereitstellen (siehe folgendes Kapi-

tel)

Fazit:

Besonders die Wasseroxidation liefert viel Gas, weshalb sie in der Anfangsphase Hauptursache

für die Gießgasbildung ist.

Über Benzolbildung in dieser Anfangsphase des Gießens und Kühlens war nichts verfügbar. Da-

her wurde hier experimentell angeknüpft.

2.4.10 Phänomenologie der Gießgasbildung

Zahlenmäßig mit Abstand am häufigsten vertreten sind Arbeiten über Messungen an den Gieß-

gasen außerhalb der Form. Die Untersuchungen an Gießgasen außerhalb der Form repräsentie-

ren allerdings nur die Gesamtheit aller in der Form ablaufenden Prozesse. Sie lassen erkennen,

dass bestimmte Substanzen gebildet werden, sagen aber wenig über die einzelnen Mechanis-

men. Auf eine weitergehende Diskussion wird deshalb an dieser Stelle verzichtet.

3 Wissenschaftlicher und technischer Stand zu Ende des Projektes

Das Verständnis für die physikochemischen Vorgänge in der Gasphase einer bentonitgebunde-

nen Form wurde ein erhebliches Stück entwickelt. Damit konnten auch die systematischen Vor-

stellungen von den Abläufen in einer Gießform beim Kühlen erheblich erweitert und konkretisiert

werden.

Soweit möglich, wurden die Erkenntnisse parametriert und in ein physikalisches Simulationsmo-

dell umgesetzt. Das Modell ist eine erste Näherung, da sich ein geschlossenes chemisch-

physikalisches Modell zur Zeit aus theoretischen und praktischen Gründen nicht realisieren lässt.

Dafür ist vor allem die Kinetik der Kohlenstoffreaktionen noch zu wenig erforscht.

Ein noch stark vereinfachtes Simulationsmodell liefert den Output einer Substanz – hier des Ben-

zols – (ohne die Teilprozesse und die Dynamik zu berücksichtigen – es gibt 4 Quellen für Benzol

- eine unabhängige und drei abhängige) in Abhängigkeit des Temperaturfeldes in der Form. Die-

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ses einfache Modell im Sinne einer ingenieurmäßigen Lösung wurde bereits zur Anwendung ge-

bracht, indem mit seiner Hilfe eine Emissionsprognose auf Benzol an einer Formanlage erstellt

wurde.

Für die praktische Anwendung in Gießereien sind die Grundlagen für eine Simulation von Gas-

freisetzungen gelegt, die unter anderem dazu dienen, die (zeitabhängige) Gasfreisetzung aus

Kernen zu prognostizieren und darüber eine korrekte Dimensionierung des Entlüftungssystems

vorzunehmen. Ein dynamisches Simulationsmodul wurde dazu entwickelt (MAGMA). Zu diesem

Zweck war ein existierendes Modell zum Wärmetransport in Formstoffen mit einem existierenden

Modell des Stofftransportes in porösen Medien und mit einem erst zu schaffenden Modell der der

chemischen Reaktionen im Formstoff nach dem Gießen zu verknüpfen. Dies wurde vorbereitet,

aber noch nicht vollendet. Darüber hinaus wurde in detaillierter Weise festgestellt, wo und wie

das Modell verfeinert wird und was für eine Simulation auf reaktionskinetischer Basis alles vonnö-

ten ist.

Der Reaktionsmechanismus der Glanzkohlebildung konnte im Grundsatz aufgeklärt werden. Er

unterscheidet sich im Prinzip nicht vom Mechanismus der Aufkohlung von Stählen in Propan bei

< 1000 °C oder von dem Mechanismus der Russbildung in fetten Flammen. Allen liegt eine Radi-

kalkettenpolymerisation zugrunde, an deren Ende die Bildung von polyzyklischen Aromaten, Teer

und letztlich Graphit oder polymorphem Russ steht. Die Benzolbildung ist in diesem Zusammen-

hang eine (fast) unvermeidliche Zwischenstufe der Glanzkohlenstoffbildung, auch wenn Reakti-

onskanäle am Benzol vorbei zu erwarten sind.

Die neuen Einblicke in das Reaktionsgeschehen reichten aus, um wirksame Maßnahmen zur

Verminderung der Benzolbildung zu postulieren (Unterbrechung der Kettenpolymerisation) und

daraufhin im Laborversuch praktisch zu verwirklichen. Dies führte zu einer Patentanmeldung,

Annahme des Antrags und Auslegung im Dezember 2004. Da die bei hohen Temperaturen (ma-

ximale Bildungsrate von Benzol bei 1070 bis 1170 °C) ablaufende Synthesekette nur einer von

drei Benzolbildungsmechanismen ist, bleiben zwei zweite Benzolquellen im System zu mindern:

Das ist die direkte Benzolbildung aus der Kohle sowie die Benzolbildung aus dem Teer der Kohle.

Die Kohle wird gießereitechnisch als Glanzkohlenstoffbildner benötigt. Dieser Anteil lässt sich

(lediglich) durch Auswahl der Kohlesorte beeinflussen, was aber nicht neu ist und nur bedingt

erfolgreich sein kann. Die Kohle muss Kohlenwasserstoffe freisetzen, um die Glanzkohlenstoffbil-

dung zu induzieren und damit ihrer primären Funktion zu entsprechen. Deshalb macht es keinen

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Sinn, die Benzolbildung dort zu unterdrücken, wo Benzol als Zwischenstufe zum Glanzkohlenstoff

auftritt. Auch macht es keinen Sinn, die Benzolbildung aus der Kohle zu unterdrücken, sind die

aromatischen Kohlenwasserstoffe doch wichtige, unverzichtbare Vorstufen zur Glanzkohlenstoff-

bildung (jedoch auch zur unerwünschten Russbildung). Das Grundprinzip muss vielmehr darauf

abheben, die Benzolvorstufen außerhalb der GK-Bildungszone abzufangen (durch Abbruch der

Kettenreaktionen) oder gebildetes Benzol wieder zu zerstören (z. B. durch oxidativen Angriff).

Daraus folgt, dass Verbesserungen eher durch abfangende Additive im Formstoff als durch Modi-

fikation des GKB erreicht werden können. Die Konkretisierung führte zu einem Satz von potentiel-

len Engriffsstellen in das Reaktionsgeschehen. Hervorgehoben wurden Oxidationsreaktionen

sowie Radikalabfangreaktionen jeweils in der weniger heißen Zone.

Diese zunächst als Hypothesen formulierten Konzepte wurden technisch im Versuchsstadium

umgesetzt. Auf dem Weltmarkt wurde nach geeigneten Massenchemikalien gesucht. Im Techni-

kum durchgeführte Vorversuche mit solchen Chemikalien zeigten den vorausgesagten Erfolg.

Nach ersten Gebrauchstauglichkeitstests und Optimierungen wurden 50 t von einem neuen Mate-

rial produziert und in einem Gießereiversuch eingesetzt. Die Benzolemissionen verringerten sich

in diesem Versuch zwischen 10 und 20 %, jedoch wurden mit zunehmender Laufzeit Störungen

in der Produktion hervorgerufen, die einen Abbruch der Systemumstellung notwendig machten.

Damit wurde ein möglicher Weg aufgezeigt, jedoch bedarf es zur technischen Realisierung noch

der Verbesserung des Wirkungsgrades und vor allem einer Modifikation, das gießtechnisch keine

Störungen hervorruft, also letztendlich einer modifizierten chemischen Lösung.

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4 Ergebnisdarstellung

Modellentwicklung

Auf der Grundlage des Wissensstandes zu Beginn des Projektes wurde als Ausgangspunkt für

die weiteren experimentellen Arbeiten dieses Projektes das chemische Modell der Form als Ba-

sismodell skizziert. Es war gekennzeichnet durch verschiedene, folgend aufgelistete Randbedin-

gungen:

• Im Formhohlraum laufen - was die Kohlenstoffchemie anbelangt - nur Crackprozesse ab.

• Die Benzolbildung (und die anderer Gießgasbestandteile) wurde ausschließlich mit der

Kohlezersetzung in Zusammenhang gebracht.

• Über Wechselwirkungen mit dem Formstoff war so gut wie nichts an Untersuchungen

durchgeführt worden. (Der Aspekt musste auch hier ausgeklammert werden).

• Früher ging man von kritischen Zersetzungstemperaturen aus, an denen die Gießgasbil-

dungsraten experimentell bestimmt wurden. Kinetische Effekte wie Haltedauer oder Auf-

heizraten, Partikelgrößen, Schichtdicken des Formstoffs, geschweige Kühlraten, wurden

nicht genügend beachtet.

• Vereinfachend wurde eine direkte Abhängigkeit der Gasfreisetzungsrate von der Oberflä-

che der Gussteils unterlegt, was in der ersten Phase der Abkühlung (die ersten 4 Minuten)

sicher angemessen ist. Sie berücksichtigt den eindimensionalen Fall, die Propagation der

Wärmefront orthogonal zur Bewegungsrichtung, kann aber die zweifellos wichtigen Geo-

metrieeffekte in der Form nicht abbilden.

• Die Kohlenstoffchemie wurde nicht verstanden.

• Die Gießgasbildung konnte nur empirisch quantitativ bestimmt werden.

• Gießgaszusammensetzungen konnten nur fragmentarisch interpretiert werden.

In Grafik 9 sind die Prozesse zu einer Systemmatrix zusammengeführt.

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Grafik 9: Basismodell der Prozesse in der Gießform (bentonit-gebundener Sand)

In dem „Basismodell“ sind die wesentlichen Aspekte zusammengeführt, auf die mit Projektbeginn

aufgebaut wurde. Rot markiert sind die Schwerpunkte, die im Brennpunkt bei der Entwicklung

benzolreduzierter Glanzkohlenstoffbildner standen.

Wie einleitend erwähnt, sollten zunächst als Basis für weitergehende Entwicklungen die physiko-

chemischen Vorgänge in einer bentonit-gebundenen Gießform für den Eisenguss besser ver-

standen, so weit wie möglich definiert und in Modelle überführt werden, die sich mathematisch

simulativ behandeln lassen. Auf der granularen Ebene sind es in diesem Zusammenhang folgen-

de Vorgänge (vgl. Grafik 10).

Wärmefluss

Gasfluss Wasserwolke

Bentonittrocknung heißes, zu-nehmend abkühlendes Metall

Glanzkohle-Bildung

Benzol-Bildung

Kohle-zerset-zung

Kondensation

Temperaturgrenze Wärmefront Grenze Atmosphäre Stoffaustausch mit dem Metall

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• Gasfluss durch Formfüllung (Verdrängung)

• Gasfluss durch Wärmeausdehnung

• Gasfluss durch Gießgasbildung

• Gasfluss durch Wasserverdampfung

• Gasfluss durch Porenraumveränderungen

• Benzolbildung im Feststoff

• Benzolbildung in der Gasphase als Funktion der

kinetischen Bedingungen

• Benzolabbau als Funktion der Adsorption im Sand

• Benzolabbau als Funktion von homogenen Reakti-

onen mit Wasserdampf und anderen Gasen sowie

Luftresten

• Benzolabbau als Funktion der Transportvorgänge

(Konvektion)

• Benzolabbau als Funktion katalytischer heteroge-

ner Reaktionen

Grafik 10: Phasengrenze Metall // Porenraum aus mikroskopischer Perspektive

Die Darstellung der Ergebnisse ist in 4 Hauptblöcke gegliedert

• Benzolbildung (IfG)

• Transportmechanismen und mathematische Transportmodellierung (IfG / MAGMA)

• Entwicklungen und Empfehlungen zum Design benzolärmerer GKB (IfG)

• Vorstellung des Gießereiversuchs mit neu entwickelten Additiven (Süd-Chemie).

4.1 Benzolbildung

4.1.1 Offene Fragen zum Stand des Wissens

Die Benzolbildung in Kokereiprozessen ist ein altbekanntes Phänomen, das früher großtechnisch

genutzt wurde. Zu den Details der Freisetzung ist sehr viel geschrieben worden. Darum konnten

sich experimentelle Beweisführungen auf die Beantwortung weniger Fragen konzentrieren:

Fokus auf der granu-laren Ebe-

ne

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29

• Die fundierte Hypothese, dass Benzol nicht nur aus der Kohle sondern auch aus anderen

Quellen in der Form stammen kann, war zu beweisen.

• Des Weiteren interessierte, wie die Beiträge der einzelnen Quellen im Verhältnis zu be-

trachten sind, also welche Quelle vorrangig für die Benzolbildung verantwortlich zu ma-

chen ist.

• Für die Modellbildung war dazu die Dynamik der Benzolfreisetzung von entscheidendem

Interesse und diese in Abhängigkeit der Parameter, die in der Gießform beim Durchgang

einer Wärmefront durch den Formstoff typischerweise variieren: Temperatur und Gaspha-

se (vor allem unter dem Blickwinkel, das die GKB-Körnchen oder Granalen in eine feuchte

Bentonit-Matrix eingebettet sind).

• Letztlich sollte der Bildungsmechanismus verstanden werden, um über ihn Angriffsmög-

lichkeiten zur Benzolminderung zu finden.

Grafik 11: Experimentell bearbeitete Ausschnitte (ROT)

4.1.2 Versuchsapparatur für Laborpyrolysen und Laborgießversuche

Die für das Projekt verfügbare experimentelle Ausstattung des IfG war geeignet, die in Grafik 11

in ROT markierten Bereiche zu bearbeiten bzw. analytisch zu erfassen, d. h., die wichtigsten ver-

Wärmefluss

Gasfluss

Rückdiffusion

heißes, zu-nehmend abkühlendes Metall

Glanzkohle-Bildung

Benzol-Bildung

Kohle-zerset-zung

KW-Wolke

Synthese Stabilisierung

Temperaturgrenze Wärmefront Grenze Atmosphäre Stoffaustausch mit dem Metall

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schwindenden und entstehenden Stoffe zu bestimmen, soweit sie in den Detektionsgrenzen auf-

traten. Die Verfahren sind im Folgenden beschrieben.

Tabelle 3: Apparatur und Reaktionsbedingungen

Versuchseinrichtung Strömungsrohr isotherm

Strömungsrohr mit Temperaturgradient

Tiegel

Durchmesser/Länge (cm) Quarzrohr 4,4/100 Quarzrohr 1,4/21 Glas 1,4/10

Heißer Reaktionsraum (cm³)

760 3 3

Beheizung außen mit Ofen Innen induktiv Innen induktiv Reaktionsbedingungen

Trägergas Argon, Wasserstoff Argon, Wasserstoff Kein

Zugeführte Prozeßgase Methan, Propan, Ethin, CO, CO2

Methan, Propan, Ethin, CO, CO2

Keine

Zugeführte Prozessstoffe Kohle, GKB, Sand Bentonit, Wasser,

Kohle, GKB, Sand, Bentonit, Wasser, Benzol, Alkohole, Ester,

Kohle, Bentonit, Formsand, Zu-satzstoffe

Gasstrom l/h 18-60 1-5

Verweilzeit im Heißbereich 10-100 Sekunden 0,1 – 5 Sekunden < 1 Sekunde

Temperaturbereich 400 – 1300°C 1000-1300°C innen 1000-1300°C innen

Analyse IR und MS IR und/oder MS MS

In einen Stahlzylinder (Heizung für Strömungsrohr mit Temperaturgradient und Tiegel) wird ein

elektromagnetisches Feld eingekoppelt, wie bei Induktionsschmelzöfen üblich. Die Aufheizrate

verläuft nach einer parabolischen Funktion (siehe Grafik 12). 600 °C werden nach 1 min, 1000

°C nach 3 min und die Endtemperatur nach etwa 4 min erreicht. Als Endtemperatur werden - je

nach Isolierung - etwa 1350 °C erreicht. Die Materialmengen liegen bei 2 bis 6 g, um die Trägheit

des Systems gering zu halten (größer DTA, aber kleiner als Widerstandsofen). Damit soll ein

thermischer Zustand simuliert werden, der dem Abguss in einer Form möglichst nahe kommt.

Die Aufheizrate wird vornehmlich von den zu untersuchenden Materialien bestimmt, da die äuße-

ren Bedingungen konstant gehalten werden. Ein typisches Beispiel zeigt Grafik 12.

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Temperaturanstieg bei Gasabgabe

y = 265,19Ln(x) - 453,9R

2 = 0,9236

0

200

400

600

800

1000

1200

0 60 120 180 240 300

Aufheiz-Zeit in Sekunden

Tem

per

atu

r d

er F

e-R

olle

Grafik 12: Typische Aufheizkurve bei Pyrolyseersuchen Im Reagenzglas

Die „Tiegel“-Apparatur, das Bild 13 zeigt mehrere Ansichten vom Reaktorteil, wurde im Rahmen

dieses Projektes entwickelt. Sie kann mit einfachen Reagenzgläsern oder Quarzgefäßen betrie-

ben werden, weshalb das Verfahren intern auch als „Reagenzglas-Versuch“ betitelt wird.

Alle Pyrolyse-Anordnungen haben ihre Gerätespezifika, vor allem, was die Heizleistung und die

geometrischen Grunddaten anbelangt. Ein Vergleich der Ergebnisse ist nur unter Beachtung die-

ser Randbedingungen möglich. Einige wichtige Aspekte sind in Tabelle 3 zusammengestellt.

Die zweite Anlage, der Röhrenofen, ist in einer vorausgehenden Arbeit näher beschrieben

[Schrey et al. 2004].

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Bild 13 oben links: „Tiegel“ -Reaktor - oben rechts: Abzweig der MS-Kapillare

unten links: induktiv beheizter Rohrreaktor unten rechts: „Tiegel“ nach dem Versuch

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4.2.3 Analysengeräte:

• FT-IR Spektrometer Avatar 360 von Nicolet. In einer Gaszelle mit Salzfenstern wird ein

Einstrahlspektrum von 500 – 4000 cm-1 als Interferogramm aufgenommen und mittels

Fourier-Transformation berechnet. Das Auswerteprogramm Omnic eliminiert den Leerwert

(Background) und hilft bei der Auswertung und Präsentation der Spektren und der wich-

tigen Analyseninformationen. In IR-Spektrum von Gießgasen sind immer CO, CO2 und

Methan an deren Schlüsselbanden bei 2105/2130, 2230/2360 und 3017 cm-1 zu identifi-

zieren; aliphatische und aromatische Kohlenwasserstoffe sowie Alkine sind an deren ty-

pischen CH-Banden bei 2960, 3047 und 3227 cm-1 zu erkennen. Eine intensive Bande bei

673 cm-1 kennzeichnet Benzol.

• Quadrupol-Massenspektrometer von Balzers, Typ CSD300 T2. Die Gasprobe wird mit

einer beheizten Quarzkapillare angesaugt, in Hochvakuum (4x10-6 bar) ionisiert, im Mag-

netfeld nach Molekülmasse getrennt und als Ionenstrom detektiert. Mit diesem Gerät

werden auch in Luft Spuren (ppm) von Gasen und Dämpfen erkannt und Veränderungen

in wenigen Sekunden dokumentiert.

Anhand der Molekülmasse und typischen Fragmenten lassen sich Einzelverbindungen

wie Benzol zuverlässig bestimmen. Die Fragmente Butenin (Masse 52) bis Butadiin (Mas-

se 50) sind kennzeichnende Fragmente von Benzol und anderen Aromaten. Aliphaten hin-

gegen zeigen bevorzugt gesättigte Spaltprodukte mit ungeraden Massen z. B. Pentan mit

der Masse 72 die Fragmente Pentyl (Masse 71) und weitere mit jeweils einer CH2-Gruppe

weniger (Massenzahlen 57, 43, 29 und 15). Da das Bruchstückmuster des Benzols über-

sichtlich ist und nur wenige Massenzahlen in geringer Signalstärke umfasst, ist dieses

Messverfahren hervorragend zur Bestimmung von Benzol in der Gasphase geeignet.

4.2.4 Zerfalls- und Syntheseprodukte aus Kohle im Strömungsrohr

Wird Kohle mit 36,2 % Flüchtigen und 10,0 % „Glanzkohle“ (nach den jeweiligen VDG-Richtlinien

ermittelt) unter Argon im Schiffchen in das heiße Strömungsrohr eingebracht, so werden - je

nach eingestellter Pyrolysetemperatur - charakteristische Reaktionsprodukte freigesetzt (Grafik

14).

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Pyrolyse Kohle

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

300 400 500 600 700 800 900 1000 1100

Temperatur °C

Ion

enst

rom

x E

-11

H2

C2H2

CO/C2H4

Benzol max.

Toluol max

Grafik 14: Auswahl wichtiger thermischer Spaltprodukte der Kohle bei

unterschiedlichen T max und spontaner Aufheizung

(Quarzrohr mit 44 mm Durchmesser, 1 m lang, von außen auf jeweilige Temperatur beheizt, Probe (1 g) im

Schiffchen in Mitte des heißen Rohres geschoben, heißer Reaktionsraum 375 ml, Argonstrom 13-15 l/h)

Wird eine Serie gleicher Proben in einem vorgeheizten Röhrenofen mit Inertgasspülung einge-

setzt, wobei der Ofen vorher jeweils auf eine stabile Endtemperatur gebracht wurde, heizen die

se Proben relativ rasch auf und setzen sich entsprechend rasch um. Die Pyrolysegase müssen

durch eine ca. 30 cm lange, ebenso heiße Strecke wandern und werden am Ausgang des Ofens

durch die Luftkühlung gequencht. Es bleibt also Zeit für Sekundärreaktionen. Bestimmt man

dann die wichtigsten Komponenten dieses so entstandenen Pyrolysegases, erhält man in der

Zusammenfassung aller Einzelversuche den Überblick der Grafik 14.

Wie bekannt, entbinden bis etwa 700°C vorwiegend CO und Kohlenwasserstoffe als flüchtige

Primärprodukte der thermischen Kohlespaltung. Über 800°C zersetzen sich diese zunehmend

unter Wasserstoffentwicklung direkt bei der Freisetzung oder auch an der heißen Rohrwand, wie

experimentell nachgewiesen wurde. Benzol entsteht im Übergangsbereich zwischen Entbindung

der Flüchtigen und Sekundärpyrolyse um 700-1000 °C in größter Menge von 5,3 mg/g Kohle.

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35

Kohlepyrolyse bei konst. Temperatur

0

0,5

1

1,5

2

2,5

400 500 600 700 800 900 1000 1100 1200

Ofentemperatur °C

Ion

enst

rom

x E

-11

C2H2

Benzol

Toluol

Grafik 15: Ethin- und Aromatenbildung aus Kohle (Ethin = C2H2; Versuchsanordnung wie zu 14)

Da die primär freigesetzten Gase eine erhebliche Strecke in der Gasphase zurücklegen müssen,

bevor sie in eine Zone rapider Abkühlung gelangen - und dabei an der Rohrwand auch höheren

Temperaturbelastungen ausgesetzt sein können als bei der Freisetzung selbst (vom Trägergas-

strom abhängig) - werden mit dieser Anordnung 2 Reaktionszonen zugleich erfasst: nämlich die

primäre Flüchtigen-Bildung sowie die sekundäre Umsetzung von Teer und Gasen gemäß Grafik

2.

Offensichtlich bilden sich Benzol und andere Aromaten bei in Gießereien verwendeter Kohle

hauptsächlich durch sekundäre Aromatisierungs- und Synthesereaktionen in einem Temperatur-

fenster von 700 bis 800 °C. Unter 600°C werden die Kohlenwasserstoffe als Aliphaten freige-

setzt; erst darüber dominieren Aromaten und deren Vorläufer. Dies indizieren in der Analyse die

nur bei niedrigen Temperaturen freigesetzten C-4-Aliphaten mit den Massen 58 und 54, während

über 600°C die Aromaten Benzol, Toluol und Xylol (Massen 78, 91 und 105) und dehydrierte

Aliphaten mit den Massen 50 und 52 überwiegen (Grafik 16).

Anhand der Spaltprodukte lässt sich nicht unterscheiden, ob die Aromaten aus dem Teer gebildet

wurden (Grafik 2) oder aus dem Gas. Jedoch wurden die Versuchsbedingungen variiert, indem

die Vorläufersubstanzen variiert wurden. Dazu wurden auch Methan und Ethin getestet. Da aus

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diesen Stoffen nur durch Synthese Aromaten entstehen können, nicht durch Zerfall, ist das Er-

scheinen von Aromaten aus dem Ethin- und Methanzerfall ein starkes Indiz, dass sich Benzol bei

diesen Bedingungen bildet, ohne dass vorher eine aromatische Struktur vorgelegen haben muss,

wie man es bei dem Teer der Kohle unterstellt.

Pyrolyse Kohle

0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

400 500 600 700 800

Ofentemperatur °C

Ione

nstr

om E

-11

50

52

54

58

78

91

105

Grafik 16: Temperaturintervalle, in denen Aromaten und ihre Vorläufer gebildet werden (Die Atommasseneinheiten im Beschriftungsblock rechts sind im Text erklärt)

Das Histogramm zeigt 7 charakteristische Stoffpeaks (das Gerätesignal ist ausgedrückt als Io-

nenstrom, ist eine absolute Größe und der Konzentration eines Stoffes in einem (Träger)Gas pro-

portional). Es zählt Impulse in der Gasphase und blendet die anderen Informationen eines Mas-

senspektrums aus. Die Zahlen rechts am Bildrand stehen für Molekülmassen (50 = Butadiin 1,3;

52 Butenin-3; 54 = Butadien; 78 = Benzol; 91 = Toluol - H; 105 = Xylol – H). Es werden auch

Fragmente abgebildet, z. B. Toluol nach Verlust eines Wasserstoffatoms. Leider kann nicht un-

terschieden werden, ob diese Fragmente schon vorher existierten oder erst im Analysator ent-

standen sind).

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Schwelen von Kohle

0

0,5

1

1,5

2

2,5

3

3,5

4

4,5

5

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Proben längs Temperaturgradient von 100 - 1200°C

Ion

enst

rom

x E

-11

H2

C1 (12-16)

C2 (24-30)

C3 (36-39/41-44)

C4 (48-60

C5 (60-72)

C6 (77+78)8

C7 90-92)

Grafik 17: Pyrolyseverhalten der Kohle bei konstanter Aufheizrate

(Benzol: 77 + 78 AMU)

Grafik 17 enthält massenspektrometrische Direktdaten. Wird Kohle nicht wie bei den vorigen Ver-

suchen schockerhitzt sondern langsam mit beispielsweise hier 10 °C/ min in dem Rohr aufge-

heizt, so führt dieses langsamere Erhitzen zu weniger (0,96 mg/g) Benzol. Offensichtlich können

hier die zuerst freigesetzten Flüchtigen (Primärprodukte) entweichen, bevor sie Weitereaktionen

zu Aromaten eingehen (Grafik 17: Atommasse 77- 78 ist Benzol – H sowie Benzol).

Dieses Diagramm, vergleicht man es mit Grafik 15, demonstriert den dynamischen Einfluss der

Aufheizgeschwindigkeit auf die Pyrogaszusammensetzung sowie auf die Temperatur am Um-

satzmaximum. Dieser bedeutende Unterschied macht es erforderlich, bei genauen Simulationen

der Benzolbildung aus Sandformen nicht nur die Endtemperatur im Volumenelement sondern

auch die Aufheizrate heranzuziehen. Bei niedrigen Temperaturen (250 bis etwa 400°C) spielt

auch noch die Haltedauer am Temperaturmaximum eine Rolle [Wanzl 1988].

Freisetzung und Bildung der Aromaten (BTX = Benzol, Toluol, Xylol) aus der Kohle werden durch

einen polynomischen Ansatz sehr gut beschrieben. Dieser Ansatz wird später zur Modellierung

des Reaktionsablaufes in Abhängigkeit von der Temperatur t verwendet:

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• Freisetzung bei Temperatur t: 7,2 (-4E-07 t² + 0,0006 t – 0,1357) mg/g Kohle

• Bildung bei Temperatur t: 7,2 (-6E-06 t² + 0,0107 t – 3,5072) mg/g Kohle

Der Begriff „Freisetzung“ (von Flüchtigen) ist bereits in Kapitel 2, Grafik 2 demonstriert und meint

Abspaltung, Umlagerung, Sättigung. Der Begriff „Bildung“ wird weiter unten verdeutlicht und

meint Abbau plus Synthese. Hier wird eine Temperaturgrenze bei 900 °C eingeführt, die die zwei

Reaktionsmechanismen unterscheidet. Unterhalb gilt nur der erste Mechanismus und oberhalb

wirken in einer Form beide Mechanismen simultan.

Aus Diagrammen wie Grafik 17 lassen sich temperaturabhängige Bildungsraten ermitteln und

funktional wie üblich darstellen. Die obere Funktion charakterisiert das untere Temperaturintervall

und umgekehrt.

Die Intervallgrenzen sind (400 / 900 / 1300 °C – siehe unten). Während diese Intervallgrenzen

eine gewisse Allgemeingültigkeit besitzen, sind Kohleeigenschaften und Messsystem-

Eigenschaften wichtige Einflussfaktoren auf die Zersetzungsraten einer Kohle (siehe Kapitel 2).

Bei genaueren Kalkulationen ist es daher erforderlich, eine differenzierte Kalibrierung/ Paramet-

rierung der Polynome vorzunehmen.

4.2.5 Zerfalls- und Syntheseprodukte aus Kohle und Formstoff im Tiegel

Mit der Art der Versuchseinrichtung, hier vereinfacht „Tiegelofen“ umschrieben, werden die geo-

metrischen und thermischen Bedingungen einer Gießform ähnlicher abgebildet. Der Wärmefluss

verläuft von innen nach außen, wie für eine Sandform üblich. Die Versuche im Röhrenofen spie-

geln dafür die thermische Situation eines Kerns in besserer Annäherung.

Bei der Tiegel-Anordnung hat die zweite Stufe der Kohle-Zersetzung nur eine geringe Bedeutung,

da die an der heißen Phasengrenze (trockene Sandzone) gebildeten Flüchtigen sehr rasch in

kältere Zonen entkommen können. Auch in anderer Hinsicht ist mit weniger Crackprodukten zu

rechnen: der Temperaturgradient in den Sand hinein lässt nicht den ganzen Sand heiß werden;

zum Dritten können kalte Sandpartien Crackprodukte zurückhalten.

Hier wird ohne Trägergas gearbeitet. Die Transportgeschwindigkeit der Pyrolysegase von der

heißen Zersetzungszone weg ist darum vorrangig durch die Gasbildungsrate des Reaktionssys-

tems selbst bestimmt.

Wasserverdampfung fehlt, weil dieser Versuch (wie auch die Versuche im Rohrofen) ohne Ben-

tonit durchgeführt wurde.

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Entgasen von Kohle im induktiv rasch erhitzten Tiegel

0,00

5,00

10,00

15,00

20,00

25,00

30,00

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 240

Zeit in Sekunden

Meß

sig

nal

MS

x E

-11

CO2

C2H2

CH4

H2

Grafik 18: Gaszusammensetzung im Tiegelversuch

(Glastiegel 14 x 100 mm, 1,6 g Fe, eingebettet in 2 g Quarzsand mit 4 % Kohle

umgeben von 8 g Sand, induktiv mit voller Leistung erhitzt)

Beim raschen Erhitzen von Kohle unter gießformähnlichen Bedingungen werden trotz kalter Au-

ßenpartien von Formstoff innerhalb von Sekunden Methan und Wasserstoff sowie CO2 und Ethin

freigesetzt. Wählt man andere analytische Parameter; lassen sich über diesen Versuch auch die

Bildungsraten von Aromaten und Aromatenvorstufen ermitteln (Grafik 19).

Gasfreisetzung aus Kohle im Tiegel

0,0

0,1

1,0

10,0

100,0

0 30 60 90 120 150 180 210 240

Zeit in Sekunden

Ion

enst

rom

E-1

1

H2

CH4

C2H2

CO2

Benzol

Grafik 19: Verzögert entsteht auch Benzol über C2-Vorstufen (Versuchsbedingungen wie oben)

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Die freigesetzten Gase durchströmen in 20 Sekunden den 5,5 cm langen Tiegel und die Kapillare

bis zum Detektor. Dabei wird - wie beim betriebsüblichen Gießen - zu Versuchsbeginn zuerst

Luft verdrängt (Stickstoff kann aufgrund seiner mit CO gleichen Molmasse 28 in dieser Ver-

suchseinrichtung nicht zuverlässig ermittelt werden). Dies ist ein brauchbares Instrument, um die

Wechselwirkungen der Stoffe untereinander zu erkennen. So verschiebt sich bei Anwesenheit

von Wasser die Gaszusammensetzung derart, dass Kohlenwasserstoffe teilweise oxidiert werden

zu CO und H2, aber es werden keine anderen Produkte gebildet.

Im kleinen Tiegel-Versuch ist eine nur einige Sekunden dauernde aber deutliche Verzögerung der

Benzolbildung festzustellen. In einem Gießereiversuch sollte festgestellt werden, mit welchen

Verzögerungen bei der Benzolentwicklung in einer technischen Gießform zu rechnen ist:

In einen Formhohlraum (bentonitgebundener Sand, GKB „ECOSIL“) wurden, durch den Formstoff

hindurch, 6 Kapillaren eingelassen und diese so sorgfältig wie möglich gedichtet. An die Kapilla-

ren waren evakuierte Gasmäuse angeschlossen. Es wurde aufsteigend Gusseisen gegossen,

wobei die verdrängte Luft den Kapillaren entgegenströmte. Im Abstand von jeweils 5 Sekunden

nach Gießbeginn wurde eine Gasmaus gefüllt und anschließend der Gasanalytik zugeführt. Nicht

nach 5 aber nach 10 s (halbe Form gefüllt) konnte das erste Benzol nachgewiesen werden.

Die frühe Benzolbildung war nicht erwartet worden, da die Atmosphäre in der Form noch einen

erheblichen Anteil an Sauerstoff beinhaltete (ca. 5 %). Da das Auftreten von Kohlenstoff (Russ)

nicht beobachtet wurde (Erklärung folgt im Kapitel 4.2.7), kann das Benzol nach den Modellvor-

stellungen nur durch direkte Kohlezersetzung entstanden sein. Es überlebte die aggressive Gas-

atmosphäre im Formhohlraum. Russ trat erst nach 30 s massiv in Erscheinung, nachdem die

Form vollständig gefüllt war. Das rasche Auftreten ist an einen noch rascheren Wärmeanstieg im

Formstoff gekoppelt, verglichen mit der Laboranlage.

4.2.6 Transport von Precursoren zur Metalloberfläche

Im Folgenden wird die Benzolbildung an der heißen Metalloberfläche behandelt. Damit ist bereits

das Ergebnis vorweggenommen, dass es in der heißen Gießform nicht nur eine Benzolquelle gibt

(kernloser Guss!).

Wie nun genauer ausgeführt wird, liefert die Kohle allerdings dazu die Precursor (Vorstufen). Eine

Kohlenstoff-Schicht auf dem Metall bedeutet, dass dort Kohlenstoffverbindungen hinwandern

müssen, und diese dann erst thermisch gespalten werden und/oder anders reagieren. Damit be-

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wegen sich diese Kohlenstoffverbindungen entgegen dem nach außen gerichteten Volumenstrom

und entgegen der Bewegungsrichtung der Temperaturfront. Da die Temperatur nach innen an-

steigt, erhitzen sie sich. Dabei steigt die Wahrscheinlichkeit, unzerstört bis an die heiße Metall-

oberfläche zu gelangen mit der thermischen Stabilität der Verbindung aus der Kohle-Exhalation.

Die thermische Stabilität der wichtigsten Kohlenwasserstoffe aus der Kohle verhält sich grob so:

Kohlenstoff >> Methan > Ethin ˜ Benzol > Ethen.

Deshalb und weil Methan auch massenanteilig die wichtigste gasförmige Kohlenstoffkomponente

darstellt, wurde angenommen, dass Methan auch der wichtigste „Kohlenstoff-Transporteur“ zum

Metall hin ist. Entsprechend wurden die Versuche auf die Umsetzung von Methan, Ethin (= Acety-

len) und Benzol in der heißesten Zone ausgerichtet.

Ein mengenmäßig noch bedeutenderer, flüchtiger Kohlenstoffträger ist der Teer aus der Kohle mit

der Hauptkomponente Naphthalin. In wieweit dieser hier beiträgt, ist ungeklärt, da sich Teerkom-

ponenten mit den verfügbaren Analyseinstrumenten nicht nachweisen ließen. Dies ist nicht allein

eine Frage der Nachweisgrenze sondern auch ein Problem der hohen Kondensationsneigung.

Teeraerosol könnte beispielsweise auch als Keimbildner für die Russbildung in der Gasphase

infrage kommen.

Zum Nachweis solcher Substanzen sind die Reaktionen in den Analysator selbst zu verlagern

und bedingen aufwendige Methoden wie in-flight-Massenspektrometrie.

Der selektive Antransport von Spezies hoher thermischer Stabilität wäre eine exzellente Begrün-

dung dafür, dass bei der beobachteten Hochtemperaturreaktion ein auffällig konstantes Produkt-

spektrum entsteht.

Für die Modellierung auf der Basis des geschilderten Wissensstandes ist dies allerdings ein Prob-

lem. Welche Ausgangskonzentration soll dem Precursor bzw. den Precursoren an der heißen

Metalloberfläche gegeben werden?

Bedenkt man im Detail, wie die Teilchen dort hingelangen, ergibt sich eine zweifache Splittung,

die sich am einfachsten graphisch formulieren lässt (Grafik 20):

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Grafik 20: Gedankenmodell über dynamische Vorgänge in der Wärmefront und dahinter (Der hier vorgestellte Mechanismus wird im Folgenden vereinfacht als „Rückdiffusion“ bezeichnet.)

1. Es wird einen Anteil aus der Kohle (und aus dem Bentonit) abgespaltener Teilchen

geben, die vor die Wärmefront und damit mit hoher Wahrscheinlichkeit nach außen

gelangen und Teilchen, die hinter die Wärmefront und damit mit hoher Wahrschein-

lichkeit nach innen gelangen in Richtung auf die heiße Metalloberfläche.

2. Von diesen nach innen gelangenden Teilchen (man könnte genauer sagen „gestoße-

nen“ Teilchen) werden manche weiter eindringen, manche weniger, manche werden

Fragmentierung erleiden, manche nicht oder schnell rekombinieren.

Wenn also davon die Rede ist, dass Reaktionskonstanten bestimmt und Reaktionsmechanismen

geklärt wurden, dann ist dabei zu bedenken, dass die Ergebnisse streng nur für den Reaktor oder

Modellprüfling gelten, für den diese Werte ermittelt wurden. Das würde sich nur grundlegend än-

dern, wenn ein angepasster Versuchsaufbau geschaffen werden könnte, in dem die dynamischen

Fe

Dampf- bildung

Temperaturprofil

Stelle höchs-ten Drucks

Kohlepyrolyse

C H

T

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43

Verhältnisse „stimmen“, wenn also alle diese Einflussgrößen zugleich dynamisch kontrolliert wür-

den. Das ist momentan außerhalb des Vorstellungsvermögens.

Damit zurück zum Möglichen: Zur Messung oder gar Modellierung einer solchermaßen differen-

zierten Situation war zwar ein Teil der Grundvoraussetzungen vorhanden, da der bei [Helber]

beschriebene Hitzdrahtreaktor prinzipiell die Möglichkeit bietet, in einem schmalen Spalt zwi-

schen Metall und Formstoff optische Analysen durchzuführen. Jedoch reichte die Empfindlichkeit

und Selektivität der Analyseinstrumente nicht, um Zwischenprodukte zu erkennen.

4.2.7 Andere Benzolquellen in der Form - die Glanzkohlenstoffbildungsreaktion

Zur Klärung der Glanzkohlenstoffbildung an der Metalloberfläche und einer möglicherweise damit

verbundenen Benzolbildung waren zwei Schlüsselfragen zu beantworten:

1) Ist die Benzolbildung mit dem Glanzkohle-Mechanismus gekoppelt?

2) Gibt es in dem Pyrolysegas der Kohle Bestandteile (Precursoren), die speziell für die

Benzolbildung verantwortlich sind?

Zur Beantwortung der ersten wurde zunächst einmal im strömenden System (Quarzsand, in den

eine Eisenperle eingebettet war und induktiv erwärmt wurde) festgestellt, unter welchen Bedin-

gungen Benzolbildung auftrat. Ergänzend hierzu wurden wiederum Experimente in einem nicht-

durchströmten, induktiv erwärmten Reaktor durchgeführt.

Die Versuche konzentrierten sich auf die Ausgangsstoffe Methan (CH4), Propan/Butan-Gemisch

und Ethin (HC=CH), da sich diese zuvor (außer Propan/Butan) als die wichtigsten Kohlenwasser-

stoffe aus der Kohlespaltung herausgestellt hatten.

Anhand von Untersuchungen und Literaturauswertungen war zuvor ausgeschlossen worden,

dass CO oder CO2 den Kohlenstoff für die GK-Bildung liefern. Es sind dies die Kohlenwasser-

stoffe, wobei jedoch CO oder CO2 – soweit vorhanden - durchaus indirekt an diesen Reaktionen

beteiligt sind. Zum Beispiel wird C durch CO2 in Form der Boudouard-Reaktion wieder abgebaut.

Das zeitaufgelöste Originaldiagramm (Grafik 21) des Massenspektrometers zeigt anhand der

hellgrünen Linie zunächst das Einströmen von Methan (15) und sodann die konsekutiv auftre-

tenden Spezies Wasserstoff (2) Ethin (26) und zeitgleich Spuren Kohlendioxid (44), Benzol und

Toluol. Beim Abschalten des Methanstroms gehen alle Spezies synchron zurück, bis auf den

Wasserstoff, der noch eine ganze Weile ein bisher nicht geklärtes Nachschwingen (oszillieren)

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44

zeigt. Dies muss mit einer unbekannten Spezies zusammenhängen, die zuvor Wasserstoff auf-

genommen hat und diesen jetzt, beim Ausbleiben der Zufuhr, stoßweise wieder abgibt. In Be-

tracht kommen abgeschiedener Glanzkohlenstoff oder der Sand.

Grafik 21: Das originäre massenspektrometrische Fraktogramm zeigt eine strenge Paral-

lelität zwischen Benzolbildungsrate (77 AMU) und Ethinbildung (26 AMU)

Ähnliche Kurven entstehen mit anderen Ausgangsstoffen, wobei in dem Temperaturbereich >

1000 ° C immer Benzol gefunden wurde.

Das thermisch sehr stabile Methan erfordert bei kurzen Reaktionszeiten von 0,1- 0,05 Sekunden

Temperaturen über 1300 °C bis zur völligen Zersetzung (Grafiken 22 und 23).

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Rest- CH4 nach Pyrolyse im KW-Ofen

y = -0,6371x + 849,05R2 = 0,5998

-50

0

50

100

150

200

250

300

350

1000 1050 1100 1150 1200 1250 1300

Ofentemperatur °C

Ion

enst

rom

E-1

1

CH4 Linear (CH4)

Grafik 22: Rest-Methan nach Durchlauf eine Pyrolysestrecke

Methanumsatz bei kurzen Reaktionszeiten

y = 0,0008x - 0,5691R2 = 0,6516

y = 0,0022x - 1,9592R2 = 0,7903

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

1,2

900 1000 1100 1200 1300 1400

Temperatur °C

Um

satz

Verweilzeit

Verweilzeit

Linear (Verweilzeit )

Linear (Verweilzeit)

Grafik 23: Umsatzraten von Methan als Funktion von Temperatur und Verweildauer

(Quadrate: mittlere Verweildauer 1,1 min, Rauten: mittlere Verweildauer 2 min)

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Durch längere Reaktionszeiten werden auch bei niedrigeren Temperaturen höhere Methanum-

sätze erreicht (Grafik 23). Bei 900 °C sind 2 Minuten bis zur völligen Umsetzung erforderlich.

Einwirkungszeiten von Minuten sind erst bei abklingender Gasentwicklung in der Form zu erwar-

ten; dann sind aber die Temperaturen in der Form deutlich niedriger als zu Anfang, so dass diese

Reaktion in der Regel gar nicht mehr stattfinden kann. Zu Gießbeginn hingegen entströmen der

rasch aufgeheizten, gussnahen Formschale reichlich Gase (siehe oben). Diese kühlen in den

durchströmten kälteren Formbereichen ab, so dass die Pyrolyseprodukte nur kurz im heißen Be-

reich verweilen.

Die Messwerte des hierbei freigesetzten Benzols wurden - bezogen auf Methan als Ausgangs-

komponente – formal nach einer Reaktion 2. Ordnung ausgewertet (Grafik 24). Über 1200 °C

führt die zunehmende Zersetzungsgeschwindigkeit zu geringeren Benzolraten.

Ratenkonstante Benzol 2. Ordnung

y = 0,0097x - 10,89R2 = 0,363

-2,5

-2

-1,5

-1

-0,5

0

0,5

1

1,5

900 950 1000 1050 1100

Temperatur °C

ln k

Grafik 24: Bestimmung der Reaktionskonstanten für die Benzolbildung aus Synthese

Die Methanzersetzung zu Kohlenstoff unter diesen Bedingungen läuft offensichtlich über C2-,

(C4-,) C6- und C10-Zwischenprodukte, da bei der Kurzzeitpyrolyse von Methan nebeneinander

Ethen und Ethin sowie Benzol und Naphthalin nachgewiesen wurden (Grafik 25). Diese traten

nur dann auf, wenn Methan im angebotenen Temperaturfeld nicht bis zur völligen Zersetzung

verweilen konnte, also im kinetisch und nicht im thermodynamisch kontrollierten Bereich.

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Verteilung der Produkte aus Methan bei 1070°C und einer Umsatzrate von 0,41

C2H235,0%

C2H457,2%

C6H67,2%

C7H80,6%

Grafik 25: Zersetzungsprodukte aus Methan

Aromaten aus Propan/ Butan (PB) und Ethin

y = -0,0003x2 + 0,4795x - 184,65

R2 = 0,806

0

10

20

30

40

50

60

400 500 600 700 800 900 1000 1100 1200 1300

Reaktionstemperatur °C

Ione

nstr

om E

-11

'C6H6 aus PB

'Toluol aus PB'C6H6 aus Ethin

Polynomisch ('C6H6 aus PB)

Grafik 26: Die Bildung von Aromaten bei verschiedenen

Ausgangsmaterialien und Reaktionstemperaturen

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Der Austausch von Methan gegen andere Kohlenwasserstoffe führte ebenfalls zur Aromatenbil-

dung. Diese erwies sich unvermeidlich bei der thermischen Zersetzung jeglicher Kohlenwasser-

stoffe in reduzierender Atmosphäre. So zeigt Grafik 26, dass auch aus Ethin oder Propan / Butan

(= PB) neben viel Russ Benzol gebildet wird. In beiden Fällen entstehen um 900 °C Benzol (und

auch Toluol) in maximaler Menge.

Da Methan (CH4) aus Molekülen mit nur je einem Kohlenstoffatom besteht, aber dennoch bei

seiner Kurzpyrolyse (u. a.) Benzol und Ethin bildet, ist hier ein starker Indikator gefunden, dass

bei Temperaturen von 900 °C bis etwa 1300 °C Synthesen in der Gasphase stattfinden und dass

diese über C2-Verbindungen als Zwischenstufen ablaufen. Auch liefert die trotz unterschiedlicher

Ausgangsstoffe entstehende Ähnlichkeit in der Gaszusammensetzung bei hohen Temperaturen

ein weiteres Indiz, dass dieselben Mechanismen wirksam sind. Die Veröffentlichungen von [Graf

et al. sowie die von Dong et al.] und die kinetischen Berechnungen, die im Folgenden noch ange-

sprochen werden, können als zusätzliche Bestätigungen gewertet werden.

Ein zusätzliches Indiz ist das konstante Verhältnis von Benzol zu Ethin von 0,326 bei der Me-

thanpyrolyse (Grafik 27).

Produkte Acetylen und Benzol bei Kurzpyroloyse von Methan

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

800 900 1000 1100 1200 1300 1400

Temperatur °C

Ion

en

str

om

x e

-11

C2H2 Int.x E-11C6H6 Int.xE-11

Grafik 27: Bildung von Ethin und Benzol aus Methan

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Spaltprodukte bei der Pyrolyse von Propan-Butan (PB)

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

600 700 800 900 1000 1100 1200 1300

Reaktionstemperatur °C

'C2H2

'C2H4

Polynomisch ('C2H2 )Polynomisch ('C2H4 )

Grafik 28: Bildung von Ethen und Ethin aus Propan/Butan-Gemisch

Bei der Pyrolyse von Propan-Butan hingegen ist dieses Verhältnis nicht konstant und deutlich

kleiner (Grafik 28). Offensichtlich wird aus den C-3- und C-4-Kohlenwasserstoffen unterhalb

900°C schon „direkter“ Benzol gebildet – vermutlich durch Addition von 2 C-3-Bruchstücken oder

durch Addition von C-2 an C-4.

Die eingangs gestellte Frage 2 „Gibt es in dem Pyrolysegas der Kohle Bestandteile, die speziell

für die Benzolbildung verantwortlich sind?“ kann damit eindeutig mit NEIN beantwortet werden –

die wichtigsten Kohlenwasserstoffe aus der Kohle bilden alle Benzol. So lässt sich zwar durch

Wahl der Kohlesorte ein gewisser Einfluss nehmen [LaFay und Neltner 1998], aber grundsätzlich

ist hierdurch Benzolbildung nicht vermeidbar. Da eine Kohle, die nicht vergast, auch keinen

Glanzkohlenstoff bildet, ist hier zumindest eine klare Kopplung zu erkennen, so dass die erste der

beiden Fragen über diese indirekte Verbindung ein klares JA erhalten muss.

So bleibt lediglich noch offen, ob sich in dem Glanzkohle-Bildungsmechanismus eine Stelle fin-

det, die man eventuell nutzen kann, um in die Benzolbildung einzugreifen.

Eine vollständige Aufklärung des Benzolbildungsmechanismus´ in der Gasphase ist bislang noch

nicht gelungen (letztes Review durch [Dong und Hüttinger] und diese Arbeit in 2003). Mit

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• dem Auffinden von Paraffinen [Helber 2000] parallel zur Glanzkohlenstoffabscheidung und

• mit den hier festgestellten Stoffen (Ethen, Ethin, Butadien, Butenin, 1-Butin-3-in), welche

die Benzolbildung regelmäßig begleiten

• und mit den zahlreichen Veröffentlichungen zur Kohlenstoffabscheidung an heißen Ober-

flächen und in angeregten Gasphasen [z. B. Schwärzler, Graf]

gibt es eine Reihe von Indizien, dass der im Folgenden vorgestellte Reaktionsmechanismus im

Ansatz zutrifft.

4.2.7 Reaktionsmodell der Benzolbildung

A) Der chemisch definierte Ansatz

Aufgrund der thermisch bedingten, starken Molekülschwingungen und Molekülstöße werden Bin-

dungsbrüche ausgelöst (vorrangig zwischen C-H, und C-C, da diese Bindungen vergleichsweise

„schwach“ sind). Aufgrund der Feinheit der Kohlestäube ist zu erwarten, dass die Bruchstücke

nicht zwingend im Kohlekorn selbst weiterreagieren, um sich zu stabilisieren, sondern dass sie

sich auch außerhalb in einer Sekundärreaktion sättigen [siehe Westerberg et al.]. Die niedermo-

lekularen und daher flüchtigen Bruchstücke treten dann als Radikale in die Gasphase über und

können mit anderen Gasmolekülen, Fragmenten oder den festen Oberflächen Folgereaktionen

eingehen (die hochmolekularen bleiben zurück und müssen sich anderweitig stabilisieren, bei-

spielsweise durch Umlagerung oder Spaltung).

Diese Fragmente oder flüchtigen Verbindungen können - wie beschrieben - zwei Schicksale er-

leiden

a) sie gelangen in heißere Zonen oder

b) sie gelangen in kältere Zonen.

In der kälteren Zone können sich vor allem thermisch (auch thermodynamisch) labile Zwischen-

produkte stabilisieren bzw. vor dem Zerfall „retten“, da sie dort eine höhere Existenzwahrschein-

lichkeit aufweisen. In der heißeren Zone unterliegen sie – mehr oder weniger unausweichlich -

Konsekutivreaktionen. Von den thermisch stabileren organischen Verbindungen war schon die

rede. Mit anderen, hier nicht eingesetzten und nicht näher beschriebenen Analysemethoden kön-

nen auch instabile Spezies detektiert werden. Jedoch sind manche Fragmente so instabil (kurzle-

big), dass sie sich mit heutigen Verfahren nicht erfassen lassen, was zur Konsequenz hat, dass

sich eine Reaktionszone der hier interessierenden Art nicht vollständig mit allen Bestandteilen

charakterisieren lässt.

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Charakteristisch sind sehr schnelle Reaktionsfolgen, die Radikalkettenreaktionen genannt wer-

den. Diese sind wenig selektiv und daher sind die chemischen Reaktionsfolgen auch extrem kom-

plex - fast alles reagiert mit fast allem. Bei Temperaturen oberhalb von 300 °C sollte aus thermo-

dynamischen Gründen gelten [Knacke et al.], dass Kohlenwasserstoffe nicht stabil sind.

CH4 ? C + H2 bzw. CnH2n + x ? Cn + (n + X/2)H2.

Dem ist jedoch nicht ganz so. Die Temperaturen sind zwar derart, dass schwächere Bindungen

(s. o.) aufgrund der heftigen Molekülschwingungen brechen. Jedoch werden auch neue ge-

knüpft, so dass auch neue Spezies entstehen und länger als andere überleben, wenn sie dafür

begünstigt sind. Daraus entsteht Selektion. Sie ist ein Grund, dass es bei Temperaturen ober-

halb von 1000 °C eine geringere Rolle spielt, welche Verbindung eingebracht wird. Die molaren

Verhältnisse der einzelnen Atomsorten gewinnen an Bedeutung.

Begünstigt sind Doppel- und Dreifachbindungen. Jedoch werden gerade diese von Radikalen

wegen ihrer hohen Elektronendichte bevorzugt angegriffen und bleiben deshalb nicht unangetas-

tet. Vielmehr stellen sie die Ausgangsbasis für die beobachteten Hochtemperatursynthesen dar.

Rascher Retro-Zerfall von Verbindungen und Fragmenten lässt nach außen den Eindruck auf-

kommen, dass bestimmte Bildungsreaktionen langsam verlaufen. Dies ist jedoch nur ein resultie-

render Effekt, der dann auftritt, wenn die Zerfallsreaktion fast so schnell ist wie die Bildungsreak-

tion, weil sich dann einzelne Reaktionsprodukte nur langsam kumulieren.

Unterbrochen wird die Molekülfragmentierung, wenn im Reaktionsraum eine kältere Stelle ist,

eine „Senke“, und diese Stelle kalt genug ist, um größere Moleküle daran kondensieren zu las-

sen. Diese sind dann dem System zwar nicht vollständig aber doch merklich entzogen. An sol-

chen kalten Stellen finden sich bevorzugt langkettige aliphatische Kohlenwasserstoffe („Paraffi-

ne“). An sehr heißen Stellen wächst dagegen Kohlenstoff an. Damit stellen sehr heiße Stellen

eine Senke dar für herandiffundierende Kohlenwasserstoffe.

An dieser „hot spots“ werden pro Mol Glanzkohle zwangsläufig 1 bis 3 Mol H2 produziert:

x C2H2 ? C2x + 1 H2

x CH4 ? Cx + 2 H2

2 CH4 ? C2H2 + 3 H2

Da Methan die überwiegende Komponente im aus der Kohle freigesetzten Kohlenwasserstoffge-

misch darstellt, lässt sich die hieraus gebildete Wasserstoffmenge zumindest näherungsweise

berechnen.

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Im Folgenden sind die Prinzipien der Radikal-Kettenreaktionen dargestellt. Dies ist von Bedeu-

tung zur Klärung des Benzolmechanismus. Die Spaltung des Methans oder von Wasserstoff als

Initialreaktion bedingt die Entstehung von zwei Radikalen. Diese können sich stabilisieren, indem

sie Wasserstoff von einem anderen Teilchen übernehmen und dadurch ein neues Radikal erzeu-

gen, welches die Kette fortsetzt. Es können aber auch zwei Radikale zu einem vollständigen Mo-

lekül reagieren (Kettenabbruch), was allerdings nicht so häufig vorkommt, weil die Radikalkon-

zentration in einem Gas von ca. 1300 °C nicht sehr hoch ist (bei Wasserdampf etwa 1 %). Vor-

rangig tragen Wasserstoff und Wasser zur Radikalkonzentration bei:

H2 D 2 H*

H2O D H* + OH*

Es stehen viele Reaktionswege offen und je länger die Reaktionskette anhält, umso größer ist

die Vielfalt an Reaktionsprodukten.

Vollständige Moleküle sind durch Unterstreichung gekennzeichnet, während Molekülfragmente (=

Radikale) durch ein Apostroph charakterisiert sind. Die Zuordnung des Apostrophs trifft zugleich

auch eine Aussage über die Position des ungepaarten Elektrons.

CH4 ? CH3‘ + H‘ H‘ + CH4 ? H2 + CH3‘ oder

CH3‘ + H‘ ? CH4 oder

CH3‘ + CH4 ? CH4 + CH3‘ oder

CH3‘ + CH3‘ ? CH3-CH3

Die entstandenen stabilen Produkte reagieren weiter. Auf- und Abbaureaktionen stehen in Kon-

kurrenz miteinander, was dazu führt, dass die Überlebenschancen von großen Molekülen in der

Gasphase immer geringer werden (Kohlenstoff ist eine Ausnahme).

CH3-CH3 + H‘ ? CH3-CH2‘ + H2 CH3-CH2‘ + CH3‘ ? CH3-CH2-CH3 Aliphaten oder

(+ H‘ ; CH3-CH2‘ ; H2; CH4) oder

CH3-CH2‘ ? CH2=CH2 + H’ Olefine /(Alkene)

CH2=CH2 + R‘ ? CH2=CH’ + R CH2=CH’ + CH3‘ ? CH2=CH-CH3 (Propen) oder

CH2=CH’ ? CH=CH + H’ Acetylide/(Alkine)

Erst die Entstehung von Alkenen und Alkinen ermöglicht einen systematischen Aufbau höherer

Moleküle wie Butenin oder Benzol.

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CH=CH + R‘ ? CH=C’ + R CH=C’ + R‘ ? CH=C-R (Alkin) oder

CH=C’ + CH=C’ ? CH=C-C=CH (Butin-3-in) oder

CH=C’ ? Russ (= polymerer C) + H’ oder

- je nach Milieu - auch Fullerene oder Pyrokohlenstoff

u. s. w.

Für die Bildung von Benzol in der Gasphase gibt es noch keine Klarheit über die Reaktionsfolge

von C4 nach C6. Die Nachweis-Schwierigkeiten werden möglicherweise schon dadurch ein wenig

verdeutlicht, als dass es mit der Summenformel des Benzols C6H6 allein 16 stabile Verbindungen

gibt, die sich bei den hohen Temperaturen eventuell in das wesentlich stabilere Benzol umlagern.

Folgende Varianten werden in der Literatur vorgeschlagen [Wang und Frenklach.]:

1. Ringschluss eines Butadienyl-Radikals mit Ethin (Tieftemperatur-Route)

2. Dehydrierung eines Butadienyl-Radikals zu Butenin, Wasserstoffabspaltung, Addition an

Ethin und Ringschluss unter Bildung eines Benzylradikals (Hochtemperatur-Route)

3. Allen reagiert mit einem Propinyl-Radikal zu 1-Hexen-5-inyl-Radikal unter Bildung eines

Dihydro-Fulvenylradikals (C3-Route)

CH2=C=CH2 + *CH2-C=CH ? CH2=*C-CH2-CH2-C=CH ? CH2=C

? Benzol + H*

Die Vorstufen zum Benzol bei der thermischen Synthese sind so instabil (kurzlebig), dass sie bis

heute nicht sicher nachgewiesen werden konnten. Diese Problematik bedingt, dass eine che-

misch geschlossene Darstellung der Benzolbildung heute noch nicht möglich ist. (Im Projekt

konnten solche Details nicht geklärt werden.)

Da Wasserstoffradikale auch den frisch gebildeten Kohlenstoff wieder angreifen können, wird aus

der Reaktion ein Zirkelschluss, der dazu führt, dass die Reaktionsfolge nur sehr langsam zu Ende

kommt (Stunden sind möglich). Kohlenstoff ist in diesen Zyklen ein Polymerisationsprodukt oder

ein Kondensationsprodukt oder eine gemischte Form von beiden (siehe dazu Grafik 5). Es gibt

keine Hinweise, dass Methan zugleich 4 Wasserstoffatome verliert, was den Schluss nahe legt,

wenn auch nicht zweifelsfrei beweist, dass die Glanzkohle über den dargestellten Ethen-Ethin-

Zyklus (plus Abbaureaktionen) entsteht wie auch die Palette der höheren Kohlenwasserstoffe.

Die Kohlenwasserstoffe sind allesamt Zwischenstufen auf diesem Weg. Dazu ist es im Ergebnis

gleichgültig, ob sich höhere polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe dort schon befunden

haben oder ob sie sich über diesen Zyklus erst bilden müssen. Ersteres kann die Bildung be-

schleunigen.

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Je nach Bedingungen erscheint der Kohlenstoff in verschiedenen Modifikationen, von denen seit

neuerem nicht nur Grafit und Diamant bekannt sind sondern auch Mischformen („turbostratischer

Kohlenstoff“) wie Pyrokohlenstoff und Russ sowie Fullerene und Polyyne. Diese Vielfalt an

Grundformen und Mischtypen macht es zur Zeit ebenfalls unmöglich, die Reaktionsfolgen, soweit

es Umsetzungen unter Beteiligung von elementarem Kohlenstoff betrifft, in einem korrekten che-

mischen Gleichungssystem zu beschreiben. Vielmehr sind Näherungslösungen anzuwenden.

Zur Abrundung des Befundes: Die Bildung von Radikalionen (elektrisch geladenen Fragmenten)

besitzt bei diesen Temperaturen keine Bedeutung [Janev et al.]. Es kann nicht ausgeschlossen

werden, das größere Kohlenstoff-Cluster thermische Elektronen einfangen und aufgrund ihrer

Aufladung z. B. durch einen stromdurchflossenen Draht angezogen werden. Jedoch besitzen

thermische Elektronen bei 1300 °C nur eine Energie von < 1O eV, was nach Janev et al. zumin-

dest bei Methan und Methylfragmenten eben nicht ausreicht, um geladene Teilchen zu erzeugen.

Ionische Wechselwirkungen als eine potentielle Alternative zum vorgestellten Reaktionsmecha-

nismus an heißen Oberflächen können damit - zumindest für die kleinsten Kohlenwasserstoffmo-

leküle - ausgeschlossen werden, wodurch der Radikalkettenmechanismus zumindest für die Bil-

dung keiner Einheiten ohne Alternative dasteht und in Verbindung mit Fragmentierungen und

Umlagerungen alle Reaktionsmuster und Produkte erklärt. Für größere aromatische Moleküle und

Cluster muss das nicht gelten.

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B) Der formalkinetische Ansatz

Der kinetische Ansatz erklärt die Beobachtungen überzeugend, ist aber nicht lückenlos. Das ist

ein häufiger Fall, weil der Nachweis von Elementarreaktionen und die Bestimmung von deren

kinetischen und thermodynamischen Konstanten einen sehr großen und sehr speziellen Aufwand

bedingt, der fast nur von Großforschungseinrichtungen durchgeführt werden kann. In der Praxis

bedient man sich daher häufig so genannter formalkinetischer Konstanten. Dabei beachtet man

nicht die Elementarreaktionen wie Elektronenübergänge, Umlagerungen, aktivierte Übergangszu-

stände, sondern fasst eine ganze Reaktionskette zu einem einzigen Reaktionsschritt zusammen,

eben zu einer Pseudo-Reaktion. Dieser Gesamtreaktion kann man dann durch Messung formale

kinetische Parameter zuordnen und auch sinnvoll damit Berechnungen anstellen. Das wurde hier

getan, um für die Benzolbildung temperaturabhängige Bildungsraten angeben zu können. Diese

werden selbstredend für Berechnungen und Simulationen benötigt.

Den formalen Reaktionen liegt folgendes Reaktionsmodell, dargestellt in Grafik 29, zugrunde

(„CFZ-Modell“):

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Chemisches Freisetzungs-Zersetzungsmodell der Glanzkohlenstoffbildung (CFZ)

Fe Z F

• Die Schmelze (Fe) heizt die Grenzfläche der Form auf • Zunächst Freisetzung und Zersetzung am Formrand (Z) zu Glanzkohle und

Gießgas (GG) • Später liefert Freisetzungszone (F) Flüchtige (Fl) an Zersetzungszone (Z)

Temperatur 1300 °C 1100 900 700 400 300

Zeit nach Gießen Min. 1 2 3 4 minminMMMinuten

Fe

Form

Fl

GG

Grafik 29: Reaktionszonenmodell auf der Basis experimentell ermittelter,

temperaturabhängiger Bildungs- bzw. Zersetzungsraten

Nach diesem schematisierten Modell der Glanzkohlenstoff- und Gasbildung entstehen reaktive

Gase (und schädliche Aromaten) bevorzugt im thermischen Bereich zwischen Zersetzung und

Freisetzung der Flüchtigen, also zwischen 400 und 900 °C. Ein Teil der Bruchstücke kann sich zu

neutralen Molekülen stabilisieren und entweichen. Der andere Teil zersetzt sich weiter in der

Hochtemperaturzone und geht größtenteils in Kohlenstoff und Wasserstoff , kleineren teils auch

in den Radikal-Ketten-Zyklus über. Wird dies bei der Modellierung (der Zersetzungsreaktion der

Flüchtigen aus Kohle oder Harz) berücksichtigt, so ergibt sich ein 3-Stufen-Mechanismus aus

Entbindung Transport und teilweiser Zersetzung der Flüchtigen unter Kohlenstofffreisetzung.

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In diesem stark vereinfachten Modell werden anhand der oben schon eingeführten drei Tempe-

raturgrenzen Freisetzungs- und Zersetzungsbereich definiert (400 °C – 900 und 900 bis 1300 °C).

Flüchtige strömen sowohl zur Zersetzungszone als auch nach außen, in der Hochtemperatur-

Zersetzungszone entstandene Zersetzungs- oder Syntheseprodukte strömen nur nach außen.

Andere Transportvorgänge im Gasraum werden nicht berücksichtigt (so auch nicht die Kondensa-

tion). Die Freisetzungszone ab 400 °C (bei Kohle) bestimmt die maximal mögliche Menge an ab-

geschiedener Glanzkohle und freigesetzten Gasen, die Zersetzungszone bestimmt den Ort der

py-C-Entstehung und der Bildung von weiteren Pyrolysegasen (und der Synthese von Benzol

oder anderen Aromaten). Jedes Volumenelement der Form mit der Masse M löst beim Erreichen

der jeweiligen Entbindungs- oder Zersetzungstemperatur chemische Reaktionen aus. Die jeweili-

ge Gesamtmenge an Glanzkohle, Gas oder auch Benzol ergibt sich näherungsweise aus der

Summe der erhitzten Einzelelemente der Form ab 400 °C für Freisetzung der Flüchtigen - und ab

900 °C für Pyrolyse und Abscheidung. Die tatsächlich in die Zersetzungszone gelangenden

Flüchtigen werden danach reagieren, wie lange sie in dieser Zone bleiben und wie weit sie die

„Temperaturrampe erklimmen“. Dies wird durch eine Korrekturfunktion ausgedrückt, die als Kor-

rekturfaktor ausgewiesen ist (Splitting-Faktoren aus dem Wärmefront-Modell inbegriffen).

Die bei der jeweiligen Temperatur erzeugten Produkte (hier BTX in mg/g Formstoff) lassen sich

nach diesem Modell folgendermaßen beschreiben:

Benzolbildung: B (T) = M (T) x fSFl UB (T) x fSp + (1 - fSp) x UZ (T)

UB(T) Bildungsraten BTX in niedrigen Temperaturbereich „Freisetzungsmechanismus“

Uz (T) Bildung von BTX im hohen Temperaturbereich nach „Zersetzungsmechanismus“

M (T) Masse des auf die Temperatur T aufgeheizten (und dadurch wasserfreien) Formelemen-

tes in g

fSFl Massenanteil Flüchtige im Formstoff m/m im Intervall 900 – 1300° C

f Sp Splitting-Faktor der in die Freisetzungszone diffundierten Flüchtigen (m/m l) – unter 900 °

C definitionsgemäß 1

(T) Kennzeichen für temperaturabhängige Funktion

t Temperatur in °C

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Dabei sind UB und UZ die oben erwähnten Umsatzraten im unteren und im oberen Temperatur-

bereich. Um fSp zu bestimmen, muss man experimentell die Bildungsrate für BTX an dem Punkt

ermitteln, wo das Metall auf 900 °C abgekühlt ist. Dort wird fSp = 1 und der rechte Term damit

definitionsgemäß 0. Damit ist der Spezialfall Aluminiumguss beschrieben.

Oberhalb der 900 °C–Grenze sind beide Reaktionen wirksam. Für den eindimensionalen Fall

lässt sich eventuell oberhalb 900 °C durch Messung der Glanzkohlenstoffbildung und gleichzeiti-

ge Messung der Benzolbildung (bei bekannter Korrelation zwischen GK und Benzolmenge) der

Anteil UZ und damit fSp bestimmten. Dies konnte jedoch technisch nicht realisiert werden. Statt-

dessen muss die Umsatzrate (die den Splitting-Faktor beinhaltet) experimentell bestimmt werden

(siehe oben).

Bei [Glasier et al.] (Tabelle 4) wurde die einzige Relation gefunden, die quantitativ die Glanzkoh-

lenstoffbildung beschreibt. Damit wäre ein prinzipieller Ansatz zur Lösung des Splitting-Problems

gegeben. Diese Relation beruht auf einer linearen Abhängigkeit der Glanzkohlenstoffbildung von

der Benzolbildung. Der Ansatz ist empirisch und erscheint aussichtsreich als Ansatz für eine zu-

künftige mathematische Lösung (geringerer Kalibrieraufwand).

Tabelle 4:

Benzolbildung

Reaktion Parameter Erläuterungen

empirisch KpyC ˜ 2 ka [C2H2] + 6 kab[C6H6] Faktor 2 in 2 C2H2 ist rein empirisch

kab = (3,5 ± 0,3) * 10 exp-3 s-1

EA = 412 ±15 kJ/mol (siehe [Glasier] !)

Glasier et al. benutzten die Zerset-zungsreaktion (Rückreaktion) des Benzols zur Bestimmung der C-Bildungsrate

Bei Reaktionszeiten (an der heißen Oberfläche von > 1 s verschwindet die Korrelation zwischen

Kohlenstoff und Benzol [Glasier]. Als Ursache hierfür gilt (auch hier) der thermische Abbau des

Benzols.

[Glasier and Pacey] erkannten auf eine Reaktionsordnung 1 vom Benzol zum py-C, jedoch gibt

es in ihren Untersuchungen Hinweise, dass eine andere Komponente, die linear mit der Benzol-

konzentration korreliert, den „Bottleneck“ darstellt und damit die Bildungsrate von py-C bestimmt.

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Die Gesamtmenge des nach außen freigesetzten Benzols ergibt sich in einem solchen Modell

durch Summierung aller über 400 °C erhitzten Einzelelemente M der Form. Dazu liefert eine

Temperaturfeldberechnung die Grundlage. Mit Hilfe des verfügbaren Simulationstools (siehe Kap

2) beim Gießen lassen sich so sowohl der Verlauf als auch die Gesamtmengen darstellen.

Damit ist ein simples Modell angesprochen, welches nur auf der Temperaturfeldsimulation auf-

setzt. Die Simulation liefert eine Verteilungsfunktion (Klassierung) von Volumenelementen, die

eine bestimmte Maximaltemperatur erreichen, und berechnet zu dieser Maximaltemperatur gehö-

rige formale Bildungsrate an Benzol, ohne Berücksichtigung von Haltezeiten. Damit wurde bereits

in der Praxis gearbeitet.

Der Verfeinerung dieses Modells sind keine grundsätzlichen Grenzen gesetzt. So werden im fol-

genden zwei Modellvarianten angesprochen, beide mit jeweils deutlich höherem Differenzie-

rungsgrad.

Der erste dieser beiden Ansätze ist später an dieser Stelle beschrieben (Kap. 4.2.2). Er basiert

auf der Kombination des Wärmeflussmodells mit einem Transportmodell unter Berücksichtigung

von Reaktionen in der thermodynamischen Beschreibung nach Arrhenius. Dieser Ansatz ist in

den Arbeiten des Projektpartners MAGMA realisiert. Er benötigt Reaktionskonstanten. Für einen

kleinen Ausschnitt der in der Form ablaufenden Vorgänge können solche Reaktionskonstanten

bereitgestellt werden (Tabelle 5). Für die hier interessierenden Benzolfreisetzungen wurden sie

im Rahmen des Projektes an einem Formstoff für ein thermisches Profil aus den o. g. Messungen

ermittelt (ebenfalls Tabelle 5)

Tabelle 5: Übersicht über formalkinetische Daten zur Benzolbildung und –zersetzung

Reaktion / Quelle Aktivierungsenergie Ea in kJ/mol

Reaktionsfrequenz ln k0 in s-1

Reaktionsordnung

Benzolpyrolyse <Glasier 2000>

268 22 1

Kohlepyrolyse zu Teer <Arendt 1980>

105 17,4 1

Methanpyrolyse zu Benzol <diese Arbeit>

56 7,2 1

Methanpyrolyse zu Benzol <diese Arbeit>

160 14,2 2

Kohlepyrolyse zu Benzol <diese Arbeit>

51 11,9 1

Kohlepyrolyse zu Benzol <Kaiser 1986>

96 9,8 1

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60

Das zweite Modell ist das oben beschriebene kinetische Reaktionsmodell, wenn dieses mit dem

Wärmetransportmodell und dem Transportmodell gekoppelt wird. Dieser Fall wird hier nicht weiter

vertieft, weil ihm zur Zeit aufgrund seines Entwicklungsaufwandes und seines immensen Rechen-

leistungsbedarfs für die Gießereipraxis kaum eine Realisierungschancen eingeräumt werden.

4.2.8 Benzolbildung - Zusammenfassung

Die Benzolbildung ist eine sehr untergeordnete Erscheinung im Reaktionsgeschehen einer Form.

Jedoch bedingt dessen umwelthygienische Relevanz, diesen Aspekt vorrangig zu behandeln.

Das Ausgangsmaterial für die Benzolbildung ist – wie bereits erwähnt – die Kohle selbst, und zum

zweiten sind es die Zersetzungsgase „Flüchtige“ der Kohle, die an der > 900 °C heißen Metall-

oberfläche in Radikale spalten, die sich wiederum zu kleineren Einheiten stabilisieren oder in

Form von Radikalkettenpolymerisationen weiterreagieren und die hierbei (trotz der hohen Tempe-

ratur) größere Kohlenwasserstoffmoleküle aufbauen, darunter Toluol, Naphthalin und eben Ben-

zol – in der weiteren Folge auch Teer und Glanzkohle.

Das Benzol ist in dieser Kette ein wichtiges und gut nachweisbares Zwischenglied, weil es in der

Regel hinter C1, C2 und C4 (Butadiin etc.)-Verbindungen die höchste Konzentration einnimmt.

(Die Konzentrationen an höheren Kohlenwasserstoffen wie C10 werden in einem typischen Reak-

tionsgemisch immer geringer, dafür wird die Zahl an Isomeren – d. h. indirekt an alternativen Re-

aktionswegen - immer größer).

Benzol hat im Hochtemperatur-Mechanismus, je nach Vorläufersubstanz, seine maximale Bil-

dungsrate bei etwa 1000 °C. Wenn Methan die Ausgangsstufe ist, liegt das Maximum der Reakti-

onsgeschwindigkeit bei 1100 °C, das Methan ist nicht sehr zerfallsfreudig bei 1000 °C. Bei 1300

°C hat Benzol keine nachweisbare Existenz.

Die Benzolquellen und –senken sind dieselben wie für Methan (siehe Hauptreaktionen), bis auf

die Abweichung, dass Methan nicht im Formstoff kondensiert. Daher kann die Methanbildung

ähnlich der Benzolbildung behandelt werden.

Benzol hat zwei generelle Bildungswege, die im Einzelversuch etwa gleich effizient sein können,

aber in der realen Form von den Rahmenbedingungen bestimmt werden (dem Diffusionsstrom

zur heißen Wand als Pyrolysesenke und Pyrolysequelle, der Temperatur der Metalloberfläche,

etc.), der Abkühlgeschwindigkeit.

Keinen erkennbaren Beitrag zur Benzolfreisetzung liefert nach den Tiegelversuchen der Tempe-

raturbereich von 400-700 °C, soweit zeitgemäße Glanzkohlenstoffbildner ohne Teer- und Pech-

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61

anteile eingesetzt werden. Festgestellt wurden jedoch Umsetzungen der Flüchtigen bei 700-900

°C zu Aromaten.

Es wurden keine Sekundärprodukte gefunden, die auf Folgereaktionen bei tieferen Temperaturen

hätten schließen lassen z. B. Umsetzung der Gießgase untereinander zu neuen Kohlenwasser-

stoffen (nur Hauptkomponenten konnten detektiert werden).

Die aus anderen Fachdisziplinen veröffentlichten Ergebnisse lassen sich nach diesem Befund

ohne Widerspruch auf die Gießform übertragen. Das ist eines der wesentlichen Ergebnisse, weil

sich dadurch die Grundlagenarbeit weniger aufwendig darstellt.

In Kapitel 4.2 wird auf die Kopplung zwischen chemischer Kinetik und Transportvorgängen ein-

gegangen. Dies ist ein wichtiges Element, wenn es darum geht, im chemischen Modell Effekte

der Verdünnung, der Wärmeübertragung und der Verweildauer zu berücksichtigen.

In Kapitel 4.3 wird an diese Ergebnisse angeknüpft mit dem Ziel, Maßnahmen zur Unterdrückung

der Benzolbildung zu definieren.

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4.2 Transportmechanismen und mathematische Transportmodellierung

4.2.1 Experimentelle Ergebnisse und Grundlagen für ein Transportmodell

Wie beschrieben, sind die Reaktionen in der Gießform kinetisch kontrolliert. Damit spielen die

Transportvorgänge (siehe Kontaktzeit, Splitting-Faktoren, Abkühlgeschwindigkeit etc.) eine ganz

entscheidende Rolle. Sie bedingen sich wechselseitig. Daher ist es nicht möglich, die Transport-

dynamik ohne die chemische Dynamik modellhaft zu entwickeln. Wegen der Komplexität kann

dies allerdings nur in Schritten vollzogen werden. Der erste Schritt wird hier dargestellt.

Bedingungen in einer Gießform (phänomenologisch)

Das Druckfeld in der Form ist (neben der thermischen Molekularbewegung) die treibende Kraft

des Stofftransportes. In einer Gießform wird das Druckfeld vorrangig von folgenden Mechanis-

men beeinflusst:

Ø einströmendes Metall (Verdrängung / dynamischer Druck)

Ø metallostatischer Druck (als lastende Säule auf einer Form-Grundfläche die zu einer (vo-

rübergehenden) Kompression des Gases führt, bis Druckausgleich erfolgt ist

Ø thermische Ausdehnung des Gasvolumens

Ø Verdampfung

Ø chemische Reaktionen mit Volumenänderungen in der Reaktionsbilanz (Beteiligung gas-

förmiger Edukte/Produkte)

Ø Kapillarkräfte zwischen flüssigem Metall (hier vernachlässigt) und Formstoffgranulat

Ø innere Reibung bei Gasströmung (anfangs bei Metallströmung).

Da die Form offen ist, können in der Gasphase nur dynamischer Drücke eine Rolle spielen. Diese

sind vorübergehend und lokal, da die Form keine homogene Phase darstellt. Als Quellen be-

zeichnet man die Felder höheren Drucks und als Senken die mit den niedrigen Drücken. Um das

Fließen von Gasen berechnen zu können, müssen alle Quellen und Senken bekannt sein.

Im Folgenden wird der generelle Ansatz gemacht, die Quellen und Senken einer Gießform zu

definieren. Dazu wird nochmals Grafik 9 aufgegriffen und modifiziert, um die Quellen und Senken

zu lokalisieren. Die nachfolgende Grafik 30 symbolisiert und beschreibt also wiederum die we-

sentlichen Prozesse, dieses Mal mit der Betonung auf den Stofftransport.

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Grafik 30: Grundstruktur und Systematik des Transportsystems,

das mit dem Reaktionssystem gekoppelt ist

Das Reaktionssystem besteht links aus der (mitreagierenden) Wärmequelle, der thermischen

Front (rechts in schwarz-rot), die längere Zeit eine Druck- (Verdampfungs-), Reaktions- und Kon-

densationswelle vor sich herschiebt, aus Wasser abgebendem, porösem Bentonit („Bentonit-

Trocknung“) der größere Partikel an Kohle umgibt, (welche wiederum größere Partikel von Form-

grundstoff umgeben), einem Sektor der Glanzkohlenstoffbildung (heterogen) auf der Metallober-

fläche (schwarz), einem Sektor der (Hochtemperatur)-Kohlenwasserstoff-Synthese (genannt

„Synthese“) in dem das Phänomen „Rückdiffusion“ oder auch „Rückkonvektion“ wichtig ist, einem

Sektor der (homogenen und heterogenen) Reaktionen zur Stabilisierung der Gasphase und –

letztlich - einer Zuordnung von Reaktionen zu Sektoren, in denen (u. a.) Benzol gebildet wird oder

werden kann.

Das System „abgegossene Form“ besitzt mindestens 6 (!) Quellen der Gießgasbildung. Quelle

bedeutet hier ganz allgemein, dass dort ein flüchtiger Stoff entsteht und damit auch Gasvolumen

gebildet wird (während mit Senke das Gegenteil definiert ist).

Quelle 1: das heiße Metall selbst inkl. eines Diffusionsschicht dahinter (Fe + H2O = FeO + H2 ?).

Eisen reagiert mit Feuchtigkeit unter Bildung von Wasserstoff (Anfangsphase)

Quelle 2: der Bentonit als Wasserdampf abgebender Stoff wird auf Temperatur > 100 °C ge-

bracht („Bentonit“ • H2O = oolit. Bentonit + H20G?).

Quelle 3: die sich erhitzenden Kohlenstoffpartikel („Kohle“ = CH4 ? + Koks + Teer ?? ).

Gasfluss

heißes, zu-nehmend abkühlen-des Metall

Rückdiffusion

Wasserwolke

Wärmefluss

Bentonittrocknung

Kohle-zerset-zung.

KW-Wolke

Kondensation

Synthese Stabilisierung

Temperaturgrenze Wärmefront Grenze Atmosphäre Stoffaustausch mit dem Metall

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Kohle pyrolysiert und bildet Gase, Teer und Koks, kurz nachdem alles Wasser in der

Umgebung der Wärmefront verdampft ist (ab ca. 400 °C siehe 4.1).

Quelle 4: die damit gekoppelte Teervergasung und -zersetzung tritt ein > ca. 700 °C

(„Teer“ = H2 ? + CH4 ? + Russ).

Quelle 5: der Gasraum in den Formstoffporen (2 CH4 = C2H4? + H2?) reagiert in Form von Radi-

kalkettenreaktionen bei etwa > 1000 °C.

Quelle 6: die heiße Metalloberfläche als Senke für Kohlenwasserstoffe und Entstehungsstelle

von neuen Kohlenwasserstoffen (z. B. langkettige Alkane) und Wasserstoff

(CH4 = CGK + 2 H2 ?). Die Glanzkohlenstoff-Bildungsreaktion wird sofort aktiv, wenn oxi-

dierende Stoffe verdrängt oder in Reaktionen verbraucht sind.

Hinter jeder Quelle ist eine typische Reaktion vermerkt, bei der aus kondensierter Phase Gas

entsteht oder bei der aus Gas ein Vielfaches an neuen Gasen entsteht - sich demnach unter be-

stimmten (thermischen) Bedingungen ein dynamischer Druck entwickeln kann.

Im ersten Fall ist es eine Reaktion von Wasserdampf mit flüssigem Eisen, die zur Wasserstoffbil-

dung führt, im zweiten Fall eine generalisierte Zersetzungsreaktion der Kohle, im dritten die ther-

mische Spaltung (siehe Kap. 2) von Teer aus der Kohle, im vierten die Basisreaktion der Benzol-

bildung (siehe unten), im fünften die Basisreaktion der Glanzkohlenstoffbildung und im sechsten

die Verdampfung des Wassers aus dem Bentonit. Da alle diese Reaktionen an verschiedenen

Stellen in der Form stattfinden (und es gibt noch Dutzende oder Hunderte andere), lässt sich eine

Gastransportsimulation im strengeren Sinne nur durchführen, wenn die zeitlichen Aktivitäten und

räumlichen Bereiche der einzelnen Quellen bekannt sind.

So sind alle Einflüsse berücksichtigt, die die chemische Zusammensetzung der Gasatmosphäre

verändern, also auch reine Wasserabgaben.

Als 7. Quelle ist die Wiederverdampfung von kondensierten organischen Stoffen zu betrachten,

die prinzipiell identisch ist mit der Wasserwiederverdampfung, welche durch die voranschreitende

Wärmewelle zustande kommt und für jeden kondensierbaren Stoff getrennt gezählt werden muss,

weil die individuellen Dampfdrücke und Siedepunkte unterschiedliches Verhalten bedingen.

Das „System“ enthält weiterhin (mindestens) vier Senken (drei für nicht kondensierbare Gase) für

Gießgaskomponenten:

Senke 1: die heiße Metallwand (Verluststelle für Wasserdampf, Methan etc.).

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Senke 2: der Gasraum als Reaktionsraum (für Teer, Russ, Kondensate).

Senke 3: die Umgebung (rechte Phasengrenze für Nicht-Kondensierte).

Senke 4: die Kondensationsfront oder –strecke.

Reaktionen der Gasphase mit dem Formstoff sind nicht berücksichtigt.

Von den physikalischen Kräften sind die Kapillarkräfte hier vernachlässigbar, die anderen sind gut

definiert mit Ausnahme der inneren Reibungskräfte, da die Gasviskositäten von der Gasphasen-

zusammensetzung abhängen (siehe unten). Um hier zu belastbaren Aussagen zu finden, sind

jedoch alle chemischen Reaktionen zu klären, die auf das Gasvolumen Einfluss nehmen können.

Einige wichtige wurden in der Quellen- und Senkenbeschreibung genannt. Es hätte aber den Ra-

hmen des Projektes völlig gesprengt, diesen Punkt erschöpfend zu behandeln.

Im Folgenden ist gezeigt, was die experimentellen Befunde hierzu aussagen. Ein interessantes

Ergebnis zu dieser Problematik enthält Grafik 31. In ihr sind Gasabgabemessungen zusammen-

geführt, die die Formstoffbestandteile reiner Quarzsand (gelb), Formsand + Bentonit /Wasser

(blau) sowie Formsand + Bentonit/Wasser + Glanzkohlenstoffbildner nach gleichen Bedingungen

generieren.

Welche Volumenanteile bei der Gießgasbildung bzw. dem Druckaufbau den drei Grundmecha-

nismen

1. thermische Permanentgasausdehnung (P x V = n x R x T)

2. Wasserdampfbildung (mit und ohne Kondensation)

3. Zersetzung der Kohle

zukommen, ist aufgrund der vielen Einflussfaktoren vom Einzelfall abhängig.

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Gasabgabe Formsand aus Tiegel

y = 0,165xR

2 = 0,9506

0

10

20

30

40

50

60

70

0 50 100 150 200 250 300 350 400

Zeit in Sekunden

Gas

men

ge in

ml

Bent.+Wasser

FormsandSand am11.03

Linear (Formsand)

Grafik 31: Formsand entgast im Tiegelversuch 4 Minuten lang mit stetigem Gasstrom; der

feuchte Bentonit als Wasserdampflieferant trägt zu Beginn dazu wesentlich bei (blau) (Glastiegel 14 x 100 mm, 1,4 g Fe umgeben mit 6 g Formsand, Sand-Bentonit-Wasser und reinen Quarzsand,

induktiv mit voller Leistung erwärmt, Gasvolumen durch Verdrängungsprinzip ermittelt)

Bei der in GELB dargestellten Versuchssituation (Eisen + trockener Quarz) wird auf den ersten

Blick keine „Gasbildung“ erwartet. Wenn dennoch ein Signal erhalten wird, dann zum Einen durch

den Wärmeeintrag in das Messgefäß, der bei 0 s beginnt und eine Volumenausdehnung der

Gasphase bewirkt, solange die Wärmequelle aktiv bleibt. Diese Kurve sollte sich asymptotisch

einem Maximalvolumen nähern, sobald (bei konstanter Heizleistung des Ofens) thermisch ein

stationärer Zustand erreicht ist. Dem steht ein Wendepunkt bei etwa 150 s entgegen. Dieser

Wendepunkt kann nur durch einen zweiten Mechanismus ausgelöst sein, welcher die Ursache für

den zweiten Mechanismus ist. Dieser lässt sich durch Bestimmung der Gaszusammensetzung

aufklären und besteht in der Oxidation des Kohlenstoffs im Metall durch Wasser und Sauerstoff

(Grafik 32).

Der zweite Gasbildungsverlauf (BLAUE Kurve) unterscheidet sich vom ersten durch den Wasser-

dampfanteil, der aus dem Bentonit ausgetrieben wird.

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In der rosafarbenen Kurve kommt die Addition der beiden erstgenannten Effekte mit dem Beitrag

des Glanzkohlenstoffbildners zur Gasbildung zum Ausdruck.

Der Gang der rosafarbenen Kurve entspricht den Erfahrungen, wie sie auch mit Kernbindern (Po-

lymerharzen) gewonnen wurden. Der vordere Teil der Kurve bis etwa 120 s entspricht der blauen

Kurve. Bis dahin ist die auf den GKB einwirkende Temperatur offensichtlich noch nicht ausrei-

chend hoch, um die Kohlepyrolyse auszulösen. Da die Wasserverdampfung ein stark endother-

mer Vorgang ist, bleibt die Temperatur für eine ganze Weile am Siedepunkt des Wassers stehen.

Erst wenn die Wasserverdampfung weitgehend abgeschlossen ist, steigt die Temperatur im

Formstoff schroff an.

Der Vergleich der Kurven lässt erkennen, dass für die gewählte Versuchanordnung – und nur

dafür – der Beitrag des GKB zum Gasvolumen im Maximum etwa gleich ist wie der Beitrag durch

die anderen beiden Effekte zusammen.

Solche Vergleiche sind stark von den Versuchsbedingungen abhängig und daher nicht ohne wei-

teres verallgemeinerbar. Der entscheidende Aspekt ist darum nicht das absolute Verhältnis der

Volumenanteile Gas aus den verschiedenen Quellen der Form sondern die Information, dass

schon völlig trockener Sand a) durch Reaktionen des Metalls mit Luft und b) durch die Wärme-

ausdehnung der eingeschlossenen Porenraumluft erheblich zum Gasvolumen beiträgt. Diese

Reaktion bricht aber in dem Moment ab, in dem sich eine Kohlenstoffschicht auf die heiße Metall-

oberfläche legt. Die violette Kurve beinhaltet sowohl die Anfangsbedingung der gelben Kurve als

auch diesen Abbruch und ist daher geeignet, als Basis für die Quantifizierung der Gasfreisetzung

zu dienen.

Der Wasseranteil, der theoretisch bei weitem den größten Gasanteil ausmachen sollte, wird

durch Kondensation schon in der Form (Schichtdicke Formstoff etwa 4 cm) fast völlig neutrali-

siert, das heißt, er trägt nur im heißen Teil der Form dominant zum Transport bei. Darauf sattelt

sich ein relativ bescheidener Anteil Gießgas auf, welches vorrangig aus H2 und CO zusammen-

gesetzt ist (ca. 60 – 90 %).

Aus der linearen Regression ergeben sich in 5 Minuten 50 ml Gas pro 4 g Sand und eine spezifi-

sche Gasfreisetzung unter diesen praxisnahen Bedingungen von 12 ml/g Formstoff. Dieser ist nur

im geringen Umfang der thermischen Volumenvergrößerung der Porenluft im Sand und die Ver-

dampfung und Spaltung von Restfeuchte im Sand und Bentonit zurückzuführen. Sand allein und

zusätzlich feuchter Bentonit ergeben beim Tiegelversuch geringere Gasentwicklung, wobei Was-

ser offensichtlich nur etwa 3 Minuten dazu beiträgt. Dann ist die heiße Reaktionszone wasserfrei

(Rückdiffusion ausgeklammert). Wenn Kohle vorhanden ist, werden Wasser und Luft durch die

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Pyrolysegase sofort verdrängt und können nicht mehr mit dem Eisen regieren. Sonst hätten deut-

lich höhere Gasmengen gemessen werden müssen, da theoretisch aus der Kohle allein 22,4 ml/g

entstehen müssten.

Wegen des anfänglich gleichmäßigen Gasstroms entsprechen die mit dem Massenspektrometer

simultan gemessenen Konzentrationen zu Versuchsbeginn weitgehend den freigesetzten Stoff-

mengen oder Gasvolumina. Im folgenden Diagramm wird wiederum der Beitrag der Formstoff-

komponenten zur Gasfreisetzung verglichen, aber dieses Mal nicht bezogen auf das Gesamtvo-

lumen sondern auf die Zusammensetzung der Gasphase (Grafik 32).

Entgasen von Formsand im Tiegel

7,00

13,00 13,10

0,10

10,00 10,00

0,05

9,10

1,50

2,70

0,13

5,60

0,00 0,13 0,060

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

Bentonit 6% Kohle 4 % Wasser 5 %

Sand tr. 6 g S/Bentonit 6% Bentonit 6 %/Kohle 4 %

Formsandbestandteile

Meß

sig

nal

MS

x E

-11

H2

CH4

C2H2

CO2

C6H6

Grafik 32: Kohle erzeugt Methan und Wasserstoff sowie C2-Alkane und Aromaten,

feuchter Bentonit CO2 und Wasserstoff

(Glastiegel 14x100 mm, 1,7-2 g Fe umgeben von 6 g Sand mit Zusatzstoffen, induktiv erhitzt)

Aus Bentonit im trockenen Sand wird Wasserstoff und CO2 durch Spaltung der Bestandteile Kris-

tallwasser und Carbonat (Soda) gemessen. Kohle entbindet zusätzliche Mengen Wasserstoff und

CO2 sowie Methan, Ethin und Benzol sowie andere Aromaten.

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Ein praxisüblicher Wasserzusatz verändert dieses Muster nicht grundsätzlich, aber vermindert

ungesättigte Kohlenwasserstoffe und CO2 (Grafik 33). So senkt feuchter Bentonit als notwendi-

ger Bestandteil von Grünsand deutlich die Menge an Benzol und Ethin, während Wasserstoff und

Methan unverändert bleiben. In einer weiteren Versuchserie zeigte sich, dass feuchter Bentonit

mehr Wasserstoff entwickelt (darüber hinaus die Pyrolyseprodukte von Zucker aber nur geringfü-

gig vermindert– was hier nicht weiter verfolgt werden soll).

Auffällig ist nebenbei, dass Wasser unter den Versuchsbedingungen zwar Ethin zu oxidieren

scheint aber nicht Methan.

Entgasen von Bentonit und Kohlehydrat trocken und feucht am 11-08-03

10,50

13,0012,50

10,00

0,18 0,13

2,90

2,00

0,02 0,05

1,20 1,10

7,807,40

15,50

12,00

0,00 0,00 0,00 0,000

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

Bentonit 6 % Wasser 4% Zucker 4 % Zucker/Wasser 4%

Sand tr. S./Bentonit 6% S./Bentonit 6% S/Bentonit 6%

Formsoffbestandteile

Meß

sig

nal

x e

-11 H2

CH4

C2H2

CO2

C6H6

Grafik 33: Kohlenhydrate im Bentonitsand erhöhen die freigesetzte CO2-Menge,

entbinden aber auch Methan und C2-Verbindungen (Glastiegel 14x100 mm, 1,7-2 g Fe umgeben von 6 g Sand mit Zusatzstoffen, induktiv erhitzt)

Als Konsequenz für die Transportmodellierung folgt daraus, dass

• die anfänglichen Reaktionen des Metalls mit Luft und Feuchtigkeit für die Transportsimula-

tion (und die chemische Simulation) bedeutsam sind;

• und dass die Wärmeausdehnung der Porenraumgase bedeutsam ist (und mit fortschrei-

tender Wärmefront zunächst zunimmt, aber im weiteren Verlauf der Abkühlung einen

Wendepunkt haben muss).

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Wie schon ausführlich behandelt, verlangt die Aufrechterhaltung der Reaktionen an der heißen

Metalloberfläche aufgrund eintretender Kohlenwasserstoff-Verarmungen den Stofftransport nicht

nur von innen nach außen sondern auch von außen nach innen. Misst man außen die Gasent-

wicklung, findet man lediglich die Summe aller Effekte. Für die Transportmodellbildung auf der

Basis realistischer chemischer Reaktionen scheint es nach dem hier gewonnenen Verständnis

erforderlich, diese Rückdiffusion zu kennen. Diese lässt sich jedoch nur mit Hilfe einer exakten

Lösung der Druckverteilungsfunktion in der Form bestimmen. Da diese jedoch mit den Reaktio-

nen rückkoppelt, liegt hier ein zentrales Problem, das aufgrund seiner Komplexität in einem ge-

sonderten Projekt bearbeitet werden soll

Im Folgenden wird gezeigt, wie weit diese Mechanismen bisher in Algorithmen für die rechnerun-

terstützte Simulation umgesetzt werden konnten.

4.2.2 Mathematische Transportsimulation

Die Erstellung eines physikalisch-mathematischen Transportmodells basiert auf allgemeinen Vor-

stellungen über poröse Medien [Aziz et al. 1979]. Obwohl die detaillierten Fliesswege von Gasen

(und möglicherweise Kondensaten) in der komplexen Geometrie des Sandporenraums nicht be-

handelt werden können, sind die durchschnittlichen Eigenschaften wie Gaskonzentration und

Gasdruck über elementare Volumen gut beschreibbar. Bei den Größenordnungen der Poren-

raumskala gelten Erhaltungssätze für Impuls, Masse und Energie (wie aus Gießerei-Simulationen

bekannt ist). Durch die Mittelwertbildung über elementare Volumina erhält man eine Kontinuums-

beschreibung, die gültig ist, wenn der Maßstab der elementaren Volumina wesentlich größer ist

als der Porenraummaßstab.

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Grafik 34: Simulationstechnisch bearbeitete Ausschnitte (ROT)

Massenerhaltung für Gaskomponenten

Um Emissionsvorgänge in der Gießereiumgebung zu beschreiben, wird der Formstoff mit Gas-

Eigenschaften ergänzt. Dabei sind die Erhaltungsgesetze für Masse und Gasvolumina im Poren-

raum zu berücksichtigen. Zur Simulation der Transportvorgänge im Formstoff werden Gleichun-

gen für N -Gase wie Luft und Zersetzungsgase gelöst [Acs et al. 1989].

( ). 1,...,kk k k k k k k

CC v U D Cv Q R k N

tρ ρ φ

∂+ ∇ − ∇ = + =

r

wobei

kC die Massekonzentration der k ten− Gaskomponente ( )3/kg m

kCv der Volumenbruchteil der k ten− Gaskomponente in der Gasphase

kQ ist die Masse-Senke für die Produktion der k ten− Gaskomponente des Sandes

kR ist die in situ Quelle oder Senke für die k te− Komponente

kD ist der Diffusionskoeffizient für die k te− Gaskomponente

Ur

ist die Darcy'sche Geschwindigkeit abgeleitet vom Gasdruck.

Wärmefluss

heißes, zu-nehmend abkühlendes Metall

Gasfluss

Bentonittrocknung

Kondensation

Wärmefront Grenze Atmosphäre

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Gaskomponenten werden als ideale Gase behandelt und die Angabe des Molekulargewichts

( )kM reicht, um Dichte ( )kρ , Kompressibilität ( )kκ und Expansivität ( )kβ zu bestimmen. Die

Gaskomponentendichten sind dabei von Druck und Temperatur abhängig.

kk

MP

RTρ =

Wenn die Luftkomposition in einem Prozess unverändert bleibt, kann man Luft als eine Kompo-

nente betrachten. Oben wird angenommen, dass jede Gaskomponente im Formstoffporenraum

beweglich ist und durch die Darcy'sche Geschwindigkeit und Diffusion transportiert wird. Da nicht

alle Zersetzungsprodukte flüchtig sind oder im anderen Sandgebiet kondensieren können, ist es

nötig, unbewegliche Komponenten zu behandeln. Infolgedessen werden die Transportbeiträge

für Kondensatstoffe und solide Zersetzungsprodukte vernachlässigt

kk

CR nicht beweglicheKomponentenk

t′

′∂ ′= −

Obwohl Kondensat-Komponenten im Gasporenraum nicht transportiert werden, können sie durch

den Transport ihrer flüchtigen Dampf-Komponenten umverteilt werden.

Die Massenerhaltung für den gesamten Formstoff folgt sofort, wenn man über das Gesamtsand-

volumen integriert:

( ) (0) ( ) ( ) ( )k k k k kM t M CumDecom t CumVapCond t CumProd t− = + −

Hier ist ( )k kM t dVC= ∫ Die gesamte Komponentenmasse im Sand und die Quelle/Senke- Bei-

träge auf der rechten Seite sind in zwei Teile getrennt.

0

0

( ) ( )

t

k k

t

k k k

dt dVQ =-CumProd (t)

dt dVR CumDecom t CumVapCond t= +

∫ ∫

∫ ∫

Das negative Vorzeichen in der Kumulativ-Komponenten-Produktion unterstreicht, dass die Pro-

duktion von Sand in der Gießereiumgebung als Senkebeitrag zu betrachten ist. Die Kumulativ-

Produktion in der Gießereiumgebung wird durch externe Sandflächen definiert, über die Gase

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austreten können. Infolgedessen stammt der Hauptbeitrag von solchen Gebieten. Daher ist es

wichtig, physikalisch sinnvolle Auslässe zu definieren.

Der Beitrag zur in situ Quelle/Senke wird in zwei weitere Teile getrennt. Der erste

Teil ( )kCumDecom t liefert den Hauptbeitrag im Emissionsprozess und resultiert aus der thermi-

schen Zersetzung des Glanzkohlenstoffbildners im Sand. Den Hauptbeitrag liefern Formstoffpar-

tien, in denen die thermische Belastung am größten ist. Der Beitrag ( )kCumVapCond t stellt die

Kumulativ-Umwandlung durch Komponenten-Kondensation oder –Verdampfung dar. Für ein

Dampf-Kondensat-Paar werden diese Beiträge im Gleichgewicht sein.

( ) ( ) 0k k

Dampf kCumVapCond t CumVapCond t

Kondensat k′

+ = ′

Zusätzlich zu diesen Mechanismen sind Gießgase an weitere Massen-Umwandlungen beteiligt

(siehe vorausgegangene Kapitel).

Darcy’sches Gesetz

Unter Anwendung des Darcy’schen Gesetzes werden Gasprodukte durch den Formsand trans-

portiert. In üblichen Beschreibungen zum Transport in porösen Medien liefert das Darcy'sche

Gesetz die Verbindung zwischen Gasgeschwindigkeiten und Gasphasedruckgradienten. Für eine

einzelne Phase werden die Sandpermeabilität und die Gasphasenviskosität kombiniert und liefern

die Proportionalität zwischen Druckgradient und Geschwindigkeit.

( )K

u PTµ

= − ∇

Die Gasphasenviskosität wird aus der temperaturabhängigen Gaskomponentenviskosität herge-

leitet. Eine einfache Volumenanteil-Mischungsregel wird dabei angewendet

1

( ) ( )N

g gk kk

T c Tµ µ=

= ∑

Die einfache kinetische Theorie ist weniger zuverlässig für die Gasviskosität und deswegen wird

hier die Gaskomponentenviskosität durch die Chapman-Enskog-Theorie [Bird et al. 1960] be-

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74

stimmt. Hierzu sind zusätzliche Daten über den kritischen Druck und die kritische Temperatur

notwendig,

( )1 / 2

2( ) 2.6693 k

k

M TT

µ

µσ

um die Parameter σ und µΩ zu bestimmen.

Thermisches Modell

Standardmäßig beinhaltet das thermische Modell einer Gießerei-Simulation eine Anzahl ver-

schiedener Materialgebiete und beschreibt zusätzlich die Erstarrung der Schmelze. Dennoch

wird der Wärmetransport im Formstoffgebiet nur durch die Wärmeleitfähigkeit bestimmt. Dieser

Prozess ist der Haupttransportmechanismus (die Pecletzahl ist im Allgemeinen klein), aber mit

einer Gasphase ist der Transport auch durch Konvektion möglich. Die thermische Gleichge-

wichtsgleichung muss deswegen erweitert dargestellt werden:

( ) ( ). . s

BTbU T

tρ σ

∂+ ∇ = ∇ ∇ + Θ

r

Dabei ist

(1 ) s s k kk

BT b b C Tφ ρ

= − + ∑ der Wärmeinhalt

k k kk

bT b C v Tρ ρ= ∑ der Phasenwärmeinhalt

σ die thermische Leitfähigkeit der Sandmasse (einschließlich der Lufteinschlüsse)

sΘ die gesamte thermische Quelle/Senke.

In Zersetzungsanwendungen beinhaltet sΘ sowohl mögliche Wärmeverluste oder -zufuhr auf

Basis der Wärmeleitfähigkeit über die Sandgrenze als auch die in situ thermische Quelle und

Senke. Die Zersetzung von Glanzkohlenstoffbildner könnte einen Beitrag zu der thermischen in

situ Quelle liefern, obwohl dies gegenwärtig vernachlässigt wird. Zumindest wird Verdampfungs-

energie während der Verdampfung und Kondensation berücksichtigt.

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Lokale Phasenvolumina-Erhaltung

Eine wesentliche Bedingung, dass lokal die Gasphasenvolumen immer den Formstoff-Porenraum

ausfüllen, muss erfüllt sein

1gassandpore gas

VVV V

V V+ = ⇒ =

Wenn die Abhängigkeit der Phasenvolumina von der Temperatur berücksichtigt wird, resultiert die

Gleichung [Rogers 2003]

1

1 1 1

.N N N

k kT T k k kg

k k kg k k

q qP T KC P

t tκ β ρ ρ

µ ρ ρ−

= = =

∂ ∂+ − ∇ ∇ = + ∂ ∂

∑ ∑ ∑ %

wobei 1

Nk k

Tk k

C κκ

ρ=

= ∑ und 1

Nk k

Tk k

C ββ

ρ=

= ∑ ist

Die N -Komponenten beinhalten ebenso die Luft. Durch Tκ and Tβ werden Kompressibilität und

Expansivität der Gasphasen berücksichtigt. Gastransport wird durch die dritten Terme einge-

schlossen. Die Zersetzungsquelle wirkt hier als volumetrische Quelle im Porenraum und erzeugt

eine steigende Druckänderung. Die Zersetzung der Glanzkohlenstoffbildner während der Erstar-

rung erzeugen flüchtige Produkte, die im Porenraum freigesetzt werden. Die lokale Drucksteige-

rung etabliert Druckgradienten, die für den Transport der Produkte im Formstoff verantwortlich

sind. Im Allgemeinen ist die Fliessrichtung von eingeschlossenen Formstoffpartien zur externen

Fläche, die mit der Gießumgebung verbunden ist. Im Gegensatz dazu wirkt ein kondensierendes

Gas wie eine Gasphasensenke. Unter Vernachlässigung des flüssigen Kondensatvolumens führt

eine kondensierende Dampfkomponente zu einer Reduktion des Porenraumgasvolumens und

bewirkt dadurch eine Druckabnahme. Ein verdampfendes Kondensat wirkt ähnlich, aber gerade

umgekehrt.

Kondensation und Verdampfung

Die Behandlung der Kondensation und Verdampfung begleitenden Zersetzung wird durch Ansät-

ze für den Feuchtigkeitstransport in Grünsandformen beschrieben [Kubo und Pehlke 1986; Tsai

et al. 1989]. In der hier angewandten Formulierung wird weiter angenommen, dass Dampf und

Sand (plus Kondensat) die gleiche Temperatur haben. Diese Annahme ist normalerweise eine

gute Annäherung außer bei höheren Gasraten. Der Verdampfungs- und Kondensationsprozess

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wird in Grafik 35 dargestellt. Der Dampfdruck an den Kondensat- und Sandpartikeln entspricht

dem Sättigungsdruck der Sandtemperatur. Kondensat wird von Sandpartikeln in der Gasphase

verdampft oder Dampf wird von der Gasphase auf dem Sand kondensiert - je nachdem, ob der

Partialdruck größer oder kleiner als der Sättigungsdruck ist.

Die Massenumwandlungsrate des Dampfes zwischen Sandpartikeln und Gasphase wird durch

( ) ( )( )

satsatc k k

k k c k k

k M P Tw P T P k Cv

RT Pρ

= − = −

ausgedrückt. Dabei ist

w die Massenumwandlungsrate durch Kondensation oder Verdampfung pro Sandpartikel-

flächen-Einheit, 2/ /kg m s

ck der Massenübergangskoeffizient zwischen Sandteilchen und Gasphase

( )satkP T die Verdampfungskurve für die k te− Dampfkomponente

kP der k te− Dampfkomponenten-Partialdruck.

Grafik 35: Kondensation und Verdampfung schematisch

Sandpar t ike l

Sandpar t ike l

G a s D a m p f+

G a s D a m p f+

( )sa t vV e r d a m p f e n P T P>

( )sa t vKondensa t ion P T P<

K o n d e n s a t

K o n d e n s a t

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Die nötigen Daten für die Anwendung dieses Modells sind die Verdampfungswärme und die Sie-

detemperatur. Beispieldaten sind für Wasser und die BTX-Gase unten angegeben. Die Volu-

menänderungen durch Kondensieren oder Verdampfung sind in der Druck-Gleichung berücksich-

tigt. Das Flüssigkeitsvolumen wird dabei vernachlässigt. Da Dampf beim Kondensieren in Flüs-

sigkeit umgewandelt wird, wirkt dieser Prozess druckabbauend. Das Verdampfen von Flüssigkeit

wirkt in entgegengesetzter Richtung. Zusätzlich wird die Verdampfungswärme in der

MAGMASOFT Temperaturrechnung übernommen.

H2O Benzol Toluol m-Xylol Mol-Gewicht 18 78 92 106

Pc (atm.) 217,6 48,4 40,5 36,8 Tc(K) 647,1 562,2 591.8 630.3

Siedetemperatur, Tb(K) 373.15 353.2 383,8 412,3 Verdampfungswärme

(kJ • kg-1) 2299,74 408,82 377,52 357,57

SÄTTIGUNGSDRUCKKURVE

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

4,5

5,0

0 50 100 150 200 250 300

Temperatur (deg.C)

Dam

pfd

ruck

(at

m.)

Wasser Benzol

Toluol

m-Xylol

Grafik 36: Sättigungsdruckkurve diverser aromatischer Verbindungen im Gießgas

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Das Einwirken thermischer Belastung auf den Formstoff

Die Computersimulation der GKB-Reaktions- und Transportvorgänge in der heiβen Form benötigt

nicht nur eine Beschreibung der Glanzkohlenstoffbildung und Emissionen, sondern auch eine

Beschreibung der Einwirkung höherer Temperatur auf den Sand selbst. Insbesondere, da der

Wassergehalt im Sand bei 3% liegt, ist zu erwarten, dass wesentliche Verdampfungsmengen frei

werden (siehe oben). Zersetzung sowie Kondensation und Verdampfungsprozesse charakterisie-

ren die Wirkung der thermischen Belastung auf den Formstoff.

Als erstes rechnerisches Beispiel zeigt Bild 37 die Einwirkung höherer Temperaturen auf Sand

mit einem Wassergehalt von 3 %. Verdampfung und Kondensation sind die einzigen Prozesse,

die hier simuliert worden sind. Hier wird Schmelze mit einer höheren Temperatur (1100 oC) auf

der linken Seite eingebracht und der Wassergehalt im Grenzebereich verdampft. Es bildet sich

eine Trockenzone aus und dem äußeren Porenraum wird Dampf zugeführt. Gleichzeitig steigt der

Gasdruck im Porenraum und sorgt für einen Druckgradienten von links nach rechts. Hierbei wird

angenommen, dass Gas nicht in die Schmelze eindringen kann. Der erzeugte Dampf wird in kal-

te Sandgebiete transportiert und fängt an zu kondensieren. So bilden sich eine Verdampfungs-

front und eine Kondensationszone, die sich von der Schmelzegrenze wegbewegen.

Grafik 37: Wassergehaltzonen-Bildung im grünen Formsand

Trockenzone

Verdampfungsfront

Kondensationszone

Externzone

kg/m3

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79

Die abschreckende Wirkung (Quench-Effekt des kalten Formstoffs) wird durch den flachen Tem-

peraturverlauf bei 100 oC verdeutlicht (siehe Bild 38). Analytische Modelle für diesen Prozess

zeigen auf eine parabolische Zeitabhängigkeit für die Bewegung der Verdampfungsfront und des

Kondensationsgebiets. Der flache Temperaturverlauf wird mit der Zeit größer (ausgedehnter),

weil die Bewegungs-Zeitkonstanten verschieden sind.

Grafik 38: Thermischer Temperaturverlauf in grünen Sandformen

Im Gebiet zwischen der Schmelzgrenze und der Verdampfungsfront besteht das Porenraumgas

in diesem Modellansatz (weil die Reaktionen noch außer Acht gelassen sind) nahezu vollständig

aus (stark oxidierendem) Wasserdampf.

Vorstufe in der Simulation der GKB–Reaktionsmechanismen

Die Zersetzung der Glanzkohlenstoffbildner (GKB) während des Einwirkens der thermischen Be-

lastung der Schmelze mit Benzolfreisetzung und GK-Bildung unterliegt einer komplexen Kette

von Reaktionen. Referenzen [Meiser 2000; Westhoff 1998; Spang 2002] geben eine Übersicht

über die Vielfalt der freigesetzten Produkte. Die Hauptreaktionspfade dieser Mechanismen sind

zum Teil nur qualitativ bekannt und daher nur schwer zu simulieren. Da eine detaillierte kineti-

sche Rechnung die Rahmenbedingungen für eine ingenieurmäßige Vorgehensweise sprengen

würde, kann man – wie schon zuvor gesagt - nur näherungsweise weiter vorgehen.

Typische Rechengrößen für bentonit-gebundene Formstoffe sind zwischen den Projektpartnern

vereinbart worden. Es wird angenommen, dass die aktiven Glanzkohlenstoffbildner und andere

Stoffe in der Form folgende Anteile haben:

Plateau bei 100 oC

oC

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80

Bentonit 8 % (zerfällt in totgebrannten Bentonit „Residue“ + Kristallwasser)

Wasser 3 %

GKB 1,7 % (zerfällt in (teildesaktivierten) Koks und flüchtige Stoffe

Die Einwirkung thermischer Energie setzt bei 400 oC die folgenden Mengen frei:

Wasserdampf 3 % bei 100 oC

Flüchtige Kohlenwasserstoff aus GKB 0,6 % bei 400 oC

Koks aus GKB 1,1 % bei 400 oC

Wasserdampf aus Bentonit 0,8 % bei 400 oC

GKB und Bentonit werden dabei als Ausgangsstoff behandelt und die Freisetzung/Zersetzung bis

auf 400 oC wird durch ein 6-Komponenten-Modell aufgebaut. In das Modell gingen weitere Fest-

legungen ein:

Gießbedingungen:

Gießtemperatur 1420 °C

Wandstärke Guss 10 mm

Gießzeit 10 s

Formeigenschaften:

Formtemperatur zu Beginn 20 °C

Porenvolumen der Form 30 %

Dichte der Form 1,5 g/cm³

Man könnte dies als das chemische „Basismodell“ bezeichnen, den simplifiziertesten chemischen

Ansatz:

( ) 2(9.7%) (0.6%) (0.8%) (1.1%) (7.2%)vapGKB Bentonit KW H O Koks Residue+ → + + +

Die Residue-Komponente ist der Bentonitrest nach Freisetzung des Kristallisationswassers. Die

Koks- und Residue-Komponenten sind – in erster Näherung - nicht flüchtig. Es wird unterstellt,

dass sie am Ort der Erzeugung bleiben, also in erster Linie dort, wo die thermische Belastung am

stärksten ist. Die flüchtigen Komponenten aus diesem Basismodell sind Luft, Dampf und Koh-

lenwasserstoff.

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81

Die Umwandlungsanteile für jede Komponente sind 0,061, 0,082, 0,113 und 0,742 und können

eingesetzt werden, um die Umwandlungsraten teilweise zu bestimmen.

BM bezeichnet die Bentonit- plus GKB-Massenkonzentration. Es ergibt sich:

Bentonit- und GKB-Zersetzungsrate: ( )dMB M r TkBdt k

= − ∑

und für die entsprechende Produktart ist die jeweilige

Produkterzeugungsrate: ( ) 1,...dMk M r T k NB kdt

= =

Der Arrhenius-Ansatz wird in die bisherigen Anwendungen eingesetzt, d.h.

( ) exp kk k

Er T kr

RT = −

wobei kkr die Reaktionsfrequenz und kE die Aktivierungsenergie sind. Die kinetische Beschrei-

bung benötigt zwei Parameter pro Komponente. Falls mehrere Reaktionspfade eine Rolle spie-

len, kann der von McKinley et al. vorgeschlagene Ansatz eine Verbesserung darstellen. Wenn

die anfängliche Bentonit- plus GKB-Konzentration im Formsand 0Bρ sind, d. h. die Bentonit- plus

GKB-Masse pro Einheit der Formsandmasse, ist die ursprüngliche Bentonit- plus GKB-Masse in

den Kontroll-Volumina

0 0M dVB B Sρ ρ=

Da die Umwandlungsanteile bei 400 oC (schätzungsweise) bekannt sind, können die Reaktions-

frequenzen gewählt werden, um die Produktmasse wiederzugeben. Die Aktivierungsenergien

sind – wie erwähnt – noch nicht hinlänglich bekannt oder abgesichert, daher wird für die Darstel-

lung hier ein einziger Wert für alle gewählt. Die Zersetzung während dieser ersten Phase ent-

spricht dem folgenden Schema:

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82

GKB Reaktion T<400 deg.C

0

20

40

60

80

100

120

140

160

20 80 140 200 260 320 380

Temperatur (C)

Ko

nze

ntr

atio

n (k

g/m

3)

GKB+BentonitDampfKohlenwasserstoffKoksBentonit Residue

Grafik 39: Vorstufe von GKB-Reaktionen

Eine zweite Rechnung zeigt die Einwirkung der thermischen Belastung auf bentonit-gebundene

Formstoffe einschließlich Glanzkohlenstoffbildner- und Bentonit-Zersetzung. Der Sandkörper ist

ein 10 cm großer Würfel und die Wandstärke des Gussteils ist 10 mm (Modell „A“ von oben). Bei-

de Teile sind unten dargestellt.

Grafik 40: Sandwürfel & Gussteil

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83

Da das Gussteil auf einer Seite ist, findet Wärmezufuhr nur von dieser Seite statt (eindimensiona-

ler Fall). Der Gas-Auslaß ist auf der gegenüber liegenden Sandfläche. Das Eindringen der Wär-

me in den Sand ist relativ langsam und erreicht nach 100 s 2-3 cm. Aus diesem Grund muss

freigesetzter Wasserdampf (durch Verdampfung oder durch Bentonit-Zersetzung) durch eine

Temperaturfalle gelangen, bevor er aus dem Sand austreten kann. Die unteren Bilder 41 und 42

zeigen, dass die Kohlenwasserstoff-Komponente viel früher aus dem Sand gelangen kann. Der

Wasserdampf wird hinter der Kondensationsfront zurückgehalten.

Grafik 41: GKB und Bentonit Grafik 42: Wasserdampf-Komponente

Da ein Teil der freigesetzten Kohlenwasserstoff-Komponente in Benzol (und eine anderer in Py-

rokohlenstoff) umgewandelt wird, ist zu erwarten, dass nur ein Teil in die Gießerei-Umgebung

gelangen kann. Es ist weiter zu erwarten, dass dieser Teil des im Sand freigesetzten Benzols

weiterhin im Sand kondensiert, bevor er in die Gießerei-Umgebung kommt. Eine quantitative

Aussage ist aber schwer zu treffen, weil diese vom Partialdruck oder dem Volumenbruchteil des

Benzols abhängig ist, der wiederum von der Menge freigesetzten Benzols abhängig ist. Zur Lö-

sung muss eine quantitative Aussage über die Benzolmenge getroffen werden. Im folgendem

Abschnitt wird beschrieben, wie mit Hilfe eines einfachen Schemas vorgegangen werden kann.

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Grafik 43: Kohlenwasserstoff-Komponente

Eine weitere Verfeinerung ergibt sich, wenn die entscheidenden Gas liefernden Reaktionen in

das Simulationsverfahren aufgenommen werden.

Gasumwandlung im Formstoff (400°C < T < 800°C)

Die Produktion von Benzol aus der Kohlenwasserstoffmasse ist ein komplexer Prozess. Daher ist

zur Erreichung eines praktischen Ziels eine detaillierte kinetische Beschreibung zweckmäßig.

Trotzdem kann man mit einer Reaktion erster Ordnung eine quantitative Aussage über die Mas-

senumwandlung treffen. Um eine quantitative Aussage zu erhalten, wird der KW Anteil aufgeteilt

in eine Benzolkomponente und eine benzolfreie Komponente. Anschließend lassen sich die kom-

plexen Vorgänge wie folgt darstellen:

KW Benzol KW ′→ +

1

2

1 2( ) ( )

BenzolKW

KWKW

KWGKB Bentonit KW KW

dMK M

dtdM

K Mdt

dMM r T K K M

dt

+

=

=

= − +

Die Umwandlungsfaktoren wurden mit Hilfe von Plattenmessungen, die am IfG durchgeführt wur-

den, ermittelt. Es wurde gezeigt, dass 0.0326 Masse Benzol pro Masse von GKB bei 800oC er-

zeugt wird. Die Produktion von 0,83 kg von Benzol bei 800°C ist zu vergleichen mit 9 kg erzeugte

Kohlenwasserstoffe. Die gewählten Reaktionsfrequenzen müssen zur Massenumwandlung im

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85

Temperaturbereich von 400-1000 °C ausreichen. Da die Benzolproduktion ungefähr 1/10 der

Kohlenwasserstoffmasse entspricht, erwartet man für eine realistische Masseumwandlung ein

Verhältnis K1/K2 = 0,1.

Glanzkohlenstoffbildung (900<T<1300o C)

Ein einfacheres Schema für die GK-Bildung ist nachfolgend dargestellt. Hier wird angenommen,

dass die gesamte Benzolmasse im Endzustand in Glanzkohle umgewandelt wird. Natürlich sind

andere Reaktionsmechanismen ebenfalls möglich, aber sie sind hier zunächst nicht berücksich-

tigt.

1

2

1 2( ) ( )

( ) ..........

GKb Benzol

BenzolKW b Benzol

KWKW

KWGKB Bentonit KW KW

GKB BentonitGKB Bentonit KW

dMK M

dtdM

K M K Mdt

dMK M

dtdM

M r T K K Mdt

dMM r T

dt

+

++

=

= −

=

= − +

= − −

Der verwendete Mechanismus beruht auf der Vereinfachung, dass nur die Masseumwandlungen

berücksichtigt werden, ohne Berücksichtigung der Valenzverhältnisse. Zur Nutzung des Mecha-

nismus’ müssen die wählbaren Parameter kalibriert werden. Die Reaktionsparameter

1 2, , ,KW br K K K müssen einschließlich der Temperaturabhängigkeit bestimmt werden, um die Bil-

dung der Reaktionsprodukte in den entsprechenden Temperaturbereichen zu ermöglichen. Die

anderen GKB- und Bentonit Produktkomponenten werden bei Verwendung dieses Reaktionsme-

chanismus nicht an der Benzolproduktion beteiligt, aber könnten möglicherweise die Reaktions-

parameter beeinflussen. Wenn die Reaktionsparameter wie unten gewählt sind

1

2

1.0exp( 10.0/ )10.0exp( 10.0/ )10.0exp( 20.0/ )b

K RTK RTK RT

= −= −= −

erfolgt die Umwandlung wie nachfolgend in Grafik 44 dargestellt.

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Schema für die Benzol + Glanzkohlenstoffbildung

0

20

40

60

80

100

120

140

160

0 200 400 600 800 1000 1200

Temperatur (°C)

GK

B+B

ento

nit

Z

erse

tun

g (

kg)

00,10,20,30,40,50,60,70,80,9

Ben

zol +

GK

Bu

ildu

ng

(k

g)

GKB+BentonitDampfKWKoksResidueKW'BenzolGK

Grafik 44: Massenänderung ausgesuchter flüchtiger Komponenten,

aufgetragen gegen einen linearisierten Temperaturanstieg

Benzol- und GK-Konzentrationen sind über der zweiten y-Achse aufgetragen. Die Temperaturen

beziehen sich auf eine konstante Aufheizsrate. Die GK-Menge bei 1200 °C beträgt 0,5 kg. Dies

entspricht etwa 0,03 % der Sanddichte oder einem Prozent der GKB-Dichte. Diese Umwandlung

allein genügt nicht, um die erwartete GK Produktion von 0,3% zu erklären.

Das ist ein unterstützender Hinweis aus der Simulation, dass auch andere Produktionsmecha-

nismen einen Beitrag leisten. Dieser Anteil ist in den Abschnitten zuvor mit der „Rückdiffusion“

von Kohlenwasserstoffen erklärt worden. Als zusätzliche Kohlenwasserstoffquelle wäre der Teer-

anteil der Kohle mit in Betracht zu ziehen.

4.2.3 Schlussfolgerungen zur Modellentwicklung

Das erstellte physikalisch-mathematische Modell liefert Rahmenbedingungen für die Simulation

von Transportvorgängen und Emissionsprozesse im Formstoff und in Kernen. Die gießereispezi-

fischen Parameter wie Gießtemperatur und Temperaturverteilung im Formstoff werden berück-

sichtigt. Sowohl Materialzersetzung als auch Kondensation und Verdampfung im Formstoff kön-

nen simuliert werden und sind eine Basis, auf der man Emissionsreduzierung aus bentonit-

gebundenem Formstoff durch Glanzkohlenstoffbildner simulieren kann.

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Die erste Stufe der Modellentwicklung hat einen Grad erlangt, der es ermöglicht, praktische E-

missionsprognosen (auf Benzol) für die Gießereiindustrie durchzuführen, was auch bereits in ei-

nem konkreten Genehmigungsfall geschehen ist. Diese Stufe ist gekennzeichnet durch die Kom-

bination von Wärmefeldberechnungen mit experimentell zu ermittelnden, formalkinetischen Pa-

rametern der Benzolbildung.

Ein sehr viel differenzierteres Modell wurde bis zu einem Punkt entwickelt, wo neue Erkenntnisse

benötigt werden, die in diesem Projekt nicht generiert werden konnten. Diese Stufe ist gekenn-

zeichnet durch Kopplung von Temperaturfeldsimulation, Transportsimulation, Berücksichtigung

von Phasenübergängen und thermodynamisch beschriebenen Grundreaktionen. Die Quellen-

und Senkenstruktur wurde definiert, die wichtigsten Gasquellen identifiziert. Einige Grundreaktio-

nen in der Form wurden untersucht und mit Reaktionskonstanten versehen, so dass sie für das

Modell verfügbar sind. Die zum Stofffluss in der Gießform beitragenden Mechanismen wurden

differenziert und bewertet.

Die Lücken sind definiert, so dass geklärt ist, wo die nächsten Aktivitäten anzusetzen haben. Das

sind zum einen genauere Kenntnisse über die Reaktionen, die die Gießgasentwicklung als trei-

bende Kraft über die Gasvolumen-Zunahme bestimmen.

Zur Weiterentwicklung dieses Formalismus erscheinen die folgenden Schritte vorrangig:

1. Simulation der Druckverteilung zwecks Auffindung von Grenzbedingungen für den vor-

ausgesagten „Retro-Gasfluss“.

2. Berücksichtigung der Wechselwirkungen mit dem Metall(Kohlenstoff) zur Einstellung der

korrekten Ausgangsbedingungen.

3. Berücksichtigung der grundlegenden Reaktionen von C und Methan mit H2O und CO2.

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Entwicklung und Prüfung emissionsarmer Produkte

4.3 Entwicklungen und Empfehlungen zum Design emissionsärmerer Glanzkoh-

lenstoffbildner

4.3.1 Experimentelle Ergebnisse und deren Bewertung

Für die Entwicklung von benzolreduzierten Bindemitteln sollten anhand der Untersuchungen über

die Bildungsmechanismen Vorgaben zur Vermeidung von Benzolbildung gemacht werden.

Die Untersuchungen, vorgestellt in den vorangegangenen Kapiteln, hatten ergeben, dass es min-

destens zwei Bildungsmechanismen für Benzol gibt:

1. die Bildung aus der Kohle (beeinflussbar durch die Auswahl der Kohle),

2. die Bildung an der heißen Metalloberfläche als Vorstufe der Glanzkohlenstoffbildung,

(möglicherweise auch die Bildung aus dem Teer) und dazu vier Senken:

1. der Verbrauch von Benzol an der heißen Metalloberfläche

2. die Reaktion von Benzol mit Radikalen in der Stabilisierungszone

3. die Kondensation in der kalten Zone

4. die Freisetzung in die umgebende Atmosphäre.

Anhand der festgestellten Mechanismen ließ sich klar erkennen, dass alle Eingriffe auf Seiten der

Quellen die gewünschte Bildung des Glanzkohlenstoffs negativ beeinflussen, da die Glanzkoh-

lenstoffbildung über die Stufe des Benzols verläuft (mit der Einschränkung, dass eventuell ver-

steckte parallele Reaktionskanäle wirksam sind). Hier die Benzolbildung zu stoppen, hieße so viel

wie „das Kind mit dem Bade ausschütten“. Unterstützt wird diese pessimistische Einschätzung

durch die Erfahrung aus vielen Hochtemperatur-Pyrolysen, dass immer Benzolbildung stattfindet.

Grafik 45 zeigt verschiedene Entwicklungsstufen an Glanzkohlebildnern mit unterschiedlichem

Emissionsverhalten. Insbesondere die Benzolbildung ist herausragend bei allen Varianten vor-

handen, allerdings in unterschiedlicher Abstufung. Die hier untersuchten Entwicklungsvarianten

wurden für die weitere Diskussion und die systematischen Versuche als Basis verwendet.

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89

Gegenüberstellung der BTEX-Emissionen verschiedener GKB beim Standard-Abguß-Versuch

0,0

200,0

400,0

600,0

800,0

1000,0

1200,0

1400,0

a b c eGlanzkohlenstoffbildner-Systeme

BT

EX

-Em

issi

on

in

mg

/m³*

h

Summe BTEX

Benzol

Toluol

Ethylbenzol

m/p-Xylol

o-Xylol *)

Grafik 45: Vergleich von Aromatenemissionen diverser GKB

Wenn also Eingriffe in das Reaktionsgeschehen systematisch erfolgen sollen, dann zweckmäßi-

gerweise an Stellen, an denen die Glanzkohlenstoffbildung keine technische Rolle spielt oder der

niedrigeren Temperatur wegen nicht stattfinden kann. Grob gesprochen ist das etwa der Bereich,

der zuvor mit Stabilisierungszone bildhaft beschrieben wurde.

Im ersten Schritt wurden Konzepte mit potentiellen Eingriffsmöglichkeiten aufgestellt und diese

gemeinsam mit den Projektpartnern bewertet. Dabei wurde zunächst nach der technischen Um-

setzbarkeit geprüft, erst später auch nach kommerziellen Kriterien. Folgende generelle Möglich-

keiten wurden diskutiert:

1) Einsetzen benzolarmer Kohle (bekannt – und Realität).

2) Temperaturen unter 700 °C vermeiden (geht nur bedingt durch schnelles Auspacken oder

Einbau von Kühlsteinen in die Form).

3) Kohle weglassen und Methan- oder (besser) Acetylenlieferant an Grafit koppeln.

4) Radikalpolymerisation bei der Hochtemperatursynthese unterbrechen:

a) hohes Wasserstoffangebot (nach Literatur nur schwache Wirkung zu erwarten - Fischer-

Tropsch-Synthese)

b) Radikalfänger beifügen (Halogene sind schlechte Lösung, Peroxide oder Hydroperoxide

sind gut, Amine, tert. Butylether o. ä.)

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90

c) Sauerstoff oder Ozon anbieten

I) durch Adsorption empfindlicher Oxo-Verbindungen an Bentonit

II) durch Adsorption empfindlicher Oxo-Verbindungen an Graphit

III) durch Beimischung thermisch wenig empfindlicher Sauerstofflieferanten.

5) Entstehende Aromaten in der heißen Zone polykondensieren.

6) Homogenkatalytische Zersetzung von Benzol (bzw. Bindung) durch flüchtige Fe-Komplexe.

7) Heterogen-katalytische Zerstörung von Benzol durch zugemischte Zeolite in Zonen < 400 °C

(Offene Frage: bleiben diese aktiv nach dem Mischen?).

8) Spezifische Adsorption der kühleren Gase im (modifizierten) Bentonit.

Die Position 6) wurde später nach wenigen Versuchen fallen gelassen, da keine erkennbare Wir-

kung eintrat. 8) wurde umgehend verworfen, da davon ausgegangen wurde, dass aktive Oberflä-

chen beim Mischen mit Wasser und Bentonit „verkleistert“ werden und dadurch ihre Aktivität ver-

lieren. Vorschlag 4c) wurde als aussichtsreich bewertet. Einschränkend ist anzumerken, dass alle

Oxidationsmittel grundsätzlich Kohlenstoff verbrauchen, der damit der Glanzkohlenbildung entzo-

gen wird. Ihr Einsatz beinhaltet somit immer einen Nachteil im Ressourcenverbrauch. Der Effekt

des Sauerstoffs wurde mit dem Tiegelversuch an einer Reihe von metallischen Oxiden getestet,

die unterschiedliche thermische Stabilität gegenüber Sauerstoffabgabe aufweisen (Grafik 46).

Oxide im FS

0,00

1,00

2,00

3,00

4,00

5,00

6,00

0 1 2 3 4 5

Versuch

Ion

enst

rom

E-1

1

H2

CH4

C2H2

CO2

C6H6

C7H8

Linear (H2)

Linear (CH4)

Linear (C2H2)

Grafik 46: Abnehmende Sauerstoff-Partialdrücke (Metalloxide /1200 °C) inhibieren (bei

stöchiometrisch identischen Zugabemengen zum Formstoff) die Benzolbildung schlechter.

(Die Regressionen zu H2, CH4, C2H2 wurden linear durchgeführt)

MnO2 > Fe2O3 > Fe3O > TiO2

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91

Metalloxide im Formsand verringern dann die Menge an aromatischen Kohlenwasserstoffen im

Pyrolysegas, wenn diese bei Pyrolysetemperatur Sauerstoff abgeben. Dies ist besonders deutlich

an der Versuchreihe Bild 46 zu erkennen. Das Oxid 1 mit hohem Sauerstoffpartialdruck vermin-

dert Ethin und Benzol mehr als die Oxide 2 und 3 mit niedrigem Sauerstoffdruck. Grafik 47 be-

zieht auch einen Kohlendioxid-Promotor in den Vergleich ein.

Tiegelversuche mit Oxiden (1-4) und Carbonat (5)

1,7

3,23,1

3,7

2,00

0,8

1,21,3

0,9

0,530,4

0,9

1,1

0,9

0,50

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

1 2 3 4 5

Versuch

Meß

sig

nal

MS

x E

-11

C2H2

C6H6

C7H8

Grafik 47: Aromatenbildung bei Anwesenheit von Oxiden und Carbonaten

Sauerstoffhaltige Kohlenwasserstoffe oder auch Kohle verlieren Sauerstoff frühzeitig über Was-

ser, CO und CO2 –Abspaltung - unabhängig von der Bindungsart. Mit der Versuchsserie sollte vor

allem das oxidative Potential diverser organischer Verbindungen festgestellt werden. dabei treten

deutliche Unterschiede auf. Jedoch wurde hierbei nicht untersucht, in wieweit die Glanzkohlen-

stoffbildung gestört wird, Grafik 48.

Zu beachten ist hier generell, dass Wasser und CO2 im Hochtemperaturbereich schnell durch

Kohlenstoff zu Wasserstoff und Kohlenoxid reduziert werden. Damit sind sie für die Beeinflussung

der Benzolbildung unbrauchbar, weil entzogen.

MnO2 Fe 2O3 Fe 3O TiO2 Carbonat

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92

Benzol aus Reagenzglas 8.2003

0,00

0,20

0,40

0,60

0,80

1,00

1,20

1,40

1,60

1,80

0

Bento

nit 6%

Ekosi

l tr 4%

Ekosi

l 4 %

Ekosi

l 4 %

Wasser

6 %

Wasser5

%

Bento

nit 6 %

Wasser

6%

Zucker

4 %

Z/Wass

er 4%

Z/Oxal

s. 1%

Ekos

il tr 4%

Ekosi

l tr 4%

Eko. 4

%/W.5%

Versuche

Ben

zol m

g/g

C

Grafik 48: Wirkungen diverser Additive und Formstoffkomponenten auf die Benzolbildung,

gemessen im Tiegelversuch

Die weitere Entwicklung wurde letztlich durch eine Entdeckung erheblich beeinflusst, die bei der

Untersuchung der Reaktionsmechanismen gemacht wurde. Es wurde beobachtet, dass bei An-

wesenheit von CO2 in vorgemischten Gasen die Benzolbildung reduziert oder unterdrückt war.

Grafik 49 zeigt den Effekt in den massenspektrometrischen Kurven.

Kohlendioxid unterdrückt in diesem Laborversuch Benzol ganz und Ethin deutlich; gleichzeitig

wird weniger Wasserstoff frei. Bei 1000 °C und kurzen Reaktionszeiten < 1 Sekunde ist aller-

dings ein Überschuss an Kohlendioxid erforderlich, wie er unter Gießbedingungen nicht auftreten

kann.

Wird bei der Temperatur der maximalen Benzolbildung (Umsatzrate 0,25) dem Methanstrom 50

% CO2 zudosiert, so bricht die Benzolsynthese sofort ab. Auch die Synthesen von Ethin und E-

then werden weitgehend unterbunden (vgl. Grafik 47). Offensichtlich werden bevorzugt reaktive

Spaltprodukte durch CO2 oxidiert, bevor Aufbaurektionen erfolgen können. Das pyrolysierende

Methan wird mit einer Umsatzrate von 0,35 zusätzlich oxidiert; wobei im Abstrom gleiche Teile an

nicht umgesetztem Methan und CO enthalten sind (vgl. Grafik 47). Dies spricht dafür, dass Koh-

lendioxid direkt in den Pyrolyseablauf eingreift (siehe auch folgende Grafiken 50 und 51).

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93

Methanpyrolyse + CO2

-1,00E-06

0,00E+00

1,00E-06

2,00E-06

3,00E-06

4,00E-06

5,00E-06

6,00E-06

7,00E-06

0 100 200 300 400 500 600

Zeit s

Ion

enst

rom

/In

ten

sitä

t

H2

CH4

CO/C2H4

C2H2

CO2

Benzol

Toluol

H2O

Grafik 49: Verhinderung der Benzolsynthese bei der Pyrolyse von Methan CO2 (Gemessen im Tiegelversuch: heißer Reaktionsraum 3 cm³ gefüllt mit Sand und zentrisch

angeordneter Eisenkugel, induktiv beheizt auf 1070 °C, Methan 2 l/h +kurzzeitig CO2 1 l/h)

Wird kein CO2 mehr zugegeben, so springt sofort die Synthesereaktion zu Aromaten (wieder) an

und erreicht innerhalb von 3 Minuten den ursprünglichen Wert. Gleichzeitig steigt die Wasser-

stoffkonzentration an, während Methan noch 40 Sekunden länger auf dem niedrigen Niveau ver-

bleibt und auch CO erst dann wieder abfällt.

In Grafik 50 ist der o. g. Effekt des CO2 nicht nur in Bezug auf Benzol sondern auch in Bezug auf

den gemeinsamen Precursor Ethin dargestellt.

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Methanpyrolyse mit CO2-Zusatz bei 1000°C

0,01

0,1

1

10

100

0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5

CO2 l/h

Ion

enst

rom

e-1

1

'H2

'C2H2

'C6H6

Exponentiell ('H2)

Exponentiell ('C2H2)

Linear ('C6H6)

Grafik 50: Einfluss der CO2-Konzentration auf die Benzol- und Ethinbildung

( kurze Reaktionszeiten - Tiegelversuch heißer Reaktionsraum 3 cm³ gefüllt mit Sand und

zentrisch angeordneter Eisenkugel, induktiv beheizt, Methan 1,6 l/h, 1000 °C)

Spalt- und Reaktionsprodukte nach Pyrolyse Methan mit 0,25 Umsatz und Zusatz von CO2

H25,7%

CH489,4%

C2H21,4%

C2H42,8%

CO20,0%

C6H60,5%

C7H80,2%

+ 50 % CO2

H21,2%

CH4

49,1%

C2H2

0,4%

CO

49,1%

CO2

0,2%

Grafik 51: Verteilung der Gaskomponenten im Abstrom mit und ohne CO2

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Durch Kohlendioxid werden nicht nur die Synthesereaktionen zu Aromaten verhindert, sondern es

werden auch Kohlenstoff und Wasserstoff oxidiert Jedoch zeigte sich, dass diese Reaktionen bei

1200 °C langsamer sind. Daher wird das CO2 höchstens teilweise für diese Alternativreaktionen

verbraucht.

Der Umsatz von CO2 bei 1200°C ist mehr von der Gasatmosphäre als von Verweilzeit abhängig

0

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

1

CH4+CO2 CH4,H2+CO2

CO2+H2 CO2

Reaktionsgase

Um

satz

bei

120

0°C

Verweilzeit 0,1 s

Verweilzeit 100 s

Grafik 52: Die Umsatzrate von CO2 bei 1200 °C ist mehr von der

Gasatmosphäre als von der Verweilzeit abhängig. (Tiegelversuch: heißer Reaktionsraum 3 cm ³ gefüllt mit Sand und zentrisch angeordneter Eisenkugel,

induktiv beheizt auf 1070 °C, Methan 2 l/h + kurzzeitig CO2 1 l/h)

Er kann also zielführend sein, CO2 zu dosieren. Zwar werden in der Form ausreichend CO2 und

Wasser freigesetzt, aber beim Gießen werden diese rasch aus der heißen Zone verdrängt und

können dort aus diesem Grunde nur kurzzeitig wirken. Es kommt also darauf an, das CO2 räum-

lich und zeitlich an der geeigneten Stelle einzuführen. Dafür steht nur ein kleines Reaktionsfens-

ter offen, da unter 900 °C die Radikalkettenpolymerisation stark nachlässt. Die aus der Kohle

freigesetzten Benzolanteile können auf diese Weise nicht erfasst werden.

jeweils + Kohlenstoff

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Das gefundene Prinzip der partiellen Unterdrückung der Benzolbildung wurde zum Patent ange-

meldet und vom DPA nach Prüfung angenommen.

Auf der Basis dieses Verfahrens und nach dem Vorschlag der Vorschlagsliste Nr. 4 c) wurden

zum einen ein neuer (synthetischer) Glanzkohlenstoffbildner entwickelt, und zum anderen Hilfs-

stoffe geprüft, die zusätzlich in den Formstoff eingebracht werden, um die Benzolbildung sekun-

där nach der Entstehung zu reduzieren.

4.3.2 Stöchiometrische Charakterisierung der py-C-Bildungspotentials

Um die Glanzkohlenstoffbildner zu typisieren, wird vorgeschlagen, für Hochtemperatursysteme

ein vereinfachtes Beurteilungsschema anhand der Elementaranalyse zu formulieren, bestehend

aus H, C und O. Aus den reaktionskinetischen Untersuchungen gibt es eine Reihe Hinweise,

dass die Vorgänge in der heißen Form wenig von den Ausgangsmaterialien aber viel von dem

Angebot an Elementen in der Gasphase bestimmt wird. Unter diesen Voraussetzungen macht ein

solcher Ansatz Sinn. Jedoch fehlt es bei den interessierenden Glanzkohlenstoffbildnern nicht sel-

ten an einer vollständigen Bilanz der Elementverteilung der flüchtigen Bestandteile ebenso wie an

einer quantitativen Bestimmung der gebildeten Glanzkohlenstoffmenge, so dass es für einen brei-

ter angelegten Vergleich noch zu früh erscheint.

Die grundlegende Idee ist nicht neu. [Giessereikalender 1993]. Jedoch wurde früher – bei feh-

lender Kenntnis der tieferen Zusammenhänge verständlich - lediglich die Kohle bzw. der GKB

nach einem ähnlichen Schema typisiert, bei dem „Koks“, „Restgas“ und „Glanzkohlenstoff“ die

Eckpunkte bildete. Jetzt dagegen wird - alternativ oder ergänzend - vorgeschlagen, die elemen-

tare Zusammensetzung der „Flüchtigen“ statt dessen zugrunde zu legen. Bei der atomaren Zu-

sammensetzung kommt es auf die Elemente Wasserstoff, Sauerstoff und Kohlenstoff an. Kohlen-

stoff bildet die Glanzkohle und sollte daher Hauptbestandteil sein. Wasserstoff bildet das Trans-

portmedium, welches ausreichend verfügbar sein sollte, um in den ersten Minuten nach dem

Gießen genügend Kohlenstoff nachzuliefern. Sauerstoff ist schädlich, ebenso sind es die Oxida-

tionsmittel H2O und CO2. Sie unterdrücken die Pyrokohlenstoffabscheidung.

Der Formalismus kann als einfache und praxisgerechte Such- und Systematisierungshilfe zur

Beurteilung des Glanzkohlebildungsvermögens auf Basis von Pyrolyseversuchen dienen. Nach-

folgend werden zwei Beispiele für gut wirksame GKB vorgestellt.

Am Beispiel „Ecosil“ mit 36,2 % Flüchtigen soll die Funktion dieses Schema demonstriert werden

(Grafik 53):

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97

Das Dreieck trägt an den Ecken die drei interessierenden Elemente Wasserstoff, Kohlenstoff und

Sauerstoff. Auf den Außenlinien liegen alle Existenzpunkte der binären (aus 2 Elementen beste-

henden) Verbindungen. Im Dreieck liegen die ternären Verbindungen. Zur Ermittlung der Position

eines Stoffes wird seine Summenformel aufgestellt wie bei einer metallischen Phase. Die Striche

im Dreieck sind nur Hilfslinien, die die Positionierung erleichtern sollen.

Entscheidend für diesen Formalismus ist, dass die Atomverhältnisse der Flüchtigen betrachtet

werden, da nur diese für die Glanzkohlenstoffbildung bei hohen Temperaturen verantwortlich

sind. Die Flüchtigen enthalten in diesem Beispiel pro C-Atom 2,6 Wasserstoff und 0,22 Sauer-

stoff (C1H2, 6O 0,22). Ausgangsprodukt ist eine Kohle mit der Summenformel C1H0,95O0,08.

Die Endprodukte der Kohlepyrolyse (Ecosil D) nach Herstellerangaben sind:

Flüchtige 36,2 %

Kohlenstoff 70 %

Glanzkohle 10 %

Glühverlust 95,9 %.

Ein weiteres Beispiel wurde aus der Literatur entnommen:

C

H O

CH

CH 2

CH 4

CO

Dreieck-Diagramm für Kohlenstoffverbindungen

Stoffmengenanteile

CO 2

H 2 O

Flüchtige aus Kohle

CO 0,5

HO

Grafik 53:

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98

Nach [Arendt 1980] ist die Elementverteilung in der betreffenden Kohle (C1H 0,8O 0,065) (hellgrün

– nur zum Vergleich !) und in den Flüchtigen dieser Kohle C1H2,2O0,18 (blau).

Die Positionierung im Reaktionsdreieck ist wie unten in Grafik 54 dargestellt. Die Position ist sehr

ähnlich der oben eingetragenen und zeigt den praktischen Arbeitsbereich von Glanzkohlenstoff-

bildnern.

Grafik 54:

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99

Anwendung in Gießereien

4.4 Entwicklung eines benzolreduzierten GKB

Die theoretischen Ansätze zur Verbesserung der Emissionen wurden auf ihre Machbarkeit und

auf die Aussichten auf Erfolg geprüft. Dabei wurde zur Bewertung der jeweiligen Entwicklungsstu-

fe das unten gezeigte Anforderungsprofil herangezogen.

Auf dieser Basis wurden konkrete technische Lösungsansätze diskutiert, wobei –wie oben er-

wähnt- letztendlich die Radikalpolymerisation bei der Hochtemperatursynthese mit Angebot an

Sauerstoff als für die weiteren Arbeiten zielführende Variante festgelegt wurde.

Lösungsansätze

Theorie Technisch aussichtsreich - ja oder nein?

Temperaturen unter 800 °C vermeiden technisch schwer umzusetzen

Graphit mit eingelagertem Oxidationsmittel Herstellungsprobleme

Methan- oder Acetylenlieferant als Koh-leersatz an Bentonit koppeln kompliziertes Verfahren - Preis

Radikalpolymerisation bei der Hochtempe-ratursynthese unterbrechen. Sauerstoff

anbieten aussichtsreiche Möglichkeit

Heterogen-katalytische Zerstörung von Benzol durch zugemischte Nickelzeolithe Preis und Nickel

Adsorption der kühleren Gase an Aktivkohle über 100 °C findet eine Desorption statt

Katalysatoren Oberfläche verschmutzt im bentonitge-bundenen Formstoff

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100

Anforderungsprofil an technische GKB

Anforderungsprofil an einen Formstoffzusatz, der die Aufgaben des herkömmlichen Glanzkohlenstoffbildners übernehmen soll

weniger wichtig sehr wichtig wichtig

1 2 3 4 5 6 7 8 9

10

Pulver mit Erweichungspunkt > 120 °C

Formfüllung verbessernd

Formfestigkeit steigend

Elastizität erhöhend

reduzierende Atmosphäre

Erosion hemmend

geruchsarm

Benzolabgabe an Raumluft gering

gute Trennung Sand / Guss

guter Zerfall des Formstoffs

geringer Strahlaufwand

glatte Gussoberfläche

fehlerfreier Abguss geringer PAK-Wert im Sand zur

außerbetrieblichen Weiternutzung

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101

4.4.1 Gießversuche in der SC-Pilotgießerei

Nach Vorversuchen im Labor wurde entschieden, in der SC-Pilotgießerei ein System mit Siderit

als Benzolfänger und einen Designer-Kohlenstaub aus Anthrazit, Graphit und einem blähenden

Mineral auszuprobieren. Ausgehend von einem Umlaufformstoff wurden je Tonne Flüssigeisen

150 kg Neusand, 50 kg Bentonit und 15 kg Zuschläge dosiert. Nach 15 Umläufen war eine nahe-

zu 100 %ige Umstellung an Glanzkohlenstoffbildner und Bentonit erreicht. (Bild 55).

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

Umlauf

Au

stau

sch

[%

]

Sand Gesamt

Bentonit Kohle

Grafik 55: Substitutionsverlauf eines Sandumlaufsystems für die einzelnen Komponenten

(Dargestellt ist der Formstoffumtausch während 15 durchgeführter Umläufe)

Anhand des Anforderungsprofils für Kohlenstaub wurde nun abgeprüft, ob das neue Material dem

Anforderungskatalog voll genügt. Als Ergebnis wurde erhalten:

1.) Pulver mit Erweichungspunkt unter 120 °C wurde erreicht.

2.) Formfüllung: Es wurde kein signifikanter Unterschied beim Fließverhalten des

Formstoffes festgestellt.

3.) Formfestigkeit: (Tabelle 6). Die Festigkeiten werden positiv beeinflusst.

4.) Elastizität: Die Elastizität wurde nicht negativ beeinflusst.

5.) Reduzierende Atmosphäre: Bleibt erhalten.

6.) Erosionsneigung: Nimmt leicht zu.

7.) Geruch: Verändert sich nicht.

8.) Benzolabgabe: (Grafik 56)

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9.) Gute Trennung Sand/Guss (Grafik 57): Die Trennung Sand vom Guss ist mit Benzolfän-

ger gut, beim Designer-Formstoff als schlecht zu beurteilen.

10.) Putzarbeit: Beim Designer-Formstoff ist diese höher als bei der Normalprobe.

Beim Formstoff mit Benzolfänger ist die Putzarbeit gleich bis etwas leichter.

11.) Die Oberflächen sind vergleichbar.

12.) Fehlerfreie Abgüsse wurden erreicht.

13.) Die Deponierfähigkeit wurde nicht beeinflusst.

Formfestigkeit und Zusammensetzung

I II III

Formstoff 0-Probe mit ECOSIL 20

ECOSIL 20 mit Benzolfänger

Designer-Kohlenstaub

Druckfestigkeit N/cm² 17,0 18,4 18,5

Nasszugfestigkeit N/cm² 0,30 0,28 0,34

Zugfestigkeit N/cm² 2,5 2,7 2,6

Bindetongehalt % 7,3 7,3 7,3

Glühverlust % 5,8 5,6 5,7

Wassergehalt % 3,7 4,0 4,0

Verdichtbarkeit % 45 42 43

Tabelle 6 Prüfparameter und Prüfergebnisse am fertigen Formstoff

Veränderung der Benzolemission

0

20

40

60

80

100

0-Probe mit ECOSIL 20 0-Probe = 100 %

ECOSIL 20 mit Benzolfänger Designer-Kohlenstaub

I II III

Grafik 56: Vergleich der Benzolabgabe zweier Entwicklungen

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Ausschlagverhalten - Umlauf 13

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

0 20 40 60 80 100 120 140

Ausschlagzeit [s]

San

dm

eng

e [%

]

II ECOSIL 20 mit Benzolfänger

I 0-Probe mit ECOSIL 20

III Designer-Kohlenstaub

Grafik 57: Ausleerverhalten / Güte der Sand-Metall-Trennung

Der Einfluss der einzelnen Formstoffzusätze auf das Ausschlagverhalten ist dargestellt.

Je steiler die Steigung der Kurve, desto besser ist das Ausschlagverhalten des Formstoffes .

Der Designer-Glanzkohlenstoff, der sehr wenig Benzol abgibt, hat den Schönheitsfehler, dass die

Sandanhaftung und somit der Sandaustrag in die Putzerei größer wird und die Strahlzeiten sich

deutlich verlängern. Der Formstoff mit Benzolfänger gibt der Gießerei eine Möglichkeit, die aus

der Form entweichende Benzolmenge in der Größenordnung von 10-20 % zu reduzieren. Der

nächste Schritt war es, ein solches System in Gießereien zu erproben.

4.4.2 Erprobung in einer Gießerei

Die Süd-Chemie stellte 40 t Versuchsmaterial her und lieferte diese Menge als Formstoffbinder

unter der Bezeichnung Lobesit D 0502 O 69 an die Fa. Bühler in Burtenbach. Die Fa. Büh-

ler/Burtenbach arbeitet mit ECOSIL D 0602 O 73. Das bedeutet, dass der Glanzkohlenstoffbildner

unverändert blieb und von den 73 % Bentonit 4 % mit Siderit als Geruchs- und Benzolreduzierer

substituiert wurden.

Angaben zum Einsatzstoff

Die folgende Seite zeigt das technische Datenblatt.

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TECHNISCHE INFORMATION

Versuchsmaterial LOBESIT D 0502 O’69

Produktbeschreibung LOBESIT D0502 O’69 ist eine Kombination aus Glanzkohlenstoffbildner mit 2 % Graphit und 69 % Hybridbentonit und wurde für Formstoffe entwickelt, die ein hohes Fließvermögen benötigen, wie das bei modernen Schieß-, Preß- oder Impulsmaschinen der Fall ist. Unser Produkt enthält einen ausgewählten Glanzkohlenstoffbildner für den Einsatz in bentonitgebundenen Formstoff für alle Eisen- und Schwermetalllegierungen. Die Vorteile von Glanzkohlenstoffbildner und Graphit sind:

♦ leichtere Formstoffaufbereitung ♦ Verringerung des Wasserbedarfs ♦ besseres Fließen unter Druck ♦ Verminderung der Rückfederung ♦ gleichmäßiger verdichtete Formen ♦ Erhöhung der Formfestigkeit ♦ Verbesserung beim Ballenziehen ♦ Verringerung der Erosionsneigung ♦ Erhöhung der Kantenstabilität ♦ Verringerung der Stahlzeit ♦ Einsparung von Bentonit und Glanzkohlenstoffbildner

Der Bentonitanteil ist auf den Verschleiß durch das vergossene Eisen abgestimmt, so dass der Formstoff Immer mit dem richtigen Verhältnis Bentonit zu Glanzkohlenstoffbildner versorgt wird. Der Bentonitanteil bringt folgende Vorteile:

♦ einfache Bestellung und Lagerung, da nur ein Material nötig ist ♦ nur eine Dosiereinrichtung ♦ gute Lagerung und Förderbarkeit ♦ exaktere Dosierung von Bentonit und Glanzkohlenstoffbildner

LOBESIT D0502 O’69 enthält einen Benzolreduzierer der die Bildung von Benzol um 10-30% reduziert. Qualitätssicherung Die Herstellung dieses Produktes unterliegt unserem Qualitätssicherungssystem nach DIN EN ISO 9001, zertifiziert durch die DQS (Deutsche Gesellschaft für Zertifizierung von Qualitätssicherungssystemen). Anlaysenwerte Kohlenstaub Bentonit Glanzkohlenstoffbildungsvermögen: Flüchtige Bestandteile C-Gehalt Wassergehalt Asche Schwefel Schüt tdichte von LOBESIT D0502 O’69

17 % 44 % 82% 3 % 6 %

0,7 % ca. 650 g/l

Wassergehalt Methylenblauwert Verdichtbarkeit Prüfkörpermasse Druckfestigkeit grün Druckfestigkeit trocken Naßzugfestigkeit

10 % 405 mg/g

45 % 150 g

10,3 N/cm2

16,9 N/cm2

0,22 N/cm2

Herstellungsort und Lieferform Werk Moosburg 40 kg Papiersäcke auf Paletten, 1 t. fassende Big Bags, lose per Silo-LKW / Bahn Lagerfähigkeit Bei trockener Lagerung unbegrenzt Anwendungstechnische Beratung Für den speziellen Einsatz unserer Produkte steht Ihnen zur Beratung unser anwendungstechnischer Service zur Verfügung. Analysenwerte sind Mittelwerte. Abweichungen sind möglich, das es sich um ein Naturprodukt handelt. Alle Informationen in dieser Druckschrift entsprechen unseren derzeitigen Erfahrungen und Kenntnissen. Da wir auf die Verarbeitung und Anwendung unserer Produkte keinen Einfluß haben, muß der Verwender eigenverantwortlich deren Eignung prüfen. Bestehende Schutzrechte, Gesetze und Bestimmungen sind zu beachten. 7.9.2004

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105

Die Gießerei

Die Eisengießerei Bühler GmbH in Burtenbach produziert ca. 1000 t Grau- und Sphäroguss auf

zwei DISA-Anlagen und einer FORMATIC-Formmaschine. Überwiegend sind die Formen ohne

Kerne. Das reduziert die Quereinflüsse drastisch. Die Daten des Formstoffes sind in der Tabelle

B angegeben.

Daten zum Formstoffsystem

Firma Bühler Guss, Burtenbach pro Tag:

Arbeitsstunden h 10

vergossenes Eisen t 100

Formstoffmenge im System t 214

aufbereiteter Formstoff t 720

Neusand Kernmacherei t -

Neusand Formerei t 10

Kern- und Neusand zum Formstoff t 10

Geko aus ECOSIL D 0602 O 73 t 3,07

ECOSIL aus ECOSIL D 0602 O 73 t 1,13

ECOSIL D 0602 O 73 gesamt t 4,2

Tabelle 7: Tagesprofil der Formereien

Die Formstoffmenge im System beträgt in Summe ca. 200 t, am Tag werden 720 t aufbereitet.

Das Eisen : Formstoff-Verhältnis beträgt 1 : 7,2, daraus resultiert, dass 3,4 Formstoffumläufe am

Tag absolviert werden.

Der Austausch des Glanzkohlenstoffbildners kann nur durch Substitution eines Anteiles gesche-

hen, den die Gießerei ausschleust. Das geschieht unter diesen Bedingungen schnell, ca. 25 %

sind nach einem Arbeitstag ausgetauscht, 50 % nach 2-3 Arbeitstagen und mehr als 90 % nach 6

Arbeitstagen.

Die Zusammensetzung des Formstoffes vor, während und nach dem Versuch

In den Diagrammen A bis D sind die Messwerte, die die Zusammensetzung des Formstoffes an-

geben, aufgetragen. Der Austausch des Formstoffsystems während laufender Produktion wurde

intensiv überwacht und aufwendig messtechnisch begleitet.

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Formstoffzusammensetzung

3,5

3,7

3,9

4,1

4,3

4,5

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5,1

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30,0

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Diagramm A - D: Formstoffzusammensetzung über die Zeit

Juni Juli

ohne mit ohne Benzol- Benzol- Benzol- reduzierer reduzierer reduzierer

Umstellung 0 % 90 % 95 % 100 %

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Der Wassergehalt und der Bindetonanteil im Formstoff steigen zu Versuchsbeginn an, ohne bei

Versuchsende wieder zu sinken. Daraus ist zu schließen, dass der Anstieg nicht stoffbedingt

sondern steuerungsbedingt erfolgte. Der Wasserbedarf je % Bindeton blieb unverändert auf der

Höhe von 0,52 % Wasser je % Bindeton. Der Schlämmstoffgehalt stieg ebenfalls mit Beginn des

Versuches und sank nach Beendigung wieder. Der Schlämmstoffgehalt kann durch Neusandzu-

gabe in der Gießerei gesteuert werden.

Der Gesamtglühverlust stieg und bleibt auch nach Versuchsende auf dem neuen, höheren Ni-

veau.

Die Verdichtbarkeit wurde nach dem Ende des Versuches niedriger eingestellt, damit steigt das

Prüfkörpergewicht (Packungsdichte des Normprüfkörpers nimmt zu) und die Gasdurchlässigkeit

sinkt (Diagramm E-G).

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Verdichtbarkeit, Prüfkörpergewicht und Gasdurchlässigkeit

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Diagramm E - G: Sandeigenschaften über die Zeit

Der Verlauf der Festigkeitswerte folgt dem Verlauf des Bindetones und der Verdichtbarkeit sowie

der Packungsdichte (Diagramm H - K).

Juni Juli

ohne mit ohne Benzol- Benzol- Benzol- reduzierer reduzierer reduzierer

Umstellung 0 % 90 % 95 % 100 %

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Formstofffestigkeiten

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Diagramm H - K: Formstofffestigkeiten

Juni Juli

ohne mit ohne Benzol- Benzol- Benzol- reduzierer reduzierer reduzierer

Umstellung 0 % 90 % 95 % 100 %

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Information zur Benzolreduzierung

Benzol- und Geruchsemission wurden vom IfG gemessen. Die Süd-Chemie hat an den Form-

stoffmustern im Technikum mit einem einfachen Versuchsaufbau Benzolemissionen nachgemes-

sen. Analog zu diesen Messungen, die bei den vorausgehenden Labor- und Technikumsversu-

chen durchgeführt wurden, konnte bei einem zweiten Technikumsversuch, der ausgehend von

einem Neusand nach 17 Umläufen eine Benzolreduzierung um 9 % erreichte, mit der gleichen

Anordnung eine Reduzierung der Benzolemission von 7,5 % am Formstoff der Fa. Bühler nach-

gewiesen werden (Diagramm L und M).

Benzolabgabe des Formstoffes der Fa. Bühler

1521

1608

1695

1782

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Diagramm L: Veränderung der Benzolfracht an der kleine Formanlage

Benzolabgabe des Formstoffes aus dem SC-Technikumsversuch II

1999

2043

2086

2130

2173

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2304

2347

2391

2434

2478

Start nach 17. Umlauf

Ben

zola

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orm

stof

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mit Benzolreduzierer

ohne Benzolreduzierer

Gießversuc Diagramm M: Veränderung der Benzolabgabe im Technikumsversuch

Juni Juli

ohne mit ohne Benzol- Benzol- Benzol- reduzierer reduzierer reduzierer

Umstellung 0 % 90 % 95 % 100 %

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Beim Versuchsablauf auftretende Probleme

Nach ca. 80 %-iger Umstellung des Formstoffsystems traten Rauheiten an verschiedenen

Gussteilen, besonders an Gitterrosten auf, die zu doppelter Strahlzeit und zu vermehrter Putzar-

beit führten bis hin zu unverkäuflichen Gussstücken. Dies führte zum schnellen Ende des Versu-

ches, da eine Weiterführung ein zu hohes Risiko darstellte.

Dem Verdacht, dass der Formstoff zu höheren Explosionspenetrationen neigt, oder dass das

Fließverhalten des Formstoffes sich verschlechtert, wurde nachgegangen.

Die Explosionspenetrationsneigung des Formstoffes der Fa. Bühler ist sehr gering. Die Skala

geht von 0 (keine Penetration) bis 5 (sehr starke Penetration). Werte unter 1 sind Formstoffe mit

sehr wenig Explosionspenetrationsneigung. Hier wurde ein ganz leichter Anstieg beobachtet (Dia-

gramm N).

Explosionspenetrationsneigung des Formstoffes der Fa. Bühler

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

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Exp

losi

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Diagramm N: Vergleich der Gussfehlerhäufigkeit „Explosionspenetration“

Mit den Formstoffen des Technikums wurde das System ohne Benzolreduzierer und mit Benzol-

reduzierung nach 17 Umläufen (Diagramm O) getestet. Hier wurde ein leichter Rückgang der

Explosionsneigung durch den Zusatz von Benzolreduzierer gemessen. Daraus ist abzuleiten,

dass der Fehler mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ein Explosionspenetrationsfehler war.

Juni Juli

ohne mit ohne Benzol- Benzol- Benzol- reduzierer reduzierer reduzierer

Umstellung 0 % 90 % 95 % 100 %

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Explosionspenetrationsneigung des Formstoffes aus dem SC-Technikumsversuch II

0,0

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1,5

2,0

2,5

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ohne Benzolreduzierer mit Benzolreduzierer

bei 45 % Verdichtbarkeit

Exp

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Diagramm O: Vergleich der Gussfehlerhäufigkeit „Explosionspenetration“

– jetzt an Technikumsmessungen

Als weitere Ursache konnte eine Verminderung der Fließeigenschaft des Formstoffes angenom-

men werden. Die Fließbarkeit nach Levelink gibt an, wie der Formstoff den Formhohlraum füllt.

Diagramm P zeigt, dass dieses Füllen deutlich abnimmt, aber auch, dass dieses nicht wieder zu-

rückkehrt, obwohl kein Benzolreduzierer mehr im Formstoff ist. Die Fließbarkeit nach +GF+ misst,

ob und wie gut der Formstoff unter dem Verdichtungsdruck fließt (Diagramm P und Q). Eine ganz

ähnliche Aussage macht der Fließbarkeitswert nach Orlov (Diagramm R).

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Fließbarkeitseigenschaften des Formstoffes

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75

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Flie

ßbar

keit

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/cm

²

unten

oben

Diagramm P- R: Vergleich der Sandfließbarkeit nach verschiedenen Methoden

Weist die Fließbarkeit nach +GF+ eine deutliche Verschlechterung beim Einsatz des Benzolredu-

zierers aus, so wird hier auch eine Verbesserung nach dem Absetzen gemessen, was bei der

Juni Juli

ohne mit ohne Benzol- Benzol- Benzol- reduzierer reduzierer reduzierer

Umstellung 0 % 90 % 95 % 100 %

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geringeren Verdichtbarkeit ohnehin zu erwarten ist. Bei der Fließbarkeit nach Orlov blieb dies

wiederum aus. Der Formstoff des Technikumsversuches weist keine Fließbarkeitsänderung durch

den Einsatz des Benzolreduzierers aus (Tabelle 8).

Fließbarkeit im SC-Technikumsversuch nach 17 Umläufen

ohne Benzolreduzierer mit Benzolreduzierer

Verdichtbarkeit %

Fließbarkeit Levelink %

Fließbarkeit GF %

Fließbarkeit Orlov N/cm² oben unten oben unten

9,3 28,6 10,0 27,4

42

68

58

42

64

62

4.4.3 Verwertbarkeit der Ergebnisse

Auf der Grundlage von Praxiserfahrungen sowie der am IfG durchgeführter Grundlagenversuche

und der daraus gewonnenen Erkenntnisse und unter Berücksichtigung technischer und wirt-

schaftlicher Randbedingungen wurden Lösungsansätze für die Zusammensetzung alternativer

Glanzkohlestoffbildner formuliert und zunächst im Technikumsversuch bei Südchemie realisiert.

Dabei wurde insbesondere großer Wert auf Praxisrelevanz gelegt, d.h. eine vollständige Umstel-

lung des vorhandenen Sandsystems mit begleitender Formstoffuntersuchung zur Prüfung der

technologischen Formstoffdaten vorgenommen. Dabei wurden sehr Erfolg versprechende Ergeb-

nisse erzielt, die eine befriedigende Basis für den Schritt in die „vor Ort“ Bedingungen einer Gies-

serei erlaubten. Die in der Giesserei gemessene Reduzierung der Benzolemissionen war durch-

aus signifikant und zeigte, dass die erarbeiteten Ansätze sich im Wesentlichen auch auf diese

„vor Ort“ Bedingungen übertragen ließen. Wegen zunehmenden Auftretens von Gussausschuss

im Laufe dieser Erprobungsversuche mussten diese abgebrochen werden, da Gussfehler in Form

von rauen Gussstücken, die verworfen werden mussten, auftraten. Diese waren aus den vorher-

gehenden sehr sorgfältig durchgeführten Technikumsversuchen nicht vorhersagbar gewesen. Die

komplexen Zusammenhänge der Formstoffaufbereitung sowie die dies verstärkenden individuel-

Tabelle 8: Vergleich der Sandfließbarkeit nach verschiedenen Methoden

– jetzt nach Technikumsabgüssen

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115

len Betriebsbesonderheiten jeder Giesserei scheinen hier eine derart entscheidende Rolle ge-

spielt zu haben.

Aus diesen Gründen wurde davon abgesehen in weiteren Gießereien größere Versuchsreihen

durchzuführen, die mit einer vollständigen Umstellung des Formstoffsystems und der permanen-

ten Gefahr von überproportionalen Ausschussraten verbunden gewesen wären.

An dieser Stelle ist klar festzustellen, dass die im Projekt durchgeführten und im Technikum und

in der Giesserei zu einer Reduzierung der Benzolemission geführt haben. Der Ansatz, die Radi-

kalpolymerisation bei der Hochtemperatursynthese zu unterbrechen und Sauerstoff anzubieten

war erfolgreich. Er wird mit anderen Sauerstoffträgern weiter verfolgt werden.

Die nachfolgenden spezifischen Probleme der Gussfehler müssen dagegen systematisch form-

stofftechnisch untersucht werden, eine Korrelation von formstofftechnischen Zusammenhängen

mit den spezifischen Eigenschaften des Glanzkohlenstoffbildners ist Aufgabe zukünftiger Arbei-

ten.

Alle in der Arbeit gesammelten Erfahrungen und neuen Erkenntnisse wird die Süd-Chemie nut-

zen, um weiter an einem geruchs- und emissionsarmen Glanzkohlenstoffbildner zu arbeiten.

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5 Zusammenfassung, Ausblick und Verwertung der Ergebnisse

Die Entwicklung emissionsreduzierter und gleichzeitig hochwirksamer Glanzkohlenstoffbildner,

die in Seriengießereien sparsamer eingesetzt werden können und zu geringeren Emissionen füh-

ren, war das generelle Ziel dieses Forschungsvorhabens.

Dabei wurden zunächst am IfG in Laborversuchen die Mechanismen und Reaktionsbedingungen

für die Glanzkohlenstoffbildung und das Entstehen unerwünschter Nebenprodukte untersucht.

Dieses Wissen lieferte die Grundlagen für gezielte physikalische und chemische Eingriffe zur Effi-

zienzverbesserung der Glanzkohlenstoffbildung und zur Unterdrückung unerwünschter Nebenre-

aktionen. Auf dieser Grundlage wurde dann ein Reaktionsmodell für die Glanzkohlenstoffbildung

und die Beschreibung der einzelnen Reaktionsmechanismen erstellt.

Das einfließende heiße Metall heizt die Oberfläche des Formhohlraums aus bentonitgebundenem

Sand schockartig auf. Da der Wärmestrom in der isolierenden Form langsamer abfließt als vom

Metall zuführt wird und die Isolierwirkung durch sofort einsetzende, endotherme Reaktionen (Py-

rolysen) noch verstärkt wird, bildet sich ein steiler Temperaturgradient vom inneren Formteil nach

außen. Die schwarze, Wärmestrahlung bestens absorbierende innere Formfläche wird so annä-

hernd die Temperatur der Schmelze erreichen. So kann bei tongebundenem Sand und Gussei-

sen eine Grenzflächentemperatur von rund 1300°C erwartet werden.

Das Gießen und Aufheizen bedingt eine gewisse Reihenfolge in den thermischen Abläufen:

• Zuerst reagiert das einströmende Metall (genauer: Mg und C) mit der Restluft in den

Formhohlräumen.

• Wasser aus Kohle und Bentonit verdampft in den Porenraum der Sandform.

• Die Kohle/der Glanzkohlenstoffbildner zerfällt thermisch unter Bildung von reduzierenden

Gasen (H2, Methan und CO) und kondensierbarem Teer.

• Pyrolysierende Kohle und Kohlenstoff der Schmelze reduziert anfangs vorhandenen Rest-

Sauerstoff aus dem Porenraum zu CO und Wasserdampf zu CO + H2.

• Der entstehende Gasstrom verdrängt Luft aus dem Porenraum der Form und unterstützt

den Wasserabtransport aus den heißen Bereichen der Form.

• Wärmeverbrauchende Reaktionen an der heißen Grenzfläche werden durch den Wärme-

eintrag vom flüssigen Metall erleichtert. Er kommt zu einer hohen Radikaldichte an der

heißen Grenzschicht (reaktive Bruchstücke von Molekülen), denn Spaltreaktionen – ins-

besondere wirksam bei Wasserstoff und Methan - verlaufen aufgrund der hohen Tempe-

ratur in Sekundenbruchteilen.

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• In komplizierten Kettenreaktionen entsteht über viele Zwischenstufen Pyrokohlenstoff oder

Glanzkohle als ein Polymer.

• Oberflächennahe Bereiche der Form, die über 600°C aufgeheizt sind, liefern weiterhin

Kohlenwasserstoffe für die Glanzkohlebildung und die Gasentwicklung an der heißeren

Grenzfläche. Die mit Glanzkohle beschichtete Oberfläche schirmt die dahinter liegenden

Formschichten vor direkter Wärmestrahlung ab. Die schockartige Pyrolyse der Binderhül-

len ergibt eine feinporöse Grenzschicht zur Form, die den Wärmeabfluss zusätzlich be-

hindert.

• Nur ganz in der Nähe der Grenzschicht sind weitergehende Pyrolysereaktionen und auch

Synthesen von Aromaten möglich. In mittelheißen Teilen der Form dominieren die Zer-

fallsprodukte der Kohle und verdampftes Wasser.

• Wasser (und bei ausreichender Menge auch anderes Kondensierbare) kondensiert an käl-

teren Formteilen und verbleibt - je nach Wegstrecke - in der Form oder wird verzögert

vom Gasstrom ausgetrieben.

• Bei bestimmten Versuchen wurde eine deutliche Minderung von Benzol durch feuchten

Bentonit beobachtet. Wasser ist also nachweislich wirksam, bevor es ausgetrieben wird.

Dies zeigt auch die bekannte Randentkohlung bei Stahl- und Eisenguss, verursacht durch

Wasser, wenn unzureichend Reduktionsmittel wie Harz oder Kohle in der Form enthalten

sind. Noch besser wirken Oxide und Carbonate auf die Benzolreduzierung, die im kriti-

schen Temperaturbereich Sauerstoff oder CO2 abgeben, und die Aromatenbildung im La-

borversuch mehr als halbieren. Auch organische Verbindungen, die CO2 abgeben, führen

zu diesem Ergebnis.

Damit bestätigte sich die vorab entwickelte Modellvorstellung. Konkrete Vorschläge für den Auf-

bau emissionsreduzierte Glanzkohlenstoffbildner wurden dann im Rahmen der Übertragbarkeits-

arbeiten vom GKB-Hersteller Südchemie aufgegriffen und weiterentwickelt:

Die Benzolbildung ist ein Teil des Glanzkohle-Bildungsmechanismus und daher nicht generell zu

vermeiden. Die Freisetzung von Benzol beim Gießen kann daher nur graduell durch Optimierung

des Verfahrens abgeschwächt werden. Glanzkohlebildung setzt Wasserstoff und Kohlenstoff und

möglichst Abwesenheit von Sauerstoff voraus. In einer Skala der geeignetsten Kohlenwasserstof-

fe würde Methan CH4 das eine Ende und Graphit CH0 das andere Ende definieren, wobei Graphit

völlig ungeeignet und Methan mäßig geeignet ist. Sehr gute Ausbeuten an Glanzkohlenstoff (py-

C) sind beim Polystyrol gefunden worden, das die Summenformel (C1H1)n besitzt. Jedoch ist ge-

rade diese Material extrem in der Freisetzung von Benzol, weil es den aromatischen Ring bereits

vorgebildet enthält. Deshalb muss das Designprinzip für benzolarme Glanzkohlenstoffbildner dar-

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auf aufbauen, etwa die atomare (molare) Zusammensetzung 1 C 1 H zu erreichen, aber dies

möglichst ohne aromatische Strukturen zu induzieren.

Mit der Feststellung der generellen Benzol-Bildungsmechanismen in einer bentonitgebundenen

Gießform – es sind mehrere – sind die Grundlagen für Optimierungen gelegt und die Grenzen

aufgezeigt.

Neben dem optimalen Design des Basismaterials für die py-C Abscheidung auf der heißen Guss-

eisenoberfläche wurde ein zweiter Weg zur Verbesserung der Emissionssituation aufgezeigt,

nämlich die Zugabe von Additiven in den Formstoff, die das nach außen dringende Benzol an

einer geeigneten Stelle abfangen. Als für den späteren Praxistest aussichtsreichste Variante für

eine solche Aufgabe wurden Sauerstoff bzw. sauerstoffhaltige Verbindungen abgebende Stoffe -

zum Beispiel Kohlendioxid- ausgewählt. Auf das Prinzip wurde ein Patent angemeldet.

Mit dem Studium der chemischen Vorgänge in den Gasräumen der Form wurde ein physikalisch-

chemisches Modell entwickelt und zugleich wurden die Grundlagen für Transport- und Reaktions-

simulationen gelegt. Die hohe Komplexität des zu simulierenden Systems konnte sinnvoll redu-

ziert werden, bleibt aber anspruchsvoll. Aus den im IfG erarbeiteten Reaktionsdaten und Reakti-

onsmodellen entwickelte MAGMA eine Computersimulation der Transportvorgänge, der Reaktio-

nen und Phasenübergänge in den Formbereichen nahe dem heißen Gussteil. Mit diesem neuen

Simulationstool wurde es möglich, Aussagen über die Gasströme einzelner Komponenten (Ben-

zol) in der Form und deren Einfluss auf Abkühlung des Gussteils und Abführung der Gießgase zu

machen. Erste Praxisfälle wurden bereits erfolgreich berechnet. Emissionsprognosen auf ver-

schiedenen Genauigkeitsniveaus lassen sich mit diesen neuen Erkenntnissen durchführen. Wei-

tere Ansätze für mögliche Modellverfeinerungen wurden beschrieben. Wird auf dieser Grundlage

die Stufe „Simulation des Gasflusses aller Komponenten“ erreicht, ist - aus anwendungstechni-

scher Sicht - der wichtigste Schritt in der Simulation der Gasseite in porösen Formen geschafft:

Mit der Voraussagbarkeit von Druckverteilungen und Kondensatfronten im Formstoff und von

Hauptreaktionen an der heißen Metalloberfläche lassen sich dann einige Gussfehler und Form-

stofffehler - bezogen auf Festigkeitsprobleme - geometrieabhängig und wärmeflussabhängig

qualitativ abschätzen. Auch besteht die Möglichkeit, die Abführung von Gießgasen aus Formen

und Kernen „begründet“ auszulegen und nicht nur erfahrungsbasiert.

Das neue Simulationstool ist damit in der Lage, zu einem Basisinstrument für Gasfehlerprogno-

sen beim Gießen und zur Prozessvergleichmäßigung zu werden.

Nach den aus den Versuchen im IfG gewonnenen Erkenntnissen wurden auf Grundlage eines

Pflichtenheftes neuartige Glanzkohlenstoffbildner hergestellt und deren Eigenschaften in Labor-

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tests sowie in standardisierten Gießversuchen im Technikum geprüft. Dabei waren chemische

Modifikationen des GKB genauso betrachtet worden wie Additive zur Reaktionslenkung. Letztere

sollte auch auf Emissionen, die aus dem Organikgehalt des Umlaufsandes (Kerneinlauf und Rest-

GKB) stammen, Einfluss genommen werden. Praktisches Entwicklungsziel waren Produkte, die

bei vermindertem Einsatz zu qualitativ besseren Gussoberflächen führen und diesbezüglichen

Ausschuss reduzieren sollten. Entscheidende Voraussetzung war dabei, dass bei der Produkt-

anwendung in Gießereien prozessintegriert weniger aromatische Kohlenwasserstoffe entstehen

und der Altsand weniger aromatische Polycyclen enthalten sollte. Auch die Recyclingeigenschaf-

ten des Altsandes sollen verbessert werden.

Glanzkohlenstoffbildner mit den erwarteten und geprüften Eigenschaften wurden in Produktions-

mengen hergestellt und zunächst im Technikum der Südchemie unter Praxisbedingungen getes-

tet. Dieser Technikums- Gießereitest wies Benzolreduzierungen in einer Größenordnung von 10

bis 15 % nach. Die anschließende Übertragung der viel versprechenden Technikumsergebnisse

auf Produktionsbedingungen einer Gießerei zeigte Reduzierungen der Benzolemissionen in ähn-

licher Größenordnung. Jedoch wurden im Dauerbetrieb nach einiger Zeit produktionstechnische

Einschränkungen sichtbar, in Form von erhöhten Ausschussraten durch Oberflächenfehler an

den Gussteilen. An dieser Stelle wurde klar, dass die Randbedingungen einer gießereiindividuel-

len Formstoffaufbereitung zusätzliche komplexe Einflussgrößen darstellen, die im Zusammen-

hang mit der Modifikation von Glanzkohlebildnersystemen zukünftig dringend und systematisch

untersucht werden müssen.

Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurden die Mechanismen der Glanzkohlenstoffbildung

erstmals systematisch klargelegt. Die hochkomplexen Zusammenhänge bei der Glanzkohlen-

stoffbildung konnten so beschrieben werden, dass die Ableitung eines Grundmodells, und die

Erstellung eines darauf aufgebauten für die Praxis verwendbaren Simulationsmodells möglich

wurde. Emissionsreduzierte neue Modifikationen eines Glanzkohlebildners wurden hergestellt

und bezüglich der Emissionsreduzierung erfolgreich getestet.

Aus anwendungstechnischer Sicht lassen die erarbeiteten Ergebnisse für jeden Partner direkt

bzw. kurzfristig realisierbare Aktivitäten zu:

Das IfG kann die erarbeiteten Ergebnisse

• im Rahmen seiner internen Entwicklungen zu neuen quantitativ arbeitenden Test- und

Prüfmethoden für das Glanzkohlebildungsvermögen, sowie

• im Rahmen seiner Beratungstätigkeit in den Bereichen Emissionsschutz und Emissions-

minderungsmaßnahmen, Formstofftechnik und formstoffbedingte Gussfehler

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sehr gut verwerten und auf diese Weise weitergeben. Um die Effektivität der Ergebnisnutzung

und –weitergabe zu erhöhen, sind auch interne Informationsveranstaltungen geplant, die speziell

die Beratungsingenieure der Formstofftechnik in die Lage versetzen soll, Gießereien auf dem

neuesten Stand der Erkenntnisse anwendungsorientiert .zu beraten. Das IfG wird durch eine ge-

eignete Aufarbeitung des erarbeiteten Stoffes als Grundlagenwissen einzustufende Erkenntnisse

weitergeben können, die für weitere Entwicklungen auf dem Gebiet der Glanzkohlebildner von

Bedeutung sind und so die Entwicklung neuer GKB-Formeln unterstützen.

Für Magma ist die Implementierung der Ergebnisse in ein technologisches Simulationsprogramm

objektiv und ohne spezielle Erfahrung möglich. Die Ergebnisse können im Rahmen von entspre-

chenden Dienstleistungen den Gießereien unmittelbar zur Verfügung gestellt werden.

Der Partner Süd-Chemie wird erproben, den beschriebenen Benzolreduzierer im Bentonit für die

Aluminiumgießereien einzubauen um hier eine Lösung für die Geruchsminderung anbieten zu

können. Ein weiterer Benzolreduzierer wird in absehbarer Zeit auf seine Praxistauglichkeit im

Giesereibetrieb geprüft.

Die grundlegenden Arbeiten dieses Projektes haben zudem eine Reihe von –aus Sicht der Pro-

jektpartner- wichtigen weiterführenden Entwicklungsansätzen verdeutlicht, die in allen drei Teilbe-

reichen –der Modellentwicklung und der Formulierung der detaillierten Reaktionsabläufe, der

Entwicklung von Simulationswerkzeugen, sowie der weiteren Formulierung von Glanzkohlebild-

nern- bei allen drei Entwicklungspartnern aufgegriffen und weiterverfolgt werden.

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6 Veröffentlichungen

Vortrag auf dem Deutschen Gießereitag 2004:

Eicke Brümmer und Joachim Helber

„Neue Ansätze zur Reduzierung der Benzolfreisetzung aus bentonitgebundenem Formstoff beim

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Fluent news - Winter01, Article # 24 Giesserei-Kalender

“Taschenbuch der Giessereiindustrie“ Hrsg.: VDG, Düsseldorf (1993) S. 137

Glasier G. F.; Pacey P. D.

„Formation of pyrolytic carbon during the pyrolysis of ethane at high conversions“ CARBON 39 (2001) S. 15-23

Goudzwaard J. E.; Kurtti C. M.; Andrews J. H.; Cannon F. S.; Voigt R. C.; Firebaugh J E.;

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„Pyrolyse des Aufkohlungsgases Propan bei der Vakuumaufkohlung von Stahl“ HTM 58 (2003), S. 20-23

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Ein neues Verfahren zur Bestimmung des Glanzkohlenstoff-Bildungsvermögens von Formsanden und Additiven, Gießereiforschung 52, Nr. 1 (2000) S. 1-10

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8 Kooperationspartner

Süd-Chemie AG

Steinbockstr. 12

85368 Moosburg

MAGMA

Kakertstr. 11

52072 Aachen

IfG - Institut für Gießereitechnik gGmbH

Sohnstr. 70

40237 Düsseldorf

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Anhang

Berechnung von Umsatz und Bildungsraten aus den gemessenen Signalen

Messausgang I für Spezies a = Ia

Massenspektrometer (MS) Infrarotanalyse (IR)

Zuordnung Massenzahl 1-140 Wellenzahl 500-4000 1/cm

Quantifizierung (I) Ionenstrom x E-11 Signalhöhe oder Fläche

Umsatz

Umsatz Pyrolyse Stoff a (Ia0 – Iat) / Ia0

bedeutet die relative Konzentrationsänderung von a in der Zeit 0 bis t

Umsatz Produkt b aus a Ib/Ia0 bei Gasen z. B. Benzol aus Methan

Bildungsrate

Relative Bildungsrate b aus a Ib/Ia0 in mol/s cm³ V • Ib/Ia0 in mol/s.

Kinetische Auswertung

Reaktion 1.Ordnung r = dCa/dt = k • Ca

Integration Ca/Ca0 = exp –kt k = - ln Ca/Ca

0 / t

Reaktion 2. Ordnung r = dCa/dt = k • Ca²

Integration Ca / Ca0 = 1 / (1-Ca

0 • kt) k = ( 1/Ca – 1/Ca0 ) / t

k = Geschwindigkeitskonstante (mol / cm³ s )

Die Reaktionsgeschwindigkeitskonstante k ist von der Temperatur abhängig und wir nach

Arrhenius über der reziproken Temperatur aufgetragen. Die Konzentration der Komponente a Ca

wird aus dem Messsignal Ia abgeleitet.

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