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60 JAHRE MALTESER HILFSDIENST ERZDIÖZESE MÜNCHEN UND FREISING FREITAG, 23. OKTOBER 2015 RETTUNGSDIENST Sie sind Helden des Alltags: Die Rettungssa- nitäter des Malteser Hilfsdienstes sind meist als erste vor Ort, wenn Menschen medizini- sche Hilfe benötigen. Nicht selten müssen sie einfach Betrunkenen helfen, die völlig die Kontrolle über ihren Körper verloren haben. Aber auch Herzinfarktpatienten, denen nur durch schnelles Eingreifen das Leben geret- tet werden kann, gehören zum Alltag. Unser Reporter Marcus Mäckler hat zwei Sanitäter während ihrer Schicht begleitet. SEITE 3 Schnelle Hilfe im Notfall SCHULSANITÄTSDIENST Ein tiefer Schnitt im Kunst- oder der Kno- chenbruch im Sportunterricht – eine Verlet- zung ist auch an einer Schule schnell passiert. Da ist es praktisch, wenn die Erste Hilfe di- rekt im Klassenzimmer nebenan sitzt. Wie an der Oberland-Realschule Holzkirchen: Fast 40 Schüler engagieren sich hier im Schulsa- nitätsdienst (SSD). SEITE 11 Vom Schnitt bis zum Bruch DEMENZTAGESSTÄTTE „Ich habe Alzheimer.“ Drei Worte, die das ganze Leben verändern. Das Leben des Be- troffenen ebenso wie der Angehörigen. Ein Einschnitt, auf den der Malteser Hilfsdienst mit der Demenz-Tagesstätte im Münchner Osten reagiert hat. Leiterin Elke Rieger und ihr Team betreuen hier jeden Tag Menschen, für die es kein „Damals“ gibt. Eine anspruchs- volle Aufgabe, die aber keineswegs traurig sein muss. SEITE 9 Verlorene Vergangenheit MAHLZEITEN-PATENSCHAFT Sie haben ihr ganzes Leben hart gearbeitet, dennoch reicht die Rente nicht für ein warmes Essen. Ein Problem, dem sich die Malteser mit den Mahlzeiten-Patenschaften angenommen haben. Finanziert wird das Projekt unter ande- rem durch den Verein Lichtblick Seniorenhilfe e.V., der sich um bedürftige Rentner kümmert. Ein großzügiges finanzielles Engagement, das dazu beiträgt, dass Menschen wie Joachim Au- rin (83) nicht Hunger leiden müssen. SEITE 8 Gegen den Hunger Zwischen Tradition und Moderne Seit 900 Jahren kämpft der Malte- ser Orden gegen das Elend in der Welt. Eine Aufgabe, die laut Erich Prinz von Lobkowicz auch in den kommenden Jahren Bestand haben wird. Welche Zielsetzung der Orden verfolgt und wieso die Tradition nur mit modernen Einflüssen überleben kann, hat der Präsident der Deut- schen Assoziation des Ordens im Interview verraten. SEITE 10 „Mit Herz und Hand“ Zeit schenken München – Ein Spaziergang im Rosengarten, Eisessen in der itali- enischen Eisdiele oder ein Besuch im Tierpark Hellabrunn: Wenn Irene Wurzer (83) und Christine Traub (30) gemeinsam in München unterwegs sind, gibt es nicht weni- ge, die das Duo für ein typisches Oma-Enkelin-Gespann halten. Dabei haben sich die beiden Frau- en erst vor rund einem Jahr ken- nengelernt – mithilfe des Malteser- Projekts „Mit Herz und Hand“. 110 Ehrenamtliche engagieren sich seit Jahren im Rahmen des Projekts in München und schenken älteren und einsamen Menschen das wohl Kostbarste, das sie geben können – Zeit. SEITE 8 Direkt am Menschen: Ob bei der Versorgung von Flüchtlingen oder bei der Betreuung von Senioren – die Malteser praktizieren Nächs- tenliebe von ihrer schönsten Seite. FOtO: MalteSer Werke Malteser Zeitung Gelebte Menschlichkeit Alte, Einsame, Heimatlose – die Malteser reichen ihnen die Hand München – „Es ist ein unglaub- lich schönes Gefühl, zu wissen, dass man Menschen geholfen hat.“ Eine Aussage des Malteser- Mitarbeiters Felix Pietsch (19) aus Martinsried, die wohl alle Malteser in der Erzdiözese Mün- chen und Freising unterschreiben können. Seit 60 Jahren engagiert sich der Hilfsdienst in der Region – getreu dem Motto „Bezeugung des Glaubens und Hilfe den Be- dürftigen“ („Tuitio fidei et obse- quium pauperum“). Verletzten Hilfe leisten, Be- dürftige mit Essen versorgen, Einsame aus ihrer Abgeschieden- heit holen oder Behinderten ein Stück Lebensqualität schenken – Angebote, die nur einen Teil des- sen ausmachen, was rund 1500 Hauptamtliche und 1900 Ehren- amtliche in der Erzdiözese unter dem Zeichen des roten, achtza- ckigen Kreuzes Tag für Tag in der Region, der ganzen Republik und sogar weltweit leisten. Aktueller Brennpunkt: Die Si- tuation zahlreicher Flüchtlinge, die ohne Hab und Gut, dafür mit dramatischen Erlebnissen und physischen wie psychischen Belastungen in Oberbayern Zu- flucht suchen. Auch hier sind die Helfer des Malteser Hilfsdienstes, beispielsweise in Rosenheim, ak- tiv, helfen bei der Erstversorgung, verteilen Essen und Kleidung oder hören einfach nur zu, wenn die oftmals traumatisierten Men- schen jemanden zum Zuhören brauchen. In dieser Zeitung, einer Ausga- be zum 60-jährigen Bestehen des Hilfsdienstes in der Erzdiözese, stellen wir Malteser Projekte vor, begleiten die Mitarbeiter bei ih- ren Einsätzen und porträtieren Menschen, deren größtes Hob- by es ist, Menschen, die Hilfe brauchen, die Hand zu reichen. Menschen, wie Felix Pietsch, der durch sein Engagement Hilfebe- dürftigen ein Lächeln schenkt und die Welt dadurch ein Stück menschlicher macht. Aus Helfern werden Freunde Die Flucht einer nigerianischen Familie beschert den Padbergs zwei Patenkinder Aichach/Garmisch-Partenkir- chen – Drei Tage lang ohne Essen und Trinken in einem wackeligen Boot auf hoher See: Wenn Kings- ley Igbinedion an die Flucht mit seiner hochschwangernen Frau Joy aus Nigeria über Libyen und das Mittelmeer nach Europa denkt, kann er seine Emotionen kaum verbergen. „Nie wieder“, sagt der gläubige Christ, dem in Nigeria die Verfolgung durch die islamistische Terrorgruppe Boko Haram drohte. Seit einem Jahr ist das Ehepaar Igbinedion nun in Deutschland – und hat neben einer neuen Heimat auch eine neue Familie gefunden. Lydia und Heiko Padberg hei- ßen die engagierten Eheleute aus Garmisch-Partenkirchen, die mit ihrer Hilfsbereitschaft das Herz des nigerianischen Paares erobert haben. Eine Matratze statt des Feldbetts in der Erstaufnahme- einrichtung für die hochschwan- gere Joy, dazu die Begleitung zu wichtigen Arztterminen kurz vor der Geburt – kleine Maßnah- men, die für die traumatisierten Flüchtlinge große Erleichterung brachten. Nur zwei Wochen später konnten Joy und Kingsley Igbinedion dann ihre Zwillinge Prince und Princess das erste Mal in die Arme schließen. Eine Zwillingsgeburt, die nicht nur das Leben der jungen Eltern, sondern auch der Padbergs auf den Kopf stellte – denn nun sind die Padbergs die Paten der Zwillinge und mit der nigeriani- schen Familie eng befreundet. „Mittlerweile sind sie fast unsere Enkelkinder“, beschreibt Lydia Padberg das enge Band, das zwi- schen den beiden Familien ent- standen ist. SEITE 4 Stolze Patin: lydia Padberg mit Princess. FOtO: erOl GuriaN Hilfsdienst tätig ist. Vor allem die Herausforderungen in den Krisen- regionen sind es, die den 41-Jährigen antreiben: „Hier muss man eine Art Allround-Künstler sein.“ Wie beispielsweise vor wenigen Monaten beim Einsatz im von schweren Erdbeben erschütterten Nepal (Foto: Malteser International). SEITE 5 Auslandseinsätze zwar kräftezehrend, aber Tage, die er nicht missen möch- te. „Es klingt vielleicht seltsam, aber ich bin glücklich bei solchen Einsätzen“, sagt Kann, der hauptamtlich für den sind für Tobias Kann und seine Mitstreiter Eindeutige Position Statt Sterbehilfe Ausbau im Hospiz-Bereich München – Zur aktuellen Debat- te um ein Recht auf Sterbehilfe beziehen die Malteser eine ein- deutige Position: Jede Form der Beihilfe zum Suizid steht für die Verantworlichen der Organisation – auch aus Gründen der christli- chen Glaubenslehre – außer Fra- ge. Stattdessen plädiert der Malte- ser Hilfsdienst dafür, das Angebot rund um die Palliativ- und Hospiz- versorgung deutlich auszubauen, um, so Diözesangeschäftsführer Christoph Friedrich, „eine Alter- native zur aktiven Sterbehilfe“ zu schaffen. Schließlich kann laut Diö- zesanoberin Christiane Gräfin von Ballestrem dem Leid in ei- ner christlich geprägten Kultur nicht dadurch begegnet werden, dass „wir Menschen beim Ster- ben helfen.“ „Wir müssen andere Antworten auf das Leid finden“, sagt die Diözesanoberin, und plädiert dafür, ein Umfeld zu schaffen, das den Betroffenen „wieder Perspektive und Hoff- nung bietet.“ Ein Weg, der nach den Erfah- rungen von Ina Weichel, Leiterin des Ambulanten Hospizdienstes der Malteser, von Erfolg gekrönt ist. So werde ihr im aktiven Hos- pizdienst zwar von todkranken Menschen immer wieder die Frage nach aktiver Sterbehilfe ge- stellt. „Dieser Wunsch verschwin- det aber, wenn wir die Menschen begleiten. Wenn sie medizinisch versorgt sind, ihre Schmerzen ge- lindert werden, wenn sie Beistand bekommen“, berichtet Weichel aus der Praxis. Welche Möglichkeiten es gibt, Sterbende zu begleiten und An- gehörige zu unterstützen haben Christiane Gräfin von Ballestrem, Ina Weichel und Christoph Fried- rich im Interview verraten. SEITE 6 Der Malteser Hilfsdienst in der Erzdiözese München und Frei- sing mit seinen zahlreichen Ehrenamtlichen leistet seit 60 Jahren große Dinge, von der die gesamte Gesellschaft profitiert. Viele Hilfsangebote werden zwar staatlich bezuschusst, doch auch die Malteser sind auf Spen- den angewiesen. Wer sich finan- ziell engagieren möchte, kann die Arbeit mit einem Beitrag auf folgendes Spendenkonto unter- stützen: Malteser Hilfsdienst e.V. in der Erzdiözese München, IBAN DE15 3706 0120 1201 2130 17, BIC GENODED1PA7. Spenden willkommen Die „Malteser Zeitung“ ist eine Auftragspublikation des Malteser Hilfsdienstes. Verlag Münchener Zeitungsverlag GmbH & Co. KG, Paul-Heyse-Straße 2-4, 80336 München Herausgeber Dirk Ippen, Alfons Döser Geschäftsführer Daniel Schöningh Verlagsleiter Andreas Heinkel Anzeigen (verantwortlich) Hans-Georg Bechthold Anzeigenverkauf Evelyn Geyer Redaktion Katrin Woitsch, Mathias Weinzierl Layout Munich Online GmbH Druck Druckhaus Dessauerstraße GmbH & Co. Betriebs KG, Dessauerstraße 10, 80992 München IMPRESSUM PR-Sonderveröffentlichung Plausch auf der Parkbank: Irene Wur- zer (l.) und Christine Traub. FOtO: VaM Großes Engagement: thomas rapp, leiter So- ziale Dienste, bedankt sich bei lydia Staltner.

Malteser Zeitung zum 60-jährigen Jubiläum

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60 Jahre Malteser Hilfsdienst e.V. in der Erzdiözese München und Freising – pünktlich dazu: eine Sonderveröffentlichung über unsere Arbeit im Münchner Merkur.

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Page 1: Malteser Zeitung zum 60-jährigen Jubiläum

60 Jahre Malteser hilfsdienst

erzdiözese München und freising

freitag, 23. OktOber 2015

Rettungsdienst

Sie sind Helden des Alltags: Die Rettungssa-nitäter des Malteser Hilfsdienstes sind meist als erste vor Ort, wenn Menschen medizini-sche Hilfe benötigen. Nicht selten müssen sie einfach Betrunkenen helfen, die völlig die Kontrolle über ihren Körper verloren haben. Aber auch Herzinfarktpatienten, denen nur durch schnelles Eingreifen das Leben geret-tet werden kann, gehören zum Alltag. Unser Reporter Marcus Mäckler hat zwei Sanitäter während ihrer Schicht begleitet. seite 3

Schnelle Hilfe im Notfall

schulsanitätsdienst

Ein tiefer Schnitt im Kunst- oder der Kno-chenbruch im Sportunterricht – eine Verlet-zung ist auch an einer Schule schnell passiert. Da ist es praktisch, wenn die Erste Hilfe di-rekt im Klassenzimmer nebenan sitzt. Wie an der Oberland-Realschule Holzkirchen: Fast 40 Schüler engagieren sich hier im Schulsa-nitätsdienst (SSD). seite 11

Vom Schnitt bis zum Bruch

demenztagesstätte

„Ich habe Alzheimer.“ Drei Worte, die das ganze Leben verändern. Das Leben des Be-troffenen ebenso wie der Angehörigen. Ein Einschnitt, auf den der Malteser Hilfsdienst mit der Demenz-Tagesstätte im Münchner Osten reagiert hat. Leiterin Elke Rieger und ihr Team betreuen hier jeden Tag Menschen, für die es kein „Damals“ gibt. Eine anspruchs-volle Aufgabe, die aber keineswegs traurig sein muss. seite 9

Verlorene Vergangenheit

mahlzeiten-patenschaft

Sie haben ihr ganzes Leben hart gearbeitet, dennoch reicht die Rente nicht für ein warmes Essen. Ein Problem, dem sich die Malteser mit den Mahlzeiten-Patenschaften angenommen haben. Finanziert wird das Projekt unter ande-rem durch den Verein Lichtblick Seniorenhilfe e.V., der sich um bedürftige Rentner kümmert. Ein großzügiges finanzielles Engagement, das dazu beiträgt, dass Menschen wie Joachim Au-rin (83) nicht Hunger leiden müssen. seite 8

Gegen den Hunger

Zwischen Tradition und ModerneSeit 900 Jahren kämpft der Malte-ser Orden gegen das Elend in der Welt. Eine Aufgabe, die laut Erich Prinz von Lobkowicz auch in den kommenden Jahren Bestand haben wird. Welche Zielsetzung der Orden verfolgt und wieso die Tradition nur mit modernen Einflüssen überleben kann, hat der Präsident der Deut-schen Assoziation des Ordens im Interview verraten. seite 10

„Mit Herz und Hand“ Zeit schenkenMünchen – Ein Spaziergang im Rosengarten, Eisessen in der itali-enischen Eisdiele oder ein Besuch im Tierpark Hellabrunn: Wenn Irene Wurzer (83) und Christine Traub (30) gemeinsam in München unterwegs sind, gibt es nicht weni-ge, die das Duo für ein typisches Oma-Enkelin-Gespann halten. Dabei haben sich die beiden Frau-en erst vor rund einem Jahr ken-nengelernt – mithilfe des Malteser-Projekts „Mit Herz und Hand“. 110 Ehrenamtliche engagieren sich seit Jahren im Rahmen des Projekts in München und schenken älteren und einsamen Menschen das wohl Kostbarste, das sie geben können – Zeit. seite 8

direkt am menschen: Ob bei der Versorgung von Flüchtlingen oder bei der Betreuung von Senioren – die Malteser praktizieren Nächs-tenliebe von ihrer schönsten Seite. FOtO: MalteSer Werke

Malteser Zeitung

Gelebte MenschlichkeitAlte, Einsame, Heimatlose – die Malteser reichen ihnen die Hand

München – „Es ist ein unglaub-lich schönes Gefühl, zu wissen, dass man Menschen geholfen hat.“ Eine Aussage des Malteser-Mitarbeiters Felix Pietsch (19) aus Martinsried, die wohl alle Malteser in der Erzdiözese Mün-chen und Freising unterschreiben können. Seit 60 Jahren engagiert sich der Hilfsdienst in der Region – getreu dem Motto „Bezeugung des Glaubens und Hilfe den Be-dürftigen“ („Tuitio fidei et obse-quium pauperum“).

Verletzten Hilfe leisten, Be-dürftige mit Essen versorgen, Einsame aus ihrer Abgeschieden-heit holen oder Behinderten ein Stück Lebensqualität schenken – Angebote, die nur einen Teil des-sen ausmachen, was rund 1500 Hauptamtliche und 1900 Ehren-amtliche in der Erzdiözese unter dem Zeichen des roten, achtza-ckigen Kreuzes Tag für Tag in der Region, der ganzen Republik und sogar weltweit leisten.

Aktueller Brennpunkt: Die Si-

tuation zahlreicher Flüchtlinge, die ohne Hab und Gut, dafür mit dramatischen Erlebnissen und physischen wie psychischen Belastungen in Oberbayern Zu-flucht suchen. Auch hier sind die Helfer des Malteser Hilfsdienstes, beispielsweise in Rosenheim, ak-tiv, helfen bei der Erstversorgung, verteilen Essen und Kleidung oder hören einfach nur zu, wenn die oftmals traumatisierten Men-schen jemanden zum Zuhören brauchen.

In dieser Zeitung, einer Ausga-be zum 60-jährigen Bestehen des Hilfsdienstes in der Erzdiözese, stellen wir Malteser Projekte vor, begleiten die Mitarbeiter bei ih-ren Einsätzen und porträtieren Menschen, deren größtes Hob-by es ist, Menschen, die Hilfe brauchen, die Hand zu reichen. Menschen, wie Felix Pietsch, der durch sein Engagement Hilfebe-dürftigen ein Lächeln schenkt und die Welt dadurch ein Stück menschlicher macht.

Aus Helfern werden FreundeDie Flucht einer nigerianischen Familie beschert den Padbergs zwei Patenkinder

Aichach/Garmisch-Partenkir-chen – Drei Tage lang ohne Essen und Trinken in einem wackeligen Boot auf hoher See: Wenn Kings-ley Igbinedion an die Flucht mit seiner hochschwangernen Frau Joy aus Nigeria über Libyen und das Mittelmeer nach Europa denkt, kann er seine Emotionen kaum verbergen. „Nie wieder“, sagt der gläubige Christ, dem in Nigeria die Verfolgung durch die islamistische Terrorgruppe Boko Haram drohte. Seit einem Jahr ist das Ehepaar Igbinedion nun in Deutschland – und hat neben

einer neuen Heimat auch eine neue Familie gefunden.

Lydia und Heiko Padberg hei-ßen die engagierten Eheleute aus Garmisch-Partenkirchen, die mit ihrer Hilfsbereitschaft das Herz des nigerianischen Paares erobert haben. Eine Matratze statt des Feldbetts in der Erstaufnahme-einrichtung für die hochschwan-gere Joy, dazu die Begleitung zu wichtigen Arztterminen kurz vor der Geburt – kleine Maßnah-men, die für die traumatisierten Flüchtlinge große Erleichterung brachten. Nur zwei Wochen

später konnten Joy und Kingsley Igbinedion dann ihre Zwillinge Prince und Princess das erste Mal in die Arme schließen.

Eine Zwillingsgeburt, die nicht nur das Leben der jungen Eltern, sondern auch der Padbergs auf den Kopf stellte – denn nun sind die Padbergs die Paten der Zwillinge und mit der nigeriani-schen Familie eng befreundet. „Mittlerweile sind sie fast unsere Enkelkinder“, beschreibt Lydia Padberg das enge Band, das zwi-schen den beiden Familien ent-standen ist. seite 4

stolze patin: lydia Padberg mit Princess. FOtO: erOl GuriaN

Hilfsdienst tätig ist. Vor allem die Herausforderungen in den Krisen-regionen sind es, die den 41-Jährigen antreiben: „Hier muss man eine Art Allround-Künstler sein.“ Wie beispielsweise vor wenigen Monaten beim Einsatz im von schweren Erdbeben erschütterten Nepal (Foto: Malteser International). seite 5

auslandseinsätzezwar kräftezehrend, aber Tage, die er nicht missen möch-te. „Es klingt vielleicht seltsam, aber ich bin glücklich bei solchen Einsätzen“, sagt Kann, der hauptamtlich für den

sind für Tobias Kann und seine Mitstreiter

Eindeutige PositionStatt Sterbehilfe Ausbau im Hospiz-Bereich

München – Zur aktuellen Debat-te um ein Recht auf Sterbehilfe beziehen die Malteser eine ein-deutige Position: Jede Form der Beihilfe zum Suizid steht für die Verantworlichen der Organisation – auch aus Gründen der christli-chen Glaubenslehre – außer Fra-ge. Stattdessen plädiert der Malte-ser Hilfsdienst dafür, das Angebot rund um die Palliativ- und Hospiz-versorgung deutlich auszubauen, um, so Diözesangeschäftsführer Christoph Friedrich, „eine Alter-native zur aktiven Sterbehilfe“ zu schaffen.

Schließlich kann laut Diö-zesanoberin Christiane Gräfin von Ballestrem dem Leid in ei-ner christlich geprägten Kultur nicht dadurch begegnet werden, dass „wir Menschen beim Ster-ben helfen.“ „Wir müssen andere Antworten auf das Leid finden“, sagt die Diözesanoberin, und

plädiert dafür, ein Umfeld zu schaffen, das den Betroffenen „wieder Perspektive und Hoff-nung bietet.“

Ein Weg, der nach den Erfah-rungen von Ina Weichel, Leiterin des Ambulanten Hospizdienstes der Malteser, von Erfolg gekrönt ist. So werde ihr im aktiven Hos-pizdienst zwar von todkranken Menschen immer wieder die Frage nach aktiver Sterbehilfe ge-stellt. „Dieser Wunsch verschwin-det aber, wenn wir die Menschen begleiten. Wenn sie medizinisch versorgt sind, ihre Schmerzen ge-lindert werden, wenn sie Beistand bekommen“, berichtet Weichel aus der Praxis.

Welche Möglichkeiten es gibt, Sterbende zu begleiten und An-gehörige zu unterstützen haben Christiane Gräfin von Ballestrem, Ina Weichel und Christoph Fried-rich im Interview verraten. seite 6

Der Malteser Hilfsdienst in der Erzdiözese München und Frei-sing mit seinen zahlreichen Ehrenamtlichen leistet seit 60 Jahren große Dinge, von der die gesamte Gesellschaft profitiert. Viele Hilfsangebote werden zwar staatlich bezuschusst, doch auch die Malteser sind auf Spen-den angewiesen. Wer sich finan-ziell engagieren möchte, kann die Arbeit mit einem Beitrag auf folgendes Spendenkonto unter-stützen: Malteser Hilfsdienst e.V. in der Erzdiözese München, IBAN DE15 3706 0120 1201 2130 17, BIC GENODED1PA7.

Spenden willkommen

Die „Malteser Zeitung“ isteine Auftragspublikationdes Malteser Hilfsdienstes.

VerlagMünchener Zeitungsverlag GmbH & Co. KG,Paul-Heyse-Straße 2-4, 80336 MünchenherausgeberDirk Ippen, Alfons DösergeschäftsführerDaniel SchöninghVerlagsleiterAndreas Heinkelanzeigen (verantwortlich)Hans-Georg BechtholdanzeigenverkaufEvelyn GeyerredaktionKatrin Woitsch, Mathias WeinzierllayoutMunich Online GmbHdruckDruckhaus Dessauerstraße GmbH & Co. Betriebs KG,Dessauerstraße 10, 80992 München

impRessum

PR-Sonderveröffentlichung

Plausch auf der Parkbank: Irene Wur-zer (l.) und Christine Traub. FOtO: VaM

großes engagement: thomas rapp, leiter So-ziale Dienste, bedankt sich bei lydia Staltner.

Page 2: Malteser Zeitung zum 60-jährigen Jubiläum

Blickpunkt Malteser2 Malteser Zeitung | Freitag, 23. Oktober 2015

Stephanie Baronin von FreyBerg und ChriStoph FriedriCh im interview

„In jedem von uns steckt ein Malteser“München – Seit 60 Jahren sind in der Erzdiözese München und Freising 1500 haupt- und 2000 ehrenamtliche Malteser im Dienste anderer im Einsatz. Vieles passiert noch zu sehr im Verborgenen, sind die Diöze-sanleiterin Stephanie Freifrau von Freyberg und der Diöze-sangeschäftsführer Christoph Friedrich überzeugt. Im Inter-view sprechen sie über die all-täglichen Herausforderungen, die die Malteser leisten über die Zukunft des Ehrenam-tes und den Spagat zwischen Glauben und Wirtschaftlich-keit, den sie meistern müssen.

Der Malteser Orden hat eine 900-jährige Geschichte. Der Hilfsdienst wurde erst 1953 eingeführt – wie kam das?

Baronin Freyberg: „Nach dem Krieg war es ein Wunsch Konrad Adenauers, dass es neben dem Roten Kreuz auch christliche Hilfsorganisatio-nen in Deutschland gibt. So ist aus Initiative einiger Or-densmitglieder der Hilfsdienst entstanden. Unser Grundsatz ist bis heute gleich geblieben: Tuitio fidei et obsequium pau-perum – Bezeugung des Glau-bens und Hilfe den Bedürfti-gen. Damit betonen wir, dass wir eine christliche Hilfsorga-nisation sind.“Christoph Friedrich: „Natür-lich haben wir auch Mitglieder, die nicht getauft sind. Sie müs-sen den christlichen Glauben aber natürlich mittragen. Ge-nauso, wie wir die Menschen tolerieren, die nicht mit der katholischen Kirche zusam-menarbeiten wollen. Diese Offenheit ist uns sehr wichtig. Die Bedeutung des Glaubens ist ein großer Unterschied zu anderen Hilfsorganisatio-nen.“

Wird dieser Unterschied in der Öffentlichkeit wahrge-nommen?

Baronin Freyberg: „Er wird wahrgenommen. Zum Bei-spiel beim G7-Gipfel, als alle Hilfsorganisationen zusam-mengearbeitet haben. Unse-re Gruppe hat vorher einen Segen bekommen, wir haben uns versammelt und gemein-sam gebetet. Wir haben etwas, das uns trägt – dafür werden wir oft beneidet. Das Malte-ser Zeichen, ein achtspitziges Kreuz, ist ein Symbol für die Bedeutung des christlichen Glaubens.“

Wie gut ist die Zusammenar-beit mit anderen Hilfsorgani-sationen?

Friedrich: „Sie ist in den ver-gangenen Jahren immer inten-siver geworden. Zum Beispiel im Bereich des Katastrophen-schutzes. Bei dem Hochwas-ser 2013 in Bayern hatten wir ein gemeinsames Einsatz-zentrum, um unsere Kräfte besser bündeln zu können. Und gerade jetzt während der Flüchtlingskrise, können wir nur froh und dankbar sein, dass wir so gut zusam-menarbeiten – egal, ob es um das Know-how, die Materi-albestellung oder den Perso-naleinsatz geht. Den Flücht-lingszustrom können wir nur gemeinsam bewältigen. Aber es gibt natürlich Bereiche, in denen wir im Wettbewerb zu anderen Hilfsorganisationen stehen. Zum Beispiel wenn es

um Ausschreibungen im Be-hindertenfahrdienst oder um Vergaben im Rettungsdienst geht.“

Wie meistern Sie im Alltag diesen Spagat zwischen der Bezeugung des Glaubens und dem Wirtschaftsunter-nehmen, das die Malteser sein müssen?

Friedrich: „Das ist eine tägli-che Herausforderung. Unser Leitsatz ist uns sehr wichtig – wegen ihm gewinnen wir viele Mitglieder. Und gleich-zeitig stehen wir in einem knallharten Wettbewerb zu anderen Hilfsorganisationen. Wir gehen manchmal bewusst einen anderen Weg, als unsere Mitbewerber.“

Haben Sie ein Beispiel?

Baronin Freyberg: „Der Me-nüservice: Senioren, die in Städten leben, sind gut ver-sorgt, für sie gibt es viele An-gebote. Aber wer kümmert sich um die Menschen, die in ländlichen Regionen leben? Wir wollen bewusst für alle da sein. Wenn wir beispielswei-se eine Tour im Bayerischen Wald fahren, können wir an einem Vormittag gerade ein-mal vier Menschen beliefern. Das rechnet sich nie.“Friedrich: „Trotz des Kosten-drucks ist der Menüservice für uns eine absolute Herzenssa-che – dabei erfüllen wir unse-ren Auftrag zu 100 Prozent. In Oberbayern gibt es viele länd-liche Regionen – und beson-ders dort sind die Menschen auf diesen Service angewiesen. Deshalb haben wir noch ein anderes Angebot geschaffen: die Mahlzeiten-Patenschaf-ten, die wir in Verbindung mit dem Menüservice anbieten. Es gibt immer mehr Senioren, die sich kein warmes Essen mehr

leisten können. Für sie suchen wir Menschen, die ihnen eine Mahlzeit finanzieren.“

Laufen viele dieser Angebote und Dienste noch zu sehr im Verborgenen ab?

Baronin Freyberg: „Das ist leider so. Und das liegt auch an der Berichterstattung in den Medien. Wir weisen re-gelmäßig auf die guten Taten hin, die wir leisten. Aber es ist nun mal nicht spannend, eine einsame alte Frau zu besuchen oder Armen ein warmes Mit-tagessen zu spenden.“

Unsere Gesellschaft wird äl-ter, immer mehr Menschen sind auf diese sozialen An-gebote angewiesen. Wird die

Bedeutung der Hilfsorgani-sationen zunehmen?

Friedrich: „Es ist tatsächlich so, dass die Menschen älter und einsamer werden. Umso mehr sind sie auf Nachbarn und Freunde angewiesen – und auf Organisationen wie die Malteser. Deshalb bauen wir beispielsweise unsere De-menzarbeit aus. Wir wollen mehr Schulungen anbieten, um Menschen zu unterstüt-zen, die Demenzkranken hel-fen.“Baronin Freyberg: „Unser Besuchs- und Begleitdienst ist lange etabliert. Dieser Dienst wird aber immer wich-tiger werden. Genauso wie die Hospizarbeit – für Kinder und Erwachsene. Es kommen immer neue Angebote dazu. Die Trauerbegleitung zum Beispiel. In Traunstein gibt es außerdem ein neues Ange-bot für einsame Senioren, das relativ unaufwändig möglich ist: Sie bekommen regelmä-ßige Anrufe, auf die sie sich freuen.“

Jetzt, während der Flücht-lingskrise, engagieren sich viele Menschen, die nicht in einer Hilfsorganisation sind. Steckt in jedem von uns ein Malteser?

Baronin Freyberg: „Das hoffe ich. Und wenn ich die Hilfsbereitschaft der vergan-genen Monate sehe, bin ich überzeugt, dass es so ist. Alle möchten helfen. Die Frage ist nur, ob sie es auch langfristig tun wollen.“

Steckt in der Flüchtlingskrise für die Hilfsorganisationen eine große Chance, neue Mit-glieder zu gewinnen?

Friedrich: „Ja, darin könnte eine riesige Chance stecken,

Menschen für das Helfen zu begeistern. Viele lassen sich gerade von diesem Geist der Hilfsbereitschaft anstecken, sie erleben, wie es sich an-fühlt, etwas Gutes zu tun. Und sie merken, dass man in einer Hilfsorganisation viel Unter-stützung bekommt – zum Bei-spiel Aus- und Fortbildungen und die nötige Infrastruktur, um effizienter helfen zu kön-nen.“

Erlebt das Ehrenamt gerade so etwas wie einen Aufwind durch die ständige Berichter-stattung über die große Hilfs-bereitschaft?

Baronin Freyberg: „Ich habe den Eindruck, dass die Frei-willigen, die sich spontan en-gagieren, viel mehr im Fokus stehen, als die Ehrenamtli-chen der Hilfsorganisationen. Oft geht es völlig unter, dass sie Zwölf-Stunden-Schichten leisten. Viele halten sie für hauptamtliche Helfer, weil sie Einsatzkleidung tragen und sehr gut ausgebildet sind. Aber

all diese Menschen haben ei-nen Beruf und nehmen sich tagelang unbezahlten Urlaub, um zu helfen.“

Woher nehmen die Ehren-amtlichen ihre Motivation, um über Monate so viel Zeit und Kraft zu investieren?

Baronin Freyberg: „Aus dem tiefen Wunsch zu helfen. Es ist wirklich beeindruckend, mit welcher Geduld und Liebens-würdigkeit sie Tag für Tag dem Flüchtlingsstrom begegnen.“

Bekommen die Ehrenamtli-chen die Wertschätzung, die sie verdienen?

Baronin Freyberg: „Von uns schon. Aber ihr Einsatz wird

noch zu oft für selbstverständ-lich erachtet. Kanzlerin Mer-kel hat oft „Wir schaffen das“ gesagt. Aber sie hat noch nie gesagt, wer das im Moment schafft. Ohne die Ehrenamtli-chen wäre längst alles zusam-mengebrochen.“

Die beruflichen Anforderun-gen werden immer größer, Zeit wird immer wertvoller. Wie steht es um die Zukunft des Ehrenamts?

Baronin Freyberg: „Ich glaube nicht, dass es schwieriger wird, Menschen dafür zu gewinnen. Im Gegenteil, ich habe sogar das Gefühl, dass sich nicht mehr alles um die Arbeit und das Geldverdienen dreht.“

Wie leicht tun sie sich, Nach-wuchs zu finden?

Friedrich: „Wir engagieren uns immer mehr an Schulen, zum Beispiel im Schulsani-tätsdienst. Das ist eine große Chance, um jungen Men-schen schon früh zu zeigen,

wie es sich anfühlt, zu helfen.“Baronin Freyberg: „Natürlich spüren wir aber, dass der Zi-vildienst weggefallen ist. Viele Zivis haben sich auch danach langfristig für die Malteser en-gagiert. Nun müssen wir in den Schulen präsenter sein.“

Vor welchen großen Heraus-forderungen stehen die Mal-teser im 21. Jahrhundert?

Baronin Freyberg: „Durch die Flüchtlingskrise gehen viele andere Probleme momentan unter. Es gibt nach wie vor Not, Kranke, Behinderte und Sterbende in Deutschland. Viele Bekannte fragen mich jetzt, wie sie sich in der Flücht-lingskrise engagieren können. Und oft frage ich mich dann:

Wieso jetzt? Wieso nicht auch für die einsame Nachbarin?“Friedrich: „Altersarmut war vor zwei Jahren noch das große Thema. Jetzt ist es total verdrängt worden. Deshalb ist die Altersarmut aber nicht verschwunden – sie hat so-gar deutlich zugenommen. Genauso ist es mit Demenz-krankheiten. Die Menschen werden älter, die Krankhei-ten werden häufiger. Das darf nicht untergehen.“Baronin Freyberg: „Die gro-ße Herausforderung wird es sein, alles zu bewältigen. Im Moment sind sehr viele Kräfte für die Flüchtlinge gebunden. Wir hatten Glück, dass die letzten Wochen keine Bombe in Schwabing gefunden wurde oder es kein Hochwasser gab. Wenn jetzt etwas passiert, gibt es keine Ressourcen mehr. Unsere Leute haben keine Kraftreserven, um eine weite-re Katastrophe zu stemmen. Wir müssen es schaffen, die Flüchtlingskrise langfristig zu meistern.“ IntervIew: KatrIn woItsch

Das Ordensideal der Malteser soll jetzt auch München und der Region zugute kommen: Zwischen dem Geschäftsfüh-rer des Malteser Hilfsdiens-tes, dem Caritasverband, Mit-gliedern des Malteserordens und dem Erzbischöflichen Or-dinariat fällt die Entscheidung zur Gründung des Malteser Hilfsdienstes für die Erzdiöze-se München und Freising.

Nachdem unter Leitung von Wilhelm Freiherr von Linden und dem zum Leiter der Seelsorge berufenen Monsignore Oskar Jandl der Malteser Hilfsdienst erste Schritte, beispiels-weise mit der eigenen Sa-nitätsbereitschaft, unter-nommen wurden, wird 1958 die erste Diözesanver-sammlung einberufen.

Der Jurist Dr. Albrecht Graf von Rechberg wird Leiter des Malteser Hilfsdienstes in der Erzdiözese, nachdem der bisherige Leiter, Franz Josef Ritter Hentschel von Gilgen-heimb, zum Landesbe-auftragten des Malteser Hilfsdienstes berufen wird.

Auch beim Malteser Hilfs-dienst steht dieses Jahr ganz im Zeichen der olym-pischen Spiele in Mün-chen: Gemeinsam mit Schwesternhelferinnen und Helfern aus mehreren Diözesen gewährleistet der Hilfsdienst einen rei-bungslosen Ablauf der Spiele mit den großen Besuchermassen. Im Ein-satz sind unter anderem drei Rettungswagen.

Meilenstein für die Altenpflege: Die Münchner Alois-Schiffmann-Stiftung und die bayerische Abtei-lung des Malteserordens gründen das gemeinsame Malteser-Schiff-mann-Werk, dass sich aus der Stiftung des Fabrikanten Alois Schiffmann finanziert und der Al-tenhilfe und -fürsorge gewidmet ist. Neu im Programm: Die Aus-bildung von Altenhelfern und Lai-enhelfern in der Altenpflege.

Die Malteser München und Freising haben eine neue Bleibe: An der Streifeld-straße 1 am Leuchtenberg-ring wird die 1000 m2 große Lan-des- und Diöze-sangeschäftsstel-le eingeweiht.

1955 1958 1961 1972 19791978

60 Jahregute taten

Das 60-jährige Bestehen des Malteser Hilfsdienstes in der Erzdiözese München und Freising haben die Malteser-Verantwortlichen zum Anlass genommen, eine ganz beson-dere Aktion ins Leben zu ru-fen: Unter dem Motto „60 gute Taten“ waren bis Ende Septem-ber alle Mitglieder dazu aufge-rufen, sich mit einer besonde-ren Aktion in den Dienste der Gemeinschaft zu stellen, die Öffentlichkeit auf das Wirken der Malteser hinzuweisen und selbst dadurch die Organisati-on neu zu entdecken. Voraus-setzung: Für die guten Taten, die nichts mit den üblichen Malteser-Anegboten zu tun haben, sollten sich jeweils drei bis zehn Malteser zusammen-tun. Eine kleine Auswahl der „guten Taten“, die dabei her-ausgekommen sind:

Sommerfestfür Senioren

Diesen Tag werden die Bewohner der Senioreneinrichtung in Ger-mering noch lange im Gedächt-nis behalten: Mit einem großen Sommerfest sorgten Rona Gentz, Nils Bunje, Alex Schmaus und Sophie Sedlmeier für unver-gessliche Unterhaltung bei den Senioren. So gab‘s beim Was-serbombenweitwurf tolle Preise zu gewinnen, zudem konnten die Bewohner beim Malen eines gemeinsamen Bildes ihre Kreati-vität unter Beweis stellen. Beim genussvollen Grillabend mussten die Malteser dann versprechen, das Fest auch im kommenden Jahr zu veranstalten.

Ein Ausflugmit Flüchtlingen

Mit einer gemeinsamen Schiff-fahrt auf dem Chiemsee auf Ein-ladung der Malteser Jugend in Traunstein konnten zahlreiche Flüchtlingskinder einige Stun-den den dramatischen Erlebnis-sen entfliehen.

Stolz auf 60 Jahre gute taten: Stephanie Freifrau von Freyberg und Christoph Friedrich blicken zufrieden zurück – und optimistisch nach vorne. Foto: KlauS Haag

Spielzeug ausHandarbeit

Viele Flüchtlingskinder, die in den kommenden Wochen in München eintreffen, dürfen sich auf besonders liebevoll gestalte-tes Spielzeug freuen: Denn Ga-briele Rauecker, Daniela Todo-rova, Dusanka Medo, Johannes Reichstadt, Felix Höpfl, Karin Gröber und Sophie Sedlmeier von der Diözesangeschäftsstelle in München haben mit Nadel, Faden und viel Liebe zum De-tail wunderschöne Stoffmäuse genäht, die Kindern ein Lächeln ins Gesicht zaubern sollen.

Frühstück fürObdachlose

Wurst- und Käsesemmeln, Saft und Obst – mit einem gesunden Frühstück und viel Aufmerksam-keit haben Markus Bretschnei-der, Claudia Bölingen, Veronika Dörfler, Elke Rieger, Stefanie Scharf, Barbara Schiele, Kira Schuth und Philip Jaszinski von der Münchner Stadtgeschäfts-stelle der Malteser zahlreiche Obdachlose der Stadt über-rascht. Ganz nach dem Malte-ser-Grundsatz „Den Bedürftigen helfen“.

Page 3: Malteser Zeitung zum 60-jährigen Jubiläum

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Ihr Jubiläum – ein Grund zum Feiern.

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Die Helden des AlltagsRettungsassistenten sind Helden des Alltags – ob-wohl ihr Alltag nicht immer heldenhaft ist. Manchmal retten sie Leben – manchmal geht es um ganz kleine Hil-fen. Meistens liegt ihre Auf-gabe irgendwo dazwischen. Eine Nacht unterwegs mit wackeren Maltesern.

München – Im Leben gibt es viele Tiefpunkte. Ronan erlebt seinen vielleicht tiefsten Tief-punkt an einem Freitag, 3.30 Uhr, im Münchner Osten. Er kommt aus Dublin, ein Hauptstadt-Ire, jedenfalls sagt das der junge Passant, der an Ronans Schulter zerrt. „Hey, you can’t sleep on the street“, sagt er und schüttelt noch-mal. Aber der Hauptstadt-Ire denkt, sofern er überhaupt noch denkt, dass er das sehr wohl kann. Er stöhnt, hus-tet, schlägt um sich, grölt: „Ääääääh“ und dreht sich mit einem Grunzen auf den Bauch. Er will seine Ruhe, selbst dass ihm die Hose in den Kniekehlen hängt, stört ihn nicht.

Die Geschichte hinter Ronans Elend ist genau das: elend. Er wollte sich in den Bars der Optimol Werke – dem ehemaligen Kunstpark Ost – betrinken. Aber baye-risches Bier hat schon viele Touristen aus den Socken gehauen. Helles schlägt Kil-kenny, immer. Ronan, gerade 30 Jahre alt, ist also in guter..., naja, er ist in Gesellschaft.

„Ein Glück, dass der sich schon leer gemacht hat“, sagt Sebastian Bscheid und zieht den stämmigen Iren am Arm nach oben. Am Auto auf der gegenüberliegenden Straßen-seite kleben die Spuren der Leerung. Bscheid hat sich längst an solche Bilder ge-wöhnt, sie sind nicht schön, aber sie gehören zum Job. Der 36-Jährige ist Rettungs-assistent und er hat gelernt, sich an kleinen Dingen zu freuen: Immerhin wird Ronan sich nicht im Rettungswagen übergeben.

Bscheid ist seit acht Jahren bei den Maltesern; zuerst in Gröbenzell (Kreis Fürstenfeld-bruck), seit zwei Jahren in der Wache am Münchner Leuch-tenbergring. Er kennt die Hö-hen und Tiefen des Geschäfts, die wenigen Schicksals-Mo-mente und die vielen anderen, in denen er Erbrochenes zwi-schen den Instrumenten im Rettungswagen wegwischen muss. Er und seine Kollegen sind die ersten, die bei einem schweren Unfall gerufen wer-den oder bei schwerem Suff – und bei allem dazwischen.

Man muss gemacht sein für diesen Job, sonst geht es nicht. Nachtschichten wech-

seln sich mit Tagschichten ab. Manchmal sind es sechs, sieben Nächte am Stück, je acht Stunden. Das macht das Familienleben nicht gerade leichter. Bscheid hat eine Frau und zwei Kinder, er weiß das nur zu gut. Er hat es auch mit andern Berufen versucht, war chemisch-technischer Assis-tent, hat ein Studium angefan-gen. Aber nur im Labor stehen oder am Schreibtisch sitzen, das war nichts für ihn.

„Hier weiß man nie, was passiert“, sagt der 36-Jährige, der das Haar sehr kurz trägt und ein ziemlich umgängli-cher Typ ist. „Meist passiert zwar der selbe Wahnsinn wie immer – aber es könnt’ ja doch mal was Spannenderes dabei sein.“

Heute Nacht ist es eher der alltägliche „Wahnsinn“. Ro-nan liegt inzwischen hinten im Rettungswagen. Er hat sich mit letzter Kraft und gestützt von Bscheid und zwei Pas-santen auf die Transportliege gewuchtet, wuchten lassen, irgendwie beides. Jedenfalls liegt er nun dort, auf dem Bauch, die Arme unter der Kopfstütze verschränkt und stöhnt ein Wort vor sich hin. Ein Hotel? Ein Hauptstadt-Iren-Kumpel? Was er da lallt, versteht kein Mensch.

Bscheid fährt langsam, Blaulicht ist nicht nötig. Der Münchner Osten ist leer um diese Zeit. Ziel ist das Klini-kum Bogenhausen, wo Ro-nan ausnüchtern soll. Derweil notiert Monika Fröschl die Patientendaten. Fröschl, 23, hat erst kürzlich ihre Ausbil-

dung zur Rettungsassistentin abgeschlossen und war vorher jahrelang im Katastrophen-schutz aktiv. Sie und Bscheid sind zwei vom gleichen Typ. Deshalb wechseln sie kein Wort zu viel, aber auch keines zu wenig.

Ronan der Betrunkene ist nicht ihr erster Einsatz in die-ser Nacht. In der JVA Stadel-heim hat ein Häftling seine Blutdruck-Tabletten nicht genommen – Alarm 1. Wenig später klagt die Bewohnerin eines Seniorenheims, schwer dement, über Rückenschmer-zen nach einem Sturz – Alarm 2. In einer durchschnittlichen Nacht fahren die Malteser der Münchner Wache sechs Einsätze, am Wochenende acht bis zehn. Dann kommen sie kaum zurück zur Wache, fahren von Notfall zu Notfall. Oft regeln sie die Dinge selbst – manchmal kommt ein Not-arzt dazu.

So ist es in dieser Nacht nur einmal. Ein Mann Mitte 70, Diabetiker, hat zu hohe Insulinwerte, die Leitstel-le hat gleich eine Ärztin mit alarmiert. Als sie eintrifft, ist Rettungsassistent Bscheid dem Problem längst auf der Spur. Ein anderer Arzt hatte dem Mann am Morgen ein Mittel mit Cortison gespritzt. Die Kombination kann die Blutwerte in die Höhe treiben. „Müsste der Kollege eigentlich wissen“, sagt die Notärztin

Die kriegerischen Auseinan-dersetzungen zwischen Viet-nam und Thailand sorgen für eine Flüchtlingswelle aus dem ebenfalls betroffenen Land Kambodscha. So landen am 17. Januar erstmalig 50 Flüchtlinge aus Kambodscha auf dem Flughafen in Mün-chen, damals noch in Riem. Der Malteser Hilfsdienst über-nimmt die Erstversorgung.

Jahr der hohen Besuche: Am 13. September reist erstmals der Großmeister des Malteserordens, Fra‘ Angelo de Mojana die Cologna, in die Diöze-se. Am 19. No-vember ist dann Papst Johannes Paul II. in Mün-chen zu Gast (Fo-to). Der Malteser Hilfsdienst steht für Notfälle auf Abruf bereit.

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Rettungsdienst 3Malteser Zeitung | Freitag, 23. Oktober 2015

60 JahREgutE tatEn

Die Natur insBewusstsein rufen

Wieso ist das Trennen von Müll und das Recyceln von Wertstof-fen für die Natur so wichtig? Diesen Fragen sind Nina Alb-recht, Riana Clonta, Theresa Eidenschink, Alexandre Moo-ser, Florentine Schneider, Jose-fine Baumgartner, Jeremie Abel, Andrea Geischeder, Laura-Mi-chelle Grübel, Maria Schnitzl-baumer, Sarah, Michael und Dominik Winklmeier nachge-gangen und haben damit die Traunsteiner Bevölkerung kon-frontiert. Perfekter Abschluss: Am Ende sammelte das Team entlang der Traun jede Menge Müll auf.

Floßfahrt mitRollstuhlfahrern

Ein nasses – aber durch ihre Be-gleitung stets sicheres – Vergnü-gen bereiteten Maria Schnitzl-baumer, Lea Zeitler, Amalie und Eva Weitemeyer, Verena Posch sowie Dominik Winklmeier von der Traunsteiner Malteser-Jugend Rollstuhlfahrern und gehbehinderten Menschen mit einer rasanten Floßfahrt auf der Alz. Bei der dreistündigen Floß-fahrt mit Musik und einer def-tigen Brotzeit blieben am Ende weder die Augen, noch die Klei-dung trocken. Ein Heidenspaß für alle Beteiligten.

Erste Hilfekindgerecht serviert

Was ist zu tun, wenn sich der Freund beim Spielen verletzt hat? Diesen und anderen Fragen sind die Traunsteiner Malteser Clonta Riana, Miriam Glaser, Amalie Weitemeyer, Florentine Schneider, Josefine Baumgart-ner, Carolin Puchstein, Julena Schneider und Sarah Winklmei-er an der Grundschule Haslach in Traunstein nachgegangen. Erste Hilfe kindgerecht aufbe-reitet – so macht Hilfe auch den Kleinen Spaß.

Engagementfür Südafrika

Beim Hochschultag des Traun-steiner Annette-Kolb-Gmna-sium hatten Lea Zeitler, Sarah Winklmeier und Leonie Weiss einen umfangreichen Aktions-stand zur Arbeit der Malteser in Südafrika aufgebaut. Ein Einsatz, der sich auch finanzi-ell gelohnt hat: Denn die Ein-nahmen, den die drei Malteser während des Hochschultags durch den Verkauf verschiede-ner Produkte erzielen konnten, kommen komplett den südafri-kanischen Maltesern zugute.

und legt dem Mann, der nur ge-brochen Deutsch spricht, einen Zugang in die Vene – als Vorbe-reitung fürs Krankenhaus.

Bscheid und Fröschl hätten das mit dem Zugang auch erle-digen können. Die andere Fra-ge ist, ob sie es gedurft hätten. Das ist ein wunder Punkt in der Branche, denn die Kompe-tenzen der Rettungsassistenten sind begrenzt – mit vielem be-wegen sie sich in einem Grau-bereich.

„Manchmal muss man sich entscheiden, ob man die eine Regel einhält oder die ande-re“, sagt eine Malteserin beim Rauchen vor der Wache. Über-schreitet man seine Kompetenz oder hilft man zu spät? Vor zwei Jahren machte ein Fall aus Mittelfranken die Runde. Zwei Kollegen des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) waren

gefeuert worden, weil sie Pati-enten in einer Notsituation ein Epilepsiemittel gespritzt hat-ten. Eigentlich hätte das nur ein Arzt tun dürfen. Sie aber sagten, die Situation habe sie zum Handeln gezwungen.

Auch in München bekamen sie das mit. Das Ende vom Lied war, dass die Kollegen in den Wochen nach dem Vorfall selbst bei Standardeinsätzen ins Krankenhaus fuhren – aus Unsicherheit. Und vielleicht auch, um auf ihre verzwickte Situation hinzuweisen. Geän-dert hat sich seither: nichts. Bald wird es zwar einen neuen Ausbildungsberuf geben: der Notfallsanitäter ersetzt den Rettungsassistenten. Besser wird dadurch aber nichts, sagt Bscheid. „Die Kompetenzen bleiben wohl gleich. Das war anders gedacht.“

Ronan: Ein lästiger, aber unkomplizierter Fall.

Haupstadt-Ire Ronan – der Betrunkene – ist dagegen ein dankbarer Fall, lästig, aber un-kompliziert. Bscheid schiebt die Trage durchs Notfallportal der Bogenhausener Klinik, der Krankenpfleger am Eingang rollt die Augen. Er deutet auf zwei Krankenbetten in einem Seitengang. Da könne Ronan sich hinlegen und überwacht ausnüchtern. „Can you walk?“ – Kannst Du gehen?, fragt er Ronan. „No“, antwortet der. Also hieven Bscheid und seine

Kollegin ihn von der Trage aufs Bett.

Der Betrunkene ist Alltag. Die Schlägerei ist Alltag. Der Sturz eines Seniors: Alltag. Aber auch völlig unnötge An-rufe: absoluter Alltag. Kürzlich schlug mal eine Kindergärt-nerin Alarm. Ein Kind hatte ihr gegen das Schienenbein getreten, nach einer Stunde pochte die Stelle noch immer. Also rückten die Malteser aus. Wunderten sich. Schneider-fahrt. Alltag.

Man lernt, mit diesen Dingen umzugehen. Mit wehleidigen Menschen. Mit Betrunkenen und Aggressiven. Auch mit wirklich schlimmen Situati-onen, mit Selbstmorden und Verkehrsunfällen. Viele die-ser Erlebnisse sind so hart, dass man sie besser nicht auf-schreibt. „Natürlich schluckt man manchmal“, sagt Sebasti-an Bscheid. Aber am Ende geht es darum, trotzdem zu funkti-onieren. „Solche Situationen sind es, für die wir da sind, für die wir trainieren.“

Heute gibt es keinen Extrem-fall mehr. Heute ist Alltag. In solchen Nächten ist es wirklich hilfreich, sich auch an kleinen Dingen zu freuen. Als Haupt-stadt-Ire Ronan sich doch noch ein allerletztes Mal ausgeleert hat – diesmal in einen Klinik-mülleimer – und auf dem Kran-kenbett schnauft, rollt Bscheid die Trage zum Rettungswagen zurück und sagt: „Wieder a Leb’n g’rettet. So muss man denken.“

Von Marcus Mäckler

manchmal retten sie Leben, manchmal helfen sie Betrunkenen – meistens liegen ihre Einsätze irgendwo dazwischen. Monika Fröschl und Sebastian Bscheid sind Rettungsassistenten der Malteser. Foto: MMä

Jetzt muss es schnell gehen: Ein Rettungswagen rückt aus der Wache zum Einsatz aus.

im Ernstfall: so können sie helfen

Page 4: Malteser Zeitung zum 60-jährigen Jubiläum

Flüchtlingshilfe4 Malteser Zeitung | Freitag, 23. Oktober 2015

Verpflegung der flüchtlinge bei der bundespolizei in rosenheim

Die täglichen tausend KäsebroteJeden Tag greift die Bundes-polizei in Rosenheim hun-derte Flüchtlinge auf. Bis sie weitergeleitet werden, kümmern sich die Malteser um die Verpflegung der Menschen. Es ist ein harter Job – nicht nur körperlich.

Rosenheim – Gutes zu tun ist nirgendwo so hart wie hier. Ein kleiner Bub steht in der Turnhalle der Bundespolizei in Rosenheim und starrt Gitta Lukas mit den süßesten Kul-leraugen an, die es gibt. Gitta Lukas hat nämlich einen grau-en Rollwagen neben sich ste-hen, und auf dem liegen drei Kisten mit Käse-Sandwiches, Bananen und knallroten Äp-feln. Der Bub, kurze schwarze Haare, höchstes vier Jahre alt, hält schon ein Brot und ein Stück Obst in der Hand. Aber er hätte gern mehr davon, un-endlich viel mehr. Er streckt die Hand aus, aber Gitta Lu-kas bleibt hart. Nicht, weil sie will, sondern weil sie muss. Noch 180 weitere Menschen warten auf ihr Abendessen.

Alle haben Hunger, und alle sollen gleich viel bekommen. Ohne Ausnahme, auch wenn das hart ist. Im Katastrophen-fall, bei Evakuierungen oder Hochwasser, gilt dieselbe Re-gel. „Sonst gibt es sofort Neid und Missgunst, schlimms-tenfalls Tumulte“, sagt Hans Kerschbaumer, der Stadt- und Kreisbeauftragte der Malteser in Rosenheim. Im Auftrag der Bundespolizei kümmert sich die Hilfsorganisation um die Verpflegung derjenigen, die von den Beamten bei der ille-galen Einreise nach Deutsch-land aufgegriffen wurden.

Die Helfer machen einen unheimlich wichtigen Job, aber auch einen unheimlich

harten. Zweimal täglich, zum Frühstück und zum Abendes-sen, bringen sie Lebensmittel für die Flüchtlinge. Sie machen das seit mehr als zwei Jahren. Und trotzdem ist es ein Job, von dem kaum jemand weiß.

Gitta Lukas, kurze Haare, dunkelblaue Malteser-Fleece-jacke, Alter geheim, hilft seit dem ersten Tag mit. Ehrenamt-lich. Warum? Eine Antwort hat sie nicht parat. „Das geht schon automatisch“, sagt sie nur. Die Malteser sind für Gitta Lukas seit gut drei Jahren wie eine zweite Familie, oftmals ist sie hier über acht Stunden be-

schäftigt. Unentgeltlich. Einen Tag, ohne anderen zu helfen – das kann sie sich längst nicht mehr vorstellen.

Zum Glück gibt es viele Menschen, die so denken wie Gitta Lukas und die anderen Malteser: Gut 110 Rosenhei-mer haben sich als freiwillige Helfer für die Verpflegung der Flüchtlinge gemeldet. Wer Zeit hat, nimmt an einer Hygienebelehrung beim Ge-sundheitsamt teil, trägt sich in einen Kalender ein, kommt rechtzeitig zur Wache, streift sich eine graue Weste über, steigt ins Auto und fährt mit

zur Essensausgabe. Wobei, ganz so einfach ist es natürlich nicht. Das Essen muss ja auch zubereitet werden.

Früher, da haben die Helfer die Brote für das Abendessen tatsächlich noch selbst ge-schmiert. Der Vereinsraum im Keller der Malteser ist spontan zur Großküche umfunktio-niert worden. Das ist inzwi-schen nicht mehr zu schaffen bei täglich bis zu 500 Perso-nen, die auf dem Gelände der Bundespolizei warten. Eine Firma liefert jetzt Sandwich-Ecken: je zwei Stück, mit Gouda und Karotten belegt,

in Plastik verpackt. Kalorien: gut 350. Die gleichen Brote servieren Fluggesellschaften oft bei Mittelstreckenflügen. Nur das Frühstück richten die Helfer noch selbst auf kleinen Papiertabletts her: Vier Schei-ben Vollkornbrot, Marmelade, Honig und einen Plastiklöffel. Messer sind verboten – „aus Sicherheitsgründen“, sagt Hans Kerschbaumer. Dazu gibt’s Getränke. Die Afrikaner bevorzugen morgens Kaffee, die Araber Tee und die Afgha-nen Milch.

Es gibt jeden Tag das glei-che, aber das fällt nicht auf. Denn die Flüchtlinge blei-ben immer nur höchstens 15 Stunden in der Turnhalle. In dieser Zeit werden sie von Ärzten untersucht, von der Polizei registriert und an-schließend an Erstaufnahme-Einrichtungen weitergeleitet. Heute Abend sind 180 der „internationalen Gäste“ auf dem Gelände der Bundespo-lizei. So nennt Hans Kersch-baumer die Flüchtlinge – weil sie noch gar keinen Asylan-trag gestellt haben, wenn sie hier ankommen. „180, das sind wenige“, sagt er. Vergan-gene Woche waren es pro Tag knapp 500. Die Helfer den-ken inzwischen in anderen Dimensionen.

Von Januar bis Mai, also in fünf Monaten, haben sie 1639 Personen verpflegt. Im August und September waren es jeweils über 15 000. Eine Prognose, wie sich die Lage entwickeln wird, gibt es nicht. Immer um Punkt 17 Uhr, ge-nau zwei Stunden vor der Es-sensausgabe, klingelt bei dem Malteser-Beauftragten das Handy. Dann erfährt Kersch-baumer, wie viele Essen benö-tigt werden. Damit das alles in der kurzen Zeit reibungslos klappt, braucht es vor allem eines: eine gute Organisation.

Die Helfer in der Turnhal-

le achten streng darauf, dass jeder sein Essen bekommt. Sie orientieren sich an bun-ten Papierbändern, die jeder Flüchtling am rechten Arm trägt. Die Polizei hat sie ihnen umgeklebt. Darauf ist ver-merkt, wo die Person aufge-griffen wurde und in welcher Tüte ihre Wertsachen stecken. An der Essensausgabe malen Gitta Lukas und die anderen Helfer mit einem Stift ein Zei-chen auf jedes Band, bevor sie das Sandwich reichen. Heute ist es ein Kreuz, gestern war es ein Kreis. So verlieren die Malteser nicht den Überblick.

Er hungert lieber,als seine Prinzipienaufzugeben.

Gerade gibt es trotzdem Streit. Ein Mann, um die 40 Jahre alt, ist auf Gitta Lukas und ihren Rollwagen zuge-kommen und wollte sich selbst ein Brot greifen. Das ist verboten, „allein schon aus hygienischen Gründen“, sagt die ehrenamtliche Helferin. „Wir geben das Essen aus.“ Jeder Flüchtling muss sich anstellen, auch da gibt’s keine Ausnahme. Der Mann kann nicht verstehen, dass ihn Gitta Lukas zurechtweist. Er winkt ab und setzt sich wieder auf seine grüne Pritsche. Dass ei-ne Frau hier das Sagen hat – für ihn unvorstellbar. Er hun-gert lieber, als seine Prinzipien aufzugeben.

Keine zehn Meter weiter sitzt ein Mann, ungefähr glei-ches Alter, und beißt genüss-lich in das Sandwich. Er hat sich angestellt und sogar höf-lich „Thank you“, Danke, ge-sagt. In seinen Augen ist tiefe Dankbarkeit zu sehen. Dieses einfache Sandwich ist für ihn das beste Essen seit sehr lan-ger Zeit.

die geschichte einer flüchtlingsfamilie in bayern

Wenn aus Hilfe Freundschaft wirdLydia und Heiko Padberg haben ein Paar aus Nigeria unterstützt – inzwischen sind beide Familien untrennbar verbunden

Aichach/Garmisch-Parten-kirchen – Eine weiße Holz-platte und einen alten Sessel – mehr gibt es nicht für ein provisorisches Türschutzgit-ter. Eine wackelige Barriere, die die Kleinsten in dem un-scheinbaren Haus in Aichach vor dem Sturz von der Treppe bewahrt. Lydia Padberg 56, ist unzufrieden mit der Kon-struktion im ersten Stock der Flüchtlingsunterkunft. „Hei-ko, da müssen wir nächstes mal eine Klappe mitbringen“, sagt sie, nachdem sie Absper-rung beiseite geschoben hat. „Mhm“, murmelt Heiko Pad-berg, 45, der hinter seiner Frau die Stufen hinaufsteigt. Er fährt sich mit der Hand über das Kinn. Bei jedem Besuch eine neue Baustelle. Bei jedem Besuch ein neues Problem.

Dann geht die Tür am Gang-ende auf und Kingsley tritt he-raus. Er breitet die Arme aus und lächelt, während seine Zwillinge über die Türschwelle tapsen – und all die Probleme sind für die nächsten Minuten vergessen. Kingsley Igbinedi-on ist mit seiner Frau Joy aus Nigeria geflohen. Christen wie sie werden dort verfolgt. In

ihrer afrikanischen Heimat-stadt wütet die islamistische Terrorgruppe Boko Haram. Joys Familie besteht haupt-sächlich aus Muslimen. Eine Ehe, die eine christliche und islamische Familie vereint? Undenkbar in ihrem Land. „Aber wir wollten zusammen bleiben, aus Liebe heiraten“, sagt Kingsley. Also gingen sie. Über den Niger nach Libyen. Von Libyen mit einem wa-ckeligen Boot über das Mit-telmeer. Drei Tage lang, ohne Essen, ohne Trinken. Kings-ley Igbinedion schüttelt nur mit dem Kopf, wenn er daran zurückdenkt. „Nie wieder“, sagt er.

Was für ihn schon kräf-tezehrend genug war, war für Joy ungleich härter. Sie war bei der Überfahrt hoch-schwanger. Mit Zwillingen. Über Italien kamen die bei-den nach Deutschland und landeten in einer Erstaufnah-meeinrichtung in Garmisch-Partenkirchen. Bei Lydia und Heiko Padberg. Seit Jahren helfen die beiden, wo sie nur können. Sie sind ehrenamtli-che Malteser. Lydia Padberg schon seit sie zwölf Jahre alt

ist. „Es ist eine Lebenseinstel-lung“, sagt sie, die sich selbst schulterzuckend ein Helfer-syndrom attestiert.

Die beiden sind neben ihrem täglichen Beruf in der Pflege beim Katastrophenschutz der Malteser aktiv. Und weil der-zeit alles und jeder für die Be-wältigung der Flüchtlingskrise gebraucht wird, wurden auch sie in der Erstaufnahme „ins kalte Wasser geworfen“, wie sie selbst sagen. Aber zwischen dem nigerianischen Pärchen und ihnen hat es vom ersten Moment an funktioniert. Die Padbergs kümmerten sich um die hochschwangere Joy, besorgten ihr eine Matratze statt des Feldbetts und organi-sierten die Arzttermine. Nicht einmal zwei Wochen nach der Ankunft in Garmisch-Partenkirchen vor fast genau einem Jahr war es so weit: Die Zwillinge Prince und Princess kamen auf die Welt.

Die stolzen Eltern wollten ihre Kinder unbedingt tau-fen lassen – und weil sich in Deutschland niemand so sehr um sie bemüht hatte wie Ly-dia und Heiko Padberg, soll-ten die beiden die Taufpaten

werden. Sie sagten ja. „Mitt-lerweile sind das fast unsere Enkelkinder“, sagt Lydia Pad-berg und streichelt der noch etwas verträumten Princess über die Haare. Sie ist gerade erst aufgewacht. Im Januar war die Taufe. Zehn Malteser waren dabei. Und ein ganzer

Bus voll Asylbewerber, die mitfeiern wollten, wenn die Zwillinge das erste Sakrament empfangen.

Aber jetzt können die Pad-bergs ihre Quasi-Enkel nur alle paar Wochen sehen. Die Igbinedions sind seit März in Aichach untergebracht. In

einem kleinen Zimmer, mit blauer Couch, Matratze, Kühl-schrank und ein paar Spin-den. Einen Mini-Fernseher gibt’s noch, in dem Cartoons laufen – das war’s. Wenig Platz für eine Familie. Vor wenigen Tagen haben sie eine zweite Duldung erhalten, wieder für sechs Monate. Der Asylan-trag steckt noch immer im Behörden-Dickicht fest. Stän-dig kommt Post, die Kingsley nicht lesen kann. Bewerbun-gen, Versicherungsdokumen-te, Behördenkram. Dann braucht er Hilfe.

Doch Lydia und Heiko Padberg können nicht jedes Wochenende von Bad Kohl-grub (Kreis Garmisch-Parten-kirchen) zwei Stunden nach Aichach fahren. „Wir würden sie gerne irgendwie zu uns ho-len“, sagt Lydia Padberg. Aber im Moment geht das nicht. Al-so kommen sie immer wieder zu dem unscheinbaren Haus in der Aichacher Innenstadt. Mit der verblassten Deutsch-landfahne über der Haustür. Beim nächsten Besuch wer-den sie eine Klappe mit dabei haben. Und damit wieder ein Problem lösen. Dominik Göttler

Hilfe im Ausland: Ein Erd-beben hat Anfang Dezem-ber Süditalien erschüttert, ein 25-köpfiges Team der Malte-ser eilt mit Großraum-Ret-tungswagen und Lebensmit-teln zur Hilfe. Einsatzleiter ist Rupert Graf Strachwitz.

Hilflos im riesigen Kran-kenhaus: Dagegen enga-gieren sich die Malteser in München. Deshalb wird am 1. Mai der Patientenbe-gleitdienst mit 14 Helfern am Klinikum Großhadern ins Leben gerufen. Die Helfer unterstützen Hilfs-bedürftige beim Ausfüllen der Formulare und auf dem Weg durchs Klinikum.

Großeinsatz für die Malteser-Sanitäter: Beim Katholikentag von 4. bis 8. Juli in München sind mehr als 700 Helfer des Sa-nitätsdienstes im Einsatz, um den rund 110 000 Gläubi-gen im Notfall zur Seite zu ste-hen. Weit über 1000 Mal leisten die Rettungs-kräfte Erste Hil-fe.

Großeinsatz in Ungarn: 10 000 Flüchtlinge aus der DDR, die in Ungarn in drei Lagern auf die Weiterreise in die Bundesrepu-blik warten, müssen medizi-nisch versorgt und verpflegt werden. Die Einsatzleitung der Betreuung übernimmt Wolf-gang Wagner, Stadtbeauftrag-ter des Malteser Hilfsdienstes in München. 35 Helfer sind rund um die Uhr im Einsatz.

Das Massaker gegen Demonst-ranten, die in Temesvár gegen den rumänischen Diktator Ni-colae Ceausescu aufbegehrt haben, wird für die Malteser zum Ernstfall: Ein Hilfskonvoi mit 14 Fahrzeugen, 50 Ärzten, Rettungssanitätern und Kran-kenpflegern bricht an den Ort des Grauens auf, um mit Medi-kamenten, Verbandsmaterial und Transfusionen zu helfen.

Weiterer Einsatz in Rumänien: Manfred Schulz, Diözesan- und Landesge-schäftsführer der Malteser, wirkt we-sentlich am Aufbau der „Serviciul de Aju-tor Maltez în Româ-nia“, dem rumäni-schen Malteser Hilfs-dienst, mit.

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60 Jahregute taten

Oktoberfest mit denBlauen Schwestern

Wiesnspaß mit Brezn und Mu-sik! Regina Klein, Dusanka Medo, Judith Kraus und Sabine Rube von der Malteser-Verwal-tung haben sich für die direkte Nachbarschaft, den Mitgliedern des Ordens der Blauen Schwes-tern der Heiligen Elisabeth an der Streifeldstraße in München, etwas ganz Besonderes ausge-dacht: Mit weiß-blauer Deko, bayerischen Schmankerln und vielen Attraktionen haben sie das Oktoberfest direkt in die Schwesterngemeinschaft geholt – und somit den oftmals hoch-betagten Ordensfrauen einen unvergesslichen Nachmittag beschert.

Erfahrungen imRollstuhl-Parcours

Wie schwer es ist, sich mit einem Rollstuhl forzubewegen, konn-ten Besucher der Traunsteiner Rosentage am eigenen Leib erfahren. Alexandrea Mooser, Josefine Baumgartner, Carolin Puchstein und Sarah Winklmei-er von der Malteser-Jugend in Traunstein hatten für die Besu-cher einen Parcours aufgebaut, der nur per Rollstuhl durchfah-ren werden konnte. Beste Ge-glegenheit, die Menschen für Gebehinderungen zu sensibili-sieren und Hemmschwellen im Umgang mit Behinderten abzu-bauen.

einsatzort turnhalle: Die Flüchtlinge, die bei der Bundespolizei in Rosenheim auf die Weiter-leitung warten, werden von den Maltesern mit Essen versorgt. Bei diesem Job müssen sie hart bleiben – selbst wenn Kinder um mehr Brote betteln. Foto: DoR

Geburtstag imMärchenwald

Ein unvergesslicher Tag für die nigerinaische Asylbewerberfa-milie Ola: Das Malteser-Asylbe-werberteam um Carmen Grimm-Eichhorn, Anne Schäfer, Renate Schepper und Agnes Courtois hatte die alleinerziehende Mut-ter Maris (32) und ihre drei Kin-der, die Zwillinge Peter und Paul (6) sowie Töchterchen Miracle (1), die alle im selben Monat geboren sind, zu einem erleb-nisreichen Ausflug in den Mär-chenwald nach Wolfratshausen eingeladen. Gelebte Integration von ihrer schönsten Seite.

Zeitspendefür Senioren

Vorlesen, Spiele spielen oder einfach nur zuhören: Mit einem gemütlichen Nachmittag im Al-tenheim haben Mitglieder der Traunsteiner Malteser-Jugend den Bewohnern eine große Freude gemacht.

Ferienprogrammmit Blaulicht

Spannende Sommerferien mit den Maltesern: Dafür haben die jungen Mitglieder des Hilfsdiens-tes in Traunstein rund um Ma-rina Albrecht, Angei Müll und Sabine Kriegenhofer gemeinsam der Gruppe „Realistische Un-falldarstellung“ (RUD) gesorgt. So wurden den Teilnehmern am Ferienporgramm wichtige Erste-Hilfe-Handgriffe gezeigt, beispielsweise wie eine Brand-wunde versorgt werden muss. Zudem konnten die Teilnehmer einen Krankentransportwagen in Augenschein nehmen.

Von SebaStian Dorn

echte freundschaft: : Lydia und Heiko Padberg haben sich um Kingsley Igbinedion und seine Frau Joy gekümmert, als sie aus Nigeria nach Deutschland geflüchtet waren. Inzwischen sind die Zwillinge Prince und Princess auf der Welt – und Lydia und Heiko Padberg Paten. Foto: DoMINIK GöttLER

Page 5: Malteser Zeitung zum 60-jährigen Jubiläum

AuslAndseinsätze MAlteser internAtionAl – einsAtz, wo die not AM grössten ist

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„In Krisengebieten muss manAllround-Künstler sein“

Tobias Kann ist für die Mal-teser International immer wieder in Krisengebieten im Einsatz. Zuletzt war er in Nepal, um den Menschen dort nach dem schweren Erdbeben zu helfen. Es sind harte Einsätze – aber Erfah-rungen, die er nicht missen möchte.

Gräfelfing/Dhulikhel – To-bias Kann sitzt verschwitzt zwischen Trümmern und vermisst seinen aufgeräum-ten Schreibtisch in Gräfelfing kein bisschen. Er hat gerade dabei geholfen, ein Baby auf die Welt zu bringen. Mitten im Erdbebengebiet Nepals. Dort, wo die Verzweiflung seit Tagen groß ist, erlebt er gerade einen Moment der Hoffnung. Eine junge Mut-ter, die ihn und die Ärztin aus Deutschland dankbar anlächelt. Und es fühlt sich an, als ob es keinen Ort auf der Welt gibt, an dem er jetzt mehr sein sollte. Hier in Ne-pal ist Hilfe gerade so viel mehr als ein Wort.

Arbeiten im Büro –das ist eigentlichnicht seine Welt.

Tobias Kann arbeitet hauptamtlich für die Malte-ser. Und das schon die Hälf-te seines Lebens. Früher war er Rettungsassistent. Jetzt hat er einen Bürojob beim Hilfsdienst in Gräfelfing. Bü-ro – das ist eigentlich nicht seine Welt. Aber der ideale Gegensatz zu einer Aufgabe, die er freiwillig übernimmt. Der 41-Jährige engagiert sich für Malteser International,

ein Hilfswerk mit mehr als 100 Projekten in mehr als 25 Ländern. Die Malteser enga-gieren sich in Afrika, Ameri-ka und Asien in der Not- und Katastrophenhilfe und för-dern Projekte zum Wieder-aufbau und zur nachhaltigen Entwicklung.

Beim Wiederaufbau nach dem Erdbebenauf Haiti geholfen.

Kann war 2010 nach dem Beben und dem Tsunami auf Haiti, um beim Wiederauf-bau zu helfen. Und er hat sich auch freiwillig gemeldet, als vor einigen Monaten Hel-fer für das Erdbebengebiet in Nepal gesucht wurden. Nur eine Woche später – zehn Tage nach dem schweren Beben – kam er in Dhulikhel an, übernahm mit anderen Helfern ein Militär-Lager und verbrachte die nächsten drei Wochen damit, Verletz-te zu versorgen, Proviant zu verteilen oder in abgelegene Dörfer zu fahren, um dort die Situation auszukund-schaften. Er hat Menschen gesehen, die mit schweren Verletzungen tagelang zu Fuß unterwegs waren, er hat unzählige Verbände erneu-ert, Wunden versorgt – und er hat das Nachbeben miter-lebt. Und immer wieder gab es diese Momente, in denen er nicht nur die Zerstörung und das Leid gesehen hat, sondern auch eine Ahnung davon bekam, wie schön Ne-pal sein muss.

Es waren lange und an-strengende Tage. Aber gute Tage. „Es klingt vielleicht seltsam, aber ich bin glück-lich bei solchen Einsätzen“, sagt er. „Ich mag die Her-ausforderung, ich mag es, in

Probleme geworfen zu wer-den. In Krisenregionen reicht es nicht, mit dem Finger zu schnipsen, um etwas zu er-ledigen – man muss eine Art Allround-Künstler sein.“

In Nepal waren rund150 Hilfsorganisationenim Einsatz.

Tobi Kann ist nicht der Ein-zige, der so denkt. In Nepal waren die Malteser Interna-tional eine von 150 Hilfsor-ganisationen. Sie haben sich regelmäßig mit Vertretern der

Regierung und der Vereinten Nationen getroffen, um ihre Arbeit zu koordinieren. Die meisten der Helfer haben wie Kann zu Hause eine Familie, sie haben sich wie er Urlaub genommen, um zu helfen. Für seine Frau ist es nicht leicht, wenn sie mit den zwei kleinen Töchtern zu Hause ist, sich Sorgen macht und er nicht einmal Handy-Emp-fang hat – das weiß Tobias Kann. Aber sie weiß auch, dass die Malteser Internatio-nal gut organisiert sind, dass die Sicherheit der Helfer Pri-orität hat – und dass sie ih-

ren Mann gehen lassen muss, wenn sein Malteser-Herz ihn in Krisengebiete zieht. „Die-ses Fernweh, dieses Bedürf-nis zu helfen und rundum gefordert zu sein werde ich immer haben“, sagt Kann, als er ein knappes halbes Jahr später an seinem Schreib-tisch in Gräfelfing sitzt und die Bilder von dem Einsatz anschaut. Vielleicht wird er irgendwann noch einmal nach Nepal fahren. Vielleicht mit seiner Familie. Um ihnen zu zeigen, wie schön dieses Land eigentlich ist. Und wie dankbar die Menschen.

Krise auf dem Balkan: Die Ro-senheimer Malteser haben gemeinsam mit der Humani-tären Kroatienhilfe Rosenheim e.V. und dem Oberbayerischen Volksblatt rund 590 000 D-Mark gesammelt, die bis auf den letzten Pfennig den Krieg-betroffenen vor Ort zugute kommen. Das Geld wird in Le-bensmittel, Kleidung und Me-dikamente investiert.

Ein Urgestein feiert Jubiläum: Dr. Albrecht Graf von Rechberg ist seit 30 Jahren Diözesanleiter der Malteser in der Erzdiözese. Für seine Ver-dienste erhält er das Große Kreuz des Bundesver-dienstordens aus den Händen des bayerischen Ministerpräsi-denten Max Streibl.

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Malteser unterwegs 5Malteser Zeitung | Freitag, 23. Oktober 2015

60 JAhregute tAten

Hilfe fürFlüchtlinge

Nach der anstrengenden Flucht aus den Kriegs- und Krisengebieten steht vielen Asylsuchenden eine weitere, jetzt rein bürokratische Hürde, bevor: Die Registrierung in den Aufnahmestellen. Eine zusätz-liche Belastung für 65 neu ein-getroffene Flüchtlinge in Grä-felfing, die durch den Einsatz von Mitgliedern des örtlichen Malteser-Hospizdienstes ab-gemildert werden konnte. Die Ehrenamtlichen begleiteten die 65 Neuankömmlinge bei ihrem Weg ins Rathaus der Ge-meinde.

Sturmschädenbeseitigt

Handwerkliches Geschick war gefragt, als Barbara Schleindl-sperger, Elisabeth Hempel, Bri-gitte Weiss, Günter Mayer, Jo-seph Müller, Felix Wunderlich, Christian Kaehs und Elisabeth Hempel von der SEG-Betreu-ung (Schnelleinsatzgruppe) der Malteser in München die letz-ten Sturmschäden an der The-rapieanlage für Kinder mit und ohne Behinderung beseitigten. Neben der Hauptaufgabe, der Reparatur einer zerissenen Zelt-plane, konnten die Helfer unter anderem auch den Weidezaun wieder instand setzen.

Bild der zerstörung: Tobi Kann traf wenige Tage nach dem Beben in Nepal ein. Die meisten Gebäude waren zerstört. FoTos: FKN

einsAtz in den Flüchtlingszügen

Unterwegs um anzukommenMünchen – Florian Seifert hat die vergangenen Wo-chen mehr Zeit in Zügen verbracht, als in den letzten zehn Jahren seines Lebens. Es waren Züge, die Flücht-linge quer durch Deutsch-land transportiert haben. Und Florian Seifert war dabei, weil er hauptamtli-cher Rettungsassistent der Malteser ist. Anfragen kom-men ständig, erzählt er. Weil in jedem Zug mindestens vier Rettungsassistenten ge-braucht werden – falls die Flüchtlinge unterwegs me-dizinisch versorgt werden müssen. Viermal innerhalb von zwei Wochen hat sich der 31-Jährige freiwillig ge-meldet. „Wir wissen dann zwar, an welchem Tag wir eingesetzt werden, aber nicht wann und wie lange.“

Der erste Einsatz dauerte 29 Stunden. Die Fahrt ging einmal quer durch Deutsch-land, von Salzburg bis Ham-burg. Es sind kraftlose, müde Menschen, die in die Züge einsteigen, erzählt Seifert. Die Aufgabe der Rettungs-

assistenten ist es, schon am Bahnsteig genau zu beobach-ten, während die Flüchtlinge in Zehner-Gruppen in die Züge steigen. „Natürlich ist nicht jede Erkrankung sicht-bar“, sagt er. Doch falls den Rettungskräften auffällt, dass einer der Flüchtlinge in einem sehr schlechten gesundheitli-chen Zustand ist, wird er in ein Krankenhaus gebracht. Bis der Zug losfahren kann, vergehen Stunden.

Erster Halt: Freilassing, kurz hinter der deutsch-österreichischen Grenze.

Der erste Halt: Freilassing, kurz hinter der deutsch-österreichischen Grenze. Dort werden die Flüchtlin-ge registriert. „Die meisten von ihnen sprechen weder Deutsch, noch Englisch“, sagt Seifert. Manchmal dau-ert es lange, bis ein Dolmet-scher gefunden ist, der ihnen erklären kann, was passiert. „Viele von ihnen laufen mit einem Straßenatlas durch

den Zug“, erzählt er weiter. Sie wissen genau, wohin

sie wollen. Dorthin, wo sie Verwandte oder Freunde haben. In den allermeisten Fällen ist das nicht dort, wohin der Zug fährt. Die Rettungsassistenten haben die Anweisung, keine Aus-kunft über das Reiseziel zu geben. Sie sitzen die meiste Zeit der Fahrt in einem Ab-teil und sind bereit, falls sie gebraucht werden. „Manch-mal gibt es die ganze Fahrt lang keinen Einsatz“, sagt Seifert. Weil die Flücht-linge schlafen. Manchmal kommen die Rettungsassis-tenten stundenlang nicht dazu, sich hinzusetzen. „Es sind viele Kinder unter den Flüchtlingen, die Grippe haben oder heiser sind.“ Ei-nige Flüchtlinge haben an-steckende Krankheiten wie Krätze und müssen isoliert werden. Einmal gab es so-gar eine lebensbedrohliche Situation, erzählt Seifert. Die Malteser haben den Rettungsdienst alarmiert, der Flüchtling wurde in ein

Krankenhaus gebracht, die Fahrt ging weiter.

Wenn der Zug am Zielbahn-hof ankommt, bereiten die Malteser eine Übergabe an den Einsatzleiter vor. Er bekommt eine genaue Auflistung, wie viele Menschen an Bord sind, wie viele von ihnen krank sind oder weiterversorgt werden müssen. Danach ist der Einsatz für Florian Seifert und seine Kollegen beendet, sie nehmen den nächsten Zug zurück nach München.

Es sind meistens nicht die medizinischen Notfälle, die ihm nach jeder Fahrt noch lange in Erinnerung geblieben sind. Es sind die ganz kleinen Momente. Die glücklichen Kinderaugen, wenn Capri-Sonne oder Plüschtiere verteilt werden. Die Gesichter von El-tern, die seit vielen Monaten das erste Mal wieder lächeln können. Es sind die Momen-te, in denen Menschen auf der Flucht das erste Mal ein Gefühl von Ankommen haben. kwo

Florian seifert,Rettungsassistent

der Malteser, begleitetZüge mit Flüchtlingen.

Von Katrin Woitsch

helfer in der not: Tobi Kann ist für die Malteser International in Krisengebieten im Einsatz.

Blutdruckkontrollefür Passanten

Mitglieder der Malteser Ju-gend hatten bei ihrer guten Tat ganz die Gesundheit der Traunsteiner Bürger im Blick: Ausgerüstet mit Blutdruck-messgeräten luden Julia und Maria Schnitzlbaumer, Eva Weitemeyer, Verena Posch und Dominik Winklmeier Pas-santen am Maxplatz ein, ihren Blutdruck zu kontrollieren.

Einblicke indie Jugendarbeit

Junge Mitglieder präsentieren sich von der besten Seite und gewähren tiefe Einblicke in die Malteser-Jugendarbeit: Diese Aufgabe haben sich einen gan-zen Vormittag lang in Traun-stein Nina Albrecht, Alexandrea Mooser, Florentine Schneider, Josefine Baumgartner, Jerimias Abel, Andrea Geischeder, Laura-Michelle Grübel, Michael Wie-demann, Benedikt Wiedemann, Sarah Winklmeier, Lea Zeitler, Christine Sedlmeier und Micha-el Winkelmeier gestellt. Mit Kin-derschminken und vielem mehr sorgten die jungen Malteser für kurzweilige Stunden.

Page 6: Malteser Zeitung zum 60-jährigen Jubiläum

Sterbebegleitung6 Malteser Zeitung | Freitag, 23. Oktober 2015

IntervIew zur Debatte über DIe SterbehIlfe

„Es muss andere Antworten auf Leid geben“Die Malteser lehnen Sterbehilfe ab – und fordern, die Hospiz- und Palliativmedizin auszubauen

Die Position der Malteser zur aktuellen Debatte um ein Recht auf Sterbehilfe ist ein-deutig: Sie lehnen jede Form der Beihilfe zum Suizid ab. Stattdessen fordern sie eine bessere Aufklärung über die Möglichkeiten der heutigen Palliativ- und Hospizversor-gung. Welche Möglichkeiten es gibt, Sterbende zu beglei-ten und Angehörige zu unter-stützen, verraten die Diöze-sanoberin Christiane Gräfin von Ballestrem, Diözesange-schäftsführer Christoph Fried-rich und Ina Weichel, Leiterin des Ambulanten Hospizdiens-tes, im Interview.

Im November will der Bun-destag darüber entscheiden, ob Menschen in Deutschland das Recht haben sollen, Ster-behilfe in Anspruch zu neh-men. Die Malteser haben ei-ne eindeutige Position dazu.

Gräfin Ballestrem: „Als christ-liche Organisation sind wir für das Leben und lehnen daher die geschäftsmäßig organisier-te Beihilfe zum Suizid ab. Das schließt explizit auch die Bei-hilfe sowohl durch Ärzte – als auch durch Angehörige ein. Den Suizid sehen wir nicht als höchste Form der Autonomie, sondern als eine Entscheidung aus Verzweiflung. Es bedarf großer gesellschaftlicher An-strengung, dieser Not entge-genzuwirken.“Christoph Friedrich: „Des-halb fordern wir eine gut aus-gebaute und besser finanzierte Hospiz- und Palliativversor-gung. Das ist eine Alternative zum assistierten Suizid. Wenn jemand sagt ,Ich will nicht mehr leben‘ geht es meist um das „So will ich nicht mehr leben“. Wir wollen den Men-schen in den letzten Tagen, Wochen oder Monaten ihres Lebens Hilfen, Begleitung und Betreuung bieten.“

Wie kann man dem Leiden begegnen?

Gräfin Ballestrem: „Nicht, in-dem wir Menschen Hilfe zum Sterben anbieten, sondern Hil-fe beim Sterben. Eine christli-che Organisation muss andere Antworten auf das Leiden fin-den. Unsere Aufgabe muss es sein, ein Umfeld zu schaffen, das ihnen wieder Perspektiven und Hoffnung bietet. Nicht

die Hoffnung auf Heilung von ihrer Krankheit, sondern die Linderung der Schmerzen sowie anderer Symptome. Wir müssen den Patienten zeigen, dass sie nicht allein sind.“Friedrich: „Außerdem darf man bei der Diskussion nicht vergessen, dass bei dem Wunsch nach Sterbehilfe im-mer auch andere involviert sind. Es ist nicht nur eine Ent-scheidung des Kranken – An-

gehörige werden in einen gro-ßen Konflikt gebracht.“

Kommt dieser Aspekt in der aktuellen Diskussion zu kurz?

Gräfin Ballestrem: „Ja, ich fin-de schon. Außerdem wird viel zu wenig darüber gesprochen, in welche Richtung sich un-sere Gesellschaft entwickeln würde, wenn wir uns für die Legalisierung der geschäftsmä-ßig organisierten Beihilfe zum Suizid entscheiden würden. In der Schweiz ist solch ein Vor-gehen durch die Sterbehilfe-vereine „Dignitas“ und „Exit“ bereits möglich. Wie sollten Ärzte darüber entscheiden, wer sterben darf, ohne in einen Konflikt mit ihrem Selbstver-ständnis zu geraten.“Friedrich: „Ärzte, Patienten und Angehörige wären unter Umständen unter Druck, den natürlichen Sterbeprozess zu begründen, wenn es keine Aussicht auf Heilung gibt.“Gräfin Ballestrem: „Trotzdem

streiten wir natürlich nicht ab, dass es Situationen gibt, die den Wunsch zu sterben aus-lösen.“

Wie reagieren Sie als Hos-pizbegleiter darauf, wenn ein Patient diesen Wunsch aus-spricht?

Ina Weichel: „Als Koordina-torin im Hospizdienst höre ich immer wieder Fragen wie: Kön-

nen Sie mir helfen, dass mein Leben schnell endet? Kön-nen Sie mich in die Schweiz bringen? Dieser Wunsch ver-schwindet aber, wenn wir die Menschen begleiten. Wenn sie medizinisch gut versorgt sind, ihre Schmerzen und Sympto-me gelindert werden, wenn sie Beistand bekommen. Vor einiger Zeit habe ich einen noch relativ jungen Patienten kennengelernt, der sehr da-runter litt, dass er durch eine fortschreitende Erkrankung an den Rollstuhl gefesselt war und nur noch flüstern konnte. Er bat den Arzt bei jeder Gelegen-heit, in die Schweiz gebracht zu werden. Ich sagte ihm, dass ich nicht versuchen wolle, ihn umzustimmen. Aber ich bot ihm an, ihn zu unterstützen solange er hier ist, damit es ihm jetzt so gut wie nur mög-lich geht. Es hat nicht lange gedauert, bis er aufgehört hat über die Schweiz zu sprechen. Stattdessen haben wir über das Sterben geredet. Er sagte mir, er stelle sich den Tod so wie

beim Brandner Kaspar vor, er habe sogar schon den Kirsch-geist bereitgestellt. Er konnte darüber schmunzeln. Wir ha-ben eine ehrenamtliche Ster-bebegleiterin für ihn gesucht – und waren damit auf einmal wieder ein ganzes Stück mehr im Leben. Er starb bald darauf in seiner Wohnung.“

Viele Menschen haben Angst davor, nicht in Würde sterben

zu können. Oder ihren Ange-hörigen eine Last zu sein. Wie können Sie ihnen diese Angst nehmen?

Weichel: „Kranke Menschen brauchen Unterstützung und Pflege – das ist so. Das verän-dert zwangsläufig auch das Le-ben der Angehörigen. Aber oft auch positiv. Diese Zeit kann ein Gewinn sein, eine wertvol-le Lebenserfahrung.“Gräfin Ballestrem: „Ich ha-be das selbst erlebt, als mein Mann vor einigen Jahren ge-storben ist. Die letzte Zeit, die wir zusammen hatten, war sehr intensiv, es war eine Zeit der Nähe. Wir hatte die Chance, uns noch alles zu sagen, was wir sagen wollten. Das alles würde bei einem assistierten Suizid verloren gehen. Diese Zeit des Abschiednehmens ist auch für die Angehörigen sehr wichtig. Es hilft bei der Trau-erbewältigung, zu wissen, dass ein Mensch in Liebe eingebet-tet gestorben ist. Dadurch wird das Loslassen leichter. Dieser

Prozess gehört für mich zum Leben und Sterben dazu.“Weichel: „Diese Nähe und Intensität in Beziehungen wird von vielen todkranken Menschen als große Qualität erlebt. Und viele Angehörige sagen im Nachhinein: Es war eine schwere Zeit – aber ich möchte sie nicht missen. Es gab schöne Momente.“

Wo sehen Sie dabei die

Hauptaufgabe der Sterbebe-gleiter?

Gräfin Ballestrem: „Unsere Aufgabe ist es nicht nur, den Sterbenden beizustehen, son-dern auch den Angehörigen Hilfe zu bieten und die Famili-en zu entlasten. Wenn es keine Angehörigen gibt, sind wir die Bezugs- und Vertrauensperso-nen.“

Wie leicht fällt es todkranken Menschen, sich auf diese Hil-fe einzulassen?

Weichel: „Sie haben oft einen langen Leidensweg hinter sich, das verändert Menschen. Vie-le Menschen kapseln sich da-bei ab, werden einsam. Wenn dann jemand kommt, der sich Zeit nimmt, tut das unheimlich gut. Dann springt der Funke schnell über.“

Nicht immer können den Kranken ihre Schmerzen ge-nommen werden. Wie gut ist die Palliativmedizin?

Weichel: „In der spezialisier-ten Versorgung ist sehr viel passiert. Aber sicher noch nicht genug. Die Ballungs-zentren sind gut aufgestellt, in ländlichen Regionen muss noch viel verbessert werden. Und auch in der allgemeinen Hospiz- und Palliativversor-gung gibt es Nachholbedarf. Das Grundproblem ist aber, dass über die palliative Ver-sorgung noch viel zu wenig bekannt ist. Es gibt viel Unsi-cherheit und Angst – und zu wenig Aufklärung.“Friedrich: „Das Sterben ist im-mer noch ein Tabuthema. Wir haben gute Angebote – aber sie müssen auch bekannt gemacht werden.“

Kann dabei die aktuelle Dis-kussion um die Sterbehilfe auch eine Chance sein?

Gräfin Ballestrem: „Eine gro-ße Chance sogar. Zudem wer-den Gesetzgeber und Kran-kenkassen verstärkt aufgefor-dert, mehr Geld zur Verfügung zu stellen, damit die Angebote ausgebaut werden können.“

In Belgien, Luxemburg und den Niederlanden ist aktive Sterbehilfe straffrei – tausen-de Menschen nehmen das jedes Jahr in Anspruch. In der Schweiz ist Beihilfe zum Suizid gesetzlich erlaubt. Wie hat sich das auf die Palliativ-medizin dort ausgewirkt?

Weichel: „Die Suizid-Fälle sind rapide gestiegen, seit diese Möglichkeit geschaffen wurde. Und seit die Tür dafür geöffnet wurde, ist das Ge-setz immer mehr ausgeweitet worden. Auf Minderjährige. Auf Krankheitsformen wie Demenz. Das macht mir gro-ße Sorgen. Wir sind mit dem Ausbau der Palliativ- und Hospizversorgung noch lan-ge nicht fertig. Wenn wir die Möglichkeit für Sterbehilfe schaffen, könnte das verhin-dern, dass wir das Möglichs-te tun, um unsere Angebote zu verbessern. Es braucht manchmal auch Phantasie, Offenheit und einen wachen Geist, um die Not der Men-schen zu linden. Ich habe die Sorge, dass man früher auf-hören würde, zu überlegen, wenn es die Möglichkeit der Sterbehilfe gäbe.“ IntervIew: KatrIn woItsch

DIe SozIalberatung Der MalteSer auf Der PallIatIvStatIon

Der Ort, an dem die letzte Wegstrecke beginntMünchen – Dort, wo Hermann-Josef Schmitt arbeitet, hat Zeit eine andere Geschwindigkeit. Sie steht still und rast gleichzei-tig. Zeit ist wertvoll hier. Weil sie begrenzt ist. Auf der Pallia-tivstation St. Johannes von Gott im Krankenhaus Barmherzige Brüder in München werden Menschen versorgt, die seit kur-zer Zeit wissen, dass es für sie keinen Weg zurück ins Leben gibt. Oft können die Ärzte ihre Schmerzen lindern – die Krank-heiten können sie nicht heilen. Ihre Aufgabe ist es, die Zeit, die bleibt, so leidensfrei wie mög-lich zu gestalten.Und Schmitts Aufgabe ist es, Angehörigen und Patienten zu helfen, die letzte Wegstrecke zu gehen. Schmitt ist Theologe,

Sozialarbeiter – und Malteser. Gemeinsam mit seiner Kolle-gin Angelika Walser-Liegl ist er für die Sozialberatung auf der Palliativstation zuständig. Er hilft den Angehörigen, ei-nen Platz in einem Pflegeheim oder im Hospiz zu bekommen oder die häusliche Versorgung zu organisieren. Er faxt die nötigen Unterlagen, kümmert sich darum, dass alles bedarfs-gerecht vorbereitet ist, was für die Versorgung der Patienten gebraucht wird. Für all das hat er meistens nicht länger als eine Woche Zeit – geschafft hat er es bisher immer. „Ich habe keinen Zauberstab“, sagt er. „Aber ich bin gut vernetzt.“ Besser, als es Angehörige sein könnten, die sich zum ersten Mal mit diesen

Fragen beschäftigen müssen.Auf seinem Schreibtisch liegt immer ein Stapel Mappen. Jede

erzählt eine Lebens- und Krank-heitsgeschichte. Die Menschen, zu denen diese Mappen gehö-

ren, kennt Schmitt persönlich. Einige sind noch jung, einige haben monatelange erfolglose Chemotherapien hinter sich. Bei einigen von ihnen saß er lange neben dem Bett, bei an-deren hat er viel Zeit damit verbracht, die Angehörigen zu beraten. Oder zu trösten. Er er-lebt jeden Tag Geschichten, die Spuren hinterlassen. Neulich saß er am Bett einer Frau, die an ALS erkrankt ist – einer unheil-baren degnerativen Erkrankung des motorischen Nervensys-tems. Sprechen konnte sie nicht mehr. Auf einen Zettel schrieb sie „Lasst mich bitte sterben“. Ihr Ehemann brach in Tränen aus, als er die vier Worte las. Es war einer der Momente, für die es keine Worte gibt. In denen

Die Eröffnung des neuen Flughafens im Erdinger Moos läutet auch für die Malteser eine neue Zeitrechnung ein: Am 17. Mai wird die eigene Dienststelle der Malteser vor Ort eröffnet, die Rollstuhlfah-rern und gehbehinderten Menschen bei der Weiterreise hilft. Nur ein Jahr später übernehmen die Malteser die Rettungswache im Flughafen.

Die Kriegszustände im ehemaligen Jugoslawien halten den Hilfsdienst wei-ter in Atem: Die Münchner Abteilung beginnt eine groß angelegte Hilfsaktion für die vom Krieg Betroffe-nen und versorgt die Men-schen vor Ort in Flücht-lingslagern und Kranken-häusern mit Medikamen-ten und Lebensmitteln.

Zum Erste-Hilfe-Tag am 4. September star-ten die Malteser eine Großoffensive in punkto Erste-Hilfe-Kenntnisse: In Erding, Gröben-zell, Landshut, Moosburg, München, Rosen-heim, Traunstein und Trostberg animieren die Helfer die Bevöl-kerung dazu, Erste-Hilfe-Maß-nahmen zu er-lernen.

Wechsel an der Spitze: Mit ei-nem Festakt wird Dr. Albrecht Graf von Rechberg als Diözes-anleiter und Landesbeauftrag-ter vom Präsidenten des Malte-ser Hilfsdienst e.V. Dr. Constan-tin von Brandenstein-Zeppelin verabschiedet. Nachfolger wird Stellvertreter Dr. Erich Prinz von Lobkowicz, der später auch Präsident des Malteser Ordens wird.

Eine Erfolgsgeschichte feiert Ju-biläum: Seit zehn Jahren haben die Malteser das sogenannte „Malteserfon“ im Angebot, das äl-teren und ge-brechlichen Men-schen im Notfall daheim eine schnelle Hilfe ge-währleistet. Die Zahl der Nutzer steigt auf 425.

Vorreiter beim Betreuten Woh-nen: Die behin-dertengerechte Wohnanlage im St.-Vinzenz-Ron-dell in Neuhau-sen wird einge-weiht. Das erste Projekt dieser Art in München mit 164 Wohnungen.

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DaS angebot von a – z

Ambulanter Kinder-und JugendhospizdienstFür Eltern gibt es nichts schlim-meres als den Gedanken, dass das Kind stirbt. Um betroffenen Eltern und den kranken Kindern zur Seite zu stehen, haben die Malteser den Ambulanten Kin-der- und Jugendhospizdienst im Angebot. Das Angebot ist kos-tenfrei. Infos: Christa Ruf-Wer-ner, Telefon 0 89 / 85 83 68 56.

AmbulantePflege Damit gebrechliche Menschen lange ein selbstbestimmtes Le-ben führen können, dafür gibt es in den Einrichtungen des Be-treuten Wohnen der Malteser die Ambulante Pflege. Ausgebildete Mitarbeiter helfen bei den tägli-chen Dingen des Lebens.

Auslandsarbeitauf der ganzen WeltNicht nur vor Ort, auch im Aus-land engagieren sich die Malte-ser für hilfsbedürftige Menschen – beispielsweise bei Naturkatast-rophen oder Hungersnöten.

Besuchs- undBegleitungsdiensteDie Malteser schenken Zeit – mit ihren Besuchs- und Begleit-diensten, der sich an ältere und einsame Menschen richtet. Vom Cafébesuch zum Spaziergang. Infos: Jan Philipp Gerhartz, Te-lefon 0 89 / 4 36 09 - 1 60.

BetreutesWohnenEin selbstständiges Leben bis ins hohe Alter – aber mit ständi-ger Betreuung: Das ermöglichen Betreutes-Wohnen-Projekte in München. Infos: Gabriele Hän-del, Telefon 0 89 / 12 15 51 71.

Corporate SocialResponsibilityArbeiten im Einklang mit Um-welt und Gesellschaft: Darauf setzt der Malteser Hilfsdienst. So werden Mitarbeiter für ehren-amtliche Aufgaben freigestellt.

stiller Beistand die größte Hilfe sein kann. Die Palliativstation ist ein Ort, an dem die Fragen „Warum ich?“, „Warum jetzt?“, „Warum so?“ täglich gestellt werden. Antworten darauf gibt es nicht. Und manchmal ist das für Angehörige schwerer zu er-tragen, als für Patienten.Die Palliativstation ist ein hel-ler, freundlicher Ort. Die Wän-de sind gelb gestrichen, durch die großen Dachfenster scheint die Sonne in die Gänge und die Wohn- und Gemeinschaftszim-mer. Es gibt eine Kapelle, ein Klavier, einen großen Garten, in dem ein Kastanienbaum steht. Und es auch gibt Lachen.Hermann-Josef Schmitt arbeitet seit fast 15 Jahren hier für die Malteser. Eines ist ihm in die-

ser Zeit immer wieder bewusst geworden. „Glück ist nichts Materielles“, sagt er. Glück sind die kleinen Dinge, die viel zu schnell übersehen werden kön-nen. „Wir alle wissen, dass wir irgendwann sterben werden“, sagt Schmitt. „Und trotzdem leben wir alle, als ob wir 300 Jahre alt werden würden.“ Er mag seine Arbeit – auch wenn sie bisweilen schwer ist. Sein katholischer Glaube ist ihm da-bei die größte Hilfe.Die Tage in der Palliativstation, sie sind nicht immer düster. Es gibt auch gute Tage. An denen die Atmosphäre heiter ist, an denen gelacht wird. An denen nicht nur die Angst greifbar ist – sondern auch die Kraft des Glaubens. Kwo

an seinem Schreibtisch organisiert Hermann-Josef Schmitt die letzte Wegstrecke für die kranken Patienten. Foto: kWo

für das leben: Als christliche organisation lehnen die Malteser Sterbehilfe ab. Im Gespräch begründen Ina Weichel, Chris-tiane Gräfin von Ballestrem und Christoph Friedrich (v.l.) wieso. Foto: klAuS HAAG

Page 7: Malteser Zeitung zum 60-jährigen Jubiläum

Sterbebegleitung für familie mit todkrankem kind

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Partnerschaft im Dienste der Hilfebedürftigen

Drei Versprechen für HannaBernd und Tina Thierfelder haben ihre Tochter Hanna verloren, kurz bevor sie ihren dritten Geburtstag feiern konnte. Hanna litt an einer seltenen Gen-Krankheit. Die Mal-teser haben die Familie in dieser schweren Zeit begleitet – und weit darüber hinaus.

Oberhaching – Tina Thierfelder hat ihrer Tochter Hanna drei Verspre-chen gegeben. Das erste Mal am Tag ihrer Geburt, dem 17. April 2011. Als Tina Thierfelder ihre kleine Tochter damals überglücklich zum ersten Mal im Arm hielt, versprach sie ihr, immer auf sie aufzupassen. Mit aller Macht, die eine Mutter hat. Tina Thierfelder hat ihr Versprechen nie gebrochen. Doch sie konnte Hanna nicht vor dem beschützen, was das Schicksal für das kleine Mädchen vorgesehen hatte. Hanna ist mit einem sehr selte-nen Gendefekt auf die Welt gekom-men, der Niemann-Pick-Krankheit, Typ A. Es ist eine Krankheit, die un-weigerlich zum Tod führt. Den Zel-len fehlt ein Enzym, durch das für gewöhnlich der Stoff Sphingomyelin abgebaut wird. Wenn das nicht pas-siert, verändert sich die Zellfunktion, auch Organe und das zentrale Ner-vensystem werden geschädigt. Kin-der mit diesem Gendefekt sterben meistens im Alter zwischen zwei und fünf Jahren.

Von dieser Krankheit hatten Bernd und Tina Thierfelder noch nie gehört, als sie ihre kleine Tochter damals so glücklich im Arm hielten. Die Kleine hat viel geschrien, war oft unruhig – doch es dauerte fast ein Jahr, bis die Ärzte feststellten, dass ihr etwas fehlt. Die Thierfelders waren mit ih-rer Tochter immer wieder ins Kran-kenhaus gefahren, weil sie merkten, dass sie sich nicht wie Gleichaltrige entwickelt. Sie konnte noch nicht krabbeln, hatte Schwierigkeiten beim Schlucken.

Als Hanna ein Jahr alt wurde,

wünschte Tina Thierfelder ihr, dass sie die Entwicklungsverzögerung bald aufholen werde. Die Diagnose kam zwei Monate später. „Es war wie ein Schlag“, erinnert sich Bernd Thierfelder. Die ersten Tage funkti-onierten die beiden Oberhachinger wie unter Schock. Dann trafen sie eine Entscheidung: Hanna sollte die beste Versorgung bekommen. „Wir wollten alles tun, damit ihr kurzes Leben so schön wie möglich wird.“

Das Kinder-Palliativteam im Kran-kenhaus berichtete den Thierfelders damals von dem Kinder- und Jugend-hospizdienst der Malteser. Es war ein Angebot, das die beiden sofort an-nehmen wollten. Ein paar Wochen später kam das erste Mal Astrid zu Besuch. Erst immer montags um drei. Manchmal ging sie gemeinsam mit Tina Thierfelder und Hanna spazie-ren, manchmal nur mit Hanna – da-mit ihre Eltern ein wenig Zeit für sich haben. Als es Hanna immer schlech-ter ging, baten die Thierfelders Astrid,

öfter zu kommen. „Das war damals eine so wertvolle Hilfe“, erinnert sich Bernd Thierfelder. „Und so unbüro-kratisch.“ Die Familie musste nur bei den Maltesern um Unterstützung bitten. Keine Formulare, keine Te-lefonate mit Krankenkassen. Viele Gespräche waren mit Astrid leichter, als mit Freunden oder Verwandten. Und manchmal half es, jemanden zu haben, mit dem die Thierfelders ge-meinsam schweigen konnten.

Als Hanna zwei Jahre alt wurde, bekam sie bereits so wenig Luft, dass sie durch eine Nasenbrille mit Sauerstoff versorgt wurde. Dieses Jahr wünschte Tina Thierfelder ihrer Tochter grenzenlose Liebe auf ihrem schweren Weg. Und gab ihr das zwei-te Versprechen: Ihr Versprechen, das sie Hanna damals zur Geburt gege-ben hatte, bis zum Ende dieses We-gen einzuhalten – und Hanna gehen zu lassen, wenn es für sie richtig ist.

Ihren dritten Geburtstag erlebte Hanna nicht mehr. Am 11. März 2014

starb sie. Zu Hause, in den Armen ih-rer Eltern. Damals war Tina Thierfel-der im fünften Monat schwanger. Ihr großer Wunsch war es gewesen, dass Hanna ihr Geschwisterchen noch kennenlernen darf. Es kam anders.

Die kleine Livia hat Bernd und Tina Thierfelder damals nach Han-

nas Tod zurück ins Leben geholt. Sie hat ihnen die Kraft gegeben, die Trauer zu bewältigen. Sie hat ihnen dabei geholfen, Hanna auf besondere Weise lebendig zu halten. Es gibt ei-nen Engel, der über ihrem Bettchen hängt und der Hanna heißt. Er tanzt jeden Morgen für Livia – danach gibt sie dem Hanna-Foto ein Bussi. Ein festes Ritual. Livia hat ihre Schwes-ter nie kennengelernt – und doch ist Hanna Teil ihres Lebens.

Auch Astrid hilft den Thierfelders dabei, Hanna immer wieder aufleben zu lassen. Sie kommt noch immer dann, wenn sie gebraucht wird. Bei Livias Taufe war sie eingeladen – und am 11. April, dem Tag, als Hanna vier Jahre alt geworden wäre. An diesem Tag hat Tina Thierfelder ihrer Han-na wieder ein Versprechen gegeben. Sie hat es diesmal aufgeschrieben. „Kleiner Engel, sei sicher, in unseren Herzen tragen wir immer einen Teil von dir mit uns, bis wir uns wieder-sehen.“

Zu Beginn des neuen Jahrtau-sends hat sich im Landkreis München eine zweite Hospiz-gruppe gegründet, die ster-bende Menschen auf ihrem letzten Weg begleitet. 20 Hel-fer engagieren sich in der Or-ganisation, die der Malteser Hilfsdienst gemeinsam mit der Caritas und dem Katholi-schen Kreisbildungswerk auf die Beine gestellt hat.

Zahlreiche Jubilare: Die Malteser begehen am 13. November bei einem Festakt den 80. Ge-burtstag von Dr. Albrecht Graf von Rechberg, den 70. Geburtstag von Diözesanoberin Nadine Freifrau von Redwitz sowie den 60. Ge-burtstag von Manfred Schulz, der die Ver-breitung der Malte-ser in der Region maßgeblich vorange-trieben hat.

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Sterbebegleitung 7Malteser Zeitung | Freitag, 23. Oktober 2015

daS angebot von a – Z

Demenz-Caféin Berg am LaimGemeinsam Kaffee trinken, Brettspiele spielen oder einfach nur ratschen – das Café Malta im Pfarrheim St. Michael an der Clemens-August-Straße 2 im Münchner Stadtteil Berg am Laim hat immer dienstags von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Die Besonderheit: Das Café richtet sich an Demenzkranke, die vor Ort von geschulten Helfern be-treut werden.

Demenz-TagesstätteMenschen mit Demenz benö-tigen viel Zuwendung und ein vertrautes Umfeld. Die meisten von ihnen werden zuhause von ihren Angehörigen betreut. Mit dem Tagestreff MalTa an der Mi-chaeliburgstraße 16 in München bieten die Malteser erkrankten Menschen die Möglichkeit, die Tage in Gemeinschaft zu ver-bringen – mit den von ihnen geliebten und selbstbestimmten Aktivitäten. Info: Elke Rieger, Telefon 0 89 / 40 26 84 61.

Erste Hilfeim TageskursMit den wichtigsten Handgrif-fen und Maßnahmen im besten Fall Leben retten – das lernen Interessierte in den Erste-Hilfe-Kursen der Malteser. Seit 2015 neu: Der Grundkurs erstreckt sich nach neuen Vorgaben nicht mehr über zwei, sondern nur noch über einen Kurstag. Das aufbauende Erste-Hilfe-Training dauert ebenfalls einen Tag.

„Auf einmal merkt man, dass man es alleine nicht schafft“Die Schauspielerin Ulrike Kriener engagiert sich als Schirmherrin für den Malteser Kinder- und Jugendhospizdienst

Die Malteser unterstützen Familien, in denen Kinder an einer schweren unheilbaren Krankheit leiden. Es ist ein kostenloses Angebot, das bis über den Tod des Kindes hi-naus geht. Für diesen Dienst sind die Malteser auf Spenden angewiesen. Um ihn bekann-ter zu machen, haben sie vor zehn Jahren die Schauspie-lerin Ulrike Kriener gebeten, Schirmherrin zu werden. Die 60-Jährige hat sofort zugesagt – weil sie selbst erlebt hat, wie schwer die Trauer um ein Kind alleine zu bewältigen ist.

Warum engagieren Sie sich für die Kinder- und Jugend-hospizarbeit der Malteser?

Ulrike Kriener: „Die Malte-ser haben mich vor einigen Jahren gebeten, ihre Schirm-herrin für diesen Dienst zu werden. Das war zu einem Zeitpunkt, als ich nach einer ehrenamtlichen Aufgabe ge-sucht habe. Anfragen habe ich für viele soziale Themen bekommen – aber nichts hat sich passend angefühlt. Bei der Kinder- und Jugendhos-pizarbeit der Malteser war das anders. Das lag daran, dass ich selbst vor einigen Jahren ein Kind verloren habe.“

die Schauspielerin ulrike krie-ner ist seit 2005 Schirmherrin des Kinder- und Jugendhos-pizdienstes der Malteser in München. Foto: FKn

der kleine engel: Bernd und tina thierfelder haben ihre Hanna kurz vor ihrem dritten Geburtstag verloren. Foto: Anette GöttlicHer

Fahrdienstefür die MobilitätOb zum Amt, zum Einkau-fen oder zu einem Ausflug mit Freunden: die Mitarbeiter des Malteser Fahrdienstes bringen Menschen mit Unternehmungs-geist sicher und zuverlässig an ihr Ziel. Und für Menschen mit Behinderungen ermögli-chen besonders ausgestattete Spezialfahrzeuge eine beque-me Beförderung. Infos: Telefon 0 89 / 85 80 80 - 30.

Hausnotruf gibt SicherheitEin kleiner, roter Knopf, der Le-ben retten kann: Der Hausnot-ruf der Malteser ist ein Erfolgs-modell. 365 Tage im Jahr rund um die Uhr stehen die Malteser im Notfall parat. Info: Telefon 0 89 / 85 80 80 - 33.

nur für die Eltern, sondern auch für Geschwister eine im-mense Belastung.“

Wie lange bleiben die Sterbe-begleiter in Kontakt mit den Familien?

Kriener: „So lange, wie es ge-wünscht ist. Oft auch noch lange nachdem ein Kind ge-storben ist. Es entwickeln sich ja Beziehungen, enge Bindun-gen, manchmal sogar Freund-schaften. Die kann man nicht so einfach abschließen.“

Wie eng stehen Sie als Schirm-herrin in Kontakt mit betrof-fenen Familien?

Kriener: „Ich habe einige Fa-milien getroffen, um die Arbeit unserer Sterbebegleiter ken-nenzulernen. Selbst begleitet habe ich keine Familie – da-zu müsste ich erst ausgebildet werden. Meine Aufgabe ist es, die Arbeit der Ehrenamtlichen in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Das ist als Promi-nenter leichter.“

Aber bestimmt trotzdem nicht einfach.

Kriener: „Nein, einfach ist es nicht. Familien mit einem todkranken Kind möchten oft nicht an die Öffentlichkeit – und das ist absolut nachvoll-

ziehbar. Aber es gibt auch Fa-milien, die den Maltesern sehr dankbar sind für ihre Hilfe und etwas zurückgeben möchten.“

Helfen Ihnen Ihre eigenen Er-fahrungen dabei, die richtigen Worte zu finden, wenn Sie mit Familien im Gespräch sind?

Kriener: „Das glaube ich schon, ich hätte sonst eine größere Scheu gehabt, den Fa-milien zu begegnen. Ich hatte immer das Gefühl, dass wir in einem gewissen Sinn Verbun-dene sind. Durch das, was wir erlebt haben, entstehen Solida-rität und Empathie.“ IntervIew: KatrIn woItsch

Kriener: „Ich denke schon. Aus meiner Erfahrung he-raus glaube ich, dass man sich in einer solchen Situa-tion erst einmal wie ein ver-wundetes Tier zurückzieht, sich eingraben und nicht sprechen will. Zumindest nicht sofort, man braucht erstmal ein paar Tage und Wochen für sich. Dieser Punkt, an dem Hilfe von au-ßen wirklich gut tut, kommt erst später. Auf einmal merkt man, dass man es alleine nicht schafft – dass man doch jemanden zum Reden braucht. Das Angebot der Malteser ist sehr wichtig. Sie drängen sich nicht auf – aber sie sind da, wenn sie gebraucht werden.“

Die Malteser machen ihren Dienst bekannt – den Schritt auf sie zu müssen die Fami-lien aber selbst schaffen?

Kriener: „Im Grund ja. Es geht bei dem Angebot aber nicht nur um psychologi-sche, sondern auch um kon-krete Alltagshilfe. Das ist eine weitere Chance, Familien zur Seite stehen zu können. Die Betreuung eines sterbenden Kindes zieht sich manchmal über Jahre hin – das ist nicht

Hätten Sie sich damals in dieser Situation mehr Hilfe gewünscht?

Kriener: „Ja, das hätte ich. Heute würde ich sagen, dass ich mir damals einen ziemli-chen Druck gemacht habe, das alleine zu bewältigen. Ich hatte das Gefühl, wenn ich mich jetzt öffne und Hilfe su-che, mache ich das Problem noch größer. Heimlich habe ich sehr wohl ein bisschen nach Angeboten gesucht.“

Ist es schwer für Familien, in großer Trauer Hilfe anzu-nehmen?

Von Katrin Woitsch

freundin in der schweren Zeit: Astrid von den Maltesern hat die kleine Hanna während ihrer letzten Mona-te begleitet. Foto: erol GuriAn

Page 8: Malteser Zeitung zum 60-jährigen Jubiläum

Hilfe im Alter8 Malteser Zeitung | Freitag, 23. Oktober 2015

„Mit Herz und Hand“: Projekt gegen einsaMkeit

Zeit als kostbarstes GeschenkKeine Kinder, der Mann ist bereits verstorben, die bes-ten Freunde ebenfalls. Mit zunehmenden Alter steigt die Gefahr von Einsamkeit. Dagegen engagieren sich 110 Ehrenamtliche im Mal-teser-Projekt „Mit Herz und Hand“.

München – Es ist ein herrli-cher Spätsommersamstag. Ire-ne Wurzer geht mit ihrem Rol-lator durch den Giesinger Ro-sengarten, auf dem Kopf eine Sonnenbrille, ein goldfarbenes Kettchen baumelt um ihren Hals. Neben der 83-Jährigen schlendert Christine Traub, ge-rade 30 geworden. Die Frauen plaudern entspannt, lachen, haben Spaß. Man könnte fast meinen, dass die Enkelin mit ihrer Oma spazieren geht, so gut verstehen sie sich.

Dabei kennen sich die Damen erst seit rund einem Jahr. Über den Besuchs- und Begleitungsdienst „Mit Herz und Hand“ der Münchner Malteser haben sie sich ken-nengelernt. Mehr als 110 Eh-renamtliche engagieren sich derzeit im Stadtgebiet bei die-sem Dienst, den die Malteser seit 1996 anbieten.

Denn viele ältere Menschen wünschen sich Gesellschaft und gute Gespräche, doch das Alter macht oft einsam. „Bei uns sind schon langjährige Freundschaften entstanden“, sagt Veronika Dörfler. Sie ist bei den Maltesern die erste An-sprechpartnerin für Senioren, die besucht werden möchten. Wenn sie nach einem geeig-neten Helfer sucht, werden zunächst Biografie, Vorlieben und besondere Bedürfnis-se des interessierten Seniors erfragt. Denn: „Die Chemie zwischen dem Besuchten und dem ehrenamtlichem Helfer muss stimmen.“

So wie bei Irene Wurzer und Christine Traub. „Es war sofort klar, dass sie mich nicht mehr los wird“, sagt Christine

lachend. „Wir hatten gleich einen Draht zueinander“, er-gänzt Irene Wurzer. Sicher hätten beide anfangs Angst gehabt, dass es nicht passen könnte. „Aber ich bin sehr froh, dass ich sie habe. Die Christine geb’ ich nicht mehr her“, sagt die Seniorin.

Sie lebt alleine, hat ihren Haushalt im Griff und sorgt gut für sich selbst. Irene Wur-zer ist fit, nur das Gehen berei-tet Probleme. Wenn es zeitlich klappt, besuchen sie ihr Enkel und die Schwiegertochter. Mit den Nachbarn versteht sie sich gut, ihre Schulfreun-dinnen sieht sie noch regel-mäßig. „Doch ich musste ins Krankenhaus und als ich wie-der heim kam, habe ich erst einmal alleine gar nichts ma-chen können“, erzählt Irene Wurzer. Das war der Auslöser, warum sie sich an die Malte-ser gewandt hat. Und: „Es ist

nicht lustig, wenn man alleine unterwegs ist. Vereinsamen will ich nicht“, sagt sie ener-gisch.

Etwa zur gleichen Zeit ist auch Christine zu „Mit Herz und Hand“ gekommen. Das Herz beweist sie mit lieben Worten und einem offenen Ohr bei Besuchen und Tele-

fonaten. Und auch zur Hand geht sie „ihrer“ Seniorin. Al-lerdings nur, wenn mal der Rollator über den Bordstein gehoben oder die Jacke an-zogen werden muss. Denn Haushaltshilfen sind die Da-men und Herren des Malteser Besuchsdienstes nicht. Sie wollen vielmehr den Senioren Zeit schenken und schöne Stunden mit ihnen verbrin-gen.

„Bei uns ist immer was los“, sagt Christine, die sich seit rund einem Jahr einmal in der Woche mit Irene Wurzer trifft. Jeweils für zwei bis drei Stun-den flanieren sie durch den Rosengarten, gehen Eisessen oder einen Espresso trinken, fahren zum Viktualienmarkt oder ins Tierheim. Erst kürz-lich waren sie im Luitpold-park, wo die Frauen mit Kai-serschmarrn ihren gemeinsa-men 113. Geburtstag gefeiert

haben. Mit der Trambahn ging es in die Stadt. „Das war ein Abenteuer, aber mit Christi-ne traue ich mich alles“, sagt Irene Wurzer. „Sie macht im-mer Programm.“ Und so ist auch für die Zukunft die To-do-Liste der beiden randvoll. Eine Fahrt zum Schliersee mit der BOB steht da zum Beispiel ganz oben.

Bei solchen Unternehmun-gen wird der Rollator gegen einen Gehstock getauscht. Wie man mit der fahrbaren Gehhilfe, aber auch mit einem Rollstuhl, zurechtkommt, das hat Christine bei den Malte-sern gelernt. Denn die Ehren-amtlichen absolvieren neben einem Erste-Hilfe-Kurs auch fünf Seminare, in denen sie das Wichtigste für den Um-gang mit den Senioren lernen. Außerdem treffen sie sich re-gelmäßig zu Austausch und Fortbildungen.

„Unser Besuchsdienst wird in Zukunft sicher stärker nachgefragt werden“, ist sich Dörfler sicher. „Wir werden immer älter und die sozialen Strukturen verändern sich.“ Die Kinder seien oft weit weg oder in Beruf und Familie stark eingebunden. Die Äl-teren wiederum wollten so lange wie möglich in ihrem gewohnten Umfeld bleiben. Außerdem gebe es immer mehr ältere Menschen, die nach dem Berufsleben eine sinnvolle und wertgeschätzte Tätigkeit suchen.

Für ein Telefongespräch hat Christine Traub im-mer ein paar Minuten.

Dass sich in diesem Bereich aber durchaus auch junge Menschen engagieren wollen, beweist Christine Traub. „Ich will mit gutem Vorbild voran-gehen“, sagt sie. Sicher gebe es kein Geld für die ehrenamtli-chen Begleiter, dafür aber die Gewissheit, einem anderen Menschen eine Freude ge-macht zu haben. „Außerdem lernt man selbst sehr viel und das Ehrenamt erfüllt einen“, sagt die 30-Jährige.

Freilich hat sie nur sams-tags und sonntags Zeit. Christine arbeitet bei einem Fernsehsender, ist ehrenamt-lich sehr aktiv und macht sich gerade selbstständig. Mit zwei Mitgründern eröffnet sie bald „OHNE“, den ersten verpackungsfreien Super-markt Münchens. Da bleibt also nicht an jedem Wochen-ende viel Zeit für große Un-ternehmungen. Aber für ein Telefongespräch oder einen Kaffeeklatsch finden sich immer ein paar Minuten.

Infos & KontaktVeronika Dörfler, Leiterin Sozia-les Ehrenamt München Stadt, ist unter Telefon 0 89 / 4 36 08 - 5 30, Fax 0 89 / 4 36 08 - 5 19 oder on-line unter www.malteser-muen-chen.de zu erreichen.

exPerten geben rat

Wertvolle VorträgePatientenverfügung und Testament

Was passiert, wenn man seinen Willen aufgrund von Krankheit oder eines Unfalls nicht mehr äußern kann? Was geschieht im Todesfall mit dem im Leben erarbei-teten Vermögen? Wichtige Fragen, über die der Malte-ser Hilfsdienst im Erzbistum München und Freising in ei-ner Vortragsreihe informiert. Ein Fachanwalt für Famili-enrecht gibt an jeweils zwei Abenden einen umfassenden Einblick in die anspruchsvol-le Thematik.

„ Wir wollen damit Men-schen ermutigen, sich mit die-sen Dingen auseinanderzu-setzen. Oft erleben wir, dass im Ernstfall dann das Leid groß ist, wenn diese ,letzten Dinge‘ nicht geregelt sind“, erläutert Christoph Friedrich, Diözesangeschäftsführer der Malteser, und ergänzt: „Besu-cher unserer Vorträge bestäti-gen uns immer wieder, dass es ein sehr gutes Gefühl ist, für den Fall der Fälle vorgesorgt

zu haben. Deshalb bieten wir diese Vortragreihe an.“

Zudem bieten die Malteser eine kostenlose Vorsorge-mappe mit wertvollen Infor-mationen – Patientenverfü-gung, Vorsorgevollmacht und Nachlassratgeber – an, die un-ter folgender Adresse angefor-dert werden kann: Malteser Hilfsdienst, Postfach 801263, 81612 München sowie bei Dr. Christina Förster, Telefon 0 89 / 4 36 08 - 1 70 und per E-Mail an [email protected].

MaHlzeiten-PatenscHaften

Menschlichkeit auf dem TellerDer Verein Lichtblick Seniorenhilfe unterstützt das Malteser-Angebot finanziell

Er hat sein Leben lang hart gearbeitet, doch für einen sor-genfreien Lebensabend reicht die Rente von 560 Euro bei Weitem nicht aus. Joachim Aurin, 79, ist nur ein Beispiel für die Altersarmut, die in ei-ner teuren Stadt wie München immer mehr um sich greift. Ein Lichtblick – im wahrsten Sinne des Wortes: Die Mahl-zeiten-Patenschaften des Malteser Hilfsdienstes, die ihm seit Jahren eine warme Mahlzeit am Tag bescheren und deren wichtigster För-derer der Münchner Verein Lichtblick Seniorenhilfe e.V. (www.lichtblick-sen.de) ist.

Die finanzielle Notlage vieler Senioren „wird immer schlimmer“, kann Lichtblick-Vorsitzende Lydia Staltner bestätigen. Oftmals reiche die Rente älterer Mitbürger nicht mal für das tägliche Brot, ge-schweige denn für wichtige Medikamente oder notwen-dige Sehhilfen. Notsituatio-nen, denen sich der Verein

Die Sommerhochwasserkatastrophe im Au-gust an Elbe und Donau verlangt den Hel-fern alles ab: Die Malteser der Erzdiözese München und Freising beteiligen sich mit 88 Helfern und 21 Fahrzeugen an den Hilfsmaßnah-men – unter an-derem auch im Bereich der psy-chologischen Be-treuung.

Der Malteser Hilfsdienst in Deutschland feiert sein 50-jähriges Bestehen – und die Malteser aus der Erzdiö-zese München und Freising feiern in Köln mit. Doch das Jahr steht auch im Zeichen ei-nes Abschieds: Nach 22 Jah-ren Diözesangeschäftsführer übergibt Manfred Schulz die Geschäfte in die Hände von Christoph Friedrich.

Engagement gegen die Einsam-keit: Mit dem Besuchsdienst „Mit Herz und Hand“ startet der Malte-ser Hilfsdienst ein Angebot, dass sich an ältere, kranke und behin-derte Menschen richtet, die mit Einsamkeit und fehlenden Ange-hörigen zu kämpfen haben. Eh-renamtliche besuchen die Betrof-fenen und leisten ihnen Gesell-schaft – beispielsweise beim Spazierengehen.

Eine weitere Etappe auf dem Weg zum würdigen Abschied: An der Notburgastraße 4c in Nymphenburg eröffnen die Barmherzigen Brüder im Sep-tember ein stationäres Hospiz mit insgesamt zwölf Betten. Die Malteser, die in punkto Sterbebegleitung eine Vorrei-terrolle übernehmen, unter-stützen die Barmherzigen Brü-der mit ihrer Erfahrung.

Der Tsunami, der in Ostasien und rund um den Indischen Ozean zu Weihnachten fast eine Viertel Mil-lion Menschen in den Tod reißt, versetzt die Welt in Bestürzung. Im Landkreis Traunstein spendet die Bevölkerung knapp eine halbe Million an die Mal-teser, um den Wie-deraufbau zu un-terstützen.

Allen Grund zum Feiern: Seit 50 Jahren stellt sich der Malteser Hilfsdienst in der Erzdiözese Mün-chen und Freising in den Dienst der Menschen. Das Jubiläum wird mit einem Festakt be-gangen.

2002 2003 2004 2004 20052005

das angebot von a – z

Hospiz- undPalliativdienstIm ambulanten Hospiz- und Pal-liativberatungsdienst der Malte-ser steht der unheilbar Erkrank-te im Mittelpunkt – insbesonde-re sein Wunsch nach umfassen-der Schmerzlinderung). Die gut vorbereiteten Helfer begleiten in ambulanten Diensten und Kin-derhospizdiensten Kranke und deren Angehörige kostenlos und liebevoll. Infos: Ina Weichel, Te-lefon 0 89 / 85 83 79 88.

Katastrophenschutzfür akute FälleWenn im Notfall die Hilfe der Feuerwehr und des Rettungs-dienstes nicht mehr ausreichen, dann sind sie zur Stelle: Die eh-rematlichen Helfer des Katastro-phenschutzes leisten Hilfe beim Hochwasser, bei Massenkaram-bolagen oder im Schneesturm. Infos: Christiana Mitterer, Tele-fon 0 89 / 4 36 09 - 1 10.

Malteser Jugend:Spaß und EngagementVom Ausflug bis zum Zeltlager, vom gelebten Glauben bis zum Dienst am Menschen: Bei der Malteser Jugend engagieren sich Kinder und Jugendliche, die ge-meinsam viel erleben und bewir-ken wollen. Ansprechpartner für die Erzdiözese ist Sophie Sedl-meier, Telefon 0 89 / 43 60 81 42.

zwei, die sich verstehen: Irene Wurzer (links) genießt die Spaziergänge mit Christine Traub. „Ich bin sehr froh, dass ich sie habe“, sagt die 83-Jährige. FoToS: vam

dern wird von den Maltesern direkt beliefert.“ Weitere Pluspunkte: „Die Menschen kommen mit den Helfern in Kontakt und können zudem weitere Hilfe vermittelt be-kommen, die unbedingt not-wendig wird.“

Joachim Aurin, der zeit-weise sogar obdachlos gewe-sen ist, kann jedem Bedürf-tigen nur raten, die Scham zu überwinden und Hilfe in Anspruch zu nehmen: „Bei mir war irgendwann der Punkt erreicht, an dem ich festgestellt habe, dass ich es alleine einfach nicht schaf-fe“, macht Aurin Betroffenen mit seiner eigenen Biografie Mut. Zu den Mahlzeiten-Patenschaften der Malteser hat der 79-Jährige eine klare Meinung: „Es ist ein erstklas-siges Angebot, das ich nicht missen möchte.“

Ausführliche Informatio-nen zu den Mahlzeiten-Pa-tenschaften gibt es bei jeder Malteser-Dienststelle. mw

seit Jahren annimmt. So ist die Lichtblick Seniorenhilfe größter Geldgeber bei den Mahlzeiten-Patenschaften der Malteser. Alleine im ver-gangenen Jahr flossen über 70 000 Euro, um bedürftigen Senioren täglich ein warmes Essen zu finanzieren.

Ein Tropfen auf dem heißen Stein, wie Staltner schätzt:

„Viele Menschen bräuchten unbedingt Hilfe, sind aber zu stolz oder auch körperlich zu schwach, um sich bei der Tafel anzustellen.“ Auch deshalb sei die Malteser Mahlzeiten-Patenschaft eine erfolgreiche Aktion, wie die Vorsitzende erklärt: „Niemand muss sich aus dem Haus trauen, um Hilfe zu bekommen, son-

freude über den Besuch und gutes Essen: Joachim aurin be-kommt jeden Tag eine mahlzeit geliefert. FoTo: malTESEr

Krankentransportdurch ExpertenWenn das gesundheitliche Be-finden eine Fahrt mit öffent-lichen Verkehrsmitteln oder dem Taxi nicht zulässt, sind die Malteser zur Stelle – per Kran-kentransport. Für die Betreu-ung während der Fahrt stehen geschultes Rettungsdienstper-sonal und moderne medizini-sche Geräte zur Verfügung. Die Bestellung erfolgt in München über die Leitstelle unter der Rufnummer 0 89 / 1 92 22, in den anderen Landkreisen gilt die Notrufnummer 112.

Kulturbegleitdienstgegen EinsamkeitDie kulturelle Vielfalt Münchens trotz hinderlicher Gebrechen erleben – dafür sorgt der Kul-turbegleitdienst der Malteser. Ehrematliche Helfer begleiten Menschen, die körperlich auf Unterstützung angewiesen sind, ins Museum oder in die Oper. Infos: Veronika Dörfler, Telefon 0 89 / 4 36 08 - 5 30.

Malteser MigrantenMedizin (MMM)Mediznische Hilfe sollte allen offen stehen. Schwierig wird es allerdings, wenn keine Kranken-versicherung und kein gültiger Aufenthaltsstatus für Deutsch-land besteht. Hier setzt die Mal-teser Migranten Medizin (MMM) an, die diesen Menschen unter Wahrung der Anonymität die ärztliche Hilfe zu Teil werden lassen, die sie benötigen. In-fos: Veronika Dörfler, Telefon 0 89 / 4 36 08 - 5 30.

ein espresso auf die freund-schaft: Seit rund einem Jahr treffen sich die beiden Frau-en wöchentlich, um gemein-sam etwas zu unternehmen.

Von Vroni Macht

die kostenlose vorsorgemap-pe liefert viele wertvolle In-formationen. FoTo: Fkn

Page 9: Malteser Zeitung zum 60-jährigen Jubiläum

Ein Vormittag in dEr dEmEnz-tagEsstättE

Verlorene VergangenheitElke Rieger leitet dieDemenz-Tagesstätte der Malteser im Münchner Os-ten. Mit ihrem Team betreut sie jeden Tag Menschen, für die es kein „Damals“ gibt. Eine anspruchsvolle, aber keine traurige Aufgabe.

München – Stolz streift Sonja ihr pinkes Armband mit dem kleinen silbernen Anhänger ab und zeigt es der Frau neben sich, mit der sie sich grade so nett unterhalten hat. Wie die Frau heißt, weiß Sonja nicht mehr. Aber das Armband war gleich Gesprächsthema. Ihr Name und ihre Adresse stehen darauf. Und der Name ihrer Schwester mit Telefonnum-mer. Darunter ein einziger Satz – ein Satz, der alles verändert hat: „Ich habe Alzheimer.“

Früher hat sich Sonja in der ganzen Welt ausgekannt. Sie war Reiseleiterin, hat unzähli-ge Menschen durch dutzende Länder geführt, ihnen fremde Kulturen erklärt. Die Sonja von früher ist irgendwann ver-schwunden. Ganz langsam. Am Anfang hat nur sie selbst es gemerkt. Einzelne Wörter sind ihr nicht mehr einge-fallen, dann hat sie Namen vergessen. Und irgendwann

gab es Tage, an denen sie den Weg nach Hause nicht mehr gefunden hat. Sie, die Frau, die sich überall auf der Welt zurechtgefunden hat, irrte plötzlich durch München auf der Suche nach einem Ort oder einem Menschen, der ihr bekannt vorkam. Deshalb hat ihre Schwester ihr das pinke Armband geschenkt – für die Momente, in denen sie sich an ihren Namen und ihre Adresse nicht mehr erinnern kann.

Sonja ist einer von acht Menschen, die sich jeden Mittwoch in der Demenz-Tagesstätte der Malteser im Münchner Osten treffen. Alle haben unterschiedliche Ge-schichten – doch das Ende dieser Geschichten ist ähnlich. Sie waren früher Richter, Inge-nieure, technische Zeichner, Lehrer. Menschen mit vielen Begabungen, die auf einmal einen wichtigen Teil von sich selbst verloren haben: ihre Er-innerungen.

Hier in der Tagesstätte geht es mehr um das Heute, als um das Gestern oder Morgen. Es geht darum, sich gemeinsam an Kleinigkeiten zu freuen. „Viele Menschen ziehen sich immer mehr zurück, wenn sie ihr Gedächtnis verlieren“, sagt die Leiterin Elke Rieger. „Wir wollen sie aus ihrer Iso-lation holen.“ Die Tage begin-nen immer mit einem langen

gemeinsamen Frühstück. Es wird geredet, gespielt, ge-bastelt, gesungen – und viel gelacht. Als die Malteser die Demenz-Tagesstätte in Mün-chen aufgebaut haben, boten sie die Betreuung an einem Tag in der Woche an. Aus die-sem einen Tag sind längst fünf geworden. „Und der Bedarf wird nicht weniger werden“, ist Rieger überzeugt. Es gibt nicht nur mehr Menschen, die an Demenz erkrankt sind - die Betroffen sind auch immer jünger. Die Krankheit kann jeden treffen, sagt Rieger. „Un-sere älteste Besucherin ist 96, die jüngste 55.“

Horst und Claudia haben sich in einer Alzheimer-Grup-pe kennengelernt und sich dort angefreundet. Jetzt tref-fen sie sich jeden Mittwoch

bei den Maltesern, begrüßen sich mit einer Umarmung. „Bald fahren wir zusammen in den Urlaub“, erzählt Claudia. Dann ist er wieder da – dieser Moment, an den sie sich nicht gewöhnen will. Ihre Tisch-nachbarin fragt, wohin sie fahren und es fällt ihr einfach nicht ein. Sie weiß, dass sie ein Flugticket zu Hause liegen hat. Aber sie kann sich nicht erin-nern, was darauf steht. „Wohin fahren wir zusammen?“ fragt sie Horst, der neben ihr sitzt. Er lächelt sie an und sagt „Na, in den Urlaub.“ „Ach ja“, sagt Claudia und lächelt glücklich. „In den Urlaub.“

Es sind nicht die richtigen Antworten, um die es geht, wenn Elke Rieger beim ge-meinsamen Frühstück kleine Fragen stellt. „Es geht darum,

sich zusammen ein bisschen den Kopf zu zerbrechen“, sagt sie. Manchmal bauen sie sich gemeinsam eine Eselsbrücke, um sich einen Namen merken zu können. Manchmal reden sie über ihre Schulzeit oder den Beruf, den sie früher hat-ten. Manchmal überlegen sie, welche Worte hinter alltägli-chen Abkürzungen stecken. Neben Elke Rieger sitzt eine Frau, bei der die Krankheit so weit fortgeschritten ist, dass sie dem Gespräch nicht mehr folgen kann. „Das ist die große Herausforderung“, sagt Rieger. „Sich auf jedes Krankheitssta-dium in der Gruppe einzustel-len.“ Hin und wieder nimmt Elke Rieger die Hand der Frau, stellt ihr eine Frage, lächelt sie kurz an – jedes Mal bekommt sie ein Lächeln zurück. Auch

darum geht es den Maltesern: Sie wollen ein klein wenig Normalität schaffen – für die Kranken und deren Angehöri-gen, die durch die Tagesstätte ein wenig entlastet werden.

„Man muss diese Arbeit lie-ben, um sie machen zu kön-nen“, sagt Elke Rieger. Sie selbst hat vom ersten Moment an gewusst, dass die Tagesstät-te das Richtige für sie ist. Schon bevor sie den Demenzbeglei-terkurs der Malteser absolviert hatte. Noch bevor sie ihre Gäs-te ins Herz schließen konnte. „Die Mittwochsgruppe hat wirklich immer den besten Ap-petit“, sagt Elke Rieger in die Runde, als sie die leeren Teller vom Frühstückstisch räumt. „Natürlich haben wir Appetit“, sagt Claudia. „Wie können Sie das denn nur vergessen?“

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Demenzbegleitung 9Malteser Zeitung | Freitag, 23. Oktober 2015

das angEbot Von a – z

Malteserruf mitguten ZuhörernImmer mehr Menschen finden keine ausreichende Ansprache mehr in ihrem Umfeld. Das ist auch im Hausnotruf der Mal-teser zu spüren: Viele Anrufe kommen von Teilnehmern, die einfach mit jemandem reden möchten. Hier entlastet der Malteserruf das hauptamtliche Personal. Ehrenamtliche, eigens dafür qualifizierte Mitarbeiter telefonieren regelmäßig mit ein-samen Menschen und geben ih-nen so ein Stück Lebensqualität zurück. Infos: : Jan Philipp Ger-hartz, Telefon 0 89 / 4 36 09 - 1 60.

MedizinischeTransporteBlutkonserven, Gegengifte oder Organe müssen so schnell wie möglich zum Einsatzort kommen, um vielleicht sogar ein Leben zu retten: Dafür sor-gen die Eiligen Medizinischen Transporte, die 365 Tage im Jahr rund um die Uhr auf Abruf stehen.

Menüservicebietet VielfaltSeelachs, Hähnchen oder Kalbs-geschnetzeltes: Der Malteser Menüservice ist der regionale Spezialist rund ums Thema „Es-sen auf Rädern“. So können auch hilfebedürftige Menschen, die noch in den eigenen vier Wän-den leben, sich aber nicht mehr selbst versorgen können, in den Genuss einer warmen Mahlzeit kommen. Infos: Thomas Rapp, Telefon 0 89 / 85 80 80 20.

Von Katrin Woitsch

Die Malteser orientieren sich bei ihrer Demenz-Arbeit an der international aner-kannten Philosophie Silviahemmet. Sie geht auf die Initiative von Königin Silvia in Schweden zurück. Deren Ziel ist eine gesellschaftliche Enttabuisierung der Demenz. Im Mittelpunkt stehen die Würde des Erkrankten und die Lebensqualität für ihn und seine Angehörigen.

Philosophie Silviahemmet

aus der isolation holen will Elke Rieger (links) die Menschen mit Demenz. In der Tagesstätte der Malteser beginnen die Tage mit einem gemeinsamen Frühstück – und viel Lachen. FoTo: kwo

Page 10: Malteser Zeitung zum 60-jährigen Jubiläum

Blick zurück – und nach vorne10 Malteser Zeitung | Freitag, 23. Oktober 2015

Der Malteser OrDen

„Unser Charisma hat sich nie verändert“Prinz Lobkowicz ist Präsident der Deutschen Assoziation – und macht sich keine Sorgen um die Zukunft

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Wir gratulieren zum Jubiläum60 JahreMalteser Hilfsdienst.Bereits 61 Jahre steht das Autohaus Rauscher alskompetenter Partner in allen Fragen rundums Auto seinen Kunden zur Seite.

Deutschland feiert die Fußball-WM – auch dank des Ein-satzes der Malteser, die mit fast 500 Ärz-ten und mehr als 14 000 ehrenamtli-chen Helfern an allen Spielstätten die Welt-meisterschaft in Deutschland beglei-ten.

Großer Jubel für den deutschen Papst Benedikt XVI.: Bei seinem Besuch in der bayerischen Hei-mat. Am Freisinger Domplatz er-kundigt sich der Pontifex, der 1999 als damaliger Präfekt der Glaubenskongregation selbst in den Malteser Orden aufgenommen worden ist, bei Einsatz-abschnittsleiter Thomas Auerbach über die Einsätze des Hilfsdienstes während des Besuchs. Zudem richtet der Hei-lige Vater emotionale Worte an die ehrenamtlichen Helfer: „Meine Malteser, schön, dass ihr da seid!“

2006 2006

Das angebOt vOn a – Z

Mobil-Notruf fürmehr SicherheitHilfe auf Knopfdruck: Diese Möglichkeit bietet der Mobil-Notruf der Malteser für Men-schen, die viel aktiv und unter-wegs sind – und das deutsch-landweit. Infos gibt‘s unter Tele-fon 0 89 / 85 80 80 - 33.

Patienten-BegleitdienstHilfe bei der Orientierung im Klinikum Großhadern, in der Hautklinik an der Frauenlobst-raße und in der Augenklinik an der Mathildenstraße in München bietet der Patientenbegleitdienst, der gehbehinderten Menschen zur Verfügung steht. Infos unter Telefon 0 89 / 4 36 08 - 5 30.

Rettungsdienstfür die schnelle HilfeDer tiefe Schnitt in den Finger, der Sturz auf eisglatter Straße oder gar der plötzliche Herz-stillstand am Arbeitsplatz: Der Rettungsdienst ist immer schnell zur Stelle, wenn dringende medi-zinische Hilfe benötigt wird. Ge-meinsam mit anderen Rettungs-diensten bilden die Malteser die feste Säule der Notfallversorgung in Deutschland. Um im Notfall die beste Qualität der Versorgung zu gewährleisten, setzen die Mal-teser auf ein einheitliches Quali-tätsmanagementsystem.

Rückholdienstfür UrlauberEgal ob der Beinbruch auf Föhr oder ein Schnorchelunfall auf den Maledieven – als Fördermit-glied bei den Maltesern genügt ein Anruf, damit die Malteser aktiv werden und den Rück-transport nach Deutschland organisieren. Als erster Dienst-leister im weltweiten Kranken-rücktransport hat sich die Hilfs-organisation ihr Qualitätsma-nagement zertifizieren lassen.

Duisburg/Taufkirchen – Tho-mas Auerbach hat vermutlich über keinen Tag so oft gespro-chen wie über den 24. Juli 2010. Dem Tag seines schlimmsten Rettungseinsatzes. Er liegt mehr als fünf Jahre zurück. Und noch immer läuft es dem 50-Jährigen kalt den Rücken runter, wenn er von damals erzählt.

Thomas Auerbach ist als Ein-satzleiter mit einem Team der Malteser aus Taufkirchen bei der Love Parade in Duisburg. Seine Station befindet sich oberhalb des Tunnels, durch den die Partygäste müssen, um

auf das Veranstaltungsgelände zu kommen. Auerbach ist er-fahren, er ist seit mehr als 20 Jahren bei den Maltesern. Aber er ist nicht vorbereitet auf das, was an diesem Tag auf ihn und seine Leute zukommt.

„Am Nachmittag haben wir bemerkt, dass sich der Tun-nel immer stärker mit Men-schen füllt“, erzählt Auerbach. Mit fünf Rettungsassistenten kämpft er sich einen Weg nach unten durch – und ruft sofort Verstärkung. Auerbach er-kennt, wie gefährlich die Situ-ation ist, einordnen kann er sie

PsychologischeNotfallversorgungNach dem plötzlichen Tod eines Angehörigen ist es wichtig, den Hinterbliebenen zur Seite zu ste-hen. Dafür gibt es das sogenann-ten Kriseninterventionsteam, das – vor allem auf psychologi-scher Hilfe – den Betroffenen Erste Hilfe leistet. Nicht selten sind es auch die Retter, die nach dramatischen Unfällen und Ka-tastrophen Beistand brauchen. Auch hier haben die Malteser auf bundesweiter Ebene wert-volle Nachsorgemaßnahmen.

Der Malteser Orden kämpft seit 900 Jahren gegen das Elend in der Welt an. Eine Aufgabe, mit der man nie fer-tig wird, sagt Erich Prinz von Lobkowicz, der Präsident der Deutschen Assoziation. Vie-les hat sich in der langen Ge-schichte des Ordens nie geän-dert – und trotzdem hat er den Spagat zwischen Tradition und Moderne geschafft. Denn manche Aufgaben des Ordens sind aktuell wichtiger denn je, betont Prinz Lobkowicz.

Der Malteser Orden hat eine 900-jährige Geschichte. Wis-sen viele Menschen davon?

Prinz Lobkowicz: „Wer sich für die Geschichte des Abend-landes interessiert, kommt nicht am Malteser Orden vorbei. Die Malteser hatten schon vor dem ersten Kreuz-zug in Jerusalem ein Hospital. Als die Kreuzritter ein Blut-bad in Jerusalem anrichteten, hatten viele der hohen Ritter ein schrecklich schlechtes Gewissen und schlossen sich zur Wiedergutmachung dieser pflegenden Einrichtung an. Das ist der Grund, warum der Orden so lange Zeit ein Ritter-orden gewesen ist. Zuvor war er ein Krankenhaus-Orden.“

Was hat sich in 900 Jahren nie geändert?

Prinz Lobkowicz: „Das Cha-risma des Ordens. Und sei-ne Zielsetzung: Hilfe den Bedürftigen und Wahrung des Glaubens – das ist unser Wahlspruch. Der hat sich seit damals nicht geändert.“

Er ist sogar grade aktueller denn je...Prinz Lobkowicz: „Es ist in-teressant, dass sich durch die derzeit stattfindende Völker-

wanderung wieder ähnliche geografische Einsatzorte für die Malteser ergeben. Mitglie-der des Ordens sind auf jedem Boot der italienischen Küsten-wache vor Lampedusa. Dort stellen wir die medizinischen Einsatzkräfte. Außerdem sind wir in den Lagern im Libanon, im Irak, in Syrien, in der Tür-kei. Wenn die Flüchtlinge in Ungarn ankommen, werden sie dort von Malteser-Helfern verpflegt und versorgt. Auch in Österreich und München hat der Malteser Hilfsdienst kräftig geholfen.“

Aber passt ein militärischer Ritterorden noch in die heu-tige Zeit?Prinz Lobkowicz: „Ein mi-litärischer Ritterorden passt dann in die Zeit, wenn die Aufgaben, die er erfüllt, ge-braucht werden. Gerade in unserer Zeit wird die Hilfe für Bedürftige mehr gebraucht als zu vielen anderen Zeiten der Geschichte.“

Wie musste der Orden seine Strukturen verändern, um ei-ne moderne Organisation zu werden?

Prinz Lobkowicz: „Richtig modern sind wir eigentlich nicht (lacht). Aber wir haben phantastisch modern orga-nisierte Werke. Besonders in Deutschland. Geführt werden die Werke aus einem sehr pro-fessionell besetzten Aufsichts-rat heraus. Professionalität hat Priorität. Im Bezug auf die in-neren Strukturen des Ordens werden in den kommenden Jahren einige Reformen an-stehen. Die Anpassung an moderne Zeiten ist für alle Ordensgemeinschaften ein Kraftakt. Wir haben aber ein besonderes Geschenk: Viele Mitglieder sind verheiratet und haben Kinder, sie stehen mitten im Leben. Das macht viele Aufgaben leichter.“

Bruder Gerhard, der Ordens-gründer, hat den Satz geprägt: „Der Orden wurzelt im Elend der Welt.“ Ein Großteil der Ordensmitglieder sind Adlige. Wie passt das zusammen?

Prinz Lobkowicz: „Das passt wunderbar zusammen. Die Forderung Jesu Christi, ihm nachzufolgen, bedeutet immer Hilfe für die Armen und Besei-tigung des Elends in der Welt. Dafür treten adlige Familien seit langer Zeit ein.“

Wer kann Mitglied im Orden werden?

Prinz Lobkowicz: „Wir suchen gute Katholiken, die bereit sind, das Ordens-Charisma zu leben. Man bittet aber nicht darum, aufgenommen zu wer-den – man wird gefragt. Wenn wir sehen, dass sich jemand tüchtig im Sinne des Ordens-Charismas einsetzt, fragen wir oft, ob er oder sie das nicht im Orden tun möchte.“

War es bei Ihnen damals auch so?

Prinz Lobkowicz: „Ja. Ich war damals seit mehr als 30 Jahren jährlich bei den Kranken-Wall-fahrten nach Lourdes dabei. Irgendwann wurde ich gefragt, ob ich das etwas verbindlicher machen wolle – und das habe ich gerne getan.“

Wie leicht tut sich der Orden heute, neue Mitglieder zu fin-den?

Prinz Lobkowicz: „Wir haben immer mehr Interessenten, als wir aufnehmen können. Das hat auch mit dem Satz des Se-ligen Gerhard zu tun. Nach-dem es nicht so aussieht, als ob das Elend der Welt je ver-schwinden würde, wird es im-mer Menschen geben, die dem Abhilfe leisten wollen.“

In 107 Ländern sind Bot-schafter der Malteser unter-

wegs. Das ist ein großer Un-terschied zu anderen Hilfsor-ganisationen.

Prinz Lobkowicz: „Ja, das ist tatsächlich einzigartig. Nur die katholische Kirche hat ebenfalls einen Botschafter-Dienst.“

Was sind die große Heraus-forderungen des 21. Jahrhun-derts?

Prinz Lobkowicz: „Es gibt immer mehr große und zu-nehmend sekulare Organi-sationen. Es wird wichtiger werden, die Besonderheiten der christlichen Weltsicht nicht zu vernachlässigen – die christlichen Werte hoch-zuhalten: den Schutz des Lebens und der Familie, die Behandlung jedes Einzelnen als Ebenbild Gottes. Das wird keine leichte Aufgabe sein. Aber sie ist wichtiger denn je.“

Machen Sie sich manchmal Sorgen um die Zukunft des Ordens?

Prinz Lobkowicz: „Nein. Es ist nicht schwer, neue Mitglie-der zu finden. Um die Qualität muss man sich natürlich im-mer Gedanken machen – das ist unsere Arbeit.“ IntervIew: KatrIn woItsch

erich Prinz von lobkowicz ist seit 1989 Malteserritter und seit 2006 Präsident der Deutschen Assoziation. Foto: Fkn

Ein Ritterorden in mitten der Welt – das ist den Maltesern gelungen. Die katholische Ordensgemeinschaft ist im 11. Jahrhundert nach dem Ersten Kreuzzug in Jerusalem gegrün-det worden – zusätzlich zu einem geistlichen Ritterorden. Seit der Ansiedlung auf der Insel Malta um 1530 setzte sich der Name „Malteser“ durch. Völkerrechtlich wird der Orden noch heute als ein souveränes, nichtstaatliches Völkerrechts-subjekt betrachtet. Gleichzeitig ist er ein Ritterorden und ein kirchlicher Orden. Er entscheidet autonom nach seiner eige-

nen Verfassung über seinen Kodex, Aufnahme, Aufgaben und Rang der Mitglieder. Noch immer stammen viele Mitglieder aus ehemaligen Ritterfamilien. Längst hat sich der Orden angesichts seiner Aufgaben und seiner Internationalität für unadlige Mitglieder geöffnet.Ziel des Ordens ist es, Alte, Behinderte, Kranke oder Flüchtlinge unabhängig von Religion oder Herkunft karitativ zu unter-stützen. Weltweit hat der Orden etwa 13 500 Mitglieder, die Deutsche Assoziation hat etwa 700 Mitglieder. Kwo

Ein Ritterorden aus dem 11. Jahrhundert

Die KatastrOPhe bei Der lOve ParaDe in Duisburg

Einsatz im Todes-Tunnel

thomas auerbachaus taufkirchen war einer

der Rettungskräfte beidem Love-Parade-Unglück

in Duisburg.

besucher fliehen in Panik aus dem tunnel. 21 Menschen kommen letztlich im Gedränge ums Leben. Foto: DPA

jedoch nicht. „Überall lagen Menschen auf dem Boden, als wenn auf sie geschossen worden wäre“, erzählt er. Die Polizei versucht, die Ret-tungskräfte abzuschirmen, damit sie den Verletzten hel-fen können. Als Auerbach bei dem ersten Bewusstlosen ankommt und den Puls fühlt merkt er, die Hilfe kommt zu spät. Der Mann ist tot.

Überall sieht er Verletzte oder regungslose Menschen. Es gibt kein Durchkommen für die Rettungskräfte. Un-unterbrochen müssen sie entscheiden, zu wem sie sich durchkämpfen. Mehr als ei-ne Erstversorgung ist in dem Gedränge nicht möglich. „Ich habe damals jegliches Zeitge-fühl verloren“, sagt Auerbach. „In dem Moment haben wir einfach funktioniert und so gearbeitet, wie wir es gelernt haben.“ Immer mehr Ret-tungskräfte kommen nach, immer mehr Tote werden ge-borgen. Direkt vor Auerbach bricht ein Mann mit Herzstill-stand zusammen. Es gelingt ihm und seinem Team, den Mann zu reanimieren. Spä-ter erfährt er, dass er in einem

Krankenhaus gestorben ist. Zum Nachdenken kommt

Thomas Auerbach stunden-lang nicht mehr. Die Veran-stalter lassen die Love Parade weiterlaufen – damit nicht alle Partygäste gleichzeitig in Panik zum Ausgang rennen. „Es war eine unvorstellbare Situation“, sagt er. „Ein paar hundert Meter weiter ist gefei-ert worden, während wir Tote geborgen haben.“

21 Menschen kommen bei der Love Parade ums Leben, 541 werden verletzt. Wie lange der Rettungsein-satz dauerte, kann Auerbach nicht schätzen. Er und seine Kollegen sitzen danach mit

einem Seelsorger und einem Kriseninterventionsteam zu-sammen. Keiner kann glau-ben, was er heute erlebt hat. Jeder spürt, dass es schwer wird, diesen Einsatz zu ver-arbeiten.

Nicht alle haben es ge-schafft. Thomas Auerbach hat eine Kollegin, die bis heu-te in Therapie ist. Weil sie die Bilder aus Duisburg nicht ver-gessen kann. Er selbst komme klar, sagt er. Aber es hat ein Jahr gedauert, bis er wieder in einen Krankenwagen einstei-gen konnte. Er sagt: „Der Re-spekt vor der Enge wird wohl für immer bleiben.“

KatrIn woItsch

Page 11: Malteser Zeitung zum 60-jährigen Jubiläum

Gemeinsam lernen: Der Schul-begleitdienst gibt behinder-ten Kindern die Möglichkeit auf einen ganz normalen Schulbesuch. Foto: Dpa

Felix Pietsch: Vom BFD zum Festen JoB

Kein Blut, aber ganz viel HerzGräfelfing – Felix Pietsch (19) aus Martinsried hatte ge-rade sein Abitur bestanden, als seine Mutter mit einem Stellenangebot der Malteser in Gräfelfing in der Hand nach Hause kam. Gesucht: Personen, die sich beim Bun-desfreiwilligendienstes (BFD) für ein Jahr sozial engagieren. Für Pietsch eine Entschei-dung, die er keine Sekunde bereut hat.

Senioren unterhalten, Mahlzeiten ausliefern, be-hinderte Menschen begleiten oder beim Hausnotruf mitar-beiten – der Martinsrieder hat in seinem BFD-Jahr fast in je-den Bereich des Hilfsdienstes reingeschnuppert. „Nur den Rettungs- und Sanitätsdienst habe ich gemieden. Blut ist nicht mein Ding“, sagt der 19-Jährige und lacht. „Dafür macht es mir Spaß, mich mit Menschen zu beschäftigen.“

Wechsel in der Leitung der Malteser in der Erzdiözese: Dr. Erich Prinz von Lobko-wicz, 2006 zum Präsidenten des Malteser Ordens in Deutschland gewählt, über-gibt sein Amt als Leiter des Hilfsdienstes in München und Freising an seinen bis-herigen Stellvertreter Carl Joseph Graf Wolff Metter-nich.

Das Hochwasser hat weite Teile Bayerns, Thüringens, Sachsens und Sachsen-Anhalts überschwemmt – doch der Malteser Hilfsdienst steht mit Rat und Tat den Betroffenen zur Seite. Vor allem mit psycholo-gischer und sozialer Un-terstützung können die Helfer neuen Mut geben.

2007 2013

Kinder & Jugend 11Malteser Zeitung | Freitag, 23. Oktober 2015

Das anGeBot Von a – z

Sanitätsdienst fürKonzerte und SchulenSport, Theater oder Demo: Wenn viele Menschen zusam-men kommen, ist ein Sanitäts-dienst, der bei kleinen und gro-ßen Verletzungen Hilfe leistet, oftmals sogar Pflicht. Doch die Malteser organisieren nicht nur Sanitätsdienste für Veranstal-tungen aller Art, Infos unter Te-lefon 0 89 / 4 36 08 - 1 10, sondern engagieren sich auch rund ums Thema Schulsanitätsdienst. In-fos unter 0 89 / 4 36 08 - 1 42.

Seniorenreisenmit UnterstützungFür die Angebote rund ums Thema Seniorenreisen, die ganz an die Bedürfnisse älterer Menschen angepasst sind, ha-ben sich die Malteser mit dem Anbieter Fairplay Reiseservice zusammen getan. Ausführliche Infos zum Reiseporgramm und den Angeboten gibt es unter Te-lefon 0 89 / 85 80 80 85.

Sozialpatenschaftenfür BedürftigeBedürftigkeit kann jeden tref-fen. Deshalb helfen die Malte-ser seit 2009 mit ihren Mahlzei-ten-Patenschaften Menschen, die sich sonst keine warme Mahlzeit mehr leisten können. Die große Resonanz darauf ver-deutlicht täglich, welche Not oft in direkter Umgebung gegeben ist. Ebenfalls im Angebot: Eine Patenschaft für den Hausnotruf mit Rauchmelder.

stichwort inklusion

Mit Eins-zu-Eins-Betreuung zum ErfolgMünchen – Nicht nur der Weg ins Klassenzimmer ist für sie beschwerlich – auch, der Schulalltag ist mitunter eine große Hürde: Behinder-te Kinder, die mit Kindern ohne Behinderung im Sinne des Inklusionsgedankens in einer Klasse gemeinsam ler-nen, brauchen eine spezielle Betreuung. Eine Betreuung, die sogenannte Integrations-helfer der Malteser gewähr-leisten. Eine anspruchsvolle Aufgabe, wie Karin Arnold-Ströhle, Leiterin des Schul-begleitdienstes (SBD) der Malteser, bestätigen kann.

Zu hohe Erwartungen der Eltern, Machtkämpfe mit Lehrern, die sich in ihrer Ar-beit gemaßregelt fühlen oder Schüler, die Klassenkame-raden aufgrund ihrer Behin-derung piesacken – die Hin-dernisse, mit denen Arnold-Ströhle und ihr Team Tag für

Trauerbegleitungals wichtige StützeDer Verlust eines nahestehen-den Menschen reißt eine Lücke in das Leben der Hinterblie-benen. Die Trauerbegleiter der Malteser helfen dabei, Trauer zuzulassen, sie zu durchle-ben und das Leben nach dem Verlust wieder neu zu ordnen. Dabei schaffen Begleitungs-angebote wie Trauercafé oder Trauergruppe Raum zur Begeg-nung.

Wallfahrten –auch mit HandicapAltötting, Kevelaer oder sogar Rom: Der Lourdes-Kranken-dienst der Malteser begleitet und pflegt Kranke und Schwer-behinderte auf dem sonst uner-reichbaren Weg zu den bekann-testen europäischen Wallfahrts-orten. Informationen gibt es bei Jan Philipp Gerhartz, Telefon 0 89 / 4 36 08 - 1 60.

dem behinderten Kind in den Unterrichtsstunden sitzen, besteht darin, dem Kind zur Seite zu stehen. Beispielswei-se bei schwer verständlichen Aufgabenstellungen „in einer Art Dolmetscherfunktion“, wie Karin Arnold-Ströhle er-klärt.

Eine Aufgabe, die viel zwi-schenmenschliches Geschick erfordert, weshalb die SBD-Leiterin und ihr fünfköpfiges Organisationsteam vor allem bei der Auswahl der Integra-tionshelfer genau hinsehen. Arnold-Ströhle: „Die Bewer-ber müssen auf jeden Fall ein hohes Maß an Empathie mitbringen.“ Denn letztlich geht es darum, das Ziel der Schulbegleitung nicht zu ge-fährden, wie Arnold-Ströhle betont: „Die Schüler sollen die Möglichkeit haben, auch weiterhin eine normale Schu-le besuchen zu können.“ mw

Tag zu kämpfen haben, sind mannigfaltig. Doch im Zen-trum steht für die SBD-Be-gleiterin immer nur eins: „Wir sind letztlich nur dem Wohl des Kindes verpflichtet.“

111 Kinder werden derzeit von ebenso vielen Integrati-onshelfern in einer Eins-zu-Eins-Begleitung während der Schulzeit betreut. Die Haupt-aufgabe der teilzeitbeschäftig-ten Helfern, die meist neben

malteser JuGenD

Gemeinsam lachen und helfenMünchen – „Glauben – La-chen – Lernen – Helfen“ – vier Attribute, für die die Malteser Jugend der Erzdiö-zese München und Freising steht. Vom Sanitätsdienst bis zum gemeinsamen Got-tesdienst, von regelmäßigen Gruppenstunden bis hin zum gemeinsamen Zeltlager – hier steht das Gemeinschaftsge-

fühl im Mittelpunkt, wie So-phie Sedlmeier, Jugend-Diö-zesanreferentin erklärt: „Wir haben gemeinsam Spaß, tun aber auch viel Gutes für die Gemeinschaft.“ Zudem sol-len die Kinder und Jugendli-chen in der Malteser Jugend sich selbst besser kennenler-nen und neue Interessen ent-wickeln.

Wer mehr über die Malte-ser Jugend in der Erzdiözese München und Freising – der-zeit sind rund 200 Kinder und Jugendliche im Jugendbereich des Hilfsdienstes aktiv – er-fahren will, findet unter www.malteserjugend-muenchen.de nicht nur zahlreiche Infos, sondern auch die Ansprech-partner für seine Region. mw

Die Chance, sich über den BFD zu engagieren und erste Erfahrungen im Arbeitsleben zu sammeln, kann Pietsch nur jedem weiterempfehlen. „Es war eine unglaublich schöne Zeit.“ So schön, dass der Martinsrieder, der in sei-ner Freizeit gerne Fußball spielt, vor seinem Studienbe-

ginn im Herbst 2016 – natür-lich im Fach „Soziale Arbeit“ – für ein Jahr als Vollzeitkraft bei den Maltesern weiterar-beitet. Wie es nach dem Stu-dium weitergehen soll, weiß Pietsch zwar noch nicht ge-nau, aber: „Vielleicht komme ich dann auch zu den Malte-sern zurück.“ mw

Gleich gibt‘s essen: Felix pietsch startet seine tour, um die Ge-richte an Hilfsbedürftige auszuliefern. Foto: JürGen Sauer

schulsanitätsDienst (ssD) an Der oBerlanD-realschule holzkirchen

Wundauflage, Mullbinde – und viel SchminkeBeim Toben auf dem Schul-hof oder im Sportunterricht: Eine Verletzung während der Schulzeit ist schnell pas-siert. Doch Hilfe steht an der Oberland-Realschule Holzkir-chen sofort parat – in Form des Schulsanitätsdienstes (SSD) der Malteser.

Holzkirchen – Ihr Gesicht ist schmerzverzerrt, Blut fließt in einem dünnen Rinnsal die lin-ke Hand hinab. Gerade eben hat die 15-Jährige Leonie im Kunstunterricht mit ihren Klassenkameraden geratscht und einen Moment nicht auf-gepasst. Beim Zuschneiden ei-ner Filzplatte ist sie plötzlich abgerutscht und hat sie sich mitten in die Handfläche ge-schnitten. Gut, dass Hilfe nur einen Anruf entfernt ist. Denn an der Oberland-Realschule in Holzkirchen engagieren sich fast 40 Schüler im Schul-sanitätsdienst (SSD) der Mal-teser, der im Notfall nicht nur schnell Hilfe leistet, sondern den Lehrern auch den Rücken freihält.Gerade einmal drei Minuten sind vergangenen, bis Andreas (16) in seinem blauen Malte-ser-Pulli, der orangefarbenen Sanitätsjacke und mit dem roten Notfallrucksack bei der verletzten Schülerin eintrifft. Gemeinsam mit drei weiteren Schülern hat er heute Dienst und ist eben per Walkie-Talkie vom Schulsekretariat über den Unfall informiert worden. Während seine Sanitätskolle-gin Anna (15) die verletzte Le-

onie beruhigt, inspiziert And-reas die Wunde. „Der Schnitt ist nicht tief, das haben wir gleich“, sagt der Realschüler, der später Kachelofenbauer werden will, und packt alle Utensilien aus, die er nun be-nötigt: Einweghandschuhe, sterile Wundauflage, Mullbin-de. Gerade einmal eine Minu-te dauert es, bis der 16-Jährige die Schnittwunde fachgerecht versorgt hat.„Gut gemacht“, lobt Lehrerin Elisabeth Schick-Billy (53) die Handgriffe des Schulsanitäters – und schon darf sich Leonie ihres Verbands wieder ent-ledigen. Auch die Wunde ist schnell unter fließendem Was-ser verschwunden – schließ-lich hat es sich in diesem Fall nur um eine Übung der Schul-sanitäter gehandelt. Die Wun-de: Ein Kunstwerk von Sanitä-terin Anna, die mit passender Schminke, etwas Kunstblut und viel Geschick eine täu-schend echte Schnittverlet-zung auf Leonies Handfläche gezaubert hat. Das Team ist also für den Ernstfall gewapp-net – und der wird nicht lange auf sich warten lassen.„In der Regel sind wir mehr-mals am Tag im Einsatz“, sagt Andreas - meistens bei kleineren Wehwechen und Beschwerden wie Schnitt-wunden, Kopfschmerzen oder Übelkeit. Doch auch dramatischere Unfälle hat der Realschüler, der zusätzlich bei der Freiwilligen Feuerwehr in Otterfing aktiv ist, miterlebt. „Im Sportunterricht ist bei-spielsweise ein Schüler auf die Schulter gefallen. Da mussten wir nach der Erstversorgung dann den Rettungswagen ru-

fen“, erinnert sich Andreas, der vermutet, „dass sich der Schüler wohl die Schulter ausgerenkt hat.“ Auch Kno-chenbrüche gehörten bereits zum Einsatzbereich des enga-gierten Teams.Gut, dass die Ausbildung der Schulsanitäter – die Malteser betreiben in der Erzdiözese München und Freising den SSD an 38 Schulen – in echten Expertenhänden liegt. In Holz-kirchen ist Deutsch- und Eng-lisch-Lehrerin Schick-Billy, selbst bei den Maltesern aktiv, für de Ausbildung der Schüler verantwortlich. Ab der siebten Klasse können die Schüler an der Oberland-Realschule an den Kursen teilnehmen, der Einsatz im aktiven Dienst ist eine Klassenstufe höher mög-

lich. „Die Ausbildung dauert acht Wochen und orientiert sich am Erste Hilfe-Kurs, wo-bei letztlich mehr geübt wird“, erklärt die 53-Jährige, die erst jüngst mit ihrem Team einen

bayernweiten Wettbewerb für Schulsanitätsdienste gewon-nen hat.Ein Erfolg, der laut Birgid Heumann (56), Konrekto-rin der Realschule, mehr als

verdient ist. Für sie ist der SSD ein wichtiger Bestand-teil des Schulalltags. „Er hält den Lehrkräften im kleineren Notfall einfach den Rücken frei, weil wir einen verletzten Schüler in ausgebildete Hän-de geben und mit dem Unter-richt fortfahren können“, be-schreibt Heumann nur einen Vorteil des SSD, der nicht nur im Unterricht, sondern auch bei allen möglichen Schulver-anstaltungen wie der großen Faschingsparty im Einsatz ist.Dass der SSD in Holzkirchen von einem renommierten Hilfsdienst wie den Maltesern getragen wird, hat laut Sophie Sedlmeier (25), Diözesanre-ferentin Jugend bei den Mal-tesern, viele Vorteile. So sei nicht nur die Versorgung mit Material oder das Angebot an Fortbildungen gesichert, die Schulsanitäter hätten auch immer einen Ansprechpart-ner. „Wenn wir beispielswei-se mitbekommen, dass einer unserer Sanitäter persönliche Probleme hat, sind wir selbst-verständlich für ihn da und wollen ihm helfen.“Hilfe leisten und für andere da sein – der wichtigste Grund, wieso auch Andreas, Leonie und Anna beim SSD aktiv sind. So wundert es auch nicht, dass die jungen Mädchen spä-ter Mal einen Beruf nahe am Menschen einschlagen wol-len. Anna liebäugelt mit einer Ausbildung zur Arzthelferin, Leonie möchte ebenfalls einen sozialen Beruf ergreifen: „Was genau, weiß ich noch nicht. Aber ich möchte auf jeden Fall etwas machen, wobei ich Menschen helfen kann.“ mathias weinzierl

Von Mathias Weinzierl

täuschend echt wirkt die Schnittwunde auf der Handfläche, die andreas als übung bei Leonie behandelt. FotoS: Mw

erfolgreiches team: ausbilderin elisabeth Schick-Billy (v.l.) mit den Schulsanitätern anna, andreas und Leonie. FotoS: Mw

2013Künftig lenkt eine Frau die Geschicke der Malteser: An-lässlich der Johanni-feier 2013 übergibt Carl Joseph Graf Wolff Metternich sein Amt als Diözesanlei-ter und Landesbe-auftragter an Ste-phanie Freifrau von Freyberg.

Page 12: Malteser Zeitung zum 60-jährigen Jubiläum

Infos & Kontakt12 Malteser Zeitung | Freitag, 23. Oktober 2015

Die Bezirksgeschäftsstelle München des Malteser Hilfsdienstes ist in Gräfeling beheimatet. Foto: DaGMar rutt

Diözesangeschäftsstelle München und FreisingStreitfeldstraße 181673 MünchenTelefon 0 89 /4 36 08 - 0Telefax 0 89 / 4 36 08 - 2 [email protected] www.malteser-bistum-muenchen.de www.facebook.de/malteser.bistum.muenchen

Bezirksgeschäftsstelle MünchenBahnhofstraße 2a82166 GräfelfingTelefon 0 89 / 85 80 80 - 0Telefax 0 89 / 85 80 80 - 19www.malteser-graefelfing.de

Bezirksgeschäftsstelle Ost-OberbayernAxdorfer Straße 3a83278 TraunsteinTelefon 08 61 / 9 86 60 - 0Telefax 08 61 / 9 86 60 - 59www.malteser-traunstein.de

Dienststelle Bad Reichenhall/Berchtesgadener LandTeisendorfer Straße 8 83435 Bad ReichenhallTelefon 0 86 51 / 76 26 07-15Telefax 0 86 51 / 76 26 07 - 18www.malteser-badreichenhall.de

Dienststelle DachauWallbergstraße 185221 DachauTelefon 0 81 31 / 29 28 99 - 0Telefax 0 81 31 / 29 28 99 - 46www.malteser-dachau.de

Dienststelle EbersbergGriesstraße 26 85567 GrafingTelefon 0 80 92 / 8 72 47Telefax 0 80 92 / 8 72 50www.malteserebersberg.de

Dienststelle ErdingLandshuter Straße 55 85435 ErdingTelefon 0 81 22 / 99 55 - 16Telefax 0 81 22 / 99 55 - 1 88www.malteser-erding.de

Dienststelle FreisingVeit-Adam-Straße 3185354 FreisingTelefon 0 81 61 / 9 36 99 - 0Telefax 0 81 61 / 9 36 99 - 2www.malteser-freising.de

Dienststelle FürstenfeldbruckWildmoosstraße 3182194 GröbenzellTelefon 0 81 42 / 59 68 - 0Telefax 0 81 42 / 59 68 - 70www.malteser-fürstenfeldbruck.de

Dienststelle Garmisch-PartenkirchenBurgstraße 1582467 Garmisch-PartenkirchenTelefon 0 88 21 / 9 47 80 - 0Telefax 0 88 21 / 9 47 80 - 9www.malteser-garmisch-partenkirchen.de

Dienststelle GräfelfingBahnhofstraße 2a82166 GräfelfingTelefon 0 89 / 85 80 80 - 0Telefax 0 89 / 85 80 80 - 19www.malteser-graefelfing.de

Dienststelle München-StadtStreitfeldstraße 1981673 MünchenTelefon 0 89 / 4 36 08 - 5 00Telefax 0 89 / 4 36 08 - 5 19www.malteser-muenchen.de

Dienststelle MühldorfAm Industriepark 2584453 Mühldorf am InnTelefon 0 86 31 / 18 48 80 - 11Telefax 0 86 31 / 18 48 80 - 15www.malteser-muehldorf.de

60 Jahre Engagement

Bezeugung des Glaubens undHilfe den Bedürftigen –die Malteser danken für

im Dienst am Nächsten!

Die StanDorte Der MalteSer iM ÜBerBlick

Dienststelle RosenheimRathausstraße 2583022 RosenheimTelefon 0 80 31 / 8 09 57 - 0Telefax 0 80 31 / 8 09 57 - 1 08www.malteser-rosenheim.de

Dienststelle TaufkirchenTölzer Straße 10 a82024 TaufkirchenTelefon 0 89 / 4 44 88 78 - 0Telefax 0 89 / 4 44 88 78 - 19www.malteser-taufkirchen.de

Dienststelle TraunsteinAxdorfer Straße 3a83278 TraunsteinTelefon 08 61 / 9 86 60 - 0Telefax 08 61 / 9 86 60 - 59www.malteser-traunstein.de

Dienststelle VeldenZiegeleistraße 484149 VeldenTelefon 0 87 42 / 15 09Telefax 0 87 42 / 91 94 28www.malteser-velden.de

Dienststelle WolfratshausenHans-Urmiller-Ring 2482515 WolfratshausenTelefon 0 81 71 / 43 63 - 0Telefax 0 81 71 / 43 63 - 63www.malteser-wolfratshausen.de

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