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Mandantenbrief Recht April 2016 Inhalt 1. Widerruf von Verbraucherdarlehen letztmalig zum 21.06.2016 möglich 2. Eine auf das Erreichen des Regelrentenalters bezogene einzelvertraglich vereinbarte Altersgrenze stellt keine Altersdiskriminierung dar 3. Wiedereinführung der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau 4. Die Erhebung des Rundfunkbeitrags ist verfassungsgemäß. 5. Faktische Weisungsfreiheit führt allein nicht zur Sozialversicherungsfreiheit 6. Keine Pachterhöhung bei „Altverträgen“ wegen höherer möglicher Pacht bei Neuverpachtung Vertragsrecht: Gesetzesänderung 1. Widerruf von Verbraucherdarlehen letztmalig zum 21.06.2016 möglich www.willitzer.de Nach bisheriger Rechtslage steht jedem Verbraucher ein unbefristetes („ewiges“) Widerrufsrecht zu, wenn die Widerrufsbelehrung seitens der Bank unterlassen wurde oder fehlerhaft war. Dies traf auf viele zwischen 2002 und 2010 getroffene Darlehensverträge zu. Mitunter nutzten Verbraucher dies nun verstärkt, um ihre Kredite zur Immobilien- finanzierung zu widerrufen und zu weitaus günstigeren Konditionen neu abzuschließen. Am 27. Januar 2016 wurde im Bundeskabinett und nach Vorschlag des Bundesrates (BR-Drs. 359/15(B)) eine Regelung beschlossen, nach der „ewige Widerrufsrechte“ auch im Zusammenhang mit Altfällen rückwir- kend erlöschen. Bei Immobiliardarlehensverträgen mit Verbrauchern, die in den Jahren 2002 bis 2010 geschlossen wurden, besteht nach Ansicht der Bundesregierung erhebliche Rechtsunsicherheit. Als Be- gründung wird ausgeführt, dass die Änderung vor allem aus Sorge geschieht, dass ein zeitlich unbeschränktes Widerrufsrecht dazu führen könnte, dass die Banken insbesondere langfristige Darlehen gar nicht mehr anbieten (BT-Drs. 18/5922, S. 78). Für bestehende Verträge gilt nun: Verbraucher haben nach Inkrafttreten des Gesetzes am 21. März 2016 noch drei Monate Zeit, um ihre Verträge zu prüfen und zu entscheiden, ob sie von ihrem möglicherweise beste- henden Widerrufsrecht Gebrauch machen wollen. Damit wurde eine absolute Erlöschensregelung unabhängig vom Beginn der Widerrufsfrist eingeführt. Künftig sollen Widerrufsrechte bei Immobilarverbraucherdarlehen ein Jahr und 14 Tage nach Vertrags- schluss bzw. Aushändigung der Vertragsurkunde an den Verbraucher erlöschen (§ 356 b Abs. 2 S. 4 BGB-E). Betroffene Darlehensnehmer sollten die Frist bis zum 21.06.2016 nutzen und überprüfen, ob in ihrem Fall ein Widerruf der bestehenden Darlehensverträge zum Abschluss günstigerer Konditionen führt. Hinweis

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Mandantenbrief RechtApril 2016

Inhalt

1. Widerruf von Verbraucherdarlehen letztmalig zum 21.06.2016 möglich

2. Eine auf das Erreichen des Regelrentenalters bezogene einzelvertraglich vereinbarte Altersgrenze stellt keine Altersdiskriminierung dar

3. Wiedereinführung der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau

4. Die Erhebung des Rundfunkbeitrags ist verfassungsgemäß.

5. Faktische Weisungsfreiheit führt allein nicht zur Sozialversicherungsfreiheit

6. Keine Pachterhöhung bei „Altverträgen“ wegen höherer möglicher Pacht bei Neuverpachtung

Vertragsrecht: Gesetzesänderung

1. Widerruf von Verbraucherdarlehen letztmalig zum 21.06.2016 möglich

www.willitzer.de

Nach bisheriger Rechtslage steht jedem Verbraucher ein unbefristetes („ewiges“) Widerrufsrecht zu, wenn die Widerrufsbelehrung seitens der Bank unterlassen wurde oder fehlerhaft war. Dies traf auf viele zwischen 2002 und 2010 getroffene Darlehensverträge zu. Mitunter nutzten Verbraucher dies nun verstärkt, um ihre Kredite zur Immobilien- finanzierung zu widerrufen und zu weitaus günstigeren Konditionen neu abzuschließen.

Am 27. Januar 2016 wurde im Bundeskabinett und nach Vorschlag des Bundesrates (BR-Drs. 359/15(B)) eine Regelung beschlossen, nach der „ewige Widerrufsrechte“ auch im Zusammenhang mit Altfällen rückwir-kend erlöschen. Bei Immobiliardarlehensverträgen mit Verbrauchern, die in den Jahren 2002 bis 2010 geschlossen wurden, besteht nach Ansicht der Bundesregierung erhebliche Rechtsunsicherheit. Als Be-gründung wird ausgeführt, dass die Änderung vor allem aus Sorge geschieht, dass ein zeitlich unbeschränktes Widerrufsrecht dazu führen könnte, dass die Banken insbesondere langfristige Darlehen gar nicht mehr anbieten (BT-Drs. 18/5922, S. 78).Für bestehende Verträge gilt nun: Verbraucher haben nach Inkrafttreten des Gesetzes am 21. März 2016 noch drei Monate Zeit, um ihre Verträge zu prüfen und zu entscheiden, ob sie von ihrem möglicherweise beste-henden Widerrufsrecht Gebrauch machen wollen.

Damit wurde eine absolute Erlöschensregelung unabhängig vom Beginn der Widerrufsfrist eingeführt. Künftig sollen Widerrufsrechte bei Immobilarverbraucherdarlehen ein Jahr und 14 Tage nach Vertrags-schluss bzw. Aushändigung der Vertragsurkunde an den Verbraucher erlöschen (§ 356 b Abs. 2 S. 4 BGB-E).

Betroffene Darlehensnehmer sollten die Frist bis zum 21.06.2016 nutzen und überprüfen, ob in ihrem Fall ein Widerruf der bestehenden Darlehensverträge zum Abschluss günstigerer Konditionen führt.

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Arbeitsrecht: BAG2. Eine auf das Erreichen des Regelrentenalters bezogene einzelvertraglich vereinbarte Altersgrenze stellt keine Altersdiskriminierung dar

Auf dem ersten Blick ist es eine Selbstverständlichkeit, dass in Arbeits- verträgen eine Regelung in Bezug auf die Beendigung des Arbeitsverhältnis bei Eintritt in das Rentenalter enthalten ist, über die es sich nicht zu streiten lohnt, da der Arbeitnehmer nicht ewig im Unternehmen verbleiben möchte. Mit Einführung des AGG und des in §§ 1, 7 AGG enthaltenen Verbotes der Altersdiskriminierung trat die Frage nach der Zulässigkeit solcher Rentenaltersklauseln in den Mittelpunkt. Der EuGH und das BAG haben diese Frage zumindest für die Fälle mit einem deutlichen „Ja“ beantwortet, in denen die Altersgrenzenregelung an den Bezug einer Altersrente anknüpfte und in einer kollektiv-rechtlichen Vereinbarung enthalten war.

Seit der Neuordnung der Altersgrenzen in der gesetzlichen Rentenver- sicherung durch das am 1. Januar 2008 in Kraft getretene RV-Altersgrenzen- anpassungsgesetz (BGBl. 2007, I Nr. 16, S. 554) fürchten Arbeitgeber nun erneut um die Wirksamkeit ihrer Altersgrenzenregelungen, denn die Regelaltersgrenze wird seit 2012 schrittweise beginnend mit dem Jahr-gang 1947 von 65 auf 67 Jahre angehoben (§ 35 SGB VI, § 235 SGB VI). Für die Geburtsjahrgänge ab 1964 gilt nunmehr uneingeschränkt die Regelaltersgrenze von 67. Die typischen in Altverträgen, Tarif- und Betriebsvereinbarungen enthaltenen Altersgrenzenregelungen lauten regelmäßig wie folgt:

„Das Arbeitsverhältnis endet mit Ablauf des Kalendermonats, in dem der Mitarbeiter das 65. Lebensjahr vollendet hat.“

Mit Urteil vom 09.12.2015 (7 AZR 68/14) hat das BAG entschieden, dass eine Altersgrenze in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeits- vertrag, nach der das Arbeitsverhältnis mit der Vollendung des 65. Lebensjahres des Arbeitnehmers enden soll, nach der Anhebung des Regelrentenalters regelmäßig dahin auszulegen ist, dass das Arbeits- verhältnis erst mit der Vollendung des für den Bezug einer Regelalters-rente maßgeblichen Lebensalters enden soll. Eine solche Regelung sei auch sachlich gerechtfertigt und nicht diskriminierend, wenn der Arbeit-nehmer durch den Bezug einer Rente aus der gesetzlichen Rentenver- sicherung abgesichert ist. Durch die Altersgrenze soll zumindest auch über eine bessere Beschäftigungsverteilung zwischen den Generationen der Zugang jüngerer Personen zur Beschäftigung gefördert werden.

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April 2016

Zur Vermeidung von späteren Streitigkeiten sollte frühzeitig eine Vertrags- anpassung der bestehenden Altersgrenzenregelungen vorgenommen werden.

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Beitragsrecht: BverwG 4. Die Erhebung des Rundfunkbeitrags ist verfassungsgemäß.

Eigentumsrecht: Bundesregierung3. Wiedereinführung der Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau

Das Bundeskabinett hat am 03.02.2016 den Gesetzesentwurf zur Ein- führung einer steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus gebilligt. Vorgesehen ist eine zeitlich befristete Sonderabschreibung für neu erstellte Mietwohnungen im unteren und mittleren Preissegment, jedoch begrenzt auf bestimmte Fördergebiete. Insbesondere private Investoren sollen dazu angeregt werden, möglichst zeitnah in den Wohnungsbau zu investieren.

Der Gesetzesentwurf lässt sich wie folgt zusammenfassen:

• Sonderabschreibung: Es wird eine degressiv ausgestaltete Sonder-abschreibung eingeführt, welche im 1. und 2. Jahr 10 % und im 3. Jahr 9 % betragen soll. Diese Sonderabschreibung wird es zusätzlich zur normalen lineare AfA geben, sodass sich nach 3 Jahren bereits 35 % der Investition steuermindernd auswirken konnten. Ab dem 4. Jahr greift dann die sog. Restwert-AfA.

• Räumliche Eingrenzung: Die steuerliche Förderung gilt für die Anschaffung oder Herstellung neuer Mietwohngebäude in Gebieten mit einem angespannten Wohnungsmarkt. Dazu werden sog. Förder-gebiete definiert, wobei auf die Mietenstufen des Wohngelds (Anlage zu § 1 Abs. 3 Wohngeldverordnung) zurückgegriffen wird. In ein Fördergebiet fallen daher Gemeinden mit Mietenstufen IV bis VI, deren Mietenniveau um mindestens 5 % oberhalb des Bundesdurch-schnitts liegt. Hierzu zählen beispielsweise die Landeshauptstadt Wiesbaden und die Stadt Frankfurt (jeweils Mietenstufen VI) sowie auch im Rheingau die Stadt Eltville (Mietenstufe V).

• Mietwohnraum: Nur neu erstellte Mietwohngebäude bzw. Eigentums-wohnungen im unteren bis mittleren Segment sollen begünstigt sein. Für Luxuswohnungen wird eine steuerliche Förderung ausgeschlossen. Dazu ist eine absolute Baukostenobergrenze von 3.000 EUR je qm Wohnfläche vorgesehen. Gefördert werden soll aber nur eine maxi-male Bemessungsgrundlage für die Sonder-AfA von bis zu 2.000 EUR je qm Wohnfläche. Außerdem wird Voraussetzung sein, dass die je-weils begünstigte Wohnung mindestens für 10 Jahre zu Wohnzwe-cken vermietet wird.

• Zeitliche Begrenzungen: Um eine kurzfristig eintretende Entlastung auf dem Wohnungsmarkt zu erreichen, wird die Sonder-AfA zeitlich befristet. Gefördert werden nur Baumaßnahmen, mit denen in den Jahren 2016 bis 2018 begonnen wird; maßgebend soll der Bauantrag bzw. die Bauanzeige sein. Auch soll die Sonderabschreibung letztmals im Jahr 2022 gewährt werden.

Der Gesetzesentwurf geht nun in das Gesetzgebungsverfahren und soll den Bundestag und Bundesrat zügig durchlaufen. In Kraft treten kann das Gesetz aber erst nachdem die Europäische Kommission die erfor-derliche beihilferechtliche Genehmigung erteilt hat.

Rechtliche Fragen zum Rundfunkbeitrag - das klingt nicht nach einem hochemotionalen Thema. Aber die Diskussion darüber war in den ver-gangenen Jahren oft genug mit Gefühlen wie Wut und Ärger verbunden. Das gilt vor allem für solche Beitragszahler, die das neue, seit Anfang 2013 geltende Modell für eine willkürliche Zwangsabgabe halten und sich ungerecht behandelt fühlen. Weil sie jeden Monat 17,50 Euro zahlen müssen, auch wenn sie kein Fernsehen schauen oder nicht einmal ein Radio besitzen.

Etliche von ihnen haben gegen den Rundfunkbeitrag geklagt. Nun hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) in Leipzig geurteilt,

dass der Beitrag nicht gegen die Verfassung verstößt (Urt. v. 18.03, Az. 6 C 6.15 u. a.).

Das Gericht weist damit die Klagen gegen den Westdeutschen Rund-funk (WDR) und den Bayerischen Rundfunk (BR) zurück und schließt sich der bisherigen Rechtsprechung an. Schon in den Vorinstanzen waren die Kläger in allen Fällen gescheitert, darunter vor mehr als 30 Verwaltungsgerichten, Oberverwaltungsgerichten und den Landes- verfassungsgerichten von Bayern und Rheinland-Pfalz. >>>

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April 2016

Sozialversicherungsrecht: BSG 5. Faktische Weisungsfreiheit führt allein nicht zur Sozialversicherungsfreiheit

Der sozialversicherungsrechtliche Status eines GmbH-Geschäftsführers ist immer wieder Gegenstand von rechtlichen Auseinandersetzungen mit der Deutschen Rentenversicherung. Eine begrenzte Sicherheit bietet das Statusfeststellungsverfahren. Werden jedoch in diesem Antrags- verfahren unzutreffende Angaben vom Antragsteller gemacht, so kann es später zu hohen Nachforderungen durch die Sozialversicherungs- träger kommen. Die Nachforderungen sind für die letzten vier Jahre möglich, somit aktuell bis 2012 zurück.

In der Vergangenheit konnte es in Familiengesellschaften für die Ver-neinung der Sozialversicherungspflicht genügen, wenn der Betroffene faktisch „Kopf und Seele“ des Geschäfts war – auch wenn ihm formell die rechtliche Entscheidungs- und Weisungsbefugnis fehlte.

In den letzten Jahren hat das Bundessozialgericht jedoch seine Recht-sprechung dahingehend geändert, dass bei Beurteilung der Sozial-versicherungspflicht in erster Linie die kapitalmäßige Beteiligung entscheidend ist und nicht länger die familiäre Verbundenheit der Gesellschafter. Die bisherige „Familien-GmbH“ wurde damit faktisch für beendet erklärt. Für die Frage der Sozialversicherungspflicht eines GmbH-Geschäftsführers ist es im Großen und Ganzen entscheidend, ob er auf Basis vertraglicher Vereinbarungen, insbesondere auf Basis des

Gesellschaftsvertrages und des Geschäftsführervertrages, eine derartige Rechtsmacht besitzt, dass er wie ein selbständiger Unternehmer in der GmbH agieren kann. Alle anderen Merkmale treten demgegenüber in den Hintergrund.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass Gesellschafter-Geschäftsführern bei einer Beteiligung von weniger als 50 % und einer Beschlussfassung laut Gesellschaftsvertrag mit einfacher Mehrheit, oder bei Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit und keiner Sperrminorität, grundsätzlich abhängig beschäftigt und damit sozialversicherungspflichtig sind. Bestehende Verwandtschaftsverhältnisse zu weiteren Gesellschaftern (z.B. Ehegatten, Eltern zu Kindern, etc.) sind entgegen der früheren Rechtsprechung des BSG unbeachtlich.

Sämtlichen Gesellschafter-Geschäftsführern ohne Anteilsmehrheit ist daher dringend zu empfehlen, die Frage der Sozialversicherungs-pflicht auf Basis der bestehenden Verträge zu überprüfen. Langjährige Übungen im Unternehmen oder mündliche Absprachen spielen im Zweifel keine Rolle. Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass die Prüfer der Deutschen Rentenversicherung angehalten sind, die geänderte Recht- sprechung des BSG bei der Betriebsprüfung anzuwenden.

Begründet wurde das Urteil zum einen damit, dass die Gesetzgebungs-kompetenz der Länder für das Rundfunkrecht auch die Regelungs- befugnis für den Rundfunkbeitrag umfasse. Damit traten sie einem Hauptargument der Kläger entgegen, wonach der Rundfunkbeitrag als Steuer zu betrachten sei, für die die Länder, die den Beitrag im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag geregelt haben, nicht die Gesetzgebungs- kompetenz hätten. Zum anderen stelle die Erhebung einer nicht- steuerlichen Abgabe nach der bindenden Rechtsprechung des Bundes-verfassungsgerichts (BVerfG) die dem öffenlich-rechtlichen Rundfunk gemäße Finanzierung dar. Das BVerfG geht nämlich in seinen bisherigen

Entscheidungen davon aus, dass die Rundfunkanstalten erst durch die Erhebung der Beiträge in die Lage versetzt werden, der Pflicht zur Viel-faltsicherung aus dem Rundfunkauftrag gerecht zu werden, ohne auf Werbeeinnahmen oder staatliche Zuschüsse angewiesen und damit abhängig zu sein.

Mit dem Urteil des BVerwG scheint nach Aussagen der Kläger die Ange-legenheit noch nicht beendet zu sein. Die Kläger haben die Möglichkeit, sich an das BVerfG in Karlsruhe zu wenden. Dies möchten sie voraus-sichtlich wahrnehmen.

Hinweis: Die in diesem Mandantenbrief enthaltenen Beiträge sind nach bestem Wissen und Kenntnisstand verfasst worden.Sie dienen nur der allgemeinen Information und ersetzen keine qualifizierte Beratung in konkreten Fällen. Eine Haftungfür den Inhalt dieses Informationsschreibens kann daher nicht übernommen werden. Bilder: Thinkstock, Fotolia, 123rf.

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April 2016

Der Pachtzins sogenannter Altverträge kann aufgrund einer Steigerung der Lebenshaltungskosten und des Durchschnittspachtpreises anzupassen sein, nicht aber aufgrund der Steigerung der bei einer Neuverpachtung erziel- baren Pachtpreise. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm mit rechts- kräftigem Beschluss vom 05.01.2016 entschieden und damit die Vorinstanz bestätigt (Az.: 10 W 46/15).

Der Antragsteller erbte 2009 landwirtschaftliche Flächen (Ackerland). Davon hatte sein Rechtsvorgänger 2006 und 2007 etwa 13,7 Hektar bis zum Jahr 2030 für einen Pachtzins von ungefähr 4.100 Euro jährlich an die Antragsgegnerin verpachtet. Der schriftliche Pachtvertrag sah folgende Klausel zur Änderung des vereinbarten Pachtzinses vor: „Ändern sich die wirtschaftlichen oder geldlichen Verhältnisse allgemein in dem Maße, dass der vereinbarte Pachtpreis für den Verpächter oder Pächter nicht mehr angemessen ist, so kann jede Partei verlangen, dass der dann angemessene Pachtpreis neu festgesetzt wird.“

2013 verlangte der Antragsteller von der Antragsgegnerin, einer 40%igen Erhöhung des Pachtpreises auf etwa 5.800 Euro jährlich zuzustimmen. Er hielt die Preisanpassung für gerechtfertigt, weil in der Zeit nach Vertrags-schluss die Lebenshaltungskosten, die allgemeinen Pachtpreise und ins-besondere die bei einer Neuverpachtung zu erzielenden Preise gestiegen seien. Das zuständige Amtsgericht erachtete eine 20%ige Pachtpreis- erhöhung für gerechtfertigt und setzte den jährlichen Pachtzins ab November 2013 auf etwa 5.000 Euro fest. Dagegen legte der Antragsteller Beschwerde ein, um die von ihm erstrebte 40%ige Pachtpreiserhöhung durchzusetzen.

Die Beschwerde hatte keinen Erfolg. Das OLG hat die Entscheidung des AG bestätigt. Die Vertragsklausel zur Änderung des Pachtpreises stelle eine wirksame Konkretisierung der einschlägigen gesetzlichen Vorschrift des § 593 Abs. 1 BGB dar. Eine Preisanpassung setze demnach voraus, dass der vereinbarte Pachtpreis aufgrund geänderter wirtschaftlicher und geldlicher Verhältnisse nicht mehr angemessen sei. Eine Änderung der insoweit maß-geblichen Verhältnisse habe der Antragsteller mit den seit Vertragsschluss um 13% gestiegenen Lebenshaltungskosten und den in diesem Zeitraum um 26% gestiegenen durchschnittlichen Pachtpreisen schlüssig dargelegt. Aufgrund dieser Umstände habe das Landwirtschaftsgericht eine 20%ige Steigerung als angemessen ansehen dürfen.

Auf die bei einer Neuverpachtung erzielbaren, höheren Pachtpreise kann dagegen laut OLG in diesem Zusammenhang nicht abgestellt werden. Wenn die Parteien den Pachtpreis eines neuen Pachtvertrages aushandel-ten, berücksichtigten sie regelmäßig bereits Faktoren wie eine zukünftig zu erwartende Preissteigerung bei Verpachtungen, eine voraussehbare oder zu erwartende Inflation und auch die Dauer einer vertraglichen Bindung. Mit diesen Faktoren könne deshalb nicht auch eine Preisanpassung begrün-det werden. Hinzu komme, dass kurzfristige spekulative Erwägungen zu zeitweise höheren Pachtpreisen bei einer Neuverpachtung führen könnten, einer Vertragsanpassung aber nur der von kurzfristigen Tendenzen und individuellen Ausschlägern bereinigte Durchschnittspreis zugrunde gelegt werden dürfe.

Miet- bzw. Pachtrecht: OLG Hamm 6. Keine Pachterhöhung bei „Altverträgen“ wegen höherer möglicher Pacht bei Neuverpachtung