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und Phosgenic'ther. 157 Allein nach den von uns dariiber angestellten Versuchen scheint Phosgen auf diese Kcrpor, wenigstens unter den von uns eingehhaltenen Bedingungen, keine Einwirkung auszuuben. - Acetylen wirkt weder im Sonnenlichte, noch wenn man es mit Phosgen durch erwlrmte Ballons leitet, auf letz- teres ein. Zulu Schlufs erwahnen wir noch eines Versuches, zur Synthese einer siliciumhaltigen Essigsiiure vermittelst Silicium- wasserstoff und Phosgen zu gelangen, ahnlich wie H a r n i t z- Ha r n it z k y aus Sumpfgas und Phosgen Acetylchlorid er- halten bat. Trotzdem wir das Siliciumwasserstoffgas genau nach der von W 6 hl er angegebenen Methode dargestellt hatten, konnten wir es nicht lange aufbewahren, ohne dafs es seine Selbstentziindlichkeit einbiifste. - Moglicherweise mag allein an diesem Umstand das Fehlschlagen der Reaction gelegen haben ; jedenfalls glauben wir aber, dafs unter gunstigeren Bedingungen und bei mehr Erfahrung im Experimentiren mit Siliciumwasserstoff es gelingen wird , die erwiinschte Um- setzung im Sinne folgender Gleichungen zu erzielen : &H4 + C,O,C& = HCl + Si,€Ia[G20,]Cl. LXIV. Ueber die Einwirkung von Aiiiliii auf Chlorkohlensaureiither ; von Denselben. - In der S. 150ff. abgedruckten Arbeit uber Versuche mit Phosgen und Phosgenather erwihnten wir, dafs fast alle vom Ammoniak derivirenden Verbindungen leicht auf den Chlor- kohlensaureather einwirken. - Dieb hat sich auch beim Anilin bestatigt, welcbes wir , in der Hoffnung Anthranilsliure syn-

LXIV. Ueber die Einwirkung von Anilin auf Chlorkohlensäureäther

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Page 1: LXIV. Ueber die Einwirkung von Anilin auf Chlorkohlensäureäther

und Phosgenic'ther. 157

Allein nach den von uns dariiber angestellten Versuchen scheint Phosgen auf diese Kcrpor, wenigstens unter den von uns eingehhaltenen Bedingungen, keine Einwirkung auszuuben. - Acetylen wirkt weder im Sonnenlichte, noch wenn man es mit Phosgen durch erwlrmte Ballons leitet, auf letz- teres ein.

Zulu Schlufs erwahnen wir noch eines Versuches, zur Synthese einer siliciumhaltigen Essigsiiure vermittelst Silicium- wasserstoff und Phosgen zu gelangen, ahnlich wie H a r n i t z- Ha r n i t z k y aus Sumpfgas und Phosgen Acetylchlorid er- halten bat.

Trotzdem wir das Siliciumwasserstoffgas genau nach der von W 6 hl er angegebenen Methode dargestellt hatten, konnten wir es nicht lange aufbewahren, ohne dafs es seine Selbstentziindlichkeit einbiifste. - Moglicherweise mag allein an diesem Umstand das Fehlschlagen der Reaction gelegen haben ; jedenfalls glauben wir aber, dafs unter gunstigeren Bedingungen und bei mehr Erfahrung im Experimentiren mit Siliciumwasserstoff es gelingen wird , die erwiinschte Um- setzung im Sinne folgender Gleichungen zu erzielen :

&H4 + C,O,C& = HCl + Si,€Ia[G20,]Cl.

LXIV. Ueber die Einwirkung von Aiiiliii auf Chlorkohlensaureiither ;

von Denselben. -

In der S. 150ff. abgedruckten Arbeit uber Versuche mit Phosgen und Phosgenather erwihnten wir, dafs fast alle vom Ammoniak derivirenden Verbindungen leicht auf den Chlor- kohlensaureather einwirken. - Dieb hat sich auch beim Anilin bestatigt, welcbes wir , in der Hoffnung Anthranilsliure syn-

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thetisch daraustellen , init Chlorkohlensaureather zusarnmen- brachten. Da beide Korpcr heftig auf einander einwirken, so Iiifst man die Reaction zwcckmafsig in einem mit aufsteigen- dem Kuhler verbundcnen, im Wasscrbade befindlichen Kolben sich vollziehen und den Phosgenatlier (1 Aeq.) zu 2 Aeq. Anilin in den Kolben tropfenweise zufliefsen. - Jeder Tropfen bringt ein zischendes, von Erwarrriung begleitetes Gerausch hervor, uiid nach dern Eiirtragen des Phosgenathcrs ist das Ganze krystallinisch crstarrt. Man erwiirmt den Kolben noch etwa eine Stunde lang im Wasserbade, lafst erkalten , ubergiefst zur Entfernung von iiberschussigem Anilin rnit salzsaurehal- tigem Wasser und wascht dann mehrere Male mit kaltem Wasser aus.

Die so erhaltenen Krystalle sind Carbanilidslureather und ihre Bildung geht nach folgender Gleichung vor sich :

Zur weiteren Reinigung dieser Verbindung kaan man sic (wie n i r bei der Darstellung des Anilidoacetylanilids ver- fahren haben) mit vie1 Wtlsser auskochen und schnell filtriren, wobei das Filtrat sich bald milchiy trubt und nach einiger Zeit prachlvolle, halb 2011 lange weifse Nadeln absetzt, oder sic nach dem Trocknen der rohen Verbindung direct abdcstilliren. Das meist farblose Destillat gesteht schnell. zu einem dichten, HUS feincn Nadeln bestehenden Krystallbrei.

Das crsterc Verfahren zur Reindarstellung ist , obwohl man diese Verbindung in schiineren glinzenderen Krystallen erhiilt, wegen der Eigenschaft des Carbanilidsiiureathcrs, sich rnit Wasserdiimpfen zu verfliichtigen, init Verlust verbunden.

Die auf die eiiie oder die andere Weise erhaltene reine Substanz ergab bei der Analyse folgende Zahlenwerthe :

I. 0,3609 Grin. gaben rnit Kupfuroxyd r d ~ r a i i n t 0,8715 COP und

0,3067 Cirnl. gab011 0,7400 COP und 0,1920 HO. 0,2285 HO.

11.

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von Anilin mf Chlor~ohleiisiitcrsiit~er. 159

0,4010 Chn. grrl)cn u t d ~ dsr n 11 111 ss'schen hletllodtl 0,0352 N. 0,2951 GYl l l . gabull Ul.lOlIHO 0,0251 N.

Gcfunden ") Ucrechnot I. 11.

C 65,4 G5,8 G5,7

H 6,6 7,0 679

N 814 8,7 895 - - - 0

Dcr Carbanilidsaureiither ist fast uiiloslich in keltem, etwas loslich in kocheridem Wasser. leiclit loslich iii Alkohol und Aether. Mil Wasserdarnpfen destillirt geht cr in reich- lichern Mafse iiber. Die Krystalle schrnclzen bei 54,5 bis 52O C., sublirniren in prachtvollen larigeri Nadeln und sind unzerselzt fliichtig, nie wir uns durch die Analyse des destil- lirten Kiirpers uberzeugt lraben. Der Siedepunkt liegt bei 237 bis 238O. Die Dlmpfe dieses Korpers reizen die Augen stark zu Thriineii, riochen aber verdiinnt enlfernt nach Bitter- rnandelol.

Alle rrii l diesem Korper angestellten Reactionen beweisen, dafs er nur isomer rnit der Anthranilsaure, resp. deren Aether ist, und sich vielmehr ganz analog den Urethsnen verhalt. Es ist wahrscheinlich derselbe Korper, welchen H o f rn a n ri.

diese Annalen LXXIV, beschrieben hat, und den er Bus Carbanil oder Anilocyansiiure rnit Alkoliol erhielt. Auch uns ist es riicht gelungen, durch Zersetxen des Carbanilidsaure- athers rnit Alkalien die eiitsprechende Saure oder ein Sale dareustellen, eben so wie bis jetzt auch die Carbarninsauro noch nicht BUS den Urethanen oder dem carbarninstwen

*) I h dss zu c'.icPcr Uiitersucliuiig dicxinde Anilin n~alirsclieinlicli noch Spnraii von Tohiidin enthiclt, so iut in fast allcn Elernontsr- anulysen der Kuli1enstoTt'- untl \Vasscrstoffgchalt otwrs liijlicr a m - gefallan. Das Anilin war &US dcr chcmischen Anilinf:~rhenfxblk des Dr. K s l l e in Biebrich bezogen, und zeigto ohen constanten Siedupunkt.

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Ammoniak isolirt worden ist. Barytwasser zerlegt den Carb- aiiilidsaureather beim Kochen schnell in kohlensauren Baryt, Anilin und Alkohol, ebenso wirkt Kalkmilch. Mit verdiinnten Siuren im zugeschmolzenen Rohre erhitst konnten wir keine Veranderung wahrnehmen. Unter denselben Umstan- den wirkt aber Jodwasserstoffsiure bei 130 bis i40° C. voll- standig zerlegend ein, im Sinne folgender Gleichung :

Concentrirte Kalilauge zersetzt einen Theil des Carb- anilidsaureathers zuerst in Alkohol, Kohlensiure und Anilin ; letzteres wirkt dann weiter ruf einen anderen Theil unzer- setzter Carbanilidsaureathcr unler Bildung yon Diphenylcarb- amid ein; wie folgende Formeln symbolisch ausdriicken :

Dieselbe Reaction hat H of m a n n fur die Anilocyansaure oder das cyansaure Phenyloxyd gefunden, welches sich vom Carbanilidsaweather in der Formel um die Elemente des Alkohols unterscheidet. Diese Zersetzung mit Kalihydrat geht leicht und glatt vor sich und ist eine gute Methode zur Dar- stellung von Biphenylcarbamid. Beim Kochen mit concen- trirter Ktllilauge erstarrt bald das Gemenge zu kugeligen krystallinischen Massen ; dabei ist der Geruch nach Anilin unbedeutend und rulirt jedenfalls nur von einer secundaren Zersebung dcs schon gebildeten Biphenylcarbamids her. Nach dem Erkalten I6st man in kochendein AIkohol ruf und fiillt mit kaltem Wasser aus. Beim Schiitteln vereinigen sich die feinen mikroscopischen Nadeln von Biphenylcarbamid zu einem zusamrnenhiingenden Niederschlag , welcher auf ein Filter

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vim Anilin a?$ Chlorkohlensaweather. 161

gehracht und oft mit kaltein Wasser ausgewrschen wird. In kochendetn und absolutem Alkohol g e l k t und filtrirt er- halt man die Verbindung beim Erkalten in cliemisch - re inem Zustande als glanzende lange Nadeln.

0,2619 Grm. gabon niit liupferoxyd verbrannt 0,7105 COP und 0,1432 HO.

0,1630 G m . gaben nacli der Dnmas'eclien Methode 0,0212 N.

Berochilet. Gefunden C 73,5 73,9

H 596 6,O N 13,2 13,2

0 - -

In den a u b e r e n Eigenschaften und d e r Krystallform stimmt d e r so erhaltene KBrper mil d e r von H o f m a n n gegebenen Beschreibung des Carbanilids uberein ; nur t'anden wir e ine Verschiedenheit im Schmelzpunkte, welcher nach H o f m a n n bei 205O liegen soll, von uns aber bei circa 225" gefunden wurde. Auch ist die LBslichkeit in Alkohol nicht so be- deutend, da ers t anhaltendes Kochen mit absolutem Alkohol den Biphenylharnstoff vollkommen lBst, dieser sich aber bei geringem Erkalten der Losung schon fast vollkommen in schonen gl lnzenden Krystallnadeln ausscheidet.

Die Bildung von Biphenylharnstoff geht auch leicht und sicher vor sich, wenn aquivalente Mengen von Carbanilid- sdureather und Anilin im zugeschrnolzenen Rohre auf circa 160O erhitzt werden. Der Inhalt des Rohrs ist nach dem Erhitzen eine feste strahlige Krystallrnasse von Biphenyl- carbamid, welches zur Reindarstellung eben so , wie oben angegeben war , behandelt wird.

Diese Zersetzung verlauft ganz analog der Bildung von Harnstoff durch Erhitzen der Urethane mit Ammoniak. Es liefs sich erwarten, d a b gewahnliches Arnmoniak mit Carb- anilidsaureather im zugeschmolzenen Rohre erhitzt vielleicht

Aonel. d . (:lismia u. Pharm. OXLVII. Hd. 2. H e t t . 11

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den Monophenylharnstoff bilden werde ; allein die Reaction geht merkwlirdigerweise weiter, indem nicht allein die Gruppe

Wilm u. W i s c h i n , iiber die Einwirkzing

C4H502, sondern aucli das Anilid N ~ ' ~ im Carbanilid-

saureiither durch Amid NH2 ersetzt wird und so gewiihn- licher Harnstoff resultirt. Nach dem Erhitzen von wasseri- gem Ammoniak und Carbanilidsaureather bildet der Inhalt des Rohrs zwei Schichten, von denen die untere Anilin ist, die obere aber den Harnstoff geliist enthalt.

Letztcrcn erhalt man einfach durch Eindampfen und Umkrystallisiren. Die Analyse sowohl wie alle Eigenschaften, Krystallforni, leichte Liislichkeit in Wasser und Alkohol und Schwerlbslichkeit der salpetersauren Verbindung in Salpeter- siure , sprachen fur gewohnlichen Harnstoff.

0,3556 Grm. galien init, I~upforoxyd vorbrinint 0,2640 WS und

Berechnet Gefundun 0,2090 150.

c 20,o 20,2

H 6,6 6 5 0 26,7 - N 46,7 -

Es war zu verniulhen, d a b zufolge dieser Reaction auch Aniliii mit Carbanilidsaureather Biphenylcarbamid lie- fern wiil.de. Der Versuch bestatigte diese Hoffnung, indem beim Erhitzen von diesen beitlen Kbrpern im augeschmol- zenen Rohre auf circa 160" die gewiinschte Verbindung entsteht. Die Krystalle werden gerade so gereinigt, wie es oben bei der Darstellung des Biphenylcarbamids angegeben war; sollten sie noch gefarbt sein, so mussen sie vorher mit Thierkohle behandelt werden.

Da auch verdunnteres wasseriges Ammoniak mit Carb- anilidsaureiither kein Mono - , sondern Biphenylcarbamid ergab, und wir der Vollstandigkeit wegen auch noch diesen substituirten Harnstoff darzustellen sochten, so erhitzten wir

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von AniZin at$ ~1orkohTensauredither. 163

aquivalente Mengen von gewohnlichem Aothyluretban mit Anilin. Auch hier war nach Vollendung der Einwirkung der Inhalt des Rohrs eine aus Nadeln bestehende Krystall- masse, welche zur Entfernung etwa noch unzersetzten Urethans mit Wasser gewaschen, abfiltrirt und umkrystallisirt wurde. Die Analyse ergab folgende Zahlen :

0,2200 Grm. gabeii mit Kupferoxyd verbrannt 0,5962 Cog und 0,1216 HO.

Bereohnet Gofunden c 7 3 3 73,8 H 5,6 6,l.

Demnach hatte sich auch hierbei nur Biphenylcarbamid gebildet und mag die Reaction so vor sich gegangen sein, dafs in der ersten Phase intermediiir Monophenylharnstoff entsteht, dieser aber durch Einwirkung von Anilin weiter in Biphenylharnstoff umgewandelt wird. Das hierbei entstehende Ammoniak konnte beim Erwarmen der aus dem Rohre ge- nommenen rohen Krystalle durch den Geruch leicht erkannt werden.

L e i p z i g , 29. Februar 1868.