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L.S.n. Epiphanias – 16.1.2005 – 2. Mose 3,1-14 - Oberursel ... Sonntag nach... · So ist die Begegnung Gottes mit Mose am Dornbusch nichts anderes als die Zurüstung und Aussendung

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Page 1: L.S.n. Epiphanias – 16.1.2005 – 2. Mose 3,1-14 - Oberursel ... Sonntag nach... · So ist die Begegnung Gottes mit Mose am Dornbusch nichts anderes als die Zurüstung und Aussendung

L.S.n. Epiphanias – 16.1.2005 – 2. Mose 3,1-14 - Oberursel – Armin Wenz - ELKG 128

Liebe Gemeinde! Ein aktueller Kommentar zum Johannesevangelium trägt den Titel: „Der brennende Dornbusch.“ Dieses Buch, in dem man von einer Tiefe der Weisheit Gottes zur nächsten geführt wird, endet nach knapp 1400 Seiten mit den Worten: „Man muß etwas bemerken von dem Hineinstürzen des Evangelisten in den Abgrund jener Liebe, welche dem Geliebten sich zeigt und ihm ‚ein Zeichen gibt’ von SICH SELBST – von dem Selbst „Gott“. ... Der Evangelist ist kein Archivar, welcher Hinterlassenschaften verwaltet, sondern .... er wagt zu sprechen von GOTT. Und das Evangelium ist keine Archivalie im Urkundengewölbe der Geschichte, sondern das heilig beschworene Zeugnis eines von den Tatsachen GOTTES Überwältigten – und ist ein ‚brennender Dornbusch’.“ (Schmidt, 1367)

So wie der Busch, aus dem Gott zu Mose spricht, brennt und doch nicht verzehrt wird, so ist das Evangelium von Jesus Christus ein unstillbares und unausschöpfliches Feuer, das menschliche Worte entzündet und durch diese Worte lodert bis ans Ende der Tage.

Weil der Dornbusch immer noch brennt, weil Gott immer noch auf wunderbare Weise in seiner Heiligkeit auf unsere vergängliche Erde kommt und durch geschöpfliche Mittel zu sterblichen Menschen spricht, darum allein können auch wir es wagen, von Gott zu reden.

Der Dornbusch brennt immer noch, weil Gott herniedergefahren ist und ihn endgültig entzündet hat in Jesus Christus, seinem Sohn. Er sagt von sich selbst: Ich bin gekommen, ein Feuer anzuzünden auf Erden; was wollte ich lieber, als daß es schon brennte! (Lukas 12,49) Der Himmel steht für uns Menschen offen, wenn Gott herniederfährt und seine heiliges Feuer so lodern läßt, daß wir ihn hören können.

Gott läßt sich sehen und hören aus dem Dornbusch. Gott läßt sich sehen 1. als der heilige Gott, 2. als der sendende Gott und 3. als der treue Gott.

1. Gott läßt sich sehen als der heilige Gott. - Gott fährt hernieder. Das ist der Grund, warum der Dornbusch brennt. Gott fährt hernieder, das sind dieselben Worte wie in jener Geschichte vom Turmbau, wo es fast lustig zu hören ist, daß Gott den Menschen, die dabei sind, einen in den Himmel reichenden Turm zu bauen, dennoch so haushoch überlegen ist, daß er zu diesen Hochstaplern herniederfahren muß.

Damals fuhr er hernieder, um zu strafen und zu zerstreuen; jetzt nun fährt er hernieder, um sein geplagtes Volk zu sammeln und zu retten. Die Worte Gottes an Mose: Ich bin herniedergefahren, daß ich sie errette, sind die Selbstfestlegung des Gottes, dessen Gegenwart auf Erden für uns Menschen andernfalls ein verzehrendes Feuer wäre.

Darum läßt Gott ja den Mose auch eine letzte Distanz wahren zum brennenden Dornbusch. Dessen Ausstrahlung ist schon so intensiv, daß Mose auch in einiger Entfernung auf heiligem Boden steht und die Schuhe ausziehen muß. Der brennende Dornbusch verzehrt den Hirten nicht, weil Gott ihn durch sein Wort schützt.

So ist Gottes Offenbarung zugleich Verhüllung. Mose fürchtet sich, Gottes Angesicht zu sehen. Er merkt, daß die Gegenwart dessen, der zu ihm spricht, ihn verzehren könnte, so wie das Feuer normalerweise einen trockenen Dornbusch in der Wüste verzehrt.

Doch das Doppelwunder geschieht: Wie der Dornbusch nicht verzehrt wird, so auch Mose. Er erfährt Gottes Gegenwart, die sonst für Menschen tödlich wäre, und darf leben, leben auf heiligem Land, leben mit dem heiligen Gott als Gesprächspartner.

Und Mose darf auch hören, was Gott jetzt bewogen hat, herniederzufahren zur Erde und vor ihm zu erscheinen. Ich habe das Elend meines Volkes in Ägypten gesehen und ihr Geschrei über ihre Bedränger gehört; ich habe ihre Leiden erkannt.

Das ist die Sprache der Liebe Gottes, die in seinem Herzen brennt, die ihn herniederfahren und aus seiner Verborgenheit heraustreten läßt. Gott entäußert sich und wird irdisch, damit er sich der Not seines Volkes annehmen kann. Das Feuer im Dornbusch ist also ein Liebesfeuer. Darum wird der Dornbusch nicht verzehrt; darum wird Mose nicht verzehrt, darum wird dann auch das Volk nicht verzehrt, als Gott Wohnung nimmt unter den Seinen.

Der Heilige Gott fährt hernieder und läßt sein Feuer brennen, so daß die Menschen leben können, mit ihm in eine Zukunft geführt werden können. Darum läßt sich Gott 2. im Dornbusch als der sendende Gott sehen und hören.

Es ist wie auf dem Berg der Verklärung. Petrus hatte sich gewünscht, dieser Augenblick möge verweilen, wollte weiterhin in himmlischen Höhen Gemeinschaft mit Jesus, Mose und Elia haben. Ob Mose einen solchen Wunsch hatte, auf dem Gottesberg Horeb nun in der Nähe Gottes zu bleiben, wissen wir nicht. Klar ist jedenfalls, daß Gott es anders geplant hat.

Moses soll nicht bleiben, sondern wird von Gott gesandt. Das Feuer der Liebe Gottes soll in ihm weiterlodern, soll durch Mose ins Lager der Israeliten getragen werden. Denn durch Mose will der in Liebe zu seinem Volk entbrannte Gott die Seinen herausführen aus der Gefangenschaft, will sie heiligen am Gottesberg, will sie führen ins gelobte Land.

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So ist die Begegnung Gottes mit Mose am Dornbusch nichts anderes als die Zurüstung und Aussendung des Gottesboten. Gott erwählt sich den Mose, heiligt ihn und sendet ihn, legt ihm seine Worte ins Herz und auf die Zunge.

Der ägyptische Adoptivprinz, der als Mörder hatte fliehen müssen aus der Mitte seines Volkes, er wird nun von Gott dorthin zurückgeschickt, wo er nach menschlichen Maßstäben keine Zukunft haben konnte.

Wer bin ich, daß ich zum Pharao gehe und führe die Israeliten aus Ägypten? So hält Mose Gott gleichsam seine eigene Vergangenheit vor Augen. Eine Unperson ist es, die Gott erwählt, einen, der als ägyptischer Prinz von seinen eigenen Leuten nicht mehr akzeptiert wurde und der zugleich mit seiner ägyptischen Vergangenheit gebrochen hatte.

Gott fährt hernieder und bedient sich eines Gescheiterten und macht ihn zu seinem Werkzeug, seinem Boten, seinem Handlanger. Nicht einmal recht reden kann er – und soll doch Gottes Worte weitersagen, soll dem mächtigen, gottgleichen Pharao und seinen Zauberern ohne eigene Hausmacht und doch mit göttlicher Autorität gegenübertreten.

So brennt der Dornbusch weiter. Das Unglaubliche geschieht; Moses gelingt sein aussichtsloses Unterfangen, weil Gottes Liebesfeuer in seinem Tun und Reden lodert, lodert für die Elenden Israels und ihre Zukunft. Nicht wahllos wirft Gott sein Feuer unter die Menschen, sondern er vertraut es seinem auserwählten Mittelsmann an und verheißt ihm sein Geleit. Auch in der Nacht zieht Gottes Feuer mit Israel.

Und doch ist zu beachten: Gott geht nicht in Mose auf. Es bleibt eine letzte Distanz. Die Auserwählung und Sendung des Mose heiligt diesen zwar für einen heiligen Dienst. Doch Mose wird dadurch nicht schlagartig ein anderer Mensch. Seine mangelhafte Redekunst wird von Gott nicht geheilt.

Dem Mose wurde dann von Gott sein Bruder Aaron für schwierige Gespräche zur Seite gestellt. Was für ein Armutszeugnis für den Gottesboten. Und auch sonst war Mose durchaus jemand, der aufbrausend sein konnte, der am Ende sogar Gott versuchte, so daß er nicht selber ins gelobte Land hinein durfte, sondern sterben mußte.

Mose weiß zwar zum Zeitpunkt seiner Berufung noch nicht, was da alles auf ihn zukommen würde, aber er ahnt es zumindest und wehrt sich deshalb ja auch nach Kräften mit allerlei Gegenargumenten. Sie werden nicht auf mich hören und mir nicht glauben, so ist er sich sicher; und das wird ja dann später auch oft genug durch die Erfahrung bestätigt.

Doch damit, ob sie ihn hören und ihm glauben werden, steht und fällt sein Dienst und seine Sendung gerade nicht. Daran läßt Gott keinen Zweifel. Vielmehr zeigt Gott sich aus dem lodernden Dornbusch 3. als der treue Gott, auf den Mose sich verlassen kann.

Gott verspricht, daß sein Liebesfeuer nicht auslöschen wird. Ja, der brennende Dornbusch soll Mose zeigen: Ich bin immer noch da; meine Liebe zu Israel lodert immer noch; zu meinen Verheißungen an Abraham, Isaak und Jakob stehe ich. Mag es für Israel und auch für Mose so aussehen, daß Gott sein Volk vergessen hat: Mose bekommt die lodernde Liebe Gottes zu sehen.

Es ist derselbe alte Gott, der an Abraham wunderbar gehandelt hatte, der nun die Zeit mit neuem wunderbarem Handeln erfüllen will. Darum stellt er sich vor als Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, als den Gott, der treu zu seinen Verheißungen steht.

Doch das reicht Mose nicht. Das ist ja nur Vergangenheit, das mit Abraham. Auch seinem Volk wird das nicht reichen. Mit vergangenem Ruhm ist keinem geholfen. Und so läßt Gott den Mose hören, daß er nicht nur der Gott der Väter und damit der Vergangenheit ist, sondern zugleich der Gott der Zukunft: Ich werde sein, der ich sein werde.

Das Unaussprechliche darf Mose hören. Man kann diesen Satz nicht rational begreifen. Man begreift ihn, wenn man wahrnimmt, daß die gesamte Heilige Schrift in immer neuen Variationen diesen Gottesnamen für uns Menschen ausruft und auslegt, so daß wir Gott erkennen und mit Gott reden können, so weit und so viel es für unser Heil nötig ist. Gott sagt nicht „Ich bin das Sein“; oder der „Seiende“; oder der tragende Grund deiner Existenz. Das alles sind kümmerliche menschliche Versuche, Gott zu ergründen. Gottes Worte dürfen nicht isoliert werden vom Gespräch, in dem sie fallen. Wenn Gott zu einem Menschen sagt: Ich werde sein, der ich sein werde; dann schaut dieser Mensch mitten ins lodernde Liebesherz Gottes. Denn das hören zu dürfen und zugleich am Leben bleiben zu dürfen ist ein Wunder. Ja, man kann das nur hören und weiterleben, weil Gott durch diese Worte die Seinen trägt. Mit seinem ganzen Wesen will er für den Hörer seiner Worte eintreten. Er will sich ganz und gar ausschütten, wie Luther das formulieren konnte. Liebe Gemeinde! Der Gott, der aus dem brennenden Dornbusch zu uns Menschen spricht, ist der Immanuel, der „Gott für uns“; der Herr der Herrscharen, der diese Heerscharen aussendet mit den Trostworten: Fürchtet euch nicht! Der also als der Heilige kommt und doch so kommt, daß seine Heiligkeit uns nicht mehr verzehrt, sondern uns entzündet wie den Dornbusch; uns so entzündet, daß wir ewig leben, ewig leuchten. „Fragst Du, wer der ist, er heißt Jesus Christ. Der Herr Zebaoth – und ist kein andrer Gott.“ Moses begegnet im Dornbusch dem heiligen, dem sendenden, dem treuen Gott, der das Elend seines Volkes und später das Elend aller Völker sieht und hört und sich erbarmt. Es ist der Gott, der sich selbst hingibt, dessen Liebesfeuer am Holz auf Golgatha für alle Welt brennt, ohne daß die Welt vergehen muß. Wär er nicht erstanden, so wär die Welt vergangen.

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Ich werde sein, der ich sein werde – dieser für die Juden unaussprechliche Gottesname ist für uns anrufbar in dem, der von sich in zahllosen Variationen gesagt hat: Ich bin. Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende. Ich bin das Brot des Lebens, das Licht der Welt, die Auferstehung und das Leben. Immanuel – Gott mit uns. In Christus ist Gott noch einmal herniedergefahren, um nach seinem Erlösungswerk durch den Heiligen Geist das Liebesfeuer unter allen Völkern lodern zu lassen. Mit dem Buch, das vom Wunder des Dornbusches kündet, gingen die Gottesboten hinaus in die Welt, um Christus als die brennende Liebe Gottes zu verkünden. Durch dieses Buch des Alten und Neuen Testaments, durch die darauf gründende Verkündigung des Evangeliums ist Gott immer noch, der er ist, geht das Dornbuschwunder weiter. Der Dornbusch, liebe Gemeinde, brennt immer noch, so wahr Gott in Christus herniedergefahren ist, so wahr die Liebe Gottes zur Menschheit eins geworden ist mit der Liebe zwischen Gott und seinem eingeborenen Sohn.

Darum brennt der Dornbusch auch für uns im heiligen Gotteswort und in den Sakramenten. Ja, darum brennt das Liebesfeuer auch in uns und wird immer neu angefacht durch die Gaben des Gottes, der den Himmel für uns öffnet, um herniederzufahren als der heilige, der uns sendende, der uns in Ewigkeit treue Gott. Amen.