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M�rz 2015 Seiten 65 – 96 UVR.3 Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht IN KOOPERATION MIT: PETERS, SCH�NBERGER & PARTNER GBR SCHRIFTLEITUNG: MINISTERIALDIRIGENT A.D. J�RG KRAEUSEL AUS DEM INHALT Philipp Matheis | Maßnahmen zur konventionellen Vereinfachung des Umsatzsteuerrechts |79 | Ferdinand Huschens | Steuerschuldnerschaft des Leistungsempf�ngers – Lieferungen von Metallen |83 | Willi Strunz | Pr�zisierte Auskunftspflicht f �r Postdienste in �sterreich (der neue § 27 Abs. 6a �UStG) |90 | Dr. Stefan Behrens/Dr. Andrius Bielinis | Verwirklichung von § 1 Abs. 3 Nr. 3 oder Nr. 4 oder Abs. 3a GrEStG infolge anteilsbezogener Zwischengesch�fte? |91 |

M rz 2015 Seiten 65 – 96 UVR - stollfuss.de · 66 UVR 2015 Nr. 3 UVR-Aktuell Gesetzgebung Deutschland Aufteilung des Gesamtpreises in der Zeitungs-und Buchbranche Parl. Staatssekretär

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M�rz 2015 Seiten 65 – 96

UVR.3Umsatzsteuer- undVerkehrsteuer-RechtIN KOOPERATION MIT: PETERS, SCH�NBERGER & PARTNER GBRSCHRIFTLEITUNG: MINISTERIALDIRIGENT A.D. J�RG KRAEUSEL

AUS DEM INHALT

• Philipp Matheis | Maßnahmen zur konventionellen Vereinfachungdes Umsatzsteuerrechts |79|

• Ferdinand Huschens | Steuerschuldnerschaft des Leistungsempf�ngers– Lieferungen von Metallen |83|

• Willi Strunz | Pr�zisierte Auskunftspflicht f�r Postdienste in �sterreich(der neue § 27 Abs. 6a �UStG) |90|

• Dr. Stefan Behrens/Dr. Andrius Bielinis | Verwirklichung von§ 1 Abs. 3 Nr. 3 oder Nr. 4 oder Abs. 3a GrEStG infolgeanteilsbezogener Zwischengesch�fte? |91|

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Umsatzsteuer- undVerkehrsteuer-Recht

Schriftleitung:Ministerialdirigent a.D. Jörg Kraeusel, Berlin

Kooperationspartner:Peters, Schönberger & Partner GbR

Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer,Steuerberater

Ständige Mitarbeiter: RA FAStR StB Dr. Stefan Behrens; RAin Hildegard Billig; Ass.jur. Raymond Halaczinsky; StB Kurt Heine; Diplom-Finanzwirt Ferdinand Huschens; RA/StB/FAStR Dr. Eberhard Kalbfleisch; RA StB Ralph Korf; Prof. Dr. Alexander Neeser; Diplom-FinanzwirtinJulia Schanko; RA Rainer Schmitt; RAin StBin Ulrike Slotty-Harms; Diplom-Finanzwirt Wolfgang Tausch; Prof. Dr. Hermann-Josef Tehler;

Richter am BFH Dr. Christoph Wäger; Diplom-Finanzwirt M.A. Tilo Welz

Nr. 3 / 2015 101. Jahrgang Seite 65

UVR-Aktuell

Umsatzsteuer

Bearbeiter: Diplom-Finanzwirt Wolfgang Tausch, Düs-seldorf [wt]Bearbeiter: Ministerialdirigent Jörg Kraeusel a.D.,Berlin [jk]

Gesetzgebung Europäische Union

Die Mehrwertsteuersätze in denMitgliedstaaten der Europäischen UnionEU-Kommission v. 13.1.2015, http://ec.europa.eu/taxation_customs/resources/documents/taxation/vat/how_vat_works/rates/vat_rates_de.pdf.

MwStSystRL Art. 98 i.V.m. Anhang III.

Die EU-Kommission hat in einer Mitteilung vom13.1.2015 die Übersicht der in den Mitgliedstaaten an-wendbaren MwSt-Sätze (Stand 1.1.2015) vorgelegt.

Mitglied-staaten

Stark er-mäßigter

Satz

Ermäßig-ter Satz

Normal-satz

Zwi-schensatz

Belgien – 6 / 12 21 12

Bulgarien – 9 20 –

TschechischeRepublik

– 10 / 15 21 –

Dänemark – – 25 –

Deutschland – 7 19 –

Estland – 9 20 –

Griechenland – 6,5 / 13 23 –

Spanien 4 10 21 –

Frankreich 2,1 5,5 / 10 20 –

Mitglied-staaten

Stark er-mäßigter

Satz

Ermäßig-ter Satz

Normal-satz

Zwi-schensatz

Kroatien – 5 / 13 25 –

Irland 4,8 9 / 13,5 23 13,5

Italien 4 10 22 –

Zypern – 5 / 9 19 –

Lettland – 12 21 –

Litauen – 5 / 9 21 –

Luxemburg 3 8 17 14

Ungarn – 5 / 18 27 –

Malta – 5 / 7 18 –

Niederlande – 6 21 –

Österreich – 10 20 12

Polen – 5 / 8 23 –

Portugal – 6 / 13 23 13

Rumänien – 5 / 9 24 –

Slowenien – 9,5 22 –

SlowakischeRepublik

– 10 20 –

Finnland – 10 /14 24 –

Schweden – 6 / 12 25 –

VereinigtesKönigreich

– 5 20 –

Hinweis: Steuerbefreiungen mit Vorsteuerabzugs-recht (Nullsatz) sind in der vorliegenden Tabellenicht aufgeführt, finden sich aber unter Abschnitt Vder Mitteilung der EU-Kommission

Literatur: Lausterer, Streifzug durch Irrungen und Wir-rungen des ermäßigten Steuersatzes, UR 2012, 506. [jk]

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66 UVR 2015 Nr. 3 UVR-Aktuell

Gesetzgebung Deutschland

Aufteilung des Gesamtpreises in der Zeitungs-und BuchbrancheParl. Staatssekretär Dr. Michael Meister v. 2.10.2014,BT-Drucks. 18/2832, 44.

UStG § 10 Abs. 1.

Auf die Frage, ob die Bundesregierung Erkenntnissedarüber habe, dass Unternehmen, die die gedruckteund elektronische Version eines Buches bzw. einerZeitung zu einem Gesamtpreis verkaufen, ihre Bu-chungssoftware nicht rechtzeitig auf die Aufteilungder Umsatzsteuer gemäß dem BMF-Schreiben v.2.6.2014 umstellen können bzw. konnten, und ob dieBundesregierung eine verlängerte Übergangsfrist ge-währen will, antwortete der zuständige Parlamentari-sche Staatssekretär im BMF Dr. Meister zunächst, dassdie Grundsätze zur Aufteilung eines Gesamtverkaufs-preises bei mehreren unterschiedlich besteuertenEinzelleistungen branchenübergreifend gelten. Dieobersten Finanzbehörden des Bundes und der Länderhatten zur Anwendung der vorstehenden Grundsätzeeine Nichtbeanstandungsregelung getroffen. Dem-nach wird es bei vor dem 1.7.2014 ausgeführten Um-sätzen aus Leistungen zu einem Gesamtverkaufspreisnicht beanstandet, wenn der Unternehmer eine abwei-chende Berechnungs- oder Bewertungsmethode ver-wendet, soweit die Aufteilung auf die unterschiedli-chen Steuersätze nicht missbräuchlich i.S.d. § 42 derAbgabenordnung erfolgt.

Das BMF-Schreiben war durch eine Entscheidung desBFH veranlasst worden. Dieser hatte mit Beschlussvom 3.4.20131) entschieden, dass die Aufteilung einesGesamtverkaufspreises nach der „einfachstmögli-chen“ Aufteilungsmethode zu erfolgen hat. Grund-sätzlich hat die Aufteilung eines Gesamtverkaufsprei-ses daher nach Maßgabe des Verhältnisses derEinzelverkaufspreise zu erfolgen.

Außerdem wies der Staatssekretär darauf hin, dass dasSchreiben vom 2.6.2014 an relevante Branchenverbän-de gerichtet war.

Die obersten Fachbehörden des Bundes und der Län-der haben gleichwohl die wiederholt von der Branchevorgetragenen Schwierigkeiten, insbesondere bei derAbgabe von gedruckten Büchern und E-Books zu ei-nem Gesamtverkaufspreis zum Anlass genommen, dieNichtbeanstandungsregelung zu verlängern. Es wirdfür vor dem 1.1.2016 auszuführende Umsätze nicht be-anstandet, wenn die Abgabe eines gedruckten Buchsund eines E-Books zu einem Gesamtverkaufspreis alseinheitliche Leistung angesehen wird, die insgesamtdem ermäßigten Steuersatz unterliegt. Damit wirdden Buchverlagen ausreichend Gelegenheit gegeben,ihre Abrechnungssysteme an die bestehenden steuer-lichen Regelungen anzupassen. Die relevanten Ver-bände werden hierüber gesondert informiert werden.

Eine zeitliche Ausweitung der Nichtbeanstandungsre-gelung auf die gleichzeitige Abgabe von gedrucktenZeitungen/Zeitschriften und E-Paper haben die obers-ten Finanzbehörden des Bundes und der Länder imHinblick auf die sich zur Abgabe von Büchern unter-scheidenden Marktverhältnisse hingegen für nicht er-

forderlich gehalten, wie der Staatssekretär weiter aus-führte.

Hinweis: Die obersten Finanzbehörden des Bundesund der Länder haben mit BMF-Schreiben vom28.11.20132) geregelt, dass der Unternehmer grund-sätzlich die einfachstmögliche Aufteilungsmethodezu wählen hat, wenn er i.R.e. Gesamtverkaufspreiseszwei oder mehrere unterschiedlich zu besteuerndeLeistungen ausführt. Bestehen mehrere sachgerech-te, gleich einfache Aufteilungsmethoden, kann derUnternehmer zwischen diesen Methoden frei wäh-len. Bietet der Unternehmer die i.R.e. Gesamtver-kaufspreises erbrachten Leistungen auch einzelnan, ist der Gesamtverkaufspreis grundsätzlich nachdem Verhältnis der Einzelverkaufspreise aufzutei-len. Daneben sind auch andere Aufteilungsmetho-den wie das Verhältnis des Wareneinsatzes zulässig,sofern diese gleich einfach sind und zu sachgerech-ten Aufteilungsergebnissen führen. Die Aufteilungnach betrieblichen Kosten ist keine gleich einfacheAufteilungsmethode und daher nicht zulässig. DerUmsatzsteuer-Anwendungserlass wurde durch dasvorgenannte BMF-Schreiben in Abschn. 10.1 ent-sprechend ergänzt.

Literatur: Feil/Grundler, Umsatzsteuerrechtliche Tren-nungderEntgeltebeieinempauschalenGesamtkaufpreisam Beispiel der Systemgastronomie, UR 2014, 1. [jk]

Rechtsprechung

Regelsteuersatz für die Umsätze aus derVerabreichung eines Starksolebades (Floating)BFH v. 28.8.2014, V R 24/13, StEd 2014, 790 = BFH/NV2015, 126.

MwStSystRL Art. 98 i.V.m. Anhang 3 Nr. 17; UStG § 12Abs. 2 Nr. 9.

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG ermäßigt sich dieSteuer auf 7 v.H. für die Verabreichung von Heilbädernund für die Umsätze aus dem Betrieb eines Schwimm-bades.

Die Klägerin begehrte ebenfalls diese Steuerermäßi-gung. Sie betrieb in den Streitjahren ein sog. Floa-ting-Center. In diesem Rahmen überließ sie ihren Kun-den sog. Starksolebäder (Floating-Becken und -Tanks)entgeltlich zur Nutzung. Die Tanks hatten eine Größevon 2,30 m 6 1,40 m 6 1,40 m, die Becken von 2,50 m6 1,80 m 6 2,30 m. Gefüllt waren die Becken undTanks mit einer konzentrierten Salzwasserlösung. Die-se wies eine konstante Temperatur (ungefähr Körper-temperatur) auf. Der hohe Salzgehalt des Wassers führtzum Auftrieb und dadurch zur Entspannung desmenschlichen Körpers. Im Floating-Center der Kläge-rin wurde die Umgebung zudem von Außenreizen ab-geschottet, um den Kunden eine vollständige körperli-che und geistige Entspannung zu ermöglichen.

Sowohl FG als auch der BFH folgten dem Begehrender Klägerin nicht. Der BFH entschied: Die Verabrei-chung eines Starksolebades (Floating) ist keine Verab-

1) BFH v. 3.4.2013, V B 125/12, BStBl II 2013, 973.2) BMF v. 28.11.2013, IV D 2 – S 7200/13/10004, BStBl I 2013,

1594.

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UVR-Aktuell UVR 2015 Nr. 3 67

reichung eines Heilbades, wenn diese nicht für thera-peutische Zwecke erfolgt.

Hinweis: Nach Auffassung des BFH hatte die Kläge-rin durch die entgeltliche Überlassung von Starkso-lebädern auch keinen mit dem Betrieb einesSchwimmbades verbundenen, ermäßigt besteuertenUmsatz getätigt.

Der BFH versagte zum anderen auch die Steuerer-mäßigung als Heilbad. Ein „Heilbad“ muss zweck-bestimmt der Behandlung einer Krankheit oder eineranderen Gesundheitsstörung dienen. Nach unions-rechtskonformer enger Auslegung muss die Ther-malbehandlung i.R.e. medizinischen Heilbehand-lung erfolgen und damit Heilzwecken dienen. Diesfolgt aus dem Wortlaut Thermal„behandlung“ in An-hang III Nr. 17 der MwStSystRL. Wird die Verabrei-chung eines Bades nicht zu Heilzwecken durchge-führt, sondern erfolgt sie aus anderen Gründen,insb. zum Zwecke der Erholung oder des Wohlbefin-dens, liegt keine Verabreichung eines Heilbades vor.Hierzu hat die Verwaltung mit BMF-Schreiben vom28.10.20143) zur Änderung des Abschn. 12.11 UStAEumfangreich Stellung genommen. Die Verabrei-chung eines Heilbads muss auch hiernach derBehandlung einer Krankheit oder einer anderenGesundheitsstörung und damit dem Schutz dermenschlichen Gesundheit dienen. Davon ist auszu-gehen, wenn das Heilbad im Einzelfall nach § 4 derRichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschussesüber die Verordnung von Heilmitteln in der vertrags-ärztlichen Versorgung (HeilmittelRichtlinie/-HeilM-RL in der jeweils geltenden Fassung) in Verbindungmit dem sog. Heilmittelkatalog als Heilmittel verord-nungsfähig ist, unabhängig davon, ob eine Verord-nung tatsächlich vorliegt. Keine Heilbäder sindhiernach z.B. sog. Floating-Bäder, Heubäder, Scho-kobäder, Kleopatrabäder, Aromabäder, Meerwasser-bäder, Lichtbehandlungen, Garshan und Reiki.

Literatur: Baldauf, Umsatzsteuer bei Betrieb eines öf-fentlichen Schwimmbads, DStZ 2013, 755; Hanke,Neue Umsatzsteuersituation bei Physiotherapeutenab dem 1.1.2012, DStR 2012, 394; Kronawitter, EuGH:Weite Auslegung der Umsatzsteuerbefreiung fürSport, VersorgW 2013, 165. [wt]

Steuerfreie Abgabe von Zytostatika i.R.ambulanter Krebstherapien

BFH v. 24.9.2014, V R 19/11, StEd 2015, 4 = BFH/NV2015, 284.

MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. b, c, g; UStG § 4Nr. 14, Nr. 16.

Nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG sind Krankenhausbe-handlungen und damit eng verbundene Umsätze vonder Umsatzsteuer befreit. Krebsbehandlungen in Kran-kenhäusern fallen einschließlich der dabei erfolgtenMedikamentenabgabe bei stationären Behandlungenunter diese Steuerbefreiung. Dagegen sieht die Fi-nanzverwaltung bei ambulanten Behandlungen nurdie Behandlung selbst, nicht aber auch die Lieferungderartiger Medikamente für ambulante Behandlungenals steuerfrei an.4)

Der Streitfall betrifft die ambulante Behandlung i.R.d.sog. Chemotherapie. Für die Therapie wurden in derKrankenhausapotheke für einzelne Patienten indivi-duell hergestellte Medikamente geliefert. Dem vorlie-genden Urteil ging ein Vorabentscheidungsersuchen5)

des BFH an den EuGH voraus. Hierauf hatte der EuGHmit Urteil vom 13.3.20146) entschieden: „Eine Liefe-rung von Gegenständen wie den im Ausgangsverfah-ren fraglichen zytostatischen Medikamenten, die voninnerhalb eines Krankenhauses selbständig tätigenÄrzten im Rahmen einer ambulanten Krebsbehand-lung verschrieben worden sind, kann nicht von derMehrwertsteuer befreit werden, es sei denn, diese Lie-ferung ist in tatsächlicher und in wirtschaftlicher Hin-sicht von der Hauptleistung der ärztlichen Heilbe-handlung untrennbar, was zu prüfen Sache desvorlegenden Gerichts ist.“

Dies voraussetzend hat der BFH entgegen der Verwal-tungsauffassung entschieden, dass die Verabreichungvon Zytostatika im Rahmen einer ambulant in einemKrankenhaus durchgeführten ärztlichen Heilbehand-lung, die dort individuell für den einzelnen Patientenin einer Apotheke dieses Krankenhauses hergestelltwerden, als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung„eng verbundener Umsatz“ gemäß § 4 Nr. 16 Buchst. bUStG steuerfrei ist.

Hinweis: Bei den mit der Krankenhausbehandlungund der ärztlichen Heilbehandlung eng verbunde-nen Umsätzen im Sinne des Unionsrechts handeltes sich nach der EuGH-Rechtsprechung um Neben-leistungen.7)

Entgegen der Verwaltungsauffassung in Abschn.4.14.6 Abs. 3 Nr. 3 UStAE ist nach Auffassung desBFH nicht zwischen stationär und ambulant im Kran-kenhaus behandelten Patienten zu differenzieren,da die Verabreichung von Arzneimitteln zur Durch-führung einer Heilbehandlung im Krankenhaus stetsunentbehrlich zur Verfolgung des therapeutischenZieles ist. Zu den eng verbundenen Umsätzen gehörtdemnach auch die Verabreichung von für den Pati-enten individuell hergestellten Arzneimitteln zurDurchführung einer ambulanten Heilbehandlungim Krankenhaus. Außerdem sei das vom EuGH auf-gestellte Erfordernis eines „Kontinuums“8) gewahrt,da die Abgabe der Zytostatika unentbehrlich für dieVerwirklichung der therapeutischen Zielsetzungwar. Es liege insoweit darüber hinaus eine therapeu-tische Erforderlichkeit vor, so dass die Lieferung „imZeitpunkt einer humanmedizinischen Heilbehand-lung strikt notwendig ist“.9)

3) BMF v. 28.10.2014, IV D 2 – S 7243/07/10002-02, BStBl I 2014,1439.

4) Vgl. Abschn. 4.14.6 Abs. 3 Nr. 4 UStAE.5) BFH v. 15.5.2012, V R 19/11, BStBl II 2012, 803 = UVR 2012,

260.6) EuGH v. 13.3.2014, Klinikum Dortmund gGmbH, C-366/12,

UR 2014, 271.7) EuGH v. 10.6.2010, Copy Gene, C-262/08, HFR 2010, 886 =

UR 2010, 526.8) Vgl. EuGH v. 10.6.2010, Copy Gene, C-262/08, HFR 2010, 886

= UR 2010, 526 Rz. 35.9) Vgl. EuGH v. 10.6.2010, Copy Gene, C-262/08, HFR 2010, 886

= UR 2010, 526 Rz. 34.

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68 UVR 2015 Nr. 3 UVR-Aktuell

Das Urteil hat weitreichende Folgen für die generel-le Beurteilung einer Leistung als „eng verbundenerUmsatz“ i.S.d. § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG. Insbeson-dere setzt der BFH für einen eng verbundenen Um-satz im Bereich des § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG – an-ders als bei der Beurteilung von Haupt- undNebenleistung – keine Identität des Leistenden vor-aus.

Das Urteil sollte somit mit einem begleitendenBMF-Schreiben zur Änderung der Verwaltungsauf-fassung in Abschn. 4.14.6 Abs. 1 Satz 1 und 2 UStAEim Bundessteuerblatt veröffentlicht und allgemeinangewendet werden.

Literatur: Erdbrugger, Umsatzsteuerrechtliche Be-handlung von Zytostatikalieferungen nach der neues-ten Rechtsprechung, MwStR 2014, 292; Esch/Binger,Umsatzsteuer auf die Lieferung von Zytostatika an er-mächtigte Ärzte, KH 2014, 448; Tehler, SteuerbefreiteLieferung v. in Krankenhausapotheke hergestelltenZytostatika, EU-UStB 2014, 25. [wt]

Kein Vorsteuerabzug bei von vornhereinbeabsichtigter unentgeltlicher Überlassung vonGeschäftsführerwohnungen

BFH v. 8.10.2014, V R 56/13, HFR 2015, 68.

MwStSystRL Art. 168; UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1.

Der Vorsteuerabzug setzt u.a. voraus, dass der Unter-nehmer die Leistung für Zwecke seiner besteuertenUmsätze bezieht. Zwischen dem Leistungsbezug undden zu erzielenden steuerpflichtigen Umsätzen mussein unmittelbarer und direkter Zusammenhang beste-hen.10) Bezieht der Unternehmer eine Leistung, bei derer bereits von vornherein beabsichtigt, diese nicht fürseine wirtschaftliche Tätigkeit, sondern für eine unent-geltliche Wertabgabe („Entnahme“) zu verwenden,steht die Leistung nicht in unmittelbarem Zusammen-hang mit seiner wirtschaftlichen Tätigkeit. In diesemFalle ist der Vorsteuerabzug nicht zu gewähren.

Im Streitfall betrieb die Klägerin, eine GmbH, einenMöbeleinzelhandel. Gesellschafter-Geschäftsführersind Dr. C und F, die in einer Entfernung von über500 km vom Geschäftssitz wohnten. Die GmbH miete-te in der Nähe des Geschäftssitzes drei Pavillons an,von denen zwei als Schlafbereich und der dritte als Kü-che und Wohnzimmer dienten. Sie stellte die Pavillonsunentgeltlich ihren Gesellschafter-Geschäftsführernzur Nutzung zur Verfügung, „solange sich der Ge-schäftsführer im Interesse der Gesellschaft in M auf-hält“. Sie hatte die Pavillons darüber hinaus mit Inven-tar ausgestattet und die monatlichen Energiekostenübernommen.

Das Finanzamt versagte der Klägerin den Vorsteuerab-zug aus den von ihr im Streitjahr 2004 getragenen In-ventarkosten mit der Begründung, in der Wohnungs-überlassung an die Geschäftsführer sei einesteuerfreie und daher nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStGden Vorsteuerabzug ausschließende Vermietung zusehen. Das FG hingegen versteuerte eine unentgeltli-che Wertabgabe an die Gesellschafter-Geschäftsfüh-rer.

Der BFH schloss sich beiden Auffassungen nicht anund entschied: Überlässt der Unternehmer einem Ge-schäftsführer unentgeltlich einen Wohn-Pavillon ein-schließlich Einrichtung, liegt dies auch dann nicht imüberwiegend unternehmerischen Interesse, wenneinkommensteuerrechtlich die Voraussetzungen einerdoppelten Haushaltsführung gegeben wären.

Hinweis: Nach ständiger Rechtsprechung des BFHliegt eine Entnahme aus unternehmensfremdenGründen dann nicht vor, wenn der Arbeitgeber an-lässlich einer Dienstreise oder einer sonstigen Aus-wärtstätigkeit Unterbringungsleistungen an den Ar-beitnehmer erbringt.11) In diesen Fällen wird dasprivate Wohnbedürfnis durch unternehmensbezoge-ne Gründe überlagert.

Eine überwiegend zu unternehmerischen Zweckendienende Übernahme von Übernachtungskostenliegt jedoch dann nicht vor, wenn der Unternehmerfür einen Geschäftsführer oder anderen Arbeitneh-mer langfristig eine Wohnung oder – wie im Streitfallaufwendig ausgestattete Pavillons – bereit hält unddamit das private Wohnbedürfnis deckt, und zwarauch dann nicht, wenn einkommensteuerrechtlicheine doppelte Haushaltsführung vorliegt.12)

Da die Klägerin die Wohnungen einschließlich derAusstattung nicht zum Zwecke der Erzielung steuer-pflichtiger Umsätze überlassen hat, sondern von vorn-herein zum Zwecke einer unentgeltlichen Wertab-gabe, die nicht (wie bei einer Dienstreise oderEinsatzwechseltätigkeit) durch überwiegend unter-nehmerische Zwecke bedingt war, war der Vorsteuer-abzug nach den Grundsätzen der BFH-Rechtspre-chung, die auch Eingang in Abschn. 15.15 UStAEgefunden haben, zu versagen.

Literatur: Behrens, Die unentgeltliche Wertabgabe –Gefahr des Missbrauchs einer rechtlichen Gestal-tungsmöglichkeit, NWB 2014, 985; Doege, Kfz-Gestel-lung in Fällen der umsatzsteuerlichen Organschaft,DStR 2014, 938; Tehler, Grenzüberschreitende unent-geltliche Wertabgaben, UVR 2014, 29; Wohlfarth, Be-steuerung und Abgrenzung von Betriebsveranstaltun-gen, BBK 2014, 472. [wt]

Nachweis der Voraussetzungen für denVorsteuerabzug bei Verlust der Rechnungen

BFH v. 23.10.2014, V R 23/13, BFH/NV 2015, 291.

MwStSystRL Art. 168 ff.; UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unterneh-mer die in Rechnungen i.S.d. § 14 UStG gesondert aus-gewiesene Steuer für Leistungen, die von einem ande-ren Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführtworden sind, als Vorsteuer abziehen. Das Recht aufVorsteuerabzug entsteht, wenn der Anspruch auf dieabziehbare Steuer entsteht, das ist der Zeitpunkt, indem die Leistung bewirkt wird. Das entstandene Rechtauf Vorsteuerabzug kann erst dann ausgeübt werden,wenn der Steuerpflichtige im Besitz einer ordnungsge-

10) BFH v. 22.12.2011, V R 29/10, BStBl II 2012, 441.11) BFH v. 21.7.1994 V R 21/92, BStBl II 1994, 881; vgl.

Abschn. 1.8 Abs. 4 Satz 3 Nr. 8 UStAE.12) BFH v. 30.11.1994, XI R 3/94, BStBl II 1995, 513.

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UVR-Aktuell UVR 2015 Nr. 3 69

mäßen Rechnung ist. Damit ist die Ausübung des Vor-steuerabzugs an den Besitz der Originalrechnung oderdes Dokuments geknüpft, das nach den vom jeweili-gen Mitgliedstaat festgelegten Kriterien als Rechnungbetrachtet werden kann.

Im Streitfall ist der Kläger Einzelunternehmer. I.R.e.Betriebsprüfung wurden die nicht durch Belegzweit-schriften nachgewiesenen Vorsteuerbeträge für denPrüfungszeitraum im Schätzungswege um 40 % ge-kürzt, nachdem der Kläger einer Aufforderung zurVorlage entsprechender Buchführungsunterlagennicht nachgekommen ist. Zur Begründung brachteder Kläger vor, dass der Transporter mit den gesamtenBuchungsunterlagen und der EDV-Anlage, auf der dieBuchführung gespeichert war, vom Betriebsgeländegestohlen worden sei.

Die nach erfolglosem Einspruch gegen die aufgrundder Betriebsprüfung ergangenen Umsatzsteuerbe-scheide erhobene Klage zum Finanzgericht (FG) hattekeinen Erfolg. Der BFH hat die Revision des Klägersals unbegründet zurückgewiesen und im Übrigen ent-schieden: Den Nachweis darüber, dass ein anderer Un-ternehmer Steuern für Lieferungen oder sonstige Leis-tungen gesondert in Rechnung gestellt hat, kann derUnternehmer mit allen verfahrensrechtlich zulässigenBeweismitteln führen. Einem Beweisantrag auf Ver-nehmung von Zeugen muss das FG nur dann nach-kommen, wenn dieser hinreichend substantiiert ist.Dies setzt voraus, dass er sich auf das Vorliegen vonOriginalrechnungen für konkret bezeichnete Ein-gangsleistungen bezieht.

Hinweis: Nach ständiger Rechtsprechung des BFHhat der Unternehmer, der den Vorsteuerabzug gel-tend macht, die Darlegungs- und Feststellungslastfür alle Tatsachen, die den Vorsteuerabzug begrün-den. Es ist daher Sache des Leistungsempfängersdarzulegen und nachzuweisen, dass der Vorsteuer-anspruch entstanden ist, er also Leistungen von ei-nem Unternehmer für sein Unternehmen bezogenhat. Weiterhin hat der Unternehmer darzulegenund nachzuweisen, dass er eine ordnungsgemäßeRechnung in Besitz hatte. § 15 Abs. 1 UStG erfor-dert dagegen nicht, dass das Abrechnungspapierauch noch in einem späteren Zeitpunkt vorhandenist.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH kann derUnternehmer beim Verlust der Originalrechnungden Nachweis, dass diese bei Geltendmachung desVorsteuerabzugs im Besitz des Unternehmers war,mit allen verfahrensrechtlich zulässigen Beweismit-teln führen. Als Beweismittel kommen in erster LinieKopien oder Zweitausfertigungen der Originalrech-nung in Betracht. Nicht ausreichend ist dagegen imRegelfall die Kopie eines Vorsteuerkontos aus derBuchführung.

Im Streitfall fehlte es dagegen bereits an den Voraus-setzungen für die Entstehung des Rechts auf Vor-steuerabzug. Den der Kläger hat weder dargelegtnoch nachgewiesen, welche konkreten Leistungener von anderen Unternehmen für sein Unternehmentatsächlich bezogen hat.

Literatur: Gluth/Rund, Fallstricke in der Steuerbera-tungspraxis 2013/2014, GmbH-StB Sonderheft 2014,3; Pohl, Aktuelle Brennpunkte beim Vorsteuerabzug,DB 2014, 1703; Vogler, Das Bestellerprinzip – nichtbei Spielervermittlern, MwStR 2014, 288; Wager, An-zahlung, Vorsteuerabzug und Berichtigung, UVR2014, 318. [wt]

Keine Entgeltminderung bei Drittrabatteninnerhalb einer im anderen Mitgliedstaat derEU beginnenden Lieferkette

BFH v. 4.12.2014, V R 6/13, DStR 2015, 296.

MwStSystRL Art. 73, 83; UStG § 17.

Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuer-pflichtigen Umsatz i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geän-dert, so hat nach § 17 Abs. 1 UStG der Unternehmer,der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschul-deten Steuerbetrag zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 1UStG). Ebenfalls ist der Vorsteuerabzug bei dem Un-ternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt wurde,zu berichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 UStG). Dies giltnicht, soweit er durch die Änderung der Bemessungs-grundlage wirtschaftlich nicht begünstigt wird (§ 17Abs. 1 Satz 3 UStG). Wird in diesen Fällen ein andererUnternehmer durch die Änderung der Bemessungs-grundlage wirtschaftlich begünstigt, hat dieser Unter-nehmer seinen Vorsteuerabzug zu berichtigen (§ 17Abs. 1 Satz 4 UStG). Vorstehende Grundsätze geltenauch in den Fällen des innergemeinschaftlichen Er-werbs und der Übertragung der Steuerschuld auf denLeistungsempfänger.

Im Streitfall bildete die Klägerin, eine GmbH mit Un-ternehmensgegenstand Planung und Herstellung vonKommunikationsnetzen, mit den Firmen A, B, C und Deine Einkaufsgemeinschaft für den Erwerb von Warenvon der in UK ansässigen X-Ltd (X). Die Mitglieder derEinkaufsgemeinschaft, so auch die Klägerin, erwarbendie Waren bei unterschiedlichen Großhändlern im In-land unter Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs. Xzahlte für die Einkäufe aller Mitglieder der Einkaufs-gemeinschaft quartalsweise einen Rabatt an A aus. Aermittelte dann den Anteil jedes Mitglieds der Ein-kaufsgemeinschaft anhand der jeweiligen Einkäufeund leitete die Rabatte entsprechend auch an die Klä-gerin weiter.

Strittig war, ob die von X gewährten Rabatte zu einerVorsteuerkürzung bei der Klägerin führen. Finanzamtund Finanzgericht sahen darin eine Minderung derBemessungsgrundlage mit der Folge der Vorsteuerkür-zung bei der Klägerin. Dagegen entschied der BFH:Die Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 1 Satz 4UStG setzt ebenso wie die des § 17 Abs. 1 Satz 2 UStGeine Änderung der Bemessungsgrundlage für einensteuerpflichtigen Umsatz voraus.

Gewährt der in einem anderen Mitgliedstaat ansässi-ge erste Unternehmer einer Lieferkette, der einesteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung an ei-nen im Inland ansässigen Unternehmer erbringt,dem letzten Unternehmer der Lieferkette einen Ra-batt, so ändert sich dadurch weder die Bemessungs-grundlage für die innergemeinschaftliche Lieferungdes ersten Unternehmers noch für den damit korre-

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spondierenden innergemeinschaftlichen Erwerb sei-nes Abnehmers.

Die Berichtigungspflicht nach § 17 Abs. 1 Satz 2 UStGbetrifft nur die am Leistungsaustausch unmittelbar be-teiligten Unternehmer.

Hinweis: Mit der aktuellen Entscheidung greift derV. Senat des BFH die Grundsätze des Urteils des XI.Senats vom 5.6.201413) zu Drittrabatten durch aus-ländische Hersteller auf und setzt sie im Hinblickauf die Anwendbarkeit bei innergemeinschaftlichenErwerben konsequent fort.

Durch § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG hat der Gesetzgeber§ 17 UStG an die EuGH-Rechtsprechung im Urteil„Elida Gibbs“14) angepasst.15) In den Gesetzesmate-rialien (BR-Drucks. 605/04, 69 f.) wird ausgeführt,dass für Unternehmer, die auf den Produktions-und Vertriebsstufen vor der Endverbrauchsstufe tä-tig seien, die Umsatzbesteuerung neutral sein müs-se. Unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes dür-fe dem Fiskus aus allen Umsatzgeschäften von derProduktion bis zum Endverbraucher insgesamt nurder Umsatzsteuerbetrag zufließen, den der Endver-braucher wirtschaftlich aufwende.

Hieraus folgt, dass § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG dazudient, beim wirtschaftlich begünstigten Unterneh-mer durch eine Vorsteuerkorrektur den nach § 17Abs. 1 Satz 1 UStG geminderten Steuerbetrag aus-zugleichen. Der Anwendung dieser Korrekturvor-schrift bedarf es jedoch nicht, soweit es an einer Min-derung des Steuerbetrags i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1UStG fehlt.

Erstattet der erste Unternehmer in einer steuer-pflichtigen Lieferkette im Inland dem letzten Abneh-mer einen Teil des von diesem gezahlten Leistungs-entgelts oder gewährt er ihm einen Preisnachlass,mindert sich dadurch grundsätzlich die Bemes-sungsgrundlage für den Umsatz des ersten Unter-nehmers.

Der erste Unternehmer kann daher den für seinensteuerpflichtigen Umsatz an seinen Abnehmer dernächsten Stufe geschuldeten Steuerbetrag nach§ 17 Abs. 1 Satz 1 UStG zu seinen Gunsten berichti-gen.

Ist der Umsatz des ersten Unternehmers jedoch imInland nicht steuerbar, sondern als innergemein-schaftliche Lieferung im EU-Ausland steuerfrei, fehltes an einer Minderung der Bemessungsgrundlageund der darauf entfallenen Steuer.

Infolgedessen fehlt es an den Voraussetzungen, andie die Vorsteuerkorrektur nach § 17 Abs. 1 Sätze 1und 2 UStG anknüpft als auch an derselben Voraus-setzung, an die die Vorsteuerkorrektur nach § 17Abs. 1 Satz 4 UStG anknüpft: Die Änderung der Be-messungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Um-satz.

Literatur: Gissel, Kehrtwende für die bisherige BFH-Rechtsprechung zur Verkaufsförderung durch Vermitt-ler, UR 2014, 222; Neeser, Was bleibt von Elida Gibbs?,UVR 2014, 220; Vobbe, Anmerkung zu einer Entschei-dung des EuGH vom 16.01.2014, MwStR 2014, 131. [wt]

Verwaltung

Steuersatz auf die Umsätze aus derVerabreichung von Heilbädern

BMF v. 28.10.2012, IV D 2 – S 7243/07/10002-02, BStBlI 2014, 1439.

UStG § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1.

Ab 1.7.2015 werden Saunabäder voraussichtlich teu-rer, weil ab diesem Zeitpunkt der allgemeine Steuer-satz anzuwenden ist. Während die Finanzverwaltungbisher akzeptiert hatte, dass Saunabäder der Gesund-heit dienen und damit steuerbegünstigt sind (Steuer-satz von 7 % nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG), reicht diesab 1.7.2015 nicht mehr aus. Für ab diesem Zeitpunktausgeführte Umsätze ist für die Frage, ob der ermäßig-te Steuersatz angewendet werden kann, die Richtliniedes Gemeinsamen Bundesausschusses über die Ver-ordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Ver-sorgung (Heilmittel-Richtlinie/HeilM-RL in der jeweilsgeltenden Fassung) in Verbindung mit dem sog. Heil-mittelkatalog maßgeblich. Entscheidend ist danach,dass die Verabreichung des Heilbads nach diesen Vor-schriften als Heilmittel verordnungsfähig ist, unabhän-gig davon, ob eine ärztliche Verordnung tatsächlichvorliegt. Nur dann wird angenommen, dass die Verab-reichung eines Heilbads i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStGder Behandlung einer Krankheit oder einer anderenGesundheitsstörung und damit dem Schutz dermenschlichen Gesundheit dient.

DieFinanzverwaltunghatAbschn. 12.11UStAEentspre-chend angepasst. Begünstigt sind danach beispielsweisenur noch Peloidbäder und -packungen, Inhalationen,Elektrotherapie, Heilmassage, Heilgymnastik und Un-terwasserdruckstrahl-Massagen. Nicht begünstigt sinddanach z.B. Höhlen-/Speläotherapie, nicht-invasive Ma-gnetfeldtherapie, Fußreflexzonenmassage, Akupunk-turmassage und Atlas-Therapie nach Arlen, Massagendes ganzen Körpers (Ganz- bzw. Vollmassagen), Massa-gen mittels Geräten sowie Unterwassermassagen mittelsautomatischer Düsen, sofern es sich nicht um eine Heil-massage handelt, Teil- und Wannenbäder, soweit sienichtnachdenVorgabendesHeilmittelkatalogesverord-nungsfähig sind, Sauna, römisch-irische und russisch-rö-mische Bäder, Bodybuilding und Fitness-Training, Floa-ting-Bäder, Heubäder, Schokobäder, Kleopatrabäder,Aromabäder, Meerwasserbäder, Lichtbehandlungen,Garshan und Reiki.

Hinweis: Nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG ermä-ßigt sich die Steuer auf 7 % für die unmittelbar mitdem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Um-sätze sowie die Verabreichung von Heilbädern. Be-reits mit Urteil vom 12.5.200516) hatte der BFH ent-schieden, dass die Verabreichung eines Heilbadsi.S.v. § 12 Abs. 2 Nr. 9 UStG der Behandlung einerKrankheit oder einer anderen Gesundheitsstörungund damit dem Schutz der menschlichen Gesundheitdienen muss. Dagegen wurde es nach bislang gel-

13) BFH v. 5.6.2014, XI R 25/12, UVR 2014, 294.14) EuGH v. 24.10.1996, Elida Gibbs, C-317/94, Slg. 1996, I-5339,

BStBl II 2004, 324.15) Vgl. dazu BFH v. 15.2.2012, XI R 24/09, BStBl II 2013, 712 =

BFHE 236, 267 Rz. 28.16) BFH v. 12.5.2005, V R 54/02, BStBl II 2007, 283.

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UVR-Aktuell UVR 2015 Nr. 3 71

tender Verwaltungsauffassung für ausreichend er-achtet, dass die verabreichten Heilbäder ihrer Artnach allgemeinen Heilzwecken dienen. Der Nach-weis eines bestimmten Heilzweckes war im Einzel-fall nicht erforderlich, insbesondere bedurfte es nichteiner ärztlichen Verordnung. Damit konnte für dieVerabreichung von Saunabädern regelmäßig dieVergünstigung des § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG inAnspruch genommen werden. Erst fast 10 Jahrenach Ergehen des BFH-Urteils hat die Finanzverwal-tung nunmehr die Konsequenzen aus dieser Recht-sprechung gezogen.

Literatur: Nieskoven, Weiterhin ermäßigter Umsatz-steuersatz für Saunen trotz gegenteiliger BFH-Recht-sprechung!, GStB 2007, 235. [jk]

Umsatzsteuerbefreiung der Leistungen vonTagespflegepersonenBMF v. 8.12.2014, IV D 3 – S 7183/07/10001(2014/1067000), BStBl I 2014, 1619.

UStG § 4 Nr. 25 Satz 2 Buchst. b Doppelbuchst. cc.

Durch das Gesetz zur Anpassung des nationalen Steu-errechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Än-derung weiterer steuerlicher Vorschriften vom25.7.2014 wurde der Verweis in § 4 Nr. 25 Satz 2Buchst. b Doppelbuchst. cc UStG zur Anerkennung ei-ner begünstigten Kindertagespflegeperson im Nach-gang zur Neufassung des § 24 SGB VIII im Rahmendes Gesetzes zur Förderung von Kindern unter dreiJahren in Tageseinrichtungen und in Kindertagespfle-ge (Kinderförderungsgesetz – KiföG) geändert. DieÄnderung ist am 31.7.2014 in Kraft getreten. Das vor-liegende BMF-Schreiben enthält die entsprechendeAnpassung von Abschn. 4.25.1 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2Satz 1 Buchst. d UStAE.

Danach sind die vorgenannten Leistungen steuerfrei,wenn sie durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe (§ 69SGB VIII) oder andere Einrichtungen mit sozialem Cha-rakter erbracht werden. Dazu zählen außer den aner-kannten Träger der freien Jugendhilfe, den Kirchen undReligionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts sowieden amtlich anerkannten Verbände der freien Wohl-fahrtspflege nach § 23 UStDV auch bestimmte weitereEinrichtungen soweit sie Leistungen der Kindertages-pflege erbringen, für die die Einrichtungen nach § 23Abs. 3 SGB VIII geeignet sind und aufgrund dessen nach§§ 24 i.V.m. § 23 Abs. 1 SGB VIII vermittelt werden kön-nen. Da der Befreiungstatbestand insoweit allein daraufabstellt, dass die Einrichtung nach § 23 Abs. 3 SGB VIIIals Tagespflegeperson geeignet ist, greift die Steuerbe-freiung somit auch in den Fällen, in denen die Leistung„privat“, also ohne Vermittlung durch das Jugendamt,nachgefragt wird. Zu den Einrichtungen gehören auchnatürliche Personen

Hinweis: Die Grundsätze dieses Schreibens sind aufUmsätze anzuwenden, die von Einrichtungen er-bracht werden, für die nach dem 30.7.2014 aufgrundihrer Eignung nach § 23 Abs. 3 SGB VIII als Tages-pflegeperson die Möglichkeit der Vermittlungbesteht. Es wird jedoch nicht beanstandet, wennsich ein Unternehmer für Umsätze, die nach dem31.7.2013 erbracht werden, auf die Grundsätze die-

ses Schreibens beruft, sofern für ihn im Zeitpunktdes Umsatzes aufgrund seiner Eignung nach § 23Abs. 3 SGB VIII die Möglichkeit der Vermittlung be-stand.

Literatur: Wust, Anerkennung als Einrichtung mit so-zialem Charakter für Leistungen der Kinder- und Ju-gendhilfe nach der sog. Vergütungsregelung, MwStR2014, 166. [jk]

Verpflegungsleistungen beiBeherbergungsumsätzenBMF v. 9.12.2014, IV D 2 – S 7100/08/10011 :009(2014/1061870), BStBl I 2014, 1620.

UStG § 12 Abs. 2 Nr. 11.

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG ermäßigt sich dieSteuer für Umsätze aus der Vermietung von Wohn-und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristi-gen Beherbergung von Fremden bereithält (vor allemHotelumsätze). Die Steuerermäßigung gilt nach § 12Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG allerdings nicht für Leistun-gen, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen,auch wenn es sich um Nebenleistungen zur Beherber-gung handelt und diese mit dem Entgelt für die Ver-mietung abgegolten sind (sog. Aufteilungsgebot, vgl.Abschn. 12.16 Abs. 8 Satz 1 UStAE). Der Grundsatz,dass die (unselbständige) Nebenleistung das Schicksalder Hauptleistung teilt, wird von dem Aufteilungsge-bot verdrängt. Denn das gesetzlich normierte Auftei-lungsgebot für einheitliche Leistungen geht den allge-meinen Grundsätzen zur Abgrenzung von Haupt- undNebenleistung vor. Dies hat der BFH mit Urteil vom24.4.201317) bestätigt.

Bereits mit Urteil vom 15.1.200918) hatte der BFH ent-schieden, dass es sich bei der Verpflegung von Hotel-gästen um eine Nebenleistung zur Übernachtunghandelt. Die Verwaltung hatte diese Entscheidung al-lerdings über den Einzelfall hinaus nicht angewen-det.19) Mit dem vorliegenden BMF-Schreiben wirdmitgeteilt, dass an dieser Auffassung nicht mehr fest-gehalten wird.

Es bleibt aber dabei, dass nur die unmittelbar der Ver-mietung (Beherbergung) dienenden Leistungen demermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen. Verpfle-gungsleistungen gehören nicht dazu; sie sind dem all-gemeinen Steuersatz zu unterwerfen. Das gilt auchdann, wenn die Übernachtungs- und Verpflegungs-leistungen zu einem Pauschalpreis angeboten werden.Ggf. ist ein pauschaler Gesamtpreises aufzuteilen (vgl.hierzu Abschn. 12.16 Abs. 11 und 12 UStAE).

Hinweis: Hinsichtlich des Ortes der sonstigen Leis-tung ergibt sich Folgendes:

Bei der Unterbringung im Hotel handelt es sich umeine sonstige Leistung der in § 4 Nr. 12 UStG be-zeichneten Art, die nach § 3a Abs. 3 Nr. 1 Satz 2Buchst. a UStG nicht steuerbar ist, wenn das Hotelim Ausland liegt. Damit fallen die Verpflegungsleis-tungen als Nebenleistungen auch darunter. Handelt

17) BFH v. 24.4.2013, XI R 3/11, BStBl II 2014, 86.18) BFH v. 15.1.2009, V R 9/06, BStBl II 2010, 433.19) BMF v. 4.5.2010, IV D 2 – S 7100/08/10011 :009

(2010/0323351), BStBl I 2010, 490.

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es sich bei den Verpflegungsleistungen nicht um Ne-benleistungen zur Unterbringung, sind diese eben-falls nicht steuerbar, wenn sie vom Unternehmer imAusland abgegeben werden (§ 3a Abs. 3 Nr. 3Buchst. b UStG)

Die Grundsätze des vorliegenden Schreibens sind inallen offenen Fällen anzuwenden. Es wird jedochauch für Zwecke des Vorsteuerabzuges nicht bean-standet, wenn für vor dem 1.1.2015 ausgeführte Um-sätze der Unternehmer Verpflegungsleistungen un-ter Berufung auf das BMF- Schreiben vom 4.5.2010als selbständige Leistung behandelt hat.

Literatur: Meurer, Regelsteuersatz für Frühstücksleis-tungen an Hotelgäste, MwStR 2014, 34; von Streit, Ein-heitliche Umsätze und „Aufteilungsgebot“ – BFH-Urteilzu Frühstück und Übernachtung – Auswirkungen desBFH-Urteils XI R 3/11 vom 24.4.2013 auf den Begriffder einheitlichen Leistungen –, UStB 2014, 19. [jk]

Besteuerung von Umsätzen mitKunstgegenständen und SammlungsstückenBMF v. 18.12.2014, IV D 2 – S 7246/14/10001, IV D 2 S7421/13/10001 (2014/1108052), BStBl I 2015, 44.

UStG § 12 Abs. 2 Nr. 12 und Nr. 13, § 15a, § 25a.

Durch das AmtshilfeRLUmsG wurde der Anwendungs-bereich des ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Umsätzemit Kunstgegenständen und Sammlungsstücken an dieunionsrechtlichen Vorgaben in Art. 103 MwStSystRL an-gepasst (vgl. § 12 Abs. 2 Nr. 12 und 13 UStG). DanebenwurdedurchArt. 10Nr. 12AmtshilfeRLUmsGeineRege-lung zur Ermittlung einer besonderen Bemessungs-grundlage in den Fällen differenzbesteuerter Umsätzemit Kunstgegenständen geschaffen (vgl. § 25a Abs. 3Satz 2 UStG n.F., sog. „Pauschalmarge“). Die Änderun-gensindam1.1.2014inKraftgetreten. Hierzu hatdieVer-waltung nunmehr den Einführungserlass vorgelegt. Da-nach gilt Folgendes:

Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für Umsätzemit Kunstgegenständen und Sammlungsstücken

Der sachliche und persönliche Anwendungsbereichdes ermäßigten Steuersatzes für nach dem 31.12.2013ausgeführte Umsätze mit Kunstgegenständen undSammlungsstücken bestimmt sich ausschließlich nach§ 12 Abs. 2 Nr. 12 und 13 UStG. Die sachlichen Voraus-setzungen für die Anwendung der Steuerermäßigungergeben sich für Kunstgegenstände weiterhin ausNr. 53 der Anlage 2 zum UStG und für Sammlungsstü-cke aus Nr. 49 Buchst. f (Briefmarken) sowie Nr. 54 derAnlage 2 zum UStG. Die Regelungen des BMF-Schrei-bens v. 5.8.2004, IV B 7 – S 7220 – 46/04, BStBl I 2004,638, zur Abgrenzung der begünstigten Kunstgegen-stände und Sammlungsstücke nach den Vorschriftendes Zolltarifs sind grundsätzlich weiter anzuwenden.

Umsätze aus der Vermietung von Briefmarken, Kunst-gegenständen und Sammlungsstücken sind nach § 12Abs. 2 Nr. 2 UStG nicht begünstigt und unterliegendem allgemeinen Umsatzsteuersatz.

Zu den Umsätzen mit Kunstgegenständen (Nr. 53 derAnlage 2 zum UStG) gilt Folgendes:

Begünstigt sind die Einfuhr sowie bei Vorliegen weite-rer Voraussetzungen die Lieferungen und der innerge-

meinschaftliche Erwerb von Gegenständen, die in derNr. 53 der Anlage 2 zum UStG aufgeführt sind (§ 12Abs. 2 Nr. 12 und 13 UStG).

Die Lieferungen und der innergemeinschaftliche Er-werb von Kunstgegenständen fallen nur dann unterdie Steuerermäßigung, wenn neben den sachlichenVoraussetzungen der Nr. 53 der Anlage 2 zum UStGeine der in § 12 Abs. 2 Nr. 13 Buchst. a und b UStG ge-nannten persönlichen Voraussetzungen erfüllt ist. Beider Prüfung der persönlichen Voraussetzungen iststets auf den Lieferer abzustellen. Dies gilt auch inden Fällen des innergemeinschaftlichen Erwerbs.

Der ermäßigte Umsatzsteuersatz kommt vor allem zurAnwendung, wenn die Lieferung vom Urheber desKunstgegenstands oder dessen Rechtsnachfolger be-wirkt wird (wird im BMF-Schreiben näher ausgeführt).

Bei der Lieferungen durch andere Personen kommt derermäßigte Umsatzsteuersatz nur dann zur Anwen-dung, wenn die Lieferung von einem Unternehmer be-wirkt wird, der kein Wiederverkäufer ist und der Ge-genstand

– vom Unternehmer in das Gemeinschaftsgebiet ein-geführt wurde,

– von seinem Urheber oder dessen Rechtsnachfolgeran den Unternehmer geliefert wurde oder

– den Unternehmer zum vollen Vorsteuerabzug be-rechtigt hat.

Die Definition des Wiederverkäufers in § 25a Abs. 1Nr. 1 Satz 2 UStG gilt auch für Zwecke der Umsatz-steuerermäßigung (wird näher ausgeführt)

Die Anwendung der Steuerermäßigung für Samm-lungsstücke ist auf die Einfuhr von Gegenständen be-schränkt, die in Nr. 49 Buchst. f und Nr. 54 der Anlage2 zum UStG aufgeführt sind (§ 12 Abs. 2 Nr. 13 UStG).Lieferungen im Inland und innergemeinschaftlicheErwerbe von Sammlungsstücken unterliegen dem all-gemeinen Umsatzsteuersatz, auch wenn der einzelneGegenstand unter Nr. 49 Buchst. f oder Nr. 54 der An-lage 2 zum UStG fällt.

Anwendung der Differenzbesteuerung auf die Liefe-rungen von Kunstgegenständen (§ 25a UStG)

Nach § 25a Abs. 2 Satz 1 UStG kann der Wiederver-käufer spätestens bei Abgabe der ersten Voranmel-dung eines Kalenderjahres gegenüber dem Finanzamterklären, dass er die Differenzbesteuerung von Beginndieses Kalenderjahres an u.a. auch auf folgende Ge-genstände anwendet:

– Kunstgegenstände i.S.d. Nr. 53 der Anlage 2, die erselbst eingeführt hat, oder

– Kunstgegenstände, wenn die Lieferung an ihn steu-erpflichtig war und nicht von einem Wiederverkäu-fer ausgeführt wurde.

Die Abgabe der Erklärung nach § 25aAbs. 2 Satz 1 UStGführt gemäߧ 25aAbs. 5 Satz 3 UStG dazu, dass der Wie-derverkäufer nicht berechtigt ist, dieEinfuhrumsatzsteu-er, die gesondert ausgewiesene Steuer oder die nach§ 13b Abs. 5 UStG geschuldete Steuer für die an ihn aus-geführte Lieferung des Kunstgegenstands als Vorsteuerabzuziehen. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs fürvor dem 1.1.2014 erworbene Kunstgegenstände i.S.d.§ 25a Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG ist nach allgemeinen

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UVR-Aktuell UVR 2015 Nr. 3 73

Grundsätzen des § 15a UStG unter Beachtung der Rege-lungen in den §§ 44 und 45 UStDV vorzunehmen. BeiKunstgegenständen,dienureinmaligzurAusführungei-nes Umsatzes verwendet werden, erfolgt die Berichti-gunggemäߧ 15aAbs. 2UStGfürdenBesteuerungszeit-raum, in dem das Wirtschaftsgut unter den Bedingungendes § 25a UStG geliefert wird. Eine Berichtigung unter-bleibt, wenn der Unternehmer bei der Lieferung desKunstgegenstandes gemäß § 25a Abs. 8 Satz 1 UStG aufdie Anwendung der Differenzbesteuerung verzichtetoder nach Ablauf der Bindungsfrist des § 25a Abs. 2Satz 2 UStG zur Anwendung der allgemeinen Regelun-gen des UStG zurückkehrt und den Kunstgegenstanderst danach liefert.

Pauschalmarge in den Fällen differenzbesteuerterUmsätze mit Kunstgegenständen (§ 25a Abs. 3 Satz 2UStG)

Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 25a Abs. 1UStG oder nach Abgabe einer Erklärung des Unterneh-mers nach § 25a Abs. 2 UStG kommen die Regelungenzur Differenzbesteuerung zur Anwendung. Im RahmenderDifferenzbesteuerungwirdderUmsatzgrundsätzlichnach dem Betrag bemessen, um den der Verkaufspreisden Einkaufspreis für den Gegenstand übersteigt (§ 25aAbs. 3 Satz 1 UStG). Abweichend hiervon ist dieser Be-trag im Falle einer nach dem 31.12.2013 ausgeführtenLieferung eines Kunstgegenstands gemäß § 25a Abs. 3Satz 2 UStG mit 30 % des Verkaufspreises anzusetzen,wenn sich derEinkaufspreisdes Kunstgegenstands nichtermitteln lässt oder der Einkaufspreis unbedeutend ist(„Pauschalmarge“).

Hinweis: Der UStAE wurde in Abschn. 12.1, 15a.2 und25a.1 entsprechend geändert, wobei in Abschn. 12.1Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 lediglich auf das vorliegendeBMF-Schreiben verwiesen wird.

Die in Abschnitt I. dargestellten Regelungen des vor-liegenden BMF-Schreibens sind auf nach dem31.12.2013ausgeführteUmsätzeanzuwenden.DieÄn-derungen des UStAE in Abschn. II des vorliegendenBMF-Schreibens sind grundsätzlich auf nach dem31.12.2013 ausgeführte Umsätze anzuwenden. Hier-von abweichend sind die Änderungen in Abschn. 12.1Abs. 1, Abschn. 15a.2 Abs. 2 und Abschn. 25a.1 Abs. 7UStAE in allen offenen Fällen anzuwenden.

Literatur: Huschens, Änderungen des UStG durch dasAmtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz – Kunstgegen-stände, ERIC und redaktionelle Anpassungen –, NWB2013, 2314; Unverdorben, Der deutsche Kunsthandelentdeckt die Differenzbesteuerung – Über die Folgendes Wegfalls des ermäßigten Umsatzsteuersatzes,MwStR 2014, 191. [jk]

Steuerschuldnerschaft desLeistungsempfängers auf Lieferungen vonEdelmetallen, unedlen Metallen Selen undCermets; Erweiterung derNichtbeanstandungsregelungBMF v. 22.1.2015, IV D 3 – S 7279/14/10002-02(2015/0028521), www.bundesfinanzministerium.de.

UStG § 13b Abs. 2 Nr. 11.

Durch das ZollkodexAnpG vom 22.12.2014 war § 13bAbs. 2 Nr. 11 UStG und die Anlage 4 des UStG zum

1.1.2015 geändert worden. Der Anwendungsbereichder Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängersauf Metalllieferungen wurde dabei eingeschränkt. Sosind Selen und Gold sowie Draht, Stangen, Bänder, Foli-en, Bleche und andere flachgewalzte Erzeugnisse undProfile aus unedlen Metallen nicht mehr in der Anlage 4des UStG enthalten. Außerdem wurde entsprechend derbereits bestehenden Regelung des § 13b Abs. 2 Nr. 10UStG zur Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfän-gers u.a. für die Lieferung von Mobilfunkgeräten auchbei Lieferungen von in der Anlage 4 genannten Metallendie Betragsgrenze von 5 000j eingeführt.

Zur Vermeidung von Umstellungsschwierigkeiten beiden Unternehmern, die die mit Wirkung vom 1.10.2014eingeführte Steuerschuldnerschaft des Leistungsemp-fängers auf Lieferungen von Edelmetallen, unedlenMetallen, Selen und Cermets bereits auf vor dem1.1.2015 ausgeführte Umsätze angewendet haben,wird die bis zum 30.6.2015 geltende Nichtbeanstan-dungsregelung20) um die vorgenannten Fälle erweitert.

Hierzu wurde die bestehende Übergangsregelung fürLieferungen von Edelmetallen, unedlen Metallen, Se-len und Cermets neu gefasst.

Hinweis: Danach istesbeiLieferungenvonEdelmetal-len (mit Ausnahme der Lieferungen von Gold, soweitsie bereits vor dem 1.10.2014 unter § 13b Abs. 2 Nr. 9UStG fielen), unedlen Metallen, Selen und Cermets,die nach dem 30.9.2014 und vor dem 1.7.2015 ausge-führt werden, beim leistenden Unternehmer und beimLeistungsempfänger nicht zu beanstanden, wenn dieVertragspartner einvernehmlich noch von der Steuer-schuldnerschaft des leistenden Unternehmers nach§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG ausgegangen sind. Vorausset-zung hierfür ist, dass der Umsatzvomleistenden Unter-nehmer in zutreffender Höhe versteuert wird.

Dies gilt entsprechend auch in den Fällen, in denen dasEntgelt oder ein Teil des Entgelts nach dem 30.9.2014und vor dem 1.7.2015 vereinnahmt wird und die Leis-tung erst nach der Vereinnahmung des Entgelts odervon Teilen des Entgelts ausgeführt wird.

Bei Lieferungen von Edelmetallen, unedlen Metallen,Selen und Cermets, die nach dem 31.12.2014 und vordem1.7.2015ausgeführtwerden, istesbeimleistendenUnternehmer und beim Leistungsempfänger nicht zubeanstanden, wenn die Vertragspartner einvernehm-lich die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfän-gers angewendet haben, obwohl unter Berücksichti-gung der Neufassung des § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStGund der Anlage 4 des UStG zum 1.1.2015 der leistendeUnternehmer Steuerschuldner wäre.

Dies gilt entsprechend auch in den Fällen, in denen dasEntgelt oder ein Teil des Entgelts nach dem 31.12.2014und vor dem 1.7.2015 vereinnahmt wird und die Leis-tung erst nach der Vereinnahmung des Entgelts odervon Teilen des Entgelts ausgeführt wird.

Literatur: Weber, Änderungen des Umsatzsteuerrechtsdurch das Zollkodex-Anpassungsgesetz, UVR 2015, 45. [jk]

20) Vgl. BMF v. 26.9.2014, IV D 3 – S 7279/14/10002(2014/0847817), BStBl I 2014, 1297; BMF v. 5.12.2014, IV D 3– S 7279/14/10002 (2014/1071127), BStBl I 2014, 1618; vgl.hierzu auch die Ausführungen in UVR 2014, 328 und UVR2015, 9.

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74 UVR 2015 Nr. 3 UVR-Aktuell

Grunderwerbsteuer

Bearbeiter: Ministerialrat a.D. Raymond Halaczinsky,Bonn [rh]

Rechtsprechung

Einheitlicher Erwerbsvorgang imGrunderwerbsteuerrecht

BFH v. 1.10.2014, II R 32/13, BFH/NV 2015, 230; BFH v.1.10.2014, II R 20/13, ZfIR 2015, 77.

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1.

Im Streitfall II R 32/12 kauften die Kläger von dem ih-nen persönlich bekannten S ein ihm gehörendes unbe-bautes Grundstück. S war zugleich Gesellschafter undGeschäftsführer der S-GmbH. Die S-GmbH erstellteeinen Lageplan und eine Bauzeichnung über die Er-richtung eines Einfamilienhauses auf dem angebote-nen Grundstück. Ende 2005 schlossen die Kläger mitder S-GmbH einen entsprechenden Bauvertrag ab.Am 4.1.2006 erklärten die Kläger gegenüber derS-GmbH die Kündigung des Bauvertrages. Zugleichteilten sie mit, sie hofften, auf das Angebot zu einemspäteren Zeitpunkt zurückkommen zu können. Im Ja-nuar 2006 erwarben die Kläger das von S angeboteneGrundstück. Im Februar 2006 schlossen die Kläger er-neut einen Bauvertrag mit der S-GmbH über die Er-richtung eines Einfamilienhauses. Dazu entschied derBFH, dass der Erwerb eines bebauten Grundstücksvorliege und Grunderwerbsteuer nach den Grundsät-zen des „einheitlichen Vertragswerks“ sowohl für denGrundstückserwerb wie auch für die Gebäudeerrich-tungskosten zu zahlen sei. Der objektiv sachliche Zu-sammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertragund weiteren Vereinbarungen werde indiziert, weildie Veräußererseite dem Erwerber vor Abschluss desKaufvertrags über das Grundstück ein bestimmtes Ge-bäude zusammen mit dem Grundstück zu einem imWesentlichen feststehenden Preis angeboten hatteund der Erwerber dieses Angebot später unverändertoder mit geringen Abweichungen angenommen habe.Für die Indizwirkung reiche es aus, dass das Angebotzur Errichtung des Gebäudes zum Zeitpunkt des Ab-schlusses des Grundstückskaufvertrages noch in tat-sächlicher Hinsicht bestanden habe; eine rechtlicheWirksamkeit des Angebots sei insoweit nicht erforder-lich gewesen.

Im Streitfall II R 20/13 erwarb die Klägerin am30.5.2006 einen näher bestimmten Haustyp (sog.Stadtvilla) zu einem Festpreis i.H.v. 97 200 j. In demAngebot wurde das konkrete Baugrundstück mit Stra-ßennamen und Hausnummer näher bezeichnet undauf den Freiflächenplan zu diesem Grundstück ver-wiesen. Das Angebot enthält den Zusatz, dass es „zumVertrag werde“, wenn die Finanzierungszusage einerBank vorliege und das Grundstück notariell erworbensei. Durch notariell beurkundeten Vertrag vom7.7.2006 erwarb sie von der D-AG das Grundstück zueinem Gesamtkaufpreis i.H.v. 47 955 j. Die A-GmbHbestätigte am 10.7.2006 die Annahme des Bauauftragsder Klägerin vom 30.5.2006. Die Frage war, ob Grund-erwerbsteuer nur für den Erwerb des Grund und Bo-

dens oder auch für den Erwerb der des Gebäudes zuzahlen ist. Dazu entschied der BFH: Ergibt sich ausweiteren Vereinbarungen, die mit dem Grundstücks-kaufvertrag in einem rechtlichen oder zumindestobjektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass derErwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbe-baute Grundstück in bebautem Zustand erhält, beziehtsich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgangauf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand. Dass derBauvertrag unter der aufschiebenden Bedingung desAbschlusses des Grundstückskaufvertrags und der Fi-nanzierungszusage einer Bank stand, steht der Annah-me eines einheitlichen Erwerbsvorgangs nicht entge-gen.

Hinweis: In den Urteilsgründen fasst der BFH seineRechtsprechung zum „einheitlichen Vertragswerk“mit Hinweisen auf die bisherige Rspr. zusammen. Inden Urteilsgründen verteidigt er gegenüber dem FGNiedersachsen21) die Rechtsauffassung, dass Recht-sprechung des BFH zum „einheitlichen Erwerbsge-genstand“ im GrEStG eine Rechtsgrundlage findeund nicht gegen die Einheit der SteuerrechtsordnungsowiegegendasverfassungsrechtlicheGleichbehand-lungsgebot und gegen Unionsrecht verstoße.22)

Literatur: Heine, Belastung des Bauherrn mit Grund-erwerbsteuer beim einheitlichen Vertragswerk, UVR2013, 22; Heine, Die unendliche Geschichte, UVR2012, 243; Klein, Das „einheitliche Vertragswerk“ zwi-schen Grunderwerbsteuer und Umsatzsteuer, DB 2014,208. [rh]

Keine Grunderwerbsteuerbefreiung fürÜbertragung von Grundbesitz durch Gemeindean gemeinnützigen VereinFG Nürnberg v. 16.10.2014, 4 K 1315/12, EFG 2015,148.

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 2, § 4.

Die unentgeltliche Übertragung von Grundbesitz, derfür einen gemeindlichen Kindergarten genutzt wird,durch eine Gemeinde an einen gemeinnützigen Ver-ein, der auf diesem Grundstück als Betriebsträger zurErfüllung der kommunalen Pflichtaufgabe eine mitneuen Gebäuden ausgestattete Kindertagesstätte be-treiben muss, ist grunderwerbsteuerbar (§ 1 Abs. 1Nr. 1 GrEStG) und nicht von der Grunderwerbsteuer(§ 3 Nr. 2, § 4 Nr. 1, § 4 Nr. 9 GrEStG) befreit. Die Be-freiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG greift nicht, weil einefreigebige Zuwendung i.S.d. § 3 Nr. 2 GrEStG durcheine Gemeinde nicht vorliegt, wenn die Grundstücks-übertragung der Erfüllung einer kommunalen Pflicht-aufgabe dient und keine Anhaltspunkte dafür ersicht-lich sind, dass die Gemeinde ihren Aufgabenrahmendabei eindeutig überschreitet. Eine Befreiung nach

21) FG Niedersachsen v. 10.3.2013, 7 K 28/10, ErbStB 2014, 64.22) Das BVerfG (Beschl. v. 27.12.1991, 2 BvR 72/90, BStBl II 1992,

212), der EuGH (v. 27.11.2008, Vollkommer, C-156/08,EU:C:2008:663) und der erkennende Senat (vgl. zuletzt Urteilv. 27.9.2012, II R 7/12, BStBl II 2013, 86 Rz. 14, m.w.N.) habenbereits eingehend dargelegt, weshalb diese Bedenken nichtdurchgreifen. Die gegen das Urteil des Senats v. 27.9.2012, IIR 7/12, BStBl II 2013, 86 eingelegte Verfassungsbeschwerdewurde gem. §§ 93a, 93b des Gesetzes über das Bundesverfas-sungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG v.20.5.2013, 1 BvR 2766/12).

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UVR-Aktuell UVR 2015 Nr. 3 75

§ 4 Nr. 1 GrEStG kommt nicht in Betracht. Im Streitfallerfolgte die Übertragung weder (1) aus Anlass desÜbergangs von öffentlich-rechtlichen Aufgaben (2)noch von der einen juristischen Person auf eine anderejuristische Person des öffentlichen Rechts noch (3)diente das Grundstück überwiegend öffentlich-rechtli-chen Aufgaben, sondern einem Betrieb gewerblicherArt.

Hinweis: Das Urteil setzt sich mit Rechtsprechungund Verwaltungsauffassung zu vergleichbaren Fäl-len auseinander. Eine verfassungswidrige Un-gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) zwischenkirchlichen und anderen Kindergartenträgern hin-sichtlich der Anwendung des § 4 Nr. 1 GrEStG siehtdas FG nicht.

Literatur: Bruschke, Grunderwerbsteuer bei unent-geltlichen Grundstücksübertragungen von juristi-schen Personen des öffentlichen Rechts und ähnli-chen Institutionen, UVR 2007, 309; Heine, Chancenund Risiken bei Einbringung in Stiftungen, Vereineund kommunale Körperschaften, UVR 2015, 17;Wachter, Stiftungsgründung und Grunderwerbsteuer,DStR 2012, 1900. [rh]

GrESt nach § 1 Abs. 2 GrEStG:Verwertungsbefugnis aufgrund einestreuhänderischen Auftragserwerbs

BFH v. 22.10.2014, II R 41/13, BFH/NV 2015, 232.

GrEStG § 1 Abs. 2.

Eine Grundstücksgesellschaft (GbR) hatte dieW-GmbH als Treuhänderin beauftragt, in einem be-stimmten Gemeindegebiet Grundstücke für die GbRanzukaufen, darauf die Bauleistungen und die für dieBaureifmachung notwendigen Vorleistungen im eige-nen Namen zu erbringen. Sie hatte sich verpflichtet,die für die Anschaffung notwendigen Mittel zur Verfü-gung zu stellen. In der Zeit von Juli 2003 bis Dezember2006 erwarb die W-GmbH zehn Grundstücke. Für dieErwerbe wurde jeweils Grunderwerbsteuer gegenüberder W-GmbH festgesetzt. Außerdem setzte das Finanz-amt GrESt gegen die GbR fest. Dabei ging es davonaus, dass es der GbR aufgrund des Treuhandvertragsmöglich gewesen sei, die von der W-GmbH erworbe-nen Grundstücke auf eigene Rechnung nach § 1 Abs. 2GrEStG zu verwerten. Der BFH bestätigte, dass einFall der Erlangung der Verwertungsbefugnis vorlag.Beim Erwerb eines Grundstücks durch einen Ge-schäftsbesorger oder Beauftragten im eigenen Namenunterliege nicht nur dieser Erwerbsvorgang derGrunderwerbsteuer, sondern gemäß § 1 Abs. 2 GrEStGauch die damit dem Geschäftsherrn (oder Auftragge-ber) verschaffte Rechtsmacht, von dem Beauftragtendie Auflassung des Grundstücks zu verlangen (§ 667BGB i.V.m. § 675 BGB) oder es der Substanz nach aufeigene Rechnung zu verwerten. Eine Geschäftsbesor-gung könne auch Inhalt einer Treuhandvereinbarungsein. Beziehe sich die Treuhandabrede darauf, dass derTreuhänder im eigenen Namen Grundstücke für denTreugeber erwirbt, ergebe sich daraus – vorbehaltlichentgegenstehender Vereinbarungen – regelmäßig dasnach § 1 Abs. 2 GrEStG der Besteuerung unterliegen-

de Recht des Treugebers, die Verwertung der Grund-stücke aufgrund des ihm nach § 667 BGB i.V.m. § 675BGB zustehenden Herausgabeanspruchs herbeizufüh-ren.

Hinweise: Nach Auffassung des BFH begründet derzwischen der GbR und der W-GmbH geschlosseneTreuhandvertrag eine Verwertungsbefugnis der Klä-gerin.DaderTreuhandvertragausdrücklichdarauf ge-richtet war, die Grundstücke von der W-GmbH alsTreuhänderin für die GbR als Treugeberin zu erwer-ben, sei kraft Gesetzes ein Herausgabeanspruch der

Klägerin entstanden, der in der Treuhandvereinba-rung nicht abbedungen wurde. Hinzu komme, dassdie GbR im Treuhandvertrag auch bestimmt habe,wie mit den Grundstücken nach dem Erwerb zu ver-fahren ist, und dass die GbR am wirtschaftlichen Er-gebnis der Grundstücksveräußerungen beteiligt sei.Die fehlende Beurkundung des Treuhandvertrags(vgl. § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB) stehe einer Verwirk-lichung des Tatbestands des § 1 Abs. 2 GrEStG nichtentgegen, sofern die in einem (möglicherweise)formunwirksamen Vertrag getroffenen Vereinbarun-gen – wie im Streitfall – nachweislich in vollem Um-fang tatsächlich durchgeführt werde.

Literatur: Bruschke, Die grunderwerbsteuerlichen Er-satztatbestände nach § 1 Abs. 2 GrEStG, UVR 2014,308; Bruschke, Die Verwertungsbefugnis nach § 1Abs. 2 GrEStG, UVR 2006, 316; Fumi, Zum treuhände-rischen Erwerb eines Grundstücks durch eine GbR,EFG Beilage 2000, Nr. 24, 191. [rh]

Verwaltung

Zeitpunkt der Verwirklichung vongrunderwerbsteuerlichen Tatbeständen

OFD Nordrhein-Westfalen v. 8.1.2015,S 4539-2015/0001, www.stotax-first.de.

GrEStG § 23.

In der Verfügung wird der Zeitpunkt der Verwirkli-chung eines Grunderwerbsteuervorgangs dargestellt.Ob der alte oder der neue Steuersatz gilt, richtet sichgesetzestechnisch nach dem Datum „der Verwirkli-chung des Erwerbsvorgangs“.

Hinweis: In NRW gilt ab 2015 ein Grunderwerbsteu-ersatz von 6,5 % für alle Erwerbsvorgänge, die nachdem 31.12.2014 verwirklicht werden. Die Verfügungenthält eine Übersicht zum Zeitpunkt der Verwirkli-chung der Erwerbstatbestände des § 1 GrEStG undeine Anlage dazu.

Literatur: Halaczinsky, Entstehung und Verwirkli-chung der Grunderwerbsteuer, NWB Fach 8, 158;Schanko, Erhöhung des Steuersatzes bei der Grunder-werbsteuer – Wann wird der Erwerbsvorgang verwirk-licht?, UVR 2011, 316; Striegel/Kirchhefer, Höhe undZeitpunkt der Verwirklichung von grunderwerbsteuer-lichen Tatbeständen, NWB-EV 2012, 20. [rh]

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76 UVR 2015 Nr. 3 UVR-Aktuell

Erbschaftsteuer

Bearbeiter: Ministerialrat a.D. Raymond Halaczinsky,Bonn [rh]

Rechtsprechung

Schenkungsteuer bei Zahlung von Prämien füreine Lebensversicherung durch einen Dritten –mittelbare SchenkungBFH v. 22.10.2014, II R 26/13, DB 2015, 169 = StEd2015, 40.

ErbStG § 7.

Im Streitfall hatte eine Tante für ihren Neffen mehrereJahre die jeweils zum Monatsersten fälligen Versiche-rungsprämien durch Überweisung an die Versiche-rung entrichtet. Entgegen der Auffassung des Finanz-amts und des Finanzgerichts hat der BFH entschieden,dass die laufende Zahlung der Versicherungsprämienfür eine vom Versicherungsnehmer abgeschlosseneLebensversicherung durch einen Dritten nicht als mit-telbare Schenkung eines Lebens- bzw. Rentenversi-cherungsanspruchs beurteilt werden kann. Die ausder jeweiligen Zahlung der Versicherungsprämie fol-gende Werterhöhung des Versicherungsanspruchs istkein Zuwendungsgegenstand i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1ErbStG. Die Höhe dieses Anwartschaftsrechts stelltden jeweiligen Wert des Versicherungsvertrags darund ist Vermögen des Versicherungsnehmers.

Hinweis: Eine mittelbareSchenkung setztvoraus,dassderBeschenkte imVerhältnis zum Schenkernicht überdas ihm unmittelbar Zugewendete, sondern (erst) überdas Surrogat desselben, z.B. über den Verkaufserlös,verfügen kann; der Beschenkte ist nicht um das unmit-telbar Hingegebene, sondern erst um den Verkaufser-lös bereichert. Das gilt nicht nur für die Fälle der mittel-baren Grundstücksschenkung, sondern generell beimittelbarer Schenkung aller als Zuwendungsobjektein Betracht kommenden Gegenstände oder Rechte.Von einer mittelbaren Schenkung kann danach nurausgegangenwerden,wenndermittelbarzugewende-te Vermögensgegenstand Zuwendungsobjekt i.S.d.§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sein kann.

Literatur: Billig, Zur schenkweisen Finanzierung einerRentenversicherung, UVR 2014, 61; Bruggemann, Le-bensversicherungen im Blickpunkt, ErbBstg 2012, 138;Leitzen, Lebensversicherungen im Erbrecht und Erb-schaftsteuerrecht, RNotZ 2009, 129; Geck, Die Lebens-versicherung im Zivil- und Erbschaftsteuerrecht, kösdi2007, 15584; Halaczinsky, Lebensversicherungen imErbschaftsteuerrecht, ZErb 2002, 306. [rh]

Anforderungen an die Selbstnutzung einerWohnung i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 4c Satz 1 ErbStGFG München v. 22.10.2014, 4 K 2517/12, www.stotax-first.de.

ErbStG § 13 Abs. 1 Nr. 4c.

EinSohn hattevonseinemVateru.a.eineEigentumswoh-nung (Nr. 8 in M) 2009 geerbt und dafür die Gewährungder Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG gel-

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UVR-Aktuell UVR 2015 Nr. 3 77

tend gemacht. Der Erblasser unterhielt seinen melde-rechtlichen Wohnsitz bis zum 31.12.1994 in der WohnunginM.MitWirkungabdem1.1.1995meldeteersichaneineAdresse in A um, wo er mit einzigem Wohnsitz gemeldetblieb, bis er infolge seines Umzugs in ein Pflegeheim sei-nenWohnsitzzum15.2.2007andieAdresse inA, ... änder-te. Das FG hat die Befreiung im Wesentlichen mit der Be-gründung abgelehnt, dass der Erblasser die Wohnung inM in dem unmittelbar vor seinem Umzug in das Pflege-heim liegenden Zeitraum nicht nachweisbar zu eigenenWohnzwecken im Sinne der Steuerbefreiungsnorm ge-nutzt hat.

Hinweis: Der erbschaftsteuerrechtliche Erwerb desEigentums an einem im Inland belegenen bebautenGrundstück durch Kinder des Erblassers bleibt u.a.von der Erbschaftsteuer befreit, soweit der Erblasserdarin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenenWohnzwecken genutzt hat oder bei der er aus zwin-genden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenenWohnzwecken gehindert war. Weitere Vorausset-zung Vorschrift ist, dass die Wohnung zum einenbeim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zueigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim)und zum anderen deren Fläche die Größe von 200Quadratmeter nicht übersteigt. Von einer hinrei-chenden Selbstnutzung einer Wohnung durch denErblasser kann nur ausgegangen werden, wenn sichin dem entscheidungserheblichen Zeitraum darinder Mittelpunkt seines (familiären) Lebens befun-den hat. Auch wenn dem Erblasser in der betreffen-den Wohnung eigens ein Zimmer bereitgestellt wor-den ist, nutzt der Erblasser die Wohnung vor seinemTod nicht in dem von der Regelung geforderten Um-fang zu eigenen Wohnzwecken, wenn er sich ledig-lich besuchsweise zu Familienfesten, Geburtstagenoder Festtagen wie Ostern und Weihnachten dortaufhält. Im Übrigen ging das FG davon aus, dassder Erbe für die steuermindernden Tatsachen (hierSelbstnutzung durch den Erblasser) die objektiveBeweislast (Feststellunglast) zu tragen hat.

Literatur: Halaczinsky, Die Steuerbefreiungen nach § 13ErbStG – Aktuelle Entwicklungen, UVR 2013, 269; Hut-

macher, Die Erbschaftssteuerbefreiung der Zuwendun-gen und Erwerb von selbst genutzten Familienheimen,ZNotP 2013, 46; Schumann, ErbschaftsteuerbefreiungfürFamilienheimenach derErbschaftsteuerreform, DStR2009, 197;Tiedke/Schmitt, Die Zuwendung eines Famili-enheims nach der Erbschaftsteuerreform 2008/2009,NJW 2009, 2632. [rh]

Verwaltung

Schenkungsteuerliche Behandlung einesvorzeitigen unentgeltlichen Verzichts auf einvorbehaltenes Nießbrauchsrecht

BayLfSt v. 5.12.2014, S 3837.1.1-4/2 St 34, ErbSt-KarteiBY § 25 ErbStG Karte 10.

ErbStG § 7 Abs. 1; ErbStG a.F. § 25 Abs. 1.

In dem Erlass wird die Rechtsprechung des BFH23) füranwendbar erklärt und in die schon bisherigen Ver-waltungsanweisungen integriert. Die praktische An-

wendung wird anhand eines Berechnungsbeispiels er-läutert.

Hinweis: Der BFH hat bereits mit Urteil v. 17.3.200424)

entschieden, dass der vorzeitige unentgeltliche Ver-zicht auf ein vorbehaltenes Nießbrauchsrecht zwarden Tatbestand der freigebigen Zuwendung i.S.d. § 7Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt, eine steuerliche Doppeler-fassung des Nießbrauchsrechts als Folge der Nichtbe-rücksichtigung als Abzugsposten nach § 25 Abs. 1Satz 1 ErbStG a.F. einerseits und beim späteren Ver-zicht des Berechtigten andererseits bei der Besteue-rung des Verzichts jedoch durch Abzug des – bei derBesteuerung des nutzungsrechtsbelasteten Gegen-standes unberücksichtigt gebliebenen – Steuerwertsdes Nutzungsrechts vom Steuerwert des Nutzungs-rechts im Zeitpunkt des Rechtsverzichts zu beseitigenist.25) Unter Ausweitung seiner o.g. Rechtsprechunghat der BFH mit Urteil vom 20.5.201426), entschieden,dass die o.g. Rechtsgrundsätze ebenfalls anzuwendensind, wenn das Nießbrauchsrecht bei der Besteuerungdes Erwerbs des nutzungsrechtsbelasteten Gegen-standes aufgrund der Abzugsbeschränkung des § 10Abs. 6 ErbStG (teilweise) tatsächlich unberücksichtigtgeblieben ist. Ist ein (teilweise) steuerbefreiter Zuwen-dungsgegenstand mit einem Nutzungsrecht belastet,wird dieses insoweit bei der Besteuerung des Erwerbsdes nutzungsrechtsbelasteten Gegenstandes gem.§ 10 Abs. 6 ErbStG als nicht abzugsfähig behandelt.

Ein späterer unentgeltlicher Verzicht auf dieses Nut-zungsrecht erfüllt den Tatbestand der freigebigenZuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Eine Dop-pelerfassung des Nutzungsrechts wird dergestaltvermieden, dass der Teil des Steuerwerts des Nut-zungsrechts, welcher bei der Besteuerung desnutzungsrechtsbelasteten Gegenstands gem. § 10Abs. 6 ErbStG nicht zum Abzug zugelassen wurde,bei der Besteuerung des Erwerbs aus dem Rechts-verzicht vom Steuerwert des Nutzungsrechts imZeitpunkt des Verzichts abgezogen wird. Dies wirddurch ein Berechnungsbeispiel verdeutlicht.

Literatur: Esskandari/Bick, Anmerkung zu einer Ent-scheidung des BFH, Urteil vom 20.05.2014 (II R 7/13;ErbStB 2014, 297) – Zur Beseitigung der steuerlichenDoppelerfassung bei Nießbrauchsvorbehalten, auf diespäter vorzeitig unentgeltlich verzichtet werde, ErbStB2014, 297; Urbach, Grundstücksübertragungen unterNießbrauchsvorbehalt, kösdi 2014, Nr. 8, 18972. [rh]

Berechnung des Ablösungsbetrags nach § 25Abs. 1 Satz 3 ErbStG a.F.MFW Baden-Württemberg, v. 5.12.2014, 3-S383.7/9,BStBl I 2014, 241.

ErbStG § 25 Abs. 1 Satz 3.

Nach § 25 Abs. 1 Satz 3 ErbStG a.F. kann die gestun-dete Steuer auf Antrag des Erwerbers jederzeit mit ih-

23) BFH v. 20.5.2014, II R 7/13, BStBl II 2014, 896.24) BFH v. 17.3.2004, II R 3/01, BStBl II 2004, 429.25) Vgl. H E 25 „Verzicht auf Nutzungsrechte in den Fällen des

§ 25 ErbStG a.F. bei Steuerentstehungszeitpunkten für dieVermögenszuwendung unter Nießbrauchsvorbehalt vor dem1.1.2009“ ErbStH 2011.

26) BFH v. 20.5.2014, II R 7/13, BStBl II 2014, 896.

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78 UVR 2015 Nr. 3 UVR-Aktuell

rem Barwert nach § 12 Abs. 3 BewG abgelöst werden.Zur Berechnung der Laufzeit ist von der mittleren Le-benserwartung der betreffenden Person auszugehen,die sich aus der Sterbetafel des Statistischen Bundes-amtes ergibt, deren Erhebungszeitraum dem Bewer-tungsstichtag vorangeht.

Hinweis: Das Statistische Bundesamt hat im Jahr2014 keine aktuelle Sterbetafel veröffentlicht. Daherbleiben die nach der am 2.10.2012 veröffentlichtenSterbetafel 2009/2011 des Statistischen Bundesam-tes ermittelten und mit den gleich lautenden Erlas-sen der obersten Finanzbehörden der Länder vom7.12.2012 (BStBl I 2012, 1255) veröffentlichten Ver-vielfältiger auch für Ablösungsstichtage ab dem1.1.2015 anzuwenden.

Literatur: einschlägige Kommentierungen z.B. Wilms/

Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, Bonn, Februar 2012,§ 12 BewG, Rz. 9 ff.

[rh]

Basiszins für das vereinfachteErtragswertverfahren nach § 203 Abs. 2 BewGBMF v. 2.1.2015, IV D 4 – S 3102/07/10001(2015/0000036), BStBl I 2015, 6.

ErbStG § 12 Abs. 2; BewG § 203.

Das BMF hat den Basiszins für 2015 für das vereinfach-te Ertragswertverfahren nach § 203 Abs. 2 BewG be-kanntgegeben.

Hinweis: Je niedriger der Basiszinssatz ist, desto hö-her ist der Kapitalisierungsfaktor, mit dem für Erb-schaft-/Schenkungsteuerzwecke zu multiplizierenist. Seit 2007 gelten folgende Kapitalisierungsfakto-ren:

Jahr Basiszins Zuschlag Summe Kapitalisie-rungsfaktor

2007 4,02 % 4,50 % 8,52 % 11,7370

2008 4,58 % 4,50 % 9,08 % 11,0132

2009 3,61 % 4,50 % 8,11 % 12,3304

2010 3,98 % 4,50 % 8,48 % 11,7924

2011 3,43 % 4,50 % 7,93 % 12,6103

2012 2,44 % 4,50 % 6,94 % 14,4092

2013 2,04 % 4,50 % 6,54 % 15,2905

2014 2,59 % 4,50 % 7,09 % 14,1043

2015 0,99 % 4,5 % 5,49 % 18,2149

Literatur: Creutzmann, Unternehmensbewertung imSteuerrecht – Neuregelungen des Bewertungsgesetzesab 1.1.2009, DB 2008, 2784; Eisele, Unternehmens-bewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkung-steuer, NWB-BB 2010, 78; Gerber/Konig, VereinfachtesErtragswertverfahren: Die Konsequenzen des vomBMF festgelegten Basiszinssatzes, BB 2010, 348;Halaczinsky, Bewertung des Betriebsvermögens fürerb- und schenkungsteuerliche Zwecke, ErbStB 2009,79. [rh]

Sonstige Verkehrsteuern

Bearbeiter: Ministerialrat a.D. Raymond Halaczinsky,Bonn [rh]

Rechtsprechung

Kraftfahrzeug-Zulassung;Einzugsermächtigung; Recht aufinformationelle SelbstbestimmungVG Regensburg v. 2.10.2014, RO 5 K 14.466.

KraftStG § 13 Abs. 1.

Nach § 13 Abs. 1 KraftStG darf die Zulassungsbehördeein Fahrzeug erst zum Verkehr auf öffentlichen Straßenzulassen, wenn die Besteuerungsgrundlage im Sinnevon § 8 festgestellt und im Fahrzeugschein ausgewiesensind und wenn nachgewiesen ist, dass den Vorschriftenüber die Kraftfahrzeugsteuer genügt ist. Die Zulassungs-voraussetzung des § 13 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. bKraftStG ist nur dann gegeben, wenn das vollständigausgefüllte, dem amtlichen Muster entsprechendeSEPA-Lastschriftmandat, das sowohl vom Girokontoin-haber als auch vom gegebenenfalls abweichenden Fahr-zeughalterunterschriebenwurde,beiderFahrzeugzulas-sung erteilt wird. Das Lastschriftmandat ist insoweitBestandteil der Steuererklärung. Die gesetzliche Rege-lung in § 13 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b KraftStG ist mitdem Recht auf informationelle Selbstbestimmung undsonstigem Verfassungsrecht vereinbar.

Hinweis: Der Kläger hatte sich gegen die Verpflich-tung gewendet, bei der Zulassung eines Kraftfahr-zeugs eine Bankeinzugsermächtigung zugunstender für den Einzug der Kraftfahrzeugsteuer zustän-digen Behörde zu erteilen.

Literatur: Pump, Wie kann die Kfz-Abmeldung bei nichtgezahlter Kfz-Steuer erreicht werden? – Probleme durchunseriöse Lastschrifterteiler gem. § 224 Abs. 2 AO, VR2012, 264;Zens, Zweites Gesetz zur Änderung des Kraft-fahrzeugsteuergesetzes, DStZ 2003, 338. [rh]

Verwaltung

Einordnung von Wetten aus Anlass öffentlicherLeistungsprüfungen für PferdeLfStFin Sachsen v. 8.12.2014, S 4700-7/2-213.

RennwLottG § 10, § 11 und § 17.

Die betr. Finanzämter werden angewiesen, zur Einord-nung der bei im Ausland ansässigen Buchmachernoder Totalisatoren abgeschlossenen Wetten aus Anlassöffentlicher Leistungsprüfungen für Pferde folgendeAuffassung zu vertreten:

Die bei einem im Ausland ansässigen Buchmacher ab-geschlossenen Wetten aus Anlass öffentlicher Leis-tungsprüfungen für Pferde im In- und Ausland, dieder ausländische Buchmacher im eigenen Namenund auf eigene Rechnung selbst hält, sind keine Renn-wetten i.S.d. Abschn. 1 des RennwLottG. Sie unterlie-gen nicht der Buchmachersteuer nach § 11 Rennw-LottG. Vielmehr sind diese Wetten aus Anlass vonSportereignissen als Sportwetten zu qualifizieren,

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Matheis, Maßnahmen zur konventionellen Vereinfachung des Umsatzsteuerrechts UVR 2015 Nr. 3 79

auf die – nach den weiteren Voraussetzungen des § 17Abs. 2 Satz 1 RennwLottG – Sportwettensteuer nach§ 17 Abs. 2 RennwLottG anfällt.

Das Aufkommen aus der (Sportwetten-)Steuer nach § 17RennwLottG für die bei einem im Ausland ansässigenBuchmacherabgeschlossenen(Sport-)WettenausAnlassvon Pferderennen im In- und Ausland steht nicht für Zu-weisungszwecke nach § 16 Abs. 1 RennwLottG zur Ver-fügung. Das Gleiche gilt für die (Buchmacher-)Steuer fürdie bei einem im Inland ansässigen Buchmacher abge-schlossenen(Renn-)WettenausAnlassvonPferderennenim Ausland (§ 16 Abs. 2 RennwLottG).

Wetten bei einem im Ausland ansässigen Totalisatoraus Anlass öffentlicher Leistungsprüfungen für Pferdeim In- und Ausland sind ebenfalls keine Rennwetteni.S.d. Abschn. 1 des RennwLottG. Sie unterliegennicht der Totalisatorsteuer nach § 10 RennwLottG.

Auch diese Wetten sind als Sportwetten zu qualifi-zieren, auf die – nach den weiteren Voraussetzungendes § 17 Abs. 2 Satz 1 RennwLottG – nicht für Zuwei-sungszwecke (§ 16 RennwLottG) zur Verfügung ste-hende Sportwettensteuer nach § 17 Abs. 2 Rennw-LottG anfällt.

Hinweis: Für die Besteuerung von Sportwetten, fürdie sich keine örtliche Zuständigkeit im Inland er-gibt, ist das Finanzamt Frankfurt am Main III örtlichzuständig (§ 1 Abs. 1 RennwLottGZuStV).

Literatur: Birk, Sportwetten – Steuerliche Aspekte,ZfWG 2011, 229; Welz, Ein Jahr Besteuerung vonSportwetten, UVR 2013, 276; Welz, Lotteriesteuer: Ver-fahren und Verwaltung nach dem RennwLottG inTheorie und Praxis, UVR 2015, 21. [rh]

UVR-Themen

Maßnahmen zur konventionellen Vereinfachung des Umsatzsteuerrechts

Vorschläge an den Gesetzgeber aus Beratersicht

Philipp Matheis, München*)

Regelmäßig wird von Experten beklagt, das Umsatzsteuerrecht sei über die Jahre kompliziert, formalistisch unddamit riskant für die Anwender geworden. Über Symptome und Ursachen dieser Entwicklung ist bereits aus-führlich diskutiert worden. Während die EU-Kommission derzeit über den großen Wurf zur Reform des Umsatz-steuerrechts nachdenkt, scheint eine baldige Besserung für die Unternehmen zumindest nicht greifbar. Diegroßen praktischen Risiken aus Beratersicht lassen sich jedoch in der Regel auf folgenden einfachen gemein-samen Nenner bringen: Wurde aus Sicht des leistenden Unternehmers zu wenig Umsatzsteuer an den Leis-tungsempfänger berechnet und folglich zu wenig Umsatzsteuer an den Fiskus abgeführt oder wurde aus Sichtdes Leistungsempfängers ein zu hoher Umsatzsteuerbetrag seitens des leistenden Unternehmers berechnet undfolglich ein zu hoher Vorsteuerbetrag gegenüber dem Fiskus geltend gemacht? Diese verkürzte Formulierungtrifft nicht auf alle umsatzsteuerlichen Probleme zu, macht aber deutlich, worum es letztlich meistens geht. Dernormale Unternehmer will bei der Umsatzsteuer weder Steuern optimieren noch andere Vorteile für sich erzie-len, sondern einfach nur alles richtig machen. Dabei scheitert mancher an der Komplexität des Systems. Para-dox ist daran, dass der Fiskus in solchen Fällen häufig gar kein Aufkommen verliert und auch keinen Liquidi-tätsnachteil erleidet, weil Leistender und Leistungsempfänger beide zum Vorsteuerabzug berechtigteUnternehmer sind, die den gleichen Fehler machen. Genau hier könnte der Gesetzgeber ansetzen und durcheinfache, relativ konventionelle Maßnahmen eine Vereinfachung des Umsatzsteuerrechts erreichen – und zwarganz ohne dabei einen großen Wurf wagen zu müssen. Der folgende Beitrag macht hierzu vier eher konventio-nelle Verbesserungsvorschläge.

Inhalt Seite

I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80II. Rechnungspflichtangaben als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80III. Vorsteuerabzug bei unrichtigem oder unberechtigtem Steuerausweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81IV. Entstehung der Umsatzsteuer erst bei Rechnungsstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81V. Keine Verzinsung der Umsatzsteuer und keine Steuerhinterziehung bei insg. aufkommensneutralen

Fehlern ohne Liquiditätsvorteil. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82VI. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

*) Philipp Matheis ist Partner der Kanzlei Peters, Schönberger & Partner in München.

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80 UVR 2015 Nr. 3 Matheis, Maßnahmen zur konventionellen Vereinfachung des Umsatzsteuerrechts

Literatur: Widmann, 30 Jahre UmsatzsteuerForum, 20Jahre Umsatzsteuer-Binnenmarkt – eine kritische Ana-lyse, Kongressvortrag, UR 2013, 15.

I. Einführung

Auf dem Gebiet der Umsatzsteuer handelt sich der Fis-kus bei vielen Unternehmen immer dann einenschlechten Ruf als moderner Wegelagerer ein, wennUmsatzsteuer nachträglich entrichtet, Vorsteuer nach-träglich zurückbezahlt und beides gegebenenfalls ver-zinst werden muss, obwohl die Staatskasse ursprüng-lich gar keinen finanziellen Nachteil erlitten hatte.Manche umsatzsteuerliche Regeln scheinen wie ge-schaffen, um bei fehlerhafter Behandlung von Umsät-zen durch zwei Unternehmer nachträglich den Fiskusals großen Profiteur dastehen zu lassen.

So führt das Zusammenspiel u.a. von § 14c UStG und§ 15 Abs. 1 UStG dazu, dass zu Unrecht ausgewieseneUmsatzsteuer zwar geschuldet, nicht aber als Vorsteu-er geltend gemacht werden kann.

Gleichzeitig erzeugen die streng formalen Rechnungs-pflichtangaben der §§ 14, 14a UStG einen hohen Kon-trollaufwand seitens des Rechnungsempfängers, umnicht aufgrund von Formmängeln den Vorsteuerabzugzu verlieren (§ 15 Abs. 1 UStG).

Die Tatsache, dass so entstehende Steuerschulden zumeinen mit marktunüblichen 6 % p.a. verzinst werdenmüssen und u.U. auch noch der Vorwurf der Steuer-hinterziehung im Raum stehen könnte, wenn aufgrundvon Unkenntnis Umsatzsteuer verkürzt wurde, ver-schärft dieses Bild aus Sicht der Unternehmer.

Hier wäre m.E. der Gesetzgeber aufgefordert, etwas zuändern. Die im Folgenden aufgeführten Anregungensind keine großen Reformvorschläge, sondern eherkonventionelle Maßnahmen zum Abbau von Bürokra-tie und zur Vereinfachung des Umsatzsteuerrechts, diejedoch große Wirkung entfalten könnten.

Das Steueraufkommen würde durch diese Maßnah-men nicht (oder allenfalls sehr geringfügig) reduziert.Eine begrenzte Reduktion von Zinseinnahmen desStaates (vgl. unten V.) sollte im Hinblick auf die Ge-rechtigkeit der Besteuerung m.E. hingenommen wer-den.

II. Rechnungspflichtangaben als Voraussetzung fürden Vorsteuerabzug

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG ist der Vorsteuerab-zug für den Besteuerungszeitraum zulässig, in demerstmalig alle gesetzlichen Voraussetzungen erfülltsind. Eine dieser Voraussetzungen ist u.a. der Besitzeiner nach den Vorschriften der §§ 14, 14a UStG aus-gestellten Rechnung (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2UStG). Eine ordnungsgemäße Rechnung muss mindes-tens folgenden Inhalt haben (§ 14 Abs. 4 UStG):

• Den vollständigen Namen und die vollständige An-schrift des leistenden Unternehmers und des Leis-tungsempfängers,

• die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt er-teilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszen-tralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifika-tionsnummer,

• das Ausstellungsdatum,

• eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehrerenZahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnungvom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird(Rechnungsnummer),

• die Menge und die Art (handelsübliche Bezeich-nung) der gelieferten Gegenstände oder den Um-fang und die Art der sonstigen Leistung,

• den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leis-tung; in den Fällen des Abs. 5 Satz 1 UStG den Zeit-punkt der Vereinnahmung des Entgelts oder einesTeils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Verein-nahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungs-datum der Rechnung übereinstimmt,

• das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefrei-ungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferungoder sonstige Leistung (§ 10 UStG) sowie jede imVoraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofernsie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist,

• den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf dasEntgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einerSteuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für dieLieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefrei-ung gilt,

• in den Fällen des § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG einenHinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leis-tungsempfängers, und

• in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durchden Leistungsempfänger oder durch einen von ihmbeauftragten Dritten gemäß Abs. 2 Satz 2 UStG dieAngabe „Gutschrift“.

Die Rechtsfolge der nicht vorhandenen Vollständigkeitund/oder Richtigkeit nur einer dieser Rechnungs-pflichtangaben besteht in der Versagung des Vorsteu-erabzugs auf Ebene des Leistungsempfängers. Im Fallvon Rechnungsberichtigungen nach § 31 Abs. 5UStDV ist der Vorsteuerabzug erst zu dem Zeitpunkt(Voranmeldungszeitraum) möglich, in dem die Berich-tigung erfolgte und diese dem Rechnungsempfängerübermittelt worden ist (Abschn. 15.2 Abs. 5 UStAE).1)

Ist eine Berichtigung nicht mehr möglich, weil etwader Rechnungsaussteller nicht mehr existiert, so schei-det der Vorsteuerabzug aus. Diese Rechtsfolge wiegtschwer und führt in der Praxis zu vielen Problemen.

Einerseits ist es nachvollziehbar, dass der GesetzgeberMindestanforderungen an umsatzsteuerliche Rech-nungen stellen will. Daher spricht nichts dagegen, diein § 14, § 14a UStG definierten Mindestanforderungenbeizubehalten. Allerdings richten sich diese Mindest-anforderungen grundsätzlich an den Ersteller derRechnung, sanktioniert wird über den gefährdetenVorsteuerabzug jedoch der Leistungsempfänger. EineVereinfachung bzw. Erleichterung für diesen wäre in-des möglich und sinnvoll. So enthalten etwa §§ 31 ff.UStDV bereits heute diverse Erleichterungen (z.B. fürName und Anschrift der beteiligten Unternehmer, fürKleinbetragsrechnungen und für Fahrausweise).Ebenso könnte der Gesetzgeber eine Vorschrift einfüh-ren, die es grundsätzlich zulässt, den Vorsteuerabzug

1) Auf die aktuelle Entwicklung der Rechtsprechung im Hin-blick auf die Frage, ob eine Rechnungsberichtigung gegebe-nenfalls auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungs-ausstellung zurückwirkt, wird hier nicht näher eingegangen.

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Matheis, Maßnahmen zur konventionellen Vereinfachung des Umsatzsteuerrechts UVR 2015 Nr. 3 81

aus Rechnungen geltend zu machen, bei denen fol-gende Inhalte fehlen oder unzutreffend sind:

• Das Leistungsdatum,

• der Steuersatz, sofern der Steuerbetrag richtig ist,

• eine fortlaufende Rechnungsnummer (da dieses Kri-terium ohnehin nicht vom Rechnungsempfänger ge-prüft werden kann),

• die Steuernummer des Leistenden (da dieses Krite-rium ohnehin nicht vom Rechnungsempfänger ge-prüft werden kann),

• im Voraus vereinbarte Entgeltminderungen,

• eine Leistungsbeschreibung, sofern sich diese ein-deutig aus anderen (nicht notwendigerweise aufder Rechnung genannten) Dokumenten ergibt.

Die Verpflichtung des leistenden Unternehmers, eineordnungsgemäße Rechnung nach §§ 14, 14a UStG aus-zustellen, bliebe davon unberührt. Diese Maßnahmewürde dennoch zu Erleichterungen auf Ebene desLeistungsempfängers führen, da dieser nicht mehr soviele Rechnungen beanstanden müsste wie bisher. Ei-ne Gefahr für das Steueraufkommen des Fiskus wäredadurch m.E. nicht gegeben. Zumindesten sollte dieMöglichkeit der rückwirkenden Rechnungsberichti-gung über § 31 Abs. 5 UStDV eröffnet werden.2)

III. Vorsteuerabzug bei unrichtigem oder unberech-tigtem Steuerausweis

Wer in einer Rechnung einen höheren als den gesetz-lich geschuldeten Steuerbetrag (§ 14c Abs. 1 UStG)bzw. einen Steuerbetrag ohne Berechtigung (§ 14cAbs. 2 UStG) ausweist, schuldet den (zu hoch) beziffer-ten Betrag. Eine Korrektur des fehlerhaften Steueraus-weises ist allerdings möglich.

Ein solcher Fall entsteht beispielsweise, wenn übereinen nicht steuerbaren, steuerfreien, dem Re-verse-Charge-Verfahren unterliegenden oder ermä-ßigt zu besteuernden Umsatz versehentlich mit demRegelsteuersatz abgerechnet wird.

Der Aussteller schuldet in diesen Fällen die Differenzzwischen der gesetzlich geschuldeten und der ausge-wiesenen Umsatzsteuer. Die nach § 14c Abs. 1 UStGgeschuldete Steuer entsteht spätestens mit Ausgabeder Rechnung (§ 13 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 UStG) und un-abhängig davon, wann die gesetzlich geschuldete Um-satzsteuer entsteht. Die Rechnungsberichtigung ist un-befristet möglich, da durch die Anwendung des § 17Abs. 1 UStG die Rechtsfolgen erst im Zeitpunkt derRechnungsberichtigung eintreten; eine rückwirkendeBerichtigung ist jedoch ausgeschlossen.

Der Aussteller muss die Rechnung schriftlich gegen-über dem Empfänger berichtigen und die Berichti-gung muss dem ursprünglichem Empfänger zugehen.Bis dahin schuldet zwar der Rechnungsaussteller (wiebeschrieben) die Umsatzsteuer, aber der Vorsteuerab-zug für den Rechnungsempfänger bleibt ausgeschlos-sen, weil nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG nur derAbzug von „gesetzlich geschuldeter Umsatzsteuer“möglich ist, wozu die nach § 14c UStG geschuldeteUmsatzsteuer nach herrschender Meinung nicht ge-hört.

Eine Berichtigung nach § 14c Abs. 2 i.V.m. Abs. 1Satz 3 UStG (in den Fällen des § 1 Abs. 1a und beider Rückgängigmachung des Verzichts auf die Steuer-befreiung nach § 9 UStG) ist zudem von der Zustim-mung des für den Rechnungsaussteller zuständigen Fi-nanzamtes abhängig. Die Zustimmung kann erst dannerteilt werden, wenn die von der Rechnung ausgehen-de Gefährdungslage beseitigt ist. Dies ist erst dann derFall, wenn ein Vorsteuerabzug nicht erfolgte oder einvorgenommener Vorsteuerabzug rückabgewickelt ist.

Wurde eine Rechnung mit unrichtigem Steuerausweisvom Rechnungsempfänger bezahlt, so wird also nachder aktuellen Rechtslage vor allem der Rechnungs-empfänger mit den Konsequenzen eines fehlerhaftenSteuerausweises belastet, sofern dieser erst im Nach-hinein entdeckt wird. Die Belastung für den Rech-nungsempfänger besteht darin, dass er nur den gesetz-lich zulässigen Vorsteuerabzug geltend machen kann.Bei eigentlich steuerfreien Leistungen, die zu Unrechtmit Steuer abgerechnet wurden, kann folglich keinVorsteuerabzug geltend gemacht werden. In der Pra-xis ist zudem die Zustimmung des Finanzamtes einaufwändiger Vorgang für einen vergleichsweise all-täglichen Fall. So holen in der Praxis nicht wenige Un-ternehmer die Zustimmung versehentlich nicht ein,weil ihnen die Regel nicht geläufig ist.

Zielführender wäre es m.E., den Vorsteuerabzug desLeistungsempfängers in jener Höhe zu gewähren, inder auch der Rechnungsaussteller die Umsatzsteuerschuldet. Voraussetzung für den Vorsteuerabzug solltejedoch weiterhin bleiben, dass der Leistungsempfän-ger entweder die Leistung erhalten oder bezahlt hat.Nennenswerte Einbußen des Steueraufkommens wä-ren bei einer solchen gesetzlichen Lösung nicht zu er-warten, da sich gezahlte Umsatzsteuer und geltend ge-machter Vorsteuerabzug – wenn sie auch in falscherHöhe erfolgten – ausgleichen. Die Beweislast, dassdie Steuer nach § 14c UStG abgeführt wurde, solltebei jenem Unternehmer liegen, der den Vorsteuerab-zug in unzutreffender Höhe geltend machen will. Dazukönnte eine schriftliche Bestätigung des Rechnungs-ausstellers ausreichen, dass er die Steuer nach § 14cUStG abgeführt hat. Auf viele aufwändige Berichti-gungen würde dann verzichtet.

Der Vorteil eines solchen Verzichts auf Berichtigungliegt im Übrigen auch darin, dass das verschlankte Pro-zedere den Verwaltungsaufwand aus Sicht der Finanz-verwaltung reduziert.

Falls die Parteien jedoch eine Berichtigung wünschen,sollte diese nach § 14c Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 UStGnicht von der Zustimmung des Finanzamtes abhängigsein. Meines Erachtens wäre es ausreichend, wenn derRechnungsausteller darüber Buch führt und dies beider Betriebsprüfung belegen kann.

IV. Entstehung der Umsatzsteuer erst bei Rechnungs-stellung

Die Umsatzsteuer entsteht bei Soll-Besteuerunggrundsätzlich zum Zeitpunkt der Leistungserbringung

2) Vgl. hierzu auch das Vorabentscheidungsersuchen des FGNiedersachsen v. 3.7.2014, 5 K 40/14, DStR 2014, 2389 = StEd2014, 758.

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82 UVR 2015 Nr. 3 Matheis, Maßnahmen zur konventionellen Vereinfachung des Umsatzsteuerrechts

(§ 13 Abs. 1 Nr. 1a UStG). Für Leistungen, über die derUnternehmer noch nicht abgerechnet hat bzw. die er inseinen USt-Voranmeldungen oder Jahreserklärungenmangels Rechnung nicht angegeben hat, entsteht dieUmsatzsteuerschuld des Unternehmers ebenso wie beiden ordnungsgemäß abgerechneten und erklärtenUmsätzen bereits mit Leistungserbringung.3)

Nicht wenige Unternehmen, insb. kleine und mittel-ständische Betriebe, stellen ihre Rechnungen erst mitgewissem zeitlichen Abstand zur Leistungserbringung– häufig einfach deshalb, weil im Tagesgeschäft wenigZeit für die Vorbereitung der Rechnungen bleibt. BeiAusführung der Leistung wissen diese Unternehmenoftmals noch nicht konkret, wie hoch der jeweiligeUmsatz ausfallen wird, weil z.B. nicht alle Leistungs-elemente zur Gänze gegenüber dem Kunden abge-rechnet werden. Diese Unternehmen kennen vielfachden oben genannten gesetzlichen Steuerentstehungs-zeitpunkt nicht und erklären ihre Umsätze folglich erstdann, wenn sie für die Leistung eine Rechnung stellenund damit eine Forderung gegenüber dem Leistungs-empfänger einbuchen.

Meines Erachtens wäre es besser, die Steuer würdeerst mit Ausstellung der Rechnung entstehen, spätes-tens aber 6 Monate nach Ausführung der Leistung (da-mit durch Nichtberechnung einer Leistung die Steuer-schuld nicht beliebig gestundet werden kann).Alternativ sollte die Steuer natürlich weiterhin stetsmit der Zahlung entstehen (Mindest-Istbesteuerung).Steuerausfälle oder zeitliche Verschiebungen desSteueraufkommens wären daraus nicht zu erwarten,da

• der Vorsteuerabzug für den Leistungsempfängererst anfällt, wenn er im Besitz einer ordnungsgemä-ßen Rechnung ist (also i.d.R. zeitgleich),

• aus der Erfahrung der Praxis sehr viele kleine undmittelständische Unternehmen, die verspäteteRechnungen erstellen, bereits heute die Steuer erstmit Rechnungsstellung anmeldet, ohne sich dabeiüber die verspätete Anmeldung im Klaren zu sein.

Natürlich müsste die unionsrechtliche Zulässigkeiteiner solchen Maßnahme noch eingehend geprüft wer-den.

V. Keine Verzinsung der Umsatzsteuer und keineSteuerhinterziehung bei insgesamt aufkommensneu-

tralen Fehlern ohne Liquiditätsvorteil

Da das in Teilen recht komplexe Umsatzsteuerrecht imAlltagsgeschäft von Mitarbeitern des Unternehmensbewältigt werden muss, die sich nicht in der letztenDetailtiefe mit allen Regeln auseinandersetzen kön-nen, kommt es gelegentlich zu Anwendungsfehlern.Dabei kommt es zwar manchmal für das betreffendeUnternehmen zu einer Verkürzung der eigenen Steu-erlast, für das Unternehmen entsteht allerdings insge-samt kein finanzieller Vorteil, z.B. weil es die irrtümlichnicht abgeführte Umsatzsteuer auch nicht von seinemKunden verlangt hat oder weil es zwar irrtümlich zuviel Vorsteuern geltend gemacht, diese jedoch in vollerHöhe an seinen Lieferanten entrichtet hat. Dennochwird eine etwaige Steuerschuld nach § 233a AO ver-

zinst und zudem könnte formell ein Fall von Steuerhin-terziehung nach § 370 AO vorliegen, wenn das Unter-nehmen

• den Finanzbehörden [...] über steuerlich erheblicheTatsachen unrichtige oder unvollständige Angabenmacht,

• die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich er-hebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt [...]

• und dadurch Steuern verkürzt oder für sich odereinen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteileerlangt.

Die Steuerhinterziehung setzt zwar Vorsatz voraus,doch ist die Grenze zwischen Unkenntnis und Vorsatzbekanntermaßen dünn, sodass bei einer Verkürzungaufgrund eines Fehlers zumindest der Vorwurf derSteuerhinterziehung im Raum stehen könnte.

Viele Fälle irrtümlicher Nichtversteuerung oder irr-tümlich unzutreffenden Vorsteuerabzugs haben je-doch keinen kriminellen Hintergrund und führen auchzu keinem Liquiditätsnachteil seitens des Fiskus, so-fern der Leistungsempfänger zum vollen Vorsteuerab-zug berechtigt ist oder grundsätzlich wäre.

Bei irrtümlicher Nichtversteuerung von Umsätzen ent-steht kein Liquiditätsnachteil für den Fiskus, da wegender fehlerhaften steuerlichen Würdigung keine Rech-nung mit (vollem) Steuerausweis vorliegt. Dahererfolgt seitens des Leistungsempfängers auch keinVorsteuerabzug; es kommt folglich zu keinem Liquidi-tätsabfluss beim Fiskus.

Fälle von unzutreffendem Vorsteuerabzug führen dannzu keinem Liquiditätsnachteil für den Fiskus, wenn dieaus Versehen zum Abzug gebrachte Steuer vom leisten-den Unternehmer an den Fiskus bezahlt wurde.

Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Steuerhinter-ziehung künftig noch stärker verfolgt werden soll undStrafen für Steuerhinterziehung seit 2015 nochmalsverschärft wurden, kann der Gesetzgeber kein Interes-se daran haben, derartige Fälle zu kriminalisieren.Auch eine Verzinsung derartiger Steuern erscheintaus Sicht eines neutralen Beobachters nicht statthaft,sofern der Unternehmer keinen Liquiditätsvorteil, derFiskus keinen Liquiditätsnachteil hatte.

Daher sollte der Gesetzgeber klarstellen, dass er Steu-erschulden nicht verzinst und auch keinen Fall vonSteuerhinterziehung erkennt, wenn

• bei wirtschaftlicher Gesamtbetrachtung des zugrun-de liegenden Umsatzes,

• aus Sicht des Leistenden, des Leistungsempfängersund des Fiskus

• die Besteuerung sichergestellt und

• kein Liquiditätsnachteil über einen längeren Zeit-raum als die gesetzliche Zahlungsfrist entstandenist.

3) Von dieser Regel ausgenommen sind gem. § 20 Nr. 1 bis 3UStG kleinere Unternehmer (Gesamtumsatz pro Kalender-jahr 500 000 j) und Freiberufler. Die Umsatzsteuer wird dortentsprechend der Ist-Besteuerung nach den vereinnahmtenEntgelten berechnet. Die Steuer entsteht also erst in dem Vor-anmeldungszeitraum, in dem der Unternehmer das Entgeltvereinnahmt.

Page 20: M rz 2015 Seiten 65 – 96 UVR - stollfuss.de · 66 UVR 2015 Nr. 3 UVR-Aktuell Gesetzgebung Deutschland Aufteilung des Gesamtpreises in der Zeitungs-und Buchbranche Parl. Staatssekretär

Huschens, Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Metallen UVR 2015 Nr. 3 83

Um dies zu spezifizieren, könnte das Gesetz beispiel-haft Fälle nennen, bei denen diese Bedingungen er-füllt sind. Das sind zum einen Fälle, bei denen der leis-tende Unternehmer steuerpflichtige Umsätze nichtoder nicht zutreffend abrechnet und versteuert, fürdie der Leistungsempfänger den vollen Vorsteuerab-zug geltend machen könnte, sofern er im Besitz einerordnungsgemäßen Rechnung wäre. Dies ist zum Bei-spiel bei steuerpflichtigen Leistungen (für die der leis-tende Unternehmer die Steuer schuldet) an einen zumvollen Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfän-ger der Fall, wenn

• der leistende Unternehmer die zum Regelsteuersatzsteuerpflichtige Leistung mit dem ermäßigten Steu-ersatz abrechnet und besteuert,

• der leistende Unternehmer die Leistung als steuer-freie Leistung oder als Leistung, die der Steuer-schuldnerschaft des Leistungsempfängers unter-liegt abrechnet und besteuert,

• der leistende Unternehmer die Leistung als nichtsteuerbare Leistung abrechnet und besteuert.

Andere derartige Fälle liegen vor, wenn ein zum Vor-steuerabzug berechtigter Unternehmer Vorsteuer inunzutreffender Höhe geltend macht, sofern der leisten-de Unternehmer die Umsatzsteuer entsprechend in un-zutreffender Höhe abgerechnet und die ausgewieseneSteuer an sein Finanzamt abgeführt hat. Dies ist z.B.bei Leistungen an einen zum Vorsteuerabzug berech-tigten Leistungsempfänger der Fall, wenn

• der leistende Unternehmer die zum ermäßigtenSteuersatz steuerpflichtige Leistung mit dem Regel-steuersatz abrechnet und besteuert und der Leis-tungsempfänger daraus den Vorsteuerabzug unzu-treffend in jener Höhe geltend macht, die ihmzustehen würde, wenn der Regelsteuersatz zutref-fend gewesen wäre,

• der leistende Unternehmer die steuerfreie (oder derSteuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers un-terliegende) Leistung als steuerpflichtige (der Steuer-schuldnerschaft des leistenden Unternehmers unter-liegende) Leistung abrechnet und besteuert und derLeistungsempfänger daraus den Vorsteuerabzug un-zutreffend in jener Höhe geltend macht, die ihmzuste-hen würde, wenn die Steuerpflicht und die Steuer-schuld des Leistenden zutreffend gewesen wäre,

• der leistende Unternehmer die nicht steuerbare Leis-tung als steuerpflichtige (der Steuerschuldnerschaftdes leistenden Unternehmersunterliegende)Leistungabrechnet und besteuertund der Leistungsempfängerdaraus den Vorsteuerabzug unzutreffend in jener Hö-he geltend macht, die ihm zustehen würde, wenn dieSteuerpflicht und die Steuerschuld des Leistenden zu-treffend gewesen wäre,

• der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug aufGrundlage einer Rechnung, die nicht die Vorgabender §§ 14, 14a UStG erfüllt, in Höhe der auf derRechnung ausgewiesenen Steuer geltend macht, so-fern der Rechnungsaussteller die Umsatzsteuer ineben dieser Höhe angemeldet und abgeführt hat.

VI. Fazit

Die Bundesregierung plant nach eigenem Bekundenin dieser Legislaturperiode keine nennenswerten Steu-eränderungen. Der Autor ist davon überzeugt, dassdies dennoch ein idealer Moment für eine schon oft an-gekündigte Vereinfachung im Bereich des Steuer-rechts wäre. Die hier dargestellten Maßnahmen wärenkeine gewaltigen Reformen und hätten kaum Auswir-kung auf das Steueraufkommen, könnten aber großeWirkung entfalten, weil sie vielen Praxisproblemen inder Umsatzsteuer „den Zahn ziehen“ würden.

Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers – Lieferungen von Metallen

Diplom-Finanzwirt Ferdinand Huschens, Mahlow*)

Durch Art. 11 i.V.m. Art. 16 Abs. 2 des Zollkodex-Anpassungsgesetzes vom 22.12.2014 (BGBl. I 2014, 2417) wur-den § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG und die Anlage 4 des UStG zum 1.1.2015 neu gefasst. Damit wurde der mit Wirkungvom 1.10.2014 durch § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG gerade erst erweiterte Anwendungsbereich des Reverse-Char-ge-Verfahrens auf Lieferungen von Edelmetallen, unedlen Metallen, Selen und Cermets (zusammen mit der Neu-fassung der Anlage 4 zum UStG) bereits wieder etwas eingeschränkt. Im Folgenden sollen die Auswirkungen derEinführung des Reverse-Charge-Verfahrens auf Metalle und dessen Wirkung ab 1.1.2015 auch mit Blick auf dievon der Verwaltung getroffenen Nichtanwendungsregelungen näher dargestellt werden.

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I. Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84II. Nichtbeanstandungsregelungen wegen ab 1.1.2015 geänderter Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

1. BMF vom 26.9.2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 842. BMF vom 5.12.2014 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 853. BMF vom 22.1.2015 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

III. Reverse-Charge-Verfahren bei Metalllieferungen ab 1.1.2015 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86IV. Anlage 4 zum UStG i.d.F. ab 1.1.2015 als abschließende Aufzählung der reverse-charge-fähigen Metalle 86

1. Silber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

*) Diplom-Finanzwirt Ferdinand Huschens ist in der Bundesfinanzverwaltung tätig. Der Beitrag wurde nicht in dienstlicher Eigen-schaft verfasst.

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84 UVR 2015 Nr. 3 Huschens, Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Metallen

2. Platin u.a. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 873. Eisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 884. Kupfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 885. Nickel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 886. Aluminium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 897. Blei. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 898. Zink . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 899. Zinn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8910. Andere unedle Metalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8911. Cermets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

V. Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89VI. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

Literatur: Matheis, Praktische Umsetzung des Re-verse-Charge-Verfahrens bei der Lieferung von Metal-len und metallhaltigen Gegenständen, UVR 2014, 378.

I. Ausgangslage

Durch das Gesetz zur Anpassung des nationalen Steu-errechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Än-derung weiterer steuerlicher Vorschriften (Kroatien-AnpG)1) – war mit Wirkung vom 1.10.2014 derAnwendungsbereich der Steuerschuldnerschaft desLeistungsempfängers (Reverse-Charge-Verfahren) aufLieferungen von Edelmetallen und unedlen Metallenausgedehnt worden. Die neue Anlage 4 zum UStGmit seinerzeit insgesamt 13 Kategorien enthielt die Ge-genstände, die nach dem Zolltarif abgegrenzt werdenund deren Lieferungen ab 1.10.2014 dem Reverse-Charge-Verfahren unterliegen sollten.

Von Seiten der Wirtschaft wurde bereits kurz danachauf Probleme bei der Anwendung der Regelung hin-gewiesen.2) Die Abgrenzung der unter die Regelungfallenden Erzeugnisse erfolgt nach dem Zolltarif. Die-se Abgrenzung hatte sich in der Vergangenheit – z.B.bei der Anwendung der Steuerschuldnerschaft desLeistungsempfängers für Lieferungen von Schrottund Altmetall – bewährt. Jedoch hatte sich schnellherausgestellt: in dem ab 1.10.2014 geltenden Katalognach Anlage 4 zum UStG waren auch Waren enthal-ten, die nicht nur im zwischenunternehmerischen Be-reich gehandelt werden, sondern auch für den Einzel-handel bestimmt sind. Dadurch konnte es zu einer –ungewollten und unionsrechtlich durchaus problema-tischen – Ausdehnung des Anwenderkreises und Pro-blemen bei der Feststellung, ob der Abnehmer einUnternehmer ist, kommen. Außerdem gab es Schwie-rigkeiten bei der Abgrenzung von Erzeugnissen, sodass seitens der Wirtschaft eine Verringerung des An-wendungsbereichs gefordert wurde. Dies führte zuWünschen einer gesetzlich einzuführenden Umsatz-grenze bei der Anwendung der Steuerschuldnerschaftdes Leistungsempfängers in Höhe von 5 000 j. DerGesetzgeber hat letztlich die genannte Umsatzgrenzeeingeführt und zudem den Warenkatalog auf Metallein Rohform und Halbzeug beschränkt. Der am1.10.2014 durch § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG erweiterteAnwendungsbereich des Reverse-Charge-Verfahrensauf Lieferungen von Edelmetallen, unedlen Metallen,Selen und Cermets wurde somit (zusammen mit derNeufassung der Anlage 4 zum UStG) durch das Zoll-kodex-AnpG wieder etwas eingeschränkt (Inkrafttre-ten: 1.1.2015). So sind Selen und Gold sowie Draht,

Stangen, Bänder, Folien, Bleche und andere flachge-walzte Erzeugnisse und Profile aus unedlen Metallenab 1.1.2015 nicht mehr in der Anlage 4 des UStG ent-halten. Probleme konnten sich ergeben, wenn ent-sprechende Metalle u.a. von Einzelhändlern an Ab-nehmer veräußert werden, über deren Status alsUnternehmer sich der Lieferer jedoch nur aufwändiginformieren kann. Zudem sehen viele Kassensystemekeine Möglichkeit der Rechnungslegung ohne geson-derten Umsatzsteuerausweis vor. Barzahlungen wer-den somit erschwert. Um u.a. diesen praktischen Pro-blemen zu begegnen, wurde entsprechend der bereitsbestehenden Regelung in § 13b Abs. 2 Nr. 10 UStGzum Reverse-Charge-Verfahren bei Lieferungen vonMobilfunkgeräten auch bei Lieferungen von in derAnlage 4 zum UStG genannten Metallen Vorausset-zung für die Anwendung des Reverse-Charge-Verfah-rens, dass die Summe der für die steuerpflichtigenLieferungen dieser Gegenstände in Rechnung zu stel-lenden Bemessungsgrundlagen mindestens 5 000 j

beträgt.

II. Nichtbeanstandungsregelungen wegen ab 1.1.2015geänderter Rechtslage

1. BMF vom 26.9.2014

Mit BMF-Schreiben vom 26.9.20143) war für Lieferun-gen von Edelmetallen (mit Ausnahme der Lieferungenvon Gold, soweit sie bereits vor dem 1.10.2014 unter§ 13b Abs. 2 Nr. 9 UStG fielen), die in der Zeit vom1.10.2014 bis 31.12.2014 ausgeführt werden, mit Blickauf die Anwendungsprobleme in der Praxis eine Über-gangsregelung getroffen worden. Danach beanstandetdie Verwaltung es beim leistenden Unternehmer undbeim Leistungsempfänger nicht, wenn die Vertrags-partner einvernehmlich noch von der Steuerschuldner-schaft des leistenden Unternehmers nach § 13a Abs. 1Nr. 1 UStG ausgehen. Voraussetzung hierfür ist, dassder Umsatz vom leistenden Unternehmer in zutreffen-der Höhe versteuert wird. Dies gilt entsprechend auchin den Fällen, in denen das Entgelt oder ein Teil desEntgelts nach dem 30.9.2014 und vor dem 1.1.2015 ver-einnahmt wird und die Leistung erst nach der Verein-nahmung des Entgelts oder von Teilen des Entgeltsausgeführt wird (vgl. Abschn. II.2 des BMF-Schreibensv. 26.9.2014). Bezogen auf die ab 1.10.2014 geltende

1) KroatienAnpG v. 25.7.2014, BGBl. I 2014, 1266.2) Vgl. dazu auch Matheis, Praktische Umsetzung des Re-

verse-Charge-Verfahrens bei der Lieferung von Metallenund metallhaltigen Gegenständen, UVR 2014, 378.

3) BMF v. 26.9.2014, IV D 3 – S 7279/14/10002 (2014/0847817),BStBl I 2014, 1297.

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Huschens, Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Metallen UVR 2015 Nr. 3 85

Reverse-Charge-Regelung konnten die Vertragspart-ner also noch bis 31.12.2014 einvernehmlich auf dieAnwendung des Reverse-Charge-Verfahrens verzich-ten.

2. BMF vom 5.12.2014

Mit Blick auf die Neufassung von § 13b Abs. 2 Nr. 11UStG und der dazugehörigen Anlage 4 durch das Zollko-dex-AnpG ist diese zunächst bis 31.12.2014 geltendeÜbergangsregelung durch das BMF-Schreiben vom5.12.20144) bis zum 30.6.2015verlängert worden. Danachgilt: Bei Lieferungen von Edelmetallen (mit Ausnahmeder Lieferungen von Gold, soweit sie bereits vor dem1.10.2014 unter § 13b Abs. 2 Nr. 9 UStG fielen), unedlenMetallen, Selen und Cermets, die nach dem 30.9.2014und vordem 1.7.2015ausgeführt werden, ist es beim leis-tenden Unternehmer und beim Leistungsempfängernicht zu beanstanden, wenn die Vertragspartner einver-nehmlich noch von der Steuerschuldnerschaft des leis-tenden Unternehmers nach § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG aus-gegangen sind. Voraussetzung hierfür ist, dass derUmsatzvom leistenden Unternehmer in zutreffenderHö-he versteuert wird. Dies gilt entsprechend auch in denFällen, in denen das Entgelt oder ein Teil des Entgeltsnach dem 30.9.2014 und vor dem 1.7.2015 vereinnahmtund die Leistung erst nach der Vereinnahmung des Ent-gelts oder von Teilen des Entgelts ausgeführt wird. Nachdieser Regelung können die Vertragspartner bei Metall-lieferungen somit noch bis 30.6.2015 einvernehmlich aufdie Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens ver-zichten.

3. BMF vom 22.1.2015

Zur Vermeidung von Umstellungsschwierigkeiten beiden Unternehmern, die die durch Art. 8 Nr. 2Buchst. a Doppelbuchst. bb i.V.m. Art. 28 Abs. 4 desKroatienAnpG)5) mit Wirkung vom 1.10.2014 einge-führte Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfän-gers auf Lieferungen von Edelmetallen, unedlen Me-tallen, Selen und Cermets bereits auf vor dem1.1.2015 ausgeführte Umsätze angewendet haben,wurde im Rahmen des BMF-Schreibens vom22.1.20156) die bis zum 30.6.2015 geltende Nichtbean-standungsregelung um die vorgenannten Fälle erwei-tert. Danach gilt über die Nichtbeanstandungsrege-lung nach dem BMF-Schreiben v. 5.12.20147) hinaus:Bei Lieferungen von Edelmetallen, unedlen Metallen,Selen und Cermets, die nach dem 31.12.2014 und vordem 1.7.2015 ausgeführt werden, ist es beim leisten-den Unternehmer und beim Leistungsempfängernicht zu beanstanden, wenn die Vertragspartner ein-vernehmlich die Steuerschuldnerschaft des Leistungs-empfängers angewendet haben, obwohl unter Be-rücksichtigung der Neufassung des § 13b Abs. 2Nr. 11 UStG und der Anlage 4 des UStG zum 1.1.2015durch Art. 11 i.V.m. Art. 16 Abs. 2 Zollkodex-AnpGder leistende Unternehmer Steuerschuldner wäre.Dies gilt entsprechend auch in den Fällen, in denendas Entgelt oder ein Teil des Entgelts nach dem31.12.2014 und vor dem 1.7.2015 vereinnahmt wirdund die Leistung erst nach der Vereinnahmung desEntgelts oder von Teilen des Entgelts ausgeführt wird.Somit gilt im Ergebnis für Umsätze mit Metallen (aus-genommen Gold, das unter § 13b Abs. 2 Nr. 9 UStGfällt) in der Zeit vom 1.10.2014 bis 30.6.2015: Metall-

lieferungen, die reverse-charge-fähig sind, könneneinvernehmlich so behandelt werden, dass (anstelledes Leistungsempfängers) der leistende Unternehmerdie Steuer schuldet. Metalllieferungen, die nicht re-verse-charge-fähig sind, können einvernehmlich (an-stelle der Steuerschuldnerschaft des leistenden Unter-nehmers) als Reverse-Charge-Umsätze behandeltwerden. Die Anwendung der 5 000-j-Grenze bei Um-sätzen nach dem 31.12.2014 steht m.E. mangels einerentsprechenden Regelung in den BMF-Schreibennicht zur Disposition der Parteien, d.h. auf die Beach-tung der 5 000-j-Grenze kann nicht verzichtet wer-den, wenn die Vertragspartner einvernehmlich – ent-sprechend der Art des Liefergegenstands gemäßAnlage 4 i.d.F. ab 1.1.2015 – von der Steuerschuldner-schaft des Leistungsempfängers ausgehen, der Wertdes Umsatzes jedoch unter 5 000 j liegt und daranzu keinem Zeitpunkt Zweifel bestehen.

Beispiel zur Anwendung der Nichtbeanstandungsrege-lungen:

Die Unternehmer A und B vereinbaren am 1.12.2014 eineLieferung von Stangen aus Kupfer. A und B geben mo-natlich Umsatzsteuer-Voranmeldungen ab. Die Bemes-sungsgrundlage für die Lieferung beträgt 100 000 j. Aund B haben sich auf eine Abschlagszahlung in Höhevon 20 000 j geeinigt, die bei A wie vereinbart am20.12.2014 eingeht. A hat hierüber am 10.12.2014 eineRechnung ausgestellt, in der er das Entgelt ausgewiesenund auf die Steuerschuldnerschaft des B hingewiesenhat. B hat die Umsatzsteuer auf die Anzahlung in seinerUSt-Voranmeldung für Dezember 2014 angemeldet unddiese Steuer gleichzeitig als Vorsteuer abgezogen. DieKupferstangen werden am 25.1.2015 geliefert.

Für die Lieferung der Kupferstangen ist A Steuerschuld-ner, weil Stangen aus Kupfer seit dem 1.1.2015 nichtmehr in der Anlage 4 des UStG enthalten sind und dieSteuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers B somitkeine Anwendung findet. Wenn B hinsichtlich diesesEingangsumsatzes zum vollen Vorsteuerabzug berech-tigt ist, dürfte A in der Schlussrechnung auf die Bemes-sungsgrundlage von 100 000 j die gezahlte Anzahlungals Nettobetrag anrechnen können:

Ausgeführte Kupferstangenlieferung 100 000 j

abzüglich Anzahlungen 20 000 j

80 000 j

+ USt (19 %) 15 200 j

von B zu zahlen: 95 200 j

Die Rechnung über die geleistete Anzahlung müsstenicht berichtigt werden. B dürfte aber auch die USt aufdie Anzahlung (bzw. seinen Vorsteuerabzug daraus)nicht berichtigen.

A und B könnten jedoch auch die Nichtbeanstandungs-regelung für nicht reverse-charge-fähige Metalllieferun-gen nach dem BMF-Schreiben v. 22.1.2015 anwenden.

Variante:

Sachverhalt wie vor. Die Unternehmer A und B wendeneinvernehmlich die v. g. Nichtbeanstandungsregelungan. Die Schlussrechnung könnte dann wie folgt erstelltwerden:

4) BMF v. 5.12.2014, IV D 3 S 7279/14/10002 (2014/1071127),BStBl I 2014, 1618.

5) KroatienAnpG v. v. 25.7.2014, BGBl I 2014, 1266.6) BMF v. 22.1.2015, IV D 3 – S 7279/14/10002-02

(2015/0028521), BStBl I 2015, 123.7) BMF v. 5.12.2014, IV D 3 S 7279/14/10002 (2014/1071127),

BStBl I 2014, 1618.

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86 UVR 2015 Nr. 3 Huschens, Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Metallen

Ausgeführte Kupferprofillieferung 100 000 j

abzüglich Anzahlungen 20 000 j

80 000 j

von B zu zahlen: 80 000 j.

In der Rechnung müsste dabei ein Passus enthalten sein,nach dem A und B einvernehmlich davon ausgehen, dassB in Anwendung der bis zum 31.12.2014 geltenden Fas-sung des § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG und der Anlage 4 desUStG als Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 5 Satz 1zweiter Halbsatz i.V.m. Abs. 2 Nr. 11 UStG auch Steuer-schuldner der Schlusszahlung ist.

III. Reverse-Charge-Verfahren bei Metalllieferungenab 1.1.2015

Ab 1.1.2015 fallen nach § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG fol-gende Lieferungen unter die Reverse-Charge-Rege-lung: Lieferungen der in der Anlage 4 (zum UStG) be-zeichneten Gegenstände, wenn die Summe der für siein Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eineswirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5 000 j beträgt;nachträgliche Minderungen des Entgelts bleiben da-bei unberücksichtigt.

Lieferungen von Edelmetallen, unedlen Metallen undCermets fallen somit nur dann unter § 13b Abs. 2Nr. 11 UStG, wenn der Leistungsempfänger ein Un-ternehmer ist (§ 13b Abs. 5 Satz 1 zweiter HalbsatzUStG) und wenn die Summe der für die steuerpflich-tigen Lieferungen dieser Gegenstände in Rechnungzu stellenden Bemessungsgrundlagen im Rahmen ei-nes wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5 000 j be-trägt.

Geht man von der Behandlung der Lieferungen vonMobilfunkgeräten aus (vgl. Abschn. 13b.7 Abs. 3UStAE), ist dabei auf alle i.R.e. zusammenhängendenwirtschaftlichen Vorgangs gelieferten Gegenständeder genannten Art abzustellen. Als Anhaltspunkt füreinen wirtschaftlichen Vorgang dient insbesonderedie Bestellung, der Auftrag, der Vertrag oder der Rah-men-Vertrag mit konkretem Auftragsvolumen. Liefe-rungen bilden stets einen einheitlichen wirtschaftli-chen Vorgang, wenn sie im Rahmen eines einzigenErfüllungsgeschäfts geführt werden, auch wenn hier-über mehrere Aufträge vorliegen oder mehrere Rech-nungen ausgestellt werden.

Nachträgliche Entgeltminderungen bleiben für dieBeurteilung der Betragsgrenze von 5 000 j unberück-sichtigt. Dies gilt auch für nachträgliche Teilrückab-wicklungen. Ist auf Grund der vertraglichen Verein-barungen nicht absehbar oder erkennbar, ob dieBetragsgrenze von 5 000 j für Lieferungen erreichtoder überschritten wird, wird es von der Verwaltungnicht beanstandet (vgl. Abschn. 13b.7 Abs. 3 UStAEfür Lieferungen von Mobilfunkgeräten), wenn dieSteuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers an-gewendet wird, sofern beide Vertragspartner überein-stimmend vom Vorliegen der Voraussetzungen zurAnwendung von § 13b UStG ausgegangen sind unddadurch keine Steuerausfälle entstehen. Dies gilt alserfüllt, wenn der Umsatz vom Leistungsempfänger inzutreffender Höhe versteuert wird. Dies gilt auchdann, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass

die Betragsgrenze von 5 000 j nicht überschrittenwird.

Es steht dem Unternehmer kein Wahlrecht zu, auch beieiner Lieferung unterhalb von 5 000 j das Re-verse-Charge-Verfahren anzuwenden, auch wenn z.B.das eingesetzte EDV-Programm eine Differenzierungnach dem Wert nicht zulässt.

Bei nach dem 31.12.2014 ausgeführten Lieferungenvon Edelmetallen, unedlen Metallen und Cermets istder Leistungsempfänger nur dann Steuerschuldnernach § 13b Abs. 2 Nr. 11 i.V.m. Abs. 5 Satz 1 zweiterHalbsatz UStG, wenn er Gegenstände i.S.d. Anlage 4des UStG in der Fassung von Art. 11 Nr. 2 Zollko-dex-AnpG erwirbt und die 5 000-j-Grenze erreicht ist.Werden nach dem 31.12.2014 Gegenstände geliefert,die mit Wirkung vom 1.1.2015 nicht mehr in der Anla-ge 4 des UStG enthalten sind (z.B. Selen sowie Draht,Stangen, Bänder, Folien, Bleche und andere flachge-walzte Erzeugnisse und Profile aus unedlen Metallen)oder deren Summe der Bemessungsgrundlagen imRahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs weniger als5 000 j beträgt, ist (vorbehaltlich der von den Vertrags-parteien in Anspruch genommenen Nichtbeanstan-dungsregelung) der leistende Unternehmer Steuer-schuldner.

Beispiel:

Die Unternehmer A und B vereinbaren am 5.12.2014 ei-ne Lieferung von Profilen aus Zink. A und B geben mo-natlich USt-Voranmeldungen ab. Die Bemessungs-grundlage für die Lieferung beträgt 60 000 j. A und Bhaben eine Abschlagszahlung in Höhe von 23 800 j ver-einbart, die am 19.1.2015 zu entrichten ist. A hat überdie zu leistende Anzahlung bereits am 22.12.2014 eineRechnung ausgestellt, in der er das Entgelt ausgewiesenund auf die Steuerschuldnerschaft des B hingewiesenhat. Die Anzahlung ist bei A vereinbarungsgemäß am19.1.2015 eingegangen. Die Zinkprofile wurden am15.2.2015 geliefert.

Für die Lieferung der Zinkprofile ist A Steuerschuldner,weil Profile aus Zink seit dem 1.1.2015 nicht mehr in derAnlage 4 des UStG enthalten sind und die Steuerschuld-nerschaft des Leistungsempfängers daher keine Anwen-dung findet. Da die Anzahlung nach dem 31.12.2014 ein-gegangen ist und die Leistung nach diesem Datumerbracht wurde, hat A grundsätzlich die ursprünglicheAnzahlungsrechnung zu berichtigen, indem er das bishe-rige Nettoentgelt als Bruttoentgelt ansieht und wie folgtabrechnet:

Anzahlung für Zinkblechlieferungen 20 000 j

+ Umsatzsteuer (19 %) 3 800 j

von B zu zahlen: 23 800 j.

Wenden A und B einvernehmlich die Nichtbeanstan-dungsregelung nach dem BMF-Schreiben v. 22.1.2015für Anzahlungen nach dem 31.12.2014 auf Metallliefe-rungen an, müsste die Anzahlungsrechnung nicht be-richtigt werden.

IV. Anlage 4 zum UStG i.d.F. ab 1.1.2015 alsabschließende Aufzählung der reverse-

charge-fähigen Metalle

Die Anlage 4 (zu § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG) hat ab1.1.2015 folgenden Wortlaut:

„Liste der Gegenstände, für deren Lieferung der Leis-tungsempfänger die Steuer schuldet

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Huschens, Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Metallen UVR 2015 Nr. 3 87

Lfd.Nr.

Warenbezeichnung Zolltarif(Kapitel, Position,

Unterposition)

1 Silber, in Rohform oderals Halbzeug oder Pulver;Silberplattierungen aufunedlen Metallen, inRohform oder als Halb-zeug

Positionen 7106 und7107

2 Platin, in Rohform oderals Halbzeug oder Pulver;Platinplattierungen aufunedlen Metallen, aufSilber oder auf Gold, inRohform oder als Halb-zeug

Position 7110 undUnterposition7111 00 00

3 Roheisen oder Spiegelei-sen, in Masseln, Blöckenoder anderen Rohformen;Körner und Pulver ausRoheisen oder Spiegelei-sen; massive strangge-gossene, nur vorgewalzteoder vorgeschmiedeteErzeugnisse

Positionen 7201, 7205und 7206; aus Posi-tion 7207; Positionen7218 und 7224

4 Nicht raffiniertes Kupferund Kupferanoden zumelektrolytischen Raffinie-ren; raffiniertes Kupferund Kupferlegierungen,in Rohform; Kupfervorle-gierungen; Pulver undFlitter aus Kupfer

Positionen 7402,7403, 7405 und 7406

5 Nickelmatte, Nickeloxid-sinter und andere Zwi-schenerzeugnisse der Ni-ckelmetallurgie; Nickelin Rohform; Pulver undFlitter, aus Nickel

Positionen 7501, 7502und 7504

6 Aluminium in Rohform;Pulver und Flitter, ausAluminium

Positionen 7601 und7603

7 Blei in Rohform; Pulverund Flitter, aus Blei

Position 7801; ausPosition 7804

8 Zink in Rohform; Staub,Pulver und Flitter, ausZink

Positionen 7901 und7903

9 Zinn in Rohform Position 8001

10 Andere unedle Metalle inRohform oder als Pulver

aus Positionen 8101bis 8112

11 Cermets in Rohform. Unterposition 811300 20

Die Anlage 4 enthält die Gegenstände, für deren Liefe-rungenderLeistungsempfängernach§ 13bAbs. 2Nr. 11und Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz UStG Steuerschuldnerwird,wennereinUnternehmerist.Eshandeltsichhierbeium edle und unedle Metalle sowie Cermets.

Selen, Draht, Bänder, Folien, Bleche und andere flach-gewalzte Erzeugnisse, Profile sowie Stangen (Stäbe)sind (im Gegensatz zur Fassung v. 1.10.2014) nicht

mehr in der Anlage 4 enthalten. Selen ist lediglich einHalbmetall. Bei Draht, Bändern, Folien, Blechen undanderen flachgewalzten Erzeugnissen, Profilen sowieStangen (Stäbe) ergaben sich zum einen Abgren-zungsschwierigkeiten in der Praxis, zum anderen sindsie neben dem gewerblichen Einsatz auch oftmals fürden Endverbrauch geeignet. Der Zolltarif unterschei-det aber nicht, ob die genannten Gegenstände fürden Endverbrauch geeignet oder aufgemacht sind.Unionsrechtlich ist nach Art. 199a Abs. 1 Buchst. jMwStSystRL eine Steuerschuldnerschaft des Leis-tungsempfängers aber nur für Gegenstände zulässig,die an Unternehmer geliefert werden. Zudem muss essich um Rohmetalle, Metallhalberzeugnisse oder Edel-metalle handeln. Bei dem in der bisherigen (bis31.12.2014 geltenden) Fassung von Nr. 2 der Anlage 4enthaltenen Gold lag ein Konkurrenzverhältnis zu dembereits unter die Steuerschuldnerschaft des Leistungs-empfängers fallenden Gold mit einem Feingehalt vonmindestens 325/1 0008) vor. Dieses Konkurrenzverhält-nis wurde durch Streichung der alten (bis 31.12.2014geltenden) Nr. 2 der Anlage 4 aufgelöst.

Die neu gefasste Anlage 4 grenzt wie die vorhergehen-de Anlage die reverse-charge-fähigen Güter nach demZolltarif ab. Soweit dabei auf Zolltarifpositionen insge-samt verwiesen wird (z.B. in Nr. 1 die Position 7106),fallen sämtliche zu dieser Position gehörende Gegen-stände unter die Regelung. Soweit der Verweis auf denZolltarif in Form von sog. „Ex-Positionen“ (wie in Nr. 3der Anlage „aus Position 7207“) erfolgt, fallen nicht al-le zu der Zolltarifposition gehörenden Gegenständeunter die Regelung, sondern nur diejenigen, die inden Kreis der Gegenstände fallen, der in der Spalte„Warenbezeichnung“ abgegrenzt ist (vgl. zu der nach-stehenden Erläuterung der unter Anlage Nr. 4 fallen-den Gegenstände auch Abschnitt 13b. 7a UStAE i.d.F.des BMF-Schreibens vom 26.9.20149)).

1. Silber

Unter Nummer 1 der Anlage 4 des UStG fallen nur Sil-ber (in Rohform, als Halbzeug oder als Pulver) sowieSilberplattierungen auf unedlen Metallen (in Rohformoder als Halbzeug) i.S.d. Positionen 7106 und 7107 desZolltarifs. Hierzu gehören Silber und Silberlegierun-gen sowie vergoldetes Silber, platiniertes Silber undmit Platinbeimetallen überzogenes Silber (z.B. palladi-niertes, rhodiniertes Silber) in den verschiedenen Roh-und Halbzeugformen und in Pulverform. Als Silber-plattierungen gelten u.a. Waren, bei denen auf einerMetallunterlage auf einer Seite oder mehreren SeitenSilber durch Löten, Schweißen, Warmwalzen oderähnliche mechanische Verfahren aufgebracht ist.Nicht hierzu gehören gegossene, gesinterte, getriebe-ne, gestanzte usw. Stücke in Form von Rohlingen fürSchmuckwaren usw. (z.B. Fassungen, Rohlinge vonRingen, Blumen, Tiere, andere Figuren) sowie Abfälleund Schrott aus Silber.

2. Platin u.a.

Unter Nummer 2 der Anlage 4 des UStG fallen nurPlatin, Palladium, Rhodium, Iridium, Osmium und

8) § 13b Abs. 2 Nr. 9 UStG.9) BMF v. 26.9.2014, IV D 3 – S 7279/14/10002 (2014/0847817),

BStBl I 2014, 1297.

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88 UVR 2015 Nr. 3 Huschens, Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Metallen

Ruthenium (in Rohform, als Halbzeug oder als Pulver)sowie Platinplattierungen auf unedlen Metallen, aufSilber oder auf Gold (in Rohform oder als Halbzeug)i.S.d. Position 7110 und der Unterposition 7111 00 00des Zolltarifs. Hierzu gehören Platin oder Platinlegie-rungen in Rohform oder als Halbzeug. Als Platinplat-tierungen gelten u.a. Waren, bei denen auf einer Me-tallunterlage auf einer Seite oder mehreren SeitenPlatin durch Löten, Schweißen, Warmwalzen oderähnliche mechanische Verfahren aufgebracht ist.Nicht hierzu gehören gegossene, gesinterte, getriebe-ne, gestanzte usw. Stücke in Form von Rohlingen fürSchmuckwaren usw. (z.B. Fassungen, Rohlinge vonRingen, Blumen, Tiere, andere Figuren) sowie Abfälleund Schrott aus Platin.

Eingeschmolzener und zu Rohblöcken, Masseln oderähnlichen Formen gegossener Abfall und Schrott vonEdelmetallen ist als unbearbeitetes Metall einzureihenund fällt deshalb nicht unter Nummer 7 der Anlage 3des UStG, sondern unter Nummer 1 oder 2 der Anlage4 des UStG. Sofern es sich um Gold handelt, kann§ 13b Abs. 2 Nr. 9 UStG in Betracht kommen.

3. Eisen

Unter Nummer 3 der Anlage 4 des UStG fallen nurRoheisen oder Spiegeleisen (in Masseln, Blöcken oderanderen Rohformen), Körner und Pulver (aus Roheisenoder Spiegeleisen) sowie massive stranggegossene,nur vorgewalzte oder vorgeschmiedete Erzeugnissei.S.d. Positionen 7201, 7205, 7206, 7207, 7218 und 7224des Zolltarifs. Roheisen kann in Form von Masseln,Barren oder Blöcken, auch gebrochen oder in flüssigerForm vorliegen, jedoch gehören geformte oder bear-beitete Waren (z.B. rohe oder bearbeitete Gussstückeoder Rohre) nicht hierzu. Zu der Nummer 3 der Anlage4 des UStG gehören auch Eisen und nicht legierterStahl, nicht rostender Stahl und anderer legierter Stahlin Rohblöcken (Ingots) oder anderen Rohformen (auchals Halbzeug). Nicht hierzu gehören radioaktive Eisen-pulver (Isotope), als Arzneiwaren aufgemachte Eisen-pulver, Rohre oder Behälter aus Stahl sowie Abfälleund Schrott aus Eisen oder Stahl.

4. Kupfer

Unter Nummer 4 der Anlage 4 des UStG fallen nurnicht raffiniertes Kupfer und Kupferanoden zum elek-trolytischen Raffinieren, raffiniertes Kupfer und Kup-ferlegierungen (in Rohform), Kupfervorlegierungen so-wie Pulver und Flitter aus Kupfer i.S.d. Positionen7402, 7403, 7405 und 7406 des Zolltarifs. Hierzu gehö-ren Schwarzkupfer und Blisterkupfer. Nicht hierzu ge-hören Pulver und Flitter aus Kupfer, die zubereiteteFarben sind, zugeschnittener Flitter sowie Abfälleund Schrott aus Kupfer.

5. Nickel

Unter Nummer 5 der Anlage 4 des UStG fallen nur Ni-ckelmatte, Nickeloxidsinter und andere Zwischener-zeugnisse der Nickelmetallurgie, Nickel in Rohformsowie Pulver und Flitter aus Nickel i.S.d. Positionen7501, 7502 und 7504 des Zolltarifs. Hierzu gehören un-reine Nickeloxide, unreines Ferronickel und Nickel-speise. Nicht hierzu gehören Abfälle und Schrott ausNickel.

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Huschens, Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Metallen UVR 2015 Nr. 3 89

6. Aluminium

Unter Nummer 6 der Anlage 4 des UStG fallen nurAluminium in Rohform sowie Pulver und Flitter ausAluminium i.S.d. Positionen 7601 und 7603 des Zollta-rifs. Nicht hierzu gehören Pulver und Flitter aus Alumi-nium, die zubereitete Farben sind, zugeschnittenerFlitter sowie Abfälle und Schrott aus Aluminium.

7. Blei

Unter Nummer 7 der Anlage 4 des UStG fallen nurBlei in Rohform sowie Pulver und Flitter aus Blei i.S.d.Position 7801 und aus der Position 7804 des Zolltarifs.Hierzu gehören Blei in Rohformen in verschiedenenReinheitsgraden (von unreinem Blei und silberhalti-gem Blei bis zum raffinierten Elektrolytblei), gegosse-ne Anoden zum elektrolytischen Raffinieren und ge-gossene Stangen, die z.B. zum Walzen, Ziehen oderzum Gießen in geformte Waren bestimmt sind. Nichthierzu gehören Pulver und Flitter aus Blei, die zube-reitete Farben sind, sowie Abfälle und Schrott ausBlei.

8. Zink

Unter Nummer 8 der Anlage 4 des UStG fallen nurZink in Rohform sowie Staub, Pulver und Flitter ausZink i.S.d. Positionen 7901 und 7903 des Zolltarifs.Hierzu gehört Zink in Rohform der verschiedenenReinheitsgrade. Nicht hierzu gehören Staub, Pulverund Flitter aus Zink, die zubereitete Farben sind, sowieAbfälle und Schrott aus Zink.

9. Zinn

Unter Nummer 9 der Anlage 4 des UStG fällt nur Zinnin Rohform i.S.d. Position 8001 des Zolltarifs. Nichthierzu gehören Abfälle und Schrott aus Zinn.

10. Andere unedle Metalle

Unter Nummer 10 der Anlage 4 des UStG fallen nurandere unedle Metalle in Rohform oder als Pulver ausden Positionen 8101 bis 8112 des Zolltarifs. Hierzu ge-hören Wolfram, Molybdän, Tantal, Magnesium, Co-balt, Bismut (Wismut), Cadmium, Titan, Zirconium,Antimon, Mangan, Beryllium, Chrom, Germanium, Va-nadium, Gallium, Hafnium, Indium, Niob (Columbi-um), Rhenium und Thallium. Nicht hierzu gehörenWolfram-, Molybdän-, Tantal- und Titancarbid sowieAbfälle und Schrott aus anderen unedlen Metallen.

11. Cermets

Unter Nummer 11 der Anlage 4 des UStG fallen nurCermets (Erzeugnisse aus einem keramischen und ei-nem metallischen Bestandteil) in Rohform i.S.d. Unter-position 8113 00 20 des Zolltarifs. Nicht hierzu gehörenWaren aus Cermets, Cermets, die spaltbare oder radio-aktive Stoffe enthalten, Plättchen, Stäbchen, Spitzenund ähnliche Formstücke für Werkzeuge aus Cermetssowie Abfälle und Schrott aus Cermets.

V. Besonderheiten

Bestehen Zweifel, ob ein Gegenstand unter die Anlage4 des UStG fällt, haben der Lieferer und der Abnehmerdie Möglichkeit, bei dem zuständigen Bildungs- und

Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltungeine unverbindliche Zolltarifauskunft für Umsatzsteu-erzwecke (uvZTA) mit dem Vordruckmuster 0310 ein-zuholen. Das Vordruckmuster mit Hinweisen zu denZuständigkeiten für die Erteilung von uvZTA stehtauf den Internetseiten der Zollabteilung des Bundes-ministeriums der Finanzen (http://www.zoll.de) unterder Rubrik Formulare und Merkblätter zum Ausfüllenund Herunterladen bereit. UvZTA können auch vonden Landesfinanzbehörden (z.B. den Finanzämtern)beantragt werden.10)

Werden sowohl Gegenstände geliefert, die unter dieAnlage 4 des UStG fallen, als auch Gegenstände, dienicht unter die Anlage 4 des UStG fallen, ergeben sichunterschiedliche Steuerschuldner. Dies ist auch bei derRechnungsstellung zu beachten.

Beispiel:

Unternehmer A liefert in zwei getrennten Partien raffinier-tes Kupfer in Rohform und Kupferdraht an Unternehmer B.Es liegen zwei Lieferungen vor. Die Umsatzsteuer für dieLieferung des Kupferdrahts wird vom leistenden Unterneh-mer A geschuldet (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG), weil Kupfer-draht in der Anlage 4 des UStG nicht aufgeführt ist. Für dieLieferung des raffinierten Kupfers in Rohform schuldet derEmpfänger B die Umsatzsteuer (§ 13b Abs. 5 Satz 1 i.V.m.Abs. 2 Nr. 11UStG). InderRechnung isthinsichtlich desge-liefertenKupferdrahtsu.a.dasEntgeltsowiediehieraufent-fallende Umsatzsteuer gesondert auszuweisen (§ 14 Abs. 4Satz 1 Nr. 7 und 8 UStG). Hinsichtlich des gelieferten raffi-nierten Kupfers in Rohform ist eine Steuer nicht gesondertauszuweisen (§ 14a Abs. 5 Satz 2 UStG). A ist insoweit zurAusstellung einer Rechnung mit der Angabe „Steuer-schuldnerschaft des Leistungsempfängers“ verpflichtet(§ 14a Abs. 5 Satz 1 UStG).

Werden Mischungen oder Warenzusammensetzungengeliefert, die sowohl aus in der Anlage 4 des UStG be-zeichneten als auch dort nicht genannten Gegenstän-den bestehen, sind die Bestandteile grundsätzlich ge-trennt zu beurteilen. Ist eine getrennte Beurteilungnicht möglich, müssen die Waren nach dem Stoff oderBestandteil beurteilt werden, der ihnen ihren wesent-lichen Charakter verleiht. Die Steuerschuldnerschaftdes Leistungsempfängers nach § 13b Abs. 2 Nr. 11UStG ist demnach auf Lieferungen von Metallen anzu-wenden, wenn der Stoff oder der Bestandteil, der denGegenständen ihren wesentlichen Charakter verleiht,in der Anlage 4 des UStG bezeichnet ist.

VI. Fazit

Binnen kurzer Zeit hat der Gesetzgeber den Anwen-dungsbereich des Reverse-Charge-Verfahrens für Lie-ferungen bestimmter Metalle wieder eingeschränktund insbesondere die Produkte ausgenommen, dieauch für den Endverbrauch geeignet sein könnenund zusätzlich, wie bei Lieferungen von Mobilfunkge-räten u.a. Gegenständen nach § 13b Abs. 2 Nr. 10UStG, eine 5 000-j-Grenze eingezogen. Durch die bis30.6.2015 wirkende, großzügige Übergangsregelung,die die Verwaltung eingeräumt hat, sollte es der be-troffenen Branche möglich sein, sich auf die veränder-ten Bedingungen einstellen zu können.

10) Zur Einordnung von Waren unter den Zolltarif und den Erläu-terungen hierzu siehe http://auskunft.ezt-online.de/ezto/SeqEinreihungSucheAnzeige.do?init=ja#ziel.

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90 UVR 2015 Nr. 3 Strunz, Präzisierte Auskunftspflicht für Postdienste in Österreich

Präzisierte Auskunftspflicht für Postdienste in Österreich(der neue § 27 Abs. 6a öUStG)

Diplom-Volkswirt, StB, Rechtsbeistand, Willi Strunz, Veitsbronn*)

Postdienste verfügen aufgrund ihrer Tätigkeit über vielfältige Informationen und Daten, die auch für Dritte vonBedeutung sein können. Während private Interessenten oder Unternehmen dieses Informationsmaterial käuflicherwerben können, kann es sich der Fiskus in Österreich z.Zt. durch ein Gesetz beschaffen. So geschehen jüngsti.R.d. sog. „Abgabenänderungsgesetzes 2010“1) (AbgAG 2010), das am 15.6.2010 im österreichischen Bundesge-setzblatt kundgemacht wurde. Bei den Änderungen im Bereich der Umsatzsteuer geht es im Wesentlichen um dieBerücksichtigung der neueren Rechtsprechung, die Umsetzung verschiedener EU-Richtlinien und Maßnahmenzur Abgabensicherung. So wurde – um die Besteuerung sicherzustellen – in § 27 öUStG ein neuer Absatz 6a ein-gefügt, der eine Auskunftsverpflichtung für Unternehmer, die in Österreich Postdienste erbringen, statuiert.

Inhalt Seite

I. Der Inhalt des neuen § 27 Abs. 6a öUStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90II. Für die Abgabenbehörden wichtige Informationen der Postdienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90III. Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 27 Abs. 6a öUStG und Lage davor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

1. Zeitpunkt des Inkrafttretens. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 902. Auskunftspflicht der Postdienste vor der Neuregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91

Literatur: Reichl, Abgabenänderungsgesetz 2010 –umsatzsteuerliche Konsequenzen, tqxlex 2010, 459;Wakounig/Maccho, Umsatzsteuerliche Kontrolle derinnergemeinschaftlichen Lieferung in den Niederlan-den und in Irland, SWI 2001, 393.

I. Der Inhalt des neuen § 27 Abs. 6a öUStG

Im § 27 öUStG sind besondere Aufsichtsmaßnahmenzur Sicherung des Umsatzsteueranspruches des öster-reichischen Staates geregelt. Der dort neu eingefügteAbs. 6a bestimmt, dass Unternehmer, die Postdienstei.S.d. Postgesetzes 19972), oder des Postmarktgeset-zes3), erbringen, auf Verlangen der AbgabenbehördeAuskunft zu erteilen haben über im grenzüberschrei-tenden Warenverkehr erfolgte Lieferungen von nichtim Inland ansässigen Unternehmern an Abnehmer imInland. Die Abgabenbehörde ist berechtigt, Auskunftüber alle für die Erhebung von Abgaben erforderli-chen Tatsachen zu verlangen.

Durch diese neue Vorschrift stehen den Abgabenbe-hörden wesentlich mehr Daten und Informationen zurVerfügung, denn bisher hatten sie nur die begrenztenInformationen aus den von den Steuerpflichtigen ein-gereichten Erklärungen für ihre Ermittlungen. Von derneuen Regelung des § 27 Abs. 6a öUStG sollen die Be-hörden jedoch nur dann Gebrauch machen, wenn diesfür die Überwachung der Einhaltung der sog. Versand-handelsregelung auch notwendig ist.4)

II. Für die Abgabenbehörden wichtige Informationender Postdienste

§ 27 Abs. 6a öUStG führt beispielhaft aus, dass zu denbedeutsamen Daten und Informationen der Postdienst-leister, die von den Abgabenbehörden abgefragt wer-den können, vor allem die Namen und Adressen derliefernden Unternehmer und der Empfänger der Liefe-rungen, sowie die Anzahl der Lieferungen zählen. Beiden Lieferungen die den österreichischen Fiskus hierinteressieren, wird es sich insb. um sog. Massensen-dungen mit relativ geringem Wert handeln oder auch

um Versendungen von Gegenständen, deren Verkaufinsb. über bestimmte Internetplattformen wie z.B.„eBay“ durchgeführt wurden.

Die durch die Neuregelung des § 27 Abs. 6a öUStG be-zweckte gegenseitige intensivere Zusammenarbeitzwischen den Postdienstleistern und den Abgabenbe-hörden dürfte jedoch in ihrem Wissensdurst auch angewisse Grenzen stoßen, denn die Behörden könnennur die Anzahl der Lieferungen jedes Lieferanten er-fahren und nicht auch das Entgelt für die Warenliefe-rungen, da dieses den Postdienstleistern nicht zurKenntnis gelangen wird. Dadurch wird es den österrei-chischen Abgabenbehörden mangels entsprechenderWertinformationen auch kaum möglich sein, festzu-stellen, ob die Versandhandelsschwelle die ab demJahre 2011 von 100 000 j auf 35 000 j abgesenkt wur-de, überschritten wurde oder eingehalten ist.

III. Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 27 Abs. 6a öUStGund Lage davor

1. Zeitpunkt des Inkrafttretens

Das Abgabenänderungsgesetz 2010 enthält keinenZeitpunkt für das Inkrafttreten der neuen Bestim-mung. Aus diesem Grunde bestimmt sich der Zeit-punkt nach den allgemeinen Grundsätzen gemäßArt. 49 BVG. Danach tritt die Vorschrift des § 27Abs. 6a öUStG am Tage nach der Veröffentlichungdes Abgabenänderungsgesetzes 2010 (s.o. unter I.)in Kraft, d.h. am 16.6.2010.

2. Auskunftspflicht der Postdienste vor der Neurege-lung

Bereits vor der Neuregelung in § 27 Abs. 6a öUStG wa-ren die österreichischen Abgabenbehörden gemäß

*) Herr Strunz ist StB im Ruhestand.1) Vgl. öBGBl. 2010/34 v. 15.6.2010.2) Postgesetz 1997, BGBl. I 1998, Nr. 18.3) Postmarktgesetz, BGBl. I 2009, Nr. 123.4) Vgl. Reichl, Abgabenänderungsgesetz 2010 – umsatzsteuerli-

che Konsequenzen, tqxlex 2010, 459 ff.

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Behrens/Bielinis, Anteilsbezogene Zwischengeschäfte UVR 2015 Nr. 3 91

§ 143 öBAO berechtigt, zur Erfüllung der im § 114öBAO übertragenen Aufgaben Auskünfte über allefür die Erhebung von Abgaben maßgebenden Tatsa-chen zu verlangen.5) Diese umfassende Auskunfts-pflicht trifft gem. § 143 Abs. 1 Satz 2 jedermann, auchwenn es sich nicht um seine persönliche Abgabepflichthandelt. Somit wird durch das Abgabenänderungsge-setz 2010 die Auskunftspflicht nur noch einmal aus-drücklich klargestellt und auf diese Weise bestimmt,dass Postdienste in den „Dienst des Fiskus“ zu tretenhaben, obwohl sich deren Auskunftspflicht schon bis-her aus der öBAO entnehmen ließ.

IV. Fazit

Durch die hier dargestellte erhöhte Auskunftspflichtgem. § 27 Abs. 6a öUStG, die auch für die Kontrolledes innergemeinschaftlichen Erwerbs von Bedeutungsein kann, wenn der österreichische Abnehmer einUnternehmer ist, ist auf die Adressaten dieser Neure-

gelung eine nicht unerhebliche zusätzliche Arbeitsbe-lastung hinzugekommen, denn es handelt sich um eineVielzahl von Daten und Informationen, die nunmehrnoch zu liefern sind.6) Ob jedoch dieser Zusatzaufwandfür die Postdienste den erwünschten Erfolg für den Fis-kus erbringen kann, vermag ein Dritter nicht zu beur-teilen. Aber da die Postleistungsbetriebe in Österreich– wie auch in der Bundesrepublik – von der Umsatz-steuerpflicht befreit sind, hatte der Gesetzgeber imNachbarlande eventuell auch den „Hintergedanken“,dass Postdienste als Gegenleistung für diese Steuer-vergünstigung – getreu dem „Do ut des-Prinzips“ desFiskus – ihm auch etwas liefern könnten, d.h. Datenund Infos die für ihn von Nutzen sein können.

UVR-Praxisfall

Verwirklichung von § 1 Abs. 3 Nr. 3 oder Nr. 4 oder Abs. 3a GrEStG infolgeanteilsbezogener Zwischengeschäfte?

Zugleich Anmerkung zum Urteil des FG Köln vom 26.3.2014, 5 K 235/11

Dr. Stefan Behrens/Dr. Andrius Bielinis, Clifford Chance, Frankfurt am Main*)

Während die in § 1 Abs. 1 Nr. 5 bis Nr. 7 GrEStG geregelten Tatbestände unmittelbar auf inländische Grundstü-cke bezogene Zwischengeschäfte (einschließlich der Übernahme eines noch nicht vollzogenen Grundstückskauf-vertrags durch einen neuen Käufer)1) der Grunderwerbsteuer unterwerfen, enthält das Grunderwerbsteuergesetzkeine Vorschriften, wonach auch Zwischengeschäfte2) Grunderwerbsteuer auslösen, die sich auf Anteile an Ge-sellschaften beziehen, zu deren Vermögen Grundstücke gehören. In der Praxis sind einzelne Finanzämter nichtbereit, diesen Befund hinzunehmen, sondern wollen auf Anteile an grundbesitzenden Gesellschaften bezogeneZwischengeschäfte über eine extensive Auslegung von § 1 Abs. 3 Nr. 3 oder Nr. 4 GrEStG der Grunderwerbsteuerunterwerfen.

Im Urteil V K 235/11 vom 26.3.20143) vertritt nun auch das FG Köln die Auffassung, dass beim derivativen An-teilserwerb durch einen Dritten infolge der Abtretung eines Anspruchs auf Übertragung von mindestens 95 % derAnteile an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft zweimal Grunderwerbsteuer anfällt, und zwar zunächstgemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG auf den Abschluss des ursprünglichen Anteilskaufvertrags sowie anschließendnach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG auf die dingliche Übertragung der Rechtsinhaberschaft an den Anteilen durchden Anteilsverkäufer auf den vom Anteilskäufer benannten Dritten. Gegen dieses Urteil ist die Revision beimBFH anhängig,4) so dass in Kürze mit einer höchstgerichtlichen Klärung der Anwendbarkeit von § 1 Abs. 3 Nr. 3oder Nr. 4 GrEStG auf anteilsbezogene Zwischengeschäfte gerechnet werden kann.

Im Folgenden wird dargelegt, dass anteilsbezogene Zwischengeschäfte Grunderwerbsteuer weder nach § 1Abs. 3 Nr. 3 oder Nr. 4 GrEStG noch nach dem seit 7.6.2013 gültigen § 1 Abs. 3a GrEStG auslösen.

5) Vgl. Abs. 1 § 143 öBAO.6) Vgl. Wakounig/Macho, SWI 2001, 393.

*) Dr. Stefan Behrens ist Rechtsanwalt, Steuerberater und Partner, Dr. Andrius Bielinis ist Rechtsanwalt und Associate bei CliffordChance Deutschland in Frankfurt/M.

1) Vgl. BFH v. 22.1.2003, II R 32/01, BStBl II 2003, 526, Leitsatz: „Tritt ein Dritter durch eine Vertragsübernahme als neuer Käufer ineinen noch nicht vollzogenen Grundstückskaufvertrag ein, verwirklicht sich ein Erwerbsvorgang gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 bzw. Nr. 7GrEStG. Dieser schließt bezüglich des nämlichen Grundstücks einen Rechtsträgerwechsel vom Verkäufer auf den neuen Käufernach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG aus (Aufgabe der Rechtsprechung im Urteil des BFH v. 26.9.1990, II R 107/87, BFH/NV 1991, 482).“.

2) Zum Beispiel Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Abtretung eines Anspruchs auf Übertragung der bereits vereinigten Anteilean Grundstücks-Gesellschaften begründen, oder die den Anspruch auf Abtretung der Rechte aus einem Angebot zum Kauf derbereits vereinigten Anteile an einer Grundstücks-Gesellschaft begründen, sowie die dingliche Abtretung derartiger Rechte.

3) FG Köln v. 26.3.2014, 5 K 235/11, EFG 2014, 1501.4) Rev. BFH, Az. II R 26/14.

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92 UVR 2015 Nr. 3 Behrens/Bielinis, Anteilsbezogene Zwischengeschäfte

I. Sachverhalt des Urteils des FG Köln vom 26.3.2014(5 K 235/11)

In dem zugrundeliegenden Sachverhalt hatte dieY-Bank ihre 100 %ige Beteiligung an der ZYX N.V.im September 2006 an die W-Bank verkauft. Die ZYXN.V. war Alleingesellschafterin einiger niederländi-scher BVs, zu deren Vermögen in Deutschland belege-ne Grundstücke gehörten. Nach dem Anteilskaufver-trag war die W-Bank berechtigt, vor dem Vollzug desVertrags eine ihrer Konzerngesellschaften als Käuferinzu benennen. Nach Erfüllung der im Anteilskaufver-trag vereinbarten Bedingungen für den Vollzug be-nannte die W-Bank die Klägerin als Käuferin. DieY-Bank, die W-Bank und die Klägerin schlossen im De-zember 2006 eine Änderungsvereinbarung, wonachdie Anteile an der ZYX N.V. (umbenannt in WX N.V.)unmittelbar von der Y-Bank auf die Klägerin übertra-gen werden sollten.

Das FA erließ zwei Bescheide über die einheitlicheund gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrund-lagen, und zwar zum einen gegenüber der W-Bankaufgrund des Anteilskaufvertrags von September2006 (Erwerb von der Y-Bank) und zum anderen ge-genüber der Klägerin aufgrund der Anteilsübertra-gung im Dezember 2006. In der Entscheidung überden Einspruch gegen den zweitgenannten Bescheidwertete das FA den Erwerb durch die Klägerin alsnach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG steuerbaren Erwerbvon der W-Bank.

II. Entscheidung des FG Köln im Urteil vom 26.3.2014

Nach Auffassung des FG Köln ist auf den Erwerbdurch die Klägerin § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG nicht an-wendbar, weil diese Vorschrift nur die erstmalige Be-gründung eines Anspruchs auf Übertragung von min-destens 95 % der Anteile an der grundbesitzendenGesellschaft erfasse, nicht hingegen die Übertragungeines bereits bestehenden Übertragungsanspruchs.5)

Eine über den Wortlaut von § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStGhinausgehende, extensive Auslegung dieser Vor-schrift lehnt das FG Köln mit der folgenden Begrün-dung ab:

„Dem Gesetzgeber war die Problematik bekannt. Diesergibt sich aus der steuerlichen Erfassung der Zwi-schengeschäfte in § 1 Abs. 1 Nr. 5 bis Nr. 7 GrEStG.Wenn er für die Fälle der Anteilsübertragung und An-teilsvereinigung auf eine vergleichbare Regelung derBesteuerung von Zwischengeschäften verzichtet hat,kann diese Entscheidung nicht durch Auslegung oderAnalogie korrigiert werden.“6)

Das FG Köln bejaht jedoch die Steuerbarkeit des An-teilserwerbs durch die Klägerin nach § 1 Abs. 3 Nr. 4GrEStG. Zwar wäre die Anteilsübertragung vom De-zember 2006 ohne den Anteilskaufvertrag vom Sep-tember 2006 nicht zustande gekommen. Jedoch seidie Klägerin am Anteilskaufvertrag vom September2006 schuldrechtlich nicht beteiligt gewesen. Ein nurmit einem Dritten vorausgegangenes schuldrechtli-ches Rechtgeschäft könne insoweit nicht genügen.Weil kein Neuabschluss, sondern eine Vertrags-übernahme erfolgt sei, könne auch die Änderungs-vereinbarung vom Dezember 2006 nicht als vorausge-gangenes schuldrechtliches Rechtsgeschäft gewertetwerden.

III. Argumente gegen die Anwendung von§ 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG

Entgegen der Ansicht des FG Köln ist die Besteuerungdes Anteilserwerbs durch die Klägerin nach § 1 Abs. 3Nr. 4 GrEStG abzulehnen. Die Vorschrift ist in ihrem„wenn“-Halbsatz passivisch formuliert. Der Tatbe-stand von § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG ist nicht erfüllt,„wenn ein schuldrechtliches Geschäft im Sinne von§ 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG vorausgegangen ist“, unab-hängig davon, ob die Anteilserwerberin selbst an die-sem vorausgegangen schuldrechtlichen Geschäft alsVertragspartei beteiligt gewesen ist. Hätte der Gesetz-geber die Identität der Beteiligten am vorausgegange-nen schuldrechtlichen Rechtsgeschäft einerseits undam dinglichen Erfüllungsgeschäft andererseits als Vo-raussetzung für die Nichtbesteuerung der dinglichenErfüllung nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG verlangen wol-len, hätte er den Wortlaut des „wenn“-Halbsatzes an-ders formuliert. Die Anwendung von § 1 Abs. 3 Nr. 4GrEStG scheidet zumindest dann aus, wenn – wie imSachverhalt, den das FG Köln zu beurteilen hatte – diedingliche Übertragung der Rechtsinhaberschaft anden Anteilen der Erfüllung des aus dem vorausgegan-genen schuldrechtlichen Rechtsgeschäft resultieren-

5) Dies entspricht der in der Literatur einhellig vertretenen Mei-nung, vgl. z.B. Fischer in Boruttau, 16. Aufl. 2007, § 1 GrEStG,Rz. 859.

6) Vgl. FG Köln v. 26.3.2014, V K 235/11, Tz. 22.

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Behrens/Bielinis, Anteilsbezogene Zwischengeschäfte UVR 2015 Nr. 3 93

den Anteilsübertragungsanspruchs dient.7) Im Übrigenist fraglich, ob die Klägerin vorliegend nicht auch amvorausgegangenen Rechtsgeschäft (Anteilskaufver-trag) selbst beteiligt war. Denn durch die Vertrags-übernahme ist sie letztlich selbst Partei des Kaufver-trags geworden und war damit – noch vor Vollzug –am Rechtsgeschäft „schuldrechtlich beteiligt“. Eineschuldrechtliche Beteiligung verlangt nicht zwangs-läufig, das Rechtsgeschäft (ursprünglich) auch selbstabgeschlossen zu haben.

Allein der Umstand, dass auf der Erwerber-Seite zweiRechtsträger beteiligt sind, rechtfertigt keine zweifa-che Erhebung von Grunderwerbsteuer. So ist für dieKonstellation des Grundstückskaufvertrags zugunsteneines Dritten gemäß § 433, § 328 ff. BGB anerkannt,dass im Ergebnis nur einmal Grunderwerbsteuer an-fällt8). Beim Vertrag zugunsten Dritter schließt der Ver-sprechensempfänger (Käufer) im eigenen Namen ei-nen Vertrag mit dem Versprechenden (Verkäufer) ab.Der Dritte hat – soweit er nicht von seinem Zurückwei-sungsrecht i.V.m. § 333 BGB Gebrauch macht – denEigentumsverschaffungsanspruch. Dieser Anspruchentsteht allein aufgrund des Vertrags zwischen Ver-sprechendem und Versprechensempfänger. Einer Mit-wirkung des Dritten bedarf es nicht. Der Dritte erwirbtden Anspruch originär in seiner Person. Der Anspruchgehört nicht – auch nicht durchgangsweise – zum Ver-mögen des Versprechensempfängers.9) Bezieht sichder Vertrag zugunsten Dritter auf den Kauf einesGrundstücks oder auf den Kauf von mindestens 95 %der Anteile an einer grundbesitzenden Kapitalgesell-schaft, wird der Tatbestand von § 1 Abs. 1 Nr. 1 bzw.§ 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG durch den Abschluss des Ver-trags zugunsten Dritter zwischen dem Versprechens-empfänger und dem Versprechenden erfüllt. Steuer-schuldner i.V.m. § 13 Nr. 1 GrEStG sind nur diesebeiden, nicht aber der unmittelbar den Anspruch er-langende Dritte.10)

Beim Versprechenden erfolgt kein Durchgangserwerb,so dass kein Rechtsträgerwechsel vom Versprechens-empfänger auf den Dritten vorliegen kann. Auch imVerhältnis zwischen Versprechendem und Drittemliegt kein steuerbarer Erwerbsvorgang vor, weil derin diesem Verhältnis erfolgenden Auflassung bzw.dem dinglichen Erfüllungsgeschäft der vom Verspre-chenden mit dem Versprechensempfänger abge-schlossene schuldrechtliche Vertrag zugunsten Drittervorausgegangen ist.11)

Zwar unterscheidet sich der Vertrag zugunsten Drittervon der vom FG Köln beurteilten Konstellation, in derein Anteilsübertragungsanspruch weiter übertragenbzw. vom Anteilskäufer ein Dritter als Käufer benanntwird, dadurch, dass nach Abschluss des Kaufvertragsnoch ein weiteres Rechtsgeschäft abgeschlossen wur-de. Die grunderwerbsteuerrechtliche Behandlung desVertrags zugunsten Dritter zeigt aber, dass die Beteili-gung von zwei Rechtsträgern auf der Käufer-Seite kei-nesfalls automatisch dazu führt, dass zweimal Grund-erwerbsteuer anfällt. Auch belegt sie, dass diedingliche Erfüllung zwischen dem Veräußerer (Ver-sprechenden) und dem Dritten nicht steuerbar ist, weilzwischen dem Veräußerer und dem Versprechensemp-fänger ein schuldrechtliches Rechtsgeschäft vorausge-gangen ist. Dass auf der Erwerber-Seite keine Par-tei-Identität besteht, ist unerheblich.

Schließlich zeigt die Anwendung der Argumentationdes FG Köln auf einen direkten Grundstückserwerbnach § 1 Abs. 1 GrEStG, dass sie zu einer vom Gesetznicht gewollten Übermaßbesteuerung führen kann.Nimmt man in dem vom FG Köln entschiedenen Fallan, dass nicht die Anteile an der ZYX N.V. (WX N.V.)Gegenstand des Vertrags sowie der Übertragung wa-ren, sondern unmittelbar ein Grundstück, so löste dies– vor dem Hintergrund der dargestellten Argumentati-on des Gerichts – dreimal Grunderwerbsteuer aus: beiAbschluss des ursprünglichen Anteilskaufvertrags (§ 1Abs. 1 Nr. 1 GrEStG), bei Vertragsübernahme (§ 1Abs. 1 Nr. 5 GrEStG) sowie schließlich bei der Auflas-sung des Grundstücks (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG). Letz-teres unterläge insbesondere deswegen der Grunder-werbsteuer, weil nach Auffassung des FG Köln keinRechtsgeschäft vorausgegangen wäre, weil die Kläge-rin am ursprünglichen Anteilskaufvertrag nicht betei-ligt gewesen wäre. Eine dreimalige Besteuerung desdargestellten Vorgangs dürfte indes nicht der Intentiondes Gesetzes entsprechen.

IV. Nicht mehr als zweimal Grunderwerbsteuer beimehrfacher Benennung des Käufers

Auf Grundlage der vom FG Köln im Urteils vom26.3.2014 vertretenen Grundsätze fiele auch dann„nur“ zweimal Grunderwerbsteuer an, wenn der vomursprünglichen Anteilskäufer Benannte nicht seiner-seits die dingliche Rechtsinhaberschaft an den Antei-len erwirbt, sondern vor Vollzug des Vertrags einenweiteren Rechtsträger benennt, der dann mit dem An-teilsverkäufer den Vertrag über die dingliche Übertra-gung der Rechtsinhaberschaft an den Anteilen ab-schließt. Hätte im Fall des FG Köln die Klägerin nachihrer Benennung eine weitere Konzerngesellschaft be-nannt, die anschließend die Änderungsvereinbarungmit der Anteilsverkäuferin und dem Anteilskäufer ab-schließt, wäre ebenfalls zweimal – und nicht dreimal –Grunderwerbsteuer angefallen.

M.E. ist jedoch auch in dieser Fallkonstellation § 1Abs. 3 Nr. 4 GrEStG unanwendbar, so dass auch hierinsgesamt nur einmal Grunderwerbsteuer anfällt.Denn mit dem Anteilskaufvertrag ist der Übertragungder dinglichen Rechtsinhaberschaft an der Beteili-gung an der WX N.V. ein schuldrechtliches Rechtsge-schäft i.V.m. § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG vorausgegan-gen. Die oben in Ziffer 3 gegen die Ansicht des FGKöln vorgebrachten Argumente gelten hier entspre-chend.

7) So auch Hofmann, § 1 GrEStG, Rz. 136, 10. Aufl. 2014. Ähn-lich in Bezug auf das Verhältnis zwischen Nr. 1 einerseits undNr. 2, Nr. 3 von § 1 Abs. 1 GrEStG andererseits FG Bremen v.11.6.2003, 2 K 639/02 (01), EFG 2003, 1324, Leitsatz: „Wird dieAuflassung nicht zwischen den Vertragsparteien des nach § 1Abs. 1 Nr. 1 GrEStG besteuerten Verpflichtungsgeschäfts,sondern zwischen dem Veräußerer und einem Dritten erklärt,auf den der Übereignungsanspruch im Wege der Gesamt-rechtsnachfolge übergangen ist, unterliegt der Rechtsvor-gang weder der Besteuerung nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStGnoch nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG.“.

8) Vgl. BFH v. 6.5.1969, II 166/64, BStBl II 1969, 558.9) Vgl. Grüneberg in Palandt, 73. Aufl. 2013, Einführung vor

§ 328, Rz. 6 m.w.N.10) Vgl. BFH v. 21.11.1979, II R 146/76, BStBl II 1980, 132; Fischer

in Boruttau, § 1 GrEStG, Rz. 23 f.; Hofmann, 10. Aufl. 2014,§ 13 GrEStG, Rz. 4; Pahlke, § 13 GrEStG, Rz. 5, 5. Aufl. 2014.

11) Vgl. Pahlke in Pahlke, 5. Aufl. 2014, § 1 GrEStG, Rz. 98.

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94 UVR 2015 Nr. 3 Behrens/Bielinis, Anteilsbezogene Zwischengeschäfte

V. Auch keine Besteuerung des dinglichen Anteils-erwerbers nach § 1 Abs. 3a GrEStG

Bei nach dem 6.6.2013 verwirklichten anteilsbezoge-nen Zwischengeschäften ist zudem noch die Anwend-barkeit von § 1 Abs. 3a GrEStG zu prüfen.12) Dies sollhier anhand des folgenden Beispiels geschehen:

Beispiel:

Der Anteilsverkäufer verkauft seinen 100 %igen Ge-schäftsanteil an der Target-GmbH an die MG. Die MGüberträgt diesen Anteilsübertragungsanspruch auf diezu 100 %ig in ihrem Anteilsbesitz stehende Toch-ter-GmbH. Anschließend überträgt der Anteilsverkäuferdie Rechtsinhaberschaft an dem 100 %igen Geschäftsan-teil direkt auf die Tochter-GmbH:

Der Abschluss des Anteilskaufvertrags löst im Verhält-nis des Anteilsverkäufers zur MG Grunderwerbsteuernach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG aus. Die Abtretung desAnteilsübertragungsanspruchs durch MG an die Toch-ter-GmbH verwirklicht den Tatbestand von § 1 Abs. 3Nr. 3 GrEStG nicht, weil kein Anspruch auf Übertra-gung des 100 %igen Geschäftsanteils an der Tar-get-GmbH begründet wird; es wird vielmehr derbereits bestehende Anteilsübertragungsanspruch ab-getreten, was vom Wortlaut von § 1 Abs. 3 GrEStGnicht erfasst ist. Die anschließende Übertragung derdinglichen Rechtsinhaberschaft an dem 100 %igen

Geschäftsanteil an der Target-GmbH durch den An-teilsverkäufer auf die Tochter-GmbH löst – entgegender vom FG Köln im dessen Urteil vom 26.3.2014 ver-tretenen Ansicht – keine Grunderwerbsteuer aus; § 1Abs. 3 Nr. 4 GrEStG ist nicht erfüllt, weil mit dem Ab-schluss des Anteilskaufvertrags durch den Anteilsver-käufer und MG ein Rechtsgeschäft vorausgegangenist, das den Anspruch auf Übertragung des 100 %igenGeschäftsanteils begründet hat, und weil die Übertra-gung der dinglichen Rechtsinhaberschaft an diesemAnteil durch den Anteilsverkäufer auf die Toch-ter-GmbH der Erfüllung dieses Anteilsübertragungs-anspruchs dient.13)

Fraglich ist, ob sich am Ergebnis, dass insg. nur einmalGrunderwerbsteuer anfällt, durch das Inkrafttretenvon § 1 Abs. 3a GrEStG am 6.6.2013 etwas geänderthat. Dies ist zu verneinen:

12) Vgl. § 23 Abs. 11 GrEStG zum zeitlichen Anwendungsbereichvon § 1 Abs. 3a GrEStG.

13) Vgl. oben in Ziffer 3.

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Rezension UVR 2015 Nr. 3 95

Kein Erwerbsvorgang i.S.v. § 1 Abs. 3a GrEStG imVerhältnis Anteilsverkäufer/MG:

§ 1 Abs. 3a GrEStG kann nur anwendbar sein, „wennkeine Besteuerung nach § 1 Abs. 3 GrEStG in Betrachtkommt“. Der Abschluss des Anteilskaufvertrags zwi-schen dem Anteils-Verkäufer und der MG ist jedochnach § 1 Abs. 3 – und zwar Nr. 3 – GrEStG besteuertworden, d.h. es kommt eine Besteuerung nach § 1Abs. 3 GrEStG in Betracht. Dass die Besteuerung desvon der MG verwirklichten Erwerbsvorgangs nach § 1Abs. 3 Nr. 3 GrEStG (entgegen der Ansicht des FGKöln) die Besteuerung der dinglichen Erfüllung als Er-werb der TG ausschließt, gilt nicht nur im Hinblick auf§ 1 Abs. 3 Nr. 4, sondern auch im Hinblick auf § 1Abs. 3a GrEStG. Denn die in Abs. 3a beschriebenenRechtsvorgänge gelten als Rechtsvorgänge i.S.v.Abs. 3. Somit gilt der Ausschlussgrund „wenn keinschuldrechtliches Rechtsgeschäft i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 3vorausgegangen ist“ in § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG für § 1Abs. 3a GrEStG entsprechend.14)

Kein Erwerbsvorgang i.S.v. § 1 Abs. 3a GrEStG imVerhältnis MG/TG:

Auf der Grundlage der Verwaltungsansicht, wonach§ 1 Abs. 3a GrEStG bereits durch schuldrechtliche Ver-pflichtungsgeschäfte ausgelöst werden kann15), er-scheint es zwar als nicht ausgeschlossen, die Abtretungdes Anteilsübertragungsanspruchs durch MG auf dieTochter-GmbH als Rechtsvorgang zu werten, auf Grunddessen die Tochter-GmbH erstmals eine wirtschaftlicheBeteiligung von mindestens 95 % der Anteile am Kapitalder Target-GmbH „innehat“. Denn wenn mit „innehat“nicht der sachenrechtliche Erwerb der dinglichenRechtsinhaberschaft an den Anteilen gemeint ist, son-dern auch die Erlangung des Anspruchs auf Über-tragung von Anteilen an der grundbesitzenden Gesell-schaft, könnte der Erwerb der schuldrechtlichenRechtsstellung der Tochter-GmbH – weil § 1 Abs. 3aGrEStG anders als § 1 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 3 GrEStG nachseinem Wortlaut kein Rechtsgeschäft voraussetzt, dasden Anspruch auf Übertragung von Anteilen begründet– als tatbestandsmäßig angesehen werden.

Jedoch gelten die in Abs. 3a angesprochenen Rechts-vorgänge als solche i.S.d. Abs. 3. Dies bedeutet, dass

die wirtschaftliche Beteiligung i.S.v. § 1 Abs. 3aGrEStG in allen Varianten des § 1 Abs. 3 GrEStG –und damit auch nur in den Varianten des § 1 Abs. 3GrEStG – verwirklicht werden kann.16) Im Verhältniszwischen Anteils-Käufer und in dessen Rechtspositioneintretendem Dritten wird jedoch keiner der Tatbe-stände des § 1 Abs. 3 GrEStG verwirklicht.17) Mithinwird auch der Tatbestand des § 1 Abs. 3a GrEStG indiesem Verhältnis nicht verwirklicht.

VI. Zusammenfassung

Entgegen der Ansicht des FG Köln im Urteil vom26.3.2014 wird der Tatbestand von § 1 Abs. 3 Nr. 4GrEStG nicht erfüllt, wenn der Anteilskäufer seinenAnteilsübertragungsanspruch an einen Dritten abtrittbzw. den Kaufvertrag auf den Dritten als neuen Käuferüberträgt und die dingliche Übertragung der Rechtsin-haberschaft an der Beteiligung direkt vom Anteilsver-käufer auf den Dritten erfolgt. § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStGist passivisch formuliert, d.h. es kommt nicht darauf an,ob am dinglichen Vollzugsgeschäft dieselben Rechts-träger beteiligt sind wie am Abschluss des Anteilskauf-vertrags. Auch verwirklicht der Dritte – insoweit istdem FG Köln zuzustimmen – nicht den Tatbestanddes § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG.

Das Ergebnis der nur einmaligen Erhebung vonGrunderwerbsteuer trotz anteilsbezogener Zwischen-geschäfte gilt auch nach dem 6.6.2013 trotz Einfügungvon § 1 Abs. 3a GrEStG fort. Weder die Abtretungdes Anteilsübertragungsanspruchs durch den Käuferauf den Dritten noch die Übertragung der sachen-rechtlichen Rechtsinhaberschaft an dem mindestens95 %igen Geschäftsanteil an der grundbesitzendenKapitalgesellschaft durch den Anteils-Verkäufer aufden Dritten führt zur Verwirklichung des Tatbestandsvon § 1 Abs. 3a GrEStG.

Rezension

Weymüller, Umsatzsteuergesetz, Kommentar

Verlag C.H. Beck oHG, München 2015, 1993 Seiten,gebunden, 149 j, ISBN 978-3-406-66528-8.

Das vorliegende in erster Auflage erschienene neueWerk, das gleichzeitig auch als Online-Edition in4. Auflage bezogen werden kann, versteht sich als pra-xisnahes Erläuterungswerk. Es wendet sich an alleSteuerexperten in der umsatzsteuerlichen Praxis. DenNutzern soll das komplett nötige Rüstzeug für den All-tag der Umsatzsteuer an die Hand geben werden. Da-für bürgen neben dem Herausgeber die 21 Autorenaus Finanzgerichtsbarkeit, Finanzverwaltung, Steuer-

beratung und Steuerwissenschaft. Schon die Tatsache,dass die gesamte Kommentierung des UStG in einemeinzigen Buch auf immerhin 1993 Seiten konzentriertist, erleichtert die Handhabung, weil der Leser undNutzer nur einmal hin greifen muss, um die von ihmgewünschte Fundstelle zu suchen und dann auch auf-zuschlagen, auch wenn das Werk über zwei Kilo aufdie Waage bringt.

Auch fachlich überzeugt das Werk, weil es den neues-ten Stand aus Rechtsprechung, Verwaltung und Ge-setzgebung beinhaltet (Bearbeitungsstand 1.10.2014).So sind z.B. die Änderungen durch das Gesetz zur An-passung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt

14) Im Ergebnis ebenso Mückl/München, DStR 2014, 2273.15) Vgl. Tz. 1 Abs. 2 der gleich lautenden Erlasse zur Anwen-

dung von § 1 Abs. 3a GrEStG v. 9.10.2013.16) Vgl. Tz. 1 Abs. 2 der Erlasse v. 9.10.2013 zu § 1 Abs. 3a

GrEStG, BStBl I 2013, 1324.17) Vgl. FG Köln v. 26.3.2014, 5 K 235/11, Tz. 22.

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Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerli-cher Vorschriften eingearbeitet, nicht allerdings diezum Jahresende ins Gesetzblatt gekommenen weite-ren Änderungen durch das Zollkodex-Anpassungsge-setz; diese Änderungen werden aber zeitnah in derOnline-Ausgabe des Werkes kommentiert.

Besonderes Augenmerk wurde bei der Kommentie-rung des Umsatzsteuergesetzes auf inhaltliche undkonzeptionelle Vereinheitlichungen gelegt. Die Kom-mentierung folgt einer klaren und übersichtlichenStruktur: Die Darstellung der einzelnen Vorschriftenist jeweils in zwei Abschnitte gegliedert, den Ab-schnitt A (Überblick), in dem der Inhalt der Norm, derZweck der Vorschrift, der Zusammenhang mit anderenVorschriften und das Unionsrecht sowie aktuelle Än-derungen dargestellt werden, gefolgt vom Abschnitt B,der die ausführliche Kommentierung der Vorschriftenthält. Die Kommentierung folgt dabei stringentdem Gesetzeswortlaut. Hier wird auch jeweils näherdargestellt, wo es Probleme mit dem Unionsrecht gibt.

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Besprochen von Jörg Kraeusel, Erding

Wolf, Umsatzsteuer in der Touristik

Erich Schmidt Verlag, Berlin 2015, 3. Auflage 2014, ge-bunden, 64,80 j, ISBN 978-3-503-15744-0.

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Besprochen von Jörg Kraeusel, Erding

96 UVR 2015 Nr. 3 Rezension