2
JANUAR 2007 KÖNIZER ZEITUNG DER SENSETALER SPORT  REGI ON – S eit le tztem Winter bietet das Snowcen- ter Schwarzsee auch Kurse  für In valide, Seh behind erte und Blinde an. Seit Jahren ndet der Anfängerun- terricht des Snowcenter Schwarz- see im Schneegartengelände hinter der Riggisalp-Sesselbahn statt. Die rund 100 Ski- und Snowboardleh- rer/innen des Snowcenter setzen moderne Lern- und Hilfsmitteln ein; die Kinder sollen zum Erler- nen des Skifahrens und Snow-  board ens im Unterric ht auf ideale Voraussetzungen treffen. Ein Kon- zept, das aufgeht: «Mit jedem Jahr wächst unsere Kundschaft. Wir mussten bereits feststellen, dass die Platzverhältnisse knapp wur- den», so Ski- und Snowboarddi- rektor Benoît Buchs. Um dem ent- gegenzuwirken sei in der letzten Saison das Schneegartengelände um einige Meter in Richtung See erweitert und in ein Förderband als Transportmittel investiert worden. Wintersport für alle! Dank speziell ausgebildeten Ski- und Snowboardlehrer haben seit der vergangenen Saison auch Inva- lide, Sehbehinderte und Blinde die Möglichkeit am Schwarzsee Win- tersport zu treiben. «Das Interesse war sehr gross und so haben wir entschieden, dieses Angebot in der Saison 2006/2007 auszubauen», so Benoît Buchs, der selbst Behinder- ten-Skilehrer und Blindenführer ist. Gemeinsam mit Physiothera-  peuti n und Behin derte n-Ski lehre - rin Jacqueline Aebischer durfte er in der letzten Saison zahlreichen Kindern mit unterschiedlichsten Behinderungen das Skifahren  beibr ingen . Buchs : «Wi r hatte n Gäste mit sehr starken Sehbehin- derungen, verschiedenen körper- lichen Behinderungen und Kinder mit cerebralen Bewegungsstö- rungen.» Das Unterrichten dieser Kinder erfordere eine gezielte An- wendungen der Skitechnik sowie  pädag ogisc her und meth odisch er Konzepte, aber auch eine grosse Portion Geduld. Man glaubt, schnell zu fahren und steht fast still Mit ein bisschen Hilfe können auch Invalide, Blinde und Sehbehinderte Skifahren lernen Aus weisser Pracht wird dunkle Nacht Blinde und Sehbehinderte wer- den durch speziell ausgebildete Blindenführer unterrichtet. In der Ausbildung lernen die angehenden Blinden-Skilehrer/innen auch sich in die Situation des Blinden einzu- fühlen: Mit der Dunkelbrille be- reiten sie sich auf ihre zukünftige Aufgabe vor. «Die banalsten Sa- chen aus dem Alltag werden plötz- lich zu einer schier nicht zu bewäl- tigenden Herausforderung», weiss Buchs. «Gleichgewichts- und Orientierungssinn sind wie weg- geblasen.» Selbst für erfahrenen Skifahrer sei das Skifahren mit der Dunkelbrille ein unbeschreib- liches Erlebnis – trotz Führung durch einen erfahrenen Blinden- führer. Buchs erinnert sich: «Man glaubt, schnell zu fahren – und steht fast still… Man denkt, unten an der Piste angelangt zu sein und hat dabei erst knapp die Hälfte der Strecke bewältigt.» «Links, links, links…» Blinde Skifahrer werden durch den Blindenführer auf der Bergseite leicht nach hinten versetzt geführt. Sollte etwas passieren, kann so sofort angehalten werden. Ein an- derer Grund für diese Art von Füh- rung ist, dass man den Blinden vor Gefahren von oben schützen kann. Das Skifahren mit Blinden ist kei- ne stille Angelegenheit: immer wieder kommuniziert der Skilehrer mit seinem blinden Schüler. Solan- ge eine Linkskurve gefahren wird, wiederholt der Lehrer mit lauter Stimme: «Links, links, links…». Soll die Fahrt geradeaus gehen, ertönt immer wieder das Wort «fahren». Befehle müssen unun- terbrochen erteilt werden: Hört der Blinde zwei, drei Sekunden nichts oder der Führer gibt das Komando «stopp», wird sofort angehalten. Anders als Nichtsehende, werden Sehbehinderte geführt: Hier fährt der Skilehrer vorweg und kom- muniziert mit dem Schüler über die natürliche Stimme oder mittels Kehlkopf-Mikrofon und Ohrhörer über Funk. Der Sehbehinderte ori- entiert sich gleichzeitig an Schat- ten und Umrissen. Er fährt dabei maximal 1 – 2 Meter hinter dem Führer her. Skifahren trotz cerebraler Bewegungsstörung «Auch Kinder mit cerebralen Be- wegungsstörungen können Ski- fahren lernen!», so Buchs. Ski- fahren sei heute eine Sportart, die oft als «Familiensport» betrieben oder mit ganzen Schulklassen in Lagern praktiziert werde. «Umso schlimmer für Kinder, die wegen ihrer Behinderung davon ausge- schlossen werden.» Mit Hilfe der Methode der parallelen Skifüh- rung müsse das nicht sein: Meis- tens sei der Stemmschwung der Grund warum alle «traditionellen» Skifahrversuche bei Kindern mit cerebralen Bewegungsstörungen scheiterten. Dank eines speziellen Programms sei es aber möglich, das Skifahren direkt mit paralle- ler Skiführung zu erlernen, ohne den Stemmschwung zu Hilfe zu nehmen. Nebst dem Erlernen des Skifahrens verbessern sich so auch die physische Gesamtverfassung, die Beweglichkeit und der Gleich- gewichtssinn.  Barbara Imboden Snowcenter Schwarzsee BI. Das Snowcenter Schwarz- see, die of zielle Schweizer Ski- und Snowboardschule am Schwarzsee, beschäftigt heu- te rund 100 Ski- und Snow-  boardlehrer/innen. Letztes Jahr wurde dem Snowcenter das Qualitäts-Gütesiegel (Q- Zertizierung) von Schweiz Tourismus verliehen. Wäh- rend der ganzen Saison wer- den Wochenkurse in Gruppen angeboten. Am Samstag- und Sonntagmorgen nden Grup-  penkurse für jede Stufe der Snow League statt. Ausser- dem gehört von 09.00Uhr in der Früh bis abends zur letzten Bergfahrt Privatunterricht in sämtlichen Schneesportdis- ziplinen (Ski, Snowboard, Te- lemark, Langlauf, Skwal, Ba- lancer, Snowdeck, Big Foot, Snowblade, Schneeschuhwan- derungen und Back Country) zum Angebot. Die jüngsten Skischüler des Snowcenter sind drei Jahre alt. Doch auch Erwachsene sind willkommen. Für Kinder mit cerebralen Be- wegungsstörungen nden am Samstag, dem 27. Januar und am Samstag, dem 10. Februar spezielle Tageskurse statt. Ziel der Kurse ist es, möglichst vielen Kindern die Freude am Skifahren und das Erleben dieser kleinen, aber wichtigen Freiheit vermitteln zu können und somit auch einen weiteren Schritt in die Selbständigkeit zu ermöglichen. Der sehbehinderte Olivier Marchon lernt bei Benoît Buchs Skifahren. Foto: zvg 93

Man glaubt, schnell zu fahren und steht fast still

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Man glaubt, schnell zu fahren und steht fast still

7/28/2019 Man glaubt, schnell zu fahren und steht fast still

http://slidepdf.com/reader/full/man-glaubt-schnell-zu-fahren-und-steht-fast-still 1/1