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W. Klemm u. H. Wcrth. Konstit. d. lioheren Chroni-Sauerstoffverbindungen 127 Magnetochemische Untersuchungen. 1X.l) Magnetochemisches iiber die Konstitution der hoheren Chrom-Sauerstoffver bindung en Von WILHELM KLEMM und HERMANN WBRTII. Auf Grund einer eingeheiiden Untersuchung des chemischen Berhaltens haben R. SCHWARZ und H. GTESE~) fur die hoheren Chrom-Sauerstoffverbindungen folgende Konstitutionsformeln auf- gestellt: Die sogenannte ,,Uberchromsaure", der nach WIEDE die Formel HCrO, zukommen soll, wurde als ein Peroxyd der Formel I mit sechswertigem Chrorn erkannt. Den ,,blauen Perchromaten", die nach WIEDE wasserstoffsuperoxydhaltige Salze der oben genannt'en Saure sind (z. B. ICCr0,-H,O,), teilen SCHWARZ und GIESE die Kon- stitutionsformel I1 zu; es handelt sich demnach urn wasserhaltige Analoga der Bichromate, in denen fiinf Sauerstoffatome durch Per- oxydgruppen erset,at sind. Ebenso wie in diesen beiden Verbindungen nehmen SCHWARZ und GIESE auch in den ,,roten Perchromaten" der Bruttoformel K,CrO, sechswertiges Chrom an und formulieren gema8 111. Gegen die letstgenannte Formulieruug erhebt B. TH. TJABBES~) Einspruch, da das magnetische Verhalten ausschliefie, daB sechs- wertiges Clirom vorliegt. Vielmehr weise die magnetische Suseep- tibilitat auf 7- oder wahrscheinlicher 5-Wertiglieit. TJABBES halt die von K. GLEU~) vorgeschlagene Formulierung 1V mit funfwertigem Chrom fur urn so wahrscheinlicher, als sie die von G. B~H&) ent- deckte Isomorphie der Perchromate mit den Perniobaten und Per- tantalat'en der Forrnel Me1~[MeV(O2),] zwanglos erkiiirt. 1) VIII vgl. W. KLEMM u. W. SCHUTR, Z. anorg. u. allg. Chem. 810 2) B. SCHWARZ u. H. GIESE, Ber. 65 (1932), 871; 66 (1933), 310. 3, €5. TH. TJABBES, Z. anorg. u. allg. Chem. 210 (19331, 385. 4, K. GLEU, Z. anorg. u. allg. Chem. 204 (1931), 67. j) G. BOHAI, Z. Kristallogr. 63 (1926), 319. (1933), 33.

Magnetochemische Untersuchungen. IX. Magnetochemisches über die Konstitution der höheren Chrom-Sauerstoffverbindungen

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W. Klemm u. H. Wcrth. Konstit. d. lioheren Chroni-Sauerstoffverbindungen 127

Magnetochemische Untersuchungen. 1X.l)

Magnetochemisches iiber die Konstitution der hoheren Chrom-Sauerstoffver bindung en

Von WILHELM KLEMM und HERMANN WBRTII.

Auf Grund einer eingeheiiden Untersuchung des chemischen Berhaltens haben R. SCHWARZ und H. GTESE~) fur die hoheren Chrom-Sauerstoffverbindungen folgende Konstitutionsformeln auf- gestellt: Die sogenannte ,,Uberchromsaure", der nach WIEDE die Formel HCrO, zukommen soll, wurde als ein Peroxyd der Formel I mit sechswertigem Chrorn erkannt. Den , ,blauen Perchromaten" , die nach WIEDE wasserstoffsuperoxydhaltige Salze der oben genannt'en Saure sind (z. B. ICCr0,-H,O,), teilen SCHWARZ und GIESE die Kon- stitutionsformel I1 zu; es handelt sich demnach urn wasserhaltige Analoga der Bichromate, in denen fiinf Sauerstoffatome durch Per- oxydgruppen erset,at sind. Ebenso wie in diesen beiden Verbindungen nehmen SCHWARZ und GIESE auch in den , , roten Pe rch romaten" der Bruttoformel K,CrO, sechswertiges Chrom an und formulieren gema8 111.

Gegen die letstgenannte Formulieruug erhebt B. TH. TJABBES~) Einspruch, da das magnetische Verhalten ausschliefie, daB sechs- wertiges Clirom vorliegt. Vielmehr weise die magnetische Suseep- tibilitat auf 7- oder wahrscheinlicher 5-Wertiglieit. TJABBES halt die von K. GLEU~) vorgeschlagene Formulierung 1V mit funfwertigem Chrom fur urn so wahrscheinlicher, als sie die von G. B ~ H & ) ent- deckte Isomorphie der Perchromate mit den Perniobaten und Per- tantalat'en der Forrnel Me1~[MeV(O2),] zwanglos erkiiirt.

1 ) V I I I vgl. W. KLEMM u. W. SCHUTR, Z. anorg. u. allg. Chem. 810

2) B. SCHWARZ u. H. GIESE, Ber. 65 (1932), 871; 66 (1933), 310. 3, €5. TH. TJABBES, Z. anorg. u. allg. Chem. 210 (19331, 385. 4, K. GLEU, Z. anorg. u. allg. Chem. 204 (1931), 67. j) G. BOHAI, Z. Kristallogr. 63 (1926), 319.

(1933), 33.

12s Zeitschrift fiir anorgankche und allgemeine Chemie. Band 216. 1933

XNol. gef.

0, 0, 0, 0,I

r I1 I11 IT Sngesichts dieser Unstimmigkeit regte Herr R. S c ~ w a ~ t z an.

das magnetisch Verhalten aller drei Verbindungen zu prufen. uber das Ergebnis dieser Untersuchung wird im folgenden berichtet.

0, 0, K2 0 Cr71 0, UrY1 0 1

[ O , G b j [ 0, 0, J

1 peff. %Mol. korr. f.Diamagn. (Magnetonen I nach BOAR)

I. Rote Perchromate

Hier konnten wir das Ergebnis der magnetischen Measung vori TJABBES bestatigen und daruber hinaus feststellen, daB die Suszep- tibilitat unabhiingig von der Frldstarlie ist und daB das C U R I E ' S ~ ~ ~ Gesetz recht gut befolgt wird. Der Absolutwert der SuszeptibilitBt (vgl. Tabelle 1) liegt sehr nahe bei 1,73 Magnetonen, d. h. dem Wert fur den spin eines Ebktrons; es kann also nur sieben- oder ftinf- wer tiges Chrorn vorliegen. Letzteres ist naturlich bei weitern wnlir- scheinlicher. Tabelle 1

K,CrO, Gef. 17,8 Ber. 17,5'/,, Cr

12s Zeitschrift fiir anorgankche und allgemeine Chemie. Band 216. 1933

Sngesichts dieser Unstimmigkeit regte Herr R. S c ~ w a ~ t z an. das magnetische Verhalten aller drei Verbindungen zu prufen. uber das Ergebnis dieser Untersuchung wird im folgenden berichtet.

I. Rote Perchromate

Hier konnten wir das Ergebnis der magnetischen Measung vori TJABBES bestatigen und daruber hinaus feststellen, daB die Suszep- tibilitat unabhiingig von der Frldstarlie ist und daB das C U R I E ’ S ~ ~ ~ Gesetz recht gut befolgt wird. Der Absolutwert der Suszeptibilitit (vgl. Tabelle 1) liegt sehr nahe bei 1,73 Magnetonen, d. h. dem Wert fur den spin eines Ebktrons; es kann also nur sieben- oder funf- wer tiges Chrorn vorliegen. Letzteres ist naturlich bei weitern wnlir- scheinlicher. Tabelle 1

K,CrO, Gef. 17,8 Ber. 17,5O/,, Cr

Fur ihre Annahme, daB in dein roten Perchromat gemaB der Formdierung I11 sechswertigcs Chrom vorliegt, fuhren SCHWARZ und G I E ~ E - au8er der Analogie zu den blauen Perchromaten und dem CrO, - an, da13 bei der von ihnen entwickelten Methode zur Be- stimmung von Peroxpdgruppen (Titration mit KMnO, bei Gegen- wart von Molybdat) 3,5 Peroxydgrqpen pro Chromatom angezeigt werden. Dieses Ergebnis ist jedoch auch mit der Formel IT ini Einklang, wie man leicht aus folgender Uberlegung ersieht :

4H,O, liefern.

Das dabei entstehende Ion I: 3 - mit funfwertigem Chrom ist

naturlich niclit bestandig und wurde gleichzeitig durch l/zH,Oz zu

l) Zur Korrektur f i x den Diamagnetismus 15uurden die von vi’. R. AEGUS, Proc. Roy. 8oc. London 136 (1932), 569 theoretisch berechneten Wwte beniitzt. 02- wurcle gleich 0 0

3- Bei der Hj-drolyse wurde das Ion ozCrvo~ [o, o,]

1 I

0 2 - gerechnet.

W. Klemm u. H. Werth. Konstit. d. hoheren Chrom-Sauerstoffverbindungen 129

[:Cry':] a- mit sechswertigem Chrom oxydiert werden. Es mussen

also auch nach der Formel I V bei der Titration mit KMnO, 31/,€I,0, gefunden werden, wie es der Versuch ergab.

Als E r g e b n i s i s t a lso f e s t zus t e l l en , dalS d ie GLEv'sche F o r m e 1 IV a 11 en b i s h e r i g e n V e r s u c h s e r ge b n i s s e n a u f s b e s t e gerecht wird.

Interessant ist, daB hier - im Gegensatz zu den Pervana- daten und Permolybdaten - die hochste Wertigkeitsstufe des Zentral- atems n i c h t erreicht wird. Das ist, wie GLEU bereits bemerkt hat, weniger merkwurdig als im ersten Augenblick scheinen konnte. Be- kanntlich nimmt die Tendenz, die der Gruppenzahl entsprechende Wertigkeit zu erreichen, vom Titan zum Eisen hin ab; ferner findet sich sowohl beim Vanadin wie beim Chrom und besonders beim Mangan durchweg eine viel geringere Neigung, stabile Verbindungen der Hochstwertigkeit zu bilden, als in der P/CI bzw. der Nb/Mo- oder der Ta/Re-Rcihe. Das dokumentiert sich bei den Chromverbindungen unter anderem in der starken Oxydationswirkung des CrO, und der Chromsaure sowie in dem Fehlen yon Halogeniden der sechswertigen Stufe. Es ist daher nicht auffallig, dai3 auch in dem roten Perchromat die hochste Wertigkeit nicht erreicht wird ; merkwurdiger ist viel- leicht, dal3 5-Wertigkeit vorliegt,, die man sonst nur selten findet (vgl. dazu auch die Bemerkung hei GLEU).

2. Blaue Perchromate und hoheres Chromoxyd

Wahrend wir uns bei dem roten Perchromat den Polgerungen von SCHWARZ und GIESE nicht anschlieBen konnten, stehen unsere Messungsergebnisse bei den blauen Perchrornaten und dem hoheren Chromoxyd in vollem Einklang mit den Formulierungen dieser Butoren. Beide Verbindungen zeigen einen sehr geringen, yon der Temperatur praktisch unabhgngigen Paramagnetismus derselben GroBennordnung, wie man ihn bei anderen gefarbten Verbindungen dirser Gruppe, z. B. bei K,Cr,O, (xMol = + 153*10-6), KMnO, hNol = + 100.104) usw. findet. D a m i t i s t s i che r nizch- gewiesen, daS hier weder Cr5f noch Cr7+, s o n d e r n sechs- wer t iges Chrom vor l ieg t .

Diese Feststellung war fur das CrO, (untersucht wurdc! dic Anlagerungsverbindung mit Pyridin) kauni noch erforderlich, da die Versuche von SCHWAHB und GIESE diese Formel bereits voll- kommen sicher gestellt haben. Aber sie zeigte, da13 die Beurteilung

55. anorg. u. ellg. Cliem. Bd. 216. 9

130 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Cheniie. Band 216. 1933

Praparat I 283 ,, I1 1 294 7, 111 291 ,, IV 1 195

auf Grund des magnetischen Verhaltens zuverlassig ist und dieselben Ergebnisse liefert wie die chemische Untcrsuchung.

Wichtiger ist das Ergebnis beim blauen Chromat. Hier bestand

durchaus die Moglichkeit, gemal3 [;:Cr' 02] mit funfwertigem

Chrom zu formulieren, was mit dem Ergebnis der Titration mit KMnO, (21/a Peroxydgruppen) nach dern iiber das K,CrO, fruher Besprochenen ebenfalls vertraglich gewesen wiire. Dann hatte aber - ebenso wie beirn K,CrO, - der dem spin-Wert eines Elektrons entsprechende Magnetismus gefunden werden miissen, der sicher nicht vorhanden ist. Es mull also, gemal3 dem Vorschlag von SCHWARZ und GIESE, die Formel verdoppelt werden.

Die Messungsergebnisse iiber diese beiden Stoffe sind in Tabelle 2 ver- einigt. Man erkennt, dab die Werte Ton Praparat. zu Praparat etwas verschieden sind; hierbei ist aber zu beriicksichtigen, daB es sich um recht zersetzliche Vcr- bindungen handelt, die nicht durch Umkristallisieren gereinigt werden konnen. Das kam auch darin zurn Ausdruck, da13 bei wiederholter Messung des gleichen Prgparats stets mit dem Alter steigende Werte erhalten wurden. Die bei der teilweiscn Zersetzung entstehenden Produkte diirften sicher zum Teil das stark magnetische Cr3+ enthalten, so daB die erhaltenen Wert,e obere Grenzen dar- stellen. Es ist aber deutlich, dall die Werte in keincrn Fall dem Wert eines Magnetons (,yxor bei Zimmertemperatur - 1300.10-'j, bei - 780 - 2000.10-~) auch nur annahernd erreichen.

Besondere Schwierigkeiten machte das blaue Kalium-Perchromat, das nur dadurch in einigermaaen unzersetzter Form erhalten werden konnte, daB man es his zur Messung, die bei etwa - loo nusgefuhrt wurde, stets auf Temperaturen unter Oo hielt. Die Bestimmung der Einwaage erfolgte hier durch Analyse; auf eine Bestimmung der Tempernturabhangigkeit des Magnetismus wurde ver- zichtet.

TabelIe 2

1-

+ 230. ] + 330. + 200. 1 f 300.10+ + 60-10P + 160 * T 154. 1 + 264.

I ) Vgl. Anrn. 1 zu Tabelle 1. Fur Pyridin benutzte man den gemessenen Wert.

W. Klemm u. H. Werth. Konstit. d. hoheren Chrom-Sauerstoffverbindungen 131

Zum SchluB mochten wir noch clarauf hinweisen, daf3 die nach der vorliegenden Untersuchung als richtig erkannten Formulie- rungen I, I1 und IV nach verschiedenen Richtungen hin sehr be- friedigen. Einmal kommt der Gegensatz der b l auen Verbindungen mit sechswertigem Chrom auf der einen und der r o t e n Verbindung mit fiinfwertigem Chrom auf der anderen Seite klar zum Ausdruck. AuBerdem sind diese Formulierungen aufierordentlich einfach und fuhren zu leicht ubersichtlichen Typen mit durchaus plausibIen Koordinationszahlen. Ferner bestehen bei den blauen Verbindungen, wie bereits in der Einleitung betont wurde, sehr enge Beziehungen zum CrO, und Cr,O?-. SchlieBlich ergibt sich noch ein einfacher Zusammenhang mit den Darstellungsbedingungen. LaDt man H,0, auf eine [Cr,0,12--Ionen enthaltende Liisung einwirken, so entsteht das blaue Perchromat, in dem 0, an Stelle von 0 in das [Cr,0,12--Ion eingetreten ist. Erfolgt die Einwirkung dagegen in alkalischer Losung, in der keine [Cr,0,12--, sondern nur [Cr0J--Ionen vorhanden sind,

so erhalt man das dem [Cr0,]2--Ion sehr nahestehende 02Cro, 3- -Ion.

Charakteristisch ist, daD bei den beiden blauen Verbindungen aIIe Sauerstoffatome durch O2 ersetzt sind bis auf eins f i i r jedes Chromatom. Es scheint uns nicht uberflussig, darauf hinzuweisen, daB sich nach einer von K. GLEU kurzlichl) aufgestellten Systematik der hoheren Uransauren dort etwas ganz Ahnliches findet, indem alle bis auf 2 Sauerstoffatome pro Uranatom durch 0, ersetzbar sind.

io, 0,J

Die fur die Messungen benutzte magnetische MeBeinrichtung verdanken wir der Notgemeinsohaft der Deutschen Wissenschaft. ~~~ ~ -.

l) Vorgetragen bei der Tagung der mittel- und ostdeutschen Chemie- doxentcn im Oktober 1933 in Breslau.

Dan#ig Langfuhr, T e c h . Hochsdiule, Instdtut fkr unorga- wisdee Chernie.

Bei der Redaktion eingegangen am 28. Oktober 1933.

Jomn. Inst. Met. Yk: ( l e d z ) , 273.