LWF aktuell 97 – Forsteinrichtungsplanung der … · Die gelbe Farbe des Altersstadiums signalisiert . RAUMPLANUNG IN DEN ALPEN (Abbildung 3). -LWF aktuell 97/ 2013 9 aufgrund von

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  • RAUMPLANUNG IN DEN ALPEN

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    LWF aktuell 97/2013 8

    Forsteinrichtungsplanung der Bayerischen Staatsforsten im AlpenraumUnverzichtbare Grundlage einer nachhaltigen integrativen Forstwirtschaft

    Stephan Breit und Markus Neufanger

    Die Forsteinrichtungsplanung im Hochgebirgsraum stellt eine komplexe, anspruchsvolle Aufgabe dar: Neben den forstlichenA spekten einer zielgerichteten Waldpflege und nachhaltigen Holznutzung ist die langfristige Gewhrleistung und Verbesserung der Schutzfunktion und Schutzfhigkeit der Bestnde von hchster Wichtigkeit. Die brigen Waldfunktionen sowie vielfltige naturschutzfachliche Belange werden bei der Planung ebenso einbezogen wie Fachplanungen anderer Behrden oder soweit schon vorhanden Managementplne in Natura-2000-Gebieten.

    Abbildung 1: Gebirgsflchen der Bayerischen Staatsforsten im Wuchs gebiet 15 Bayerische Alpen nach Forstbetrieben (rot umrandet)

    Die Bayerischen Staatsforsten betreuen mit sieben Forstbetrieben eine Gesamtflche von knapp 200.000 ha innerhalb des Wuchsgebietes 15 Bayerische Alpen (Abbildung 1). Die Grundlage fr die Waldbewirtschaftung und die Sicherstellung der Schutzfunktionen bilden die fr jeden Forstbetrieb erstellten Forsteinrichtungswerke. Diese werden im Hochgebirge entsprechend den Vorgaben der Richtlinie fr die mittelund langfristige Forstbetriebsplanung in den Bayerischen Staatsforsten (FER 2011) in der Regel mit einer Laufzeit von 20 Jahren aufgestellt; nach zehn Jahren erfolgt eine Zwischenrevision. Zustndig fr die Inventuraufnahmen und die Erstellung der Forsteinrichtungswerke an diesen Betrieben ist der Teilbereich Forsteinrichtung Mnchen.

    Betriebsinventur

    Forsteinrichtungstechnisch ist das Hochgebirge ber das Wuchsgebiet 15 Bayerische Alpen definiert (Flachland Wuchsgebiete 1 14); hier werden abweichend vom Flachland an die speziellen Hochgebirgsverhltnisse angepasste Inventur-und Forsteinrichtungsverfahren angewandt.

    Standardverfahren im Hochgebirge ist die betriebsweise systematische Stichprobeninventur. Diese erfolgt in der Regel als temporre Inventur durch Relaskopierung. Die Betriebsinventur findet zeitlich versetzt ein Jahr vor dem Forsteinrichtungsbegang (Waldbegang) statt. Auf diese Weise stehen bereits vor dem Forsteinrichtungsbegang wesentliche Kennzahlen zur Charakterisierung des Forstbetriebes zur Verfgung. Auf deren Basis wird beim Grundlagenbegang anhand von Beispielsbestnden die Grundstrategie fr das weitere waldbauliche Handeln festgelegt.

    Forsteinrichtungsbegang

    Anders als im Flachland werden im Hochgebirge die Bestnde nicht Nutzungsarten, sondern verschiedenen Entwicklungsstadien zugeordnet. Diese Charakterisierung nach Lebensphasen ist sinnvoll, weil im Gebirge auf groer Flche strukturreiche Wlder mit meist hoher Altersspreitung vorherrschen. Entscheidungskriterien fr die Klassifizierungeines Bestandes sind der gegenwrtige Bestandesaufbau und die Bestandesstruktur (Abbildung 2). Diese Vorgehensweise macht die Forstbetriebskarte in Bezug auf den Zustand der Bestnde sehr transparent und aussagekrftig: So weist zum Beispiel die violette Farbe des Plenterstadiums auf einen mehrschichtigen Bestandesaufbau mit in der Regel intakter Schutzfunktion hin. Die gelbe Farbe des Altersstadiums signalisiert

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    aufgrund von Auflsungstendenzen im Altbestand und unzureichender Vorausverjngung mglichen Handlungsbedarf (Abbildung 3).

    Abbildung 2: Entscheidungsschema zur Bestimmung von Entwicklungsstadien (FER 2011)

    Grundstzlich werden die Bestnde ber alle Entwicklungsstadien hinweg einzelbestandsweise beschrieben und beplant. Die Manahmenplanung am Einzelbestand wird gem der beim Grundlagenbegang getroffenen Grundsatzentscheidungen festgelegt. Sie erfolgt unter Bercksichtigung der gesetzlichen sowie naturschutzfachlichen Vorgaben und bezieht die Sicherung der Schutzfunktionen, eine Einschtzung des Nhrstoffhaushalts und die Erschlieungssituation, welche aufgrund der oft aufwendigen Bringung auch eine konomische Abwgung mglicher Eingriffe erfordert, mit ein. Wesentliche Planungsgren sind Pflegeflche, Entnahmemenge oder Pflanzvolumen. Auf der Forstbetriebskarte wird die zur Bearbeitung vorgesehene Bestandesflche mit jeweils einer eigenen Schraffur fr Verjngungs- (diagonale Balkenschraffur) und Pflegemanahmen (feine waagrechte Schraffur) lokalisiert (Abbildung 3).

    PlanungsgrundlagenDer bayerische Alpenraum ist ein vergleichsweise intakter, naturnaher und durch Infrastruktur wenig zerschnittener Naturraum. Aufgrund seiner breiten Amplitude unterschiedlichster Standortsbedingungen und Hhenzonen leben hier viele, oftmals sehr seltene Tier- und Pflanzenarten. Gleichzeitig hat der Gebirgswald vielfltige Schutzfunktionen gegen Naturgefahren zu erfllen. Nicht zuletzt dient das Gebirge als Erholungsraum und ist Schwerpunkt unzhliger Freizeitaktivitten. Die Bedeutung des Gebirgsraumes schlgt sich in einer Vielzahl von Fachplanungen, Kartierungen und gesetzlichen Bestimmungen nieder, die bei der Erstellung der Forstbetriebsplanung am konkreten Einzelbestand in die Planung aufgenommen beziehungsweise bercksichtigt werden, wie beispielsweise: Waldfunktionsplanung Schutzwaldausweisung nach Art. 10 BayWaldG Schutzwaldsanierungsplanung WinAlp-Karte (Standortklassifizierung im Hochgebirge) Naturschutzkonzept BaySF Rechtliche Vorgaben und Einschrnkungen in Natura 2000

    Gebieten (FFH- und SPA-Gebiete) Schutzgebietsverordnungen, zum Beispiel in Natur- und

    Wasserschutzgebieten Gesetzlich geschtzte Biotope nach 30 Bundesnaturschutz

    gesetz Alpenbiotopkartierung

    So erfahren beispielsweise alte Wlder und seltene Waldgesellschaften einen besonderen Schutz, Habitate geschtzter oder seltener Arten finden gesonderte Bercksichtigung bei der Manahmenplanung, geschtzte Offenland- und Waldflchen sowie Flchen nach der Waldfunktionsplanung (zum Be ispiel Wasserschutz-, Bodenschutz-, Erholungswald) werden extra erfasst und im Rahmen der Bewirtschaftung mit besonderer Sorgfalt behandelt beziehungsweise geschtzt.

    Besondere Sorgfalt im SchutzwaldAufgrund der herausgehobenen Bedeutung der Schutzfunktion wird die Schutzwaldeigenschaft bei der Erstellung der Manahmenplanung besonders bercksichtigt und in Form einer zielgerichteten und vorausschauenden Schutzwaldpflege umgesetzt. Im Schutzwald liegt der Schwerpunkt auf Manahmen, die zur Erhaltung und Verbesserung der Schutzfunktion erforderlich sind. Diese werden grundstzlich von der Forsteinrichtung geplant, selbstverstndlich auch dann, wenn die Manahme nicht kostendeckend durchgefhrt werden kann. Umgekehrt werden nur Manahmen durchgefhrt, durch die die Schutzfunktion weder gefhrdet noch beeintrchtigt wird. In stark gestrten Bereichen kommt die Schutzwaldsanierungsplanung der Bayerischen Forstverwaltung zum Tragen. Typische Manahmen im Schutzwald sind zum Beispiel struktur- und stabilittsfrdernde Durchforstungseingriffe, Pflegeeingriffe zum Erhalt von Mischbaumarten oder die Pflanzung von Tanne, Mehlbeere etc. in verlichtete Altbestnde.

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    Abbildung 3: Ausschnitt einer Forstbetriebskarte mit Entwicklungsstadien

    Von der Planung zum Hiebsatz

    Aus der Summe der einzelbestandsweisen Planungen werden alle relevanten naturalen Steuerungsgren abgeleitet und mit dem Forstbetrieb abgestimmt. Im Wesentlichen sind dies der jhrliche Hiebsatz, das Pflegeflchensoll, das Pflanzverjngungsziel sowie die Besonderheiten aus den gesetzlichen und naturschutzfachlichen Vorgaben.

    Abschlieend wird ber GIS-Verschneidungen von Inventur- und Planungsdaten die Mengennachhaltigkeit des Hiebsatzes geprft. Da eine geregelte Bewirtschaftung der Wlder nur auf einem Teil der eigentlichen Holzbodenflche mglich ist (der Anteil der Hiebsruhebestnde ohne Nutzung liegt je nach Forstbetrieb zwischen 45 und 65 %), wird dies nur fr die Flchen mit tatschlich geplanter Nutzung durchgefhrt. Je nach Zuwachs- und Vorratsverhltnissen sowie Baumartenverteilung in Relation zur geplanten Nutzung erfolgt, orientiert an Zielvorrten und Vorausverjngungssituation, gegebenenfalls eine Nachjustierung.

    Fazit

    Die Forsteinrichtung im Gebirge stellt eine uerst komplexe und anspruchsvolle Aufgabe dar. Eine Vielzahl gesellschaftlicher Ansprche und gesetzlicher sowie naturfachlicher Vorgaben muss bercksichtigt werden. Aufgrund der naturrumlichen Gegebenheiten sind bei der Bewirtschaftung bezglich Erschlieung und Bringung zudem hchste Anforderungen zu erfllen. Fr eine im umfassenden Sinne nachhaltige Bewirtschaftung ist eine fundierte Forstbetriebsplanung die unverzichtbare Grundlage und stellt letztlich eine gute Investition in die Zukunft der uns anvertrauten Bergwlder dar.

    Stephan Breit ist Forsteinrichter im Teilbereich Forsteinrichtung Mnchen der Bayerischen Staatsforsten. Markus Neufanger ist Leiter dieses Teilbereichs. [email protected]

    mailto:[email protected]

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