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Lug und Trug in der Wissenschaft II: Steuerungsmechanismen Referat in der Wissenschaftstheorie am 20.06.2003 Carola Schübel Ulrike Weinbeer

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Lug und Trug in der Wissenschaft II: Steuerungsmechanismen

Lug und Trug in der Wissenschaft II: Steuerungsmechanismen

Referat in der Wissenschaftstheorie am 20.06.2003

Carola Schübel

Ulrike Weinbeer

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Lug und Trug in der Wissenschaft II: Steuerungsmechanismen

Lug und Trug in der Wissenschaft II: Steuerungsmechanismen

Gliederung:

1. Allgemeine Information zu wissenschaftlichen Fehlverhalten

2. Richtiges Verhalten von Wissenschaftlern

3. Das Ethos des Wissenschaftlers

3.1 Über die Wahrheit und ihre Notwendigkeit nach Hubert Markl

3.2 Zur Wissenschaft gehört auch Lüge und Betrug

4. Definition von Fehlverhalten

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5. Der schmale Grad zwischen Fehlverhalten und legitimen Auslassungen

6. Mögliche Gründe für bewusstes Fehlverhalten in der Wissenschaft

7. Institutionen, die Fehlverhalten in der Wissenschaft überprüfen und dagegen vorgehen

8. Ausgewähltes Beispiel: Office of Research Integrity (USA)

8.1 Hinführung/ Geschichte

8.2 Entwicklung der Steuerungsmechanismen in den USA

8.3 Entscheidung des Institutes

8.4 Funktion des ORIs und die Entscheidung des PHS

9. DFG – Kommission und ihre Empfehlungen

9.1 Situation in Deutschland vor 1997

9.2 Kurze Vorstellung der DFG

9.3 Empfehlungen der DFG

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10. Konkrete Ausarbeitungen der Empfehlungen

10.1 Überregionaler Ansprechpartner: Ombudsman der DFG

10.2 An Hochschulen: Örtliche Instanzen und Verfahren: Richtlinien der

Uni Erlangen - Nürnberg

10.3 Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen

11. Katalog möglicher Sanktionen beziehungsweise Konsequenzen bei wissenschaftlichem Fehlverhalten

12. Diskussionspunkt am Ende: 2 Gefahren, die für die Wissenschaft nicht weniger gefährlich sind als Lug und Trug (Markl)

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1. Allgemeine Information zu wissenschaftlichen

Fehlverhalten 1. Allgemeine Information zu wissenschaftlichen

Fehlverhalten     Handelt es sich bei den Fällen, die publik werden, nur

um die Spitze des Eisberges oder um seltene Ausnahmefälle?

„Wenn erfundene, gefälschte oder durch Verheimlichung widersprechender Befunde manipulierte Daten publiziert werden, dann schadet das dem wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt fast nur am Rande – aber es schadet dennoch ganz erheblich dem Vertrauen in die Wissenschaft.“

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2. Richtiges Verhalten von Wissenschaftlern

 2. Richtiges Verhalten von Wissenschaftlern

 • Hauptaufgabe ist: Wissen über die

Wirklichkeit zu erlangen und zu vermitteln

 

• Wissenschaft = soziales gemeinsam verfügbares Wissen

 

• Ziel ist nach bestem Wissen und Gewissen zuzutreffende Aussagen zu machen

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• Forscher arbeitet unter der Einhaltung der Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis (diese sollen das mögliche Maximum an wissenschaftlicher Objektivität gewähren)

 • Es gibt die Norm des systematischen

Skeptizismus:

Demzufolge ist jede wissenschaftliche Hypothese anzuzweifeln, solange sie als fragwürdig gilt, bis alle denkbaren Einwände geprüft wurden.

 

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Hubert Markl sagt dazu:

• Markl zitiert Donald Kennedy in seinem Buch „Academic Duty“ über die Grundpflichten eines Hochschullehrers:

    to teach

    to mentor

    to discover

    to reach beyond the walls

    to serve the unversity

    to publish

    to tell the truth

    to change

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3. Das Ethos des Wissenschaftlers3. Das Ethos des Wissenschaftlers

3.1 Über die Wahrheit und ihre Notwendigkeit nach Hubert Markl

 

• Wenn man sich bewusst mit der Unwahrheit beschäftigt, kommt man an der Wahrheit nicht vorbei, weil Wahrheit der Gegensatz von Unwahrheit ist.

 • Wer keinen verbindlichen Wahrheitsbegriff hat, kann auch keinen

Begriff von Lüge und Betrug haben , weil gerade durch Lug und Trug in der Wissenschaft der Wahrheitsgehalt von wirklicher Wissenschaft anerkannt wird.

 

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• Um zu lügen braucht man eine Vorstellung von Wahrheit, denn man muss wissen, dass man nicht weis und dennoch vorgibt zu wissen oder dass man etwas anderes weis, als man mitteilt:

-> Erst die Verbindung von Reflexion über Repräsentation und deren sprachlichem Ausdruck macht den Menschen wissenschaftsfähig

• Alle Aussagen mit wissenschaftlichem Anspruch müssen sich vereinbarten Richtigkeitskriterien unterwerfen.

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3.2 Zur Wissenschaft gehört auch Lüge und Betrug

• Weil der Wissenschaftsbegriff auch die Wirklichkeit geistiger Phänomene mit einschließt und dazu gehört auch Lug und Trug (-> Wirklichkeit ist uns nur in der Form unserer Wahrnehmung + Gedanken zugänglich).

• Dass Wissenschaft ohne Lüge und Betrug nicht existieren kann, ist nicht so schlimm, da Wissenschaft nicht nur betrugsanfällig, sondern auch selbstständig betrugsaufklärend ist.

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4. Definition von Fehlverhalten 4. Definition von Fehlverhalten

Wissenschaftliches Fehlverhalten liegt vor, wenn in einem wissenschaftserheblichen Zusammenhang bewusst oder grob fahrlässig Falschangaben gemacht werden, geistiges Eigentum anderer verletzt oder sonst wie deren Forschungstätigkeit beeinträchtigt wird.

Wissenschaftliches Fehlverhalten liegt vor, wenn in einem wissenschaftserheblichen Zusammenhang bewusst oder grob fahrlässig Falschangaben gemacht werden, geistiges Eigentum anderer verletzt oder sonst wie deren Forschungstätigkeit beeinträchtigt wird.

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 Als Fehlverhalten kommt insbesondere in Betracht:

Falschangaben:

1)      das Erfinden von Daten

2)      das Verfälschen von Daten, z.B.

a)      durch Auswählen und Zurückweisen unerwünschter Ergebnisse, ohne diese offenzulegen

b)      durch Manipulation einer Darstellung oder Abbildung

 

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3) unrichtige Angaben in einem Bewerbungsschreiben oder einem Förderantrag (einschließlich Falschangaben zum Publikationsorgan und zu in Druck befindlichen Veröffentlichungen)

 

 Verletzung geistigen Eigentums: 

4) in Bezug auf ein von einem anderen geschaffenes urheberrechtlich geschütztes Werk oder von anderen Stammende wesentliche wissenschaftliche Erkenntnisse, Hypothesen, Lehren oder Forschungsansätze

a) die unbefugte Verwertung unter Anmaßung der

Autorenschaft (Plagiat)

b)  die Ausbeutung von Forschungsansätzen und Ideen, insbesondere als Gutachter (Ideendiebstahl)

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c)    die Anmaßung oder unbegründete Annahme wissenschaftlicher Autor- oder Mitautorschaft

d)    die Verfälschung des Inhalts oder

e)    die unbefugte Veröffentlichung und das unbefugte Zugänglichmachen gegenüber Dritten, solange das Werk, die Erkenntnis, die Hypothese, die Lehre oder der Forschungsansatz noch nicht

veröffentlicht ist

 

5)    die Inanspruchnahme der (Mit-) Autorenschaft eines anderen ohne dessen Einverständnis,

 

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Beeinträchtigung der Forschungstätigkeit

anderer:

6)    die Sabotage von Forschungstätigkeit (einschließlich dem Beschädigen, Zerstören oder Manipulieren von Versuchsanordnungen, Geräten, Unterlagen, Hardware, Software, Chemikalien oder sonstiger Sachen, die ein anderer zur Durchführung eines Experiments benötigt). 

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Mitverantwortung: 

• Eine Mitverantwortung kann sich unter anderem ergeben aus:

1)      aktiver Beteiligung am Fehlverhalten anderer

2)      Mitwissen um Fälschungen durch andere

3)      Mitautorenschaft an fälschungsbehafteten Veröffentlichungen

4)      Grober Vernachlässigung der Aufsichtspflicht

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Zweckentfremdung von Forschungsmitteln:

Beispiel: Forschungsthemen + Untersuchungsobjekte werden nicht aus rein wissenschaftlichen Überlegungen gewählt, sondern weil

-         Dienstreisen zu attraktiven Orten möglich sind

-         Künftige außerwissenschaftliche Karrierechancen eröffnet werden

-> beeinträchtigt die Produktivität des sozialen Systems, nicht aber den Erkenntniswert einzelner wissenschaftlicher Aussagen

 

 

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Selbsttäuschung:

Wissenschaftler übersieht schlicht das, was dem widerspricht, was er für wahr hält

 

nachlässiges, schlampiges arbeiten: Fehler machen bei der Wiederholung einer Versuchsanordnung 

   Es liegt kein Fehlverhalten vor, wenn der Wissenschaftler die Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis beachtet hat und trotzdem Aussagen macht, die sich später als unrichtig erweisen

Letztentscheidend sind jeweils die Umstände des Einzelfalles.

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5. Der schmale Grad zwischen Fehlverhalten und

legitimen Auslassungen 5. Der schmale Grad zwischen Fehlverhalten und

legitimen Auslassungen

Messfehler sind möglich, Ergebnisse oder Beobachtungen, die dem gesunden Menschenverstand widersprechen sind ebenfalls möglich: man darf diese anzweifeln, aber nicht unüberprüft ignorieren, weil vielleicht sind diese Messwerte doch zutreffend

-> dann muss man darauf reagieren

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6. Mögliche Gründe für bewusstes

Fehlverhalten in der Wissenschaft 6. Mögliche Gründe für bewusstes

Fehlverhalten in der Wissenschaft 1)    hoher Leistungsdruck, Erfolgsdruck,

Publikationsdruck von Seiten Vorgesetzter, gewachsene Konkurrenz,

2)    zentrale Rolle der Medien bei Verbreitung

wissenschaftlicher Ergebnisse und der Begründung von Reputationen

   Länge der Publikationsliste ist entscheidendes Kriterium bei Berufs- und Einstellungsentscheidungen

   Folge: voreiliges Publizieren

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3)      Druck auf Forscher durch die verstärkte gesellschaftliche Nutzenerwartung:

   Praktiker brauchen schnell Ergebnisse und um Forschung finanziert zu bekommen, muss der Forscher den Praktiker ein erwünschtes

Ergebnis in Aussicht stellen.

   Zwar verführt dieser Druck kaum zu Fälschungen, aber zu „Schönreden“, zum Verschweigen von Zweifeln und negativen Befunden.

 

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4)      Arbeitsteilige Forschung:

   großbetriebliche Organisationen der Forschung tragen dazu bei, dass Fälschungen leichter möglich sind, da sie hochrangig arbeitteilig sind

   dadurch wächst notwendigerweise die Bedeutung von blindem Vertrauen in die Arbeit von Kollegen + Mitarbeitern deren Ergebnisse man übernehmen muss, ohne sie selber ganz nachvollziehen zu können

damit ist auch die direkte Kontrolle durch Kollegen erschwert

 

•  

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5)      Ruhm, Rang, Ansehen, Einkommen, Selbstbestätigung vor Kollegen

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Hubert Markl sagt dazu: Ein Wissenschaftler ist auch nur ein Mensch - Die Fähigkeit zu Lug und Trug ist keine Fehlentwicklung, sondern ganz normal:

• Gehirn ist nicht nur Denkorgan, sondern auch Wunsch- und Willensorgan

• Wissenschaftler ist von Interessen motiviert, von Begierden und Befürchtungen angetrieben,

-> daher ist er auch allen menschlichen Versuchungen

ausgesetzt (für profane Zwecke unredliche Mittel

einzusetzen)

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• Die Fähigkeit zu Lug und Trug ist Grundbestand des menschlichen Wesens als eine besonders geschickte neue Option zu Optimierung des eigenen Nutzen auf Kosten anderer. (=Sozialschmarotzen)

-> weil täuschen ganz menschlich ist, bedarf es moralischer Erziehung und sozialer Kontrolle

• Viele Betrugsfälle fallen auf, wenn die Ergebnisse in der Praxis angewendet werden sollen und sie dort nicht zutreffen oder funktionieren (besonders: Medizin, Technik, Landwirtschaft)

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• Da Wissenschaften am schärfsten durch sich selbst überwacht werden, hat es zur Folge, dass fast alle Betrügereien in der Wissenschaft durch andere Wissenschaftler aufgedeckt werden.

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7. Institutionen, die Fehlverhalten in der Wissenschaft überprüfen und dagegen vorgehen

7. Institutionen, die Fehlverhalten in der Wissenschaft überprüfen und dagegen vorgehen

    Deutschland: DFG (Deutsche Forschungsgesellschaft) hat eine Kommission „Selbstkontrolle in der Wissenschaft“

- Im Januar 1998 wurden Empfehlungen verabschiedet

- Seit dem verlangt die DFG von allen

Zuschussempfängern, einschlägige Regelungen zu erlassen

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    Deutschland: MPG (Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung) hat ebenfalls Regeln für den Fall des Fehlverhaltens erlassen (diese ähneln sehr den der DFG)

- MPG hat eine Kommission eingerichtet, die eine genauere

Analyse der Probleme vorlegt und Vorschläge machen soll,

was man vorbeugend gegen verantwortungsloses Handeln

in der Wissenschaft tun kann

 

    Dänemark: (seit 1992) Gremium zur Behandlung von Vorwürfen wissenschaftlicher Unredlichkeit (Danish Committee on scientific Dishonesty)

    

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Großbritanien: Medical Research Council (MRC)

 

    USA: ORI (Office of Research Integrity) untersucht alle Fälle des Fehlverhaltens im Zusammenhang mit Projekten, die die NIH (National Institutes of Health = eine der größten amerikanischen

Forschungsorganisationen) finanziert

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Hubert Markl sagt dazu:

• Akademische Kollegialität ist Problem für die Selbstkontrolle der Wissenschaft:

-> falsche kollegiale Rücksichtnahme, wie Hinwegsehen über Missstände

• Die größte Gefahr liegt darin, dass Missstände auch noch zur Nachahmung durch Dulder anreizt

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8. Ausgewähltes Beispiel: Office of Research Integrity (USA)

8. Ausgewähltes Beispiel: Office of Research Integrity (USA)

8.1 Hinführung/Geschichte

• 1982 schuf die Association of American Universities (AAU) eine Kommission zur Untersuchung der Ehrlichkeit in der Forschung.

• In ihrem Bericht, 1983 veröffentlicht, kam die Kommission zu dem Schluss, dass die bis dahin üblichen „informellen und diskreten“ Bemühungen der Behandlung wissenschaftlicher Unehrlichkeit nicht länger hinnehmbar seien.

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• Vorschlag: Alle akademischen Forschungseinrichtungen sollen Verfahren etablieren, die einen hohen Standard der Forschungsethik garantieren würden

 

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Damit wurde eine lange Reihe von Forschungsinstituten begonnen:

    Die Association of American Medical Colleges (AAMC)

(USA)

    Der Public Health Service (PHS) (USA)

    Die National Institutes of Health (NIH) (USA)

    National Science Foundation (NSF)

    10 Jahre später in Deutschland:

    Deutsche Forschungsgesellschaft (DGF, 1998)

    Max – Planck - Gesellschaft (MPG, 1997)

 

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8.2 Entwicklung der Steuerungsmechanismen in den USA

• 1981 begann sich der Kongress Mit dem Problem wissenschaftlichen Fehlverhaltens zu befassen.

• 1985 wurden die ersten gesetzgeberischen Schritte unternommen, die den Public Health Service verpflichten, Verfahren für die Untersuchung solcher Betrugsfälle zu entwickeln, bei denen öffentliche Mittel auf den Spiel standen.

• 1989 veröffentlichte der PHS seine Empfehlungen, die unter anderem die Gründung der Office of Scientific Integrity Review (OSIR) im Verantwortungsbereich der Assistant Secratary of Health und des Office of Scientific Integrity (OSI) unter dem Direktor der NIH bewirkten.

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• Im Mai 1992 ist aus beiden das Office of Research Integrity (ORI) gebildet worden, das dem Department of Health and Human Services zugeordnet ist und Jurisdiktion für alle Bereiche des PHS (außer der Food and Drug Administration) besitzt.

• Dem ORI auf Seiten der NIH steht das Office of the Inspector General (OIG) auf Seite der NSF gegenüber, das in ähnlicher Weise arbeitet.

 

• Die Verfahrensregel sehen vor, dass Vorwürfe das Fehlverhalten zunächst in den betreffenden Universitäten und Forschungseinrichtungen behandelt werden.

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• Nach Abschluss der entsprechenden Verfahren befinden ORI und OIG über die zu verhängenden Sanktionen

• Sie können die Verfahren jedoch auch an sich ziehen und eigene Ermittlungen anstellen

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8.3 Entscheidung des Institutes

Auf den Beweisen basierend trifft der entscheidende Beamte des Institutes die Entscheidung, ob der Untersuchungsbericht, seine Ergebnisse und die empfohlenen Maßnahmen angenommen werden.

     Wenn diese Entscheidung von dem abweicht, was der Untersuchungsausschuss entschieden hat, braucht diese Entscheidung eine detaillierte Erklärung, warum sie abweicht.

     Dies geschieht in einem offiziellen Brief, der an das ORI geschickt wird.

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      Diese Erklärung sollte mit der Definition von Fehlverhalten des PHS übereinstimmen

      Das Vorgehen der Institution und die Beweise sollten vom Untersuchungsausschuss analysiert worden sein.

      Dann wird die Entscheidung an den Untersuchungsausschuss zurückgeschickt mit der Bitte der Analyse und der weiteren Tatsachenfindung

     Die Entscheidung des entscheidenden Beamten des Institutes zusammen mit dem Bericht des Untersuchungsausschusses bildet schließlich den Untersuchungsbericht für einen Überblick des ORIs.

 

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8.4 Funktion des ORIs und die Entscheidung des PHS 

• Der Prozess zu Überprüfung von Fehlverhalten in der Medizin- und Verhaltensforschung wurde von dem PHS ins Leben gerufen:

 

• In diesem Prozess gibt es zwei Hauptfiguren:

    whistleblower (Ankläger)

    respondent (Verantwortlicher)

 

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Vorgang des Prozess:

    Behauptung über Fehlverhalten (Anzeige)

    Vorläufige Einschätzung der Behauptung

    Abwarten, wie sich die Nachforschungen

verhalten

    Institut fällt seine Entscheidung

    die ORI verschafft sich einen Überblick

    Entscheidung der PHS

 

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Funktionen:

• ORI beaufsichtigt und lenkt Foschungsintegrität des PHS im Namen des Sekretary of Health and Human Services mit der Ausnahme der Forschung bei Essen und Drogen.

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Das ORI kommt seiner Verantwortung nach durch:

Entwicklung von Aufdeckungsverfahren für Nachforschung und Vereitelung von wissenschaftlichen Fehlverhalten

Überwachung der Nachforschung des Fehlverhaltens in den Instituten, die von Antragsstellern geleitet werden

Hinweisen des Assistat Secretary for Health for Decision auf Fehlverhalten und Empfehlungen von Maßnahmen

  

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   Angebot von Veranstaltungen und Programmen um

verantwortliches wissenschaftliches Verhalten zu unterrichten, Forschungsintegrität zu fördern, Fehlverhalten zu verhindern, Verbesserung im Umgang mit Anzeigen des Fehlverhaltens

ORI stellt technische Unterstützung den Instituten, die Fehlverhalten anzeigen, zur Verfügung

Wissensgrundlagen über Fehlverhalten aufbauen und Verhaltenregeln analysieren

Unterstützung des Office of the General Counsel (OGC) beim Vortrag der Fälle vor dem Department Appeals Board

Verwaltung von Programmen für: - Aufrecherhaltung der Institutssicherheit usw.

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9.DFG–Kommission m. Empfehlungen 9.1 Situation in Deutschland

9.DFG–Kommission m. Empfehlungen 9.1 Situation in Deutschland

• Jahrzehntelange Verdrängung von Betrug und Fälschung in Reihen der

Wissenschaft

• 1992 DFG Vizepräsident Eser fordert angesichts der amerikanischen Betrugs- und Fälschungsskandalen, Vorsorge zu treffen -> Ergänzung der Merkblätter der DFG

• Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS) : „Ethik- Kodex“ 

• Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) • Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaften

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9.2 Kurzes Vorstellen der DFG

9.2 Kurzes Vorstellen der DFG DFG- Deutsche Forschungsgemeinschaft

• zentrale Selbstverwaltungseinrichtung der Wissenschaft zur Förderung der Forschung an Hochschulen und öffentlich finanzierten Forschungsinstitutionen

• finanzielle Unterstützung von Forschungsvorhaben

• Förderung der Zusammenarbeit unter den Forschern • Stellungnahme zu Strukturfragen und zur verantwortlichen Anwendung

wissenschaftlichen Arbeitsergebnisse

 

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9.3 Empfehlungen der DFG 9.3 Empfehlungen der DFG

• Kommission aus 13 Wissenschaftler/nnen unterschiedlicher Fachrichtungen

• 2 Ziele: offiziell: Treffen von Schutzvorkehrungen und Reaktions- /

Sanktionsmöglichkeiten, Schwachstellen ausbessern

inoffiziell: Sicherung der Unabhängigkeit und Selbstkontrolle der dt. Wissenschaft, Verhinderung der Einmischung von außen

• insgesamt 16 Empfehlungen

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Im Kern geht es um:

Sicherung der Zusammenarbeit und Wahrnehmung der Leitungsverantwortung in Arbeitsgruppen

  Betreuung des wissenschaftlichen Nachwuchses  Sicherung und Aufbewahrung von Primärdaten

Verantwortung für wissenschaftliche Veröffentlichungen (Ausschluss von Ehrenautorschaften)

Regeln für den Umgang mit Vorwürfen wissenschaftliches Fehlverhaltens

  

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Die Empfehlungen in Verbindung mit Fehlverhalten im einzelnen:

 Empfehlung 5Empfehlung 8Empfehlung 9

Empfehlung 16

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Empfehlung 5

Hochschulen und Forschungseinrichtungen

sollen unabhängige Vertrauenspersonen /

Ansprechpartner vorsehen, an die sich ihre

Mitglieder in Konfliktfällen, auch in Fragen

vermuteten wissenschaftlichen Fehlverhaltens,

wenden können.

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Empfehlung 8

  Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollen

Verfahren zum Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens vorsehen.

Diese müssen von dem dafür legitimierten Organ

beschlossen sein und unter Berücksichtigung einschlägiger rechtlicher Regelungen einschließlich des Disziplinarrechts folgendes umfassen:

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Definition von Tatbeständen, die in Abgrenzung zu guter wissenschaftlicher Praxis (Nr. 1) als wissenschaftliches Fehlverhalten gelten,

Zuständigkeit, Verfahren (einschließlich Beweislastregeln) und Fristen für Ermittlungen zur Feststellung des Sachverhalts,

Regeln zur Anhörung Beteiligter oder Betroffener, zur Wahrung der Vertraulichkeit und zum Ausschluß von Befangenheit,

  Sanktionen in Abhängigkeit vom Schweregrad

nachgewiesenen Fehlverhaltens, 

Zuständigkeit für die Festlegung von Sanktionen.

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2 Phasen:

• Vorprüfung

• Hauptverfahren

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6 Grundsätze :

a) Aus der Regelung muss vor dem Eintreten eines konkreten Vorfalls hervorgehen:

wer die Aufgabe wahrnimmt, Vorwürfe wissenschaftlichen Fehlverhaltens entgegenzunehmen,

wann Ermittlungen einzuleiten sind, von wem genau und in welcher Form,

in welchen Schritten vorgesehene Entscheidungsgremien einzurichten sind, seien es ad hoc - Gruppen, ständige Kommissionen oder eine Mischform,

Letztendlich sollen die wissenschaftlichen Mitglieder das Verfahren in den Händen halten und in den entscheidenden Gremien die Mehrheit der Mitglieder stellen.

Die Beziehung externer Sachverständiger kann aber der Objektivierung immer dienen und wird in kleineren Institutionen unerlässlich sein.

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b) Befangenheit eines Ermittlers muss sowohl durch ihn selbst als auch durch den Angeschuldigten geltend gemacht werden können.

c) Dem von Vorwürfen Getroffenen ist in jeder Phase des Verfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

 d) Bis zum Nachweis eines schuldhaften Fehlverhaltens sind

die Angaben über die Beteiligten des Verfahrens und die bisherigen Erkenntnisse streng vertraulich zu behandeln.

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e) Das Ermittlungsergebnis ist zu einem geeignetem Zeitpunkt nach Abschluss der Ermittlungen betroffenen Wissenschaftsorganisationen und Journalen mitzuteilen.

f) Die einzelnen Verfahrensabschnitte müssen innerhalb angemessener Fristen abgeschlossen werden.

g) Die Vorgänge und Ergebnisse einzelner Verfahrensabschnitte sind schriftlich und gut nachvollziehbar zu protokollieren.

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Empfehlung 9

Für außeruniversitäre Forschungsinstitute, die nicht in einer Trägerorganisation zusammen-geschlossen sind, kann sich insbesondere für das Verfahren zum Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens (Nr. 8) ein gemeinschaftliches Vorgehen empfehlen.

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Empfehlung 16  

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft soll eine unabhängige Instanz - etwa in Gestalt eines Ombudsmans oder auch eines Gremiums von wenigen Personen berufen und mit den nötigen Arbeitsmitteln ausstatten, die allen Wissen-schaftlerinnen und Wissenschaftlern zur Beratung und Unterstützung in Fragen guter wissenschaftlicher Praxis und ihrer Verletzung durch wissenschaftliche Unredlichkeit zur Verfügung steht und jährlich darüber öffentlich berichtet.

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10. Konkrete Ausarbeitungen der Empfehlungen bzw. wie es nach der DFG

Konferenz weiter ging:

10. Konkrete Ausarbeitungen der Empfehlungen bzw. wie es nach der DFG

Konferenz weiter ging:

• Überregionaler Ansprechpartner: Ombudsman der DFG

• Umsetzungen der DFG Empfehlungen an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen

• Katalog möglicher Sanktionen bzw. Konsequenzen bei wissenschaftlichem Fehlverhalten

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10.1 Überregionaler Ansprechpartner: Ombudsman der DFG

10.1 Überregionaler Ansprechpartner: Ombudsman der DFG

• Gremium von 3 Wissenschaftlern • Aufgaben: auf Anruf beraten, unterstützen und vermitteln

• Ziel: nicht Fehlverhalten feststellen und Verhängung von Sanktionen

• Allgemeine Verfahrensgrundsätze:

Vertraulichkeit, Fairness und Transparenz, keine Akteneinsicht

• Probleme: objektive Bestimmung wissenschaftlichen Fehlverhaltens , v.a. in der Öffentlichkeit muss darauf hingewiesen werden, da vorschnelle Skandalisierungen vermieden werden sollen/ wollen.

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Jahr An-zahlGe-samt

Abge -schlossen

durch Ver-einbar-ung o.ä.

durch Stellung-nahme an die Beteiligten

durch öffentliche Stellung-nahme

durch Abgabe an den DFG-Unteraus-schuss

Anderwei-tig oder durch Zeitablauf erledigt

Nicht-an-nahm

1999 7 7 4 1   1 1  

2000 14 14 2 6 1   1 4

2001 22 21 7 6     1 7

2002 31 26 2 18     3 3

Fallstatistik des Ombudsmans der DFGnach Abschluss

1. Juli 1999 - 31. Dezember 2002

Quelle: Ombudsman der DFG, Zum Umgang mit wissenschaftlichen Fehlverhalten, 3. Jahresbericht , 31. Dezember 2002, S. 22

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Jahr Anzahlgesamt

Me-dizin

Biologie, Chemie, Physik

Geistes-wissen-schaften

Sozial-wissen-schaften

Wirtschaft-wissen-schaften

andere oder keine Angaben

99 7 1 3 1 1 1  

00 14

davon 4 nicht angenommene

3 2 2 2 1  

01 22

davon 7 nicht angenommene

8  2

  2   3

02 31

davon 3 nicht angenommene

12  7

2 1  2

4

Fallstatistik des Ombudsmans der DFGnach Disziplinen

1. Juli 1999 - 31. Dezember 2002

Quelle: Ombudsman der DFG, Zum Umgang mit wissenschaftlichen Fehlverhalten, 3. Jahresbericht , 31. Dezember 2002, S. 22

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10. 2 Örtliche Instanzen und Verfahren :

Richtlinien der Uni Erlangen Nürnberg 10. 2 Örtliche Instanzen und Verfahren :

Richtlinien der Uni Erlangen Nürnberg

1. Ombudsmann

2. Kommission

3. Verfahren in 2 Schritten

Vorprüfung

Förmliche Untersuchung

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Beispiel an der Uni vom Jahr 2000

Der Fall Forschner

1. Anschuldigung

Vorwurf der falschen Zitierweise

2. Ständige Kommission

3. Reaktion des Rektors

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Ergebnis der Kommission:

- Sie bewertet die Zitierweise von Prof. Forschner als"wissenschaftliches Fehlverhalten".

- Für unberechtigt hält die Kommission allerdings den in Presseberichten erhobenen Vorwurf des Plagiats oder geistigen Diebstahls.

- Sie wirft dem Betroffenen jedoch vor, "daß er längere Textpassagen Urmsons in teilweise wörtlicher, teilweise engsten angelehnter Übersetzung in sein Werk übernommen hat, ohne die betreffenden Stellen klar zu kennzeichnen."

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- Sie kommt zu dem Schluss, dass diese Vorgehens-weise "weder den Vorschriften des Urheberrechts-gesetztes noch den wissenschaftsethischen Anforderungen" genügt und schlägt dem Rektor vor, dieses zu missbilligen

- Die Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens oder akademische Konsequenzen hält die Kommission nicht für geboten: "Dem Betroffenen ist kein Plagiat, sondern ein minder schwerer Verstoß gegen das Urheberrecht und eine Verletzung der Grundsätze wissenschaftlichen Publizierens anzulasten.

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10.3 Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen 10.3 Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der

Wissenschaften e.V. (MPG):

• unabhängige gemeinnützige Forschungsorganisation

• Gründung am 26. Februar 1948 - in Nachfolge der bereits 1911 errichteten Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft

• Förderung der Forschung in eigenen Instituten

• Max-Planck-Institute ergänzen die Arbeit der Universitäten auf wichtigen Forschungsfeldern

• Verfahren in 2 Schritten

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11. Katalog möglicher Sanktionen bzw. Konsequenzen bei wissenschaftlichem

Fehlverhalten

11. Katalog möglicher Sanktionen bzw. Konsequenzen bei wissenschaftlichem

Fehlverhalten

5 Möglichkeiten

(1) Dienst- und arbeitsrechtliche Konsequenzen

(2) Akademische Konsequenzen

(3) Zivilrechtliche Konsequenzen

(4) Strafrechtliche Konsequenzen

(5) Widerruf von wissenschaftlichen Publikationen/ Information der Öffentlichkeit und der Presse

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Dienst- und arbeitsrechtliche Konsequenzen

1. bei Beamten

a) disziplinarrechtliche Maßnahmenb) Entlassung auf Antrag

2. bei Angestellten

a) Abmahnung (Vorstufe zur Kündigung)b) Ordentliche Kündigungc) Außerordentliche Kündigungd) Vertragsauflösung

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Akademische Konsequenzen

1. Entzug des Doktorgrades

2. Widerruf oder Rücknahme der Lehrbefugnis

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Zivilrechtliche Konsequenzen 1. Erteilung eines Hausverbots;

2. Herausgabeansprüche gegen den Betroffenen, etwa auf Herausgabe von entwendetem wissenschaftlichen Material oder dergleichen;

3. Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche auf Urheberrecht, Persönlichkeitsrecht, Patentrecht oder Wettbewerbsrecht;

4. Rückforderungsansprüche, etwa von Stipendien, Drittmitteln oder dergleichen;

5. Schadensersatzansprüche durch die Universität oder durch Dritte bei Personenschäden, Sachschäden oder dergleichen.

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Strafrechtliche Konsequenzen

• Tatbestand des Strafgesetzbuches (StGB) bzw. sonstiger Strafnormen oder Ordnungswidrigkeiten

• Einschaltung der Ermittlungsbehörden

• Beispiele: Verletzung des persönlichen Lebens- / Geheimnisbereichs Straftaten gegen das Leben und Körperverletzung Vermögensdelikte Urkundenfälschung Sachbeschädigung Urheberrechtsverletzung

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Widerruf von wissenschaftlichen Publikationen/ Information der Öffentlichkeit und der Presse

Information von• Kooperationspartnern

• anderen betroffenen Forschungseinrichtungen bzw. Wissenschaftsorganisationen

• Anderen, betroffenen Dritten und der Öffentlichkeit

zum Schutze Dritter, zur Wahrung des Vertrauens in die wissenschaftliche

Redlichkeit, zur Wiederherstellung ihres wissenschaftlichen Rufes, zur Verhinderung von Folgeschäden sowie im allgemeinen öffentlichen Interesse

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12. Diskussionspunkt am Ende: 2 Gefahren, die für die Wissenschaft nicht weniger gefährlich sind als

Lug und Trug (Markl)

12. Diskussionspunkt am Ende: 2 Gefahren, die für die Wissenschaft nicht weniger gefährlich sind als

Lug und Trug (Markl)

     Wie jedes erfolgreiche gesellschaftliche System verfällt auch die Wissenschaft leicht der Haltung, den Sachverhalt, den sie gerade für wahr hält, der aber keineswegs immer als zweifelsfrei bewiesen gelten kann, für alle als wahr vorschreiben zu wollen.

     Wissenschaft ist immer in Gefahr, mehr als wahr zu behaupten, als sie begründen kann und daraus Folgerungen für politisches Handeln zu fordern, die sich wissenschaftlich überhaupt nicht begründen lassen, da es sich dabei um normative Wertungen und nicht um Wissensbestände handelt.

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LiteraturverzeichnisLiteraturverzeichnis

• Deutsche Forschungsgemeinschaft, 2003 Elektrische Publikation: http://www.dfg.de, besucht am 10.05.03

 • Deutsche Forschungsgemeinschaft, 1998: Empfehlungen der

Kommission „Selbstkontrolle in der Wissenschaft“. Elektrische Publikation: http://www.dfg.de/aktuelles_presse/reden_stellungnahmen/download/empfehlung_wiss_praxis_0198.pdf, besucht am 29.04.03

 • Finetti, M, Himmelrath, A., 1999: Der Sündenfall, Dr. Josef

Raabe Verlags – GmbH

Page 76: Lug und Trug in der Wissenschaft II: Steuerungsmechanismen Referat in der Wissenschaftstheorie am 20.06.2003 Carola Schübel Ulrike Weinbeer

• Frühwald, W.: Wider die Unredlichkeit in Bild der Wissenschaft, 1999, http://www.bild-derwissenschaft.de/bdw/bdwlive//show.php3 , besucht am 26.04.03 

• Hochschulrektorenkonferenz, 1998: Zum Umgang mit wissenschaftlichem Fehlverhalten in den Hochschulen. Elektrische Publikation: http://www.hrk.de/beschluesse/1988.htm, besucht am 11.05.03

 • Max – Planck – Gesellschaft, Elektrische Publikation: http://www

.mpg.de/deutsch/ueber/, besucht am 22.05.03

• Max – Planck – Gesellschaft, 1997: Verfahren bei Verdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten. Elektrische Publikation: http://www.mpg.de/root/verford/fehlver.htm, besucht am 24.04.03

 

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• Mediendienst FAU-Aktuell Nr. 2165,19.09.2000 : Rektor mißbilligt Zitierweise von Prof. Forschner, Elektrische Publikation: http://www.presse.uni-erlangen.de/Aktuelles/Aktuelles_2000/Nachrichten_2000/ForschnerPK.html, besucht am 03.05.03

 • Ombudsman der DFG. Elektrische Publikation: http://www.rrz

.uni-hamburg.de/dfg_ombud/, besucht am 10.05.03

• Friedrich – Alexander - Universität Erlangen – Nürnberg, 2002: Richtlinien der Friedrich – Alexander – Universität Erlangen – Nürnberg zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis. Elektrische Publikation: http://www.uni-erlangen.de/universitaet/organisation/recht/Sonstige_Satzungen/Praxis.html, besucht am 28.04.03

 

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• Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz, 1998: Empfehlungen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis in den Instituten der Leibniz – Gemeinschaft. Elektrische Publikation: http://www.wgl.de/relanch/organisation/Dokunmente/empfelungen.htm, besucht am 16.05.03

 • Zeitschrift der Studentischen Versammlung der FAU, 2000: Der

Fall Forschner: Reaktionen, ein Urteil und allerhand Peinliches. Elektrische Publikation: http://rzsunhome.rrze.uni-erlangen.de/~sgrpsve1/VS-00-03/forschne.htm, besucht am 03.05.03

 • Mayntz, R., 1999: Betrug in der Wissenschaft .

Randerscheinung oder wachsendes Problem? MPJfG Working Paper 99/4, http://www.mpi-fg-koeln.mpg.de/pu/workpad/wp99-4.html, besucht am 03.05.03

  

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• Markl, H., 2000: Das Ethos des Wissenschaftlers. Global Dialogue. „Science and Technology – Thinking the Future.“ Hannover: Expo

• Office of Research Integrity (ORI), http://www.ori.dhhs.gov, besucht am 19.05.2003 

 

• National Science Foundation (NSF), http://www.nsf.gov, besucht am 19.05.2003

• National Institues of Health (NIH), http://www.nih.gov, besucht am 19.05.2003

• Weingart, P., 2001, Die Stunde der Wahrheit? Zum Verhältnis der Wissenschaft zu Politik, Wirtschaft und Medien in der Wissensgesellschaft, Velbrück Wissenschaft, Weilerswist