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Mathematik I für Studierende der Chemie Priv.-Doz. Dr. Dirk Andrae Institut für Chemie und Biochemie Freie Universität Berlin Stand: 23. November 2016

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Mathematik I für Studierende der Chemie

Priv.-Doz. Dr. Dirk AndraeInstitut für Chemie und Biochemie

Freie Universität BerlinStand: 23. November 2016

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Dieses Skript ist gedacht zur Begleitung der Vorlesung „Mathematik I für Studierende der Che-mie“ (mit Übungen), gehalten am Institut für Chemie und Biochemie der Freien UniversitätBerlin. Es kann nicht den Besuch der Vorlesung und der Übungen ersetzen.

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„Es waren tatsächlich die Pythagoräer und ihre Nachfolger, welche [ den Begriff ] „die Ma-thematik“ in dem Sinne, wie wir ihn immer noch kennen, erschaffen haben — ein Wort, das„die gelernten Dinge“ bedeutet und sicheres, zweifelsfreies Wissen meint.“ (Peter Pesic:Abels Beweis, Springer, Berlin, 2005, S. 7)

‘Without mathematics the sciences cannot be understood, nor made clear, nor taught, norlearned.’ (Roger Bacon, 1214–1292, zitiert nach Erich Steiner: The Chemistry Maths Book ,Oxford University Press, Oxford, 1996)

„Ich behaupte aber, daß in jeder besonderen Naturlehre nur so viel eigentliche Wissen-schaft angetroffen werden könne, als darin Mathematik anzutreffen ist. [...] So lange alsonoch für die chymischen Wirkungen der Materien auf einander kein Begriff ausgefundenwird, der sich construiren läßt, [...] so kann Chymie nichts mehr als systematische Kunst,oder Experimentallehre, niemals aber eigentliche Wissenschaft werden, weil die Principienderselben blos empirisch sind und keine Darstellung a priori in der Anschauung erlauben,[...] weil sie der Anwendung der Mathematik unfähig sind.“ (Immanuel Kant: Metaphysische

Anfangsgründe der Naturwissenschaft , Hartknoch, Riga, 1786, Vorrede)

Mit der Einführung quantitativer Messmethoden (Antoine Laurent de Lavoisier, 1743–1794) und mit dermodernen Atomtheorie (1808, John Dalton, 1766–1844) bekam Mathematik auch in der Chemie eineBedeutung, zunächst in der Stöchiometrie (Gesetz der konstanten Proportionen, Gesetz der multiplenProportionen). Doch das erlebte Immanuel Kant (1724–1804) nicht mehr.

‘Competence in mathematics, at least to a good A-level standard, is essential for any stu-dent of modern chemistry.’ (M. F. C. Ladd, W. H. Lee, Introduction to Physical Chemistry ,Cambridge University Press, Cambridge, 1986)

„Die Einordnung „Mathematik als Hilfswissenschaft“ trifft die Realität nur teilweise. Man er-leichtert sich das Leben, wenn man sich nicht dagegen sträubt zu akzeptieren, daß die Na-tur in wesentlichen Teilen „in der Sprache der Mathematik“ geschrieben ist. Die Sprache istnicht das Leben selbst und die Mathematik selbst noch nicht die Natur. Aber Sprachlosig-keit behindert.“ (Reinhard Schuster: Grundkurs Biomathematik , Teubner, Stuttgart, 1995,Vorwort)

„Woher kommt es, daß die Mathematik in unserer Zivilisation so etwas wie ein blinder Fleckgeblieben ist, ein exterritoriales Gebiet, in dem sich nur wenige Eingeweihte verschanzthaben? [...] Somit wären also die Mathematiker an der insulären Lage ihrer Wissenschaftselber schuld? [...] So leicht kann sich die Antwort nur machen, wer das Problem und seineTragweite unterschätzt. Es ist einfach nicht plausibel, den Schwarzen Peter einer Minder-heit von Experten zuzuschieben, solange eine überwältigende Mehrheit aus freien Stückendarauf verzichtet, sich ein kulturelles Kapital von immenser Bedeutung und von größtemReiz anzueigenen. [...] Bekanntlich ist die Ignoranz eine Himmelsmacht von unbesiegbarerStärke. Die meisten Menschen sind vermutlich überzeugt davon, daß es sich ganz gut oh-ne mathematische Kenntnisse leben läßt und daß diese Wissenschaft unwichtig genug ist,um sie den Wissenschaftlern zu überlassen. [...] Das allgemeine Bewußtsein ist hinter derForschung um Jahrhunderte zurückgeblieben, ja man kann kaltblütig feststellen, daß großeTeile der Bevölkerung über den Stand der griechischen Mathematik nie hinausgekommensind. Ein vergleichbarer Rückstand auf anderen Feldern, etwa der Medizin oder der Physik,wäre vermutlich lebensgefährlich.“ (Hans Magnus Enzensberger: Zugbrücke außer Betrieb,Vortrag gehalten am 24. August 1998 in der Berliner Urania als Teil des Rahmenprogrammsdes Internationalen Mathematiker-Kongresses, 18.–27. August 1998)

„Mathematik ist eine kulturelle Errungenschaft, deren Erlernen sich gut mit dem Lernen derMuttersprache vergleichen lässt. Sprechen lernt man, indem man mit Menschen spricht,die schon sprechen können. Entsprechend lernt man Mathematik, indem man Mathematikmacht mit Menschen, die das schon können. Man könnte sich vorstellen, dass dies so un-kompliziert und lustbetont erfolgt wie das Sprechenlernen, bei dem man sich der zugrundeliegenden Strukturen (Grammatik etc.) erst dann bewusst wird, wenn man schon fehlerfreisprechen kann.“ (Albrecht Beutelspachers Kleines Mathematikum — Die 101 wichtigsten

Fragen und Antworten zur Mathematik , 2. Aufl., Goldmann, München, 2011, S. 174)

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Logische Verknüpfungen

A, B Aussage A, Aussage BA∧ B „A und B“ (Konjunktion)A∨ B „A oder auch B“ (Disjunktion)A⇔ B „A ist gleichwertig zu B“ (Äquivalenz)A⇒ B „aus A folgt B“ (Implikation)

Verknüpfungen bei Mengen

A, B Menge A, Menge Ba ∈ A „a ist Element der Menge A“x 6∈ A „x ist kein Element der Menge A“A \ B „A ohne B“A ∪ B „A vereinigt mit B“A ∩ B „A geschnitten mit B “A ⊂ B „A ist (echte) Teilmenge von B“A ⊆ B „A ist Teilmenge von oder gleich B“

Zahlen und Zahlenmengen

a = b „a ist gleich b“a 6= b „a ist nicht gleich b“a < b „a ist kleiner als b“a 6 b „a ist kleiner als oder gleich b“a≪ b „a ist sehr viel kleiner als b“a > b „a ist grösser als b“a > b „a ist grösser als oder gleich b“a≫ b „a ist sehr viel grösser als b“N Menge der natürlichen ZahlenZ Menge der ganzen ZahlenQ Menge der rationalen Zahlen

R Menge der reellen ZahlenTeilmengen reeller Zahlen:

[a, b] geschlossenes Intervall (a 6 x 6 b)(a, b) offenes Intervall (a < x < b)(a, b] linksseitig off. Intervall (a < x 6 b)[a, b) rechtsseitig off. Intervall (a 6 x < b)C Menge der komplexen Zahlen

Arithmetische Verknüpfungen

+ „plus“ (Addition)− „minus“ (Subtraktion)×, · „mal“ (Multiplikation)/, : „geteilt durch“ (Division)

Weitere Symbole

∃ „Es existiert ein ...“∀ „Für alle ...“∑

Summenzeichen∏

Produktzeichen♠ Grenzwertbildungf(x) Term einer Funktion f

(mit x als Variablennamen)f/x (Erste) Ableitung von f(x) nach x2f/x2 Zweite Ableitung von f(x) nach x∂f/∂x partielle Abltg. von f(x, y, . . .) nach x∂f/∂y partielle Abltg. von f(x, y, . . .) nach y∫ba f(x) x Bestimmtes Integral von f(x) über x

von x = a bis x = b∫f(x) x Menge aller Stammfunktionen von f(x)

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Die 24 Buchstaben des griechischen Alphabets werden in der Mathematik gerne und häufig zurBenennung mathematischer Objekte (Winkel, Funktionen, etc.) verwendet. Die folgende Tabel-le gibt eine Übersicht, in einigen Fällen sind zwei verschiedene Formen des Kleinbuchstabensgezeigt.

Name Buchstabe Name Buchstabe Name Buchstabeklein gross klein gross klein gross

1 Alpha α A 9 Iota ι I 17 Rho ρ P2 Beta β B 10 Kappa κ K 18 Sigma σ Σ

3 Gamma γ Γ 11 Lambda λ Λ 19 Tau τ T4 Delta δ ∆ 12 My µ M 20 Ypsilon υ Υ

5 Epsilon ǫ, ε E 13 Ny ν N 21 Phi φ, ϕ Φ

6 Zeta ζ Z 14 Xi ξ Ξ 22 Chi χ X7 Eta η H 15 Omikron o O 23 Psi ψ Ψ

8 Theta θ, ϑ Θ 16 Pi π Π 24 Omega ω Ω

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Definition: Eine Aussage A ist ein Satz, dem sinnvoll eine der beiden Eigenschaften wahroder falsch zugeordnet werden kann. 2

Es gibt also nur zwei Wahrheitswerte („wahr“ und „falsch“).

Anmerkungen: Dies ist auch bekannt als „Satz vom ausgeschlossenen Dritten“ (Aristoteles, 4. Jh. v.Chr.): Eine Aussage ist entweder wahr oder falsch. Es gibt keine dritte Möglichkeit. Zur Bezeichnungder Wahrheitswerte werden neben dem Paar „wahr/falsch“ (w/f) auch die Paare „true/false“ (T/F, „/“)oder „Eins/Null“ (1/0) verwendet. Die moderne mathematische Logik (formale Logik) wurde im 19. Jh.von George Boole ([engl. "bu:l], 1815–1864) und Augustus de Morgan (1806–1871) begründet.

Beispiele: „5 ist eine Primzahl“ (wahr, w); „3 ist Teiler von 8“ (falsch, f). •

Aussagen lassen sich verneinen und zu neuen Aussageformen verknüpfen. Wichtige Aussa-geformen sind die Negation, die Konjunktion und die Disjunktion:

¬A (oder auch: A) „nicht A“ Negation (Verneinung)A∧ B „A und B“ KonjunktionA∨ B „A oder auch B“ Disjunktion („einschliessendes oder“)

Die folgende Tabelle, genannt Wahrheitstafel, zeigt die zugehörigen Wahrheitswerte:

A B ¬A ¬B A∧ B A∨ B A⇒ B A⇔ B

w w f f w w w ww f f w f w f ff w w f f w w ff f w w f f w w

Ist A wahr, so ist ¬A falsch, und ¬A ist wahr, wenn A falsch ist.A∧ B ist nur wahr, wenn sowohl A als auch B wahr sind.

A∨ B ist wahr, ausser wenn sowohl A als auch B falsch sind.

Anmerkung: Die Regeln von De Morgan zeigen, wie Negation mit Konjunktion bzw. mit Disjunktion zuverknüpfen ist:

¬(A∧ B) = (¬A)∨ (¬B) , ¬(A∨ B) = (¬A)∧ (¬B)

Sie lassen sich durch Aufstellen der Wahrheitstafeln für die links und rechts der Gleichheitszeichenstehenden Aussageformen leicht beweisen.

Logische Folgerungen: Zwei Aussagen können zueinander gleichwertig (äquivalent) sein,oder es kann von einer Aussage auf eine andere Aussage geschlossen werden.

A⇔ B A ist äquivalent zu B (logische Äquivalenz);A und B sind gleichwertige / gleichbedeutende Aussagen;„A gilt genau dann (dann und nur dann), wenn B gilt“

A⇒ B A ist eine hinreichende Bedingung für B (logische Implikation);„aus A folgt B“; „wenn A gilt, dann gilt auch B“... aber A braucht für die Gültigkeit von B nicht notwendig zu sein!

Die Wahrheitswerte zu Äquivalenz und Implikation sind bereits in der oben gezeigten Wahr-heitstafel angegeben. Vorsicht bei der Implikation A ⇒ B: Aus einer falschen Aussage A kannauf B mit beliebigem Wahrheitswert geschlossen werden („aus Falschem folgt Beliebiges“)!

Allgemein gilt:(1) (A⇒ B)⇔ (¬B⇒ ¬A) (zu jeder Implikation gibt es eine gleichwertige Kontraposition),

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d. h. B ist eine notwendige Bedingung für A:„damit A wahr sein kann, muss B wahr sein“

(2) (A⇒ B) 6⇔ (B⇒ A) (eine Implikation ist nicht gleichwertig zu ihrer Umkehrung).

Beispiele:(1) A : „6 teilt n“; B : „2 teilt n“.A⇒ B : „Wenn n durch 6 teilbar ist, dann ist n auch durch 2 teilbar.“ ()¬B⇒ ¬A : „Wenn n durch 2 nicht teilbar ist, so kann n auch nicht durch 6 teilbar sein.“ ()B⇒ A : „Wenn n durch 2 teilbar ist, dann ist n auch durch 6 teilbar.“ ()(2) A : „es regnet“; B : „die Strasse ist nass“.A⇒ B : „Wenn es regnet, dann ist die Strasse nass.“ ()¬B⇒ ¬A : „Wenn die Strasse nicht nass ist, dann regnet es nicht.“ ()B⇒ A : „Wenn die Strasse nass ist, dann regnet es.“ () •

Wichtige Ergebnisse dieser Überlegungen zu logischen Folgerungen sind die verschiedenenArten der Beweisführung für mathematische Aussagen:

• Direkter Beweis: A⇒ B ist wahrDie Aussage B wird bewiesen, indem man zeigt, dass aus der wahren(!) Aussage A dieAussage B folgt.

• Indirekter Beweis: (¬B)⇒ (¬A) ist wahrAnstatt die Aussage B zu beweisen, nimmt man an, dass die Verneinung von B wahr ist,und zeigt, dass daraus die Verneinung von A folgt (ist B falsch, muss also auch A falschsein).

• Beweis durch Widerspruch (lat. ‘reductio ad absurdum’): A∧ (¬B) ist falschDie Annahme, dass die Aussagen A und ¬B beide wahr sein könnten, führt zu einemWiderspruch (und muss also falsch sein).

• Beweis durch vollständige Induktion (‘Schluss von n auf n+ 1’):A(n0)∧ (A(n)⇒ A(n+ 1))⇒ (A(n) für alle natürlichen Zahlen n > n0)

Um zu beweisen, dass eine Aussage A(n) für alle natürlichen Zahlen n > n0 wahr ist,genügt es zu zeigen, dass sie für n = n0 wahr ist und dass aus der Wahrheit von A(n) füreine Zahl n > n0 stets die Wahrheit von A(n + 1) folgt (Richard Dedekind, 1831–1916).Oft ist n0 = 0 oder n0 = 1.

Beispiel zum direkten Beweis: Zu zeigen: Wenn n ∈ N, dann gilt S(n) =n∑

i=1

i = 12n(n+ 1).

Addition der zweimal ausgeschriebenen Summen, mit Summanden einmal in aufsteigender, einmal inabsteigender Reihenfolge, liefert direkt das Endergebnis:

S(n) = 1 + 2 + . . . + (n− 1) + n

S(n) = n + (n− 1) + . . . + 2 + 1

; 2S(n) = (n+ 1) + (n+ 1) + . . . + (n+ 1) + (n+ 1) = n(n+ 1) ⇒ S(n) = 12n(n+ 1)

q. e. d.

Beispiel zum indirekten Beweis: Zu zeigen: Für zwei positive Zahlen a und b folgt aus A: a2 < b2 dieUngleichung B: a < b.Aus ¬B: a > b folgt einerseits a2 > ab (durch Multiplikation mit a) und andererseits ab > b2 (durchMultiplikation mit b). Kombination beider Ungleichungen ergibt a2 > ab > b2, also ¬A: a2 > b2. Damitist aber gezeigt: Wenn a < b nicht gilt, dann kann auch a2 < b2 nicht gelten. q. e. d.

Beispiel zum Beweis durch Widerspruch: Zu zeigen:√2 6= p/q ∈ Q (

√2 ist keine rationale Zahl).

Annahme des Gegenteils: (√2 = p/q ∈ Q (p, q teilerfremd) ⇔ p2 = 2q2) ⇒ p = 2k (nur das Quadrat

einer geraden Zahl ist gerade), so dass also (2q2 = p2 = 4k2⇔ q2 = 2k2)⇒ q = 2l. WIDERSPRUCH!

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Wenn sowohl p = 2k als auch q = 2l sein muss, dann können p und q nicht teilerfremd gewesen sein!⇒√2 6∈ Q q. e. d.

Beispiel zur vollständigen Induktion: A(n): Zu zeigen, dass gilt: S(n) =n∑

i=1

i = 12n(n+ 1) .

Das nun ja schon bekannte Ergebnis (s. o.) wird erneut bewiesen, aber auf einem anderem Weg.

1. Induktionsanfang: Nachweis, dass die Aussage für das kleinste mögliche n = n0 wahr ist. Hier istdie Wahl n0 = 1 sinnvoll:

Linke Seite: S(n0) =

n0∑

i=1

i =

1∑

i=1

i = 1 ; rechte Seite: 12n0(n0 + 1) =

12· 1 · 2 = 1

⇒ A(1) ist wahr.

2. Induktionsschritt:(a) Induktionsannahme: Für ein gewisses n sei die Aussage A(n) wahr, also sei gültig:

A(n) : S(n) =

n∑

i=1

i = 12n(n+ 1)

(b) Induktionsbehauptung: Für dasselbe n gilt dann auch:

A(n+ 1) : S(n+ 1) =

n+1∑

i=1

i = 12(n+ 1)(n+ 2)

(c) Induktionsschluss: Beweis dieser Behauptung, unter Verwendung der Aussage A(n):

S(n+ 1) =

n+1∑

i=1

i =

n∑

i=1

i+ (n+ 1) = S(n) + (n+ 1) = 12n(n+ 1) + (n+ 1) = 1

2(n+ 1)(n+ 2)

Damit ist die Aussage A(n) für alle n > 1 durch vollständige Induktion bewiesen. q. e. d.

Anmerkung: Kurt Gödel (1906–1978) hat die Existenz unentscheidbarer Probleme in mathematischenTheorien allgemein nachgewiesen („Gödelscher Unvollständigkeitssatz“, 1931). Danach lassen sichin jedem als widerspruchsfrei angesehenen Axiomensystem Sätze formulieren, die weder beweisbarnoch widerlegbar sind (unentscheidbare Aussagen). Erst eine Erweiterung des Axiomensystems machtdann eine Entscheidung möglich.

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Definition: Eine MengeM ist eine Zusammenfassung von bestimmten, wohlunterscheidbarenObjekten unserer Anschauung oder unseres Denkens (welche die Elemente von M genanntwerden) zu einem Ganzen. 2

Anmerkung: Georg Cantor (1845–1918) formulierte im Jahr 1895 diese „naive“ Definition.

a ∈M a ist ein Element der Menge Ma 6∈M⇔ ¬(a ∈M) a ist kein Element der Menge M

Eine Menge kann definiert werden durch . . .

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1. . . . Aufzählen der zur Menge gehörenden Elemente:

A = a, b, c , B = c, d , C = Terra

D = Ala(A),Arg(R),Asn(N),Asp(D),Cys(C),Gln(Q),Glu(E),Gly(G),His(H), Ile(I),

Leu(L),Lys(K),Met(M),Phe(F),Pro(P),Ser(S),Thr(T),Trp(W),Tyr(Y),Val(V)

M = Wasser,Hopfen,Malz,Hefe

N = 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, . . .

P = 2, 3, 5, 7, 11, 13, 17, 19, 23, 29, 31, . . .

Hier sind A und B zwei einfache abstrakte Mengen, C ist die Menge der bekannten bewohnba-ren Planeten, die der Menschheit derzeit zur Verfügung stehen (z. B. um Chemie zu betreiben),D ist die Menge der zwanzig proteinogenen L-α-Aminosäuren (angegeben mit ihren Drei- undEinbuchstabensymbolen), M ist die Menge der Zutaten für ein gutes Bier, N ist die Menge dernatürlichen Zahlen und P ist die Menge der Primzahlen.

2. . . . Angabe einer die Elemente definierenden Eigenschaft:

G = n | n ∈ N ∧ n = 2 k = 0, 2, 4, 6, . . .

U = n | n ∈ N ∧ n = 2 k+ 1 = 1, 3, 5, 7, . . .

K = CnH2n+2 | n ∈ N

Hier ist G die Menge der geraden natürlichen Zahlen, und U ist die Menge der ungeraden natür-lichen Zahlen. Die Menge K enthält alle gesättigten aliphatischen Kohlenwasserstoffe (Alkane),aber auch den molekularen Wasserstoff H2 (für n = 0).

Leere Menge: Die leere Menge enthält kein Element: ∅ = 6= 0.

Mächtigkeit von Mengen: Eine Menge M mit n Elementen (n ∈ N, n < ∞) heisst endlich.Jede nicht endliche Menge heisst unendlich. Wenn sich die Elemente zweier MengenM und Seineindeutig (umkehrbar eindeutig) einander zuordnen lassen, so heissen die beiden Mengengleichmächtig.

Beispiele: Von den oben genannten Mengen sind die Mengen A, B, C, D und M endlich; alle anderendagegen unendlich und gleichmächtig (es gibt also beispielsweise genau so viele gerade natürliche

Zahlen wie natürliche Zahlen insgesamt — also Vorsicht bei Teilmengen unendlicher Mengen). •

Gleichheit von Mengen:M = S⇔ (Für alle x ∈M oder x ∈ S gilt: x ∈M⇔ x ∈ S).

Teilmenge: M ist Teilmenge (Untermenge) von S (S ist Obermenge von M)M ⊂ S⇔ (Für alle x gilt: x ∈M⇒ x ∈ S) (echte Teilmenge, s. Abb. 1)

Schnittmenge (Durchschnitt): „M geschnitten mit S“M ∩ S = S ∩M = x | x ∈M ∧ x ∈ S (s. Abb. 1)

Vereinigungsmenge (Vereinigung, Summe): „M vereinigt mit S“M ∪ S = S ∪M = x | x ∈M ∨ x ∈ S (s. Abb. 1)

Differenzmenge (Differenz): „M ohne S“M \ S = x | x ∈M ∧ x 6∈ S (s. Abb. 1)

Komplementmenge: Komplementmenge der Menge M bzgl. der Obermenge SM = S \M⇔ S =M ∪MBeispiel: Für die oben genannten Mengen G und U gilt: G ∩U = ∅ und G ∪U = N (die Mengen G undU sind disjunkt, d. h., sie haben keine gemeinsamen Elemente, und ihre Vereinigungsmenge ist N) ⇒(G = U ∧ U = G) (bzgl. der Obermenge N sind G und U zueinander komplementär). •

❩ tr ♠♥♦sär♥ s♥ s ♣r♦t♥♦♥ r♥♥t ♦r♥ ♥♦②st♥ ❯ ♥ P②rr♦②s♥ P② r♥ ♥tr st♠♠t♥ ♥♥♥ ♥ s♦♥ t♥ ♥ P♣ttt ♥t ♥ ♥ ♥♦r♠rstt♥r r♦t

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M ∪ S

M S

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M \ S

M S

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♥ ❱♥♥r♠♠ ♥ ♦♥ ❱♥♥ ③r rst♥ ♦♥ ③♥♥ ③s♥ ♥♥ ♠♥ M ⊂ S ♥tt♠♥ M ∩ S ❱r♥♥s♠♥ M ∪ S♥ r♥③♠♥ M \ S

Kartesisches Produkt: „M Kreuz S“ (die Menge aller geordneten Paare)M× S = (x, y) | x ∈M ∧ y ∈ S 6= S×MNur für M = S ergibt sich speziell M×M =M2.

Beispiele: Die Menge aller Punkte in einer Ebene R2 = R × R = (x, y) | x, y ∈ R. Entsprechend istRn = R × R × . . . × R = (x1, x2, . . . , xn) | xi ∈ R die Menge aller Punkte im n-dimensionalen Raum(oder die Menge aller geordneten n-Tupel). •

♥♥

Ein wichtiger mathematischer Begriff ist der Begriff der Abbildung (auch „Funktion“ oder „Trans-formation“ genannt).

Definition: Sind A und B zwei nichtleere Mengen, so ist die Abbildung f: A 7→ B eine Vor-schrift, die jedem x ∈ A eindeutig ein y = f(x) ∈ B zuordnet. Die Menge f(A) = f(x) | x ∈ Aheisst Bild von A. 2

A B

1

2

3

4

c

b

d

.......................................................................................................................................

...............

.......................................................................................................................................

...............

.......................................................................................................................................

...............

..................................................................................................................................................

...............

f st srtf(A) = B

A B

1

2

3

c

b

d

a

.......................................................................................................................................

...............

.......................................................................................................................................

...............

....................................................................................................................................................

...............

f st ♥tx1 6= x2 ⇒ f(x1) 6= f(x2)

A B

1

2

3

4

c

b

d

a

.......................................................................................................................................

...............

.......................................................................................................................................

...............

.......................................................................................................................................

...............

.......................................................................................................................................

...............

f st t

♥ ❲t ②♣♥ ♦♥ ♥♥ f x ∈ A 7→ y ∈ B

Satz: Die Abbildung f heisst

surjektiv,injektiv,bijektiv,

wenn jedes y ∈ B

mindestenshöchstens

genau

einem x ∈ A

zugeordnet ist (s. Abb. 2).

Allgemein gilt: (f ist surjektiv ∧ f ist injektiv)⇔ (f ist bijektiv).

Weiteres Beispiel:Die Abbildung (Funktion) f: x 7→ y = f(x) = x2 (“Quadrieren”; Schaubild: Normalparabel) mit ...... x ∈ R und y ∈ R ist nicht surjektiv (auf negative y wird nicht abgebildet).... x ∈ R und y ∈ R ist nicht injektiv (aus x1 6= x2 folgt nicht notwendig f(x1) 6= f(x2)).... x ∈ R und y ∈ R, y > 0, ist surjektiv (die betragsgleichen Argumente x und −x ergeben dasselbe y).... x ∈ R, x > 0, und y ∈ R, y > 0 ist bijektiv.... x ∈ R, x 6 0, und y ∈ R, y > 0 ist ebenfalls bijektiv. •

Umkehrabbildung und Identitätsoperation: Wenn eine Abbildung f: A 7→ B, die ja jedesx ∈ A eindeutig auf ein y = f(x) ∈ B abbildet, bijektiv ist, dann existiert eine zugehörige

© ♥r ♦♠r

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t♠t ♥sttt ür ♠ ♥ ♦♠ ❯ r♥

Umkehrabbildung f−1: B 7→ A, die jedes y ∈ B wieder auf x = f−1(y) ∈ A zurück abbildet. Esgilt dann immer sowohl

y = f(x) = f(f−1(y)) = (f f−1)(y)

als auchx = f−1(y) = f−1(f(x)) = (f−1 f)(x) .

Das Nacheinanderausführen (Symbol ) von Abbildung f und Umkehrabbildung f−1 ist also,unabhängig(!) von der Reihenfolge, immer eine Identitätsoperation (auch Eins-Operation oder,kurz, Identität genannt):

f−1 f = f f−1 = 1 .

Man sagt dann auch, dass die Abbildung f und die zugehörige Umkehrabbildung f−1 zueinan-der invers sind (oder ein Paar zueinander inverser Abbildungen bilden).

Anmerkung: Was unter der Eins-Operation 1, dem „Nichtstun“, genau zu verstehen ist, hängt natürlichauch von der Art der Objekte x ∈ A und y ∈ B ab. Sind x und y Zahlen, dann sind die „Multiplikation mitEins“ oder die „Addition der Null“ mögliche Identitätsoperationen. Handelt es sich bei x und y dagegenum Vektoren (s. Vorlesung „Mathematik II“), dann wären „Addition des Nullvektors“ oder „Multiplikationmit der Einheitsmatrix“ mögliche Identitätsoperationen.

Beispiele für Umkehrabbildungen:Für x ∈ R, x > 0 und y ∈ R, y > 0 gilt: (x 7→ y = f(x) = x2)⇔ (y 7→ x = g(y) =

√y).

Für x ∈ R, x 6 0 und y ∈ R, y > 0 gilt: (x 7→ y = f(x) = x2)⇔ (y 7→ x = g(y) = −√y). •

Beispiel für eine Abbildung, die nicht umkehrbar ist:Als Beispiel für eine surjektive, aber nicht injektive Abbildung f zeigt die folgende Tabelle den gene-tischen Code, d. h. den Schlüssel für die an den Ribosomen ablaufende Übersetzung (Translation)genetischer Information von Boten-Ribonucleinsäure (Boten-RNS, messenger-RNA, mRNA) zur Amino-säurekette (Peptid/Protein).

s 5 ′♥❯

❯ P P t ❱ ❱ ❱ ❱ ❯ r r r r Pr♦ Pr♦ Pr♦ Pr♦ r r r r

s

s

②r ②r ∗ ∗ s s ♥ ♥ s♥ s♥ ②s ②s s♣ s♣ ②s ②s ∗ r♣ r r r r r r r r ② ② ② ②

❯ ❯ ❯ ❯ s 3 ′♥

Die „Buchstaben“ des Codes sind die vier Basen der RNS: Uracil (U), Cytosin (C), Adenin (A) und Gua-nin (G). Je drei Basen (Basentripel, Basentriplett oder Codon) codieren für eine Aminosäure: f(Codon) =Aminosäure. Von den 43 = 64möglichen Codons codieren nur 61 für die 20 proteinogenen Aminosäuren,drei Codons verursachen Kettenabbruch (∗). Es ist z. B. f(CAU) = f(CAC) = His und f(AUG) = Met.AUG ist auch das Start-Codon, mit welchem jede Proteinbiosynthese beginnt. •

rs trtr♥

„So hat man mit der Zeit erkannt, dass das Entscheidende in der Mathematik nicht dieeinzelnen Objekte sind, sondern die Beziehungen, die zwischen ihnen bestehen, die so ge-nannten mathematischen Relationen. Die Objekte selbst sind unwichtig. Aus meiner Sichtdreht sich die ganze Mathematik nur um das Studium dieser Relationen.“ (Enrico Bombieri,Fields-Medaille 1974, „Warum ist 1 + 1 = 2?“, in: B. Stiekel (Hrsg.): Kinder fragen, Nobel-preisträger antworten, 4. Aufl., Heyne München, 2002, S. 191)

Eine Menge ist zunächst nur ein „unstrukturierter Haufen von Elementen“. Aber wenn sich Be-ziehungen zwischen den Elementen einer Menge finden lassen, so können daraus Strukturenentstehen. Oft lassen sich solche Beziehungen gezielt erzeugen, z. B. durch Einführung von

© ♥r ♦♠r

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Verknüpfungen zwischen Elementen mit Hilfe von Operatoren (mathematischen Arbeitsvor-schriften, Vorschriften für mathematische Operationen):

Menge + Operator(en) −→ algebraische Struktur

Einige sehr wichtige Mengen sind die Zahlenmengen N, Z, Q, R, C (die Mengen der natürli-chen, der ganzen, der rationalen, der reellen und der komplexen Zahlen). Durch Verbindung mitden Operationen „Addition“ und „Multiplikation“ treten auf dem Weg von N zu C die algebrai-schen Strukturen der Gruppe, des Rings und des Körpers auf. In der Vorlesung „MathematikII“ kommt dann noch der Vektorraum (oder lineare Raum) hinzu.

Anmerkung: Die Bedeutung von Begriffen wie „Gruppe“ oder „Körper“ in der Mathematik ist vergleichbarder Bedeutung von Begriffen wie „Metall“, „Säure“ oder „Enzym“ in der Chemie.

r♣♣

Definition: Aus einer nichtleeren Menge M und einer Verknüpfung (binären Operation) ent-steht eine Gruppe G = (M, ), wenn die folgenden Kriterien (Gruppenaxiome) erfüllt sind:

(G1) Abgeschlossenheit: Für alle a, b ∈M gilt a b = c mit c ∈M.(G2) Gültigkeit des Assoziativgesetzes: Für alle a, b, c ∈M gilt (a b) c = a (b c).(G3) Existenz eines neutralen Elements (Singular!):

Es gibt genau ein e ∈M, so dass a e = e a = a für alle a ∈M gilt.(G4) Existenz inverser Elemente (Plural!):

Für jedes a ∈M existiert ein a−1 ∈M, so dass a a−1 = a−1 a = e gilt.

Im allgemeinen ist a b 6= b a! Bei zusätzlicher(!)

(G5) Gültigkeit des Kommutativgesetzes: Für alle a, b ∈M gilt a b = b a;

heisst G eine kommutative (oder abelsche) Gruppe (nach Niels Henrik Abel [norweg. "a:b@l],1802–1829). 2

Anmerkungen: Ist die Gültigkeit der Gruppenaxiome nachgewiesen, so wird zwischen der Menge Mund der Gruppe G in der Regel nicht mehr unterschieden. Die Verknüpfung wird oft nicht als allgemeineOperation () geschrieben, sondern entweder als Addition ( = +) oder als Multiplikation ( = ·). Schreibtman die Gruppenaxiome additiv (Verknüpfung als Summe: a + b = c), so folgt e = 0 („Null“) unda−1 = − a. Die multiplikative Schreibweise (Verknüpfung als Produkt: a · b = c, oder kurz ab = c;dies ist die bei weitem häufigste Schreibweise) führt auf e = 1 („Eins“) und a−1 = 1/a. Die durch dieVerknüpfung erfolgende Zuordnung kann auch als eine Abbildung f: G×G→ G verstanden werden.

Ordnung einer Gruppe G: Die Mächtigkeit der Menge M, die die Gruppe G = (M, ) bildet.Übliche Notationen: |G| oder g. Ist |G| endlich, so heisst G eine endliche Gruppe, andernfallseine unendliche Gruppe.

Ordnung (oder Periode) des Elementes a einer endlichen Gruppe G: Kleinste positive na-türliche Zahl n, für welche an = e gilt (die Potenzen ak, 0 6 k < n, bilden dann bereits selbsteine Gruppe, die sogenannte zyklische Gruppe Zn, s. unten).

Untergruppe H einer Gruppe G = (M, ): Ist eine (echte oder unechte) Teilmenge T von M(T ⊆ M) bezüglich der Verknüpfung bereits selbst ein Gruppe, so heisst H = (T, ) eine(echte oder unechte) Untergruppe der Gruppe G = (M, ), und man schreibt H ⊆ G.

Anmerkungen: Jede Gruppe G = (M, ) enthält zwei triviale Untergruppen, zum einen die UntergruppeH1 = (e , ) und zum anderen die Untergruppe H2 = G (also sich selbst). Die Ordnung |H| der Unter-gruppe H einer endlichen Gruppe G ist Teiler der Ordnung von G: |G| = k · |H| (oder g = k ·h, g, h, k ∈ N;„Satz von Lagrange“, nach Joseph Louis de Lagrange [frz. la"gra:Z], 1736–1813).

Isomorphie: Zwei Gruppen G = (e, a2, . . . , al , ) und G ′ = (n, b2, . . . , bl , ∗), beide vongleicher Ordnung, heissen zueinander isomorph („von gleicher Gestalt“), G =G ′, wenn eineumkehrbar eindeutige Zuordnung (bijektive Abbildung) f: ai ∈ G 7→ bi = f(ai) ∈ G ′ existiert,

♥ts♣r♥♥ ♥s♥ r s♥ ❵r♦♣ ❵r♥ ♥ ❵

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t♠t ♥sttt ür ♠ ♥ ♦♠ ❯ r♥

so dass stets das Bild des Produktes ai aj = ak ∈ G dem Produkt der Bilder zugeordnet wird:f(ak) = f(ai aj) = f(ai) ∗ f(aj) = bi ∗ bj = bk ∈ G ′. Zueinander isomorphe Gruppen sinddaher nichts weiter als verschiedene „Realisierungen“ ein und derselben abstrakten Gruppe.

Wieviele wesentlich voneinander verschiedene (d. h., nicht zueinander isomorphe) Gruppen gibtes zu vorgegebener Ordnung? Die folgende Tabelle gibt die Anzahl nicht-isomorpher abstrakter Grup-pen N(g) zu vorgegebener Ordnung g an, für kleine Werte von g (1 6 g 6 20). Sie setzt sich stetszusammen aus der Anzahl nicht-isomorpher abelscher GruppenNa(g) und der Anzahl nicht-isomorphernicht-abelscher Gruppen Nn(g), die es zur jeweiligen Ordnung gibt: N = Na +Nn.

g 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

Na 1 1 1 2 1 1 1 3 2 1 1 2 1 1 1 5 1 2 1 2

Nn 0 0 0 0 0 1 0 2 0 1 0 3 0 1 0 9 0 3 0 3

N 1 1 1 2 1 2 1 5 2 2 1 5 1 2 1 14 1 5 1 5

Beispiele für Gruppen:(1) (Z,+) ist eine abelsche Gruppe von abzählbar unendlicher Ordnung. Neutrales Element ist die 0.Die ganzzahligen Vielfachen einer natürlichen Zahl n > 1 bilden eine Untergruppe (nZ,+), ebenfallsvon abzählbar unendlicher Ordnung.(2) (R,+) ist eine abelsche Gruppe von überabzählbar unendlicher Ordnung. Neutrales Element ist die0. (R \ 0, ·) ist eine abelsche Gruppe von überabzählbar unendlicher Ordnung. Neutrales Element istdie 1.(3) Zn = (

a, a2, . . . , an−1, an = e

, ) ist für jedes natürliche n > 1 eine abelsche Gruppe. Sie heisst

zyklische Gruppe der Ordnung n. Die Drehungen in der Ebene um Vielfache des Winkels ϕ = 2π/n

(Verknüpfung: Nacheinanderausführung von Drehungen) bilden eine „Realisierung“ von Zn.(4) Die Menge aller Permutationen (Umordnungen) von n Objekten (n > 1) bildet bzgl. Nacheinander-ausführung die symmetrische Gruppe vom Grad n, Sn, mit Ordnung |Sn| = n („n Fakultät“, s. S. 12).Neutrales Element ist die Identitätsoperation, die keine Umordnung der Objekte vornimmt. Nur S2 istabelsch. Das Verhalten unter Permutationen der Teilchenkoordinaten (Orts- und Spinkoordinaten) un-terscheidet die quantenmechanischen Zustandsfunktionen für Fermionen von jenen für Bosonen.(5) Die Menge aller Symmetrie-Operationen Ri, die sich an einem Objekt ausführen lassen, bildet bzgl.Nacheinanderausführung die Symmetriegruppe des Objekts. In Abhängigkeit von der Art des Objektskann die Ordnung der Symmetriegruppe endlich (nicht-lineares Molekül), abzählbar unendlich (Kristall-gitter), oder sogar überabzählbar unendlich (Atom, lineares Molekül) sein. Neutrales Element ist stetsdie Identitätsoperation, die das Objekt unverändert lässt. Die Symmetriegruppe eines asymmetrischenObjekts wie z. B. des Alanin-Moleküls enthält nur die Identitätsoperation (g = 1), dagegen umfasstdie Symmetriegruppe des Fullerens C60 sämtliche g = 120 Drehungen, Spiegelungen und Drehspie-gelungen des Ikosaeders (eines der fünf platonischen Körper). Symmetriegruppen sind in der Regelnicht-abelsch. •

Gruppentafel, Multiplikationstafel oder Cayley-Tafel (nach Arthur Cayley [engl. "kEIlI], 1821–1895): Quadratische Tafel, die sämtliche Verknüpfungen der Elemente einer endlichen GruppeG (|G| <∞) angibt. Sind gi, gj ∈ G (1 6 i, j 6 |G|), so findet sich die Verknüpfung gigj in Zeilei und Spalte j. Jedes Element der Gruppe tritt in jeder Reihe (Zeile, Spalte) genau einmal auf.Nur bei abelschen Gruppen ist die Gruppentafel symmetrisch zur Hauptdiagonalen (da immergi gj = gj gi gilt).

Beispiele:Gruppentafeln für alle endlichen Gruppen mit niedriger Ordnung g (1 6 g 6 6): s. unten.Die endlichen Gruppen mit den niedrigsten Ordnungen (g 6 3) sind zyklische Gruppen. Die kleinstenicht-zyklische Gruppe ist die Kleinsche Vierergruppe V (nach Felix Klein, 1849–1925), eine der beidenmöglichen Gruppen mit Ordnung g = 4. Die kleinste nicht-abelsche Gruppe ist die symmetrische GruppeS3 (die Gruppe der Permutationen von 3 Objekten), eine der beiden möglichen Gruppen mit Ordnungg = 6.

s ❩♥ s♥ ♥t♥♦♠♠♥ ♥ ❩♥♦♥ N N♥ ♥ N r ♥♥♥②♦♣ ♦ ♥tr q♥s tt♣s♦s♦r

rtt rtt ②♠♠tr② tr♦ t ②s ♦ ♠st r ♣r♥r ♦rrt

© ♥r ♦♠r

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t♠t ♥sttt ür ♠ ♥ ♦♠ ❯ r♥

Z1 e

e e

Z2 e a

e e a

a a e

Z3 e a a2

e e a a2

a a a2 e

a2 a2 e a

Z4 e a a2 a3

e e a a2 a3

a a a2 a3 e

a2 a2 a3 e a

a3 a3 e a a2

V e a b ab

e e a b ab

a a e ab b

b b ab e a

ab ab b a e

Z5 e a a2 a3 a4

e e a a2 a3 a4

a a a2 a3 a4 e

a2 a2 a3 a4 e a

a3 a3 a4 e a a2

a4 a4 e a a2 a3

Z6 e a a2 a3 a4 a5

e e a a2 a3 a4 a5

a a a2 a3 a4 a5 e

a2 a2 a3 a4 a5 e a

a3 a3 a4 a5 e a a2

a4 a4 a5 e a a2 a3

a5 a5 e a a2 a3 a4

S3 e a a2 b ba ab

e e a a2 b ba ab

a a a2 e ab b ba

a2 a2 e a ba ab b

b b ba ab e a a2

ba ba ab b a2 e a

ab ab b ba a a2 e

ba2 = (ba)a = ab 6= baAn ihrer Gruppentafel ist ablesbar, dass die Vierergruppe V drei nicht-triviale Untergruppen der Ord-nung zwei enthält: e, a, e, b, e, ab. Die Gruppe der vier Symmetrieoperationen des Wasser-Moleküls(neben der Identität eine Drehung und zwei Spiegelungen) ist isomorph zu V. Die Gruppe der sechsSymmetrieoperationen des Ammoniak-Moleküls (neben der Identität zwei Drehungen und drei Spiege-lungen) ist isomorph zu S3. Unter den Symmetrieoperationen des Ammoniak-Moleküls bilden die beidenDrehungen zusammen mit der Identität eine nicht-triviale Untergruppe der Ordnung drei. •Anmerkung: Sogenannte einfache endliche Gruppen sind für die Theorie der endlichen Gruppen (alsoder Gruppen mit endlich vielen Elementen) ähnlich wichtig wie die Primzahlen (diese könnten „einfacheZahlen“ genannt werden) für die natürlichen Zahlen. Zyklische Gruppen von Primzahlordnung (Zp, (pprim) gehören zu den einfachen endlichen Gruppen. Nach über fünfzig Jahren Arbeit wurde im Jahr1982 der Beweis des „Klassifikationssatzes“ für abgeschlossen erklärt. Dieser Satz gibt eine vollständigeKlassifizierung der einfachen endlichen Gruppen an.

Definition: Aus einer nichtleeren Menge M und zwei Verknüpfungen (binären Operationen) und ∗ entsteht ein Ring R = (M, , ∗), wenn folgende drei Kriterien erfüllt sind:

(R1) (M, ) ist eine abelsche Gruppe (neutrales Element n [ „Null“ ]).(R2) Gültigkeit des Assoziativgesetzes bzgl. der Verknüpfung ∗:

Für alle a, b, c ∈M gilt (a ∗ b) ∗ c = a ∗ (b ∗ c).(R3) Gültigkeit der Distributivgesetze: Für alle a, b, c ∈M gilt

a ∗ (b c) = (a ∗ b) (a ∗ c) und (a b) ∗ c = (a ∗ c) (b ∗ c).Bei zusätzlicher(!)

(R4) Gültigkeit des Kommutativgesetzes bzgl. der Verknüpfung ∗:Für alle a, b ∈M gilt a ∗ b = b ∗ a; und

(R5) Existenz eines neutralen Elements bzgl. der Verknüpfung ∗ (e [ „Eins“ ]):Es gibt genau ein e ∈M, so dass a ∗ e = e ∗ a = a für alle a ∈M

heisst R ein kommutativer Ring mit Eins (und eines der genannten Distributivgesetze genügt).2

Beispiele:(1) (Z,+, ·) ist ein kommutativer Ring mit Eins. Der Versuch, die Multiplikation umzukehren („Division“),führt aus der Menge Z heraus zur Menge Q.

♦r♥st♥ sst♦♥ r ♥♥ ♥♥ r♣♣♥ ♣tr♠ r ❲ss♥st

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(2) Die ganz-rationalen Funktionen (oder Polynome) in einer Variablen xmit ganzzahligen Koeffizienten,Pn(x) =

∑nk=0 akx

k = a0 + a1 x + . . . + an xn (n ∈ N, ak ∈ Z), bilden mit den beiden Operationen

Addition und Multiplikation ebenfalls einen kommutativen Ring mit Eins: R = (Pn(x),+, ·). Der Versuch,die Multiplikation umzukehren („Division“), führt zu den gebrochen-rationalen Funktionen. •

ör♣r

Der Begriff des Körpers ist nicht nur für das „praktische Rechnen“ in den gewohnten Zahlen-mengen Q und R wichtig, sondern auch später (s. Vorlesung „Mathematik II“) für die Definitiondes Vektorraumes notwendig.

Definition: Aus einer nichtleeren Menge M und zwei Verknüpfungen (binären Operationen) und ∗ entsteht ein Körper K = (M, , ∗), wenn folgende drei Kriterien erfüllt sind:

(K1) (M, ) ist eine abelsche Gruppe (neutrales Element n [ „Null“ ]).(K2) (M \ n , ∗) ist eine abelsche Gruppe (neutrales Element e [ „Eins“ ]).(K3) Gültigkeit des Distributivgesetzes:

Für alle a, b, c ∈M gilt a ∗ (b c) = (a ∗ b) (a ∗ c). 2

Beispiele: (Q,+, ·), (R,+, ·), und — wie gezeigt werden wird — (C,+, ·) sind Körper. Es gelten die„gewohnten Rechenregeln“ für die vier Grundrechenoperationen (Addition, Subtraktion, Multiplikation,Division), aber Subtraktion und Division sind als „eigenständige“ Rechenoperationen tatsächlich über-flüssig. Division durch Null ist (und bleibt) verboten! •

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❩♥♠♥♥

tür ❩♥

N = 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, . . .

Anmerkungen: (1) Als die Steinzeitjäger zu ihrer Sippe zurückkehrten, konnten sie von ihrem Jagdglückfolgendes berichten: „Heute haben wir kein [n = 0] (ein [n = 1], zwei [n = 2], ...) Mammut(s) erlegt.“ (2)Die Anzahl n der Stickstoffatome in den Molekülen eines Naturstoffs kann folgende Werte annehmen:n = 0 (Bsp.: Glucose), n = 1 (Bsp.: Glycin), n = 2 (Bsp.: Harnstoff, Lysin, Nicotin, Uracil), n = 3

(Bsp.: Cytosin, Histidin), n = 4 (Bsp.: Arginin, Coffein), n = 5 (Bsp.: Adenin, Guanin), ... (3) Eine fürdie Chemie sehr wichtige natürliche Zahl ist die Masszahl der Avogadro-Konstanten (nach AmedeoAvogadro, 1776–1856): N ≈ 6, 022140857 · 1023 ∈ N. N selbst ist die Anzahl von Atomen in 1♠♦

Kohlenstoff-12, d. h. in exakt(!?) 12 des Kohlenstoffisotops 12C. Die meisten Stellen dieser natürlichenZahl sind gar nicht bekannt.

Die Menge der natürlichen Zahlen, N, ist abzählbar unendlich (im Ggs. zur Menge der reellenZahlen, R, die „überabzählbar unendlich“ ist).

Die natürliche Zahl n hat die Zahl n+ 1 als Nachfolgerin.

Die natürlichen Zahlen sind geordnet, d. h. sie lassen sich eindeutig nach ihrer Grösse in einerReihenfolge anordnen: Für jedes Paar (k, l) natürlicher Zahlen ist die Aussage (k < l ∨ k = l

∨ k > l) wahr.

Grundrechenoperationen in der Menge N:Addition (+) und Multiplikation (· oder ×), sowie auch — mit Einschränkungen — Subtraktion(−) und Division (nicht durch Null; / oder : oder ÷). Für die Subtraktion muss k − l > 0 erfülltsein, die Division k/l = m ist nur ausführbar wenn die „Teilbarkeitsbedingung“ k = l ·m erfülltist (k, l,m ∈ N).

t♦♥

Abgeschlossenheit: k, l ∈ N⇒ k+ l ∈ N, speziell: k+ 0 = k.Die Summe von zwei natürlichen Zahlen ist wiederum eine natürliche Zahl.Kommutativgesetz: k+ l = l+ k (Vertauschbarkeit von Summanden).Assoziativgesetz: (k+ l) +m = k+ (l+m) (Verbindung mehrerer Summanden).

Mehrfache Additionen lassen sich mit Hilfe des Summenzeichens kürzer schreiben:

1+ 2+ 3+ . . .+ n =

n∑

i=1

i =

n∑

j=1

j =

n−1∑

k=0

(k+ 1) =

n∑

l=1

(n+ 1− l)

a1 + a2 + . . .+ an =

n∑

k=1

ak =

n−1∑

l=0

al+1 =

n+1∑

j=2

aj−1 =

n−1∑

i=0

an−i

Jede der Summen stellt die links ausgeschriebene Form kompakt dar. Das Symbol für denSummationsindex ist frei wählbar (denn nach erfolgter Summation tritt es nicht mehr auf).

❯♥sr ❩③♥ st♥ ür ❩♥ s♥ ♥srs♥ ❩r♥ s t ❵❩r s ♥ ❵♣rs r③ ❵r s♦ s rss ❵r t r ♥ ③♥äst s t♥s ❵③♣r♠ ♥ sss

s rs Q® t s r ür ❵ ♦r ❵r ③rü t③trs st s♥rsts Ürst③♥ s t♥s♥

♥srt❲♦rts ZUa;nya t ♥② r ❯♥rsst r ❩♥ ♠♣s r♥rt s t♥③tär r♥t♥ ③ ♠♠ts sttt ♥s ♥③♥ ③ töt♥ tt♥ s ♥♥ ♦rtsrtt r③t

♥♥ r♥t♥ ③ töt♥ ♥♠ s ♥ ♥③ r ür ♣♣♥ tr♥ tt♥ ③ s t♥ t♥ ♥ ❲ ♥ ♥ s ♥ rs ♥ ♠sst♥ ♥♥ ♥r ♥ ♦♥ ❲rt ♥ r③ st

s ♦rtsrtts ♦♦t ♠r ♣②ss röss G ässt s s Pr♦t s ♥r ss③ G ♥ ♥r ③ör♥♥ ss♥t

[G] sr♥ G = G [G] r ♥♥t N = 6, 022140857 · 23 ♠♦−1 ❬ ❯ tt♣♣②ss♥st♦♦♥st♥ts♥①t♠ ♥♠♥t P②s ♦♥st♥ts t③tr ♠♣♦♥r ❲rt ♦♥ r♥ ❪

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Addition von zwei Summen:

m∑

i=l

ai +

n∑

j=m+1

aj = (al + al+1 + . . .+ am) + (am+1 + am+2 + . . .+ an)

= al + al+1 + . . .+ an =

n∑

k=l

ak

Eine allgemein übliche Vereinbarung ist:

n∑

k=l

ak =

al + al+1 + . . .+ an n > l

0 n < l („leere“ Summe)

Mehrfache Addition gleicher Summanden führt zur Multiplikation:

3∑

i=1

2 = 2+ 2+ 2 = 3 · 2

n∑

i=1

k = k+ k+ . . .+ k︸ ︷︷ ︸

n ♠♠♥♥

= n · k

t♣t♦♥

Abgeschlossenheit: k, l ∈ N⇒ k · l ∈ N, speziell: 1 · k = k.Das Produkt von zwei natürlichen Zahlen ist wiederum eine natürliche Zahl.Kommutativgesetz: k · l = l · k (Vertauschbarkeit von Faktoren).Assoziativgesetz: (k · l) ·m = k · (l ·m) (Verbindung mehrerer Faktoren).

Mehrfache Multiplikationen lassen sich mit dem Produktzeichen kürzer schreiben:

n = 1 · 2 · 3 · . . . · n =

n∏

i=1

i =

n∏

j=1

j =

n−1∏

k=0

(k+ 1) =

n∏

l=1

(n+ 1− l)

a1 · a2 · . . . · an =

n∏

k=1

ak =

n−1∏

l=0

al+1 =

n+1∏

j=2

aj−1 =

n−1∏

i=0

an−i

am · am+1 · . . . · an =

n∏

k=m

ak

Anmerkung: Das Symbol n („n Fakultät“) bezeichnet für n > 0 das Produkt aller natürlichen Zahlenvon 1 bis n. Es gilt auch n = n · (n− 1), so dass 0 = 1 sinnvoll ist.

Multiplikation von zwei Produkten:

m∏

i=l

ai ·n∏

j=m+1

aj = (al · al+1 · . . . · am) · (am+1 · am+2 · . . . · an)

= al · al+1 · . . . · an =

n∏

k=l

ak

Eine allgemein übliche Vereinbarung ist:

n∏

k=m

ak =

am · am+1 · . . . · an n > m

1 n < m („leeres“ Produkt)

© ♥r ♦♠r

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Treten Addition und Multiplikation gemeinsam auf, so ist die Verteilung der miteinander zu ver-knüpfenden Zahlen durch das Distributivgesetz festgelegt („Ausmultiplizieren“, „Ausklam-mern“):

k · (l+m) = k · l+ k ·mZusammen mit dem Summensymbol gilt entsprechend:

k

n∑

i=1

ai =

n∑

i=1

k · ai

Es gilt speziell (n > l):

n∑

i=l

k = k

n∑

i=l

1 = k [ n− (l− 1) ] = k(n− l+ 1)

Mehrfache Multiplikation gleicher Faktoren führt auf Potenzen:

3∏

i=1

2 = 2 · 2 · 2 = 23

n∏

i=1

k = k · k · . . . · k︸ ︷︷ ︸n t♦r♥

= kn

Ein Ausdruck der Form kn („k hoch n“) heisst Potenz zur Basis (Grundzahl) k mit Exponent(Hochzahl) n. Es gilt speziell k0 = 1 (k 6= 0), sowie 0n = 0 (n 6= 0). Der Ausdruck „00“ istunbestimmt (ist also im allgemeinen nicht definiert).

Rechengesetze für Potenzen:1. Multiplikation und Division von verschiedenen Potenzen zur gleichen Basis (Zurückfüh-

rung einer Multiplikation [ Division ] auf eine Addition [ Subtraktion ]):

nk · nl = nk+l 102 · 103 = 102+3 = 105

nk/nl = nk−l 103/102 = 103−2 = 10

Speziell: 1 = nk/nk = nk−k = n0.2. Multiplikation und Division von gleichen Potenzen zu verschiedener Basis:

kn · ln = (k · l)n 32 · 52 = (3 · 5)2 = 152 = 225

kn/ln = (k/l)n 102/52 = (10/5)2 = 22 = 4

3. Wiederholtes Potenzieren (Zurückführung des Potenzierens auf eine Multiplikation):

(nk)l = n(k·l) = (nl)k (102)3 = 10(2·3) = (103)2

Für das Potenzieren gilt aber kein Kommutativgesetz (kn 6= nk, 23 6= 32), und auch keinAssoziativgesetz (k(l

m) 6= (kl)m = kl·m, 108 = 10(23) 6= (102)3 = 106).

Primfaktorzerlegung: Jede natürliche Zahl n > 1 lässt sich eindeutig als Produkt von Prim-zahlen schreiben („Fundamentalsatz der Arithmetik “; „eindeutig“ heisst: eindeutig bis auf dieReihenfolge der Faktoren, aber die ist belanglos, weil die Multiplikation in N kommutativ ist).

Beispiel: 504 = 14 · 36 = 7 · 8 · 9 = 23 · 32 · 7 = 23 · 32 · 50 · 71 •Anmerkungen:(1) Es gibt unendlich viele Primzahlen (Euklid von Alexandria, 3./4. Jhdt. v. Chr.).(2) Von den n − 1 aufeinanderfolgenden natürlichen Zahlen n + 2, n + 3, . . ., n + n ist keine einzigeeine Primzahl (es gibt in den natürlichen Zahlen also beliebig grosse „Primzahllücken“, d. h. Bereiche indenen sich keine Primzahl findet).

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(3) Die Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung in N ist nicht selbstverständlich. In erweiterten Zahlen-mengen gilt z. B. 6 = 2 · 3 = (3+

√3)(3−

√3) = (1+

√−5)(1−

√−5).

(4) Eine Zerlegung einer natürlichen Zahl n in (positive) Summanden heisst Partition, und ist im all-gemeinen nicht eindeutig. Eine einfache Formel zur direkten Berechnung der Anzahl p(n) möglicherPartitionen von n ist nicht bekannt. Wegen 3 = 2 + 1 = 1 + 1 + 1 ist p(3) = 3, und daher gibt es genau3 Klassen 3-atomiger Moleküle (A3, AB2, ABC). Wegen p(6) = 11 folgt, dass es genau 11 Klassenverschieden substituierter Benzene (C6H6) oder oktaedrischer Komplexe ([ML6]

q±) gibt.

♥③ ❩♥

„Die ganzen Zahlen hat der liebe Gott gemacht, alles andere ist Menschenwerk.“ (aus ei-nem Vortrag von Leopold Kronecker, 1823–1891, gehalten bei der Berliner Naturforscher-Versammlung 1886, zitiert nach H. Weber, Jahresbericht der Deutschen Mathematiker-

Vereinigung 2 (1891/1892) 19)

Z = . . . ,−3,−2,−1, 0, 1, 2, 3, . . .

Die Menge der ganzen Zahlen, Z, ist ebenfalls abzählbar unendlich (wie N), obwohl N ⊂ Z

gilt. Die ganzen Zahlen sind, wie die natürlichen Zahlen, geordnet.

Grundrechenoperationen in der Menge Z:Addition und Multiplikation, sowie Subtraktion und Division (nicht durch Null), letztere jedochimmer noch nur mit Einschränkungen. Das Potenzieren, noch in N ohne Einschränkungen aus-führbar (einzige Ausnahme dort war „00“), ist in Z nur mit wesentlichen Einschränkungen mög-lich (2−1 = ?).

(Z,+) ist eine abelsche Gruppe, (Z,+, ·) ist ein kommutativer Ring mit Eins.

Anmerkung: Aufheben der Einschränkung n − k > 0 bei der Subtraktion führt von N zu Z. Wegenn − k = n + (−k) ist die Subtraktion von k aber nichts weiter als die Addition einer entsprechendennegativen Zahl, nämlich von −k. Damit ist die Subtraktion als unabhängige Rechenoperation überflüssiggeworden.

Warum ist „minus mal minus gleich plus“? Diese Rechenregel, die hier bei den ganzen Zahlen zumersten Mal anwendbar wird, folgt aus den allgemeinen Rechenregeln (1) (−n) · (k − k) = (−n) · 0 = 0und (2) (−n) · (k − k) = (−n) · k + (−n) · (−k) (Distributivgesetz). Verknüpfung beider Regeln ergibtzunächst (−n) · k+ (−n) · (−k) = 0, woraus (−n) · (−k) = +n · k für alle n, k folgt. Damit gilt speziell:−(−k) = (−1) · (−k) = k.

Quantisierung: Nach bestem heutigen Wissen treten eine ganze Reihe physikalischer Grössen sowiesämtliche aus gewöhnlicher Materie aufgebauten Stoffe nur als ganzzahlige Vielfache einer entspre-chenden kleinsten Menge auf. Einige Beispiele sind (1) die Ladung Q als ganzzahliges Vielfaches derElementarladung e (SI-Einheit [e] = C) bei Elektronen (Qe = − e), Atomkernen (QKern = Ze mit Kernla-dungszahl Z ∈ N) oder Ionen (QIon = k e, k ∈ Z); (2) die Menge eines Stoffes X, nX, als ganzzahligesVielfaches des Stoffmengenquants τ = 1/NA (SI-Einheit [τ] = mol, nX = NX τ,NX ∈ N); (3) das Quadratdes Bahndrehimpulses L2 als ganzzahliges Vielfaches des Quadrats der reduzierten Planck-Konstante h (L2 = ℓ(ℓ+ 1) h2 mit Bahndrehimpulsquantenzahl ℓ ∈ N und h = h/(2π) ≈ 10−34 J s).

t♦♥ ❩♥

Q = p/q | p ∈ Z ∧ q ∈ Z \ 0

Die Menge der rationalen Zahlen, Q, ist ebenfalls abzählbar unendlich (wie N), obwohl N ⊂Z ⊂ Q gilt. Auch die rationalen Zahlen sind geordnet.

Eine rationale Zahl x lässt sich verstehen als Bruch, x =p

qmit Zähler p und Nenner q, oder

als geordnetes Paar ganzer Zahlen, x = (p, q). Mit q = 1 wird Z als Teilmenge von Q erhalten.Weitere wichtige Teilmengen sind:

r r ss r r r♥t ♥ r ♥ ♠♥t ♦r ♠t♠tss t ässt sstts ♥t ♥r ss ③♦r♥♥ s st ♥♠s ♥ ♠r s ♥r ss ♥tt♥ ♥ 3t♦♠♥ ♦ü♥ört ③♦♥ 3 ♥ ss 3 ❲ssr 2 ♥ ss 2 ♥ sär ♥ ss

© ♥r ♦♠r

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– die (positiven) Stammbrüche: x ∈ Q | x = 1/n∧ n > 0∧ n ∈ N;– die (positiven) echten Brüche: x ∈ Q | 0 < x < 1.

Grundrechenoperationen in der Menge Q:Alle Grundrechenoperationen — Addition, Multiplikation, Subtraktion und Division (nicht durchNull) — sind ohne Einschränkungen ausführbar.

(Q,+, ·) ist ein Körper.

Anmerkung: Das Aufheben der „Teilbarkeitsbedingung“ bei der Division (k/l = n ⇔ k = n · l, mitk, l, n ∈ Z) führt von Z zu Q. Wegen k/l = k · (1/l) ist die Division durch l nunmehr aber nichts weiterals die Multiplikation mit dem entsprechenden Kehrwert, 1/l. Damit ist die Division als unabhängigeRechenoperation nun ebenfalls überflüssig geworden.

Grundrechenregeln für rationale Zahlen („Bruchrechnen“), formuliert mit Brüchen, x = p/q,und geordneten Paaren ganzer Zahlen, x = (p, q):

1. Gleichheit rationaler Zahlen:

p

q=r

s⇔ p · s = q · r (p, q) = (r, s) ⇔ p · s = q · r

Beispiel: 6/21 = 10/35. •2. Äquivalenz (Gleichwertigkeit) rationaler Zahlen (Operationen: „Kürzen“ oder „Erweitern“).

Für alle c ∈ Z \ 0 gilt:

p

q=c · pc · q (p, q) = (c · p, c · q)

Beispiel: 2/7 = 6/21 = 10/35. •3. Addition rationaler Zahlen (Operationen: „auf den Hauptnenner bringen“ oder „in Par-

tialbrüche zerlegen“):

p

q± rs=p · sq · s ±

q · rq · s =

p · s± q · rq · s (p, q)± (r, s) = (p · s± q · r, q · s)

Beispiele: 2/7 + 3/5 = 31/35, 2/7 − 3/5 = −11/35; 7/12 = 1/3 + 1/4 = (7 − 3k)/3 + (4k − 7)/4

(k ∈ Z, Partialbruchzerlegung gelingt nicht eindeutig). •4. Multiplikation und Division rationaler Zahlen:

p

q· rs=p · rq · s (p, q) · (r, s) = (p · r, q · s)

p

q:r

s=p

q·(rs

)−1

=p · sq · r (p, q) : (r, s) = (p, q) · (r, s)−1 = (p · s, q · r)

Beispiel: (2/7) · (3/5) = 6/35, (2/7) : (3/5) = 10/21. •

Die Einschränkungen beim Potenzieren, die in Z noch galten, sind nun zwar aufgehoben(n−l = 1/nl, 2−1 = 1/2, 10−2 = 1/100), es treten jedoch neue Einschränkungen auf (21/2 = ?,(−1)1/2 = ?). Diese lassen sich durch schrittweise Erweiterung, zunächst zu den reellen Zah-len, R, und dann weiter zu den komplexen Zahlen, C, aufheben.

Die Menge der rationalen Zahlen ist dicht, d. h., zwischen zwei beliebigen(!) rationalen Zahlenx1 und x2 (x1 < x2) liegen stets unendlich viele weitere. Es gilt z. B. x1 < x1+(x2−x1)/n < x2(n ∈ N, n > 1). Dennoch ist die Menge Q nicht vollständig, d. h., es gibt Zahlen x 6∈ Q.Eine davon ist das Verhältnis der Länge der Diagonalen d zur Länge der Seite a im Quadrat:x = d/a = 21/2 =

√2 6∈ Q. Solche nicht-rationalen Zahlen, die sich nicht als Bruch schrei-

ben lassen, bilden die Menge der irrationalen Zahlen. Die Vereinigungsmenge der rationalenZahlen und der irrationalen Zahlen ist die Menge der reellen Zahlen R (s. nächster Abschnitt).

© ♥r ♦♠r

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❩♥

„Generell deuten die Zahlenbezeichnungen „irrational“ (unvernünftig), „imaginär“ (eingebil-det) und „transzendent“ (übernatürlich) darauf hin, dass von den Mathematikern im Lau-fe der Jahrhunderte erhebliche erkenntnistheoretische Schwierigkeiten zu überwinden wa-ren.“ (E. Zeidler (Hrsg.): Springer-Taschenbuch der Mathematik , 3. Aufl., Springer SpektrumVieweg+Teubner, Wiesbaden, 2013, S. 216)

R = x | −∞ < x <∞ (. . . bestenfalls als vorläufige Beschreibung . . .)

R bildet, mit Addition und Multiplikation als Verknüpfungen, den sogenannten vollständigengeordneten Zahlenkörper (R,+, ·). Jede(!) Zahl x ∈ R kann umkehrbar eindeutig einem Punktder Zahlengeraden (dem eindimensionalen Kontinuum) zugeordnet werden. Dies ist alsoeine bijektive Abbildung.

Die Menge der reellen Zahlen, R, ist überabzählbar unendlich (d. h. zwischen den natürlichenZahlen und den reellen Zahlen gibt es keine eineindeutige Zuordnung mehr). Es gilt N ⊂ Z ⊂Q ⊂ R.

Teilmengen der reellen Zahlen lassen sich durch Intervalle bezeichnen:

x ∈ (a, b) ⇔ a < x < b offenes Intervall

x ∈ (a, b] ⇔ a < x 6 b linksseitig offenes Intervall

x ∈ [a, b) ⇔ a 6 x < b rechtsseitig offenes Intervall

x ∈ [a, b] ⇔ a 6 x 6 b geschlossenes Intervall

Eine strenge Definition der reellen Zahlen, die wir hier nicht ausführen, gelingt nur mit Hilfevon Intervallschachtelungen auf der Grundlage des Postulates: „Zu jeder (unendlichen) In-

tervallschachtelung gibt es genau einen Punkt x auf der Zahlengeraden, der in allen Intervallen

enthalten ist.“a0 < a1 < . . . < an < . . . < x < . . . < bn < . . . < b1 < b0

Jede(!) reelle Zahl x lässt sich beliebig genau durch rationale Zahlen (z. B. Dezimalbrüche)annähern:

i ai < x < bi ai < x < bi

0 0 < 1/3 < 1 1 <√2 < 2

1 0.3 < 1/3 < 0.4 1.4 <√2 < 1.5

2 0.33 < 1/3 < 0.34 1.41 <√2 < 1.42

3 0.333 < 1/3 < 0.334 1.414 <√2 < 1.415

4 0.3333 < 1/3 < 0.3334 1.4142 <√2 < 1.4143

......

...

wobei gilt:♠i→∞

ai = x , ♠i→∞

bi = x .

Hier ist die Kenntnis des Begriffes „Grenzwert einer monotonen beschränkten Folge“ (s. später)erforderlich. Der Grenzwert einer unendlichen Folge rationaler Zahlen kann auch eine irratio-nale Zahl sein (s. rechtes Beispiel oben), und somit ausserhalb der Menge Q liegen!

Grundrechenoperationen in der Menge R:Alle Grundrechenoperationen — Addition, Multiplikation, Subtraktion und Division (nicht durchNull) — sind ohne Einschränkungen ausführbar.

Das Potenzieren gelingt nun auch für rationale Exponenten. Allerdings lassen sich die so defi-nierten Wurzeln im allgemeinen nur für nichtnegative reelle Zahlen a berechnen:

xn = a > 0 ⇔ x = a1/n = n√a („n-te Wurzel von a“)

♦r♥t ♦♥s ❲s st t♠t ♣r♥r r♥ ♣ ➓

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Spezialfälle: 1√a = a, 2

√a =√a. Die Rechengesetze für Potenzen (s. o.) gelten jetzt auch für

rationale Exponenten, die „Wurzelgesetze“ sind nichts weiter als Potenzgesetze für rationaleExponenten. Auch die Bildung von Potenzen mit beliebigen reellen Exponenten, ar (a, r ∈ R,a > 0, r > 0), z. B. a

√2, ist jetzt möglich. Für negative reelle Zahlen, a < 0, sind Potenzen

mit rationalen Exponenten jedoch nur in Ausnahmefällen definiert, so ist z. B.√−8 6∈ R, aber

3√−8 = − 2.

rst♥ rr ❩♥

Eine reelle Zahl kann auf verschiedene Weise dargestellt werden. Zwischen der Zahl und ihrerDarstellung ist dabei streng zu unterscheiden. Zur Zahlendarstellung werden (fast ausschliess-lich) Positions- oder Stellenwertsysteme verwendet. Nach der Wahl einer Basiszahl b (b ∈N, b > 2) stehen dann die Ziffern ak ∈ 0, 1, . . . , b− 1 zur Verfügung. Häufiger anzutreffendeStellenwertsysteme sind (mit den jeweils dazu verwendeten Ziffern):

b = 2 : Dualsystem ak ∈ 0, 1

b = 8 : Oktalsystem ak ∈ 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7

b = 10 : Dezimalsystem ak ∈ 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9

b = 16 : Hexadezimalsystem ak ∈ 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9,,,,,,

Die Darstellung einer reellen Zahl x in einem Stellenwertsystem zur Basiszahl b hat allgemeindie Form einer „unendlichen Summe“:

x = ± a0.a1a2a3a4 . . . (b) · bn = ± bn(a0 +

a1

b+a2

b2+a3

b3+ . . .

)= ± bn

∞∑

k=0

ak b−k ,

mit den Ziffern ak ∈ 0, 1, . . . , b− 1 und dem Exponenten n ∈ Z (letzterer legt die Grössenord-nung der Zahl fest).

Rationale Zahlen (x ∈ Q) weisen periodische Zahlendarstellungen auf, d. h. in der Folge derZiffern ak tritt früher oder später ein sich wiederholendes Muster auf (evtl. auch Null, falls dieStellenwertdarstellung „abbricht“). Die „unendliche Summe“ (s. oben) lässt sich in diesen Fällentatsächlich ausführen, und damit eliminieren. Einige Beispiele, die sich leicht in die obige Formbringen lassen, sind:

10(2) = 2(10) = 2(16) , 1010(2) = 10(10) = (16)

10000(2) = 16(10) = 10(16) , 100111000100000(2) = 20000(10) = 420(16)

1

2= 0.1(2) = 0.5(10) = 0.8(16) ,

1

3= 0.01(2) = 0.3(10) = 0.5(16)

1

5= 0.0011(2) = 0.2(10) = 0.3(16) ,

1

24= 0.00001(2) = 0.0416(10) = 0.0(16)

Irrationale Zahlen (x 6∈ Q) haben dagegen nicht-periodische Zahlendarstellungen, d. h. esgibt kein sich wiederholendes Muster in der Folge der Ziffern ak. Vier bekannte Beispiele:

♥ (2) = 0.1011000101110...(2) = 0.6931471805599...(10) = 0.17217717...(16)

√2 = 1.0110101000001...(2) = 1.4142135623730...(10) = 1.6096673...(16)

= 10.1011011111100...(2) = 2.7182818284590...(10) = 2.71516282...(16)

♠ ❱r r st r ♥st r♥ ♥r r♠ P♦st♦♥ss②st♠ s ❩srt♥ ♥tt ♥②♦♥ ♠ r ss③ b = 60 ♥ ♥ r③ ♦r ♥♥ ♥srr ❩tr♥♥ ss③ b = 10 ♥ ② ♠ ♥ r ss③ b = 20 ♥ sss ♥ ♥♥ ♠ ♥ r ss③ b = 10 ❱r♥♠t ♠ ♥s♥ ②st♠ r♥ r ❱♦rärs②st♠ ♥♦♦♠♠♥ r ❯♥rsst r ❩♥ ♠♣s r♥rt

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π = 11.0010010000111...(2) = 3.1415926535897...(10) = 3.2436888530...(16)

Algebraische irrationale Zahlen lassen sich noch durch Anwendung einer endlichen Zahlvon Grundrechenoperationen und Wurzeln „exakt“ berechnen. Solche Zahlen sind Lösungenalgebraischer Gleichungen Pn(x) = 0 (Nullstellen von Polynomen in x vom Grad n, Pn(x), mitganzzahligen Koeffizienten), wie x =

√2, welches eine Lösung der Gleichung x2 − 2 = 0 ist.

Transzendente irrationale Zahlen, wie oder π, erfordern dagegen unendlich viele dieserRechenoperationen (ihre exakte Berechnung übersteigt [ transzendiert ] unsere Fähigkeiten).Fast alle Zahlen sind transzendent.

In der Regel ist die Kenntnis einiger führender Ziffern einer Zahlendarstellung völlig ausrei-chend. Zur Beschränkung der Ziffernzahl in der Stellenwertdarstellung (s. o.) auf N Stellennach dem Komma (oder Punkt), also ♠① (k) = N, dienen die folgenden einfachen Rundungs-regeln (hier für das Dezimalsystem):– Wenn aN+1 ∈ 0, 1, 2, 3, 4 ist, dann bleibt aN unverändert („Abrunden“).– Wenn aN+1 ∈ 5, 6, 7, 8, 9 ist, so wird aN durch aN + 1 ersetzt („Aufrunden“).

Beispiele: Für den Fall N = 4 ergibt sich so

↓π = 3.14159265 . . . ≈ 3.1416 (aufgerundet)

= 2.71828182 . . . ≈ 2.7183 (aufgerundet)√2 = 1.41421356 . . . ≈ 1.4142 (abgerundet)

♥ (2) = 0.69314718 . . . ≈ 0.6931 (abgerundet) •

s♦ttr ♥ ❯♥♥♥

Der Absolutbetrag einer reellen Zahl x, |x| („Betrag von x“), ist der Abstand des Punktes, derdiese Zahl auf der Zahlengeraden repräsentiert, vom Nullpunkt (Ursprung, PunktO). Allgemeingilt:

|x| =

x für x > 0

−x für x < 0

Es gelten die folgenden allgemeinen Rechenregeln (x, y ∈ R):

|x| > 0 (Gleichheit nur für x = 0)

|x| =√x2 6= (

√x)2

|xy| = |x| · |y|

Aus der letzten Regel, welche die Multiplikation mit dem Bilden des Betrages verbindet, folgtspeziell:

|−x| = |(−1) · x| = |x|

|x/y| = |x| / |y| (y 6= 0)

Dagegen führt der Versuch, die Addition mit dem Bilden des Betrages zu verbinden, nicht aufeine Gleichung, sondern auf eine Ungleichung, die sogenannte Dreiecksungleichung:

|x+ y| 6 |x|+ |y|

Beweis: Untersuchung der verschiedenen möglichen Fälle, die sich dann zum gesuchten Endergebniszusammenfassen lassen:

x 6 |x|

y 6 |y|

⇒ x+ y 6 |x|+ |y|

−x 6 |x|

−y 6 |y|

⇒ −(x+ y) 6 |x|+ |y|

⇒ |x+ y| 6 |x|+ |y|

q. e. d.

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Aus der Dreiecksungleichung lassen sich noch einige weitere Beziehungen ableiten, die sichwie folgt zusammenfassen lassen:

|x|− |y| 6 |x± y| 6 |x|+ |y|

0 6 ||x|− |y|| 6 |x± y| 6 |x|+ |y|

Verallgemeinerte Dreiecksungleichung (mehr als zwei Summanden):

|x1 + x2 + . . .+ xn| =

∣∣∣∣∣

n∑

i=1

xi

∣∣∣∣∣ 6n∑

i=1

|xi| = |x1|+ |x2|+ . . .+ |xn|

Rechenregeln für Ungleichungen: Es gelten allgemein die folgenden Regeln (x, y, z ∈ R):

x < y ⇒

x+ z < y+ z

x · z < y · z (für z > 0)x · z > y · z (für z < 0)

Daraus folgen einige spezielle Aussagen:

x < y ⇒

− x > − y (mit z = −1)1/x > 1/y (mit z = 1/(xy) > 0)1/x < 1/y (mit z = 1/(xy) < 0)

Eine Ungleichung der hier behandelten Form x < y wird durch Lesen in umgekehrter Richtungzu y > x.

Beispiele:(1) Aus der wahren Aussage 2 < 3 folgen die ebenfalls wahren Aussagen (i) − 1 < 0 (durch Additionvon −3), (ii) − 2 > − 3 (durch Multiplikation mit −1), (iii) 1/3 < 1/2 (durch Multiplikation mit 1/6), und(iv) − 1/3 > − 1/2 (durch Multiplikation mit −1/6).(2) Aus der wahren Aussage −1 < 2 folgen die ebenfalls wahren Aussagen (i) −4 < −1 (durch Additionvon −3), (ii) 1 > − 2 (durch Multiplikation mit −1), (iii) − 1/2 < 1 (durch Multiplikation mit 1/2), und (iv)1/2 > − 1 (durch Multiplikation mit −1/2). •

♦♠♣① ❩♥

“There are certainly many people who regard√2 as something perfectly obvious, but jib at√

(−1). This is because they think they can visualize the former as something in physicalspace, but not the latter. Actually,

√(−1) is a much simpler concept.” (E. C. Titchmarsh:

Mathematics for the General Reader , Dover, New York, 1981, p. 122)

C =z = x+ y | x, y ∈ R ∧ 2 = − 1

Die Menge der komplexen Zahlen, C, ist überabzählbar unendlich. Es gilt N ⊂ Z ⊂ Q ⊂ R ⊂C. Da sie von zwei reellen Zahlen (Real- und Imaginärteil) abhängen, können die komplexenZahlen nicht mehr eindimensional veranschaulicht werden, und sind deshalb auch nicht mehrgeordnet.

Der Ausdruck z = x + y = x + y heisst kartesische Form (oder auch arithmetische Form)der komplexen Zahl z. Dabei ist x = (z) ∈ R der Realteil von z, und y = ♠(z) ∈ R derImaginärteil von z. Die Zahl 6∈ R (mit 2 = − 1) heisst imaginäre Einheit.

Wichtige Teilmengen von C sind die reellen Zahlen R (y = 0: z = x) und die imaginärenZahlen (x = 0: z = y). Die komplexe Zahl z = x + y kann also als Summe einer reellen undeiner imaginären Zahl verstanden werden, oder auch als geordnetes Paar reeller Zahlen,z = (x, y) ∈ R2, also als Paar kartesischer Koordinaten, dem der Punkt P(x|y) in einer Ebeneeineindeutig zugeordnet werden kann (s. Abb. 3). Diese Ebene heisst komplexe Zahlenebe-ne (1797, Caspar Wessel, 1745–1818), Argand-Ebene (1806, nach Jean-Robert Argand [frz.ar"ga], 1768–1822) oder GAUSSsche Zahlenebene (1811, nach Carl Friedrich Gauss, 1777–1855).

Die folgende Liste gibt eine Übersicht der verschiedenen Formen, in denen eine komplexe Zahl

© ♥r ♦♠r

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−x x

−y

y

O (z)

♠(z)

..............................

...............

......................................

.......

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................................................................................................................................................................................................................

................................................................................................................................................................................................................

P1(x|y)P2(−x|y)

P3(−x|−y) P4(x|−y)

z = x+ y = r [ ♦s (ϕ) + s♥ (ϕ) ] = r ϕ

z∗ = x− y = r [ ♦s (ϕ) − s♥ (ϕ) ] = r −ϕ− z

( − z)∗ = − (z∗) •

••

................................................................................................................................................................................................................

...........................................................................................................................................................................................................................

...............

...........................................................................................................................................................................................................................

...............

r

ϕ...............................................

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−ϕ...............................................

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♥ rst♥ ♦♠♣①r ❩♥ ♥ r ❯s♥ ❩♥♥

geschrieben werden kann (s. a. Abb. 3):

1. die kartesische Form: z = x+ y2. als geordnetes Paar reeller Zahlen: z = (x, y) ∈ R2

3. die trigonometrische Form: z = r ♦s (ϕ) + r s♥ (ϕ) = r [ ♦s (ϕ) + s♥ (ϕ) ]4. die Exponentialform: z = r ϕ

Die trigonometrische Form entsteht bei Verwendung ebener Polarkoordinaten (Radius r, Win-kel ϕ) an Stelle der kartesischen Koordinaten x und y. Der Winkel ϕ wird, in mathematischpositivem Drehsinn (gegen den Uhrzeigersinn), zwischen der positiven reellen Achse und demOrtsvektor (Zeiger)

−→OP gemessen. Der Abstand r des Punktes P(x|y) vom Ursprung O heisst

auch Betrag (oder Modul) von z: |z| = r > 0, und der Winkel ϕ wird auch als Argument (oderPhase oder Phasenwinkel) von z bezeichnet: r(z) = ϕ.

Zur Umrechnung zwischen kartesischen Koordinaten (x, y) und ebenen Polarkoordinaten (Ra-dius r, Winkel ϕ) dienen die aus der Trigonometrie am rechtwinkligen Dreieck und aus derKreisberechnung bekannten Beziehungen:

x = r ♦s (ϕ) , y = r s♥ (ϕ)

r = +√x2 + y2 > 0 , t♥ (ϕ) =

y

x(x 6= 0) ⇔ ♦t (ϕ) =

x

y(y 6= 0)

Bei der Bestimmung des Winkels ϕ aus den kartesischen Koordinaten sind deren Vorzeichenzu beachten. Für die Wahl 0 6 ϕ < 2π (alternativ wäre −π 6 ϕ < π möglich) gilt:

x > 0, y = 0 (positive reelle Achse): ϕ = 0

x > 0, y > 0 (I. Quadrant): 0 < ϕ < π/2

x = 0, y > 0 (positive imaginäre Achse): ϕ = π/2

x < 0, y > 0 (II. Quadrant): π/2 < ϕ < π

x < 0, y = 0 (negative reelle Achse): ϕ = π

x < 0, y < 0 (III. Quadrant): π < ϕ < 3π/2

x = 0, y < 0 (negative imaginäre Achse): ϕ = 3π/2

x > 0, y < 0 (IV. Quadrant): 3π/2 < ϕ < 2π

Der Winkel ϕ ist aber — wegen der Periodizität der Winkelfunktionen — gar nicht eindeutigbestimmt! Eine komplexe Zahl z = x+ y bleibt jedoch unverändert, wenn beliebige ganzzahligeVielfache von 2π zum Winkel ϕ addiert werden. Für den Ortsvektor

−→OP zum Punkt P(x|y)

❲♥ r♥ ♥ ♦♥♠ss ♠ss♥ ss st ♠♥s♦♥s♦s s ♥t r ♥t r♥t 1 r =

1♠♠ ♥ st ♥rt s s ❱rät♥s b/r r ä♥ b s ♦♥s ♥ ♥ s ❲♥s s ♠rs♠♥ U = 2πr tr♥♥♥ ③♠ rsrs r st ϕ = b/r r ❲♥ ♥ ♦♥♠ss ♥ ϕ rs ❲♥♥ r s♦ ♥t ③♥ b/U = ϕ/(2π) = ϕ/360

③r ❯♠r♥♥ r ❱♦♥ st U/r = 2π s♥ts♣rt 360

© ♥r ♦♠r

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bedeutet dies eine beliebige Zahl ganzer Umdrehungen (im oder gegen den Uhrzeigersinn) inder komplexen Zahlenebene.

z = x+ y = r ♦s (ϕ) + r s♥ (ϕ)

= r [ ♦s (ϕ+ k · 2π) + s♥ (ϕ+ k · 2π) ] (k ∈ Z)

Schliesslich ist oben der Vollständigkeit halber auch die Exponentialform z = r ϕ genannt,die ebenfalls von den ebenen Polarkoordinaten abhängt. Da eine Begründung dazu erst spätererfolgen kann, sei hier nur angemerkt, dass diese Form aus der Euler-Beziehung (1748,Leonhard Euler, 1707–1783)

ϕ = ♦s (ϕ) + s♥ (ϕ)

folgt, die eine Konsequenz des „Satzes von Moivre“ (1707, nach Abraham de Moivre [frz.mwa:vr], 1667–1754)

[ ♦s (ϕ) + s♥ (ϕ) ]n = ♦s (nϕ) + s♥ (nϕ) (n ∈ Z)

ist (vergleiche hierzu auch die bekannte Rechenregel beim Potenzieren: (ax)n = anx). DerSatz von Moivre selbst folgt aus der Grundrechenregel für die Multiplikation komplexer Zahlen(s. u.). Zusammengefasst gilt damit also stets:

z = x+ y = r [ ♦s (ϕ+ 2kπ) + s♥ (ϕ+ 2kπ) ] = r (ϕ+2kπ) (k ∈ Z)

Hinsichtlich der Ausführung von Grundrechenoperationen (siehe unten) hat jede dieser FormenVor- und Nachteile.

Zu jeder komplexen Zahl z = x + y gibt es drei weitere komplexe Zahlen mit betragsgleichenReal- und Imaginärteilen (s. Abb. 3): Die konjugiert-komplexe Zahl z∗ = x − y (alternativeNotation: z) und die beiden Zahlen − z und − z∗. Die Zahl z∗ entsteht aus z dadurch, dassjedes in z durch ein − ersetzt wird. Allgemein gilt für jede komplexe Zahl z = x+ y:

z∗ = x− y = x+ (−y)

= r [ ♦s (ϕ) − s♥ (ϕ) ] = r [ ♦s (−ϕ) + s♥ (−ϕ) ]

(z∗)∗ = (x− y)∗ = x+ y = z

|z∗| = |−z∗| = |−z| = |z| = r

Grundrechenregeln für komplexe Zahlen, formuliert mit komplexen Zahlen in kartesischeroder trigonometrischer Form, z = x + y = r [ ♦s (ϕ) + s♥ (ϕ) ], und als geordneten Paarenreeller Zahlen, z = (x, y):

1. Gleichheit komplexer Zahlen:

z1 = z2 ⇔ ( (z1) = (z2) ∧ ♠(z1) = ♠(z2) )

z1 = z2 ⇔ ( r1 = r2 ∧ ϕ2 −ϕ1 = 2kπ , k ∈ Z )

(x1, y1) = (x2, y2) ⇔ ( x1 = x2 ∧ y1 = y2 )

Speziell: z = 0⇔ ( x = 0 ∧ y = 0 ); (z = z∗ ⇔ y = 0)⇒ z ∈ R.2. Addition komplexer Zahlen (s. Abb. 4): Für alle z1, z2 ∈ C gilt

z1 ± z2 = (x1 + y1)± (x2 + y2) = (x1 ± x2) + (y1 ± y2)z1 ± z2 = (x1, y1)± (x2, y2) = (x1 ± x2, y1 ± y2)

Speziell: z+ z∗ = 2(z) = 2x, z− z∗ = 2 ♠(z) = 2y.Zwei komplexe Zahlen werden addiert (subtrahiert), indem jeweils ihre Realteile und ih-re Imaginärteile addiert (subtrahiert) werden, ähnlich wie bei der Vektoraddition in zweiDimensionen. Die trigonometrische Form bietet bei Addition oder Subtraktion keinerleiVorteile.

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© ♥r ♦♠r

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t♠t ♥sttt ür ♠ ♥ ♦♠ ❯ r♥

3. Multiplikation komplexer Zahlen (s. Abb. 4): Für alle z1, z2 ∈ C gilt

z1 · z2 = (x1 + y1)(x2 + y2) = x1x2 + x1y2 + y1x2 + 2 y1y2= (x1x2 − y1y2) + (x1y2 + y1x2)

z1 · z2 = r1 [ ♦s (ϕ1) + s♥ (ϕ1) ] r2 [ ♦s (ϕ2) + s♥ (ϕ2) ]

= r1r2 [ (♦sϕ1 ♦sϕ2 − s♥ϕ1 s♥ϕ2) + (♦sϕ1 s♥ϕ2 + s♥ϕ1 ♦sϕ2) ]

= r1r2 [ ♦s (ϕ1 +ϕ2) + s♥ (ϕ1 +ϕ2) ]

z1 · z2 = (x1, y1) · (x2, y2) = (x1x2 − y1y2, x1y2 + y1x2)

Speziell: z · z∗ = x2 + y2 = r2 = |z|2 ist stets reell!⇒ |z| =√z · z∗ 6=

√z2. Insbesondere

ergibt diese Multiplikationsregel: 2 = · = (0+ )(0+ ) = (0− 1) + (0+ 0) = − 1.4. Division komplexer Zahlen: Für alle z1, z2 ∈ C (z2 6= 0) gilt

z1z2

=z1 · z∗2z2 · z∗2

=(x1 + y1)(x2 − y2)

(x2 + y2)(x2 − y2)=x1x2 + y1y2x22 + y22

+

(−x1y2 − y1x2x22 + y22

)

z1z2

=r1[♦s (ϕ1) + s♥ (ϕ1)

]

r2[♦s (ϕ2) + s♥ (ϕ2)

]

=r1r2

[ ♦s (ϕ1) + s♥ (ϕ1) ] [ ♦s (ϕ2) − s♥ (ϕ2) ]

=r1r2

[ (♦sϕ1 ♦sϕ2 + s♥ϕ1 s♥ϕ2) + (− ♦sϕ1 s♥ϕ2 + s♥ϕ1 ♦sϕ2) ]

=r1r2

[ ♦s (ϕ1 −ϕ2) + s♥ (ϕ1 −ϕ2) ]

z1z2

=(x1, y1)

(x2, y2)=

(x1x2 + y1y2x22 + y22

, −x1y2 − y1x2x22 + y22

)

Speziell: Kehrwert von z:1

z=

z∗

z · z∗ =x

x2 + y2−

y

x2 + y2=1

r[ ♦s (ϕ) − s♥ (ϕ) ]

O (z)

♠(z)

..............................

...............

......................................

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z1

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z2

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z1 + z2

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z1 − z2

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. O (z)

♠(z)

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......................................

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z1

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z2

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z1 · z2

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♥ rst♥ r r♥r♥♦♣rt♦♥♥ ♥ C ♥ r ❯s♥ ❩♥♥

Die mit der trigonometrischen Form gefundenen Rechenregeln für Multiplikation und Divisionzeigen, dass zwei komplexe Zahlen multipliziert (dividiert) werden, indem man ihre Beträgemultipliziert (dividiert) und ihre Phasen addiert (subtrahiert). Multiplikation und Division lassensich daher (je nach den auftretenden Beträgen und Phasen) als Drehstreckung, Drehstau-chung oder einfach nur Drehung in der komplexen Zahlenebene veranschaulichen.

r r♥ t♦♥st♦r♠ r ❲♥♥t♦♥♥ r♥ts♥ (α± β) = s♥α ♦sβ± ♦sα s♥β ♦s (α± β) = ♦sα ♦sβ∓ s♥α s♥βs s♥ ♦ s ③♥ r ♥r ♦♥sq♥③♥ s r r③♥ ♥ ♥ ♦♥t♥ ♥r♥ür t♦♥ t♣t♦♥ ♥ P♦t♥③r♥

© ♥r ♦♠r

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t♠t ♥sttt ür ♠ ♥ ♦♠ ❯ r♥

Bei Verwendung der Exponentialform der komplexen Zahlen zeigt sich noch deutlicher, dassMultiplikation, Division und das Bilden von Potenzen (zunächst nur mit ganzzahligen Exponen-ten n) in der Menge C im wesentlichen Anwendungen der Potenzrechengesetze sind, denn:

z1 · z2 = r1 ϕ1 · r2 ϕ2 = r1r2

(ϕ1+ϕ2)

z1z2

=r1

ϕ1

r2 ϕ2

=r1r2

(ϕ1−ϕ2)

zn =(r ϕ

)n= rn nϕ (n ∈ Z)

Als Spezialfall der zweiten dieser Gleichungen (Division, r1 = r2 = 1, ϕ1 = ϕ2) ergibt sich:

ϕ

ϕ= ϕ · −ϕ = (♦s (ϕ) + s♥ (ϕ)) (♦s (ϕ) − s♥ (ϕ)) = ♦s2(ϕ) + s♥2(ϕ) = 1 ,

also eine bekannte Eigenschaft der Sinus- und Kosinusfunktionen, die hier das Vertrauen indie Exponentialform z = r ϕ weiter stärkt.

Grundrechenoperationen in der Menge C:Alle Grundrechenoperationen — Addition, Multiplikation, Subtraktion und Division (nicht durchNull) — sind ohne Einschränkungen ausführbar. Die Menge C ist diesbezüglich ebenfalls ab-geschlossen, wie die Menge R.

(C,+, ·) ist also wieder ein Körper.

Die Grundrechenoperationen sind mit dem Bilden der konjugiert-komplexen Zahl vertauschbar,z. B.

z∗1 + z∗2 = (x1 − y1) + (x2 − y2) = (x1 + x2) − (y1 + y2) = (z1 + z2)∗

z∗1 · z∗2 = (x1 − y1)(x2 − y2) = x1x2 − x1y2 − y1x2 + 2 y1y2= (x1x2 − y1y2) − (x1y2 + y1x2) = (z1 · z2)∗

Für das Rechnen mit Beträgen gilt, wie in der Menge R,∣∣z1 · z2

∣∣ =∣∣z1∣∣ ·∣∣z2∣∣, und

∣∣z1 + z2∣∣ 6∣∣z1

∣∣+∣∣z2∣∣ (Dreiecksungleichung).

Beweise:(1) |z1 · z2| =

√(z1z2) · (z1z2)∗ =

√z1z

∗1z2z

∗2 =

√z1z

∗1 ·√z2z

∗2 = |z1| · |z2| — q. e. d.

(2) |z1 + z2|2

= (z1 + z2)(z1 + z2)∗ = z1z

∗1 + z1z

∗2 + (z1z

∗2)

∗ + z2z∗2 = |z1|

2+ 2(z1z

∗2) + |z2|

2=

|z1|2+ 2 |z1| |z2| ♦s (ϕ1 −ϕ2) + |z2|

26 |z1|

2+ 2 |z1| |z2| + |z2|

2= (|z1| + |z2|)

2 ⇒ |z1 + z2| 6 |z1| + |z2|

— q. e. d.

♣③ ♦♠♣① ❩♥

Komplexe Zahlen vom Betrag (oder Modul) Eins sind die Zahlen:

z = ϕ = ♦s (ϕ) + s♥ (ϕ) (r = 1).

Sie bilden in der komplexen Zahlenebene den Einheitskreis um den Ursprung O. SpezielleWerte sind:

0 = 2π = 1

π/2 = π = − 1

3π/2 = − 1

1

O (z)

♠(z)

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z = ϕ

© ♥r ♦♠r

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t♠t ♥sttt ür ♠ ♥ ♦♠ ❯ r♥

Aus der Gleichung π = − 1 (spöttisch: „Wenn man sich umdreht, schaut man in die Gegen-richtung“) folgt π + 1 = 0.

Die Multiplikation einer komplexen Zahl z1 = r1 ϕ1 mit einer Zahl vom Modul Eins, z2 = ϕ2 ,

bedeutet eine Drehung von z1 um den Winkel ϕ2, denn z1z2 = r1 (ϕ1+ϕ2). Insbesondere

bedeutet Multiplikation mit der imaginären Einheit also stets eine Drehung um π/2 gegen denUhrzeigersinn.

Einheitswurzeln: Die Lösungen der Gleichung

zn = 1 = (0+2kπ) (n ∈ N, n > 2, k ∈ Z)

heissen n-te Einheitswurzeln:

zk+1 = 2kπ/n = ♦s

(2kπ

n

)+ s♥

(2kπ

n

)(k = 0, . . . , n− 1).

Diese bilden in der komplexen Zahlenebene die Eckpunkte eines regelmässigen n-Ecks (fürn > 2) mit einer Ecke bei z = 1 (s. Abb. 5).

1

1

(z)

♠(z)

..............................

...............

......................................

.......

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n = 2

z1z2

rr s

1

1

(z)

♠(z)

..............................

...............

......................................

.......

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n = 3

z1

z2

z3

r

r

r

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1

1

(z)

♠(z)

..............................

...............

......................................

.......

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n = 4

z1

z2

z3

z4

r

r

r

r

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1

1

(z)

♠(z)

..............................

...............

......................................

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n = 5

z1

z2z3

z4z5

r

r

r

r

r

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.s

♥ ös♥♥ ♦♥ zn − 1 = 0 2 6 n 6 5 zn = w = + 1 s♦ r = 1 ϕ0 = 0

Für gerades n (n = 2l) gibt es zwei reelle Lösungen (z1 = 1, zn2 +1 = −1) und n

2 − 1 Paare

konjugiert komplexer Lösungen. Für ungerades n (n = 2l + 1) gibt es nur eine reelle Lösung(z1 = 1), und n−1

2 Paare konjugiert komplexer Lösungen.

Abb. 6 zeigt die Lösungen von zn + 1 = 0 für n = 2 bis n = 5. Eine reelle Lösung (z = −1)existiert nur falls n ungerade ist. Wie zuvor gibt es auch hier wieder zu jedem n ganz genaun Lösungen zk+1 (k = 0, . . . , n − 1). Vergleich mit Abb. 5 macht die Gemeinsamkeiten undUnterschiede deutlich.

Die Berechnung von n-ten Wurzeln beliebiger komplexer Zahlen w erfolgt ganz analog: DieGleichung

zn = w = r (ϕ0+2kπ)

hat stets genau n Lösungen (k = 0, . . . , n− 1):

zk+1 =n√r (ϕ0+2kπ)/n =

n√r

[♦s

(ϕ0 + 2kπ

n

)+ s♥

(ϕ0 + 2kπ

n

) ].

Die Lösung z1 =n√r ϕ0/n (k = 0) heisst Hauptwert der n-ten Wurzel von w.

s ③♥ ♥♥ ♠r♥srt♥ ❩s♠♠♥♥ ③s♥ ♥ ❩♥ ♥s π ♥ r♠♥är♥ ♥t ③t r ♥♠ ③♠ sö♥st♥ ♠t♠ts♥ ♦r♠ ät ❲s t♠t

♥t♥r

© ♥r ♦♠r

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t♠t ♥sttt ür ♠ ♥ ♦♠ ❯ r♥

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(z)

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n = 2z1

z2

r

r

s

1

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♠(z)

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n = 3

z2

z1

z3

r

r

r

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1

1

(z)

♠(z)

..............................

...............

......................................

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n = 4

z1z2

z3 z4

rr

r r

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(z)

♠(z)

..............................

...............

......................................

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n = 5

z1

z2

z3

z4

z5

r

r

r

r

r

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♥ ös♥♥ ♦♥ zn + 1 = 0 2 6 n 6 5 zn = w = − 1 s♦ r = 1 ϕ0 = π

❩♥♠♥♥ ♠ Ür

Zum Abschluss der fünf Abschnitte über Zahlenmengen wird hier ein kurzer, zusammenfassen-der überblick gegeben. Zunächst eine geometrische Darstellung der Zahlenmengen:

N – äquidistante Punkte auf dem Zahlenstrahl:

0 1 2 3 4 5

q q q q q q........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........

Z – äquidistante Punkte auf der Zahlengeraden:

−5 −4 −3 −2 −1 0 1 2 3 4 5

q q q q q q q q q q q........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........ ........

Q – dicht liegende Punkte auf der Zahlengeraden (nur scheinbar vollständig):

−5 −4 −3 −2 −1 0 1 2 3 4 5

qqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqq

R – alle Punkte der Zahlengeraden (vollständiges eindimensionales Kontinuum):

−5 −4 −3 −2 −1 0 1 2 3 4 5

e π√2

♥ (2)

qqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqqq

C – die GAUSSsche Zahlenebene (zweidimensionales Kontinuum):

x

y

O (z)

♠(z)

..............................

...............

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q×z = x+ y...................................................................................................................................................................................

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Mit den komplexen Zahlen C ist in mehrfacher Hinsicht eine sinnvolle Erweiterung der zuvorbereits bekannten Zahlenmengen von N bis R gelungen. Wie schon in den Körpern Q und R,

© ♥r ♦♠r

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t♠t ♥sttt ür ♠ ♥ ♦♠ ❯ r♥

so ist auch im Körper C (fast) einschränkungsfreies Rechnen mit beiden Grundrechenartenmöglich:

Operation N Z Q R C

Addition X X X X X

Subtraktion (X) X X X X

Multiplikation X X X X X

Division (X) (X) X X X

Potenzieren X (X) (X) (X) X

r sürr X ♥r ♥srä♥t sürr X

Auch hinsichtlich der Lösbarkeit sogenannter algebraischer Gleichungen konnten auf dem Wegvon N zu C ganz wesentliche Verbesserungen erreicht werden:

Gleichung N Z Q R C Lösungenx− 1 = 0 X X X X X x = 1

x+ 1 = 0 – X X X X x = − 1

3x− 1 = 0 – – X X X x = 1/3

x2 − 1 = 0 – X X X X x1,2 = ± 1x2 − 2 = 0 – – – X X x1,2 = ±

√2

x2 + 1 = 0 – – – – X x1,2 = ±

♥ st ösr X ♥ st ♥t ösr

Es wird sich noch herausstellen, dass in der Menge C jedes Polynom vom Grad n immergenau n Nullstellen besitzt. Diese sind also i. allg. komplexwertig, und sie brauchen nicht allevoneinander verschieden zu sein.

♠♥t r ♦♠♥t♦r

Die Kombinatorik untersucht unter anderem die verschiedenen möglichen Anordnungen vonObjekten (Elementen). Die Bestimmung der Anzahl möglicher Anordnungen sowie das syste-matische und effiziente Erzeugen dieser Anordnungen sind häufige Aufgabenstellungen. Dieauftretenden Zahlen können rasch sehr gross werden.

Beispiele:(1) Der „Zauberwürfel“ (‘Rubik’s Cube’, 1974 von Erno Rubik erfunden) hat

N = 112· 8 · 38 · 12 · 212 = 227 · 314 · 53 · 72 · 11 = 43.252.003.274.489.856.000

durch Drehungen ineinander überführbare Zustände. Die hier ausführbaren Drehungen bilden eineGruppe bezüglich Nacheinanderausführung.(2) Die Gesamtzahl möglicher Strukturisomere für ein Alkan CnH2n+2 steigt mit wachsendem n raschan. Bereits für n = 167 übersteigt die Anzahl möglicher Isomeren die geschätzte Anzahl von Teilchen imUniversum (diese wird auf etwa 1080 geschätzt). •

Im folgenden wird es hauptsächlich um die Bestimmung der Anzahl möglicher Anordnungengehen. Dabei sind die folgenden beiden Fragen wichtig:

– Ist die Reihenfolge der Objekte (Elemente) in den Anordnungen zu beachten oder nicht?Wenn die Reihenfolge wesentlich ist, dann ergibt eine Vertauschung von Objekten (Ele-menten) eine neue Anordnung. Ist die Reihenfolge dagegen unwesentlich ist, so führteine Vertauschung nicht zu einer neuen Anordnung.

– Tritt eine Wiederholung von Objekten (Elementen) auf oder nicht? Sind alle Objekte(Elemente) verschieden, oder sind welche dabei, die nicht voneinander unterscheidbarsind? Bei Anordnungen mit Wiederholung tritt mindestens ein Objekt (Element) mehr alseinmal auf, bei Anordnungen ohne Wiederholung kommt jedes Objekt (Element) dagegenhöchstens einmal vor.

s P r② ♦r♥ ♦ ♠ t♦♥

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tät ♥ ♠♠♥t♦♥

Die Fakultät von n, n („n Fakultät“, n ∈ N), kann für n > 0 rekursiv berechnen werden:

0 = 1 , n = n · (n− 1) (n ∈ N, n > 0) .

Für sehr grosses n (n ≫ 1) kann n mit Hilfe der STIRLING-Formel (nach James STIRLING,1692–1770) abgeschätzt werden:

n ≈(n

)n√2πn

♦b (n) ≈ (n+ 12) ♦b (n) − n ♦b () + 1

2 ♦b (2π)

Der Ursprung dieser Näherungsformeln ist die Gammafunktion Γ(x), welche die Fakultät fürbeliebiges x ∈ R (und sogar z ∈ C) verallgemeinert, und zwar als x = Γ(x + 1). Eine fürpositives reelles Argument x gültige Definition von Γ(x) ist:

Γ(x) =

∫∞

0

tx−1−t t (x > 0)

Dies ist ein bestimmtes Integral, dessen Integrand vom Parameter x abhängt. Einige wichtigeEigenschaften und Funktionswerte der Gammafunktion sind:

Γ(x+ 1) = x Γ(x) (x ∈ R) ,

Γ(n+ 1) =

∫∞

0

tn−t t = n (n > −1) ,

Γ(2) = Γ(1) = 1 , Γ(32) =12 Γ(

12) =

12

√π , Γ(−1

2) = − 2√π .

Diese Eigenschaften der Gammafunktion werden wir später beweisen können.

Pr♠tt♦♥♥ ❱rt♦♥♥ ♥ ♦♠♥t♦♥♥

Permutationen: Als Permutationen von n Elementen werden einerseits die Anordnungen al-ler dieser Elemente in jeder möglichen Reihenfolge bezeichnet, andererseits aber auch dieOperationen des Umordnens der n Elemente, die also von einer Anordnung zu einer nächstenführen. Bei Permutationen ist die Reihenfolge der Objekte (Elemente) in den Anordnungenwesentlich!

Permutationen ohne Wiederholung:Die anzuordnenden n Elemente sind alle verschieden. Die Anzahl Pn der Permutationen vonn verschiedenen Elementen ist

Pn = n · Pn−1 = n

Beispiel: Permutationen von n verschiedenen Buchstaben (in lexikographischer Reihenfolge):n = 2: ab, ba→ P2 = 2 = 2;n = 3: abc, acb, bac, bca, cab, cba→ P3 = 3 = 6. •

Permutationen mit Wiederholung:Unter den n Elementen sind manche gleich (ununterscheidbar), so dass l Gruppen mit jeweils

ki gleichen Elementen auftreten (1 6 i 6 l, 0 6 ki 6 n). Die Anzahl P(k1,...,kl)n der möglichen

Permutationen ist jetzt

P(k1,...,kl)n =

PnPk1· Pk2

· . . . · Pkl

=n

k1 · k2 · . . . · kl

(0 6 ki 6 n ,

l∑

i=1

ki = n

)

tät♥ n rt♥ s ③r ♥t♦♥ Γ(x+ 1) rt③♥ n2 ③r ♦r♠♣r x2 n ∈ N ♥sss r öt ki = 0 s♥t ♥s♥♥ ♥♥ ♠t st ♥③ l ♦♥ r♣♣♥ r ♠♥t

♥st♠♠t ♠ ♦♥♥ r s ③♥ ss s ❲ s♥♥♦ st

© ♥r ♦♠r

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denn die Anzahl der Permutationen aller Elemente, Pn, ist jeweils durch die Anzahl der Permu-tationen innerhalb der einzelnen Gruppen gleicher Elemente, Pki

, zu teilen. Für den Fall l = 2

ist eine spezielle Schreibweise üblich:

P(k,n−k)n =

n

k(n− k)=

(n

k

)=

(n

n− k

),

und dies wird Binomialkoeffizient „n über k“ genannt (mehr dazu s. u.).

Beispiele:(1) Permutationen von 3 Buchstaben, unter denen 2 gleich sind (n = 3, l = 2, k1 = 2, k2 = 1):

aac, aca, caa (lexikographische Reihenfolge)→ P(2,1)3 = 3/(2 · 1) =

(32

)= 3.

(2) Die Anzahl der Anordnungsmöglichkeiten von k Kugeln in n Schachteln unter der Nebenbedingung,dass jede Schachtel höchstens eine Kugel enthalten darf, ist P(k,n−k)

n =(nk

), denn es gibt unter den

n Schachteln genau zwei Gruppen gleicher Elemente: k Schachteln mit einer Kugel, und n − k leereSchachteln. Für den Fall n = 6, k = 2 zeigt das folgende Bild eine von

(62

)= 15 Anordnungsmöglichkei-

ten:

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• •

Dasselbe kombinatorische Problem stellt sich beim Aufbau gültiger Zustandsfunktionen für ein Systemaus Fermionen (Teilchen mit halbzahligem Spin, z. B. Elektronen, Protonen, Neutronen [ alle mit Spin-quantenzahl s = 1

2], nach Enrico Fermi, 1901–1954). Der Grundzustand des Kohlenstoff-Atoms

(Z = 6) gehört zur Elektronenkonfiguration 1s2 2s2 2p2. Hier sind also neben den Spinorbitalen 1sα,1sβ, 2sα und 2sβ auch noch zwei Spinorbitale für die 2p-Schale zu wählen. Dafür gibt es

(62

)= 15 Mög-

lichkeiten [ die Elektronenkonfiguration nlq bietet(4l+2q

)Möglichkeiten zur Auswahl von q Spinorbitalen

für die nl-Schale ]. Daraus lassen sich drei LS-Terme 2S+1L bilden (s. Lehrbücher der Atomspektrosko-pie): 1S (L = 0, S = 0), 3P (L = 1, S = 1) und 1D (L = 2, S = 0). Von diesen ist der 3P-Zustand derGrundzustand (Hundsche Regeln, 1925, nach Friedrich Hund, 1896–1997).(3) Die Anzahl der Anordnungsmöglichkeiten von k Kugeln in n Schachteln unter der Nebenbedingung,dass jede Schachtel beliebig viele Kugeln enthalten darf, ist P(k,n−1)

n+k−1 =(n+k−1

k

). Wieder gibt es zwei

Gruppen gleicher Elemente, k Kugeln und n − 1 Trennwände, zusammen n + k − 1 Elemente. Für denFall n = 6, k = 3 zeigt das folgende Bild eine von

(83

)= 56 Anordnungsmöglichkeiten:

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• • •....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... ....... .......

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Dasselbe kombinatorische Problem stellt sich beim Aufbau gültiger Zustandsfunktionen für ein Systemaus Bosonen (Teilchen mit ganzzahligem Spin, z. B. Photonen [ s = 1 ], α-Teilchen [ 4He-Kerne, S = 0 ],4He-Atome [ S = 0 ], nach Satyendra Nath Bose, 1894–1974). •

Variationen: Auch bei Variationen ist die Reihenfolge der Objekte (Elemente) in den Anord-nungen wesentlich!

Variationen ohne Wiederholung:Von n verschiedenen Elementen werden nur k Elemente (0 6 k 6 n) ausgewählt, wobei0 6 k 6 n gilt. Die Anzahl Vn,k der Möglichkeiten bei dieser Auswahl ist

Vn,k =PnPn−k

=n

(n− k)= k

(n

k

)(0 6 k 6 n)

Beispiel: Variationen von 3 Buchstaben zur 2-ten Klasse ohne Wiederholung (n = 3, k = 2):ab, ac, ba, bc, ca, cb (lexikographische Reihenfolge)→ V3,2 = 3/1 = 6. •

Variationen mit Wiederholung:Aus einem unendlich grossen Vorrat von n verschiedenen Elementen werden k Elemente aus-gewählt. Die Anzahl Vn,k der Möglichkeiten bei dieser Auswahl ist

Vn,k = nk

♥t♥③♥ ür ♥③♥ ♥ r♥ ♥ r ♠t ♥st♥ ür rt♥s②st♠ ♠tr♦ssst♥ ③♥t

s ♥tst♥ s♦ ❱rt♦♥♥ ♦♥ n ♠♥t♥ ③r kt♥ ss ♦♥ ❲r♦♥ s ♥tst♥ s♦ ❱rt♦♥♥ ♦♥ n ♠♥t♥ ③r kt♥ ss ♠t ❲r♦♥

© ♥r ♦♠r

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t♠t ♥sttt ür ♠ ♥ ♦♠ ❯ r♥

Beispiele:(1) Variationen von 3 Buchstaben zur 2-ten Klasse mit Wiederholung (n = 3, k = 2):aa, ab, ac, ba, bb, bc, ca, cb, cc (lexikographische Reihenfolge)→ V3,2 = 32 = 9.(2) Anzahl möglicher Bitsequenzen (n = 2) in einem Byte (k = 8): V2,8 = 28 = 256.(3) Anzahl möglicher Basentripletts (n = 4 Basen, k = 3) im genetischen Code: V4,3 = 43 = 64. Mitdiesem Code wird die Sequenz der N = 20 Aminosäuren bei der Proteinbiosynthese (Translation) ausder Sequenz der Nukleinbasen festgelegt. Der genetische Code muss Redundanzen aufweisen, weilN < V4,3 ist (und tut dies auch).(4) Anzahl möglicher Aminosäuresequenzen der Länge l, die sich aus den proteinogenen L-α-Amino-säuren (n = 20) bilden lassen: V20,l = 20

l.(5) Anzahl stereoisomerer Aldosen der Form CH2OH–(C∗HOH)k–CHO (n = 2mögliche Konfigurationenan jedem optisch aktiven Kohlenstoffatom C∗): V2,k = 2k. Daraus lassen sich 2k−1 Enantiomerenpaarebilden. Das Enantiomerenpaar D-Glucose/L-Glucose findet sich unter den Aldohexosen (k = 4). •

Kombinationen: Bei Kombinationen ist die Reihenfolge der Objekte (Elemente) in den Anord-nungen unwesentlich!

Kombinationen ohne Wiederholung:Diese entstehen aus den Variationen ohne Wiederholung dadurch, dass auf die Reihenfolgeder ausgewählten k Elemente nicht mehr geachtet wird. Ihre Anzahl Cn,k ergibt sich daherals

Cn,k =Vn,k

Pk= P

(k,n−k)n =

PnPk · Pn−k

=n

k(n− k)=

(n

k

)(0 6 k 6 n)

Beispiele:(1) Kombinationen von 3 Buchstaben zur 2-ten Klasse ohne Wiederholung (n = 3, k = 2): ab, ac, bc(lexikographische Reihenfolge)→ C3,2 =

(32

)= 3.

(2) Für ein System von k Fermionen (Teilchen mit halbzahligem Spin) ist die Anzahl der Möglichkeitenzur Auswahl von k Spinorbitalen aus einem Satz von n entarteten Spinorbitalen Cn,k =

(nk

)(s. auch

oben: Permutationen mit Wiederholung). •

Kombinationen mit Wiederholung:Bei diesen dürfen nun unter den k ausgewählten Elementen gleiche (ununterscheidbare) Ele-mente auftreten. Ihre Anzahl Cn,k ergibt sich zu

Cn,k =

(n+ k− 1

k

)= Cn+k−1,k = P

(k,n−1)n+k−1

Beispiele:(1) Kombinationen von 3 Buchstaben zur 2-ten Klasse mit Wiederholung (n = 3, k = 2): aa, ab, ac, bb,bc, cc (lexikographische Reihenfolge)→ C3,2 =

(42

)= 6.

(2) Für ein System von k Bosonen (Teilchen mit ganzzahligem Spin) ist die Anzahl der Möglichkeitenzur Auswahl von k Spinorbitalen aus einem Satz von n entarteten Spinorbitalen Cn,k =

(n+k−1

k

)(s.

auch oben: Permutationen mit Wiederholung). •

♥♦♠ ♥ t♥♦♠t♦r♠

Diese Theoreme erklären die Bildung von Potenzen von Summen (n ∈ N):

(Monome: an) — Binome: (a+ b)n — Trinome: (a+ b+ c)n — . . .

Das Binomialtheorem gibt an, wie sich die n-te Potenz eines Binoms a + b als Summe von(Produkten von) Potenzen der beiden Summanden a und b berechnen lässt:

(a+ b)n =

n∑

k=0

Cn,k an−kbk (n ∈ N)

s ♥tst♥ s♦ ♦♠♥t♦♥♥ ♦♥ n ♠♥t♥ ③r kt♥ ss ♦♥ ❲r♦♥ s ♥tst♥ s♦ ♦♠♥t♦♥♥ ♦♥ n ♠♥t♥ ③r kt♥ ss ♠t ❲r♦♥

© ♥r ♦♠r

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Der Binomialkoeffizient Cn,k gibt an, wie oft beim Ausmultiplizieren von (a+b)n das Produktan−kbk als Summand auftritt:

Cn,k =

(n

k

)=

n

k(n− k)=n · (n− 1) · . . . · (n− k+ 1)

1 · 2 · . . . · k =

k∏

j=1

n− j+ 1

j

Anmerkung: Die zuletzt genannte Form des Binomialkoeffizienten als Quotient von zwei Produkten mitjeweils k Faktoren ermöglicht die Verallgemeinerung auf beliebig reelles Argument α für den oberenParameter:

k

)=α · (α− 1) · . . . · (α− k+ 1)

1 · 2 · . . . · k =Γ(α+ 1)

k Γ(α− k+ 1)(α ∈ R)

Zwei wichtige Beziehungen zwischen den Binomialkoeffizienten sind:

(n

n− k

)=

(n

k

),

(n

k− 1

)+

(n

k

)=

(n+ 1

k

)

Die Binomialkoeffizienten Cn,k lassen sich in einem dreieckigen Schema anordnen (Pascal-sches Dreieck, nach Blaise Pascal, 1623–1662; in China bereits im 13./14. Jh. bekannt), des-sen Aufbau aus der zweiten Beziehung, und dessen Symmetrie aus der ersten Beziehungfolgt:

n = 0 : 1

n = 1 : 1 1

n = 2 : 1 2 1

n = 3 : 1 3 3 1

n = 4 : 1 4 6 4 1

n = 5 : 1 5 10 10 5 1

n = 6 : 1 6 15 20 15 6 1

n = 7 : 1 7 21 35 35 21 7 1

n = 8 : 1 8 28 56 70 56 28 8 1

n = 9 : 1 9 36 84 126 126 84 36 9 1

n = 10 : 1 10 45 120 210 252 210 120 45 10 1...

...

Für sehr grosses n (n ≫ 1) lassen sich die Binomialkoeffizienten in sehr guter Näherung mitHilfe einer GAUSS-Funktion berechnen (LAPLACE-DE-MOIVRE-Formel):

(n

k

)≈ 2n

√2

nπ①♣

(−2

n

(k−

n

2

)2)

Bereits für n = 10 liefert diese Formel Näherungswerte mit nur geringem absolutem Fehler (s.Abb. 7).

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t♠t ♥sttt ür ♠ ♥ ♦♠ ❯ r♥

x

f(x)

••

♥ ♥♦♠♦③♥t♥(10k

)0 6 k 6 10 r♦t P♥t ♥ ♥t♦♥ f(x) =

(210/√5π) ①♣ (−(x− 5)2/5)

Beweis des Binomialtheorems durch vollständige Induktion:

1. Induktionsanfang: Für kleine Werte von n (0 6 n 6 3) lässt sich die Richtigkeit des Binomialtheo-remsA(n) durch Ausmultiplizieren und Vergleich der Koeffizienten mit jenen im Pascalschen Drei-eck leicht überprüfen:

A(0) : (a+ b)0 = 1 X

A(1) : (a+ b)1 = a+ b X

A(2) : (a+ b)2 = (a+ b)(a+ b) = a2 + ab+ ba+ b2 = a2 + 2ab+ b2 X

A(3) : (a+ b)3 = (a+ b)(a+ b)2 = (a+ b)(a2 + 2ab+ b2)

= a3 + 2a2b+ ab2 + a2b+ 2ab2 + b3 = a3 + 3a2b+ 3ab2 + b3 X

2. Induktionsschritt:(a) Induktionsannahme: Für ein gewisses n sei das Binomialtheorem wahr, also:

A(n) : (a+ b)n =

n∑

k=0

(n

k

)an−kbk

(b) Induktionsbehauptung: Für dieses n gilt dann auch:

A(n+ 1) : (a+ b)n+1 =

n+1∑

k=0

(n+ 1

k

)an+1−kbk

(c) Induktionsschluss:

(a+ b)n+1 = (a+ b)(a+ b)n = (a+ b)

n∑

k=0

(n

k

)an−kbk

= a

n∑

k=0

(n

k

)an−kbk + b

n∑

k=0

(n

k

)an−kbk =

n∑

k=0

(n

k

)an−k+1bk +

n∑

k=0

(n

k

)an−kbk+1

= an+1 +

n∑

k=1

(n

k

)an−k+1bk +

n−1∑

k=0

(n

k

)an−kbk+1 + bn+1

= an+1 +

n∑

k=1

(n

k

)an+1−kbk +

n∑

l=1

(n

l− 1

)an−l+1bl + bn+1

= an+1 +

n∑

k=1

[ (n

k

)+

(n

k− 1

) ]an+1−kbk + bn+1

= an+1 +

n∑

k=1

(n+ 1

k

)an+1−kbk + bn+1 =

n+1∑

k=0

(n+ 1

k

)an+1−kbk

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Damit ist das Binomialtheorem A(n) für alle n ∈ N bewiesen. — q. e. d.

Die Bernoullische Ungleichung (nach Jakob I. Bernoulli [bErnUli], 1655–1705)

(1+ x)n > 1+ nx (n ∈ N, x > −1)

ist oft zur Abschätzung von Potenzen nützlich.

Beweis der Bernoullischen Ungleichung durch vollständige Induktion:

1. Induktionsanfang: Für kleine Werte von n (0 6 n 6 2) lässt sich die Gültigkeit der BernoullischenUngleichung A(n) leicht zeigen:

A(0) : (1+ x)0 = 1 > 1 X

A(1) : (1+ x)1 = 1+ x > 1+ x X

A(2) : (1+ x)2 = 1+ 2x+ x2 > 1+ 2x X

2. Induktionsschritt:(a) Induktionsannahme: Für ein gewisses n sei die Bernoullische Ungleichung wahr, also:

A(n) : (1+ x)n > 1+ nx

(b) Induktionsbehauptung: Für dieses n gilt dann auch:

A(n+ 1) : (1+ x)n+1 > 1+ (n+ 1)x

(c) Induktionsschluss: Durch Multiplikation der Ungleichung A(n) mit 1 + x (hier muss 1 + x > 0,oder x > −1, gelten) folgt A(n+ 1) direkt und rasch:

(1+ x)n > (1+ nx)

(1+ x)n+1 = (1+ x)(1+ x)n > (1+ x)(1+ nx) = 1+ (n+ 1)x+ nx2 > 1+ (n+ 1)x

Damit ist die Bernoullische Ungleichung A(n) für x > −1 und alle n ∈ N bewiesen. — q. e. d.

Das Multinomialtheorem erklärt, wie die n-te Potenz (n ∈ N) einer Summe mit l Summandenai (i = 1, . . . , l) als Summe von (Produkten von) Potenzen der Summanden berechnet werdenkann:

(a1 + a2 + . . .+ al)n =

(l∑

i=1

ai

)n

=∑

k1+k2+...+kl=n

P(k1,k2,...,kl)n a

k1

1 ak2

2 . . . akl

l

=∑

k1+k2+...+kl=n

n

k1 · k2 · . . . · klak1

1 ak2

2 . . . akl

l

Der Koeffizient P(k1,k2,...,kl)n heisst auch Multinomialkoeffizient. Die Summation erfolgt dabei

über alle Werte der Exponenten ki, die der Bedingung∑l

i=1 ki = k1 + k2 + . . . + kl = n

genügen. Die Anzahl N(n, l) der so entstehenden Summanden ist im allgemeinen (d. h. wennsich in der Summe keine Terme zusammenfassen lassen) gleich der Anzahl der Partitionen vonn in l Teile, und diese istN(n, l) = Cl,n =

(n+l−1

n

). Das Binomialtheorem ist hier als Spezialfall

für l = 2 enthalten.

Beispiele:(1) In der Massenspektrometrie werden aus Atomen oder Molekülen (mit Masse m) Ionen erzeugtund dann nach ihrer spezifischen Ladung q/m analysiert. Die Positionen und (relativen) Intensitätender Signale im Massenspektrum eines Ions lassen sich mit Hilfe des Multinomialtheorems aus denHäufigkeiten pZ,A der im Ion enthaltenen Nuklide (Kernladungszahl Z, Massenzahl A) berechnen. Zurmassenspektrometrischen Analyse von Chlorkohlenwasserstoffen CnHmClk sind die Häufigkeiten derIsotope von Wasserstoff, Kohlenstoff und Chlor erforderlich, zur Untersuchung von Stickstoff-Sauerstoff-Verbindungen NOx jene für Stickstoff und Sauerstoff (s. folgende Tabelle).

❯ tt♣♣②ss♥st♦P②st♦♥t♥tst♠ t♦♠ ❲ts ♥ s♦t♦♣ ♦♠♣♦st♦♥s

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11H 2

1H 126C 13

6C 147N 15

7NpZ,A 0.999885 0.000115 0.9893 0.0107 0.99632 0.00368

168O 17

8O 188O 35

17Cl 3717Cl

pZ,A 0.99757 0.00038 0.00205 0.7578 0.2422

Die relativen Häufigkeiten der Isotopomeren von Dichlormethan, CH2Cl2, und damit deren relative In-tensitäten im Massenspektrum, ergeben sich durch Ausmultiplizieren von

1 = ( p1,1 + p1,2 )2( p6,12 + p6,13 )( p17,35 + p17,37 )2 .

Dabei entstehen hier 3 · 2 · 3 = 18 Summanden im Massenzahlenbereich 84 6∑A 6 91. Für Stickstoff-

dioxid, NO2, ergibt sich die gewünschte Information aus

1 = ( p7,14 + p7,15 )( p8,16 + p8,17 + p8,18 )2 .

Hier entstehen 2 · 6 = 12 Summanden im Massenzahlenbereich 46 6∑A 6 51. Das tatsächlich zu

beobachtende Massenspektrum eines Ions ist allerdings auch noch von Geräteparametern des Mas-senspektrometers, wie der relativen Auflösung ∆m/m, abhängig.(2) Der Ausdruck

(1+ x)n =

n∑

k=0

akxk , ak =

(n

k

)

kann als erzeugende Funktion (Generatorfunktion) der Binomialkoeffizienten verstanden werden.Eine erzeugende Funktion liefert die gewünschte (oder gesuchte) Information durch ihre Koeffizientenak, von denen jeder einzelne eine Antwort auf eine gestellte Frage liefert (die Binomialkoeffizientenbeantworten Fragen zu einem bestimmten Abzählproblem). Diese Sicht des Sachverhaltes erweist sichals ausserordentlich fruchtbar. So eignet sich der Ausdruck

(1+ x+ . . .+ x2I)n =

(2I∑

i=0

xi

)n

=

2nI∑

k=0

akxk

zum Abzählen primitiver Spinfunktionen für n Atomkerne mit Kernspin(quantenzahl) I: Der Koeffizient akgibt die Anzahl primitiver Spinfunktionen mit MS =

∑ni=1mI,i = nI − k an (die magnetische Spinquan-

tenzahl für das Gesamtsystem, MS, setzt sich additiv aus den magnetischen KernspinquantenzahlenmI,i der einzelnen Kerne zusammen, wobei −I 6 mI,i 6 I gilt). Diese Information ist unter anderem fürdie NMR-Spektroskopie sehr wichtig. Der Fall mit n Protonen (I = 1

2) führt auf das Binomialtheorem

zurück, für n = 2 also (1 + x)2 = 1 + 2x + x2. Die zugehörigen sogenannten primitiven Spinfunktionensind eine Funktion (a0 = 1) zu MS = 1 (αα), zwei Funktionen (a1 = 2) zu MS = 0 (αβ und βα),sowie schliesslich eine Funktion (a2 = 1) zu MS = −1 (ββ). Aus diesen lassen sich eine Singulett-Funktion, (αβ − βα)/

√2 (S = 0, MS = 0), und drei Triplett-Funktionen, αα, (αβ + βα)/

√2, ββ (S = 1,

MS ∈ 1, 0,−1), bilden. Für n Deuteronen (I = 1) sind entsprechend Potenzen des Trinoms 1 + x + x2

zu bilden, für n = 2 also (1+ x+ x2)2 = 1+ 2x+ 3x2 + 2x3 + x4. Daraus lässt sich ablesen, dass es z. B.drei primitive Spinfunktionen (a2 = 3) zu MS = 0 gibt (das sind | 11 〉, | 00 〉, | 11 〉). •

③ r ♦r♥ ♦ ♠ t♦♥ r r♥t r♦tt♦♥ ür ❩st♥st♦r♥ st t♦ r ❱♦rs♥ t♠t ♥♥ s♥

♥t♥③♥ ms ∈ −1, 0, 1 r ♥③♥♥ tr♦♥♥ r♥ rt♠ts ♠♠ ♥ ❲rt ♦♥ MS rt

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♦♥ ♥ ♥

♦♥

„Es scheint eine fixe Idee der Pädagogik zu sein, daß Kinder nicht in der Lage sind, abstraktzu denken. Das ist natürlich ein reiner Köhlerglauben. Eher ist das Gegenteil richtig. Der Be-griff des unendlich Großen und des unendlich Kleinen beispielsweise ist jedem Neun- oderZehnjährigen intuitiv unmittelbar zugänglich. Viele Kinder sind ausgesprochen fasziniert vonder Entdeckung der Null. Was ein Grenzwert ist, kann man ihnen durchaus erklären, undder Unterschied zwischen konvergenten und divergenten Folgen leuchtet ihnen ohne wei-teres ein.“ (H. M. Enzensberger, Zugbrücke außer Betrieb — Die Mathematik im Jenseits

der Kultur, Vortrag im Rahmenprogramm zum 5. Internationalen Mathematiker-Kongress,Berlin, August 1998)

♠♥s

Definition: Eine Folge (an) entsteht durch eine Abbildung (Funktion) f, welche jeder natürli-chen Zahl (seltener: jeder ganzen Zahl) n eine reelle (oder komplexe) Zahl an zuordnet:

f : n ∈ N (oder Z) 7→ an ∈ R (oder C).

Die Elemente an einer Folge heissen auch Glieder der Folge. 2

Anmerkung: Durch die Schreibweise an = f(n) (n ∈ N oder n ∈ Z) kann der Funktionsaspekt nochmehr betont werden, in Anlehnung an die aus der Schule gewohnte Schreibweise y = f(x) (x ∈ R) füreine Funktion einer reellen Variablen.

Beispiele:(1) Explizite Definition der Glieder einer Folge (an):Quadratzahlen: an = n2 / Stammbrüche: an = 1/n (n > 0) / Kehrwerte der Potenzen von 2: an =

1/(2n) = (1/2)n / Energien der gebundenen Zustände eines Ein-Elektronen-Atoms mit Kern mit La-dungszahl Z (n > 0): an/Eh = − 1

2Z2/n2 (Hartree-Energie Eh = e2/(4πε0 a0) ≈ 27.2 eV ≈ 4.36 aJ,

Energie des Grundzustands des Wasserstoffatoms E1 = a1 = − 12Eh).

(2) Rekursive Definition der Glieder einer Folge (an) (Berechnung eines Nachfolgers an+1 aus einemoder mehreren vorherigen, bereits bekannten Gliedern):Quadratzahlen: a0 = 0, an+1 = an+2n+1 (n > 0) / Kehrwerte der Potenzen von 2: a0 = 1, an+1 = an/2

(n > 0) / Fakultäten: a0 = 1, an+1 = (n + 1)an (n > 0) / Fibonacci-Folge (nach Leonardo di Pisa, ge-nannt Fibonacci, ∗ um 1180, † nach 1241): a0 = 0, a1 = 1, an+1 = an + an−1 (n > 1).(3) Iterative Definition der Glieder einer Folge (xn):„Babylonisches Wurzelziehen“ (iterative Berechnung von

√a, a > 0): x0 = 1

2(a + 1), xn+1 = 1

2(xn +

a/xn)→√a für n→∞.

(4) Periodische Folge (ak), k ∈ Z, mit primitiver Periode p (ak+p = ak, p ∈ N, p > 0):p-te Einheitswurzeln: ak = 2kπ/p (k ∈ Z). •

Wichtige Begriffe für die Diskussion der Eigenschaften von Folgen (an) mit reellen Gliedern(an ∈ R) sind Monotonie und Beschränktheit:

Die Folge (an) heisst

monoton steigend,streng monoton steigend,

monoton fallend,streng monoton fallend,

wenn

an 6 an+1

an < an+1

an > an+1

an > an+1

für alle n ∈ N gilt.

Anmerkungen: (1) Die hier zu erfüllenden Ungleichungen lassen sich oft leichter nach einer Äquiva-lenzumformung anwenden. So gilt z. B. (an+1 > an) ⇔ (an+1 − an > 0), und, sofern an > 0, auch(an+1 > an)⇔ (an+1/an > 1). — (2) Da C kein geordneter Körper ist, ist der Begriff der Monotonie aufFolgen mit komplexen Gliedern an ∈ C nicht anwendbar.

r ♥ts♣r♥ ♥s r st ❵sq♥ rs♦♥ ③ t rrrr ③rü♥ ③rür♥ ürt r♥♥ ♥s ♥äst♥ s ♥ ♦r

♠rr ♦r♥♥♥ r ③rü trt♦♥ ③ t trt♦ ❲r♦♥ st ♥ ❱r♥t r rs♦♥ r ♦ r r ♦♥r

r♥ ♠ss

© ♥r ♦♠r

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t♠t ♥sttt ür ♠ ♥ ♦♠ ❯ r♥

Eine Folge heisst beschränkt, wenn eine positive reelle Zahl S existiert, so dass 0 6 |an| 6 S

für alle n ∈ N gilt. Eine solche Zahl S heisst Schranke der Folge. Es ist selbstverständlich mög-lich, zwischen einer unteren Schranke s und einer oberen Schranke S feiner zu unterscheiden,so dass s 6 an 6 S mit |s| 6= |S| für alle n ∈ N gilt. Wichtiger ist in diesem Zusammenhang je-doch die Kenntnis der Begriffe Infimum (grösste untere Schranke oder untere Grenze, ♥ (an))und Supremum (kleinste obere Schranke oder obere Grenze, s♣ (an)) zu einer gegebenenFolge (an), denn diese sind, sofern sie existieren, eindeutig. Infimum und Supremum brauchendabei nicht selbst Glieder der Folge zu sein.

Beispiele:(1) Die Folge der Quadratzahlen (an = n2) ist streng monoton steigend (0 = a0 6 an < an+1) undunbeschränkt (eine Schranke existiert nicht, an →∞).(2) Die Folge mit den Gliedern an = n/(n+1) = 1−1/(n+1) ist streng monoton steigend (an < an+1),aber beschränkt (♥ (an) 6 an < s♣ (an), mit ♥ (an) = ♠♥ (an) = a0 = 0, s♣ (an) = 1).(3) Die alternierende Folge mit den Gliedern an = (−1)n/(n + 1) ist nicht monoton, aber beschränkt(|an| 6 1, oder genauer: ♥ (an) 6 an 6 s♣ (an), mit ♥ (an) = ♠♥ (an) = a1 = − 1

2, s♣ (an) =

♠① (an) = a0 = 1).(4) Die ebenfalls alterniernde Folge mit den Gliedern an = (−1)nn ist weder monoton noch beschränkt(|an|→∞). •

r♥③rt ♥ ♦♥r♥③ ♦♥ ♦♥

In einigen der bisher gezeigten Beispiele für Folgen deutete sich bereits an, dass es von In-teresse ist, den Grenzwert einer Folge zu kennen: Was geschieht mit an, wenn n → ∞ geht?Der Begriff „Grenzwert einer Folge“ wurde bereits verwendet — im Abschnitt über die reellenZahlen R im Zusammenhang mit der Aussage, dass jede(!) reelle Zahl x durch eine Intervall-schachtelung an < an+1 < x < bn+1 < bn (n → ∞) definiert werden kann. Dabei bildendie unteren Intervallgrenzen an eine monoton steigende Folge, die oberen Intervallgrenzen bndagegen eine monoton fallende Folge, und beide Folgen haben denselben Grenzwert x. Zweiweitere Beispiele sollen zeigen, dass das Verhalten von an für n → ∞ nicht immer einfachabzuschätzen ist:

Beispiele:(1) Die Folge mit Gliedern an = (1+ 1

n)n liefert:

a1 = 2 , a2 = 94= 2.25 , a3 = 64

27= 2.370 , . . . , a10 ≈ 2.5937 , . . . ,

a20 ≈ 2.6533 , . . . , a30 ≈ 2.6743 , . . . , a50 ≈ 2.6916 , . . . , a100 ≈ 2.7048 , . . . .

(2) Die Folge mit Gliedern an = 10n/n liefert:

a1 = 10 , a2 = 50 , a3 = 166.6 , . . . , a10 ≈ 2755.7 , . . . , a20 ≈ 41.10 , . . . ,

a30 ≈ 3.77 · 10−3 , . . . , a50 ≈ 3.29 · 10−15 , . . . , a100 ≈ 1.07 · 10−58 , . . . .

Für die Definition des Grenzwerts einer Folge ist der Begriff der Umgebung (genauer: ε-Um-gebung) einer Zahl (eines Punktes) p notwendig. Dies ist die Menge aller Punkte x ∈ R (oderz ∈ C) mit einem Abstand von p kleiner als ε (ε ist eine beliebig klein wählbare positive reelleZahl, s. Abb. 8).

Definition: Eine Zahl (ein Punkt) p heisst Häufungspunkt (oder Häufungsstelle) einer Folge(an), wenn in einer beliebig kleinen Umgebung von p, Uε(p), unendlich viele Glieder der Folgeliegen. 2

Beispiel: Die Folge 12

, 23

, 14

, 45

, 16

, . . . hat die Häufungspunkte p1 = 0 und p2 = 1. •

Definition: Eine Folge (an) heisst konvergent, wenn sie genau einen Häufungspunkt besitzt.Dieser heisst Grenzwert der Folge, und man schreibt:

♠n→∞

an = a .

© ♥r ♦♠r

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..............

........

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.........

p

ak

p− ε p+ ε•

p←−− ε −−→

ak

•.

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ak ∈ Uε(p) = x ∈ R | 0 6 |x− p| < ε, ε ∈ R ak ∈ Uε(p) = z ∈ C | 0 6 |z− p| < ε, ε ∈ R

♥ ε❯♠♥ ♥r ❩ ♥s P♥ts p ♥s p ∈ R rts p ∈ C ♥ ♥s♠♥ts ak ♥r ♦ (an) ♥ ♥r s♦♥ ❯♠♥

Lies ♠n→∞

an = a als „Limes (Grenzwert) von an für n gegen ∞ ist gleich a.“

Zwei alternative Definitionen des Grenzwertbegriffs:Alternative 1: Eine Folge (an) heisst konvergent mit Grenzwert a, wenn in jeder(!) ε-Umgebungvon a, Uε(a), fast alle (d. h., alle bis auf endlich viele) Glieder der Folge liegen.Alternative 2: Eine Folge (an) heisst konvergent mit Grenzwert a, wenn zu jedem(!) reellenε > 0 ein N(ε) ∈ N existiert mit |an − a| < ε für n > N(ε). 2

Eine Folge mit Grenzwert a = 0 heisst Nullfolge.

Beispiel zum Grenzwertbegriff:Die Folge (an) mit an = 1/n hat den Grenzwert a = ♠n→∞ an = 0, denn für beliebig kleines ε > 0

folgt aus |an − a| = |1/n| < ε, dass alle an mit n > N(ε) = ⌈1/ε⌉ in der Umgebung Uε(0) von a = 0

liegen. •

Beispiele für Nullfolgen: Häufig auftretende (und verwendete) Nullfolgen (an) (n > 0) sind:(1) an = 1/(n+ 1) (Stammbrüche, s. o.),(2) an = xn (|x| < 1, Beweis dazu s. Übung),(3) an = xn/n (x ∈ R). •

Beweis für ♠n→∞ xn/n = 0 für alle x ∈ R: Zu jedem x ∈ R kann eine natürliche Zahl N > 2 |x|

gewählt werden. Dann gilt für alle n > N

∣∣∣∣xn

n

∣∣∣∣ =∣∣∣∣xN

N

∣∣∣∣ ·|x|

N+ 1· . . . · |x|

n<

∣∣∣∣xN

N

∣∣∣∣ ·(N

2

1

N+ 1

)· . . . ·

(N

2

1

n

)<

∣∣∣∣xN

N

∣∣∣∣(1

2

)n−N

=2N∣∣xN

∣∣N

(1

2

)n

Daraus folgt nun aber

0 < ♠n→∞

∣∣∣∣xn

n

∣∣∣∣ < ♠n→∞

2N∣∣xN

∣∣N

(1

2

)n

=2N∣∣xN

∣∣N

♠n→∞

(1

2

)n

=2N∣∣xN

∣∣N

· 0 = 0

womit nachgewiesen ist, dass xn/n bei festem x ∈ R gegen 0 strebt, wenn n→∞ geht.— q. e. d.

Eine Folge, die nicht konvergent ist, heisst divergent (wir verzichten hier auf eine feinere Un-terscheidung verschiedener Arten des „Divergenzverhaltens“).

⌈x⌉ = ♠♥ k ∈ Z |k > x st r♥♥s♥t♦♥ s rt ♥st ♥③ ❩ k rössr s x st

© ♥r ♦♠r

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t♠t ♥sttt ür ♠ ♥ ♦♠ ❯ r♥

Drei nützliche Sätze über Konvergenz und Beschränktheit von Folgen:

1. Der Grenzwert einer konvergenten Folge ist eindeutig.

Indirekter Beweis: Annahme: Es existieren zwei verschiedene Grenzwerte, α und β, einer konvergen-ten Folge (an). Wähle ε = 1

3|α− β| > 0. Dann gilt wegen der Grenzwertdefinition sicher:

(|an − α| < ε für alle n > Nα(ε)) ∧ (|an − β| < ε für alle n > Nβ(ε))

Für N = Nα(ε) +Nβ(ε) gilt dann:

(|an − α| < ε ∧ |an − β| < ε) für alle n > N

Mit Hilfe der Dreiecksungleichung folgt daraus aber ein WIDERSPRUCH:

3ε = |α− β| = |α− an + an − β| 6 |α− an|+ |an − β| = |an − α|+ |an − β| < ε+ ε < 2ε

Also war die Annahme falsch! Der Grenzwert einer konvergenten Folge ist also eindeutig.— q. e. d.

2. Jede konvergente Folge ist beschränkt.

Beweis: Ist (an) eine konvergente Folge, so exitiert ihr Grenzwert ♠n→∞ an = a. Aus der Grenzwert-definition folgt dann

|an − a| < ε ⇔ |an| < |a|+ ε für alle n > N(ε)

Dann ist die ZahlM = ♠①

|a0| , |a1| , . . . ,

∣∣aN(ε)−1

∣∣ , |a|+ ε

eine Schranke der konvergenten Folge (an). — q. e. d.

3. Nur für reelle Folgen gilt: Jede monotone und beschränkte Folge ist konvergent.

Beweis (nur für den monoton steigenden Fall): Es gilt an 6 an+1 und es gibt das Supremum S =

s♣ (an). Dann existiert zu jedem ε > 0 eine natürliche Zahl N, so dass:

S− ε < aN 6 an 6 S für alle n > N

(andernfalls wäre nicht S, sondern S− ε das Supremum). Daraus folgt nun aber weiter

S− ε < an < S+ ε ⇒ − ε < an − S < + ε ⇒ |an − S| < ε ⇒ ♠n→∞

an = S

Eine monoton steigende und beschränkte Folge ist also konvergent. Ihr Grenzwert ist das Supremumder Folge. — q. e. d.

Es braucht also gar nicht mehr nach Konvergenz gesucht zu werden, wenn die Folge nichtsowohl monoton als auch beschränkt ist.

Ein Nachteil unserer Grenzwert-Definition ist, dass sie keine Vorschrift zum Finden oder Be-rechnen des Grenzwertes liefert. Vielmehr muss eine Zahl a als „Kandidat“ für den Grenzwertgewählt werden, und dann gezeigt werden, dass die Folge (an − a) eine Nullfolge ist.

Anmerkung: Es gibt wirkungsvollere Methoden zur Suche des Grenzwertes einer Folge als unser„Versuch-und-Irrtum“-Verfahren. Diese bauen auf dem Begriff der Cauchy-Folge (nach Augustin LouisCauchy [frz. ko"SI], 1789–1857) auf, welcher jedoch nicht zum Stoff dieser Vorlesung gehört.

r♥③rtr♥♥ ♥ r♥③rtsät③

Zur Berechnung des Grenzwertes einer Folge (an) gelingt häufig schon durch geschicktesUmformen von an (mit Hilfe der bekannten Rechenregeln) zu einem äquivalenten Ausdruck,der bekannte Nullfolgen enthält.

Beispiele:(1) an = n/(n+ 1) ist, ohne Umformung, für n→∞ ein unbestimmter Ausdruck „∞/∞“, aber:

an =n

n+ 1=

1

1+ 1n

⇒ ♠n→∞

an = ♠n→∞

1

1+ 1n

=1

1+ 0= 1

© ♥r ♦♠r

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an =n

n+ 1=n+ 1− 1

n+ 1= 1−

1

n+ 1⇒ ♠

n→∞an = ♠

n→∞

(1−

1

n+ 1

)= 1− 0 = 1

(2) an =√n2 + 3n+ 1−n ist, ohne Umformung, für n→∞ ein unbestimmter Ausdruck „∞−∞“, aber:

an =√n2 + 3n+ 1− n =

(n2 + 3n+ 1) − n2

√n2 + 3n+ 1+ n

=3n+ 1√

n2 + 3n+ 1+ n=

3+ 1n√

1+ 3n+ 1

n2 + 1

⇒ ♠n→∞

an = ♠n→∞

3+ 1n√

1+ 3n+ 1

n2 + 1=

3+ 0√1+ 0+ 0+ 1

=3

2

•Bei diesen Rechenbeispielen haben wir von den Grenzwertsätzen für Folgen Gebrauch ge-macht. Diese erklären, wie die Operation „bilde Grenzwert“ (♠) mit den Grundrechenarten(Addition, Multiplikation) zu verknüpfen ist. Zusammengefasst gilt einfach, dass die Operati-on „bilde Grenzwert“ mit anderen Rechenoperationen vertauscht werden darf, sofern nur alledabei neu auftretenden Grenzwerte existieren.

Sätze über Grenzwerte von Folgen: Sind (an) und (bn) konvergente Folgen mit den Grenz-werten a bzw. b (a, an, b, bn ∈ C), dann gilt:

(a) für die Folge der Summen/Differenzen an ± bn:

♠n→∞

(an ± bn) = ♠n→∞

an ± ♠n→∞

bn = a± b

(aber dies ist nicht anwendbar für Ausdrücke der Form „∞−∞“).(b) für die mit einem konstanten Faktor multiplizierte Folge γan (γ ∈ C):

♠n→∞

(γan) = γ ♠n→∞

an = γa

(c) für die Folge der Produkte an · bn:

♠n→∞

(an · bn) =(

♠n→∞

an

)·(

♠n→∞

bn

)= a · b

(aber dies ist nicht anwendbar für Ausdrücke der Form „0 ·∞“ oder „∞ · 0“).(d) für die Folge der Quotienten an/bn (|bn| > 0 für n > n0, b 6= 0):

♠n→∞

an

bn= ♠

n→∞

(an ·

1

bn

)=

♠n→∞

an

♠n→∞

bn=a

b

(aber dies ist nicht anwendbar für Ausdrücke der Form „∞/∞“ oder „0/0“).

Beweise:zu (a) (für die Summenfolge)Es sei |an − a| < ε/2 für alle n > Na(ε/2) und |bn − b| < ε/2 für alle n > Nb(ε/2). Dann gilt

|(an + bn) − (a+ b)| 6 |an − a|+ |bn − b| <ε

2+ε

2= ε für alle n > N(ε) = ♠① Na, Nb

Damit ist a+ b als Grenzwert der konvergenten Folge (an + bn) nachgewiesen. — q. e. d.zu (b) (trivial)zu (c) Da (an) und (bn) konvergente Folgen sind, existieren die Schranken Sa und Sb mit |an| 6 Sabzw. |bn| 6 Sb. Damit ergeben sich zunächst die beiden Beziehungen

|anbn − ab| = |anbn − anb+ anb− ab| 6 |anbn − anb|+ |anb− ab| = |an| |bn − b|+ |an − a| |b|

6 Sa |bn − b|+ |an − a| |b|

|anbn − ab| = |anbn − abn + abn − ab| 6 |anbn − abn|+ |abn − ab| = |an − a| |bn|+ |a| |bn − b|

6 |an − a| Sb + |a| |bn − b|

© ♥r ♦♠r

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Beide Ungleichungen lassen sich zusammenfassen zu der Bedingung

0 < |anbn − ab| 6 Sa |bn − b|+ |an − a| Sb < ε für alle n > N(ε)

Dies lässt sich aber durch Wahl eines genügend grossen n stets erreichen! — q. e. d.zu (d) (kann analog zu (c) erfolgen)

Beispiel: Anwendung der Grenzwertsätze auf die Iterationsvorschrift für das „babylonisches Wurzelzie-hen“ (s. o., auch Heron-Verfahren, nach Heron von Alexandria, 1. Jhdt. n. Chr.), unter Annahme vonKonvergenz der Folge (xn), ♠

n→∞xn = x, liefert zunächst eine einfache Gleichung in einer Unbekannten

x, die sich leicht umformen lässt:

xn+1 =1

2

(xn +

a

xn

)⇒ x =

1

2

(x+

a

x

)⇔ 2x = x+

a

x⇔ x =

a

x⇔ x2 = a .

Also ist die Iterationsvorschrift zu x2 = a (bzw. zu x2 − a = 0, also Nullstellensuche) äquivalent. •

Für beliebige rationale Potenzen gilt allgemein (an ∈ R, an > 0):

♠n→∞

(an)q =

(♠

n→∞an

)q= aq (q ∈ Q).

Schliesslich kann der Grenzwert einer Folge (cn) auch durch Vergleich mit anderen Folgen,deren Grenzwerte bekannt sind, erhalten werden. Wenn zwei verschiedene Folgen, (an) und(bn), mit an < bn für alle n, denselben Grenzwert g besitzen, und die Glieder einer drittenFolge (cn) für alle n > n0 „zwischen“ jenen der Folgen (an) und (bn) liegen, dann hat auchdie Folge (cn) den Grenzwert g:

( ♠n→∞

an = g ∧ ♠n→∞

bn = g ∧ an 6 cn 6 bn für alle n > n0) ⇒ ♠n→∞

cn = g .

Beispiel: Eine Variation dieses Themas (Konvergenz zweier Folgen gegen denselben Grenzwert, ein-mal von oben und einmal von unten) ist die Grundlage jeder Intervallschachtelung:

a1 < . . . < an−1 < an < an+1 < . . . < x < . . . < bn+1 < bn < bn−1 < . . . < b1 (n ∈ N).

Zur Illustration sollen die zwei Folgen (an) und (bn) mit

an =

(1+

1

n

)n

, bn =

(1+

1

n

)n+1

= an

(1+

1

n

)> an

untersucht werden. Wir zeigen, dass beide Folgen konvergieren, und zwar zum selben Grenzwert, dieeine von unten und die andere von oben. Dieser gemeinsame Grenzwert ist die Euler-Zahl . Diefolgende Tabelle gibt (Näherungs-)Werte für ein paar Glieder beider Folgen an:

n 1 10 100 1000 10000 100000

an 2 2.59 2.705 2.7169 2.71815 2.71827

bn 4 2.85 2.732 2.7196 2.71842 2.71830

Vermutlich existiert also eine (sehr langsam konvergierende) Intervallschachtelung, mit

2 = a1 < an < ≈ 2.7183 < bn < b1 = 4 .

Dass hier tatsächlich eine Intervallschachtelung vorliegt, wird jetzt bewiesen (in drei Teilschritten, vondenen zwei die BERNOULLI-Ungleichung nutzen):(1) Die Folge (an) ist streng monoton steigend, denn für alle n > 1 ist an > an−1 weil

an/an−1 =(n+1n

)n (n−1n

)n−1=(n2−1n2

)n nn−1

=(1− 1

n2

)n nn−1

>(1− 1

n2 · n)

nn−1

= 1

(2) Die Folge (bn) ist streng monoton fallend, denn für alle n > 1 ist bn−1 > bn weil

bn−1/bn =(

nn−1

)n ( nn+1

)n+1=(

n2

n2−1

)n+1 n−1n

=(1+ 1

n2−1

)n+1n−1n>(1+ 1

n2−1· (n+ 1)

)n

n−1= 1

© ♥r ♦♠r

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(3) Beide Folgen konvergieren zum selben Grenzwert, denn (bn−an) ist eine Nullfolge. Alle Glieder derDifferenzenfolge sind positiv (das war aber schon bekannt, s. o.),

bn − an = an(1+ 1

n− 1)=(1+ 1

n

)n (1+ 1

n− 1)= an · 1n > 0

(aber hier kann man jetzt „sehen“, wie langsam die Konvergenz ist), und wegen 4 = b1 > bn > an ist

4n> an · 1n = |bn − an| > 0 .

Daraus folgt bn − an → 0 für n→∞, oder äquivalent (und kürzer): ♠n→∞

(bn − an) = 0. — q. e. d.

Im Folgenden werden nun noch die wesentlichen Schritte genannt, die zu einem rascher konvergieren-den Ausdruck für führen. Anwendung des Binomialtheorems auf an ergibt zunächst:

an =(1+ 1

n

)n=

n∑

k=0

(nk

) (1n

)k=

n∑

k=0

n

k(n−k)

(1n

)k=

n∑

k=0

1k

n

(n−k)nk

= 1+ 1+ 12

(1− 1

n

)+ 1

3

(1− 1

n

) (1− 2

n

)+ . . .+ 1

k

(1− 1

n

) (1− 2

n

)· . . . ·

(1− k−1

n

)+ . . .+

(1n

)n

Für n → ∞ wird nun nicht nur aus der endlichen Summe eine unendliche Summe, sondern zudemvereinfachen sich die einzelnen Summanden, so dass

♠n→∞

an = 1+ 1+1

2+1

3+ . . .+

1

k+ . . . =

∞∑

k=0

1

k=

Die hierbei entstandene unendliche Summe ist ein Beispiel für eine Reihe. Beim naiven Versuch, dieseReihe durch Summation der ersten Terme auszuwerten, ergeben sich die folgenden Werte:

s1 = 1+ 1 = 2 , s2 = s1 +12= 5

2= 2.5 , s3 = s2 +

16= 8

3= 2.6 , . . . , s10 = 2.7182818... , . . .

Offenbar konvergiert diese Folge der Teilsummen (Partialsummen) (sn) viel rascher gegen den Grenz-wert, die Euler-Zahl , als die ursprüngliche Folge (an). •

♠♥s

Die Glieder einer Folge (ak) (k ∈ N) lassen sich summieren (addieren, zusammenzählen).Durch Summierung der ersten Glieder der Folge (ak) entstehen sogenannte Partialsummen(Teilsummen), z. B.

sn =

n∑

k=0

ak = a0 + a1 + . . .+ an−1 + an .

Jede dieser Summen ist eine endliche Summe oder endliche Reihe. Die Partialsummen snbilden selbst wieder eine Folge, die sogenannte Partialsummenfolge (sn) der Folge (ak).Partialsummen lassen sich immer rekursiv berechnen (Start mit s0 = a0, dann sn+1 = sn +

an+1 für n > 0), aber ob dieser einfache offensichtliche Weg effektiv ist, ist eine andere Frage.

Beispiele:(1) Die Partialsummenfolge (sn) der Folge (1/k) (s. o.).(2) Die Zahlendarstellung einer reellen Zahl in einem Stellenwertsystem zur Basis b (vgl. S. 17). Für dieEuler-Zahl gilt (im Dezimalsystem, b = 10)

= 2.718281828...(10) = 2+7

10+

1

100+

8

1000+

2

10000+ . . . =

∞∑

k=0

ak =

∞∑

k=0

nk

10k,

mit der Summandenfolge (ak) = (nk/10k) = (2, 7/10, 1/100, 8/1000, 2/10000, . . .). Zu deren Festlegung

genügt aber die Kenntnis der gewohnten Ziffernfolge (nk) = (2, 7, 1, 8, 2, 8, 1, 8, 2, 8, . . .). Die Zahlen

s1 = 2710, s2 = 271

100, s3 = 2718

1000, s4 = 27182

10000

r ♥ts♣r♥ ♥s r st ❵♥t srs

© ♥r ♦♠r

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sind die ersten Glieder der hierzu gehörigen Partialsummenfolge. •

Von grösstem allgemeinem Interesse sind nun natürlich Methoden oder Kriterien, mit welchensich die Konvergenz einer Partialsummenfolge (sn) prüfen lässt. Die uns bisher bei Folgen (ak)

genügende Methode (Umformung, so dass Nullfolgen enstehen, kombiniert mit der Anwendungder Grenzwertsätze) wird dabei nicht ausreichen. Zuvor ist aber der Begriff der Reihe ersteinmal zu definieren:

Definition: Die aus einer Folge (ak) (k ∈ N) durch Summation ihrer ersten Glieder entstehen-den Partialsummen (s. o.) bilden die Partialsummenfolge (sn). Der Ausdruck

♠n→∞

sn = ♠n→∞

n∑

k=0

ak =

∞∑

k=0

ak

heisst unendliche Reihe (meist kurz nur Reihe genannt). Falls dieser Grenzwert existiert, soheisst die Reihe konvergent, und man kann schreiben

♠n→∞

sn = S .

Die Zahl S heisst dann Grenzwert der Partialsummenfolge, oder Summe der unendlichenReihe. 2

Anmerkung: Der Ausdruck ♠n→∞ sn tritt hier zweimal auf, mit unterschiedlicher Bedeutung. Zumeinen als „unendliche Summe“ (Reihe), zum anderen als „Grenzwert“ der Partialsummenfolge.

Da Reihen „nur“ eine besondere Form von Folgen sind, gelten für konvergente Reihen diesel-ben Rechenregeln, die für Folgen gelten (wegen der Gültigkeit der Grenzwertsätze für Folgen,hier angewandt auf Partialsummenfolgen). So z. B.:

∞∑

k=0

ak +

∞∑

k=0

bk =

∞∑

k=0

(ak + bk)

µ

∞∑

k=0

ak =

∞∑

k=0

µak (µ ∈ C)

Beispiel: Der Ausdruck

sn = a0

n∑

k=0

qk = a0 + a0q+ a0q2 + . . .+ a0q

n , q ∈ C ,

heisst endliche geometrische Reihe. Wegen

(1− q)sn = (1− q)a0

n∑

k=0

qk = a0

(n∑

k=0

qk −

n∑

k=0

qk+1

)= a0

(n∑

k=0

qk −

n+1∑

k=1

qk

)= a0(1− q

n+1)

erhält man als Summe der endlichen geometrischen Reihe den Ausdruck

sn = a01− qn+1

1− q(q 6= 1).

(Was ergibt sich, falls q = 1 ist?)Wenn |q| < 1 ist, ist (qk) eine Nullfolge. Dann, und nur dann, existiert der Grenzwert von sn für n→∞:

S = ♠n→∞

sn = a0

∞∑

k=0

qk = a01

1− q(|q| < 1).

Dies ist die Summe der unendlichen geometrischen Reihe. •

r ♥ts♣r♥ ♥s r st ❵♥♥t srs ♦r r③ ❵srs

© ♥r ♦♠r

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♦♥r♥③rtr♥ ür ♥

Zur bequemeren Untersuchung der Konvergenz von Reihen brauchen wir Kriterien, die sich vorder Summation der Reihe anwenden lassen — um uns erst anschliessend, nach erfolgreichemNachweis der Konvergenz, zu überlegen, ob und ggf. wie die Summation ausgeführt werdenkann.

Wir beginnen mit dem notwendigen Konvergenzkriterium für Reihen:

Für jede konvergente Reihe S =

∞∑

k=0

ak ist die Folge (ak) eine Nullfolge (d. h. ♠n→∞

an = 0).

Beweis: Zunächst gilt:

an =

n∑

k=0

ak −

n−1∑

k=0

ak

Als Grenzwert für n→∞ ergibt sich daraus

♠n→∞

an =

(♠

n→∞

n∑

k=0

ak

)−

(♠

n→∞

n−1∑

k=0

ak

)=

∞∑

k=0

ak −

∞∑

k=0

ak = S− S = 0

— q. e. d.

Harmonische Reihe (wichtiges Beispiel einer divergenten Reihe): Die Partialsumme sn derNullfolge der positiven Stammbrüche (1/k) (k > 0, k ∈ N) ist

sn =

n∑

k=1

1

k.

Diese Partialsummen sind endliche harmonische Reihen, die aus ihnen gebildete Partialsum-menfolge (sn) konvergiert aber nicht (Beweis s. u.), und man sagt daher:

Die harmonische Reihe∞∑

k=1

1

kist divergent.

Anmerkung: Dies wird bei divergenten Reihen häufig so geschrieben, obwohl die unendliche Summegar nicht existiert.

Beweis der Divergenz der harmonischen Reihe: Die Partialsummen sn mit n = 2N wachsen fürn→∞ über jede Schranke:

s2 = 1+ 12,

s4 = s2 +13+ 1

4> s2 +

14+ 1

4= s2 +

24= 1+ 2

2,

s8 = s4 +15+ . . .+ 1

8> s2 +

24+ 4

8= 1+ 3

2,

...

s2N = 1+ 12+ 1

3+ . . .+ 1

2N > s2 +24+ 4

8+ . . .+ 2N−1

2N = 1+ N2→∞

— q. e. d.

Leibniz-Kriterium (hinreichende Bedingung für Konvergenz alternierender Reihen, nach Gott-fried Wilhelm Leibniz, 1646–1716): Die alternierende Reihe

∞∑

k=0

(−1)kak = a0 − a1 + a2 − a3 ± . . . (alle ak > 0)

ist konvergent, falls (ak) eine monoton fallende Nullfolge ist ( ♠k→∞

ak = 0 und ak > ak+1).

Beweis: Zu zeigen ist, dass die beiden Teilfolgen von Partialsummen (s2l) und (s2l+1) konvergieren(das tun beide, weil sie monoton und beschränkt sind) und denselben Grenzwert haben.Zunächst zur Folge (s2l): Diese Folge ist nach unten beschränkt, denn

s2l =

2l∑

k=0

(−1)kak =

l−1∑

i=0

(a2i − a2i+1) + a2l > a2l > 0 ,

© ♥r ♦♠r

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und sie ist monoton fallend, denn s2l+2 − s2l = a2l+2 − a2l+1 6 0. Also ist die Folge (s2l) konvergent.Nun zur Folge (s2l+1): Diese Folge ist nach oben beschränkt, denn

s2l+1 =

2l+1∑

k=0

(−1)kak = a0 −

l−1∑

i=0

(a2i+1 − a2i+2) − a2l+1 6 a0 ,

und sie ist monoton steigend, denn s2l+3 − s2l+1 = − a2l+3 + a2l+2 > 0. Also ist die Folge (s2l+1)

ebenfalls konvergent.Beide Folgen haben denselben Grenzwert, weil ihre Differenzenfolge eine Nullfolge ist:

♠l→∞

(s2l+1 − s2l) = ♠l→∞

( − a2l+1) = 0

— q. e. d.

Beispiele:(1) Alternierende Summe der Stammbrüche:

∞∑

k=0

(−1)k

k+ 1= 1−

1

2+1

3−1

4± . . . = ♥ (2) , 1−

1

2=1

2< ♥ (2) < 1 .

Diese Summe tritt auf bei der Berechnung der elektrostatischen Bindungsenergie je Ionenpaar für einelineare Kette von Ionen mit Ladungen q± = ±ze: E =M(q+q−)/(4πε0 a) (a Abstand zwischen benach-barten Ladungen). Die dimensionslose Konstante M = 2 ♥ (2) heisst Madelung-Konstante der linearenKette (nach Erwin Madelung, 1881–1972).(2) Alternierende Summe der Kehrwerte der ungeraden natürlichen Zahlen (die sogen. Leibniz-Reihe):

∞∑

k=0

(−1)k

2k+ 1= 1−

1

3+1

5−1

7± . . . = rt♥ (1) =

π

4, 1−

1

3=2

3<π

4< 1 .

Das Leibniz-Kriterium ist sehr speziell (nicht alle Reihen sind alternierend). Daher werden all-gemeinere Konvergenzkriterien benötigt. Alle weiteren Kriterien, die hier vorgestellt werden,prüfen eine Reihe auf absolute Konvergenz (auch unbedingte Konvergenz genannt).

Definition: Die Reihe∞∑

k=0

ak heisst absolut (oder unbedingt) konvergent, wenn die Reihe

∞∑

k=0

|ak| konvergiert. 2

Satz: Aus absoluter Konvergenz (Konvergenz von∞∑

k=0

|ak|) folgt stets Konvergenz von∞∑

k=0

ak.

Beweis: Wegen (verallgemeinerte Dreiecksungleichung)

∞∑

k=0

|ak| 6 sn =

n∑

k=0

ak 6

∞∑

k=0

|ak|

ist die Partialsummenfolge (sn) beschränkt. Ausserdem ist die Partialsummenfolge der (nicht-negativen)

Differenzenn∑

k=0

(|ak|− ak) beschränkt und monoton steigend, und also konvergent. Damit folgt aber die

zu zeigende Konvergenz der eigentlich interessierenden Reihe, da diese sich nun als Differenz zweierkonvergenter Reihen schreiben lässt:

∞∑

k=0

ak =

∞∑

k=0

|ak|−

∞∑

k=0

(|ak|− ak) .

— q. e. d.

© ♥r ♦♠r

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Hinreichende Bedingungen für absolute Konvergenz von Reihen:

(1) Majorantenkriterium: Die Reihe∞∑

k=0

|ak| ist konvergent, wenn∞∑

k=N

bk, mit bk > |ak| für

alle k > N, konvergiert. Es gilt dann∞∑

k=N

|ak| 6

∞∑

k=N

bk, und die Reihe∞∑

k=N

bk heisst

Majorante. Häufig verwendete Majoranten sind die geometrische Reihe oder die Reiheder Quadrate der Stammbrüche:

∞∑

k=0

qk =1

1− q(|q| < 1) ,

∞∑

k=1

1

k2=π2

6.

Das Majorantenkriterium, das häufig zur Prüfung auf Konvergenz von Reihen in C sehrnützlich ist, liefert — unter Bezug auf die geometrische Reihe — zwei weitere Kriterien:

(2) Quotientenkriterium: Die Reihe∞∑

k=0

|ak| ist konvergent, wenn

∣∣∣∣ak+1

ak

∣∣∣∣ 6 q < 1 für alle

k > N gilt, denn dann ist |a0|∞∑

k=N

qk eine Majorante (wegen |ak+1| 6 |ak| q 6 |a0| qk+1).

(3) Wurzelkriterium: Die Reihe∞∑

k=0

|ak| ist konvergent, wenn k√

|ak| 6 q < 1 für alle k > N

gilt, denn dann ist∞∑

k=N

qk eine Majorante (wegen |ak| 6 qk).

Anmerkungen: (1) Aus der Erfüllung eines dieser Kriterien folgt Konvergenz (denn diese Kriterien stel-len hinreichende Bedingungen dar). Bei Nichterfüllen eines Kriteriums muss man genauer hinsehen:Falls q > 1, so folgt Divergenz statt Konvergenz. Falls q = 1, so kann keine Aussage bzgl. Konvergenzoder Divergenz gemacht werden (das angewandte Kriterium könnte dann evtl. einfach nur nicht „genü-gend hinreichend“ gewesen sein um Konvergenz zu prüfen). (2) Die Suche eines geeigneten q für dieAnwendung des Quotientenkriteriums (Wurzelkriteriums) erfolgt in der Praxis durch Untersuchung desGrenzwertes von |ak+1/ak| ( k

√|ak|) für k→∞.

Beweis des Majorantenkriteriums (zur Vereinfachung ist N = 0 angenommen): Wegen

0 6 sn =

n∑

k=0

|ak| 6

n∑

k=0

bk 6

∞∑

k=0

bk

ist die monoton steigende Folge (sn) der Partialsummen auch beschränkt, und also konvergent.— q. e. d.

Beispiele:(1) Nachweis der Konvergenz von

∑∞k=1(1/k

2) (Anwendung des Majorantenkriteriums): Für k > 1 ist

1

k2<

1

(k− 1)k=

1

k− 1−1

k,

so dass sich in diesem Fall die Reihe∑∞

k=2 1/((k − 1)k) als Majorante anbietet, die, wie sich zeigt,konvergent ist:

1 6 sn =

n∑

k=1

1

k2= 1+

n∑

k=2

1

k2< 1+

n∑

k=2

1

k− 1−

n∑

k=2

1

k= 1+

(1+

1

2+ . . .+

1

n− 1

)−

(1

2+1

3+ . . .+

1

n

)

1 < ♠n→∞

sn =

∞∑

k=0

1

k2< ♠

n→∞

(1+ 1−

1

n

)= 2

Damit ist gezeigt, dass die monoton steigende Partialsummenfolge (sn) beschränkt ist, also konvergiertsie (von der oben angegebenen Summe der Reihe, π2/6, wissen wir damit noch gar nichts, ausser dasssie existiert und zwischen den Zahlen 1 und 2 liegt, aber jetzt gibt es Sicherheit, dass sie existiert, unddamit Anlass zu ernsthafter Suche, siehe unten).

© ♥r ♦♠r

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(2) Nachweis der Konvergenz von∑∞

k=0(1/k) (Anwendung des Quotientenkriteriums): Für alle k > 1

(also ab ak+1/ak = a2/a1) gilt

∣∣∣∣ak+1

ak

∣∣∣∣ =k

(k+ 1)=

1

k+ 161

2< 1 .

Damit ist ein geeignetes q (nämlich q = 1/2) gefunden. Der Nachweis der Konvergenz mit Hilfe desQuotientenkriteriums ist damit schon erbracht. Um eine bessere obere Schranke der Reihe anzugebensehen wir uns die Majorante (geometrische Reihe mit q = 1/2) noch etwas genauer an. Wir wissenschon, dass die Summe der hier betrachteten Reihe grösser als 2 ist, also

2 <

∞∑

k=0

1

k= 1+

∞∑

k=1

1

k= 1+

(1+

1

2+1

6+1

24+ . . .

)

< 1+

(1+

1

2+1

4+1

8+ . . .

)= 1+

∞∑

j=0

(1

2

)j

= 1+1

1− (1/2)= 3

Damit können wir jetzt die früher gemachte Abschätzung 2 < < 4 (s. o.) zu 2 < < 3 präzisieren. •

❲tr ♥r♥ ür ♥

Für konvergente Reihen wurden die beiden Rechenregeln

∞∑

k=0

ak +

∞∑

k=0

bk =

∞∑

k=0

(ak + bk) , µ

∞∑

k=0

ak =

∞∑

k=0

µak (µ ∈ C)

bereits genannt. Solche Reihen dürfen daher mit beliebigen Faktoren multipliziert und zusam-menaddiert werden. Das Resultat ist wieder eine konvergente Reihe.

Anders als bei endlichen Summen ist das Umordnen von Gliedern bei Reihen (unendlichenSummen) im allgemeinen nicht erlaubt. Das folgende Beispiel illustriert, dass das sorgloseUmordnen der Glieder einer Reihe zu einem völlig unsinnigen Ergebnis einer Rechnung führenkann: Addition von ♥ (2) zu 1

2 ♥ (2) unter Verwendung der Reihe für ♥ (2) (s. o.) sollte zu 32 ♥ (2)

führen,

♥ (2) = 1− 12 + 1

3 − 14 + 1

5 − 16 + 1

7 ± . . .12 ♥ (2) = 1

2 − 14 + 1

6 ∓ . . .

32 ♥ (2) 6= 1− 1

2 + 13 − 1

4 + 15 − 1

6 + 17 ± . . . = ♥ (2) ,

aber die umgeordnete(!) Summe beider Reihen liefert nur wieder ♥ (2). Die Reihe für ♥ (2) isteine bedingt konvergente Reihe (solche Reihen konvergieren nur unter der Bedingung, dassihre Summanden eine bestimmte Reihenfolge einhalten). Allgemein gilt der

Satz: Konvergiert eine Reihe absolut, so konvergiert jede umgeordnete Reihe gegen denselbenGrenzwert.

Beweisidee: Die konvergente unendliche Summe R =

∞∑

k=0

|ak| ändert sich durch Umordnung ihrer Sum-

manden nicht (alle sind positiv, alle werden berücksichtigt). Deshalb sind Partialsummenfolgen, gebildetmit beliebig umgeordneten Summanden dieser Reihe, nicht nur monoton steigend, sondern durch einund dasselbe R nach oben beschränkt. Damit ist Konvergenz für Reihen aus beliebig umgeordnetenSummanden |ak| nachgewiesen. Mit dem zuvor bewiesenen Satz zu absoluter Konvergenz folgt daraus

die Konvergenz auch für S =

∞∑

k=0

ak mit beliebig umgeordneten Summanden.

— q. e. d.

Für die Multiplikation absolut-konvergenter Reihen gilt der

© ♥r ♦♠r

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Produktsatz von Cauchy: Seien

A =

∞∑

k=0

ak , B =

∞∑

l=0

bl

zwei absolut-konvergente Reihen. Ihre Multiplikation ergibt dann die Produktreihe C:

AB =

(∞∑

k=0

ak

)(∞∑

l=0

bl

)=

∞∑

k=0

ck = C mit ck =

k∑

l=0

ak−lbl =

k∑

j=0

ajbk−j .

Diese Produktreihe ist ebenfalls absolut-konvergent.

Anmerkung: Die angegebene Formel für die Glieder ck folgt durch Ausmultiplizieren und Zusammen-fassen der Produkte aibj mit gleicher Indexsumme i+ j = k.

P♦t♥③r♥

Definition: Eine Reihe der Form

∞∑

k=0

ak(z− z0)k = ♠

n→∞

n∑

k=0

ak(z− z0)k (ak, z, z0 ∈ C)

heisst Potenzreihe. 2

Anmerkungen: (1) Ein wichtiger, häufig auftretender Sonderfall ist z0 = 0. (2) Zu vorgegebener Folge

(ak) entsteht für z − z0 = 1 wieder die Reihe∞∑

k=0

ak, und für z − z0 = −1 die Reihe∞∑

k=0

(−1)kak. (3) In

Form der Potenzreihe werden uns die drei Grundoperationen Addition, Multiplikation und Grenzwertbil-dung Zugang zu beliebig genauen Funktionswerten beliebiger Funktionen geben. Noch fehlt aber (i) einallgemeines „Rezept“ zur Berechnung der dazu jeweils erforderlichen Glieder ak (dazu müssen wir erstdas Differenzieren sehr gut lernen) und (ii) die Kenntnis des Konvergenzradius R einer solchen Reihe.

Die Konvergenz einer Potenzreihe hängt nicht mehr nur von der Folge (ak), sondern auch von|z− z0| ab. Die Prüfung auf absolute Konvergenz mit Hilfe des Quotientenkriteriums führt aufden Konvergenzradius R der Potenzreihe:

♠k→∞

∣∣∣∣ak+1(z− z0)

k+1

ak(z− z0)k

∣∣∣∣ = |z− z0| ♠k→∞

∣∣∣∣ak+1

ak

∣∣∣∣ < 1 ⇒ |z− z0| < R = ♠k→∞

∣∣∣∣ak

ak+1

∣∣∣∣

Die Potenzreihe konvergiert für |z− z0| < R, und sie divergiert für |z− z0| > R.

Anmerkung: Alternativ und völlig analog kann auch das Wurzelkriterium zur Bestimmung des Konver-genzradius verwendet werden. So ergibt sich R = ( ♠

k→∞

k√ak)

−1.

Beispiele (in beiden wurde z0 = 0 gewählt):(1) Potenzreihe zur Folge (ak) mit ak = 1/k:

∞∑

k=0

1

kzk konvergiert für |z| < ♠

k→∞

∣∣∣∣ak

ak+1

∣∣∣∣ = ♠k→∞

∣∣∣∣(k+ 1)

k

∣∣∣∣ = ♠k→∞

|k+ 1| = ∞ .

Diese Potenzreihe konvergiert für alle z ∈ C, also an jedem Punkt der Gaussschen Zahlenebene (zurKonvergenzgeschwindigkeit der Partialsummenfolge ist damit aber noch gar nichts gesagt).(2) Potenzreihe zur Folge (ak) mit ak = (−1)k/k:

∞∑

k=1

(−1)k

kzk konvergiert für |z| < ♠

k→∞

∣∣∣∣ak

ak+1

∣∣∣∣ = ♠k→∞

∣∣∣∣(−1)k

k

k+ 1

(−1)k+1

∣∣∣∣ = ♠k→∞

∣∣∣∣k+ 1

k

∣∣∣∣ = 1 .

Diese Potenzreihe konvergiert nur für alle |z| < 1, also innerhalb des Einheitskreises um den Ursprungder Gaussschen Zahlenebene. •

© ♥r ♦♠r

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Die Euler-Zahl ist definiert durch = ♠n→∞

(1+ 1

n

)n=

∞∑

k=0

1

k. Nun untersuchen wir den Aus-

druck x (das ist bereits eine Funktion von x, s. nächstes Kapitel) für reelles positives x (x ∈ R,x > 0):

x =(

♠n→∞

(1+ 1

n

)n)x= ♠

n→∞

((1+ 1

n

)n)x= ♠

n→∞

(1+ 1

n

)nx= ♠

n→∞

(1+ x

nx

)nx

= ♠m→∞

(1+ x

m

)m

Nehmen wir m ∈ N an, so hilft uns das Binomialtheorem weiter:

x = ♠m→∞

(1+

x

m

)m= ♠

m→∞

m∑

k=0

(m

k

)( xm

)k= ♠

m→∞

m∑

k=0

1

k

m

(m− k)mkxk =

∞∑

k=0

xk

k

Dies ist das erste Beispiel für eine Reihe, die eine Funktion f(x) beschreibt, nämlich dieReihe für f(x) = x. Deren Konvergenz wurde aber gerade eben bereits für beliebiges z ∈ C

nachgewiesen (s. obiges Beispiel). Daher gilt

z =

∞∑

k=0

zk

k(z ∈ C).

Mit Hilfe dieser Reihe (und unter Verwendung des Binomialtheorems und des Produktsatzesvon CAUCHY) können wir das Potenzrechengesetz x+y = x y leicht beweisen:

x+y =

∞∑

k=0

(x+ y)k

k=

∞∑

k=0

1

k

( k∑

j=0

(k

j

)xjyk−j

)

=

∞∑

k=0

k∑

j=0

xj

j

yk−j

(k− j)=

( ∞∑

k=0

xk

k

)( ∞∑

l=0

yl

l

)

= x y .

Unter Verwendung der (inzwischen vertrauten, aber immer noch nicht bewiesenen) Euler-Beziehung ergibt sich damit:

z = x+y = x y = x (♦s (y) + s♥ (y)) = (x ♦s (y)) + (x s♥ (y))

Dies ist schon ein Beispiel einer komplexwertigen Funktion einer komplexen Variablen,w = f(z) = u(x, y) + v(x, y), deren Real- und Imaginärteile im allgemeinen Funktionen derReal- und Imaginärteile von z sind. Mit x = 0 folgt aus obiger Formel:

♦s (y) = (y) , s♥ (y) = ♠(y) .

Durch Kombination der Euler-Beziehung in der Form y = ♦s (y) + s♥ (y) mit der Reihe füry, welche in ihre Anteile gerader und ungerader Potenzen von y zerlegbar ist,

y =

∞∑

k=0

(y)k

k=

∞∑

l=0

(y)2l

(2l)+

∞∑

l=0

(y)2l+1

(2l+ 1)=

∞∑

l=0

(−1)ly2l

(2l)+

∞∑

l=0

(−1)ly2l+1

(2l+ 1),

ergeben sich damit nun sofort noch zwei weitere wichtige Reihen:

(y) = ♦s (y) =∞∑

l=0

(−1)l

(2l)y2l , ♠(y) = s♥ (y) =

∞∑

l=0

(−1)l

(2l+ 1)y2l+1 .

(Welche Konvergenzradien erwarten Sie für diese beiden Reihen?)

© ♥r ♦♠r

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Das Baseler Problem: Existiert∞∑

k=1

1

k2, und, falls ja, welchen Wert hat diese Summe?

Um die Mitte des 17. Jhdt. tauchten diese Fragen erstmals auf. Mehrere der führenden Mathematikerjener Zeit, darunter mindestens zwei aus der Baseler Mathematiker-Familie Bernoulli, konnten dieseFragen nicht beantworten. Die Frage nach der Existenz der Summe (Konvergenz der unendlichen Reihe)konnten wir oben bereits mit „ja“ beantworten. Zu welcher Zahl konvergiert nun diese Reihe? WelchenWert hat diese unendliche Summe? Im Jahr 1735 fand Euler eine erste heuristische Antwort: Aus derReihe für s♥ (x) (s. o.) folgt zunächst

s♥ (x)

x=1

x

∞∑

l=0

(−1)l

(2l+ 1)x2l+1 =

∞∑

l=0

(−1)l

(2l+ 1)x2l = 1−

x2

3+x4

5−x6

7± . . .

Der Ausdruck s♥ (x)/x hat also den Wert 1 bei x = 0, und ist andererseits aber gleich 0 für alle xn =

nπ 6= 0 (n ∈ Z). Da damit sämtliche Nullstellen von s♥ (x)/x bekannt sind, nahm Euler an, dass dannauch, ähnlich wie bei einem Polynom, die folgende Produktdarstellung gilt (was erst etwa hundert Jahrespäter von Karl Weierstrass, 1815–1897, bewiesen wurde):

s♥ (x)

x=

∞∏

n=1

(1−

x

xn

)(1−

x

x−n

)=

∞∏

n=1

(1−

x

)(1+

x

)=

∞∏

n=1

(1−

x2

n2π2

).

Ausmultiplizieren des Produkts und Sortieren der Terme mit x2 liefert dann, durch Vergleich mit demTerm zu x2 in der uns nun ja bekannten Reihe für s♥ (x)/x, die Identität

(1

π2+

1

4π2+

1

9π2+ . . .

)x2 = −

(1

π2

∞∑

k=1

1

k2

)x2 = −

1

3x2 = −

1

6x2 ,

woraus nun sofort folgt:∞∑

k=1

1

k2=π2

6.

Mit Kenntnis des Wertes dieser Summe konnte Euler nun die Güte von Partialsummen und anderenNäherungsausdrücken für diese Reihe leicht prüfen.

rst st ♥st ♠t r♥③t♠ ❲ss♥ ♥ ♥ ❩t ③ t♥ ös♥♥ ③ ♦♠♠♥ tt♣s♣♦rrst r♥

© ♥r ♦♠r

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t♠t ♥sttt ür ♠ ♥ ♦♠ ❯ r♥

①rs ♥r♦t♥ ♥ rt

Die Mandelbrot-MengeM (nach Benoît Mandelbrot, 1924–2010, frz.-amerikan. Mathematiker)ist die Menge aller komplexen Zahlen c, für welche die Glieder der durch z0 = 0, zn+1 = zn

2+c

rekursiv definierten Folge komplexer Zahlen (zn) beschränkt bleiben:

M = c ∈ C | zn+1 = zn2 + c, z0 = 0, ♠

n→∞|zn| <∞ .

In der Abb. 9 ist die Menge M in schwarz dargestellt. Ihrer Form wegen ist sie auch als„Apfelmännchen“ bekannt.

♥ ❩ rst♥♥ r ♥r♦t♥ M

Mandelbrot führte auch den Begriff „Fraktal“ ein (1975) zur Bezeichnung sich selbst ähnlicherund skaleninvarianter Gebilde. Ein Fraktal ist ein Objekt, welches auf verschiedenen Grössen-skalen ein zu sich selbst ähnliches Aussehen hat. Solchen Objekten lässt sich eine verallgemei-nerte Dimension, die Hausdorff-Dimension D, zuordnen, die nicht-ganzzahlige („gebrochene“)Werte haben kann (nach Felix Hausdorff, 1868–1942, dt. Mathematiker).

Die Mandelbrot-Menge selbst ist nur quasi-selbstähnlich, und daher kein Fraktal, obwohl beimVergrössern an vielen Stellen ihre „Randes“ Gebilde sichtbar werden, die der Menge M sehrähnlich sehen. Aus der Natur sind solche Objekte ebenfalls bekannt, z. B. Blutgefässe beiWirbeltieren, Tracheen bei Wirbellosen, Baumkronen oder Romanesco-Broccoli.

Dagegen ist die Koch-Kurve C (1904, nach Helge von Koch, 1870–1924, schwed. Mathema-tiker) ein perfektes Fraktal. Diese durch einen iterativen Prozess erzeugbare Kurve (s. Abb.10) hat Hausdorff-Dimension D = ♦ (4)/ ♦ (3) ≈ 1.26, eine unendliche Länge, und schliesstzwischen sich und der Horizontalen eine Fläche von endlichem Inhalt ein. Die Koch-Kurve iststetig, aber an keiner Stelle differenzierbar.

n = 0 n = 1 n = 2 n→∞

........................................................................................................... ........................................................................................................... ...........................................................................................................

♦r C

l0

l1 = 4× 13 l0

A1

l2 = 16× 112 l1

A2 = A1 + 4× 19 A1

♥ rst♥ tr♥③ü ♠ ❲ ③r ♦r

Länge des Streckenzugs nach n Schritten: ln = l0(4/3)n →∞.

Fläche zwischen Streckenzug und Horizontale nach n Schritten: An = A1

n−1∑

j=0

(4

9

)j

→ 9

5A1.

Anmerkung: Beginnt man mit einem gleichseitigen Dreieck mit Seitenlänge l0, statt mit einer Streckevon Länge l0, so entsteht eine sogenannte Kochsche Schneeflocke.

r ♥♥ tt♣s♣♦r♥r♦t♥ r♥ ♥r♦t rt ♦♠tr② ♦ tr r♠♥ ❨♦r

© ♥r ♦♠r