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MECKLENBURGISCHE & POMMERSCHE Evangelisches Wochenblatt für die Nordkirche Nr. 5 | 73. Jahrgang | 4. Februar 2018 | 1,70 Euro | www.kirchenzeitung-mv.de Mit dem „Eine-Welt-Preis“ ehrt die Nordkirche Initiativen, die globale Themen kreativ aufgreifen: 2018 ging es um Menschlichkeit, Flucht und die Erfahrung, die eigene Umwelt gestal- ten zu können. Der zweite Preis, die „Silberne Giraffe“, ging an „Welt- wechsel“, eine Veranstaltungsreihe des Eine-Welt-Landesnetzwerkes MV. Von Karina Dreyer Rostock/Hamburg. Seit 1996 zeich- net die Nordkirche mit dem „Eine- Welt-Preis“ Gruppen und Einzelper- sonen aus Hamburg, Mecklen- burg-Vorpommern und Schleswig- Holstein aus, die sich für mehr Ge- rechtigkeit in der Welt einsetzen und Beispielhaſtes geleistet haben. Wer die geschnitzten drei Giraffen mit Halsschleifen in Gold, Silber oder Bronze überreicht bekommt, darüber entscheidet eine Jury, die aus Mitglie- dern der Kirchenleitung, der Landes- synode und aus Fachleuten der Ent- wicklungszusammenarbeit besteht. 50 Bewerbungen gab es 2018. „Im Herzen nimmt das Engage- ment seinen Anfang, das diese Welt verändert. So können wir hoffnungs- voll und begeistert sein über die vie- len Menschen, vor allem Ehrenamtli- che, die sich für eine fairere und zu- kunſtsfähigere Welt einsetzen“, beton- te Bischof Gothart Magaard bei der Ehrung am vergangenen Freitag in der Christianskirche in Hamburg. Und der Präses der Landessynode, Andreas Tietze, erklärte: „Die Initiati- ven und Projekte machen deutlich, wo unsere gesellschaſtlichen Heraus- forderungen liegen, und legen den Finger in die Wunden unserer globa- len Gesellschaſt.“ Der erste Preis ging an das Projekt „Momentaufnahmen – Von Bewe- gungen und Begrenzungen“ des Ver- eins „W3 – Werkstatt für internatio- nale Kultur und Politik“ in Hamburg. Mit Aktionen, Ausstellungen und Theaterstücken vermittelt es histori- sche und politische Zusammenhänge sowie persönliche Erfahrungen von Menschen auf der Flucht. Den zweiten Preis bekam das Pro- gramm „Weltwechsel: entwicklungs- politische Bildung in Mecklenburg- Vorpommern“. Das ist eine Reihe von Veranstaltungen, mit denen das Eine- Welt-Landesnetzwerk MV Menschen für globale Zusammenhänge sensibili- sieren will. Rund 50 Vereine und Initi- ativen, Stiſtungen und Verbände wa- ren 2017 beteiligt, finanziert wurde die Reihe von Engagement Global, der Norddeutschen Stiſtung für Umwelt und Entwicklung, der Stiſtung Nord- Süd-Brücken und dem Kirchlichen Entwicklungsdienst der Nordkirche. Andrea Krönert und Alexis Schwartz nahmen die „Silberne Giraf- fe“ entgegen. „Wir sind an diesem Frei- tag nur zu zweit in Hamburg“, sagte Andrea Krönert, Sprecherin des Netz- werks, „aber mit uns haben 150 andere Mitglieder den Preis bekommen“. Denn so viele Menschen, schätzt sie, waren 2017 aktiv an der Veranstal- tungsreihe beteiligt, die aus über 100 Einzelveranstaltungen zu globalen Themen in ganz Mecklenburg-Vor- pommern bestand. „Wir freuen uns sehr über die Würdigung, die uns auch in der Vorbereitung auf „Weltwechsel“ im November 2018 motiviert.“ Relevanz durch viele, die an einem Strang ziehen In ihrer Laudatio betonte Barbara Riek von Brot für die Welt, wie wert- voll das Gemeinschaſtsprojekt gerade wegen der zum Teil sehr unterschied- lichen Akteure sei und sagte, Welt- wechsel gewinne „gesellschaftliche Relevanz durch den Zusammen- schluss von vielen, die am selben Strang ziehen.“ Über den dritten Preis freute sich der Hamburger Verein „Bunte Kuh“. Damit werden dessen Projekte ausge- zeichnet, in denen durch das Modellie- ren mit Lehm die psychomotorischen Fähigkeiten geschult werden sollen. Neben den drei Hauptpreisen wur- de auch ein „Start-up-Preis“ verge- ben: Das „Zentrum für Empower- ment und Interkulturelle Kreativität – ZEIK“ in Kiel-Gaarden entstand 2017 „aus einem Lotsenprojekt, bei dem junge Menschen, die selbst geflo- hen sind, neuen Geflüchteten ehren- amtlich bei der Integration helfen“, erläuterte Idun Hübner von der Zen- tralen Bildungs- und Beratungsstelle für Migrantinnen und Migranten. Sie unterstützt das ZEIK, das Neuankom- menden Chancen ermöglicht, sich mit eigenen Ideen in das kulturelle Leben von Kiel einzubringen und ei- gene Projekte wie Tanzworkshops oder Computerkurse zu entwickeln. Entwicklungspolitische Veranstaltungsreihe in MV mit Eine-Welt-Preis der Nordkirche ausgezeichnet Silberne Giraffe für „Weltwechsel“ 4 197723 501702 5 0 ANZEIGE Jugendliche leben gern in Vorpommern Greifswald. Die meisten jungen Menschen fühlen sich wohl im Land- kreis Vorpommern-Greifswald: 80,1 Prozent haben bei einer Umfrage angegeben, gern bis sehr gern im Landkreis zu leben, teilte der Land- kreis mit. Insgesamt hätten 450 jun- ge Menschen bis 27 Jahre an der Online-Umfrage teilgenommen. Ver- besserungsbedarf sehen die Ju- gendlichen und Studenten vor allem beim Nahverkehr, dem Bauzustand der Schulen, Freizeitangeboten, Ein- kaufsmöglichkeiten, Handynetz und Internetanbindung. Dagegen punkte die Region mit der Natur, dem Studi- enangebot, der Nähe zum Wasser, freundlichen Menschen und einer familiären Atmosphäre. Laut der Studie können sich 34,4 Prozent der Befragten vorstellen, nach ihrem Ab- schluss in der Region zu bleiben. Ein Drittel ist unentschlossen (34,2 Pro- zent). 31,3 Prozent der Befragten wollen weggehen. epd Wanderausstellung zu Kirchturmuhren Wismar. Die Wanderausstellung „Kirchturmuhren in Not“ wird seit Donnerstag, 1. Februar, in der Wis- marer Nikolaikirche gezeigt. Bis zum 16. April informiert die Schau in der Hansestadt über das Projekt zur Rettung in Not geratener mechani- scher Kirchturmuhren in Mecklen- burg, teilten der Energieversorger Wemag und der Verein „1. Mecklen- burger Uhrenclub“ in Schwerin mit. Wismar ist die dritte Station der Ausstellung nach Schwerin und Rehna. Die Präsentation dokumen- tiert die Erfassung und Rekonstruk- tion von historischen Zeitmessern in Kirchen und erläutert deren ge- schichtlichen Hintergrund. epd MELDUNGEN ANZEIGE Eine Schule für alle Die Evangelische Martinschule ist für einen Preis nominiert 13 Denkanstoß für heute MV soll Gedächtnisort für die Friedliche Revolution bekommen 11 unter 0385-302080 Nun sind sie wieder los, die Narren. Ausverkaufte Fa- schingsbälle zeigen, dass die angeblich ach so zurückhal- tenden und ernsten Norddeutschen auch einmal gern auf die Pauke hauen. Auch unter uns gibt es viele, die gern einmal in ein anderes Gewand schlüpfen, für ein paar Stunden auch die Seiten ihrer Person ausleben wol- len, die sonst im Zaum gehalten und versteckt wird. Und mit Büttenreden wird auch hierzulande den kleinen und großen Mächtigen der Spiegel vorgehalten. Dabei gehört es zu den uralten Spielregeln, dass die so Kari- kierten sich nicht beschweren dürfen. Nicht umsonst haben sie als Zeichen für die tollen Tage den Narren den Rathausschlüssel überreicht. Satire gehört in unserem jüdisch-christlichen Kulturraum zur Tradition einfach dazu. Selbst der Apostel Paulus steigt in seinem zweiten Brief an die Korinther „in die Bütt“. Miss- stände, die er anprangern will, gibt es reichlich: Umherzie- hende Missionare haben ihn vor den Christen dort diskre- ditiert: Er, Paulus, sei doch nicht ernst zu nehmen. Er kön- ne keine Wunder vorweisen, sei ein erbärmlicher Redner, ja, eigentlich habe er überhaupt keine Legitimation, als Apostel Christi aufzutreten. Und wie reagiert er, Paulus, der Geschmähte? Fährt er ebenso schweres Geschütz gegen die auf, die ihn lächerlich machen wollen? So, wie Paulus reagiert, erteilt er sei- nen Gegnern eine Lektion: Er schlüpft in die Rolle eines Narren. Mit feiner Ironie stellt er seine Gegner bloß. Nein, er verweist nicht auf seine Kraft, die er unzweifelhaft mit seinen Missionsrei- sen bewiesen hat. Nein, er verweist nicht auf seine Gelehrtheit, auf die er als Rabbiner wohl auch verweisen könnte. Er stellt stattdessen die Schwachheit, die seine Gegner ihm vorwerfen, in den Mittelpunkt seiner Rede: Gott selbst habe ihn damit geschlagen, sagt er – aber nicht als Stra- fe, sondern als Hilfe, um sich nicht selbst zu überheben. Das, was den anderen als wunder Punkt erscheint, ist in Wahrheit der Ausweis zum Apostelamt. Danke, Paulus, für diese Lektion auch für uns. „Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraſt ist in den Schwachen mächtig.“ aus 2. Korinther 12, 1-10 Der Narr Christi ZUM SONNTAG SEXAGESIMAE Pastor Tilman Baier ist Chefredakteur der Evangelischen Zeitung und der Kirchenzeitung MV Schöne Dinge mit Sinn & Segen www.glaubenssachen.de Große Giraffenparade: Die Preisträger 2018 mit den Symboltieren des Eine-Welt-Preises der Nordkirche. Foto: ZMÖ/Claudia Ebeling

MECKLENBURGISCHE & POMMERSCHE

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MECKLENBURGISCHE & POMMERSCHE

Evangelisches Wochenblatt für die Nordkirche Nr. 5 | 73. Jahrgang | 4. Februar 2018 | 1,70 Euro | www.kirchenzeitung-mv.de

Mit dem „Eine-Welt-Preis“ ehrt die Nordkirche Initiativen, die globale Themen kreativ aufgreifen: 2018 ging es um Menschlichkeit, Flucht und die Erfahrung, die eigene Umwelt gestal-ten zu können. Der zweite Preis, die „Silberne Giraffe“, ging an „Welt-wechsel“, eine Veranstaltungsreihe des Eine-Welt-Landesnetzwerkes MV.

Von Karina DreyerRostock/Hamburg. Seit 1996 zeich-net die Nordkirche mit dem „Eine-Welt-Preis“ Gruppen und Einzelper-sonen aus Hamburg, Meck len -burg-Vor pommern und Schleswig-Holstein aus, die sich für mehr Ge-rechtigkeit in der Welt einsetzen und Beispielhaft es geleistet haben. Wer die geschnitzten drei Giraff en mit Halsschleifen in Gold, Silber oder Bronze überreicht bekommt, darüber entscheidet eine Jury, die aus Mitglie-dern der Kirchenleitung, der Landes-synode und aus Fachleuten der Ent-wicklungszusammenarbeit besteht. 50 Bewerbungen gab es 2018.

„Im Herzen nimmt das Engage-ment seinen Anfang, das diese Welt verändert. So können wir hoff nungs-voll und begeistert sein über die vie-len Menschen, vor allem Ehrenamtli-che, die sich für eine fairere und zu-kunft sfähigere Welt einsetzen“, beton-te Bischof Gothart Magaard bei der Ehrung am vergangenen Freitag in der Christianskirche in Hamburg. Und der Präses der Landessynode, Andreas Tietze, erklärte: „Die Initiati-ven und Projekte machen deutlich, wo unsere gesellschaft lichen Heraus-forderungen liegen, und legen den Finger in die Wunden unserer globa-len Gesellschaft .“

Der erste Preis ging an das Projekt „Momentaufnahmen – Von Bewe-gungen und Begrenzungen“ des Ver-eins „W3 – Werkstatt für internatio-nale Kultur und Politik“ in Hamburg. Mit Aktionen, Ausstellungen und Theaterstücken vermittelt es histori-sche und politische Zusammenhänge

sowie persönliche Erfahrungen von Menschen auf der Flucht.

Den zweiten Preis bekam das Pro-gramm „Weltwechsel: entwicklungs-politische Bildung in Mecklenburg-Vorpommern“. Das ist eine Reihe von Veranstaltungen, mit denen das Eine-Welt-Landesnetzwerk MV Menschen für globale Zusammenhänge sensibili-sieren will. Rund 50 Vereine und Initi-ativen, Stift ungen und Verbände wa-ren 2017 beteiligt, fi nanziert wurde die Reihe von Engagement Global, der Norddeutschen Stift ung für Umwelt und Entwicklung, der Stift ung Nord-Süd-Brücken und dem Kirchlichen Entwicklungsdienst der Nordkirche.

Andrea Krönert und Alexis Schwartz nahmen die „Silberne Giraf-fe“ entgegen. „Wir sind an diesem Frei-tag nur zu zweit in Hamburg“, sagte Andrea Krönert, Sprecherin des Netz-werks, „aber mit uns haben 150 andere Mitglieder den Preis bekommen“.

Denn so viele Menschen, schätzt sie, waren 2017 aktiv an der Veranstal-tungsreihe beteiligt, die aus über 100 Einzelveranstaltungen zu globalen Themen in ganz Mecklenburg-Vor-pommern bestand. „Wir freuen uns sehr über die Würdigung, die uns auch in der Vorbereitung auf „Weltwechsel“ im November 2018 motiviert.“

Relevanz durch viele, die an einem Strang ziehen

In ihrer Laudatio betonte Barbara Riek von Brot für die Welt, wie wert-voll das Gemeinschaft sprojekt gerade wegen der zum Teil sehr unterschied-lichen Akteure sei und sagte, Welt-wechsel gewinne „gesellschaftliche Relevanz durch den Zusammen-schluss von vielen, die am selben Strang ziehen.“

Über den dritten Preis freute sich der Hamburger Verein „Bunte Kuh“. Damit werden dessen Projekte ausge-zeichnet, in denen durch das Modellie-ren mit Lehm die psychomotorischen Fähigkeiten geschult werden sollen.

Neben den drei Hauptpreisen wur-de auch ein „Start-up-Preis“ verge-ben: Das „Zentrum für Empower-ment und Interkulturelle Kreativität – ZEIK“ in Kiel-Gaarden entstand 2017 „aus einem Lotsenprojekt, bei dem junge Menschen, die selbst gefl o-hen sind, neuen Gefl üchteten ehren-amtlich bei der Integration helfen“, erläuterte Idun Hübner von der Zen-tralen Bildungs- und Beratungsstelle für Migrantinnen und Migranten. Sie unterstützt das ZEIK, das Neuankom-menden Chancen ermöglicht, sich mit eigenen Ideen in das kulturelle Leben von Kiel einzubringen und ei-gene Projekte wie Tanzworkshops oder Computerkurse zu entwickeln.

Entwicklungspolitische Veranstaltungsreihe in MV mit Eine-Welt-Preis der Nordkirche ausgezeichnet

Silberne Giraff e für „Weltwechsel“

4 1 9 7 7 2 3 5 0 1 7 0 2

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Jugendliche leben gern in VorpommernGreifswald. Die meisten jungen Menschen fühlen sich wohl im Land-kreis Vorpommern-Greifswald: 80,1 Prozent haben bei einer Umfrage angegeben, gern bis sehr gern im Landkreis zu leben, teilte der Land-kreis mit. Insgesamt hätten 450 jun-ge Menschen bis 27 Jahre an der Online-Umfrage teilgenommen. Ver-besserungsbedarf sehen die Ju-gendlichen und Studenten vor allem beim Nahverkehr, dem Bauzustand der Schulen, Freizeitangeboten, Ein-kaufsmöglichkeiten, Handynetz und Internetanbindung. Dagegen punkte die Region mit der Natur, dem Studi-enangebot, der Nähe zum Wasser, freundlichen Menschen und einer familiären Atmosphäre. Laut der Studie können sich 34,4 Prozent der Befragten vorstellen, nach ihrem Ab-schluss in der Region zu bleiben. Ein Drittel ist unentschlossen (34,2 Pro-zent). 31,3 Prozent der Befragten wollen weggehen. epd

Wanderausstellung zu KirchturmuhrenWismar. Die Wanderausstellung „Kirchturmuhren in Not“ wird seit Donnerstag, 1. Februar, in der Wis-marer Nikolaikirche gezeigt. Bis zum 16. April informiert die Schau in der Hansestadt über das Projekt zur Rettung in Not geratener mechani-scher Kirchturmuhren in Mecklen-burg, teilten der Energieversorger Wemag und der Verein „1. Mecklen-burger Uhrenclub“ in Schwerin mit. Wismar ist die dritte Station der Ausstellung nach Schwerin und Rehna. Die Präsentation dokumen-tiert die Erfassung und Rekonstruk-tion von historischen Zeitmessern in Kirchen und erläutert deren ge-schichtlichen Hintergrund. epd

MELDUNGEN

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Eine Schule für alleDie Evangelische Martinschule ist für einen Preis nominiert 13

Denkanstoß für heuteMV soll Gedächtnisort für die Friedliche Revolution bekommen 11

unter � 0385-302080

Nun sind sie wieder los, die Narren. Ausverkaufte Fa-schingsbälle zeigen, dass die angeblich ach so zurückhal-tenden und ernsten Norddeutschen auch einmal gern auf die Pauke hauen. Auch unter uns gibt es viele, die gern einmal in ein anderes Gewand schlüpfen, für ein paar Stunden auch die Seiten ihrer Person ausleben wol-len, die sonst im Zaum gehalten und versteckt wird. Und mit Büttenreden wird auch hierzulande den kleinen und großen Mächtigen der Spiegel vorgehalten. Dabei gehört es zu den uralten Spielregeln, dass die so Kari-kierten sich nicht beschweren dürfen. Nicht umsonst haben sie als Zeichen für die tollen Tage den Narren den Rathausschlüssel überreicht.Satire gehört in unserem jüdisch-christlichen Kulturraum zur Tradition einfach dazu. Selbst der Apostel Paulus steigt in seinem zweiten Brief an die Korinther „in die Bütt“. Miss-stände, die er anprangern will, gibt es reichlich: Umherzie-hende Missionare haben ihn vor den Christen dort diskre-ditiert: Er, Paulus, sei doch nicht ernst zu nehmen. Er kön-

ne keine Wunder vorweisen, sei ein erbärmlicher Redner, ja, eigentlich habe er überhaupt keine Legitimation, als Apostel Christi aufzutreten.Und wie reagiert er, Paulus, der Geschmähte? Fährt er

ebenso schweres Geschütz gegen die auf, die ihn lächerlich machen wollen?So, wie Paulus reagiert, erteilt er sei-nen Gegnern eine Lektion: Er schlüpft in die Rolle eines Narren. Mit feiner Ironie stellt er seine Gegner bloß. Nein, er verweist nicht auf seine Kraft, die er unzweifelhaft mit seinen Missionsrei-sen bewiesen hat. Nein, er verweist nicht auf seine Gelehrtheit, auf die er als Rabbiner wohl auch verweisen könnte. Er stellt stattdessen die Schwachheit, die seine Gegner ihm

vorwerfen, in den Mittelpunkt seiner Rede: Gott selbst habe ihn damit geschlagen, sagt er – aber nicht als Stra-fe, sondern als Hilfe, um sich nicht selbst zu überheben. Das, was den anderen als wunder Punkt erscheint, ist in Wahrheit der Ausweis zum Apostelamt. Danke, Paulus, für diese Lektion auch für uns.

„Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft

ist in den Schwachen mächtig.“

aus 2. Korinther 12, 1-10

Der NarrChristi

ZUM SONNTAG SEXAGESIMAE

Pastor Tilman Baier ist Chefredakteur

der Evangelischen Zeitung und der

Kirchenzeitung MV

Schöne Dinge mit Sinn & Segen

www.glaubenssachen.de

Große Giraffenparade: Die Preisträger 2018 mit den Symboltieren des Eine-Welt-Preises der Nordkirche. Foto: ZMÖ/Claudia Ebeling

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2 Sonntag, 4. Februar 2018 | Nr. 5 MVxMEINUNGx

Augsburg. Der katholische Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann hat die christlichen Kirchen dazu aufgerufen, die Anstrengungen für die Versöhnung der Konfessionen und die Einheit der Christen zu verstärken. „Unsere Vision der Ökumene – sie muss viel größer sein, als nur das friedliche Mit- und Ne-beneinander in getrennten Kirchen zu pflegen“, sag-te Wiesemann anlässlich der Gebetswoche für die Einheit der Christen, die am 25. Januar zu Ende ging.

Die Gebetswoche findet weltweit statt. In Deutschland wird sie von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) organisiert. Als deren Vorsitzender betonte Wiesemann: „Damit die Kir-chen den Menschen, denen die Veränderungs- und Umwälzungsprozesse Angst machen, Mut und Hoff-nung geben können, braucht es die Vision einer weltumspannenden Solidarität.“ Nur so könne man „den großen Krisen der Menschheit wehren, dem Terror, der Korruption und der himmelschreienden Ungerechtigkeit, die immer wieder Millionen von Menschen in Flucht und Elend treiben“.

Wiesemann forderte die Kirchen darüber hinaus dazu auf, ihre Rolle in einer Welt, in der in vielen Ländern Armut und Unterdrückung herrschten, kri-tisch zu beleuchten. Sie müssten sich „die Frage zu-muten lassen, wo wir durch Unterlassen oder durch unser Mittun dazu beitragen, dass Staaten in wirt-schaftlichen Abhängigkeiten gefangen sind, dass un-zählige Menschen in Armut leben, Gewalt erleiden oder willkürlicher Justiz ausgeliefert sind“.

Die Befreiung aus Sklaverei und Unterdrü-ckung war in diesem Jahr das Thema der Gebets-woche der ACK. Die Texte dafür hat die Konferenz der Kirchen in der Karibik erarbeitet. Das Motto „Deine rechte Hand, Herr, ist herrlich an Stärke“ (2. Buch Mose 15, 6) sollte dabei erinnern an den Auszug des Volkes Israel aus Ägypten. Diese Be-freiung aus der Knechtschaft gebe Anlass, darüber nachzudenken, „wo noch mehr ökumenisches En-gagement der Christen gegen unterschiedliche Formen der Sklaverei und für die Würde des Men-schen erwartet wird“. epd

IMPRESSUM LESERBRIEFE

Zum Leserbrief von Dr. Martin Mickoleit in Nr. 3, Seite 2, schreibt Reinhard Wegener, Rostock:

Erleuchtende ErgänzungIn dem Publik-Forum Nr.1/2018 Seite 62 fand ich eine ergänzende Information zu dem Leserbrief von Dr. Martin Mickoleit zur Ab-lehnung einer Spende durch ei-nen AfD-Funktionär an die Ob-dachlosenhilfe der Diakonie in Sonneberg in Ausgabe 1, Seite 6: „Gegen schleichende Gewöhnung an AfD …-Bereitschaft vieler Menschen ... die entgangene Spende zu ersetzen. Bislang seien so bereits 2700 Euro zusammen-gekommen; ein Vielfaches dessen, was sonst um diese Zeit gespendet werde.“ Diese Ergänzung würde ich mir in der nächsten Ausgabe wünschen.

Zum Artikel „Plastikdeckel gegen Polio“ in Ausgabe 3, Seite 10, schreibt Gerhild Eschner per E-Mail:

Eine wirklich tolle AktionLiebe Kirchenzeitung, heute möchte ich mich auch mal zu Wort melden. Mit Interesse habe

ich den Beitrag „Plastikdeckel ge-gen Polio“ gelesen: Wir tun dieses aber schon längere Zeit, im „Ge-tränkeland“ kann man sie abge-ben. Von dort habe ich auch In-fomaterial erhalten, welches ich in Arztpraxen und öffentlichen Gebäuden auslegen durfte. Ich finde diese Aktion toll, doch müsste sie noch mehr bekannt gemacht werden! In der Kita mei-nes Enkels werde ich Ihren Arti-kel abgeben.

Ihre Zeitung interessiert mich schon seit Langem – ich kenne noch die manchmal weißgefleck-ten Seiten zu DDR-Zeiten. Doch mit manchen Artikeln kann ich mich nicht anfreunden – interes-siert nicht, muss ich dann auch nicht lesen. „Kirchenkonzerte bekannter machen“ – gut und schön, aber ich vermisse seit die-sem Jahr die Ankündigungen über Kirchenkonzerte in MV und Pommern!

Anmerkung der Redaktion: Sehr geehrte Frau Eschner, jetzt nach der Weihnachtszeit im Ja-nuar und Februar geht die An-zahl der Kirchenmusiken rapide zurück. Dadurch entfällt leider auch der große Kirchenmusik-Block auf der regionalen Kultur-seite 17. Bekommen wir ein oder zwei Kirchenmusiken aus den

Gemeinden gemeldet, finden Sie diese zurzeit in der Spalte rechts. Das wird sich erfahrungsgemäß ab der Mitte der Passionszeit wie-der ändern, dann gibt es wieder mehr Kirchenmusiken.

Zum Leserbrief von Pastor i.R. Klaus Labesius in Ausgabe 4, Sei-te 2, zum Bericht über die Mitar-beitertagung der Kinder- und Jugendarbeit in Ausgabe 2, Seite 1, schreibt Pastor Tilman Jere-mias, Rostock:

Gemeinsam beten und fetenLieber Klaus, weißt du, warum sich in erster Linie 200 Mitarbei-tende Anfang Januar auf den Weg nach Salem zur Mitarbeiter-tagung machen? Weil es Spaß macht, dort zu sein! Sich ernst-haft auszutauschen, etwas zu ler-nen, sicherlich, aber eben auch zu singen, zu genießen, zu feiern, zu tanzen.

Kreuzestheologie und moder-ne Christenverfolgung können doch – um Gottes Willen! – nicht heißen, dass wir Christen und Christinnen dauernd mit einer Trauermiene durch die Gegend laufen! Wäre es so, würde sich bald auch der letzte Jugendliche von uns verabschieden und die

anderen kurz danach. Ich gebe dir recht, der oberflächliche Spaß der Werbewelt des Konsums ist ein Zerrbild; aber Evangelium heißt eben auch: Lebensfreude pur!

Es gibt – das wurde auf der Mitarbeitertagung überdeutlich – genügend äußere Faktoren, die kirchliche Jugendarbeit gegen-wärtig nicht unbedingt zum rei-nen Spaßbetrieb machen: Stel-lenkürzungen, reizvolle Konkur-renzangebote für Jugendliche, der säkulare Geist der Gleichgül-tigkeit.

Die Mitarbeitertagung war vor allem deshalb motivierend, weil es schlicht Spaß gemacht hat, gemeinsam kreativ zu sein, zu beten und zu feten. Deshalb noch einmal ein warmes Danke-schön an das Orgateam!

Herausgeber und Verlag:Ev. Presseverband Norddeutschland GmbH, Geschäftsführer Prof. Dr. Matthias Gülzow Redaktionskollegium:19055 Schwerin, Schliemannstraße 12 aRedaktionssekretariat: Michaela Jestrimski, Tel. 0385/30 20 80, Fax: 0385/30 20 823, [email protected]: Pastor Tilman Baier (v.i.S.d.P.), Tel. 0385/30 20 818, [email protected] vom Dienst:Mirjam Rüscher, Tel. 040/70 975 243, [email protected] Mecklenburg: Marion Wulf-Nixdorf, Tel. 0385/30 20 812, [email protected] Vorpommern: 17489 Greifswald, Domstraße 23/24Tel. 03834/77 63 331, Fax 03834/77 63 332Christine Senkbeil, [email protected] Marx, [email protected]: Michaela Jestrimski, Schliemannstraße 12 a, 19055 Schwerin, Tel. 0385/30 20 80, Fax: 0385/30 20 823, [email protected]: Michaela Jestrimski, Schliemannstraße 12 a, 19055 Schwerin, Tel. 0385/30 20 80, Fax: 0385/30 20 823, [email protected] für den Anzeigenteil:Bodo Elsner, 0431/55 779 260, [email protected], Anzeigenagentur Reiner Prinzler. Tel. 0172/31 14 842Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 29 vom 1. März 2014. Anzeigenschluss: 11 Tage vor Erscheinungstermin.Layoutkonzept: Anke Dessin, Anja Steinig, Sabine WilmsLayout: Christine Matthies, Allison Liebke, Corinna KahrsDruck: Druckzentrum Schleswig-Holstein, BüdelsdorfDie Mecklenburgische & Pommersche Kirchenzeitung erscheint wöchentlich und kann beim Vertrieb (s.o.) bestellt werden. Der monatliche Bezugspreis beträgt ab 1. Januar 2018 6,80 Euro einschließlich Zustellgebühr und 7 Prozent Mehrwertsteuer. Nach Ablauf des vertraglich vereinbarten Bezugszeitraumes sind Kündigungen mit einer Frist von sechs Wochen zum Quartalsende möglich.Die Zeitung und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne Einwilligung des Verlages strafbar. Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Kiel. Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird kein Honorar gezahlt.

Redaktion: 0385 / 30 20 80Vertrieb: 0385 / 30 20 811

„Wachsen gegen den Trend“ hatte sich vor zwölf Jahren die Evange-lische Kirche in Deutschland mit ihrem Impulspapier „Kirche der Freiheit“ als Aufgabe gemacht. Doch die Zahl der Gemeindeglie-der nahm und nimmt weiter ab. Die häufigste Antwort kirchenlei-tender Gremien darauf ist die Zu-sammenlegung von Gemeinden – was meist den weiteren Rückgang beschleunigt. Was lässt sich dage-gen tun? Englische Wissenschaft-ler suchten nach Antworten.

Je mehr die Kirche über das Schrumpfen spricht, desto lauter wird die Frage nach dem Wach-sen. Doch ist das mehr als ein frommer Wunsch? Viele verwei-sen da gern auf England: Seit Jah-ren schon experimentiert die ang-likanische Kirche mit neuen Formen von Kirche, „Fresh Ex-pressions of Church“ oder einfach nur „Fresh X“, was so viel meint wie frische neue Ausdrucksfor-men von Kirche.

Das sind neue Gemeinden, die anders sind: in Läden etwa, in Ca-fés oder sozialen Brennpunkten und mit anderen Gottesdiensten. In einigen Landeskirchen wie der Nordkirche und der Evangeli-schen Kirche in Mitteldeutsch-land gibt es mit den Erprobungs-räumen etwas Ähnliches. Dabei ist auch das Konzept von „Fresh X“ vertreten. Die Kirchengemein-de Gotha-Siebleben probiert mit „STADTteil-LEBEN“ einen sol-chen Weg. Das Leben im Platten-baugebiet Clara-Zetkin- Straße soll mitgestaltet und positiv ge-prägt werden.

Sind solche Experimente wirk-lich ein Weg für Wachstum in der Kirche? Das hat nun eine groß angelegte Studie der anglikani-schen Kirche erstmals untersucht. Von den Ergebnissen lässt sich auch in Deutschland lernen.

Die Daten von 1700 englischen Gemeinden haben Wissenschaftler der Universität Essex dafür ausge-wertet. Hinzu kamen Tiefeninter-

views sowie weitere Studien von Theologen. Auch wenn unter For-schern die Verlässlichkeit der Da-ten und Folgerungen nicht unum-stritten ist: Für den Greifswalder Professor Michael Herbst vom Ins-titut zur Erforschung von Evange-lisation und Gemeindeentwick-lung liefern sie wichtige Hinweise.

Stil der Gottesdienste spielt keine Rolle

„Es gibt kein bestimmtes Rezept für Wachstum, und es gibt keine einfachen Lösungen angesichts des Rückgangs“, fasst Professor David Voas von der Universität Essex die Ergebnisse zusammen. Aber es gebe „Zutaten“, die mit einem Gemeindewachstum zu-sammenhingen: eine Leitung aus Haupt- und Ehrenamtlichen, die motivieren kann, und das klare Ziel der Gemeinde, wirklich Men-schen erreichen zu wollen.

Der jeweilige Stil der Gottes-dienste und Traditionen sei „we-

niger wichtig als die Tatsache, dass er durchdacht und angenom-men wurde, statt es dem Zufall zu überlassen“, so Voas. Weitere Fak-toren, die die Wissenschaftler ent-deckt haben: eine Willkommens-Atmosphäre für Besucher, Glau-benskurse zur Befähigung von Mitgliedern als „christliche Zeu-gen im täglichen Leben“ und so-ziales Engagement.

Auch in traditionellen Stadtkir-chen fanden die Forscher Wachs-tum. Und zwar dort, wo viel Wert auf die Qualität der Gottesdienste gelegt wurde und wo man vielfälti-ge neue Formen ausprobiert. Auch für das Schrumpfen fanden die Forscher Gründe. Das Fehlen von Kindern und Angeboten für junge Menschen ist der erste. Der zweite: „Die Zusammenlegung von Ge-meinden führt eher zu Schrump-fungen. Mehr noch, je größer die Zahl der zusammengelegten Ge-meinden ist, desto höher die Wahr-scheinlichkeit des Rückgangs“, heißt es in der Studie.

Für den Greifswalder Professor Michael Herbst ist das „Zündstoff“

in den Debatten um Strukturrefor-men auch der deutschen Landes-kirchen. „Die englischen Zahlen mahnen zur Vorsicht bei Prozes-sen der Regionalisierung.“ Sie er-mutigen zugleich, neue Wege zu gehen, wie etwa bei den Erpro-bungsräumen im Osten der Nord-kirche oder eben in der Landeskir-che Mitteldeutschlands. „Evangeli-sche Schulgemeinde Hettstedt“, „Herzschlag – Junge Kirche in Nordhausen“, „Offene Industrie-stadtgemeinde Haldensleben“ oder „Wir sind Nachbarn – Kir-chengemeinde Nöbdenitz“– so nennen sich die dortigen Experi-mentierfelder. Es ist der Versuch, sich auf Menschen und ihre Le-benswirklichkeit einzulassen, um ihnen das Evangelium von Gottes Liebe nahezubringen, die Christus allen zugänglich machen will.

Ob damit gemeindliches Wachstum verbunden ist und die Projekte aus der Erprobungsphase kommen, wird sich zeigen. Und in fast allen anderen Kirchengemein-den fragt man sich weiter: Wach-sen klingt gut – aber wie? idea

Wissenschaftler untersuchen Gründe für Wachstum oder Schrumpfen von Gemeinden

Was Gemeinden wachsen lässt

Sonntagsgottesdienst in der Turnhalle: Die anglikanische Gemeinde von Pendeford, einem Stadtteil von Wolverhampton, hat augenscheinlich keine Nachwuchssorgen. Foto: Tilman Baier

Mehr als nur ein Miteinander

Vertiefte Ökumene ist nötigFo

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Karl-Heinz Wiesemann

Wir in der Redaktion freuen uns über Leserbriefe zu Beiträgen in unserer Zeitung, auch wenn sie nicht der Meinung der Redakti-onsmitglieder entsprechen. Wir behalten uns aber bei Abdruck sinnwahrende Kürzungen vor.

Per E-Mail an: [email protected]

Beilagenhinweis: Der gesamten Auflage ist die Beilage „Caritasverband für die Diözese Osnabrück e. V.“ beigefügt.

Page 3: MECKLENBURGISCHE & POMMERSCHE

3Sonntag, 4. Februar 2018 | Nr. 5 NK XGLAUBEN UND WISSENx

Es gibt die Kirche und die Diakonie. Nächstenliebe kommt mit der Diako-nie in institutionelle Strukturen. Leis-tet sie Hilfe oder geht es um Profi t?

Von Susanne Kahl-PassothEs muss eine beeindruckende Stegreif rede gewesen sein, die Johann Hinrich Wichern am 22. September 1848 am zweiten Tag des Kirchentages in der Wittenberger Schlosskirche ge-halten hat. Die Verwahrlosung und Gottesferne der Arbeiter zur damali-gen Zeit nahm er zum Ausgangs-punkt, um den anwesenden Kirchen-vertretern die Notwendigkeit zu einem Aufb ruch der Kirche zur Inne-ren Mission ans Herz zu legen.

So beschloss man die Gründung des „Centralausschusses für die Inne-re Mission der deutschen evangeli-schen Kirche“, der christlich-sozial ausgerichtete Einrichtungen fördern sollte. Damit hatte man zugleich den ersten Wohlfahrtsverband gegründet, den wir heute als Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche in Deutsch-land kennen.

Wichern wusste, wovon er redete. Bereits 1833 hatte er in Hamburg das Rauhe Haus gegründet, eine Einrich-tung, die verwahrloste Jugendliche aufnahm und sie in familiären Klein-gruppen betreute. Sie erhielten Schul-unterricht und wurden mit den christlichen Grundlagen vertraut ge-macht. Diese Arbeit wurde damals allein durch Spenden fi nanziert. Erst 1883 wurde die Krankenversicherung, 1884 die Unfallversicherung und 1891

die Rentenversicherung auf Initiative Bismarcks eingeführt, der die politi-sche Sprengkraft der sozialen Gegen-sätze in der damaligen Gesellschaft erkannt hatte.

Die soziale Not infolge der Indust-rialisierung hat im 19. Jahrhundert viele Frauen und Männer dazu bewo-gen, sich sozial zu engagieren. Zu ih-nen gehörten neben anderen August Herrmann Francke, der Rettungshäu-ser für verwaiste Kinder und Schulen in Halle/Saale gründete, Theodor Fliedner, der mit seiner Frau Friederi-ke die Tradition der Diakonissenmut-terhäuser in Kaiserswerth initiierte, und Amalie Sieveking, die mit dem „Weiblichen Verein für Armen- und Kranken-pflege“ alleinstehenden Frauen in Hamburg eine ehrenvolle Arbeitsmöglichkeit verschaffte. Zu ihnen zählte auch Friedrich von Bo-delschwingh, der erst in Bielefeld und später an anderen Orten diakonische Angebote für Menschen mit Behinde-rungen und Wanderarbeiter aufb aute. Bis heute ist aus seinen Stift ungen und ihren Arbeitszweigen der größte dia-konische Träger Europas entstanden.

Ihre Wurzeln hat die Diakonie in der Bibel, in der von Gottes Barmher-zigkeit und Liebe zu den Menschen berichtet und für gerechte Verhältnis-se gestritten wird. Die Auff orderung zur Fürsorge für Schwache, Bedürft ige und Fremde durchzieht die Bücher

des Alten und Neuen Testaments. Das Gleichnis vom barmherzigen Samari-ter ist einer der bekanntesten Texte.

Der Samariter, ein Außenseiter, weil er nicht als rechtgläubig galt, hilft einem von Räubern überfalle-nen und verletzten Mann. Ein Pries-ter und ein Levit, die vor ihm vorbei-gekommen waren, hatten ihn unver-sorgt liegen lassen. Nach der Erstver-sorgung bringt der Samariter ihn in ein Wirtshaus und übergibt dem Wirt zudem noch Geld, damit er sich um ihn kümmert.

Geld spielt in der Diakonie eine nicht unwichtige Rolle, um ihre

Vorstellungen von sozialer Arbeit umzusetzen. Viele Jahre galt das Selbstkostendeckungsprinzip – ver-kürzt gesagt: Das Geld, das man in den Einrichtungen ausgab für die Versorgung der Bewohner, der Pati-enten, erhielt man von den zuständi-gen Kostenträgern im Wesentlichen erstattet.

Unter Bedingungen des Sozialstaats arbeiten

Seit Mitte der 90er-Jahre ist das an-ders. Die Diakonie ist mit ihren An-geboten Teil des Sozialmarktes, auf dem der Wettbewerb eine große Rol-le spielt. Werden Sozialleistungen ausgeschrieben, zum Beispiel von ei-nem Jobcenter, bekommt in der Re-gel der den Zuschlag, der das billigste Angebot abgegeben hat. So stehen die diakonischen Einrichtungen in der Spannung, Hilfe und Qualität ih-

rer Arbeit zu sichern, qualifi zierte Mitarbeitende zu fi nden und zu hal-ten, das christliche Profi l zu stärken und zu bewahren und zugleich beste-hen zu bleiben.

Das ist eine schwierige Gratwan-derung – zumal die Diakonie ihren Mitarbeitenden beispielsweise in der ambulanten Altenpfl ege gern mehr zahlen würde, aber die Kostenträger dies verhindern, was gelinde gesagt ein Skandal ist. Heute Mitarbeitende zu fi nden, die Mitglied einer christli-chen Kirche sind, ist schwieriger ge-worden. Daher unternehmen die

Einrichtungen und Träger einiges, um ihre Mitarbei-tenden mit den christli-chen Grundlagen ver-traut zu machen und im-mer wieder neu zu klä-ren, wie die besonderen Ansprüche, die die Dia-konie an ihre Arbeit stellt, umgesetzt und ge-lebt werden können.

Im Grundgesetz, Arti-kel 140, wird der Kirche zugestanden, ihre Ange-

legenheiten selbständig zu regeln. So regelt die Kirche ihr Arbeitsrecht selbst. Die Diakonie wendet in unserer Kirche den sogenannten Dritten Weg an: Gewählte Mitglieder in einer gleichberechtigt besetzten Arbeits-rechtlichen Kommission aus Dienst-nehmern und Dienstgebern verhan-deln gemeinsam das Tarifwerk. Es gilt das Konsensprinzip. Kommt es zu kei-ner Einigung, tritt ein Schlichtungs-ausschuss unter dem Vorsitz einer un-abhängigen Person mit der Befähi-gung zum Richteramt zusammen. Arbeitskampfmaßnahmen wie Streik und Aussperrung sind in Kirche und Diakonie ausgeschlossen. Das hängt unter anderem mit dem Gedanken der Dienstgemeinschaft zusammen, wo jede und jeder Einzelne dem ge-meinsamen Auftrag zur Verkündi-gung des Evangeliums in Wort und Tat verpfl ichtet ist.

Dienstnehmer und Dienstgeber sind gemeinsam unterwegs; die unter-schiedlichen Gaben und Tätigkeiten sollen zusammenwirken zum Wohl der Gemeinschaft . Der Begriff Dienst-gemeinschaft kommt aus der Traditi-

on der Diakonissenhäuser, wo die Schwestern eine Glaubens-, Arbeits- und Lebensgemeinschaft bildeten.

Die Diakonie sieht als eine ihrer Aufgaben, Partei zu ergreifen für die-jenigen in der Gesellschaft , die am Rand stehen. Langzeitarbeitslosigkeit, ihre Folgen für Familien, die Kinder, Armut in unserer Gesellschaft , die de-mographische Entwicklung und ihre Auswirkungen auf die Pfl ege, die Er-weiterung des Pfl egebedürft igkeitsbe-griff s und seine Umsetzung in die Pra-xis, der Fachkräft emangel, die grundle-gende Verbesserung der Arbeitssituati-on der Pfl egenden sind derzeit wichti-ge Themen, für die sich die Diakonie in besonderer Weise engagiert.

Die diakonische Arbeit ist ständig neu herausgefordert, ihre christlichen Grundlagen mit den Rahmenbedin-gungen des Sozialstaates in Einklang zu bringen. Solange sie sich dieser De-batte stellt, ihre Rahmenbedingun-gen daraufhin immer wieder neu überprüft , nicht aufh ört, sich als Le-bens- und Wesensäußerung von Kir-che zu verstehen, wird sie ihren Platz auch im Wettbewerb behaupten.

Glaubenskurs Grundfragen des christlichen Glaubensder Evangelischen Wochenzeitungenim NordenTeil 45

FÜR DAS GESPRÄCH

Fragen zum Einstieg:1) Woran denken Sie spontan, wenn Sie „Diakonie“ hören?2) Wie vertragen sich christlich-dia-konischer Auftrag und die betriebs-wirtschaftlichen Herausforderungen der sozialen Arbeit?3) Ist Diakonie die praktische Dimen-sion von Kirche, die den christlichen Glauben gerade Menschen ohne kirchliche Bindung am leichtesten zugänglich macht?

Zugang zum Thema– Film: ... über die Zeit hinaus (Regie:Norbert Christ, D 2000) – sechs Folgen à 15 Minuten zu Persönlichkeiten der Diakonie aus zwei Jahrhunderten. – Diakonie ist Handeln und lässt sich am besten handelnd kennenlernen, zum Beispiel bei einigen Stunden Mitarbeit in einer diakonischen Ein-richtung, etwa in der Wohnungs-losenhilfe.

ZUR WEITERARBEITVerwandte Themen des Kurses: christliche Ethik; Handeln nach Gottes Geboten; Geschöpfsein als AuftragBibeltexte: 2. Mose 22, 20-26; Amos 2, 6; Micha 6, 8; Matthäus 25, 31-46 (Die Rede vom Weltgericht); Lukas 10, 25-37 (Der barmherzige Samariter)Literatur:Klaus-Dieter Kottnik/Eberhard Hau-schildt (Hrsg.); Diakoniefibel, Gü-tersloh 2008; Uwe Becker (Hrsg.), Perspektiven der Diakonie im gesell-schaftlichen Wandel, Neukirchen-Vluyn 2011

Diakonie deckt als Begriff und Wortfeld im Neuen Testament ein weites Spektrum ab, das vom Dienen bei Tisch (Apostelgeschichte 6, 2) bis hin zu zahlreichen Diensten der christlichen Gemeinde reicht (1. Korinther 12, 5; 2. Korinther 8 und 9). Hat es diakonisches Handeln einzelner Christen und der christlichen Gemeinden während der gesamten Kirche gegeben, so wurde der Begriff Diakonie (gemeinsam mit „Innere Mission“) seit dem 19. Jahrhundert gebraucht für die verfasste Form christlich begründeter Nächstenliebe – in der Nachfolge des helfenden und heilenden Handelns Jesu Christi.Heute besitzt die Diakonie in Deutschland eine der Evangelischen Kirche ähnliche Organisationsstruktur: Neben dem Diakonischen Werk der EKD gibt es die Diakonischen Landesverbände, an denen auch Freikirchen beteiligt sind und die als Dachorganisationen der einzelnen diakonischen Träger und Einrichtungen dienen. In den verschiedenen Arbeitsbereichen des Diakonischen Werks sind etwa die evangelischen Kindertagesstätten, Krankenhäuser, Jugendhilfeeinrichtungen, Pfl egedienste sowie die Hilfen für Wohnungslose und Migranten sowie Menschen mit Behinderung organisiert.

Basisinformation

Susanne Kahl-Passoth leitete die Diakonie der EKBO ist heute stellvertretende Vorsitzende des Deut-schen Frauenrats. Foto: epd-bild/

Andreas Schoelzel

Das Rauhe Haus in Hamburg. Es war das erste Haus der Einrichtung, wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und 1979 wieder aufgebaut, brannte dann 2003 ab und wurde im gleichen Jahr erneut wieder aufgebaut. Foto: epd-bild/Norbert Neetz

Organisierte NächstenliebeDie Diakonie muss schwierige Gratwanderungen vollziehen

Zuhören fordert die neue Kampagne der Diakonie Deutschland. Foto: Rolf Zöllner

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4 Sonntag, 4. Februar 2018 | Nr. 5 NKxDOSSIERxxDOSSIERx

Erst waren die Spiele Götterkult, der Fokus auf den Sport entwi-ckelte sich erst langsam. Viele Jahrhunderte gab es dann keine Spiele – bis ein Franzose sie zu neuem Leben erweckte.

Pyeongchang. Die Olympischen Spiele fi nden in der Regel alle vier Jahre an einem wechselnden Aus-tragungsort statt. Zuletzt wurden Sommer- und Winterspiele 1992 im gleichen Jahr veranstaltet. Seit 1994 werden sie im zweijährlichen Wechsel abgehalten. Organi-siert wird die Veranstaltung vom Internationalen Olym-pischen Komitee (IOC).

Der Ursprung der Olym-pischen Spiele liegt im anti-ken Griechenland. Im Ort Olympia auf der Halbinsel Pelo-ponnes wurden Festspiele zu Eh-ren der Götter ausgerichtet – zum letzten Mal vermutlich im Jahr 393, da der römische Kaiser Theo-dosius I. (347-395) das Christen-tum zur Staatsreligion erhob und daraufh in alle heidnischen Zere-monien verbot. Der Mythos be-sagt, dass der Halbgott Herakles die Spiele zu Ehren seines Vaters Zeus, des höchsten Gottes der griechischen Götterwelt, begrün-det hat. Historische Aufzeichnun-gen aus dem 4. Jahrhundert vor Christus datieren die ersten Spie-le auf 776 vor Christus – bis dahin reichen die Siegerlisten zurück.

An den ersten Olympischen Spielen durft en nur junge Athe-ner griechischer Abstammung teilnehmen. Diese Regel wurde

mit der Zeit gelockert, und die Spiele waren für alle Sportler aus der Region zugänglich. Diese mussten allerdings Vollbürger ei-nes griechischen Stadtstaates sein, durft en kein Verbrechen began-gen haben und nicht unehelich geboren sein.

Da die Sportler in mehreren Disziplinen gegeneinander antra-ten, fanden die Spiele traditionell sechs Tage lang statt und hatten

einen bestimmten Ablauf, in dem auch Feste und Opfergaben für die Götter enthalten waren.

Mit der Zeit stand weniger der Kult und mehr der Sport im Mit-telpunkt. Die Kampfrichter begut-achteten die Teilnehmer vor den Spielen. Wer nicht fi t genug war, wurde nicht für den Wettbewerb zugelassen. Die Wettkämpfer ent-wickelten sich immer stärker von Amateuren zu Berufssportlern, die sich jahrelang auf die Wett-kämpfe vorbereiteten. Nur noch Sportler aus wohlhabenden Fami-lien konnten teilnehmen.

Die Sieger mussten keine Steu-ern mehr zahlen und wurden ihr restliches Leben auf Staatskosten verpfl egt. Zudem wurde ihnen zu Ehren tagelang nach den Spielen gefeiert. Der Ruhm führte zu Be-trug. So gewann Kaiser Nero 67 nach Christus durch Bestechung in sechs Disziplinen – auch im Wa-genrennen, obwohl er während der Fahrt vom Wagen gefallen war.

Die Spiele verloren an Wert, und der Glaube an die

griechische Götter-welt nahm ab. Der christliche Glaube wurde populär, und 380 nach Chris-

tus schließlich zur römischen Staatsreli-

gion. Es folgte das Verbot von Kaiser Theodosius. Die Olympischen Spiele

der Neuzeit rief der Franzose Pierre de Coubertin ins Leben. Sein Ansinnen war es, dass die „Jugend der Welt“ sich bei den Wettkämpfen und nicht auf dem Schlachtfeld messen. 1896 fanden in Athen die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit statt. Die Inter-nationale Wintersportwoche 1924 im französischen Chamonix wur-de vom IOC nachträglich als erste Winterolympiade anerkannt.

Bei diesen ersten Spielen wa-ren nur männliche Amateur-sportler erlaubt. Frauen durft en jedoch schon bei den Spielen in den Jahren danach teilnehmen, zuerst in den Disziplinen Golf und Tennis. Nach und nach ka-

men weitere Wettbewerbe dazu. Der Amateurparagraf im Regel-werk der Olympischen Spiele wurde erst 1981 gestrichen. Dieser besagte, dass die Teilnehmer kein Geld mit Sport verdienen dürfen.

Coubertin wollte, dass die Olympischen Spiele unpolitisch und für jede Nation frei zugäng-lich sind. Damit sie nicht für poli-tische Zwecke missbraucht wer-den können, erlaubte Coubertin den Repräsentanten des Gastge-berlandes im Eröff nungszeremo-niell nur einen Satz, um die Spiele zu eröff nen: „Ich erkläre hiermit die Olympischen Spiele von …, mit welchen die … Olympiade der modernen Ära begangen wird, für eröff net.“ Das offi zielle Symbol der Olympischen Spiele – die fünf miteinander verbunde-nen Ringe – entwarf Coubertin 1913. Die Ringe symbolisieren die fünf Kontinente.

Trotz der Friedenshoffnung von Gründungsvater Coubertin blieben die Olympischen Spiele von internationalen Spannungen nicht verschont. Die Sommerspie-le 1916 entfi elen wegen des Ersten Weltkriegs. Die Nationalsozialis-ten nutzen die Spiele 1936 in Ber-lin und Garmisch-Partenkirchen als Propagandaforum. Der Zweite Weltkrieg verhinderte die Som-mer- und Winterspiele von 1940 und 1944. Der Anschlag einer pa-lästinensischen Terrorgruppe auf die israelische Mannschaft in München 1972 gehört zu den dunklen Episoden der Olympia-geschichte. KNA

Er hält Andachten und ist An-sprechpartner für die Athleten und das gesamte Team. Thomas Weber begleitet seit Jahren die deutsche Mannschaft zu den Olympischen Spielen. Auch in Südkorea wird er dem Team zur Seite stehen.

Von Mirjam RüscherGevelsberg. Es war ein tragischer Unfall und der Tiefpunkt in der Geschichte der deutschen Olym-pia-Mannschaft : Der Tod von Ka-nu-Trainer Stefan Henze bei den Olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro infolge eines Ver-kehrsunfalls schockierte das ge-samte deutsche Team. Thomas Weber wurde plötzlich zum Not-fallseelsorger.

Seit vielen Jahren ist er der deutsche evangelische Olympia-pfarrer und begleitet das deut-sche Team zu den Wettkämpfen. „Es war das erste Mal, dass das Thema Tod und Sterben so prä-sent war, wie in diesem Moment“, erinnert sich Thomas Weber. Er half unter anderem, die Trauer-feier im Olympischen Dorf in Rio mitzuorganisieren, bot Trost und Gespräche an.

Der Todesfall war eine Extrem-situation, ganz klar. Der Alltag als Olympiaseelsorger ist für den 57-Jährigen ein anderer. „Ich ma-che seelsorgerliche Angebote, bin Ansprechpartner für das gesamte deutsche Team“, erklärt Weber. Sportler, Trainer, Betreuer – wenn Weber auf deutsche Teammitglie-der trifft , stellt er sich immer als Pastor vor. Wenn man ins Ge-spräch komme, ergebe sich vieles spontan. „Ich bete dafür, mög-lichst oft an der richtigen Stelle zu sein und Gespräche zu führen“, sagt Weber. Viele wüssten es zu schätzen, dass sie auch mal über andere Themen als Sieg und Nie-derlage oder Finanzen sprechen können. „Es geht einfach mal um das Leben“, so Weber.

Auch Andachten und Gottes-dienste im olympischen Dorf ge-hören für den Gemeindepfarrer aus Gevelsberg in Westfalen dazu. Außerdem sieht Weber sich als Schnittstelle zur Kirche. „Es geht darum, als Kirche da zu sein, wo Gesellschaft ist. Es geht aber auch um die Frage, wie wir als Kirche mit Hochleistungssportlern um-gehen. Helfen wir da? Oder sagen wir zu jungen Sportlern, die viel unterwegs sind: Wenn du nicht regelmäßig sonntags in die Kirche gehst, konfirmieren wir dich nicht?“, fragt Weber.

Der Vater von zwei erwachse-nen Kindern ist selbst ein sportli-

cher Mensch. Er spielt Tennis, fährt Ski und spielt Fußball. „Ich habe nie Hochleistungssport ge-macht, aber ich habe dafür viel Verständnis“, sagt Weber. Er ist davon überzeugt, dass er als Sport-beauftragter der westfälischen Landeskirche das große Los gezo-gen hat. Auch wenn er nur für die Hälfte der Dauer der Olympi-schen Spiele befreit wird. „Die andere Hälft e muss ich Urlaub nehmen“, betont Weber. Dafür bekomme er aber ja auch etwas Tolles geboten.

Die Winterspiele in Südkorea werden bereits seine achten Olympischen Spiele sein. Außer-

dem war er bereits sieben Mal bei der Universiade dabei. Etwa 150 Athleten und 250 Trainer, Betreuer und Funktionäre wer-den in Pyeongchang dabei sein. Für Thomas Weber ist es seine Gemeinde auf Zeit.

Perspektiven nach der Karriere aufzeigen

„Das Alter reicht von etwa 20 bis 65 Jahre. Es sind Menschen in ganz verschiedenen Lebenssituati-onen“, weiß der Pastor. Auch wenn er schon so oft dabei war, sei

Spiele zu Ehren von ZeusDie Veranstaltung hat sich von der Antike bis in die Neuzeit stark gewandelt

Ein Skispringer vor der Kulisse Garmisch-Partenkirchens. Traditionell ruhen auf den deutschen Skifl iegern immer Medaillenho

Im Sport geht es um den Kampf gegen andere, im Neuen Testament geht es um den Kampf gegen uns selbst. Für Paulus ist der Wettkampf im Stadion nur ein Bild für das Leben als Christ.

Von Tilman Baier„Dabei sein ist alles“ – das ist der Wahlspruch der olympischen Bewegung. Doch auch hier geht es seit Langem, wie überall im Leistungssport, um den Sieg über andere. Die Sponsoren wollen Sieger sehen. Doch der Aufstieg in den „sportlichen Olymp“ gelingt nur wenigen. Schon der Zweite ist und bleibt der erste Verlierer.

Dieses harte Prinzip bestimmt auch andere Be-reiche unserer Leistungsgesellschaft . Diesem Prin-zip widerspricht jedoch das Neue Testament – vor allem, wenn von Gottes Liebe und Gnade die Rede ist, die gerade auch den Verlierern gilt. Und doch fi nden sich im Neuen Testament Bezüge zur Welt des Sportes. Vor allem der Apostel Paulus greift in seinen Briefen an die Gemeinden in Griechenland gern darauf zurück. Denn in der antiken hellenis-tisch-römischen Welt spielte das sportliche Kräft e-messen eine ebenso wichtige Rolle wie heute bei uns. Sport war Kult. So waren im Jahr 44 nach Christus die Isthmischen Spiele wieder belebt wor-den, Vorläufer der heutigen Olympischen Spiele. Nur einen Siegeskranz je Disziplin gab es bei die-sen Spielen zu erringen.

Daran knüpft Paulus an. So schreibt er im 1. Brief an die Korinther im 9. Kapitel: „Wisst ihr nicht, dass die Läufer im Stadion zwar alle laufen, aber nur ei-ner den Siegespreis bekommt? Lauft so, dass ihr ihn gewinnt!“ Doch für Paulus ist der Wettkampf im Stadion nur ein Bild für das Leben als Christ. Für ihn geht es um den Preis des ewigen Lebens (Philipper 3, 12-15). Für dieses Ziel lohnt sich voller Einsatz. Insofern ist der Athlet ein Vorbild.

Doch Paulus benennt im 1. Korintherbrief auch die Unterschiede: „Jeder Wettkämpfer lebt aber völlig enthaltsam; jene tun dies, um einen vergäng-lichen Siegeskranz zu bekommen, wir aber einen unvergänglichen. Darum laufe ich nicht wie einer, der ziellos läuft . Ich boxe nicht wie einer, der nur in die Luft schlägt, sondern ich treff e mit meinen Schlägen den eigenen Körper und mache ihn mir gefügig, damit ich nicht etwa anderen predige und selbst untauglich dastehe.“

Der größte Unterschied zwischen dem Leis-tungssport, der nur einen Gewinner und viele Ver-lierer kennt, und dem geistlichen Kampf als Christ ist, dass es hier ausschließlich um den Kampf mit sich selbst geht. Es gibt keinen anderen Gegner, der mir den Siegerkranz streitig macht. Jeder, der die-sen Kampf besteht, ist ein Sieger. Für Paulus gilt darum, was bei den Olympischen Spielen nur noch eine Worthülse ist: „Dabei sein ist alles.“

Pyeongchang. Die beiden großen Kirchen in Deutschland geben den Teilnehmern der Olympi-schen Winterspiele und der Winter-Paralympics biblische Texte und Gebete mit auf den Weg. Die Sportler erhalten ein geistliches „Begleitheft “ mit dem Titel „Mittendrin“. Das Vorwort haben der EKD-Ratsvorsitzende, Landesbischof Heinrich Bed-ford-Strohm, und der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, verfasst. Wie sie schreiben, kennt auch die Bibel den Wert von Training und Leistungswillen. Die Heilige Schrift erinnere „bei allem Ehrgeiz und aller Leidenschaft auch an notwendige Atempau-sen, um neue Kraft zu tanken“.

Die Winterspiele im Februar und die Paralym-pics vom 9. bis 18. März fi nden in der südkoreani-schen Stadt Pyeongchang statt. Die Broschüre ent-hält ferner Informationen zum Christentum in dem ostasiatischen Land. Rund 30 Prozent der mehr als 51 Millionen Einwohner gehören einer Kirche an. Der evangelische Pfarrer Thomas Weber und der katholische Priester Jürgen Hünten beglei-ten die deutsche Delegation bei den Winterspielen als Seelsorger. Die Teilnehmer der Winter-Paralym-pics werden von dem evangelischen Pfarrer Chris-tian Bode betreut. idea

Dabei sein ist alles

Mit der Bibel zu den Winterspielen

Paulus und der Sport

Geistliches „Begleitheft“

Pastor Tilman Baier ist Chefredakteur der Evangelischen Zeitung und der Kirchenzeitung MV. Foto: EPV-Nord

Eine Gemeinde auf Zeit

Olympia-Pfarrer Thomas Weber begleitet das deutsche Team alle vier Jahre

Die Ringe wurden von Coubertin entworfen. Foto: picture alliance/GES

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5Sonntag, 4. Februar 2018 | Nr. 5 NK KIRCHE UND OLYMPIA

es schwierig, Kontakt zu halten und Freundschaften zu pflegen. „Es sind nicht so sehr viele Athle-ten, die mehrfach bei Olympia dabei sind“, sagt Weber. Trotzdem seien Bekanntschaften über die Jahre entstanden. Er führe viele tiefe Gespräche, die in guter Erin-nerung blieben.

Auch die Sportler erinnern sich an Weber. So hat er sich mit einer Athletin im Flieger auf dem Weg nach Peking unterhalten und noch mal in London. „Ir-gendwann rief sie mich an. Sie hat erzählt, dass sie heiraten will, und gefragt, ob ich das übernehmen kann“, so Weber. Das habe ihn na-

türlich gefreut. Momente wie die-se gäben ihm das Gefühl, „dass ich gebraucht werde“, betont Weber. Er versucht, insbesondere den jungen Sportlern Perspektiven aufzuzeigen, erinnert sie daran, sich ein zweites Standbein neben dem Sport aufzubauen. „Der Ruhm ist vergänglich. Es gibt zwar Bestenlisten und Rekorde für die Ewigkeit, wie man sagt, aber das sind trotzdem alles nur Momentaufnahmen.

Seine Begegnungen und Erleb-nisse – natürlich ohne Namen – nimmt Thomas Weber mit nach Hause und teilt sie mit seiner Ge-meinde. „Ich erzähle viel davon

und ziehe auch immer Vergleiche zwischen dem Leben dort und hier“, so Weber. In Südkorea war er bereits zweimal, von dort hat er sich bereits Inspirationen geholt und sich über das Christentum im Land informiert. „Südkorea ist das christlichste Land in Asien. 30 Pro-zent der Menschen sind Christen und man sieht überall Kreuze. Seit ich da war, wünsche ich mir für meine Gemeinde in Gevelsberg auch ein großes beleuchtetes Kreuz auf dem Dach, auch wenn es etwas kitschig ist“, so Weber.

Südkorea sei ein sehr span-nendes Land, und er freue sich schon sehr auf die Begegnungen

vor Ort – menschlich wie sport-lich natürlich. Denn klar ist auch: Thomas Weber fiebert bei vielen der sportlichen Events mit den Athleten. Beim Skispringen denke er jedes Mal, wie viel Mut es erfordere, die Schanze hinun-terzufahren. Gleiches gilt für die Bobfahrer und Rodler, die sich in den Eiskanal stürzen.

„Es gibt aber keine Sportarten, die ich um keinen Preis verpassen möchte. Ich finde alles spannend und sehe mir auch gern neuere oder unbekanntere Disziplinen an“, sagt Weber. Sport ist einfach seine Passion. Sein Ehrenamt ist für ihn ein großer Gewinn.

Sie liegen so nah beieinander und doch unterscheidet sie so vieles: Nord- und Südkorea. Bei den Olympischen Winterspielen wer-den beide Nationen gemeinsam einlaufen. Grund genug, einen Blick auf das Leben der Christen in Nordkorea zu werfen.

Von Lutz DrescherBerichte darüber, dass es in Nord-korea Kirchen gibt und dass dort Gottesdienste gefeiert werden, lö-sen bei Zuhörenden immer wie-der einmal ungläubiges Erstau-nen aus. Sie passen so wenig in das bestehende Nordkoreabild. Was hat es auf sich mit dem Christen-tum in Nordkorea? Wie sind sol-che Berichte einzuordnen?

Es gibt in Nordkorea insgesamt vier Kirchen, zwei protestantische die Chilkol und die Pongsu Kir-che, eine katholische und eine or-thodoxe Kirche. Nach offiziellen Angaben gibt es 4000 Katholiken und eine geringe Zahl orthodox Gläubiger. Die 13 000 Protestan-ten sind im Nordkoreanischen Christenbund organisiert. Sie fei-ern außer in den beiden Kirchen ihre Gottesdienste auch in insge-samt 500 Hauskirchen, die über das ganze Land verstreut sind.

Ein Grund, weshalb diese Form christlichen Lebens in Nordkorea möglich ist, liegt ver-mutlich in der besonderen Ge-schichte. 25 Jahre nachdem der Protestantismus ab 1884 in Korea Fuß zu fassen begann, wurde Ko-rea 1910 eine Kolonie Japans. Dies war verbunden mit dem Versuch,

Koreaner ihrer Identität zu berau-ben. Am 1. März 1919 wurde im Widerstand gegen die Kolonial-macht eine Unabhängigkeitser-klärung veröffentlicht. Dazu hat-ten die Christen, die damals nur ein Prozent der Bevölkerung aus-machten, einen maßgeblichen Beitrag geleistet. Bei aller ideolo-gischen Kritik am Christentum, die es in Nordkorea später gab, ist diese historische Tatsache nie ganz in Vergessenheit geraten.

Ein weiterer Grund mag darin liegen, dass es in der Familie des Staatsgründers, Kim Il-sung, selbst einen christlichen Einfluss gab.

Seine Mutter war Christin und ehrenamtliche Mitarbeiterin in einer Kirchengemeinde. Es wird berichtet, dass die 1992 unter Kim Il-sung erbaute Chilkol-Kirche an dem Platz steht, an dem die Kir-che seiner Mutter stand.

1945, nach der Befreiung von japanischer Vorherrschaft und zu Beginn der tragischen Teilung des Landes, gab es in Nordkorea zwi-schen 150 000 und 300 000 Chris-ten. Schon bald begannen sich Christen in den Süden abzuset-zen. Die Mehrzahl floh während des Koreakrieges (1950-1953). Nordkorea wurde durch Luftan-

griffe des „christlichen“ Amerikas in Schutt und Asche gelegt, in der Folge wurden Christen verfolgt.

Aber nicht alle Christen haben das Land verlassen. Sie wünschten sich, wieder eine Form christlichen Lebens pflegen zu dürfen. Das stieß insofern auf Wohlwollen, als auch der nordkoreanische Staat Interesse daran hatte zu zeigen, dass in der Volksrepublik Religi-onsausübung möglich ist. 1972 trat der bereits 1946 gegründete Nord-koreanische Christenbund wieder offiziell in Erscheinung, und nach und nach wurden auch Kontakte ins Ausland aufgenommen.

Gestritten wird viel über dieses Phänomen christlicher Existenz in Nordkorea. Kritiker bezeichnen das Ganze als Propagandaunter-nehmen des Staates. Sicher ist Nordkorea keine Demokratie, und es gibt dort keine Religionsfreiheit im westlichen Sinne. Und es wird ohne Zweifel aufmerksam regist-riert, was in den Kirchen und Ver-sammlungen geschieht. Manch-mal drängt sich der Eindruck auf, die umstrittene Minderheit von Christen in Nordkorea müsste an zwei Fronten kämpfen. Nach in-nen müssen sie rechtfertigen, wes-halb sie einem kritisch beäugten Glauben folgen, und nach außen müssen sie beweisen, dass sie über-haupt Christen sind.

Lutz Drescher hat von 1987-1995 in Korea gelebt. Von 2001 bis 2016 war er Ostasien-Verbindungsrefe-rent der Evangelischen Mission in Solidarität.

Eine umstrittene Minderheit Die Christen in Nordkorea werden von zwei Seiten kritisch betrachtet

Die evangelische Kirche Pongsu in Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang. Foto: Lutz Drescher

Die Vorbereitungen für die Olympischen Winter-spiele in Pyeongchang in Südkorea sind so gut wie abgeschlossen. Vom 9. bis 25. Februar messen sich hier Sportler aus aller Welt. Die deutsche katholi-sche Gemeinde in der 150 Kilometer entfernten Hauptstadt Seoul verbindet mit den Spielen auch Hoffnungen für die Region im Osten Südkoreas, wie die Pastoral-Leiterin Maria Jutta Hassler (62) im Interview mit Rainer Nolte sagte.

Frau Hassler, erwarten Sie für die Zeit der Win-terspiele Besucher in Ihrer Gemeinde? Maria Jutta Hassler: Wir haben kein spezielles Olympia-Programm geplant. Ich gehe auch nicht davon aus, dass Touristen, die hier in der Haupt-stadt übernachten, unsere Gottesdienste besu-chen werden. Wenn doch, würden wir uns natür-lich sehr freuen. Normalerweise nehmen etwa 50 Gläubige an der deutschsprachigen Sonn-tagsmesse teil. Beim ökumenischen Weihnachts-gottesdienst waren es sogar 250.

Das verfeindete Nordkorea hat angekündigt, auch Athleten nach Südkorea auszusenden. Ein gutes Zeichen? Es ist ein guter Schritt nach vorn. Beide Seiten könnten so über die teilnehmenden Olympio-niken zueinander finden. Ich habe die Hoffnung, dass es nach dem sportlichen Miteinander weiter geht mit Gesprächen über eine Konflikt-lösung.

Sind Sie oder Gemeindemitarbeiter in Pyeong-chang bei den Olympischen Spiele aktiv? Nein. Vor Ort sind die beiden deutschen Olym-piapfarrer als Ansprechpartner. Pfarrer Jürgen Hünten für die katholische Kirche und sein evangelischer Kollege Thomas Weber. Für die anschließenden paralympischen Wettkämpfe wird wahrscheinlich ein Seelsorger hier aus der Region das Team unterstützen.

Werden Sie den Olympischen Spielen zumin-dest einen Besuch abstatten?Nein, aber ich möchte nach den Spielen dort-hin. Ich fahre selber gern Ski. Für die bisher eher ruhige Region Pyeongchang ist es eine Chance für eine Belebung. Ich habe die Hoff-nung, dass die Verantwortlichen die aus dem Boden gestampften Sportanlagen nachhaltig angelegt haben. Einige Anlagen werden zwar zurückgebaut, aber ich habe die Hoffnung, dass die weiter bestehenden Anlagen auch künftig von Schülern und anderen Interessierten ge-nutzt werden können.

Maria Jutta Hassler ist die Pastorale Leiterin der deutschsprachigen Katholischen Gemeinde in Seoul. Sie ist Gemeindereferentin aus dem Bistum Magde-burg und seit 35 Jahren im Kirchlichen Dienst. Weite-re Informationen zur katholischen Gemeinde in Südkorea gibt es auf www.dkg-seoul.org/.

Annäherung über den Sport

Hoffnung auf Nachhaltigkeit

offnungen. Foto: picture-alliance/Peter Kneffel Thomas Weber ist selbst passionierte Skifahrer. Foto: privat

KIRCHE UND SPORTDie Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat den Sport als eines der wichtigsten Begegnungs-felder von Protestantismus und Kultur benannt. So heißt es: „Der Sport gehört zu denjenigen mensch-lichen Aktivitäten, die ihrer Natur nach zweckfrei und Teil der menschlichen Muße sein sollten. Er ist eine elementare Form, in der Menschen sich selbst als leibseelische Einheit erfahren und zugleich ei-nander in Kooperation und Konkurrenz begegnen können.“ Der Sportbeauftragte der EKD ist Volker Jung und qua Amt auch Vorsitzender des Arbeits-kreises Kirche und Sport der EKD. EZ

KATHOLIKEN IN SÜDKOREASüdkorea verzeichnet seit einigen Jahren eine wachsende katholische Kirche. Im Süden der geteil-ten Halbinsel stieg die Zahl der Katholiken 2015 um 1,7 Prozent auf etwa 5,65 Millionen. Von den derzeit gut 52 Millionen Einwohnern Südkoreas ist also je-der neunte katholisch. Dieser Aufwärtstrend hält seit 2003 an. Die höchste Zahl der Taufen im laufen-den Jahrzehnt gab es Medienberichten zufolge mit rund 125 000 im Jahr 2014, als Papst Franziskus das Land besuchte. 2015 waren es 116 000. Im Haupt-stadt-Erzbistum Seoul, das seit 2012 von Kardinal Andrew Yeom Soo-jung (74) geleitet wird, lebten 2016 mehr als 1,5 Millionen Katholiken. Seit 1986 hat Seoul eine deutschsprachige Gemeinde. KNA

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6 KIRCHEN IN DEUTSCHLAND Sonntag, 4. Februar 2018 | Nr. 5 NK

AfD-Politiker tritt zum Islam überFalkensee. Der AfD-Politiker Arthur Wagner ist zum Islam übergetreten. Das bestätigte er der Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde Falkensee-Seegefeld, Gisela Dittmer. Nach ihren Angaben ist Wagner jedoch bisher nicht aus der Kirche ausge-treten. Der Russlanddeutsche ist bereits seit zwölf Jahren Mitglied der Gemeinde und nahm als „Er-satzältester“ auch an Sitzungen des Gemeindekir-chenrates teil. Seine AfD-Mitgliedschaft führte in der Vergangenheit teilweise zu Spannungen. Wag-ner habe die Entwicklungen in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlau-sitz zunehmend kritisch gesehen. „Insbesondere den Beschluss der Synode vom Frühjahr 2016 zur Trauung gleichgeschlechtlicher Paare kritisierte er“, so die Pfarrerin. Sie habe ihn als „engagierten Christen“ erlebt, unter anderem in der Flüchtlings-hilfe. Wagner wollte sich zu seiner Konversion nicht äußern. „Das ist meine Privatsache“, sagte er laut Berliner „Tagesspiegel“. idea

Keine Änderung des Vaterunser Bonn. Die katholische Deutsche Bischofskonferenz hält an der bisherigen Fassung des Vaterunsers fest. Dafür spreche auch die konfessions- und län-derübergreifende Einheitlichkeit des Gebets, teilte die Bischofskonferenz mit. Der Papst hatte im De-zember eine Debatte ausgelöst, indem er sich für eine Änderung des Vaterunser ausgesprochen hat-te. Er hatte dafür geworben, den Passus „Und füh-re uns nicht in Versuchung“ zu ändern, weil Satan, nicht aber Gott in Versuchung führe. In Bezug auf den Änderungsvorschlag erklärten die deutschen Bischöfe: „Bei näherer Betrachtung ergibt sich je-doch, dass sehr gewichtige Gründe dagegenspre-chen, gleich ob man nun philologische, exegeti-sche, liturgische oder nicht zuletzt auch ökumeni-sche Gründe stärker gewichtet.“ Was die Überset-zung betrifft, sei die gängige Fassung nah am griechischen Wortlaut des Gebets, wie es das Mat-thäus- und das Lukasevangelium in ihren ältesten Fassungen überliefern. epd

Peter Schicketanz verstorbenGörlitz. Ein maßgeblicher Förderer der Wehrdienst-verweigerer in der DDR, der evangelische Theologe Peter Schicketanz (Görlitz), ist am 17. Januar im Alter von 86 Jahren gestorben. Er baute ein DDR-weites Netzwerk zur Begleitung dieses Personenkreises auf – mit Unterstützung von Johannes Jänicke (1900-1979), der von 1955 bis 1968 Bischof der Kirchenpro-vinz Sachsen war. Schicketanz habe oft im Verbor-genen gewirkt, „doch seine Arbeit war für Menschen in der DDR, die den Waffendienst verweigerten, unendlich wichtig: als Seelsorger, aber auch gegen-über den staatlichen Stellen und in der Kirche“, sag-te der Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft, Christoph Münchow. idea

Spenden-Anstieg verzeichnetBonn. Das Bündnis „Aktion Deutschland Hilft“ hat im vergangenen Jahr einen deutlichen Spenden-Anstieg verzeichnet. Wie der Zusammenschluss deutscher Hilfsorganisationen am Freitag in Bonn mitteilte, stiegen die Spenden 2017 gegenüber dem Vorjahr um 19,5 Millionen auf mehr als 43,3 Millio-nen Euro an. Grund für den Zuwachs seien die vie-len humanitären Krisen unter anderem in Afrika und Syrien sowie in Jemen und Myanmar gewesen, sagte die Sprecherin des Bündnisses, Kai Mirjam Kappes. Noch nie seien so viele Menschen auf hu-manitäre Hilfe angewiesen gewesen wie im ver-gangenen Jahr, hieß es weiter. epd

Stadt hält an Mahnmal festPohlheim. Die mittelhessische Stadt Pohlheim hält an ihren Plänen für ein Mahnmal für die christli-chen Opfer des Genozids im Osmanischen Reich fest. Das Mahnmal sei beschlossen und werde trotz der Kritik von türkischer Seite errichtet, sagte der Pohlheimer Bürgermeister Udo Schöffmann (CDU). Das Mahnmal wäre das erste auf öffentli-chem Grund in Deutschland. Demnächst finde das erste Treffen einer Kommission statt, die über Ort und Aussehen des Denkmals beraten soll, teilte der Bürgermeister mit. Das Stadtparlament hatte Ende 2017 für das Denkmal gestimmt, mit dem an die Massaker an Armeniern und anderen christli-chen Minderheiten im Osmanischen Reich vor rund einem Jahrhundert erinnert werden soll. Da-gegen protestierte der türkische Generalkonsul in Frankfurt, Burak Kararti. epd

MELDUNGEN

Nach der Reformation soll es nun um die Digitalisierung gehen. Das fordert der Arbeitskreis Evangeli-scher Unternehmer von der Evan-gelischen Kirche in Deutschland. Digitalisierung sei nicht nur ein Trend, sondern epochaler Verän-derungsprozess.

Wuppertal. Der freundlich ausse-hende Roboter mit seinen großen schwarzen Augen tritt an Hein-rich Bedford-Strohm heran. Er sieht ihn an und sagt: „Ich möchte mit Ihnen über Digitalisierung sprechen.“ So begann das Ge-spräch zwischen dem 1,20 Meter großen humanoiden Roboter Pepper und dem Ratsvorsitzen-den der Evangelischen Kirche in Deutschland. Der Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer hatte das ungleiche Paar am Rande der EKD-Ratssitzung in Wuppertal zusammengebracht. Das Thema: Digitalisierung.

Mit Pepper forderten die Un-ternehmer die evangelische Kir-che auf, sich mit der Digitalisie-rung zu befassen. Nach der Refor-mationsdekade müsse nun die Digitalisierungsdekade kommen, mahnte der stellvertretende Vor-sitzende des Arbeitskreises, Fried-helm Wachs, an. „Die Digitalisie-rung ist kein simpler Trend, son-dern ein epochaler Veränderungs-prozess“, heißt es in dem 20-seiti-gen Papier, das Roboter Pepper Bedford-Strohm übergab. Die Di-gitalisierung fordere „die Grund-festen unseres Zusammenlebens und Zusammenarbeitens in bis-lang ungekanntem Maße“ heraus, schreiben die Unternehmer.

Digitale Revolution mitgestalten

Ist die digitale Sphäre Teil der Schöpfung? Inwieweit verändert die Vernetzung die Gemeinde? Und sind selbstlernende Systeme Subjekte von Schuld und Verge-bung? Fragen wie diese stellten sich der Theologie, heißt es in der Schrift mit dem Titel „Die digitale

Revolution gestalten – eine evan-gelische Perspektive“.

Insbesondere die durch die Di-gitalisierung aufgeworfenen ethi-schen Aspekte bedürfen nach An-sicht der Unternehmer einer theologischen Diskussion durch die Kirche. „Es gibt in der neuen digitalen Welt eine Vielzahl offe-ner theologischer Fragen, zu de-nen wir eine theologische und nicht nur eine sozialpolitische Antwort brauchen“, sagte Freid-helm Wachs. Wenn diese ausblie-ben, hätten neue religiöse Bewe-gungen es leicht, „künstliche In-telligenz“ zum Gott zu erklären.

Von der Evangelischen Kirche in Deutschland erhofften sich die Unternehmer ein „beherztes und ergebnisoffenes Zugehen auf die neuen Entwicklungen“, so Wachs. Er ermahnte die Kirche, dabei Lehren aus der Industrialisierung zu ziehen, die sie einst als irrele-vant abgetan habe. Bei der Digita-lisierung gelte es, Sachkunde zu

entwickeln und ihr auch in der Ausbildung von Geistlichen ho-hen Stellenwert einzuräumen.

Was trennt Mensch und Maschine?

So dürften die Folgen der Digita-lisierung nicht verteufelt werden, forderten die Unternehmer. Zwar gehe mit der Digitalisierung ein weltweiter, radikaler Verände-rungsprozess einher, doch könne er aktiv gestaltet werden. Auch in der digitalen Welt müsse eine vom christlichen Menschenbild geprägte Ethik gelten. Mit Zuver-sicht und in Verantwortung vor Gott sollte das Christentum an diesen Veränderungsprozess her-angehen. Die Digitalisierung wer-de Folgen bis in jede Kirchenge-meinde hinein haben.

Bedford-Strohm nannte den Impulstext einen wichtigen An-

stoß für die weitere Debatte. Er bestärke die Kirche in ihrem auf der EKD-Synode in Bremen 2015 eingeschlagenen Weg: „Die Digi-talisierung steht jetzt ganz oben auf unserer Agenda.“ Für die Kir-che sieht er die Chance, in der De-batte „das Orientierungswissen der christlichen Tradition frucht-bar zu machen“.

Auch die Unternehmen seien angesichts von Entwicklungen wie der „Industrie 4.0“ oder dem „Internet der Dinge“ gefordert. Zum einen sollten sie Mitarbeiter ermutigen, Neues zu probieren. Zum anderen stellten sich Fragen zur Anwendung neuer Technolo-gien – etwa beim autonomen Fah-ren. Zu klären sei dabei auch, wo die Grenze zwischen Mensch und Maschine verlaufe. Der Ratsvorsit-zende sagte zu, die in dem Papier aufgeworfenen Fragen zu prüfen, frei nach dem Rat von Paulus an die Gemeinde: „Prüfet aber alles und das Gute behaltet.“ idea/epd

Arbeitskreis Evangelischer Unternehmer will Fokus auf Digitalisierung lenken

Bischof trifft Roboter

Gespräch mit der Zukunft: Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm spricht mit dem humanoiden Roboter Pepper über Digitalisierung. Foto: epd-bild/Uwe Möller

Kassel. Viele Deutsche kennen die Inhalte des christlichen Glau-bens nur noch vom Hörensagen. Das Evangelium ist ihnen „schlichtweg nicht bekannt“, ob-wohl es für den Alltag Wichtiges zu sagen hat. Diese Ansicht ver-trat die Geschäftsführerin der Werbeagentur gobasil, Eva Jung, beim 6. Christlichen Gesundheits-kongress. 650 Ärzte, Therapeuten, Pfleger, Seelsorger und Verwal-tungsfachleute beschäftigten sich dabei mit dem Thema „Zwischen mir & dir. Geistesgegenwärtig kommunizieren“.

Um Aufmerksamkeit für die christliche Botschaft zu erregen, empfahl Jung den Kirchen, das Bedürfnis nach Ewigkeit, aber auch menschliche Grundbedürf-nisse, etwa die Sehnsucht nach Familie und guten Beziehungen, anzusprechen. Die Werbeexper-tin plädierte dafür, an christlichen Kernbegriffen festzuhalten. So solle die Kirche nicht über Glück, sondern über Segen sprechen. Das sei ein Alleinstellungsmerkmal der Kirche. Jung: „Über Glück spricht von Hirschhausen, über

Segen sprechen wir.“ Es gelte, christliche Anliegen in den Alltag zu übersetzen.

So sei es wenig sinnvoll, als Kir-che für mehr Nachhaltigkeit zu werben. Dies sei „ein Kirchenthe-ma, das die Menschen nicht be-sonders interessiert“. Stattdessen empfahl Jung, Dankbarkeit zu thematisieren. Jung verwies auf eine Aussage des Theologen Diet-rich Bonhoeffer (1906-1945): „Das Evangelium muss wieder so zur Sprache gebracht werden, dass es tröstet und befreit.“

Furcht, „angepredigt“ zu werden

Der Theologieprofessor Peter Zim-merling sagte auf dem Kongress, dass alle Menschen auf der Suche nach Sinn und daher offen für re-ligiöse Fragen sind. Menschen fürchteten sich jedoch davor, „an-gepredigt, unbarmherzig mit der eigenen Sünde konfrontiert und mit frommen Ratschlägen abge-speist zu werden“. Viele Christen

verwechselten ihr Christsein mit moralischer Vollkommenheit. Dies sei jedoch keine realistische Selbstsicht. Im Gespräch mit Nichtchristen komme es darauf an, weniger Antworten zu geben und mehr Fragen zu formulieren. Es müsse deutlich werden, dass Gott nicht Uniformierung wolle, sondern Freude an Vielfalt habe.

Viele Menschen seien interes-siert an niedrigschwelligen spiritu-ellen Angeboten, etwa an Seg-nung, Salbung und Gebet. So kom-me der Handauflegung als Zeichen der Zuwendung Gottes „in einer emotional abgekühlten Gesell-schaft“ besondere Bedeutung zu.

Auch in der medizinischen Therapie solle man nicht vor-schnell christliche Angebote ma-chen, etwa das Gebet am Kran-kenbett. Diese Empfehlung gab der Chefarzt für Psychotherapie und Psychosomatik an der Klinik Hohe Mark, Martin Grabe. Ihm zufolge hat es sich in seiner Klinik bewährt, Patienten ein offenes spirituelles Angebot zu machen. Dazu zählten Morgenandachten und Gottesdienste, seelsorgerliche

Einzelgespräche sowie Gesprächs-gruppen. Zwar solle Spiritualität in die Therapie einbezogen wer-den, das müsse jedoch stets auf freiwilliger Basis erfolgen. Zudem müsse die religiöse Vorgeschichte des Patienten berücksichtigt wer-den.

In seiner Klinik gebe es aus religiöser Sicht drei Patienten-gruppen. Das seien erstens religi-ös uninteressierte, zweitens christliche Patienten, die ihren Glauben als Kraftquelle empfin-den, und drittens „gebrannte Kinder“, die schlechte Erfahrun-gen im kirchlichen Umfeld ge-macht haben. Für christliche Kli-niken sei es empfehlenswert, eine eigene Seelsorge aufzubauen, die attraktive und kreative Angebote mache, etwa einen „Gottesdienst für alle Sinne“.

Der Gesundheitskongress wird von christlichen Organisati-onen und Persönlichkeiten getra-gen. Darunter sind Vertreter der Diakonie Deutschland, der „Christen im Gesundheitswesen“ und der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Mediziner. idea

Nicht Glück, sondern SegenWie Kirchen auf ihre Botschaft aufmerksam machen können

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7Sonntag, 4. Februar 2018 | Nr. 5 NK xKIRCHEN IN ALLER WELTx

MELDUNGEN

Gebete für verfolgte ChristenHannover. Christen in Ägypten stehen im Mittel-punkt der von der EKD empfohlenen Fürbitte für bedrängte und verfolgte Christen. Ihrer wird am Kirchensonntag „Reminiszere“ (Gedenket) – in die-sem Jahr am 25. Februar – gedacht. Das EKD-Kir-chenamt hat dazu ein Materialheft herausgege-ben. Laut der Auslandsbischöfin der EKD, Petra Bosse-Huber, sind Christen in Ägypten 2017 „in erschütterndem Maße“ Ziel von terroristischen An-schlägen geworden. „Gerade deshalb wenden wir uns an Gott und bitten ihn, dem Unrecht und der Gewalt Einhalt zu gebieten.“ Besonders dort, wo das Recht auf Gewissens- und Religionsfreiheit eingeschränkt werde, sei es „unsere Pflicht, dies öffentlich zu machen, den Betroffenen eine Stim-me zu geben und uns für die Wiedererlangung ih-rer Rechte einzusetzen“. Seit 2010 ruft die EKD am zweiten Sonntag der Passionszeit – Reminiszere genannt – zum Gebet und zur Anteilnahme am Leid von Christen in anderen Ländern auf. idea

Papst bestürzt über GewaltRom. Papst Franziskus hat sich besorgt geäußert über die gewaltsame Niederschlagung von Protes-ten gegen die Regierung im Kongo. Die Gewalt müsse beendet werden, sagte er bei der General-audienz auf dem Petersplatz in Rom. Die Kirche wünsche nichts anderes, als zu Frieden und zum Gemeinwohl der Gesellschaft beizutragen, betonte Franziskus. Bei Kundgebungen katholischer Ge-meinden gegen den Verbleib des kongolesischen Präsidenten Joseph Kabila im Amt waren mindes-tens sechs Menschen getötet worden. Die Polizei setzte bei den Demonstrationen, zu denen katho-lische Gemeinden aufgerufen hatten, nach Anga-ben der Vereinten Nationen Tränengas und schar-fe Munition ein. epd

Abschied bei Papst-Vesper Rom. Der Pfarrer der evangelisch-lutherischen Ge-meinde in Rom, Jens-Martin Kruse, hat seine zehn-jährige Amtszeit bei einer Ökumene-Feier unter Leitung von Papst Franziskus beendet. Gemeinsam mit Vertretern anderer christlicher Kirchen nahm er in der römischen Basilika „Sankt Paul vor den Mauern“ an einer Vesper zum Abschluss der Ge-betswoche für die Einheit der Christen teil. „Auch wenn Divergenzen uns trennen, erkennen wir an, dass wir dem gleichen Volk der Erlösten angehö-ren“, betonte der Papst in seiner Predigt. Die Gna-de Gottes erreiche die Christen verschiedener Kon-fessionen gleichermaßen und müsse von ihnen geteilt werden. Kruse (48) kehrt in diesen Tagen als Hauptpfarrer der Hamburger Hauptkirche St. Petri nach Deutschland zurück. Wegen seiner Bemühun-gen um die Ökumene zwischen Katholiken und Lutheranern in Rom wurde er 2016 mit dem Bun-desverdienstkreuz ausgezeichnet. epd

Kein Verständnis für KarnevalistenRio de Janeiro. Der umstrittene pfingstkirchliche Bürgermeister der brasilianischen Stadt Rio de Janeiro, Marcelo Crivella, hat für feierfreudige Kar-nevalisten kein Verständnis. In einem Video sagte er: „Ich war noch nie beim Karneval. Ich bin evan-gelikal, und er hat nichts mit meiner Welt zu tun.“ Der 2016 gewählte Bürgermeister hatte bereits im vergangenen Jahr die traditionelle Schlüsselüber-gabe der Stadt an die Karnevalisten verweigert und die Festtage im Ausland verbracht. Für 2018 hal-bierte er die Zuschüsse für die 13 Sambaschulen der Stadt mit Verweis auf die finanzielle Notlage Rios. Der künstlerische Leiter der Sambaschule Mangueira, Leandro Vieira, kritisierte, dass Evan-gelikale den Karneval als ein „Fest des Teufels“ ansähen. Crivella gehört zu der pfingstkirchlichen „Universalkirche vom Königreich Gottes“. idea

70 Jahre nach dem Tod von Frei-heitskämpfer Mahatma Gandhi steht Indien an einem Wende-punkt: Der Hindunationalismus wird zunehmend hoffähig. Gan-dhis Wunsch, „die Herzen aller Gemeinschaften“ zu vereinen, läuft der Entwicklung zuwider.

Von Agnes TandlerNeu-Delhi. „Freunde, Kameraden, das Licht in unserem Leben ist er-loschen, und es herrscht Dunkel-heit überall.“ Mit diesen Worten wandte sich der indische Premier-minister Jawaharlal Nehru am 30. Januar 1948 über das Radio an die junge Nation. Nur Stunden zuvor wurde Mahatma Gandhi von ei-nem Hindu-Nationalisten ermor-det. Der Tod des 78-jährigen Un-abhängigkeitskämpfers schockierte das Land.

Indien war nur ein paar Mona-te zuvor unabhängig geworden, und der Erfolg galt als ein Ver-dienst Gandhis, der mit seinem gewaltfreien Widerstand die briti-sche Kolonialmacht in die Knie gezwungen hatte. Mehr als zwei Millionen Menschen folgten dem Trauerzug durch die Hauptstadt.

Nathuram Godse, der drei Ku-geln auf Gandhi abgefeuert hatte, wurde noch am Tatort festge-nommen und ein Jahr später ge-hängt. Die Regierung nahm Hun-derte Mitglieder des hindu-natio-nalistischen Freiwilligenkorps Rashtriya Swayamsevak Sangh

(RSS) fest, dem Godse angehörte. Dass ausgerechnet ein RSS-Mit-glied Indiens Unabhängigkeits-kämpfer und Idol Mahatma Gan-dhi 1948 ermordet hatte, lastete lange als hässlicher Schandfleck auf der Organisation, deren Gründer sich an der Hitlerju-gend orientiert hatten.

Noch lange hatten es Indiens Hindunationalisten schwer, grö-ßere Teile der Bevölkerung zu er-reichen. Mit ihrer extremen Ideo-logie wurden sie von der Ober- und Mittelschicht des Landes oft nur müde belächelt. Doch 70 Jah-re nach dem Tod Gandhis hat sich das geändert: Seit Premierminis-ter Narendra Modi an der Macht ist, ist die Weltanschauung des RSS in neuen Kreisen hoffähig ge-worden. Modi ist seit seiner Ju-gend RSS-Mitglied. Mit politi-schem Kalkül weitet der Politiker seine Basis aus und bereitet einem hinduistischen Indien den Weg.

Manche sehen Gandhis Ver-mächtnis der Toleranz und des harmonischen Miteinanders in Gefahr. Gandhis Enkel, Arun

Gandhi, kritisierte kürzlich Modis Philosophie: „Sie ist sehr engstir-nig, zentriert auf den Hinduis-mus. In diesen Zeiten müssen wir unsere Perspektiven erweitern und nicht enger machen.“

Mob-Gewalt gegen Minderheiten

Doch Modi selbst beruft sich gern auf Gandhi: So zitierte er kürzlich den spirituellen Führer Indiens als Vorkämpfer für eine offene Welt-ordnung: „Ich will nicht, dass die Fenster meines Hauses geschlossen werden“, so sei die Vision des Frei-heitskämpfers gewesen, die bis heute gelte. „Ich will, dass der Wind durch das Haus weht.“

Der Wind in Indien ist aller-dings seit Modis Amtsantritt 2014 für viele schärfer geworden. Das Land war lange stolz auf sei-ne religiöse Toleranz, doch inzwi-schen mehren sich Angriffe auf Oppositionelle, Schikanen gegen internationale Hilfsorganisatio-

nen und Mob-Gewalt gegen reli-giöse Minderheiten. Zudem pro-vozieren Politiker von Modis Regierungspartei gezielt Nicht-Hinduisten: Der Regierungschef des Bundesstaates Uttar Pradesh, Yogi Adityanath, erklärte vor ei-nigen Monaten, das berühmte Taj Mahal, ein Meisterwerk isla-mischer Kunst aus dem 17. Jahr-hundert, repräsentiere nicht die indische Kultur. In Uttar Pradesh, wo jeder fünfte Einwohner Mus-lim ist, wiegt so eine Aussage doppelt schwer.

Als Gandhi im Januar 1948 er-schossen wurde, hatte der Be-gründer des gewaltfreien Wider-standes gerade einen neuen Hun-gerstreik begonnen. Schockiert von der religiösen Gewalt zwi-schen Muslimen und Hindus nach der Teilung von Indien und Pakistan hatte er beschlossen, er werde erst wieder essen, „wenn ich davon überzeugt bin, dass die Herzen aller Gemeinschaften vereint sind“. 70 Jahre nach Gan-dhis Tod scheint dieses Ziel noch in weiter Ferne.

Mahatma Ghandis Einsatz gegen religiöse Gewalt ist heute wieder so aktuell wie damals

Der Kampf ist noch nicht vorbei

Afrin. Kirchenvertreter in Syrien haben die Angriffe der türkischen Armee auf die nordsyrische Stadt Afrin scharf verurteilt. In einem Offenen Brief ruft der Hauptpastor eines Kirchennetzwerks in Afrin und Kobane, Hakim Ali Ismael, die internationale Gemeinschaft dazu auf, die Notlage der Kirchen in Af-rin nicht zu ignorieren.

Um die Stadt und die Region im Nordwesten Syriens toben seit Mitte Januar schwere Kämpfe. Im Rahmen der „Operation Oliven-zweig“ geht das türkische Militär gegen kurdische Volksverteidi-gungseinheiten (YPG) vor. Es be-trachtet diese wegen ihrer engen Verbindungen zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) als Terrororganisation. Gleichzei-tig rücken islamistische Truppen in die Region vor, berichten die Christen Afrins.

Die Stadt gehört zum Gouver-nement Aleppo. Lokalen Kirchen-vertretern zufolge leben dort 30 000 Christen, 320 000 Men-schen sollen sich in dem um-kämpften Gebiet aufhalten.

„Wir können weder uns und unsere Familien beschützen noch anderen Betroffenen hel-

fen“, beklagte Hakim Ali Ismael vom Kirchennetzwerk Afrin und Kobane. Viele christliche Famili-en fürchteten, dass an den An-griffen beteiligte syrische Islamis-ten Frauen und Kinder töten oder als Sklaven verkaufen könn-ten. Mehr als 200 christliche Fa-milien seien daher in die Berge geflohen und versteckten sich dort in Höhlen. Die Versorgungs-lage sei angespannt.

Forderung nach Rüstungsexport-Stopp

Entsetzt äußerte sich auch der Lei-ter des christlichen Hilfswerkes CAPNI im Nordirak, Erzpriester Emanuel Youkhana. Er habe ge-hofft, dass nach dem Sieg über den „Islamischen Staat“ nun eine Zeit des Wiederaufbaus komme. Er sei schockiert über die erneute Ge-walt: „Wieder zahlen unschuldige Zivilisten den Preis für politische Interessen unter dem Vorwand, Terroristen zu bekämpfen.“

Auch das weltweite päpstliche Hilfswerk „Kirche in Not“ hat ei-nen Hilferuf von Christen aus

dem syrischen Afrin erhalten. „Wir bitten sofort um internatio-nale Unterstützung für die Gläu-bigen unserer Stadt“, heißt es in dem Appell einer evangelikalen Gemeinde der „Kirche zum Gu-ten Hirten“, der nach eigenen An-gaben rund 250 Familien angehö-ren. „Wir flehen darum, dass die Bombardierungen von türkischen Truppen sofort gestoppt werden.“

Die evangelische Aktionsge-meinschaft Dienst für den Frie-den fordert ein Ende von Waffen-lieferungen an die Türkei. Auch eine Modernisierung von Kampf-panzern durch deutsche Firmen dürfe es nicht geben. Generell dürften keine Rüstungsexporte an Staaten genehmigt werden, die an kriegerischen Handlungen betei-ligt sind.

Auch die Gesellschaft für be-drohte Völker verlangt den sofor-tigen Stopp von Waffengeschäf-ten mit der Türkei. Sie lud Au-ßenminister Sigmar Gabriel (SPD) deshalb zum „Tee-Trinken“ am 26. Januar vor dem Auswärti-gen Amt in Berlin ein. Daran nahmen laut dem Nahostexper-ten der Organisation, Kamal Sido, 50 syrische Kurden teil –

viele von ihnen aus Afrin. Da der Außenminister die Einladung nicht wahrnahm, habe man den Appell in schriftlicher Form an einen Vertreter des Auswärtigen Amtes übergaben. Die Bundesre-gierung müsse alles dafür tun, dass die Angriffe auf Afrin been-det werden. Die türkische Armee dürfe keinen Krieg mit deutschen Waffen führen. idea/epd/KNA

Christen aus Afrin bitten um Hilfe200 Familien sind vor türkischen Panzern und Islamisten geflohen und verstecken sich

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Das Ehrengrabmal für Gandhi in den weiten Grünanlagen von Neu-Delhi ist ständig von Pilgern umringt.

Foto

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Für viele ein Heiliger: Mahatma Gandhi. Foto: epd-bild/Keystone

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8 xFAMILIEx Sonntag, 4. Februar 2018 | Nr. 5 NK

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RÄTSEL

FEBRUAR

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Kooperation

Frau Lamprecht, wie ist es dazu gekommen, dass Sie die Kinder-wunschberatung und die Trauer-begleitung bei Fehlgeburten oder Totgeburt eines Kindes oder En-kelkindes anbieten?Birgit Lamprecht: Aus ganz persön-lichen Gründen. Ich war selber be-troffen und hätte mir während der Zeit der Kinderwunschbehandlung eine spezielle Begleitung ge-wünscht. Auch das Thema Fehlge-burt kenne ich aus eigener Erfah-rung und weiß, wie wichtig eine einfühlsame Unterstützung in die-ser Zeit der Trauer ist. Um professi-onelle Hilfe geben zu können, habe ich mich dann dazu entschieden, eine zusätzliche Ausbildung in Kin-derwunschberatung und Trauerbe-gleitung zu machen. Diese Bereiche hängen ja auch oft zusammen. Paa-re, die von Fehlgeburten betroffen sind, haben vorher oft eine Kinder-wunschbehandlung durchgemacht.

Mit welchen Problemen kommen die Menschen zu Ihnen?In beiden Bereichen haben wir es mit Trauerbewältigung zu tun. Wenn sich der Kinderwunsch nach etli-chen medizinischen Behandlungen nicht realisiert, sind die Paare auch von Trauer betroffen. Sie durchle-ben ganz ähnliche Gefühle wie Paa-re, die ihr Kind verloren haben. Es macht sie traurig, wenn im Bekann-tenkreis jemand ein Kind bekommt, sie werden neidisch auf jede Schwangere, die sie sehen. Sie sind verzweifelt, wenn ihr Wunsch von einem eigenen leiblichen Kind nicht

in Erfüllung zu gehen scheint. Gleichzeitig halten sie an der Hoff-nung fest, dass es bei der nächsten Behandlung doch noch klappen könnte. Aber die durchschnittliche Geburtenrate bei künstlicher Be-fruchtung liegt nur bei etwa 20 Pro-zent. Das heißt, nur in etwa zwei von zehn Fällen kommt es am Ende der Behandlung zu einer Lebendge-burt. Hinzu kommen die körperli-chen und psychischen Belastungen während der Behandlungszeit, ge-rade natürlich für die Frauen. Au-ßerdem kann die Kinderwunschbe-handlung auch finanzielle Probleme bereiten. Die Krankenkassen finan-zieren lediglich die ersten drei Ver-suche von verheirateten Paaren, die meisten Kassen dann aber auch nur anteilig. Es gibt Paare, die haben schon mehr als zwanzig Versuche hinter sich, nehmen Kredite auf und verschulden sich am Ende für ihren Traum vom eigenen Kind. All das ist natürlich auch eine Belastung der Partnerschaft an sich. Bei den meisten Paaren dreht sich alles nur noch um das Thema Schwanger-schaft. Das Sexualleben wird darauf reduziert, dass eine Schwanger-

schaft dabei ent-steht, nur der Eisprung bestimmt noch, wann das Paar Sex hat. Das hält eine Beziehung auf Dauer nicht aus.

Wie versuchen Sie zu helfen?Der Alltag der Betroffenen ist voll-kommen von der Kinderwunschbe-handlung bestimmt. Alles wird dem untergeordnet, alles wird darum herum organisiert. Da ist es wichtig zu gucken, was es eigentlich sonst noch im Leben dieser Paare gibt, was sie außer diesem Wunsch noch miteinander verbindet. Außerdem können sie ganz offen über ihre Gefühle sprechen, Dinge sagen, die sie anderen gegenüber vielleicht nicht äußern würden. Über ihre Wut, ihren Neid, ihre Verzweiflung, ihre Hilflosigkeit – das sind alles ganz normale Emotionen in so ei-ner Situation, und die muss man rauslassen, sie dürfen auf keinen Fall unterdrückt werden. Ein beson-derer Punkt ist es, wenn sich die Paare von ihrem Kinderwunsch verabschieden müssen, wenn klar ist, dass es keine Aussicht auf ein leibliches gemeinsames Kind gibt.

Dann spreche ich mit den Paaren über die Möglichkeiten, ein Pflege-kind aufzunehmen oder eine Adop-tion in Betracht zu ziehen. Manche wollen sich aber auch ganz von dem Gedanken verabschieden, Kinder zu haben. Dann geht es darum, einen Weg zu finden, wie die Betroffenen wieder Freude am Leben finden können, auch ohne Kind. Vorher ist aber ein echter Abschied nötig, damit es weitergehen kann. Dabei helfen oft Rituale, etwa ein Papier-schiff zu falten und dann aufs Was-ser zu setzen oder einen Stein ins Wasser zu werfen – eben Rituale, die das Loslassen versinnbildlichen. Vielen hilft es auch, Abschiedsworte zu formulieren oder ihrem Wunsch-kind einen Brief zu schreiben.

Spielen in den Gesprächen auch Glaubensfragen eine Rolle?Eher selten, weder bei der Kinder-wunschberatung noch bei der Trau-erbegleitung. Manchmal gibt es vielleicht Äußerungen wie „Wenn es Gott gäbe, dann würde er so etwas doch nicht zulassen“. Aber solche religiösen Fragen kommen sehr selten zur Sprache. Alle, die bisher zu mir gekommen sind, haben gar keinen Bezug zu Glauben und Kirche.

Wenn der Glaube als Halt keine Rolle spielt, was kann den Betrof-fenen helfen, den Verlust ihres Kindes zu verarbeiten?Für alle Eltern – ob nun gläubig oder nicht – ist es von großer Be-deutung, dass sie sich von ihrem Kind verabschieden konnten. Einige Eltern schrecken davor zurück, die Möglichkeit zu nutzen, ihr totgebo-renes Kind im Krankenhaus noch einmal zu sehen. Aber es ist ganz entscheidend für den Trauerpro-zess, dass die Eltern ihr Kind sehen, es vielleicht noch mal im Arm hal-ten und sich ganz direkt von ihm verabschieden können. Und dann ist es sehr wichtig, die Trauer auch zuzulassen, nicht davor zu flüchten

und sich schnell ablenken zu wol-len. Viele sagen sich: Ich muss doch funktionieren, und das Leben geht ja weiter. Aber es hilft auf Dauer nicht, sich mit Arbeit zuzuschütten oder sich sofort in ein neues Pro-jekt wie einen Hausbau zu stürzen. Die Trauer muss durchlitten wer-den, damit sie nach und nach über-wunden werden kann. Das braucht viel Zeit. Eine Hilfe ist, sich mit an-deren Betroffenen auszutauschen, mit Menschen, die genau nachemp-finden können, was man gerade durchmacht. Dafür biete ich eine Selbsthilfegruppe an, die „Sternen-kinder“. Auch Rituale können hel-fen: zum Beispiel einen Karton mit Erinnerungsstücken an das Kind zusammenzustellen, vielleicht mit Ultraschallbildern oder Spielzeug. Oder einen Brief an das verstorbe-ne Kind zu schreiben. Sich greifbare Dinge schaffen, die eine Nähe zu dem Kind erzeugen. Außerdem ist es wichtig, dass sich die Eltern be-wusst machen, dass es kein Verrat an ihrem verlorenen Kind ist, wenn sie sich dem Leben wieder öffnen, gemeinsam lachen. Die Erinnerung und die Liebe bleiben ja immer da.

Kontakt unter www.lamprecht- begleitung.de oder 0151 / 11 09 51 16.

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KINDERLOSIGKEIT IN DEUTSCHLAND Wiesbaden. Etwa 21 Prozent aller Frauen in Deutschland bleiben laut Sta-tistischem Bundesamt dauerhaft kinderlos. In den vergangenen 30 Jahren hat die Kinderlosenquote in Deutschland immer weiter zugenommen. Sie hat sich zwischen den Jahrgängen 1937 und 1967 von 11 auf 21 Prozent so-gar fast verdoppelt. Seitdem nimmt sie jedoch nicht mehr zu. Dennoch gehört Deutschland neben der Schweiz, Italien und Finnland zu den Län-dern mit der höchsten Kinderlosigkeit in Europa.Inwieweit die Kinderlosigkeit gewollt oder ungewollt ist, dazu gibt es keine festen statistischen Werte. Nur vier Prozent der jüngeren Frauen – im Alter zwischen 15 und 24 – geben in Umfragen an, dass sie in ihrem Leben keine Kinder haben wollen. Die meisten der 21 Prozent endgültig kinderlosen Frau-en haben das Kinderkriegen aber immer wieder auf später verschoben. Etwa 1,4 Millionen Menschen in Deutschland zwischen 25 und 59 Jahren haben nach einer Studie des Berlin Instituts für Bevölkerung und Entwicklung mehr als ein Jahr vergeblich versucht, ein Kind zu bekommen. epd

Birgit Lamprecht bietet Beratung und Begleitung in Rostock. Foto: privat

Birgit Lamprecht, Sozialpädagogin aus Rostock, spricht über unerfüllte Kinderwünsche und die Trauer über Totgeburten

Der Traum vom Kind

„Pusteblumenkinder“ nennt die Psychologin Birgit Lamprecht die Kinder, von denen Abschied genom-men werden musste, bevor sie je lebten. Der Name steht für Träume, und die Hoffnung auf neues Leben.

Lamprecht bietet psychosoziale Be-gleitung in der Region Rostock bei Verlust eines Kindes an, aber auch bei unerfülltem Kinderwunsch – was häufig große Verzweiflung auslöst. Mit ihr sprach Sophie Ludewig.

Foto: pixelio.de/www.JenaFoto24.de

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9Sonntag, 4. Februar 2018 | Nr. 5 NK xKULTURx

Von Mirjam RüscherZuerst merkt man es kaum. Es ist keine weit ent-fernte Zukunft, sondern eine, die direkt vor der Tür stehen könnte. Keine fliegenden Autos, kein Atomkrieg, kein großer Knall. Stattdessen ist die Besorgte-Bürger-Bewegung an der Macht, Merkel hat unter Tränen abgedankt, die USA sind dank Trump isoliert, aber dafür ist der Syrienkrieg be-endet. Die Menschen sind desillusioniert, uninte-ressiert, auf seltsame Art zufrieden – und leer. So wie Britta. Die obendrein aber auch noch zy-nisch und pragmatisch ist. Sie und ihr Geschäfts-partner Babak haben den Terror zum Geschäfts-modell gemacht. Irgendwelche religiös-fanatisch-fundamentalistischen Märtyrer gibt es nicht mehr. Britta und Babak vermitteln lebensmüde Selbstmordkandidaten an verschiedene Gruppie-rungen, um in deren Namen Anschläge auszufüh-ren – natürlich erst nachdem sie ein zwölfstufiges Programm durchlaufen haben, das ihre Qualifika-tion feststellt. Es ist ein lukratives Geschäft mit dem Tod, Gewis-sensbisse haben die beiden nicht. Sie haben sich in der Welt, wie sie ist, eingerichtet. Doch dann bekommt ihre Firma plötzlich Konkurrenz von ei-nem unbekannten Gegenspieler. Britta will ihn ausschalten, muss aber feststellen, dass sie ihn unterschätzt hat. Es dauert nicht lange und nicht nur die Firma, sondern auch Britta und Babak selbst sind in Gefahr. Juli Zehs Roman ist packend, provokant und brandaktuell. Das Verstörende an „Leere Herzen“ ist die Möglichkeit dieser Zukunftsversion, die zum Greifen nah zu sein scheint.

REZENSIONEN

Juli Zeh:Leere Herzen.Luchterhand 2017, 348 Seiten, 20,- Euro.ISBN 978-3-630-87523-1

Verstörend

Von Christian FeldmannEr war ein wichtiger Wegbereiter der deutsch-französischen Freundschaft: Franz Stock ent-stammte einer kinderreichen Arbeiterfamilie des Sauerlandes. 1934 wurde er Rektor der deutschen St.-Bonifatius-Gemeinde in Paris. Unbeirrt von der allgegenwärtigen Wachsamkeit der Gestapo-Spitzel kümmerte sich der junge Priester um Ju-den und politisch Verfolgte, inhaftierte Wider-standskämpfer und Geiseln. In den Gefängnissen und Lagern, wo die deutschen Besatzungstrup-pen zeitweise zwei Millionen Franzosen zusam-mengepfercht hatten, erhielt er bald den Ehrenti-tel „Erzengel in der Hölle“. Zehntausend zum Tod Verurteilte soll er zur Richtstätte begleitet haben. Nach dem Einmarsch der Alliierten selbst inhaf-tiert, baute der Abbé in Orléans ein äußerst un-gewöhnliches Seminar für kriegsgefangene deut-sche Theologen auf. Später wurde es in die Nähe von Chartres verlegt. Bis zu 500 Studenten waren hier versammelt. Der Pariser Nuntius Roncalli be-suchte das Lager und weihte zwei Insassen zu Priestern. 1947 wurde es aufgelöst. Ein Jahr spä-ter starb Stock in Paris. Bei der Umbettung in die neu erbaute Kirche St. Jean Baptiste in Chartres 1963 war seine Mutter dabei, von den Angehöri-gen der Gefangenen und Hingerichteten in die Arme geschlossen.Die hier erstmals veröffentlichten Tagebücher von Franz Stock und weitere Dokumente aus dem Kriegsgefangenenseminar eröffnen kostbare Einbli-cke in ein Experiment, das am Anfang der Aussöh-nung zwischen Deutschen und Franzosen stand.

Jean-Pierre Guérend:Franz Stock. Wegbereiter der Versöhnung. Tagebücher und Schriften.Herder 2017,286 Seiten, 25 Euro. ISBN 978-3451378935

Versöhnend

Die Bücher sind im regionalen Buchhandel erhält-lich sowie telefonisch bestellbar bei der Evange-lischen Bücherstube, Tel. 0431 / 519 72 50.

Vor fast einem Jahr gelangte eine Zeichnung Adolph von Menzels zu der Familie der Besitzer zurück. Was die Rückgabe bedeutet, er-zählte jetzt ein Mitglied dieser Familie in Bonn – am Ort der gro-ßen Gurlitt-Ausstellung.

Von Leticia Witte Bonn. Diese Zeichnung sollte in die Öffentlichkeit. Für Jasper M. Wolffson war es offenbar nie eine Frage, ob das Werk Adolph von Menzels in einer Ausstellung ge-zeigt wird: „Es ist ein Bild, das die Familie berührt, das ich aber gerne mit anderen teile.“ Dabei ist „Inne-res einer gotischen Kirche“ von 1874 nicht irgendeine Zeichnung. Menzels Bild stammt aus dem auf-sehenerregenden Nachlass von Cornelius Gurlitt und wurde – wie bisher einige wenige andere Werke aus diesem Nachlass – als NS-Raubkunst identifiziert.

Derzeit ist es in der Ausstel-lung „Bestandsaufnahme Gurlitt“ in der Bundeskunsthalle in Bonn zu sehen. An dem Ort berichtete Wolffson auf einer Podiumsdis-kussion, wie seine Familie wieder in den Besitz der Bleistiftzeich-nung kam, die während des Nati-onalsozialismus verkauft werden musste. Wolffson nannte dies und damit zusammenhängende Ereig-nisse das „Trauma der Familie“.

Am Anfang stand ein Bericht des Magazins „Der Spiegel“ von 2013, wie Wolffson sagte. Darin ging es um den Fall Gurlitt, den sogenannten Schwabinger Kunst-fund in München mit mehr als 1200 Werken. Dass auch seine Fa-milie Kunstwerke an Cornelius Gurlitts Vater Hildebrand, der

Kunsthändler während des Natio-nalsozialismus war, verkauft hat-te, sei ihm so nicht bekannt gewe-sen, erzählte Wolffson.

Es seien 23 Zeichnungen gewe-sen, die seine Familie zwangswei-se habe veräußern müssen. Wolff-son nannte seinen Großvater Ernst Wolffson und seine Groß-tante Elsa Cohen, die beide von den Nationalsozialisten verfolgt worden seien. Der Provenienzbe-richt der mittlerweile aufgelösten „Taskforce Schwabinger Kunst-fund“ zu der Menzel-Zeichnung „Inneres einer gotischen Kirche“ hält fest, dass anzunehmen sei, „dass die Zeichnung verfolgungs-bedingt veräußert wurde, das heißt, der Finanzierung der Flucht in die USA diente“.

Es wurde „lange zu wenig“ gemacht

Cohen verkaufte sie demnach laut Geschäftsbucheintrag Hildebrand Gurlitts am 31. Dezember 1938 für 150 Reichsmark an den Kunst-händler. Im August 1941 sei Co-hen die Flucht gelungen, und sie sei der Familie ihres Sohnes in die USA gefolgt. Menzels Zeichnung blieb laut Bericht vermutlich im Bestand Gurlitts – und im Besitz von dessen Familie.

Bis zur Restitution, also Rück-gabe an die Erben im Februar 2017. Bis dahin hatte Jasper M. Wolffson, selbst Rechtsanwalt, re-cherchiert. „Es ist wichtig, dass wir jedes Kunstwerk aus der Samm-lung Gurlitt, dessen Provenienz zweifelsfrei geklärt ist und wenn

es sich, wie diese Menzel-Zeich-nung, als NS-Raubkunst erweist, restituieren“, hatte Kulturstaats-ministerin Monika Grütters (CDU) seinerzeit gesagt.

Als Rechtsanwältin ist Friederi-ke Gräfin von Brühl unter ande-rem mit dem Thema Restitution beschäftigt. Der Fall Gurlitt habe „auf jeden Fall“ das öffentliche Be-wusstsein verändert, sagte sie auf dem Podium in Bonn.

Der Intendant der Bundes-kunsthalle, Rein Wolfs, hatte im vergangenen Jahr gesagt, er den-ke, dass der Fall Gurlitt verdeutli-che, dass man „lange zu wenig“ gemacht habe. „Und dass nun vieles in ein schnelleres Fahrwas-ser geraten ist und Deutschland diesbezüglich wichtige Schritte gemacht hat.“ Der Fall habe vieles in Bewegung gesetzt. „Sobald öf-fentlicher Druck entsteht, kommt alles ins Rollen.“ Es sei „ungemein

wichtig, dass dieses Kapitel der deutschen – und letztlich europä-ischen – Geschichte nicht in Ver-gessenheit gerät“, so Wolfs. Der NS-Kunstraub sei längst nicht abschließend aufgearbeitet.

Was für ihn Restitution bedeu-te, wurde Wolffson gefragt. „Es bedeutet eine unendliche Freu-de“, sagte er. Allerdings sei damit auch eine Trauer verbunden, da man die Ereignisse nicht mehr mit den bereits gestorbenen An-gehörigen teilen könne. „Diese Bilder waren in der Familie etwas Besonderes.“ Die Suche nach den bisher noch nicht wiedergefunde-nen Zeichnungen will er weiter betreiben.

Die Ausstellung „Bestandsauf-nahme Gurlitt. Der NS-Kunstraub und die Folgen“ ist noch bis zum 11. März in der Bundeskunsthalle Bonn zu sehen.

NS-Raubkunst aus der Sammlung Gurlitt kehrt zu den Erben der Eigentümer zurück

„Verfolgungsbedingt veräußert“

Unter dem Titel „Bestands-aufnahme Gurlitt. Der NS-Kunstraub und die Folgen“ zeigt die Bundeskunsthalle in Bonn erstmals Bilder aus der umstrittenen Kunstsammlung Cornelius Gurlitts.Foto: epd-bild/ Meike Boeschemeyer

Hamburg. Mit einem wissen-schaftlich-künstlerischen Foto-projekt will das Hamburger Völ-kerkundemuseum einen Beitrag zur Versöhnung von Deutschland und Namibia leisten. Bei der Aus-einandersetzung mit der Kolonial-geschichte im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika müsse die Perspektive der Namibier unbe-dingt miteinbezogen werden, sag-te Museumsdirektorin Barbara Plankensteiner bei der Vorstel-lung des Projekts.

In etwa einem Jahr will das Museum die kritische Fotoaus-stellung zur deutschen Kolonial-

geschichte eröffnen, die ergänzt wird mit Arbeiten von Künstle-rinnen aus Namibia.

Grundlage sind rund 1000 Fo-tos von deutschen Soldaten, Sied-lern und Forschungsreisenden aus der deutschen Kolonialzeit in Deutsch-Südwestafrika, die 1927 ins Völkerkundemuseum kamen. Die Hamburger Historikerin Ulri-ke Peters sucht derzeit Motive, die abseits der traditionellen Koloni-alherren-Gesten einen neuen Blick auf die Ursprungsbewohner Herero und Nama erlauben.

In der Ausstellung sollen spä-ter Fotos präsentiert werden, die

die afrikanischen Männer und Frauen nicht als Opfer zeigen, sondern ihre individuelle Persön-lichkeit sichtbar machen. Die Ausstellung dürfe „den kolonia-len Blick“ nicht wiederholen, sag-te Peters. Die Künstlerin Vitjitua Ndjiharine aus Namibia verfrem-det in ihren Arbeiten die Insigni-en der Kolonialherrschaft, die britisch-namibische Künstlerin Nicola Brandt wird Videos und Kollagen präsentieren.

Aktueller Anlass ist die juristi-sche Aufarbeitung des Völker-mords an den Herero und Nama 1904 bis 1908 vor einem New Yor-

ker Bezirksgericht. Die Herero und Nama sehen sich in den bis-herigen deutsch-namibischen Re-gierungsverhandlungen nicht ausreichend berücksichtigt und verklagen die Bundesregierung auf Entschädigung. Das US-Be-zirksgericht verhandelt zum wie-derholten Mal über die Zulässig-keit der Klage.

In dem Vernichtungsfeldzug deutscher Kolonialtruppen ka-men zu Beginn des 20. Jahrhun-derts in Namibia nach Schätzun-gen etwa 65 000 der 80 000 Here-ro und 10 000 der 20 000 Nama ums Leben. epd

Ein Fotoprojekt zur Versöhnung

NS-RAUBKUNSTUnter NS-Raubkunst versteht man Kunstwerke beziehungsweise wert-volle Objekte, die ihren – meist jüdischen – Eigentümern vom natio-nalsozialistischen Regime zwischen 1933 und 1945 in Deutschland und deutschen Besatzungsgebieten geraubt oder abgepresst wurden. Das gilt auch für Kunst, die in Geschäften unter den Zwangsumständen der Verfolgung den Besitzer wechselte. Mit der Washingtoner Erklärung von 1998 wurden für das Auffinden von Raubkunst und die Rückgabe an die Eigentümer oder ihre Erben internationale Regelungen getroffen, die moralisch-ethisch, aber nicht juristisch bindend sind. Cornelius Gurlitt gilt als bisher einziger Privat-sammler, der sich – nach der Entdeckung des „Schwabinger Kunstfun-des“ – dieser Erklärung vor seinem Tod im Jahr 2014 unterworfen hat. Strittig ist bis heute der Umgang der Bundesrepublik mit Raubkunst-beständen. Dass vieles davon nie an die rechtmäßigen Eigentümer oder deren Erben zurückgelangte, führen Kritiker auf eine unzureichende Gesetzgebung, mangelndes Unrechtsbewusstsein bei Besitzern, Händ-lern, Museen, Auktionshäusern und Galeristen zurück. KNA

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10 Sonntag, 4. Februar 2018 | Nr. 5 NKxMEDIENx

Sonnabend, 3. Februar23.35 ARD, Das Wort zum Sonn-tag spricht Lissy Eichert, Berlin.

Sonntag, 4. Februar9.30 ZDF, Wo die Liebe wohnt. Ev. Gottesdienst. Übertragung aus Heidelberg (siehe links).17.30 ARD, Echtes Leben. Kais letzte Reise (siehe oben).22.15 Bibel-TV, Mensch, Gott. Aus der Dunkelheit ins Licht.

Montag, 5. Februar22.00 NDR, 45 Min – Wildschwei-ne außer Kontrolle.

Dienstag, 6. Februar20.15 Arte, Die Kim-Dynastie. Dokumentation .22.15 ZDF, 37 Grad: Zwei Bayern und 40 000 Bienen. Leben für ein Paradies in Portugal. Mittwoch, 7. Februar11.45 3sat, Wie kannst du nur? – Kloster statt Karriere (s. links).19.00 BR, Stationen. Erlösendes Lachen und tödliche Witze.20.15 SWR, betrifft: Das System Amazon – der gnadenlose Kampf im Onlinehandel.22.10 WDR, Leben unter der Tarnkappe – wenn der Zeugen-schutz die Existenz zerstört.

Donnerstag, 8. Februar21.15 ARD-alpha, Die Wahrheit über… Depressionen.

Freitag, 9. Februar20.15 NDR, Land zwischen Belt und Bodden. Von Kap Arkona bis Heringsdorf.

TV-TIPPS

Sonnabend, 3. Februar23.05 DLF, Kaufleute, Missiona-re, Soldaten. Die Lange Nacht der China-Deutschen.

Sonntag, 4. Februar6.05 NDR Info, Forum am Sonn-tag. Die Gen-Schere. Wie Mani-pulationen am Erbgut unser Le-ben verändern (Wdh. 17.05 Uhr).6.30 NDR Info, Die Reportage (Wdh. 17.05 Uhr).7.05 DLF Kultur, FeierTag. Der Karneval braucht den Ascher-mittwoch. Vom christlichen Sinn der fünften Jahreszeit.8.30 SWR 2, Die entzauberte Moderne. Wo bleibt das Heilige? Von Hans Joas. 8.30 Bayern 2, Evangelische Perspektiven. Auch du bist ein Schamane! Schamanismus zwi-schen Heilkunst, Coaching und Religion.8.30 WDR 3, Lebenszeichen. Cyborgs . Vom Wunsch, ein Mensch zu sein.8.35 DLF, Am Sonntagmorgen. Wo ich gehe – du! Zur Bedeu-tung und Aktualität des Philo-sophen Martin Buber.8.40 NDR kultur, Glaubenssa-chen. Abschied vom vierten Ge-bot? Von der Schwierigkeit, das Elternhaus zu verkaufen (siehe links).9.04 rbb kultur, Gott und die Welt. Protest gegen Machos mit Pistolen. Mayafrauen zwischen Gewalt und Widerstand.11.30 hr2-kultur, Camino. Religi-onen auf dem Weg. Zen – der Weg zur glücklichen Erleuch-tung.

12.05 SWR 2, Glauben. Weinen, lachen, wütend sein. Wie Kinder gemeinsam trauern.

Montag, 5. Februar15.00 ERF Plus, Bonhoeffers große Liebe (1/4). Fabian Vogt erzählt die Liebesgeschichte von Dietrich Bonhoeffer und Maria von Wedemeyer.20.15 NDR Info, Zeitzeichen. Stichtag heute: 5. Februar 1993: der Todestag des Philosophen Hans Jonas.

Mittwoch, 7. Februar20.10 DLF, Aus Religion und Ge-sellschaft. Der Gottkomplex. Sigmund Freuds Religionskritik.

Freitag, 9. Februar10.10 DLF, Lebenszeit. Lebens-hilfe oder Auslaufmodell? Wer betet heute noch zu Gott?20.30 NDR Info, Schabat Scha-lom. Berichte aus dem jüdi-schen Leben.

KIRCHENMUSIKSonnabend, 3. Februar19.05 NDR kultur, Musica. Glo-cken und Chor. Geistliche Musik mit Werken von Johann David Heinichen und Felix Mendels-sohn Bartholdy.19.05 SWR 2, Geistliche Musik. Mit Werken von Michael Praeto-rius, Max Reger, Dietrich Buxte-hude, Johannes Brahms und Johann Sebastian Bach.

Sonntag, 4. Februar6.10 DLF, Geistliche Musik. Mit Werken von Giovanni Pierluigi

da Palestrina, Heinrich Schütz, Nikolaus Bruhns, Johann Mi-chael Bach und Georg Druschtzky.7.04 WDR 3, Geistliche Musik mit Werken von Johann Schop, Johannes Eccard, Francesco Du-rante, Georg Friedrich Händel, Dietrich Buxtehude und Johann Sebastian Bach.8.05 NDR kultur, Kantate. Geist-liche Musik am 2. Sonntag vor der Passionszeit / Sexagesimae mit Werken von Johannes Brahms und Johann S. Bach.

GOTTESDIENSTESonntag, 4. Februar10.00 NDR Info, Übertragung aus der Johanniskirche in Bie-lefeld (evangelisch).10.05 DLF, Übertragung aus der Pfarrkirche Zur Heiligen Familie in Karlstadt (katholisch).

REGELMÄSSIGE ANDACHTEN 5.56 NDR Info, Andacht (täglich)6.08 MDR kultur, Wort zum Tage6.20 NDR 1 Radio MV, Andacht6.23 DLF Kultur, Wort zum Tage6.35 DLF, Morgenandacht7.50 NDR kultur, Andacht9.15 NDR 1 Niedersachsen, Mor-genandacht „Himmel und Erde“9.45 NDR 90,3, „Kirchenleute heute“14.15 NDR 1 Niedersachsen, „Dat kannst mi glööven“18.15 NDR 2, Moment mal, sonn-abends und sonntags 9.1519.04 Welle Nord, „Gesegneten Abend“, Sonnabend 18.04, Sonntag, 7.30 „Gesegneten Sonntag“

RADIO-TIPPS

TVTIPPS

RADIOTIPPSAbschied vom vierten Gebot? Viele Eltern haben Häuser gebaut: für die Kinder, die Enkel, die Ewigkeit. Aber die nächste Generati-on zieht von Bad Bentheim nach Berlin, von Nord-deich nach Neuseeland, lässt sich scheiden, heira-tet neu – kann und will den Auftrag der Alten nicht erfüllen, der in den mühsam ersparten Häusern steckt. Das Elternhaus wird verkauft oder abgeris-sen. Einerseits: ein Glück! Deutschland braucht Wohnungen. Andererseits: wie schwer! „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren“, heißt es im vierten Gebot im 2. Buch Mose im Kapitel 20. Doch wie sieht dies in der Praxis aus? Zum Beispiel, wenn sich die Frage stellt: Wie entsorgt man schwere Schrankwände, ohne die alten Besitzer zu kränken und zu verletzen?Glaubenssachen: Das Elternhaus verkaufen, Sonntag, 4. Februar, 8.40 Uhr, NDR kultur. EZ/kiz

Der Geldverteiler von Salzburg Tauben picken an weggeworfenen Mozartkugeln, Festspielgäste spiegeln sich in Schaufenstern und zupfen ihre Garderobe zurecht: Salzburg. Mitten in der Zuckerbäcker-Idylle ein Container: FairShar€ steht in großen Lettern darauf. Auf der Rückseite ist eine Tür. Durch die kann eintreten und Geld ab-geben, wer mehr hat, als er braucht, und das auch weiß. Vielleicht trifft er beim Rauskommen den, der es dringend nötig hat. Max Luger, ehemaliger Banker und Mönch, installierte als Pensionär den FairShar€-Container auf dem Mirabellplatz und betreibt ihn im Alleingang. Dabei geht es ihm nicht um Almosen, er sammelt Spenden in beliebiger Höhe und verteilt sie in 100-Euro-Scheinen. „Damit die Leute wirklich fürs Erste über’n Berg kommen.“ Max Luger will jetzt Hand anlegen und nicht war-ten, bis die Welt die Ungleichverteilung des Geldes irgendwie gelöst hat. Das Feature: Eigeninitiative gegen Ungerechtig-keit, Freitag, 9. Februar, 20.10 Uhr, DLF. EZ/kiz

Wo die Liebe wohnt Die Heidelberger Friedensgemeinde ist für ihre Gottesdienste mit überraschenden Rauminszenie-rungen bekannt, besonders seitdem sie vor eini-gen Jahren ihre Kirche mit einer Stufenanlage hin-ter dem Altar neu gestaltet hat. Ihr ist ein Vers von Hölderlin eingeschrieben. „nur der liebe gesetz gilt von hier an bis zum himmel … “ lauten einige Wor-te daraus. Im Klangraum literarischer und bibli-scher Texte betrachten Pastorin Reister-Ulrichs und ihr Team das Auf und Ab von Gefühlen und fragen nach der Liebe als Himmelsmacht. Unter der musikalischen Leitung von Bezirkskantor Mi-chael Braatz-Tempel singt die Jugendkantorei der Friedenskirche mit Johannes Il-Hwan Yoo an der Orgel. – Der evangelische Gottesdienst ist zur Sen-dezeit jeweils als Live-Stream über das Internet zu verfolgen oder später über die ZDF-Mediathek ab-zurufen.Ev. Gottesdienst: Aus der Friedenskirche in Hei-delberg, Sonntag, 4. Februar, 9.30 Uhr, ZDF. EZ/kiz

„Bist du verrückt geworden?“ „Bist du verrückt geworden?“, fragen Freunde und Bekannte, als Gabriele Zinkl von ihren Plänen er-zählt: Sie will alles aufgeben, ihre Karriere an den Nagel hängen, um in ein Kloster in Jerusalem ein-zutreten. Die Juristin und Offizialatsrätin im Kir-chendienst hat beruflich vieles erreicht, wovon andere Frauen träumen. Als Vizepräsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbundes engagiert sie sich ehrenamtlich und steht im Rampenlicht. Sie trägt Minirock und liebt extravagante Kleidung. Die Eheschließung mit ihrem Freund ist eigentlich beschlossene Sache. Doch dann macht Gabriele Zinkl in einem Jerusalemer Schwesternkonvent eine Erfahrung, die alles ins Wanken bringt. Sie fühlt eine tiefe innere Sehnsucht, bei den Ordens-schwestern zu bleiben.Kloster statt Karriere: Neue Erfahrung, Mittwoch, 7. Februar, 11.45 Uhr, 3sat. EZ/kiz

Eine „Reise ins Licht“ sollte es für den Filmemacher werden. Das Ende der Polarnacht in Spitzber-gen, die letzten Nordlichter. Doch die Reise fiel aus, stattdessen Krankenhaus: Diagnose Knochen-markkrebs. Nach seinem Tod wol-len zehn Menschen ihrem ver-storbenen Freund den letzten Wunsch erfüllen: Seine Asche soll im Polarmeer verstreut werden – in Anwesenheit eines Eisbären.

Von Jochen RudolphsenHamburg. Spitzbergen im April: bis an die Eismeerküste meter-hoch mit Schnee bedeckte Berge, wilde Gletscher, Packeis in einsa-men Fjorden, Nächte mit arktisch klirrender Kälte und unerhörter Stille, von der Mitternachtssonne in ein magisch surreales Licht ge-taucht. Schon auf der ersten sei-ner drei Reisen war Kai dem Zau-ber dieser ungezähmten menschenleeren Wildnis und ih-ren unbestrittenen Herrschern, den umherstreifenden Eisbären, erlegen.

Kai war krank. Dass sein mul-tiples Myelom, eine Art Kno-chenmarkkrebs, ihn am Ende tö-ten würde, wusste er, und ebenso wusste er genau, was nach sei-nem Tod passieren sollte: Zwei Jahre bevor er starb, nahm er ei-ner Freundin das Versprechen ab, seine Asche in die Arktis zu brin-gen und im Polarmeer zu ver-streuen: nördlich des 80. Breiten-grades und, wichtigste Bedin-gung, unbedingt in Anwesenheit eines Eisbären.

Im April 2017, über ein halbes Jahr nach seinem Tod, reisen zehn Menschen, die Kai auf ganz unter-schiedliche Art und Weise nahe-standen, gemeinsam nach Spitz-bergen, um das Versprechen in

die Tat umzusetzen. Keiner von ihnen weiß, was ihn auf dieser Reise erwartet. Inmitten der über-wältigenden Landschaft erinnert sich jeder an seine Beziehung zu Kai, die nicht für alle immer ein-fach war.

Kernthemen der menschlichen Existenz

Einige sind konfrontiert mit der eigenen Angst vor dem Tod, ande-re holt die Erinnerung an frühere Verluste ein. Dazu kommen der

beengte Raum an Bord, Stürme und Seekrankheit.

Auf der Reise in den Norden, eigentlich eine anspruchsvolle Ex-pedition in die Arktis, nimmt je-der auf eigene Art und Weise Ab-schied. In Nachtwachen halten alle Ausschau nach dem ersehn-ten Eisbären. Ob das Vorhaben gelingt, bleibt lange ungewiss.

Catherina Conrad und Bernd Thomas, Kollegen von Kai beim Bayerischen Rundfunk, doku-mentierten den Abschied für die ARD-Reihe „Echtes Leben“. Den neuen Namen hat die kirchliche Sendung Ende vergangenen Jah-

res bekommen. Zuvor war die Reihe seit der Erstausstrahlung am 27. Januar 1984 unter dem Ti-tel „Gott und die Welt“ gelaufen. Auf dem gewohnten Sendeplatz, immer sonntags um 17.30 Uhr, beschäftigt sich „Echtes Leben“ mit Kernthemen der menschli-chen Existenz wie Geburt, Krank-heit, Tod, Glauben, Glück und Liebe, mit Fragen des gesellschaft-lichen und persönlichen Lebens und Zusammenlebens.

Echtes Leben: Kais letzte Reise, Sonntag, 4. Februar, 17.30 Uhr, ARD.

Zehn Menschen erfüllen ihrem verstorbenen Freund seinen letzten Wunsch

Abschied im Eismeer

Spitzbergen im April: mit Schnee bedeckte Berge, Gletscher, Packeis, einsame Fjorde, von der Sonne in ein surreales Licht getaucht – dort sollten seine Freunde Kais Asche verstreuen. Foto: BR/Udo Zimmermann

Gabriele Zinkl (r.) hängt ihre Karriere an den Nagel und will in einen Orden eintreten. Foto: BR

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MECKLENBURGISCHE & POMMERSCHE

Aus den mecklenburgischen und pommerschen Gemeinden | Nr. 5 MV | Sonntag, 4. Februar 2018

350 Kilometer pilgernUsedom bereit für die Saison: Jacobusgesellschaft tagte 15

Unter KonfessionslosenGottvergessenheit als Herausforderung für Kirche 16

MELDUNGEN

Schwesig dankt für die GeschichtsaufarbeitungSchwerin. Anlässlich des Gedenkta-ges an die Opfer des Nationalsozia-lismus hat Ministerpräsidentin Ma-nuela Schwesig allen Vereinen, Ver-bänden und Initiativen im Land gedankt, die sich der Aufarbeitung der jüngeren Regionalgeschichte annehmen. „Nur, wer die Geschich-te kennt, kann aus ihr lernen“, be-tonte sie im Blick auf die Zeit des Nationalsozialismus. Darum sei es wichtig, den Zeitzeugen Gehör zu schenken. „Was damals geschah, darf sich nicht wiederholen – und wir, die nachfolgenden Generatio-nen, tragen dafür die Verantwor-tung“, so Schwesig. Auch die Gesell-schaft in MV sei herausgefordert, sich erneut auf das Miteinander verschiedener Kulturen und Religi-onen zu verständigen. kiz

Praxixtag für die Arbeit mit Älteren in GüstrowGüstrow. Am Donnerstag, 22. Febru-ar, findet von 9.30 Uhr bis 16 Uhr im Haus der Kirche in Güstrow ein Pra-xistag für die Arbeit mit Älteren statt. Er wird ehrenamtlich und hauptamtlich Mitarbeitenden Im-pulse geben, die nach neuen For-men dazu im kirchlichen Kontext suchen. „Nebeneinander – Zueinan-der – Miteinander: Jung und Alt in der Kirchengemeinde“, so das The-ma. Nach einem Referat zu Möglich-keiten, Potenzialen und Grenzen von intergenerativem Engagement gibt es vier Workshops. Organisati-on: Dr. Maria Pulkenat, Erwachse-nenbildung im Zentrum Kirchlicher Dienste Rostock; Mechthild Karop-ka, Fachstelle Alter der Nordkirche. Anmeldung bei Dorothea Eggers, Tel. 0381/ 37 79 87 52, [email protected]; 15 Euro. kiz

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Tel.: 03863-222905 / 0173-6095053

Als Dank für ihre Arbeit in Partner-schaftsgruppen, in der Arbeit mit Ge-flüchteten und im Fairen Handel hat-ten der Kirchenkreis Mecklenburg und seine Ökumenische Arbeitsstelle die dort Engagierten am vergange-nen Freitag erstmalig zu einer Welt.Mahl.Zeit nach Rostock eingeladen.

Von Christian MeyerRostock. „Dass einem in der heuti-gen Zeit einmal Danke gesagt wird, ist selten und darum habe ich mich sehr über die Einladung gefreut“. Der Güstrower Arnold Fuchs, einer von 120 Gästen bei der „Welt.Mahl.Zeit“ und gerade zurückgekehrt von einem Besuch der Partnergemeinde Mtii im Nordosten Tansanias, zeigte sich von dem Abend mit kulinari-scher Reise, Musik und Tischreden in der Rostocker Nikolaikirche begeis-tert. Dazu hatte der Kirchenkreis Mecklenburg kürzlich Engagierte in Partnerschaftsgruppen, in der Arbeit mit Geflüchteten und im Fairen Handel eingeladen.

„Gelebte christliche Nächstenlie-be“ sei der vielfältige Einsatz für ein gelingendes Miteinander von Men-schen und für mehr Gerechtigkeit in der Welt. „Sie haben schon so viel er-reicht. Ohne Ihr Engagement wäre unsere Kirche ärmer und es wäre käl-ter in unserer Gesellschaft“, sagte Pröpstin Britta Carstensen und dank-te allen Beteiligten im Namen des Kirchenkreises.

In der Andacht zuvor hatte Flücht-lingspastor Walter Bartels davon ge-sprochen, dass „der Blick auf die Welt in Mecklenburg bunter geworden“ sei durch lebendige Partnerschaftsbezie-hungen nach Tansania, Kasachstan, Rumänien, England, in die Niederlan-de und die USA. In zahlreichen Kir-chengemeinden engagierten sich Menschen ehrenamtlich zudem da-für, dass sich Geflüchtete willkommen fühlen. Und ebenso seien Produkte

aus Fairem Handel vor allem durch die Pionierarbeit der Ehrenamtlichen in den Weltläden auch für Handels-ketten interessant geworden, was zu mehr Gerechtigkeit beitrage.

Internationales Essen, bewegende Tischreden

Das Weltmahl begann mit einer syri-schen Linsensuppe, hatte als Haupt-gang unter anderem ein afrikanisches Reisgericht mit Rindfleisch und schloss mit einem typisch englischen Nachtisch ab: Apfel-Crumble mit Va-nillesauce. Die Gäste, die sich einmal

verwöhnen lassen und dies genießen sollten, wie Mecklenburgs Ökumene-pastor Tilman Jeremias formulierte, wurden auch vom Team der Haupt-amtlichen aus der Ökumenischen Ar-beitsstelle Mecklenburg bedient.

Dazwischen gab es in kurzen Tisch-reden ganz persönliche Einblicke. So berichtete Juliane Gubalke aus Wit-tenburg von den engen Beziehungen zu Gemeinden der US-amerikani-schen Ohio-Synode. Bewegend eben-so die Rede von Janett Harnack aus Ribnitz: „Wir haben schon oft ge-weint über Abschiebungen ohne Ver-abschiedungen.“ Neuestes Projekt für die Integration von geflüchteten Menschen in der Recknitz-Stadt sei

eine integrative Fahrradwerkstatt, die teils aus dem Hilfsfonds des Kirchen-kreises finanziert werde.

Interessantes Essen, schöne Musik von Karl Scharnweber und Thomas Braun sowie Zeit zum Austausch und Kennenlernen – diese Mischung ging auf. „Eine rundherum gelungene Ver-anstaltung“, lobte daher nicht nur Ju-liane Gubalke, sondern ebenso Holger Jonas von der „Dr. Schwerin-Stiftung“ und viele andere. Das freute Änne Lange – die gerade erst mit Arnold Fuchs aus Tansania zurückgekehrt war – wie das gesamte Team der Ökumeni-schen Arbeitsstelle, die mit der Welt.Mahl.Zeit einfach mal den ehrenamt-lich Tätigen Danke sagen wollten.

120 ehrenamtlich in der Eine-Welt-Arbeit Engagierte gingen auf kulinarische Reise

Dankeschön mit Welt.Mahl.Zeit

Zu einem bunten Abend mit viel Musik, Austausch und gutem Essen hatte die Ökumenische Arbeitsstelle des Kirchen krei ses Mecklenburg die in der Eine-Welt-Arbeit Engagierten eingeladen. Vorn rechts Gastgeber Tilman Jeremias. Foto: Christian Meyer

Von Anne-Dorle Hoffgaard undNicole KiesewetterSchwerin. Der Leiter der Landeszent-rale für politische Bildung, Jochen Schmidt, hat sich dafür ausgespro-chen, im 30. Jahr des Mauerfalls, also 2019, einen Gedächtnisort für die Friedliche Revolution in Mecklen-burg-Vorpommern zu schaffen. Zwar habe das Bundesland schon ein Netz an Gedenkstätten, an denen es mög-lich sei, sich über die DDR-Geschich-te zu informieren. Als Beispiel nann-te Schmidt die ehemaligen Stasi-Untersuchungshaftanstalten und die Ausstellung über die Bausol-daten in Prora. „Uns geht es jedoch um die Zeit der politischen Wende und um die Frage, welche Abläufe dazu geführt haben.“Wie ein solcher Ort aussehen und wo er angesiedelt sein könnte, darüber be-rieten am Dienstag, 30. Januar, auf ei-ner Tagung in Schwerin etwa 65 Histo-riker, Zeitzeugen und interessierte Bürger diskutiert. Dabei sprachen sich einige Teilnehmer für einen erreichba-ren, historisch relevanten zentralen Ort mit pädagogischem Angebot aus, andere jedoch für dezentrale Erinne-rungsorte. Auch eine Kombination aus beidem wurde vorgeschlagen.

Der Theologe und Menschen-rechtler Heiko Lietz, Schwerin, sagte, dass der "Prozess des aufrechten Gan-ges" durch den Gedächtnisort darge-stellt werden sollte. Ebenso auch die Sachthemen, für die die Menschen damals auf die Straße gingen. Dabei handele es sich um die Forderung nach Demokratie, Menschenrechten und Gewaltfreiheit.

Die Zeitzeugin Dietlind Glüer, Rostock, sagte, an dem Gedächtnisort sollten junge Leute heute erfahren können, wie die Menschen damals aufbrachen und ihre Angst verloren. Und dass Menschen, die sich engagie-ren, gemeinsam etwas bewegen kön-nen. Sie wünsche sich einen "ganz lebendigen Begegnungsort", an dem sich Menschen mit unterschiedlichen

Ansätzen heute streiten und gegensei-tig zuhören können.

Angeregt wurde, junge Leute in die Diskussion zu dem Gedächtnisort ein-zubeziehen. Auch ein Symbol, das an verschiedenen Erinnerungsorten im-mer wieder auftaucht, wurde vorge-schlagen. Zur Sprache kamen dafür unter anderem eine Kerze mit Hän-den als Symbol für Gewaltlosigkeit oder ein Spiegel als Symbol für die Selbstreflexion.

Der Historiker Michael Heinz, Rostock, sagte, es gebe zur Friedli-chen Revolution in MV noch For-schungslücken. Das betreffe beispiels-weise die Situation in bestimmten Betrieben, Orten oder Regionen so-wie die Befragung ehemaliger Funk-tionäre von SED, Blockparteien, Staat oder Polizei. Auch die Edition von Quellen wie etwa Leserbriefen müsse fortgesetzt werden.

Im Mai 2017 hatte der Landtag MV die Landeszentrale für politische Bil-dung MV und die Landesbeauftragte für MV für die Stasi-Unterlagen beauf-tragt, ein Konzept für einen Gedächt-nisort für die Friedliche Revolution zu erarbeiten. Das Ergebnis mit einem Standortvorschlag soll dem Parlament bis Ende Mai vorgelegt werden.

Ein Denkanstoß von damals für heuteMV soll einen Gedächtnisort für die Friedliche Revolution bekommen

„Neues Forum zulassen“: Demonstration im Herbst 1989 auf dem Alten Garten vor dem Schweriner Schloss. Foto: Volker Jennerjahn

Page 12: MECKLENBURGISCHE & POMMERSCHE

12 Sonntag, 4. Februar 2018 | Nr. 5 NKxNORDKIRCHEx

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Neuer Direktor für die PastorenausbildungRatzeburg. Der ehemalige nordfriesische Propst Kay-Ulrich Bronk (60) ist in sein neues Amt als Di-rektor des Prediger- und Studienseminars der Nordkirche in Ratzeburg eingeführt worden. Bronk kenne die Kirche in Ost und West, sagte der Greifs-walder Bischof Hans-Jürgen Abromeit im Gottes-dienst. Er bringe Leitungserfahrung mit und könne helfen, neue Wege in die Zukunft zu gehen. Das Prediger- und Studienseminar ist Ausbildungs-stätte für bis zu 40 Vikare, die sich nach ihrem Theologiestudium auf den Pfarrdienst vorbereiten. Als Direktor des Predigerseminars möchte er Vika-re „religiös sprachfähig“ machen, sagte Bronk. „Mit dem Vikariat hört die Frömmigkeit auf, Privatsache zu sein.“ Als Pastor werde er konkret nach Kreuzi-gung und Auferstehung gefragt. Hier müssten Pas-toren auskunftsfähig sein. „Auf der Kanzel ent-scheidet sich immer noch in besonderer Weise die Glaubwürdigkeit von Kirche.“ (Lesen Sie mehr in der kommenden Ausgabe.) epd

Männerforum der Nordkirche lädt ein zur FrühjahrsrüsteParchim. Das Männerforum der Nordkirche lädt zur Frühjahrsrüste vom 2. bis 4. März in das Pfarr-haus Damm bei Parchim ein. Das Jahresthema der Männerarbeit der Evangelischen Kirche in Deutsch-land „... das Gute aber behaltet! (1. Thess. 5, 21) – Beweglich bleiben“ wird an diesem Wochenende wörtlich genommen. Daher sollte jeder bequeme Sportkleidung, Sportschuhe und Wanderstöcke mitbringen. Ein Facharzt, Sportwissenschaftler und Trainer werden die Teilnehmer begleiten. Der Hauptvortrag mit dem Thema „Von nix kommt nix“ beschreibt Möglichkeiten zur Erhaltung der Leis-tungsfähigkeit durch Bewegung bis ins hohe Alter. Der Teilnehmerbeitrag beträgt 85 Euro (ermäßigt 70 Euro) und wird vor Ort eingesammelt. Anmel-dungen bis spätestens 19. Februar 2018 beim Män-nerforum der Nordkirche, Grubenstraße 48, 18055 Rostock oder direkt bei Christina Timm unter Tele-fon 0381/377 98 72 91 oder per E-Mail an [email protected]. EZ/kiz

Erzbistum weist Vorwürfe wegen Schulschließung zurückHamburg. Das Erzbistum Hamburg hat sich gegen Vorwürfe im Kontext der beabsichtigten Schlie-ßung von bis zu acht katholischen Schulen ge-wehrt. „Wir weisen diese Vorwürfe entschieden zurück“, sagte Generalvikar Ansgar Thim in Ham-burg. Die Entscheidung, tiefgreifende Einschnitte im Schulsystem vorzunehmen, basiere auf „inten-siven, äußerst differenzierten Analysen zur wirt-schaftlichen Gesamtlage und zu jedem einzelnen Schulstandort“, fügte er hinzu. Auch die öffentlich geäußerten Vorwürfe, die Stadt Hamburg nicht rechtzeitig informiert zu haben, entbehrten jeder Grundlage. Vielmehr sei ein erstes Gespräch mit Schulsenator Ties Rabe (SPD) bereits am 5. Dezem-ber 2016 geführt worden. Darin seien „grundlegen-de Aspekte des Erneuerungsprozesses“ erörtert worden. Seit Juli 2017 sei der Leiter der Abteilung Schule und Hochschule im Erzbistum Hamburg, Christopher Haep, im Gespräch mit Spitzenbeam-ten der Schulbehörde. Die Schließungspläne selbst seien seit Januar 2017 von Spezialisten für die Analyse von Bestandsimmobilien, für die Sanie-rung und Projektentwicklung geprüft worden. epd

MELDUNGEN

Wie funktioniert Instagram? Wel-che Vorteile hat eine Gemeinde von einer eigenen Facebook-Sei-te? Was sind Messenger Bots, wie überzeugt man den Kirchenge-meinderat von neuen digitalen Wegen? Die Teilnehmer des ers-ten Barcamps der Nordkirche be-schäftigten sich mit Fragen rund um digitale Kirche und Social Me-dia – und lernten gleichzeitig, wie konstruktiv eine „Nicht-Konfe-renz“ sein kann.

Von Inke PohlHamburg. Organisator Oliver Quellmalz strahlt. Die Stellwand mit den Session-Angeboten für diesen Tag ist komplett gefüllt – als ob dies geplant gewesen wäre. War es aber nicht, obwohl er ge-meinsam mit seiner Kollegin Do-reen Gliemann im Amt für Öf-fentlichkeitsdienst und Klaus Deuber vom Landesjugendpfarr-amt das erste Barcamp der Nord-kirche lange vorbereitet hat. Denn der Inhalt eines „Bar-camps“, auch „Nicht-Konferenz“ genannt, entsteht spontan. Wer ein Thema hat, das für andere in-teressant sein könnte, stellt dies kurz vor. Dass genau 24 Sessions, also workshop-ähnliche Kurzvor-träge oder Impulse, zustande kommen, ist schlicht Zufall.

Die digitale Kirche ist längst Wirklichkeit

Die handgeschriebenen Karten am „Session-Grid“, der Stellwand, sind fast das einzig Analoge an diesem Tag. Dank Twitter, Face-book oder Instagram füllt sich „#BCNordkirche“ – ausgespro-chen „Hashtag Barcamp Nordkir-

che“ – schnell mit Beiträgen, Fo-to s und Kommentaren. Eingeladen waren Haupt- und Ehrenamtliche aus der Gemein-de- und Jugendarbeit oder aus kirchlichen Einrichtungen. Wer nicht persönlich in das Dorothee-Sölle-Haus nach Hamburg ge-kommen ist, kann über diese So-zialen Medien den Tag miterleben.

Auch wenn es immer wieder um Datenschutz und rechtliche

Grundlagen geht, eine grundsätz-liche Frage wird hier nicht gestellt: Will die Kirche digitale Wege ge-hen? Denn sie ist längst mitten-drin, wie Doreen Gliemann, Inter-net-Beauftragte der Nordkirche, feststellt: „Der Twitter-Account der Nordkirche ist nicht nur ein Kanal, sondern eine kirchliche Ge-meinschaft.“ Ingo Dachwitz, Gast-redner und Redakteur bei netzpo-litik.org, sieht fließende Grenzen

zwischen echter und Internet-Welt: „Die virtuelle Realität steht in den Startlöchern.“

In sechs Räumen finden sich die Teilnehmer zu den Sessions zusammen. Sie dauern je eine hal-be Stunde. Die Religionslehrerin Friederike Wenisch hat „Virtual-Reality-Brillen“ mitgebracht, mit denen es sich virtuell in einen tür-kischen Palast oder in eine Berg-welt reisen lässt. Und bald viel-leicht in Hamburger Gotteshäu-ser, berichtet sie. Dass die Platt-form Pinterest nicht nur Plätz-chenrezepte bereithält, sondern auch für Sammlungen kirchli-cher Angebote geeignet ist, verrät Ines Langhorst vom Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg.

Vikarin Swantje Luthe referiert über digitale Trauerkultur. Pastor Detlev Paschen gibt Tipps, wie sich Veranstaltungskalender trotz Datei-Formate-Dschungels zeit-sparend gestalten lassen. Ines Hansla, Social Media Managerin in der Internetredaktion kirche-hamburg.de, ermutigt dazu, Ju-gendlichen Verantwortung auf Kanälen wie Snapchat zu überlas-sen, und berichtet über erfolgrei-che Instawalks – Kirchenführun-gen für Menschen, die sich sonst nur im Netz treffen.

Die Atmosphäre ist locker, alle duzen sich. Schon nach der ersten Session-Runde ist klar: Das erste Barcamp der Nordkirche ist ein Erfolg. „Wir hatten eingela-den, um zu sehen: Wer steht in der Nordkirche hinter welchem Twitter- oder Facebook-Account. Aber auch, um sich zu vernetzen und dafür zu sorgen, dass digitale Kirche stärker vorkommt“, so Oli-ver Quellmalz. Eine Fortsetzung versprechen Doreen Gliemann und er schon jetzt.

Im ersten Barcamp der Nordkirche ging es um Soziale Medien und die virtuelle Realität

Die digitale Kirche

Eileen Kurth testet in einer Session eine Virtual-Reality-Brille. Mithilfe der Controller bewegt sie sich durch eine imaginäre Bergwelt. Foto: Inke Pohl

Hamburg. Zum 20. Norddeut-schen Forum Feministischer Theologie lädt das Frauenwerk der Nordkirche am Sonnabend, 10. Februar, ab 9 Uhr ins Doro-thee-Sölle-Haus nach Hamburg, Königstraße 54, ein. Das Thema der Tagung lautet „Und siehe: Morgen war alles neu – eine Theologie des Werdens“.

In der Einladung dazu heißt es: „Damit die Erde weiter bestehen

kann, braucht es ein neues theolo-gisches Denken, welches das Ver-hältnis von Gott, Mensch und ‚al-les mehr als Menschliche‘ neu bestimmt und neue Wege geht.“ Darum stehe beim diesjährigen Forum Feministische Theologie eine neue Schöpfungstheologie im Mittelpunkt.

Dazu wird die katholische Theologin Aurica Nutt in die „Theologie des Werdens aus dem

Chaos“ der US-amerikanischen Prozess-Theologin Catherine Kel-ler einführen. So soll ein neuer, ökofeministischer Blick auf unser Sein, auf Gott und auf die Welt er-öffnet werden. Zudem helfe diese Theologie zu entdecken, „dass auch das Nichtmenschliche Hand-lungsträgerin ist und den Blick für den Prozess weitet, in dem wir Menschen gemeinsam mit allem, was noch auf der Erde ist, stehen“.

Nachmittags sollen die Erkennt-nisse zu Natur und Schöpfung aus unterschiedlichen Perspektiven vertieft werden. Ab 16 Uhr gibt es eine Jubiläumsfeier. EZ/kiz

Tagungskosten 30 Euro, Anmel-dung bitte ans Frauenwerk der Nordkirche, Gartenstraße 20, 24103 Kiel, Tel. 0431 / 55 77 91 12, [email protected].

Theologie des WerdensFrauenwerk lädt zum Forum Feministischer Theologie ein

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13Sonntag, 4. Februar 2018 | Nr. 5 MV xAUS MECKLENBURG UND VORPOMMERNx

Sie ist unter den 20 besten, die Mar-tinschule in Greifswald – schon das ein Erfolg. Anfang März kommt der Entscheid, welche deutsche Schule am vorbildlichsten umsetzt, was die moderne Gesellschaft fordert: selbstverständliches gemeinsames Lernen und Leben sogenannter „nor-maler“ Kinder und solcher mit „För-derbedarf“. Schon jetzt ist klar: die Evangelische Martinschule zeigt, wie das gelingen kann.

Von Sybille MarxGreifswald. Inklusion in der Schule, was war das nochmal? Ach ja: Kinder mit „besonderem Förderbedarf“ sol-len in „normalen“ Klassen lernen. „So wird Inklusion oft verstanden, aber darum geht es gar nicht“, sagt Lehrer Wolfram Otto von der Evangelischen Martinschule in Greifswald. Tatsäch-lich gehe es darum, die stigmatisie-rende, schmerzhafte Trennung zwi-schen „normal“ und „besonders“ endlich fallen zu lassen, Schule völlig neu zu denken. Er sieht begeistert aus, wenn er davon spricht. „Jedes Kind hat Förderbedarf, jedes Kind ist ein-zigartig“, sagt er. Eben das nehme die Martinschule zur Grundlage, um das Lernen für alle 550 Schulkinder ein-zeln zu planen – für Hochbegabte wie für geistig Behinderte und alle dazwi-schen. Schulleiter Benjamin Skladny sagt: „Für uns ist das ein Herzensan-liegen und etwas ureigenes Evangeli-sches, kein Kind auszusondern.“

Bei der Robert Bosch Stiftung, die zusammen mit der Heidehof Stiftung seit 2006 innovative Lernkonzepte fördert, trifft dieser Ansatz auf Neu-gier, weil er Pionierarbeit auf dem Weg in Richtung Inklusion bedeutet.

Unter 90 Schulen hat die Bosch-Stif-tung die Martinschule in die Auswahl zum Deutschen Schulpreis aufge-nommen, zusammen mit 19 anderen. Ende Februar wollen Bildungsexper-ten im Auftrag der Stiftung die Schu-le begutachten, ein ARD-Kamera-team soll den Alltag filmen, die Sie-gerschule bekommt 100 000 Euro. Otto findet: „Schon zu den ersten 20 zu gehören, ist eine Auszeichnung.“

Als Neugründung nach der Wende war die Martinschule vor 26 Jahren gestartet. Anfangs wurden Kinder mit geistiger Behinderung hier noch in Extra-Klassen unterrichtet, die mög-lichst oft mit den anderen zusam-menkamen, nur körperlich Behinder-te waren voll dabei. Inzwischen ist die Trennung bis Klasse 7 aufgehoben, die Schulleitung hat beschlossen, das inklusive Konzept bis in Stufe 8 wei-ter zu ziehen und langfristig vielleicht noch in die 9. „Das ist eine Riesenher-ausforderung, weil die Leistungsvor-aussetzungen der Kinder immer un-terschiedlicher werden“, sagt Otto.

Frontalunterricht für alle ist keine Lösung

„Wie soll ich Unterricht machen, wenn der eine schon den Satz des Py-thagoras kann, der andere noch nicht mal schriftlich multiplizieren?“ Fron-talunterricht für alle – damit geht es schon mal nicht.

Und so beginnt ein typischer Mor-gen in der Martinschule so: In ihren „Stammgruppen“ versammeln sich bis zu zwölf Schüler einer Klassenstu-fe, um mit ihrer Lehrerin den Tag zu

planen. In einem Raum im ersten Stock etwa hält Fünftklässlerin Stella eine Liste in der Hand, sieben weitere Schüler sitzen im Stuhlkreis. Bevor die Tageslosung gelesen wird, fragt Stella, eine der Lernstarken, erstmal jeden, was heute auf seinem Lernplan steht. „Fabeln“, sagt der eine, „Multi-plikator-Check“, der andere. Je nach-dem, welche Ziele er sich in Abspra-che mit Lehrern und Eltern gesteckt hat, wie weit er auf diesem Weg ist und was er als nächstes lernen will.

An der Martinschule sind sie über-zeugt: Von diesem Ansatz profitieren alle Schüler, die lernstarken wie die -schwachen. „Weil wir die Kinder ein-beziehen, fühlen sie sich selbst verant-wortlich für ihre Lernfortschritt und können, solange es im Rahmen des Lehrplans bleibt, nach ihren Interes-sen gehen“, sagt Otto. Statt ständigen Tests mit Noten gebe es zudem Selbst-Checks und Feedbackgespräche. „So

hat das Kind ein eigenes Ziel und da-mit eine ganz andere Motivation zu lernen.“ Erste Untersuchungen von Erziehungswissenschaftlern der Uni-versität Greifswald zeigen: Die Moti-vation ist höher als in traditionellen Lernkonzepten mit viel Frontalunter-richt. Und erst in der 9. Klasse werden an der Martinschule doch noch No-ten eingeführt – ein Zugeständnis an die nahenden Abschlüsse.

„Man muss jeden Schüler gut kennen“

Für den Alltag heißt der Ansatz: Jeder Lehrer muss Konzepte für das freie Arbeiten in Kleingruppen vorberei-ten „und er muss seine Schüler gut kennen“. Nicht immer sei das leicht, sagt Otto. „Es bedeutet für viele ein Umdenken.“ Aber eines, das eigent-lich selbstverständlich sein sollte für jede evangelische Schule, findet Schulleiter Benjamin Skladny. „Wenn man jedes Kind als Individuum sieht, das eine von Gott gegebene Würde und Einmaligkeit hat, dann kann man keines ausgrenzen und muss auf jedes individuell eingehen.“ Letztlich sei es da egal, ob man ein Kind mit Migrationshintergrund vor sich sitzen habe oder eines mit Lerneinschrän-kungen oder einer Hochbegabung: „Man muss einfach für jedes Kind schauen: Was braucht es, um optimal lernen zu können, welche Ziele sind erreichbar, in welchem Tempo und mit welchen Methoden kommt es am besten voran?“ Gleichzeitig gelte es, mit all diesen Individuen das Leben in Gemeinschaft zu üben, „sodass je-der lernt, den anderen zuzuhören, mit anderen Meinungen und Verhal-tensweisen zu leben, was manchen gar nicht so leicht fällt.“

Ein, zwei Stunden später, in Klasse 10H, dem Kurs, der auf das Abitur zu-geht, lässt sich beobachten, wohin dieser Ansatz im Idealfall führt: Deutschlehrerin Kornelia Tetzlaff hat sich in eine Ecke des Klassenzimmer zurückgezogen, vorn am Lehrerpult sitzt Zehntklässlerin Lena – und schmeißt souverän den Unterricht.Mit klarer, fester Stimme hat sie gera-de ein Buch über die Nazi-Entbin-dungslager „Lebensborn“ vorgestellt, nun diskutieren andere Schüler mit ihr, geben ihr Feedback, loben ihre feste Stimme und die gut ausgewähl-ten Zitate. „Mich brauchen sie kaum“, sagt Kornelia Tetzlaff.

Und mittendrin sitzt Tamina Engel im Rollstuhl, eine Einserschülerin mit Integrationshelfer an der Seite. Dass sie dabei ist, findet hier keiner ungewöhnlich. Die 16-jährige Svea antwortet auf die Frage, was das Be-sondere an der Martinschule sei, denn auch als erstes: „Dass wir so viel frei arbeiten.“ Meist gebe der Lehrer nur einleitende Erklärungen, „dann arbeiten wir selbständig weiter und helfen uns gegenseitig“. Schüler mit geistiger Behinderung gehören zwar nicht zur 10H, weil keiner von ihnen auf das Abi zugeht. „Aber früher wa-ren wir in einer Klasse“, sagt Svea. „Ich finde das gut, denn ich sehe oft bei anderen, dass sie nicht wissen, wie sie reagieren sollen, wenn sie mal jeman-den mit einer Behinderung sehen.“

Probleme im Unterricht gibt’s na-türlich auch manchmal, sagt Wolfram Otto. Mit Schülern, die laut sind, sich verweigern und andere damit stören. „Aber das gibt es an jeder Schule. Wir suchen dann individuelle Lösungen.“ Leiter Skladny sagt, mit diesem evan-gelisch-inklusiven Ansatz sei seine Schule ein Vorreiter in der Gesell-schaft – einer Gesellschaft, in der kei-ner mehr ausgegrenzt wird.

Die Evangelische Martinschule Greifswald hat Chancen auf den Deutschen Schulpreis

Eine Schule für alle

Tamina Engel sollte ursprünglich auf eine Förderschule für geistig und körperlich Behinderte gehen, doch an der Martinschule nahm man sie auf. Heute hat sie fast nur Einsen auf dem Zeugnis – und träumt vom Studieren. Fotos: Sybille Marx

Von Christine Senkbeil und Sebastian KühlBarth. „Wer sich vor Ort ansieht, was bislang in der Barther Bibliothek ent-standen ist, kommt ins Staunen“, hieß es aus den Reihen des Kirchenkreis-rats bei seiner Januar-Sitzung. Noch einmal 500 Euro gewährte der Kir-chenkreisrat darum für die weitere Erschließung und den Erhalt der Kir-chenbibliothek aus seinem Fonds für historische Bibliotheken.

Für alle, die selbst einen Blick auf die alten Bücher werfen möchte, be-steht nun erstmalig die Gelegenheit: Bis Juni können Besucher die selte-

nen Drucke in Barth zu den Öff-nungszeiten der Kirche auf der nörd-lichen Hochempore betrachten.

Die kleine Ausstellung wurde zum Johannes-Gutenberg-Jahr mit dem 550. Todestag des Meisters am 3. Feb-ruar vom Förderverein der histori-schen Kirchenbibliothek St. Marien vorbereitet. Unter dem Titel „An der Wiege der Schwarzen Kunst“ will der Verein frühe Drucke aus der Kirchen-bibliothek vorstellen. „Es werden prächtige, einzigartige Bücher gezeigt und erklärt“, kündigte Vereinsvorsit-zende Varvara Disdorn-Liesen in der Ostsee-Zeitung an. „Schwarze Kunst“

habe allerdings nichts mit Magie zu tun, betont sie, sondern nur damit, dass schwarze Druckfarbe auf Papier oder Pergament gebracht wurde. Die-se Druckwerke, Inkunabeln genannt, entstanden zwischen der Fertigstel-lung der Gutenberg-Bibel im Jahr 1454 und dem 31. Dezember 1500. 152 Inkunabeln befinden sich im Be-sitz der Barther Kirchenbibliothek – ein seltener Schatz.

Der Kirchenkreisrat lobte das gro-ße ehrenamtliche Engagement des Fördervereins, der die Kirchenge-meinde Barth bei der Pflege und Nut-zung unterstützt und auch den An-

trag gestellt hatte. Die historisch be-deutende Kirchenbibliothek wird rege genutzt und befindet sich bereits in sanierten und klimatisierten Räu-men. Jedoch muss ein Drittel des Ge-samtbestandes noch restauriert wer-den. Für den Erhalt sind die Kirchen-gemeinde und der Förderverein auf finanzielle Hilfe angewiesen.

Der Rat hatte im November 2016 die Einrichtung eines Fonds für histo-rische Bibliotheken für 2018 mit ei-nem Umfang von 5000 Euro beschlos-sen, wobei die maximale Antragshö-he 1000 Euro bei einem maximalen Förderanteil von 50 Prozent beträgt.

An der Wiege der Schwarzen KunstBarther Bibliothek zeigt erstmals kostbare Bücher der Öffentlichkeit: Kirchenkreis unterstützt weitere Restaurierung

Stillarbeit statt Frontaluntericht: An der Martinschule ist das der Normalfall. Die Schüler können sich – je nach Wunsch – gegenseitig helfen oder auch die Hilfe des Lehrers in Anspruch nehmen, wenn sie allein nicht weiter kommen.

Aus dem Barther Bücherschatz in der Kirche St. Marien Foto: Förderverein

Page 14: MECKLENBURGISCHE & POMMERSCHE

Sonntag, 4. Februar 2018 | Nr. 5 MV AUS MECKLENBURG UND VORPOMMERN14

Die Kirche zu Lichtenberg im Feldberger Seengebiet gehört zu den weniger bekannten unter den rund 750 Kirchen und Kapellen in Mecklenburg. Sie müsste drin-gend saniert werden. Doch die Finanzierung der notwendigsten Arbeiten ist bisher völlig unklar.

Von Marlies Steffen, NordkurierLichtenberg. Um die Lichtenber-ger Kirche steht es sehr schlecht. Nicht einmal die Kirchenglocken dürfen mehr läuten. Aus Sicher-heitsgründen wurde das Läut-werk nämlich inzwischen abge-stellt. „Die Lichtenberger Kirche ist eines unserer großen Sorgen-kinder“, sagt Holger John, Kir-chenbaubeauftragter für die Propstei Neustrelitz. Der Turm ist mehr als marode, die Verscha-lung hinüber. Der aufgesetzte Turmhelm ist ohnehin nur ein Notdach. Würden die Glocken weiter läuten, drohe der Turm durch die beim Läuten entstehen-den Schwingungen einzustürzen.

Auch die Traufen am Kirchen-schiff sind vergammelt, der Gie-bel auf der Rückseite und die Wände des Kirchenschiffs sind mürbe. Der Aufwand, wieder ein sicheres Bauwerk herzustellen, ist immens. „Wir gehen derzeit von rund 850 000 Euro an Sanie-rungskosten aus“, sagt der Burg Stargarder Architekt Jens Berg-mann. Bergmann beschäftigt sich aktuell mit Möglichkeiten, das Gotteshaus zu sanieren.

Wie diese Summe aufgebracht werden kann, steht allerdings noch in den Sternen. Zwar hat der Kirchenkreis Mecklenburg gerade seinen Jahresplan für 2018 beschlossen. Da ist die Lich-tenberger Dorfkirche allerdings nicht dabei.

Es liegen auch noch andere Projekte auf dem Tisch, benennt Bergmann und spricht eher von einem Zeitraum von mindestens fünf Jahren, um den es gehe. Fakt ist auch, dass der Kirchenkreis Mecklenburg die Gelder nicht al-lein zur Verfügung stellen könne, wie der Baubeauftragte Holger John deutlich macht. Es müssten auch wieder umfangreiche För-dermittel zusammengetragen

werden. Zudem müssen die Lich-tenberger einen Eigenanteil auf-bringen.

Architekt Jens Bergmann macht indessen auch darauf auf-merksam, dass grundsätzlich zu-nächst geklärt werden müsse, welchen Stellenwert die Kirche überhaupt besitzt: Wie oft wird sie noch genutzt, welche Bedeu-tung hat sie für das Dorf und was für ein Denkmalwert geht von ihr aus?

Sanierung würde rund 850 000 Euro kosten

Wenn es denn zu einer Sanie-rung komme, wird derzeit davon ausgegangen, dass die Arbeiten im Bestand erfolgen, bekräftigt Jens Bergmann. Das würde bei-spielsweise bedeuten, dass der gesamte Turm mitsamt dem Helm abgebaut und wieder neu aufgebaut werden müsse. Wenn das nicht finanzierbar sei, müsse

über Plan B oder C nachgedacht werden. Etwa, ob der Turm zu-rückgebaut werde und nur das Kirchenschiff zurückbleibe. Doch diese Überlegungen seien derzeit noch kein Thema.

Inge Albrecht vom Gemeinde-rat – Lichtenberg gehört zur Kir-chengemeinde Bredenfelde – treibt neben der Sorge um die Zukunft der Kirche im Dorf auch noch ein anderes Problem um. Pastor Siegfried Wulff geht in we-nigen Monaten in den Ruhestand. Nach den Plänen im Kirchen-kreis Mecklenburg soll seine Stelle nicht wieder besetzt werden. Dann aber setze sich womöglich auch niemand dafür ein, dass die Lichtenberger Kirche wirklich saniert wird, sagt sie. Hoffnung darauf, dass sehr viel Geld durch Spenden zusammen-getragen werden kann, hat sie nicht. „Wir sind doch nur eine sehr kleine Kirchgemeinde und im Dorf ist auch nicht viel Geld vorhanden“, sagt Inge Albrecht weiter.

Die Lichtenberger Dorfkirche stammt aus dem 14. Jahrhundert. Es handelt sich um einen

verputzten Feldsteinbau mit Westturmuntergeschoss und ei-nem Obergeschoss aus Brettern.

Im Kirchenschiff der Lichten-berger Kirche befindet sich eine Grüneberg-Orgel von 1902. Sie ist allerdings nicht spielbar.

Die Lichtenberger Kirche bei Feldberg muss dringend gesichert werden

„Eines unserer Sorgenkinder“Aber das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte und meine Zuversicht setze auf Gott den Herrn, dass ich verkündige all sein Tun. Psalm 73

Aus dem mecklenburgischen Bischofsbüro wur-den gemeldet:

97 Jahre alt wurde am 2. Februar Christel Golden-baum in Rostock. 96 Jahre: am 27. Januar Erhard Koch in Ludwigslust. 95 Jahre: am 2. Februar Ursula Boelter in Waren und Ursula Kranz in Schwerin. 94 Jahre: am 27. Januar Hildegard Papin in Waren; am 31. Januar Anna Gremblewski in Wismar; am 1. Februar Edith Gronau in Neustrelitz und Irmgard Kobow in Bad Doberan; am 2. Februar Edith Ru-thenkolk in Schwerin. 93 Jahre: am 28. Januar Resi Prahl in Schwerin; am 30. Januar Anneliese Lüdemann in Waren; am 1. Februar Anni Barner in Schwerin und Lieslotte Schmidt in Neubrandenburg; am 2. Februar Fried-rich Ziel in Breesen. 92 Jahre: am 29. Januar Waltraut Baumann in Schwerin und Hertha Krüger in Neubrandenburg; am 31. Januar Wilma Ranzau in Schwerin und am 1. Februar Heinz Kinder in Prislich. 91 Jahre: am 27. Januar Lieselotte Gustmann und Ruth Mayer in Grevesmühlen und Heinz Steinke in Güstrow; am 28. Januar Ilse Sill in Güstrow; am 29. Januar Rudi Mekelburg in Grabow; am 31. Januar Ruth Grabow in Röbel; am 1. Februar Willibald Witt in Dahlen und Ingrid Wöhler in Schwerin. 90 Jahre: am 28. Januar Theolinde Halfkath in Teterow; am 29.Januar Jakob Trommelschläger in Güstrow; am 30. Januar Vera Dahlke in Neubran-denburg; am 1. Februar Gertrud Götz in Greves-mühlen, Ursula Hagemeister in Güstrow, Erna Köp-pe in Dargun und Gerda Lange in Wedelstorf; am 2. Februar Günter Virtel in Wismar. 85 Jahre: am 28. Januar. Edith Dziejak in Neubran-denburg; am 29. Januar Hannelore Buchholz in Grevesmühlen, Ruth Dünkler in Schwerin, Marlies Hußel und Maria Stecker in Lewitzrand, Gisela Ka-velmann in Neustrelitz, Günter Käckenmeister in Güstrow, Christa Otto in Wismar, Hans-Jürgen Schütt in Teterow; am 30. Januar Ursula Krause in Schwerin, Elisabeth Reichl in Ventschow; am 31. Januar Hartmut Borchert in Neubrandenburg, Ger-da Brinke inWarnow, Elfriede Oldenburg in Klein Voigtshagen, Erika Rohde in Bad Doberan, Alfred Rorarius in Fürstenberg / Havel; am 1. Februar Ger-trud Falke in Lansen, Lisa Neubauer in Warnow, Rudi Vorwerk in Niendorf, Inge Wihan in Kühlungs-born; am 2. Februar Ilse Hessling in Hohenfelde und Anni Stolzenburg inWaren. 80 Jahre: am 27. Januar Gudrun Erinski in Neu-brandenburg, Brigitte Gaidies in Güstrow, Erika Rupnow in Ludwigslust, Jutta Schütt in Grabow, Günter Sroka in Röbel, Inge Willenberg in Rostock; am 28. Januar Katharina Kraft und Marie-Luise Weigel in Schwerin; am 29. Januar Hans Barner in Sukow-Marienhof, Hans-Heinrich Grewe in Kirch Grambow, Egon Lück in Teterow, Rosemarie Schitz in Wismar, Hans-Heinrich Voß in Cordshagen; am 30. Januar Franziska Benters in Behren-Lübchin, Gisela Kühl in Strasburg, Ingrid Labrenz und Helga Mathias in Rostock und Elisabeth Radeloff in Wis-mar; am 31. Januar Gudrun Burmeister-Becker und Gerda Pfeiffer in Neubrandenburg; am 1. Februar Dr. Ingrid Brüggemann in Pohnstorf, Doris Erchen in Neubrandenburg und Inge Hertel in Ludwigs-lust; am 2. Februar Edith Krasky in Dargun, Karl-Heinz Kummerow in Rampe, Irene Landgraf in Neustrelitz, Inge Molle in Güstrow, Elisabeth Ryll in Rostock und Ingrid Schink in Schwerin.

Goldene Hochzeit feierten am 27. Januar Barbara und Klaus Ernst in Neubrandenburg.

Wir wünschen allen Jubilaren Gottes Segen!

MITARBEITER

Döbbersen. Zum Ordinationsgottesdienst von Pastor Cornelius Wergin in den verbundenen Kir-chengemeinden Badow-Döbbersen-Lassahn-Neuenkirchen und Neuhof wird an diesem Sonn-tag, 4. Februar, 14 Uhr, in die St.-Vitus-Kirche zu Döbbersen eingeladen. Wergin hatte zuvor sein Vikariat in Wismar absolviert.

Brenz. 13 Jahre lang hat Elfriede Neumann ihren gemeindepädagogischen Dienst in den Kirchen-gemeinden Neustadt-Glewe und Brenz versehen. Ende Februar wird sie in den vorzeitigen Ruhe-stand gehen, aber Mieterin im Kirchengemeinde-haus Brenz und Mitglied im Kirchengemeinderat bleiben. Zum Gottesdienst mit ihrer Verabschie-dung wird an diesem Sonntag, 4. Februar, 14 Uhr, in die Kirche in Brenz eingeladen.

EHRENTAGE

In Lichtenberg müssen die Glocken der alten Feldsteinkirche schweigen, weil der Kirchtum die Schwingungen nicht mehr aushalten würde. Foto: wikimedia

Wenn ein Nachruf in der Kirchen-zeitung erscheint, betrifft er zu-meist Pastoren. Hartmut Vollmar, selbst Pastor i.R. aus Steffensha-gen, findet diese Auswahl zu ein-gegrenzt. Er möchte mit einem Nachruf auf einen langjährigen Kirchenältesten stellvertretend alle die würdigen, die über Jahr-zehnte die Gemeinden in Treue mitgetragen haben.

Von Hartmut VollmarSteffenshagen. Als ich 1976, da-mals noch als Jugendwart nach Steffenshagen bei Doberan kam, war die Pfarrstelle und Kirchge-meinde gerade ein Jahr zuvor auf-gelöst und zur Kirchgemeinde Retschow geschlagen worden. Das war ein seltener Fall, denn in der Regel wurden solche Stellen nur zur ruhenden erklärt.

Eine der Familien, die all die schwierigen Phasen, auch die Auf-lösung der Kirchgemeinde, in Treue durchgestanden hat, ist die Familie Gesk. Mit Vater Otto Gesk habe ich, 1982 zum Pfarrdiakon

in Steffenshagen ordniert, noch gute Stunden erlebt. Ich konnte zuhören – oft mehrere Stunden, was ihn bewegte. Nach Krieg und Gefangenschaft kam der gebürti-ge Ostpreuße nach Steffenshagen, wohin es schon im November 1945 seine Frau Käthe mit den Kindern verschlagen hatte.

Im Rahmen der Bodenreform erhielt die Familie ein halbes Wohnhaus, einen halben Stall, et-was Ackerland und ein Waldstück. Neben all der Aufbauarbeit über-nahm Otto Gesk 20 Jahre lang das Amt eines Kirchenältesten.

Die Ehefrauen halfen in aller Stille

Sein Sohn Helmut folgte ihm in diesem Amt für 35 Jahre Kirchen-ältester. Ihn habe ich gleich in der ersten Woche meines Dienstes in Steffenshagen kennengelernt, und dieser enge Kontakt ist bis zu seinem Tod vor ein paar Wochen

geblieben. Bei allen praktischen Einsätzen war er als Brigadeleiter unentbehrlich. Da war der Wie-deraufbau des Pfarrkatens, der 1979 durch die Unachtsamkeit Rostocker Jugendlicher abge-brannt war, aber als Unterkunft für Gastmusiker und Urlauber gebraucht wurde. Als 1981-1987 der Kirchturm neu gedeckt wer-

den musste, schaffte Helmut Gesk die 16 000 Schieferplatten hinauf.

Auch die Ehefrauen von Otto und Helmut Gesk haben in aller Stille ihren Dienst für Kirche und Friedhof getan. So hatte Marga Gesk nach Fertigstellung des Kirchturms im März 1987 für die Handwerker ein festliches Abend-essen bereitet. „Dies ist mein Bei-trag“, war ihr Kommentar.

Hilfreich war bei vielen Einsät-zen, dass Helmut Gesk seit 1949 Mitglied und seit 1996 Ehrenmit-glied der Freiwilligen Feuerwehr war. Die sorgte zum Beispiel auch für die Verköstigung, als 1998 die Kirche zu Steffenshagen 725 Jahre alt wurde und zum Fest unter den 250 Gästen auch 25 US-Amerika-ner waren, deren Vorfahren aus den Dörfern rund um Doberan stammten.

2011 wurde Helmut Gesk für sein Engagement in der Schweri-ner Staatskanzlei durch den Minis-terpräsidenten geehrt. Nun haben wir ihn im Dezember zu seiner letzten Ruhestätte begleitet.

Zum Beispiel Familie GeskEin stellvertretender Dank an alle, die jahrzehntelang die Gemeinden mitgetragen haben

Die Kirche zu Steffenshagen ist für ihre Reliefs berühmt. Foto: Tilman Baier

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Sonntag, 4. Februar 2018 | Nr. 5 MV AUS MECKLENBURG UND VORPOMMERN 15

Auf rund 350 Kilometern führt der Jakobsweg ab Usedom durch Mecklenburg-Vorpommern – und ist hier ziemlich gut intakt, wie der Verein Dt. Jakobusgesell-schaft gerade festgestellt hat. Nur kleinere Baustellen gibt es.

Von Sybille MarxGreifswald. Noch ist es Winter. Noch sind keine Pilger unterwegs auf dem Baltisch-Westfälischen Jakobsweg, dem deutschen Ab-schnitt des Jakobswegs zwischen Usedom und Westfalen. Trotz-dem hat Bernhard Weber als Weg-koordinator bei der Deutschen St. Jakobus-Gesellschaft so einiges zu tun. Seit etwa elf Jahren kümmert sich die Gesellschaft um die Ge-winnung von Herbergen und Wegpaten auf diesem längsten deutschen Jakobsweg. Aktuell versucht sie, den Wegverlauf an einigen Stellen zu verbessern. Eh-renamtliche kontrollieren meist

kurz vor Frühlingsbeginn die markierten Wege-

abschnitte, und wenn irgendwo auf der 850 Kilometer

langen Strecke eine Herberge

schließt, kümmert sich das Team um Ersatz, „da sind wir hinter-her“, sagt Bernhard Weber.

Einmal im Jahr will er nun auch Beratungsrunden in den Kirchenkreisen Pommern und Mecklenburg einberufen, um mit Ehrenamtlichen, Herbergseltern, Vertretern von Kommunen und Kirchengemeinden über den Stand des Pilgernetzes zu spre-chen. Fazit nach dem ersten Tref-fen für Vorpommern: „Die Kette der Pilgerherbergen ist weitge-hend in Ordnung“, sagt Bernhard Weber. „Und mit 14 Wegpaten sind wir auch schon ganz gut auf-gestellt.“ Nachdem die Kirchenge-

meinden Kirch Baggendorf und Tribsees die Kontrolle des zwi-schen ihnen liegenden Abschnitts übernommen haben, sucht We-ber zur Zeit noch einen Wegpaten für die Etappe von Grimmen bis Kirch Baggendorf.

100 Pilger auf Usedom gestartet

Die Aufgabe klingt überschaubar: Paten kontrollieren etwa einmal im Jahr auf rund 10 bis 15 Kilo-metern in ihrer Nähe, ob die gel-ben Pfeile und die Jakobsmu-scheln, denen die Pilger folgen wollen, noch überall zu erkennen sind – im Zweifel bessern sie nach.

Der Baltisch-Westfälische Ja-kobsweg ist anerkannter Teil des europäischen Wegenetzes der Ja-kobswege, die alle nach Santiago de Compostela im Nordwesten Spaniens führen – zum angebli-chen Grab des Jesusjüngers Jako-bus. Mit der ersten Jahrtausend-wende wurde dieses Grab zum Ziel einer ersten Pilgerbewegung.

Wie viele Menschen heute je-des Jahr Richtung Santiago durch Mecklenburg-Vorpommern wan-dern, kann Weber nicht genau sagen, nur von einzelnen Orten sind ihm Zahlen bekannt. „Fast 100 Pilger kamen letzes Jahr in der Herberge Zirchow auf Use-

dom unter“, weiß er. „Das ist schon ziemlich viel.“ Laut Pastor Detlef Huckfeldt hat das Pfarramt Tribsees im vergangenen Jahr so-gar rund 150 Wanderern gehol-fen, Unterkünfte zwischen 9 und 25 Euro in der Stadt zu finden. „Und nicht alle Pilger melden sich bei uns, es könnten also gut noch einmal so viele in der Stadt übernachtet haben“, schätzt er.

Martin Gottschewski aus Bre-men, Regionalbeauftrager für Norddeutschland, sieht in der mehr als 3000 Kilometer langen Via Baltica einen wichtigen Teil des europaweiten Jakobswegenet-zes. Denn er biete „eine Verbin-dung zwischen zwei großen Ge-wässern“, sagt er. „Von der Ostsee bis zum Atlantik.“

„Besondere Gastfreundschaft“

Dass die Pilgerzahlen auch in MV seit Jahren stetig wachsen, ist kein Zufall, glaubt Wegkoordinator Bernhard Weber. „Es hat sich her-um gesprochen, dass die Via Balti-ca nicht nur ein landschaftlich sehr schöner Pilgerweg ist, son-dern dass hier eine besondere Gastfreundschaft gegenüber Pil-gern gepflegt wird.“ Sehr schnell hätten sich ab 2005 Kirchenge-meinden und Privatleute gefun-

den, die bereit waren, einfache Quartiere gegen eine Spende oder für ein paar Euro Aufwandsent-schädigung zu stellen. Inzwischen liegen zwischen Krummin auf Usedom und Osnabrück in West-falen fast hundert nichtkommer-zielle Pilgerherbergen, darunter 40 in MV, und viele Herbergs-eltern waren selbst schon auf dem Jakobsweg unterwegs, sagt Weber. „Sie haben Verständnis für die Be-lange der Pilger.“ Sowohl von Pil-gern als auch von Herbergseltern bekomme er viele positive Rück-meldungen.

Im Blick auf die Weiterent-wicklung der Via Baltica sieht die Jakobusgesellschaft in Vorpom-mern noch ein paar Baustellen. Aktuell steckt Weber nach eige-nen Aussagen in „konstruktiven Beratungen“ mit der Greifswalder Stadtverwaltung und den Ämtern Usedom-Süd und Recknitz-Trebel-tal, um den Wegverlauf an einigen Stellen zu verbessern. „Haupt-sächlich geht es darum, dass die Wege noch naturnäher verlaufen und weniger auf Asphalt“, erklärt er. Eine erste Genehmigung liege für Stolpe auf Usedom vor. Dort kann der Jakobsweg künftig durch die Wolfsschlucht führen – auf ei-ner kürzeren, schöneren Strecke.

Mehr Infos zum Pilgern und zu Wegpatenschaften bei [email protected]

Für den Jakobsweg in Vorpommern sind kleine Verbesserungen in Vorbereitung

Bereit für die nächsten Pilger

In Krummin auf Usedom startet der Jakobsweg in Norddeutschland. Im vergangenen Jahr waren hier rund 100 Pilger unterwegs. Ehrenamtliche schildern die Wege aus und bieten Quartier. Foto: privat

Abbildung: www.landkarte-direkt.de

Persische Kultur und MusikWismar. Persische Mitbürger, die jetzt in Wismar leben, berichten im Turmerlebnis in St. Nikolai an diesem Freitag, 2. Februar, ab 20 Uhr, über ihr Hei-matland und seine kulturellen Sehenswürdigkei-ten. Mit persischer Musik und Filmsequenzen.

Leuchtfeuer-GottesdienstStralsund. Der Adler als Tier aus der Bibel steht beim nächsten Leuchtfeuergottesdienst für Kinder im Gemeindezentrum, Lindenstraße 151, in Stral-sund im Mittelpunkt: am Sonntag, 4. Februar, um 10.30 Uhr. Anschließend Mitbring-Buffet.

KinderferienwocheAlt Meteln. Die Kinderferienwoche der Kirchenge-meinde Alt Meteln – Cramon – Groß Trebbow wird am Sonntag, 4. Februar, mit einem Familiengottes-dienst um 14 Uhr in der Pfarrscheune in Alt Meteln eröffnet. In der Woche soll ein Theaterstück erar-beitet, Kostüme selbst entworfen und ein Bühnen-modell gebaut werden. Die Kinder sollen über das Leben und Wirken Jesu erfahren und dabei schon auf Ostern schauen. Das Theaterstück läuft Ostern, am 1. April, um 10.15 Uhr in der Kirche Alt Meteln.

Café für TrauerndeGreifswald. Am Mittwoch, den 7. Februar findet das nächste „Café für Trauernde“ in den Räumen der Alten Sternwarte in Greifswald statt. Das Café für Trauernde ist ein offenes Angebot in Kontakt mit anderen Menschen in einer ähnlichen Situation zu kommen. Gemeinsame Gespräche führen, gemein-sames Weinen, aber auch Lachen – neue Kontakte knüpfen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Kinder Musical WocheKlaber/Serrahn. In den Kirchengemeinden Bülow, Klaber und Serrahn sind Kinder von 9 bis 13 Jahren vom 4. bis 10. Februar zur KiSiWo Kinder-Musical-Woche „Barthimäus“, veranstaltet vom EC Meck-lenburg, nach Neu Sammit eingeladen. Auffüh-rung am 10. Februar, 14 Uhr. Infos: 03841 / 20 04 23.

Abenteuer am NilSchwerin. Die Schweriner Dom-, Schelf und Schlossgemeinde laden vom 4. bis 7. Februar zu gemeinsamen Kinder-Kirchen-Tagen unter dem Thema „Abenteuer am Nil – Unterwges mit Josef“ ein. Gedacht sind sie für Kinder der 1. bis 6. Klasse. Beginn mit einem Generationengottesdienst am 4. Februar um 10 Uhr in der Schelfkirche. Vom 5. bis 7. Februar., jeweils 9.30 bis 16 Uhr dann in der Mon-tessorischule, Platz der Jugend 25. Infos: Matthias Labude, Telefon 0152 / 01 32 35 94.

Tribsees auf alten KartenTribsees. Der Heimatverein Tribsees lädt am Sonn-abend, 10. Februar, zu einem Forum über die Ge-schichte der Landkartenkunst Pommerns in der Schwedenzeit nach Tribsees ein. Ab 13.30 Uhr Füh-rung im Kartenraum des Heimatmuseums am Kirchplatz 7, 14.30 Uhr: Vortrag von Haik Porada, der als promovierter Historiker und Vorsitzender der historischen Kommission für Pommern zum The-ma: „Pommersche Stadt am Grenzpass – Tribsees und seine Umgebung auf alten Karten aus der Schwedenzeit“ im Rathaussaal spricht. Der kirchli-chen Topographie von Tribsees soll bei dieser Ver-anstaltung ein besonderes Augenmerk gelten. An-schließend Imbiss im Rathaussaal. Der Verein bit-tet um einen Kostenbeitrag von 5 Euro und Anmel-dung bis 7. Februar unter [email protected] oder 038320 / 64 98 03.

KIRCHENRÄTSELNach der Kirche in Iven zwischen Demmin und Du-cherow fragten wir in der vergangenen Woche. Ute Meier-Ewert aus Glinde hat dieses Rätsel gelöst, Kurt Pieper aus Leppin, ebenso Michael Heyn aus Rostock, der auch das vorige um den Taufstein in Velgast löste, versehentlich aber ungenannt blieb.Diesmal geht es auf eine Insel. Wir zeigen ein

Kriegsgräberdenkmal, das es seit 2016 auch per App zu entdecken gibt. Der Name der Gedenkstätte leitet sich vom slawischen Wort für Hügel ab, der 69 Meter hoch ist und auf dem sie sich be-findet. Im März 1945 wurden hier nach dem Luftangriff auf die nahegelegene Stadt zwischen 6000 und 14 000

Opfer in Massengräbern bestattet. Wissen Sie, wo? Rufen Sie unter 03834 / 776 33 31 an oder schreiben an [email protected].

TERMINE

Von Thomas NitzStralsund. „Störenfriede wollen wir sein, dort wo man sich im Dunklen einrichtet“, rief der Pre-diger der Baptistengemeinde Da-niel Müller den weit über 200 Christen der evangelischen Ge-meinden Stralsunds zu. Mit ei-nem Abschlussgottesdienst in der Auferstehungskirche Grünhufe endete die Gebetswoche der evan-gelischen Allianz in Stralsund.

Evangelische Landeskirche, Christus,- Elim-, Adventisten-, Baptisten-, Methodistengemeinde und die Landeskirchliche Ge-meinschaft hatten in der Woche zuvor zu gemeinsamen Gebets-veranstaltungen eingeladen. Mot-

to: „Als Pilger und Fremde unter-wegs“. Insgesamt kamen nach Angaben der evangelikalen Ver-anstalter rund 300 000 Christen

an etwa 1000 Orten in Deutsch-land zu Veranstaltungen der Alli-anz-Gebetswoche. Passend zur Situation in der Welt sollten alle

Christen etwas abgeben von ihrer Glaubenszuversicht, sagte Daniel Müller in Stralsund. Wie einst Ab-raham sollten sie in Aufbruch und Ankommen gesegnet sein, ihr Weg solle Lichtspur und Segen für die Verzagten sein.

Eine Lichtspur erzeugten die in der Stralsunder Auferstehungs-kirche versammelten Gemeinden auch mit einem Leuchtband. „Wir wollen uns auf den Weg machen und von Gottes Liebe zu uns allen berichten“, sagte Müller. Hoff-nung und Zuversicht bräuchten ein Ziel, der Weg dorthin brauche Leuchtmarken. Christen seien aufgefordert zum Aufbruch und dazu, Leuchtmarken zu sein.

Mehr Licht für die WeltMehr als 200 Christen kamen zum Allianz-Abschlussgottesdienst in Stralsund

Der Weg von Christen könne eine Lichtspur sein, meinte Prediger Daniel Müller. Foto: Thomas Nitz

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16 Sonntag, 4. Februar 2018 | Nr. 5 MV xFORUMx

KREUZWORTRÄTSEL

Es ist eines der ganz großen Anlie-gen des Schweriner Bischofs And-reas v. Maltzahn, dass Kirche mit der großen und weiter wachsen-den Gruppe der Konfessionslosen in Kontakt tritt. Doch wie gelingt gemeinsames Gespräch über The-men, die uns alle unbedingt ange-hen, wie es der Theologe Tillich formulierte? Dazu hatte der pro-movierte Theologe im Herbst ei-nen Vortrag in Hamburg-Eidels-tedt gehalten, den wir hier zusam-menfassend dokumentieren.

Von Christian MeyerHamburg. „Sind Sie religiös oder Atheistin?“ „Weder, noch – ich bin normal.“ Mit diesem Umfrage-Beispiel vom Leipziger Haupt-bahnhof, nahm Bischof Andreas v. Maltzahn seine Zuhörer in Ham-burg-Eidelstedt mitten in sein Thema hinein. „Gott, den haben wir glatt vergessen“, so hatte der Theologe seinen Vortrag im Ge-meindehaus an der Elisabethkir-che überschrieben.

Der Bischof unterstrich, dass Konfessionslosigkeit im Osten Deutschlands sich für viele inzwi-schen über Generationen hinweg als Normalität vererbt habe. „Aber auch in Hamburg nimmt die Zahl der Menschen mit säku-larer Lebenshaltung zu“, so And-reas v. Maltzahn. Zugleich machte er klar, dass es „den“ typischen Konfessionslosen nicht gibt. Zu verstehen, wie diese verschiede-nen Menschen ohne Glauben an Gott „ticken“, ist für den Schweri-ner Bischof ein wichtiger Ansatz für den Dialog: Was erfüllt ihr Leben? Was trägt sie in Krisen und im Gedanken an den Tod? Wonach sehnen sie sich in der Tie-fe ihres Herzens?

In seinem Vortrag fächerte er drei Aspekte auf: Zum einen, was Christen unter Menschen mit sä-kularer Lebenshaltung wahrneh-men können. Zum Zweiten: Was dazu führt, dass Gott Menschen fremd geworden ist, dass sie ihn verloren haben. Und Drittens: Was wir tun können, damit die Frage

nach Gott lebendig bleibt oder wieder lebendig wird – unter uns wie unter den Menschen, mit de-nen wir leben.

Zugespitzt formulierte v. Malt-zahn im Blick darauf, was für die Ostdeutschen an die Stelle einer religiösen Weltanschauung tritt: „Die neue ‚Religion‘ der Ostdeut-schen ist das zum Ideal erhobene Leben fürs Private, für das nahe Umfeld ihrer Existenz.“ Deren Weltanschauung sei eine Art „Wissenschaftsgläubigkeit“, die aber über den Deutungsanspruch von echter Wissenschaft weit hin-ausgeht. „Die atheistische Bil-dungspolitik der DDR, die jede Religion unter den Generalver-dacht der Unwissenschaft lichkeit stellte, ist hierin erfolgreich gewe-sen“, so v. Maltzahn. „In Kursen ‚Glaube zum Kennenlernen‘ war der Durchbruch meist geschafft “, berichtete der Bischof aus seiner Zeit als Gemeindepastor, „wenn das Verhältnis von Glaube und Na-turwissenschaft geklärt war – als nicht sich ausschließend, sondern einander ergänzend.“

Innerhalb der Kirche würden aber ebenso Menschen, die kei-ner Religionsgemeinschaft ange-hören, vielfach als defi zitär wahr-genommen. Zudem verwies And-reas v. Maltzahn darauf, dass Men-schen mit säkularer Lebenshal-tung sich „Rituale für ihr Leben leihen“ und nannte als Beispiel die ‚Sunday-Assembly‘ in Hamburg. Dort träfen sich Leute jeden Sonn-tag zu einer Art Gottesdienst für Menschen ohne Konfession. Zu-gleich fehle es in der Gesellschaft weithin an religiöser Prägung, was

auch einen Mangel „an religiöser Vorstellungskraft und Sprachfähig-keit“ bedeutet. Und dann gibt es noch das Phänomen, das „manche Menschen unserer Tage sich refl ek-tiert als religiös ‚unmusikalisch‘ begreifen“. Hier stelle sich die Fra-ge, ob sie erst religiös werden müss-ten, um in Beziehung zu Gott tre-ten zu können oder ob sich nicht andere Wege fi nden lassen.

In Untersuchungen der Nord-kirchen-Arbeitsstelle „Kirche im Dialog‘„schälten sich drei Themen als besonders bedeutsam heraus für das Gespräch mit Menschen, die ohne Gott leben: „Das Leben nach dem Tod, das Verhältnis von Naturwissenschaft und Glauben sowie – im Osten – die Frage nach der Güte Gottes angesichts der Un-gerechtigkeiten der Welt“, berich-tete Bischof v. Maltzahn und er-gänzte: „Knapp die Hälft e aller befragten Konfessionslosen schätzt an unserer Kirche, „dass man (hier) nicht perfekt sein muss, um angenommen zu werden“.

Teil 2 folgt in der nächste Ausgabe.

Bischof Andreas v. Maltzahn über den Austausch von Kirche mit Konfessionslosen

„Gott, den haben wir vergessen“

Andreas v. Maltzahn Foto: Christian Meyer

Schwerin. Der Pfl egeelternverein NWM e.V. lädt ein zu einem weiteren Fachtag zum Thema „Trau-ma im Kindesalter“ mit Regina Hiller, Essen. Die Tagung fi ndet statt am Sonnabend, 17. Februar, im Hotel Wyndham Garden in Gägelow westlich von Wismar an der B 105.

Schwerpunkt wird die Thematik „Bindung – Trauma – Bindungsstörung“ sein. Trennungen, Be-ziehungsabbrüche und Verluste enger Bezugsper-sonen betreff en nicht nur Pfl egekinder, sondern viele Familien in unserem Land. Kinder entwickeln in der Folge diverse Auff älligkeiten, Schutzmecha-nismen und oft falsche Strategien in Beziehungen, um den erlebten Schmerz und die Enttäuschung zu bewältigen.

Pfl ege-Eltern, Lehrer, Erzieher, Gemeindepäda-gogen, Pastoren, Therapeuten unter anderem Per-sonengruppen, die mit Kindern arbeiten, sind her-ausgefordert, professionell und fachlich gut damit umzugehen. Der Fachtag kann unseren Blick für die Kinder schärfen und uns wichtige Impulse ver-mitteln im Umgang mit Kindern, die es schwer ha-ben, anderen Menschen zu vertrauen.

Die Kosten für die Teilnahme betragen 15 Euro, für Mitglieder des Pfl egeelternvereins 10 Euro und für den Imbiss 5 Euro. Information und Anmeldung unter Pfl egeelternverein NWM e.V., Grevesmühle-ner Str. 15 | 23968 Gressow, 03841 / 61 62 27, E-Mail: [email protected]

Fachtag zu Traumaim Kindesalter

Pfl egeelternverein lädt ein

„Beweglich bleiben“im Kopf und Herzen

Jahresheft 2018 Männerarbeit

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Schicken Sie Ihre Lösung per E-Mail, Fax oder Postkarte an die Evangelische Zeitung.Unter allen Einsendern verlosen wir einen Blumenstrauß.Einsendeschluss: 12. Februar 2018

Evangelischer Presseverlag Nord GmbHStichwort: KreuzworträtselSchillerstr. 44a, 22767 HamburgFax: 040/70 975 249Bitte beachten Sie unsere neue E-Mailadresse:[email protected]

Aufl ösung aus Ausgabe Nr. 3„ATHEISMUSWAHN“

Gewonnen hat: Peter Krömer19053 Schwerin

Bild auf dem Einband des neuen Jahresheftes.Abbildung: Männerarbeit

Rostock. Die kirchliche Männerarbeit in Bayern und Mecklenburg haben das Jahresheft „DenkAn-stoß 2018“ veröff entlicht. Die Bilder und Artikel widmen sich praxisnah dem Jahresthema der EKD Männerarbeit „... das Gute aber behaltet! (1. Thes-salonicher 5, 21) – Beweglich bleiben“. Pfarrer Günter Kusch aus Nürnberg und Pastor Ralf Schlenker aus Rostock schreiben dazu: Beweglich bleiben wie der Kreisel auf dem Titelbild, beweg-lich im Kopf und im Herzen, das ist gar nicht so leicht. Aber, wer Bewegung vermeidet, wird starr, nicht nur im Geist, sondern auch körperlich. Be-weglich und einfühlsam bleibt, wer Andere in den Blick nimmt und miteinander lebt.

Das beschreibt schon der Kirchenvater Augustin: „Miteinander reden und lachen, sich gegenseitig Ge-fälligkeiten erweisen, zusammen schöne Bücher le-sen, sich necken, dabei aber auch einander Achtung erweisen; mitunter sich auch streiten ohne Hass, so wie man es wohl einmal mit sich selbst tut; manch-mal auch in den Meinungen auseinander gehen und damit die Eintracht würzen. Einander belehren und voneinander lernen. ... Sich äußern in Miene, Wort und tausend freundlichen Gesten und wie Zündstoff den Geist in Gemeinsamkeit entfl ammen, sodass aus Vielen eine Einheit wird.“

Natürlich zeichnet dieses Bild des Augustin mit weichen Farben und vielleicht ist in manchem der Wunsch der Vater des Gedankens. Die Wirklichkeit ist nicht immer so schön. Ich will es aber doch ernst nehmen: Anderen zu begegnen, hält beweglich. Sich wirklich auf andere einzulassen, kann mich vor dem Starrwerden schützen. Unterschiedliche Meinungen gelten zu lassen, bringt mich geistig auf Vordermann. Unterschiede können bereichern und halten beweglich.

Unser Denkanstoß soll dazu einen Beitrag leis-ten: zur Begegnung mit Anderen, zur Diskussion und zur geistigen und Geistvollen Bereicherung. kiz

Das 64 seitige Heft kann gegen eine Spende in Hö-he von 4 Euro bestellt werden beim Männerforum der Nordkirche, Grubenstraße 48, 18055 Rostock , oder Frau Timm, Tel. 0381 / 377 98 72 91, [email protected]

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17Sonntag, 4. Februar 2018 | Nr. 4 MV xKULTUR UND ANGEBOTEx

Sonnabend, 3. Februar7.15 Uhr, NDR 1 Radio MV, „Christenmenschen“ von Kirchenredakteur Kalus Böllert (kath.)

Sonntag, 4. Februar7.45 Uhr, NDR 1 Radio MV, „Treffpunkt Kirche“ mit Radiopastor Matthias Bernstorf (ev.), Themen un-ter anderen: Neues Gemeindezentrum für Rostock-Reutershagen; zum 550. Geburtstag von Johann Gutenberg – zu Besuch im Barther Bibelzentrum;Neuer Kurs für Notfallseelsorge in MV.

Montag bis Freitag4.50 / 19.55 Uhr, Ostseewelle „Zwischen Himmel und Erde“

ANDACHTEN (werktags)6.20 Uhr, NDR 1 Radio MV, Mo: Plattdeutsche Mor-genandacht mit Peter Wittenburg, Rostock (ev); Die /Frei: Radiopastor Matthias Bernstorf (ev); Mi /Do: Christine Oberlin, Bützow (ev.)

KIRCHE IM RADIO

MELDUNGEN

Plattdeutsch-Wettbewerb für KinderSchwerin/Greifswald. Der 13. Plattdeutsch-Wettbe-werb für Kinder und Jugendliche in MV startet am Wochenende unter dem Motto „Kiek achtern Hori-zont – Liehr Plattdüütsch“. Bei der ersten der vier Regionalveranstaltungen treffen sich rund 50 Kin-der und Jugendliche in Greifswald. Bis zum 17. März wollen sich insgesamt 350 Schüler beteiligen. Das Land finanziert den Wettbewerb eigenen Angaben zufolge mit 31 500 Euro. Den Teilnehmern winken plattdeutsche Buch- und Sachpreise sowie Geld-preise für die Förderung des Niederdeutschlernens.

Vortrag zu Ursprungs der GulagsGroß Trebbow. Ein Vortrag über das erste sowjeti-sche Arbeitslager, das als Modell des Lagersystems Gulag diente, hält Anne Drescher an diesem Sonn-tag, 4. Februar, 17 Uhr, auf Hof Trebbow. Der Förder-verein der Dorfkirche Groß Trebbow lädt dazu ein. Anne Drescher ist Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen in MV und war im August vor Ort. In ihrem Vortrag soll es auch darum gehen, wie das heutige Russland mit der Erinnerung an die von den Bolschewiki errichtete erste kommunistische Herrschaft und die Massenverbrechen umgeht.

Film „Gran Paradiso“Stralsund/Knieper. Am Mittwoch, 7. Februar, um 19 Uhr läuft beim Arbeitersamariterbund (ASB) in der Maxim-Gorki-Str. 26a in Stralsund der deutsche Film „Gran Paradiso“ (2000). Der Viertausender war einmal Marks Sehnsuchtsziel, doch seit einem Un-fall sitzt er im Rollstuhl. Erst eine neue Therapeu-tin bringt diesen Traum wieder ins Spiel.

Theatermann Ekhof wird geehrtGotha/Hamburg. Mehrere Städte wollen sich ge-meinsam auf den 300. Geburtstag des Theater-schauspielers Conrad Ekhof (1720-1778) in zwei Jah-ren vorbreiten. Ekhof gilt als „Vater der deutschen Schauspielkunst“. Aus seiner Geburtsstadt Ham-burg und dem Sterbeort Gotha, aber auch aus Schwerin, Göttingen, Braunschweig, Leipzig, Osna-brück, Schleswig, Weimar und Hannover reisten Kul-turschaffende zu einem ersten Treffen an. Ideen gibt es bereits für eine Wanderausstellung, eine Diskus-sionsreihe, eine Internetplattform und ein Theater-stück zum Leben des Schauspielers.

MUSIK IN KIRCHEN

Sie hat eine Menge Pfeifen in sich, die neue Orgel im Greifswalder Lutherhof. Eine Art Wundertruhe, die der Bachwoche gehört und komplett aus Spendengeldern fi-nanziert wurde. Und eines hat sie ihren großen Schwestern voraus: Sie ist sozusagen eine Königin mit Rädern unten dran und kann da-hin fahren, wo sie gebraucht wird.

Von Christine SenkbeilGreifswald. „Im Gedenken an Uwe Wickleder“ steht auf dieser schön verzierten Truhe, die sich vielleicht erst auf den zweiten Blick als großes Musikinstrument herausstellt. Rein optisch hat sie wenig gemeinsam mit ihren gro-ßen Schwestern, den „Königinnen der Instrumente“. Keine Orgel-pfeifen, keine Treppe, die zu ihr hinaufführt: Und doch macht sie große Töne, diese kleine Truhen-Orgel in Greifswald. „Sie ist das neueste Inventarstück der Bach-woche“, berichtet begeistert Rein-hard Lampe, der Sprecher dieses Greifswalder Musikfestivals. Und auch Kirchenmusik-Professor Matthias Schneider scheint ganz beseelt von der kleinen, sagen wir, Prinzessin.

Aber was hat es nun mit der Plakette auf sich? Uwe Wickle-der? „Er war ein alter Greifswal-der“, berichtet Lampe. Bis zu sei-nem Tod sang Wickleder im Greifswalder Domchor. Er hatte hier in den 1960er-Jahren an der Kirchenmusikschule studiert und war Organist. Seine Familie betrieb seit den 1930er-Jahren in Greifswald ein Geschäft, unter anderem für Musikinstrumente.

Orgel zum Gedenken an Uwe Wickleder

Wickleder war der letzte Nach-komme seiner Familie. Doch be-richtete er der Verwandtschaft in Amerika stets über das musikali-sche Geschehen Greifswalds, vor allem über die Bachwoche.

Als er 2015 starb, ging der Nachlass an seine Cousine, die US-Amerikanerin Linda Har-buck aus Connecticut. Sie be-schloss, 20 000 Euro an die Bach-woche zu spenden, damit die Er-innerung an ihren Cousin in Greifswald auf diese Weise leben-

dig bleiben möge. „Da war unse-re Idee für eine transportable Lutherhof-Orgel genau das Rich-tige“, sagt Reinhard Lampe.

Die noch fehlende, ebenfalls fünfstellige Summe kam vor al-lem durch Spenden anlässlich der Beerdigung von Annelise Pflugbeil und durch Benefiz-Nacht-Musiken während der bei-den letzten Bachwochen zusam-men. „Damit konnten wir dieses wertvolle Instrument für 33 000 Euro vollständig aus Spenden-mitteln finanzieren“, so Lampe.

Nach längerer Korrespondenz mit Amerika, die Mitarbeiterin Heike Aé komplett auf Englisch führte, kam Linda Harbuck dann mit ihrem Ehemann Larry zur Bachwoche 2017 und war begeis-tert von Stadt und Musik.

Die Orgel allerdings konnte erst im Januar 2018 eingeweiht werden – gemeinsam mit dem Lutherhof (Kirchenzeitung be-richtete). Professor Mathias Schneider führte dem Publikum an diesem Nachmittag genau vor, wie das kleine Kraftpaket so tö-

nen kann. Die Firma Klop aus den Niederlanden sei bekannt dafür, viele Pfeifen auf wenig Raum unterzubringen, sagt er.

Über vier Register verfügt die neue Truhenorgel. Die größten, 1,20 Meter langen Pfeifen muss-ten dazu sozusagen um die Ecke gebaut werden. Dass dies ihrem Klang keineswegs abträglich ist, führte Professor Schneider dem Publikum vor und ließ ihre tie-fen, warmen Töne erklingen.

Das zweite Register klingt wie Blockflöten. Das dritte sei das so-genannte „Prinzipal“, das zum Kernbestand einer jeden Orgel gehöre, erklärte der Musiker. „Das vierte ist nochmal eine Ok-tave höher und gibt die Brillanz“.

Auf der nächsten Bachwoche vom 4. bis 10. Juni, die gleichzei-tig die letzte unter Leitung von Professor Jochen A. Modeß sein wird, soll mehr von ihr zu hören sein. Und auch gesammelt wird dann noch einmal: Denn die Or-gel soll noch um ein zweites Ma-nual erweitert werden, für ein „Zungenregister“ mit einer ande-ren Klangfarbe.

Die neue Truhenorgel der Greifswalder Bachwoche hat eine bewegte Spendengeschichte

Große Töne – kleine Königin

Premiere für die neue Truhenorgel: Professor Matthias Schneider führte vor, was das neue Instrument im Greifswalder Lutherhof für wunderbare Töne produzieren kann. Foto: Sebastian Kühl /PEK

In Mecklenburg

NachtragFreitag, 2. FebruarSchwerin, Schelfkirche St. Nikolai, 20 Uhr: Die Himmlische Nacht der Tenöre. Begleitet von einem Kammerorchester.

Sonntag, 4. FebruarWamckow, 17 Uhr: „Con Salon“. Salonorchester Schwerin. Ltg.: Bernhard Flint.

Sonnabend, 10. FebruarWismar, St. Georgen, 18 Uhr: NDR-Chor.

In Pommern

NachtragFreitag, 2. FebruarPasewalk, St. Marien, 12 Uhr: 20 Minuten Orgelmusik an jedem ersten Freitag im Monat.

„Auch die rücksichtsloseste Dik-tatur vermag nicht die Seelen ih-rer Opfer zu beherrschen“, davon war Uwe Johnson überzeugt. In der DDR galt er wegen seiner Sys-temkritik als unerwünscht, er verließ das Land und lebte lange in Amerika. „Die Grenze“ blieb zentrales Thema des schon mit 49 Jahren verstorbenen Dichters. Nun wurde sein Werk digitalisiert.

Von Nicole KiesewetterRostock. Die Digitalisierung des rund 77 500 Blatt umfassenden Archivs von Uwe Johnson (1934-1984) ist abgeschlossen. Innerhalb der vergangenen zwei Jahre sei jeder Entwurf, jedes Typoskript und jeder Brief, den der Schrift-steller aufbewahrt hat, jeweils mit Vorder- und Rückseite gescannt und digital archiviert worden, sag-te der Leiter der Arbeitsstelle „Uwe Johnson-Werkausgabe“,

Holger Helbig, in Rostock. Die Fertigstellung des Projekts mit 155 000 Scans sei „einer der Mei-lensteine der Uwe Johnson-Werk-ausgabe“, die als Vorhaben der Berlin-Brandenburgischen Aka-demie der Wissenschaften an der Universität Rostock entsteht. Die Qualität der Scans sei mit Blick auf die Zukunftsfähigkeit des Editionsvorhabens ungewöhn-lich hoch angesetzt worden.

Auf www.uwe-johnson-werk-ausgabe.de werde im Jahr 2020 auch die erste Vollversion eines Bandes freigeschaltet, so Helbig. In Buchform erscheint die auf 22 Bände in 43 Teilbänden angeleg-te historisch-kritische Rostocker Ausgabe der Werke, Schriften und Briefe Uwe Johnsons im Suhrkamp Verlag. Als erstes Buch wurden im Frühjahr 2017 „Mutmaßungen über Jakob“ publiziert.

Uwe Johnson wurde am 20. Juli 1934 in Kammin in Pommern ge-boren, besuchte in Anklam die Grundschule. 1945 war er mit sei-ner Familie nach Mecklenburg gekommen, machte in Güstrow Abitur und studierte von 1952 bis 1954 in Rostock Germanistik. 1959

zog er nach West-Berlin. In der DDR wurde er zur „unerwünsch-ten Person“ erklärt, und sein Hauptwerk „Jahrestage“ durfte dort nicht erscheinen. Johnson starb 1984 in England. Er zählt zu den bedeutendsten deutschen Au-toren der Nachkriegszeit.

Uwe Johnson-Archiv nun digitalisiertEr war einer der bedeutendsten Nachkriegs-Autoren und „unerwünschte Person“ der DDR

Uwe Johnsons Büste von Wieland Förster vor dem John-Brinckman-Gymnasium in GüstrowFoto: M. Myer

Zu Gast in Greifswald – die Spender aus Amerika: Linda und Larry Harbuck mit Bachwochen-leiter Jochen A. Modeß und Heike Aé vom Kirchenmusik-Institut. Foto: Greifswalder Bachwoche

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18 Sonntag, 4. Februar 2018 | Nr. 5 MVNACHBARN IN DER NORDKIRCHEx

Friedhof wird kein WelterbeAltona. Hamburg zieht den Antrag auf Welterbe bei der UNESCO für den Jüdischen Friedhof Altona zu-rück. Dazu habe ein Zwischenbericht des World He-ritage Panels von ICOMOS International geführt, teilte die Kulturbehörde mit. Das ICOMOS-Gremium sei der Meinung, dass die Nominierung nicht allein auf der Grabmalkunst des Friedhofs basieren kön-ne. Vielmehr müssten viel umfassender die histori-schen und künstlerischen Errungenschaften reflek-tiert werden. Erst die Verbindungen und die gegen-seitigen kulturellen und künstlerischen Bezüge hätten das Potenzial, eine Berücksichtigung in der Welterbeliste zu rechtfertigen, hieß es. epd

Islam-Vertrag in der KritikHamburg. Die CDU-Bürgerschaftsfraktion fordert die Aussetzung der Staatsverträge mit dem Rat der Islamischen Gemeinschaften (Schura) und dem Moscheeverband Ditib. Als Grund nannte der Frak-tionsvorsitzende Andre Trepoll massive Agitation im Zuge der Militärintervention der Türkei in Syrien. Damit zeigten beide Verbände „wieder einmal, wes-sen Geistes Kind sie sind“. In Hamburg seien in den vergangenen Tagen in Moscheegemeinden sowie in den sozialen Netzwerken türkische Soldaten im Kampf gegen die Kurden bejubelt worden. KNA

Festakt für Mahnmal St. Nikolai Altstadt. Das Friedensmahnmal St. Nikolai ist der Stadt nach mehrjähriger Sanierung wieder überge-ben worden. In einem Festakt erinnerte Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grü-ne) an die wechselvolle Geschichte der Kirchenru-ine. Sie sprach stellvertretend für den Ersten Bür-germeister Olaf Scholz (SPD), der aktuell in Berlin unabkömmlich sei, sagte sie. Mehr als drei Jahre lang war der Turm von St. Nikolai hinter einem Ge-rüst versteckt. Mit 147 Metern ist er der dritthöchs-te Kirchturm Deutschlands, nach dem Ulmer Münster und dem Kölner Dom. epd

„Luthers Norden“ lockt BesucherSchleswig. Eine ausnahmslos positive Bilanz zo-gen die Verantwortlichen für „Luthers Norden“, die gemeinsame Ausstellung des Pommerschen Lan-desmuseums in Greifswald und des Museums für Kunst und Kulturgeschichte auf Schloss Gottorf, bei der Abschlussveranstaltung auf der Museums-insel. Mehr als 10 000 Menschen zog es in die Got-torfer Ausstellungsräume, darunter in 100 geführ-ten Gruppen zahlreiche Kinder und Jugendliche. Die Ausstellung war von Mai bis September 2017 in Greifswald und in den vergangenen drei Monaten in Schleswig zu sehen. EZ

Simonis unterstützt HempelsKiel. Die ehemalige schleswig-holsteinische Minis-terpräsidentin Heide Simonis (SPD) ist Schirmher-rin einer neuen Kunst-Initiative des sozialen Stra-ßenmagazins „Hempels“. Die Initiative „Hempels Kreativ“ soll die Künstler- und Kulturszene im Land zum Wohle benachteiligter Menschen mit der So-ziallandschaft verknüpfen, teilte das Magazin mit. Zum Auftakt bringt „Hempels Kreativ“ am Freitag, 16. Februar, um 17 Uhr eine Neuinszenierung von Andrea Niendorfs Hörspiel „Papa macht Platte“ in der Pumpe in Kiel auf die Bühne. Im Anschluss ist eine Podiumsdiskussion geplant. epd

Einblicke in die KlosterkücheBad Oldesloe. Kochen Männer anders als Frauen? Diese Frage steht im Mittelpunkt einer NDR-Fern-sehsendung, die im katholischen Kloster Nütschau in Travenbrück bei Bad Oldesloe gedreht wurde. In dem Kloster leben und arbeiten 18 Mönche. Einer von ihnen, Bruder Joseph, hat früher als Koch gear-beitet und richtet in der Sendung, die am 4. Feb ruar um 15.30 Uhr ausgestrahlt werden soll, ein franzö-sisches Menü an. Auf die Frage, wie es um die Koch-künste der Männer bestellt sei, lacht Bruder Joseph und antwortet: „Männer kochen einfacher, aber sie machen mehr Geschirr dreckig.“ epd

Konfi-XXL-Nachmittag Breklum. Konfirmandenunterricht einmal anders: Am Samstag, 3. Februar, beginnt um 14 Uhr im Bre-klumer Lutherhof der „Konfi-XXL-Nachmittag“. XXL steht dafür, dass an diesem Nachmittag auch El-tern, Großeltern und Paten der Konfis aus Bre-klum-Süd eingeladen sind, am Thema Abendmahl mitzuerleben, wie so ein Konfi-Samstag abläuft. Nach einem kurzen thematischen Einstieg geht es in verschiedenen Workshops mit Musik, Generati-onengespräch, Backen und anderem weiter. Mit einer gemeinsamen Abendmahlsfeier endet der Tag um 18 Uhr. Weitere Infos gibt es bei Diakon Bernd Hansen unter Telefon 04671 / 94 26 78. EZ

MELDUNGEN

Welche Vorstellung von Glück gibt es in Philosophie und Religion? Damit hat sich die Vikarin Anna Cornelius beschäftigt. Die junge Theologin hat dazu ein Buch ge-schrieben und einen Abend in ih-rer Gemeinde organisiert.

Von Friederike LübkeBergedorf. Wie oft steht das Wort „Glück“ im Neuen Testament? Die Antwort lautet: gar nicht. Es gibt nur „glückselig“, zum Bei-spiel bei den Seligpreisungen. „Das hat mich überrascht“, sagt Anna Cornelius, und es war nicht die einzige Entdeckung, die sie ge-macht hat. Die Vikarin der Ge-meinde Bergedorfer Marschen hat sich auf die Suche nach dem Glück gemacht, in der Philoso-phie ebenso wie in der Bibel. Ent-standen ist daraus ein Buch, in dem sie die unterschiedlichen Glücksvorstellungen erläutert.

„Glück hat mich schon immer interessiert“, sagt Anna Cornelius. Auch sei es ihr im Alltag ständig begegnet: als Versprechen auf Pro-dukten, die glücklich machen sol-len, als Tipps in einer Frauenzei-tung, die zehn Schritte zum Glück empfiehlt, bis hin zur Nacht der Kirchen, die im vergangenen Jahr auch das Thema „Glück“ hatte. Aber so häufig es verwendet wird, so unklar ist, was Glück eigentlich bedeutet. Anna Cornelius wollte es herausfinden.

Ein halbes Jahr hat sie neben dem Vikariat an dem Buch gear-beitet. Sie hat sich durch lange Texte und komplexe Gedanken gearbeitet, denn ein Nachschlage-werk zum Thema gab es nicht, auch in den wichtigsten theologi-schen Lexika tauchte das Glück nicht auf. Literatur zum Thema „Glück in der Bibel“ suchte sie ver-geblich. Auf 50 Seiten erklärt sie in ihrem Buch Glück in der grie-chischen Philosophie, in der Bibel, bei Kant und im Buddhismus.

Mit Philosophie hatte sie sich bereits in ihrem Theologiestudi-um viel beschäftigt, viele Gedan-ken waren ihr daher schon ver-traut: „Aber dass die Glücksvor-stellungen so aktuell sind, das hätte ich nicht gedacht“, sagt sie.

Für den griechischen Philoso-phen Epikur etwa, der etwa 300 Jahre vor Christus lebte, bestand Glück darin, mit seinen Freunden in seinem Garten zu sitzen und zu essen – ein sehr hedonistischer Ansatz, den sie gut nachvollzie-hen kann. „Wenn ich mit Freun-den am Küchentisch sitze oder mit meinem Mann auf dem Bal-kon und die Sonne kommt her-aus, dann ist das für mich auch Glück“, sagt sie.

Genießen als ein Geschenk Gottes

Kritisch daran sei allerdings, dass man dieses Glück nur erreichen kann, wenn man alles Negative ausblendet: Glück als Genussopti-mierung ist aus ihrer Sicht ein schwieriger Ansatz. „Dann könn-ten ja Menschen in armen Län-dern nicht glücklich sein“, sagt sie. Im Buddhismus besteht das Glück eher darin, von sich weg zu sehen. Und in der Bibel? Im Alten und

Neuen Testament wird es unter-schiedlich behandelt. Im Alten Testament findet sich auch das Genießen eines guten Lebens als ein Geschenk Gottes, im Neuen Testament steht das Leben als Kind im Reich Gottes im Vorder-grund, auch wenn das auf der Erde noch schwierig ist.

Nicht nur in Texten hat Anna Cornelius Glücksvorstellungen untersucht. Sie hat auch in der Ge-meinde viele Gespräche geführt und mit der Kamera aufgezeich-net. Immer zu den beiden Fragen: Was ist Glück? Und: Was hat Gott mit Glück zu tun? Die Antworten waren so unterschiedlich wie die Befragten: Ein Konfirmand ant-wortete: einen Fisch angeln. Eine Seniorin sagte: Wenn ich morgens aufwache und noch da bin. Bei vielen hatte Glück damit zu tun, von der Familie und den Freun-den umgeben zu sein. „Niemand hat gesagt: Meine Karriere macht mich glücklich. Oder: Wenn ich den Posten bekomme, bin ich glücklich“, sagt Anna Cornelius. Auch materielle Dinge wurden

nicht genannt. Die Ergebnisse wird sie nun bei einem Abend in der Gemeinde vorstellen.

Am Freitag, 9. Feburar, findet um 19 Uhr in der Franz-von-Assisi-Kirche, Grachtenplatz 13, ein „Glücksabend“ statt. Mit Musik, Texten, Liedern und dem selbst gedrehten Film wird über das Thema nachgedacht.

Vikarin Anna Cornelius hat ein Buch geschrieben und Menschen ihrer Gemeinde befragt

Wie man Glück findet

Anna Cornelius präsentiert ihr Buch zum Thema Glück. Foto: Friederike Lübke

Das Buch ist im regionalen Buchhandel erhältlich sowie telefonisch bestellbar bei der Evangelischen Bücherstube, Tel. 0431 / 519 72 50.

Anna Cornelius: Auf der Suche nach dem Glück in Philosophie und Religion. Isensee Verlag Oldenburg 2017, 49 Seiten, 7,90 Euro. ISBN 978- 3-7308-1385-0

Von Kristina LarekKiel. Kirchlich, kommunal oder im Sportverein, rund eine Million Menschen in Schleswig-Holstein engagieren sich bereits ehrenamt-lich. Das ist nicht nur für die Ge-sellschaft wichtig, sondern macht Studien zufolge auch glücklich. Um noch mehr Menschen dafür zu gewinnen, finden von Februar bis April „EhrenamtMessen“ an mehreren Orten mit jeweils un-terschiedlichen Ausstellern in ganz Schleswig-Holstein statt.

„Hier wird gezeigt, wo Men-schen sich in ihrer jeweiligen Region einbringen können, wie viel Spaß ein Ehrenamt macht und wie erfüllend Helfen sein kann“, erläutert die Leiterin des Ehren-amtNetzwerks Schleswig-Holstein, Susanne Böttger. Das Ehrenamt sei ein wichtiger Bestandteil unse-rer Gesellschaft. Ehrenamtliche gestalteten einen großen Teil des sozialen Lebens und unsere Gesell-schaft an entscheidenden Stellen.

Neben vielen anderen infor-mieren die Diakonie, das Deutsche Rote Kreuz und Der Paritätische

vor Ort über die Möglichkeiten sich, ehrenamtlich einzubringen. Es gibt Raum und Zeit, sich mit Menschen auszu tauschen, die schon aktiv anpacken, und sich von deren Leidenschaft für das Eh-renamt anstecken zu lassen. „Män-ner, Frauen, Jung und Alt, das Pu-blikum auf den Messen ist sehr vielfältig. Und es gibt die unter-schiedlichsten Gründe dafür, war-um die Menschen die Messen be-

suchen. Das ist sehr spannend und inspiriert“, beschreibt Böttger die Atmosphäre.

Auch Kirchengemeinden sind auf Ehrenamtliche angewiesen und deswegen bei den Messen ver-treten. Angefangen beim Kirchen-gemeinderat über Gesprächskreise und Jugendgruppen bis hin zum Küsterdienst. Angesichts der gestie-genen Verwaltungsaufgaben hät-ten die Pastoren ohne Ehrenamtli-

che weniger Zeit für Seelsorge, die Predigt und die Belange der Men-schen. Das vielfältige Leben in den Gemeinden in Schleswig-Holstein gründet auf den ehrenamtlichen Helfern, ihren Ideen und ihrem Engagement.

Mit den „EhrenamtMessen“ soll auch gezeigt werden, dass jeder Mensch mit seinen Fähigkeiten gebraucht wird. „Das Herzblut der vielen Ehrenamtlichen ist etwas ganz Besonderes“, sagt Böttger und ergänzt, dass einer Studie zufolge ehrenamtlich aktive Menschen glücklicher seien und länger leb-ten, als die anderen.

Menschen, die auf der Suche nach einem Ehrenamt sind, soll-ten sich vor dem Besuch der Eh-renamtMesse über zwei Fragen Gedanken machen, rät Böttger. „Welche Fähigkeiten kann ich ein-bringen und wozu habe ich Lust. Dann passiert aber auch viel spon-tan, durch Gespräche und natür-lich auch durch Sympathie.“

Weitere Infos gibt es auf www. ehrenamtmessen.de.

Die Gesellschaft mitgestaltenBei den „EhrenamtMessen“ in Schleswig-Holstein kann jeder seine Aufgabe finden

Die „Ehrenamt-Messe“ lockte vor zwei Jahren viele Besucher in die Lübecker Petrikirche. Foto: EhrenamtNetzwerk

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19Sonntag, 4. Februar 2018 | Nr. 5 NK XSONDERSEITEX Landesjugendpfarramt

Vom 24. bis zum 28. April finden in Breklum die „Tage der Utopie“ statt. Beim Festival der Zukunft in der Nordkirche geht es ganz konkret darum, wie diese gestal-tet werden kann.

Von Friedmann MagaardBreklum. Breklum, wo man einen weiten Horizont hat und nichts beim Nachvornedenken stört, treffen sich zwischen dem 24. und 28. April zum 5. Mal Fragenstel-ler_innen und Zukunftsfreunde_innen zu einem Festival, das es in sich hat: Das Festival der Zukunft in der Nordkirche. Die Vortragen-den sind prägende Persönlichkei-ten und Gesellschaftsgestaltende. Sie stellen eine echte Utopie zur Diskussion und machen statt Ge-genwartskritik konkrete Zu-kunftsgestaltung. Das Zukunfts-festival kombiniert nagelneue Musik mit bewährter Gastlich-keit. Propheten und Zukunftstrei-ber_innen aus Kirche, Politik, Wirtschaft und Kultur erobern neue Horizonte für heute.

Zur Eröffnung spricht am, 24. April, um 19 Uhr Stanley Henke-man, Direktor des Instituts für Gerechtigkeit und Versöhnung in Kapstadt, Südafrika. Sein Thema sind Versöhnungsszenarien nach Kriegen- und Bürgerkriegen. Was muss, etwa in Syrien, geschehen, wenn die Waffen schweigen? Welche Verantwortung haben UNO, EU, was kann die Zivilge-sellschaft leisten, wie können Kir-chen helfen? Den Kompositions-auftrag für diesen Abend hat der Rendsburger Musiker Christian Gayed angenommen.

Am Mittwoch, 25. April, spricht um 19 Uhr Ewald Lienen, Fußball- und Trainerlegende, gegenwärtig technischer Direktor beim FC St. Pauli. Was Sport zur Entwicklung

von Gerechtigkeit und Demokra-tie beitragen kann, beschäftigt den politisch hochinteressierten Sport-ler ebenso wie die Frage, die Ge-sellschaft und Sport diese Chance aktiv ergreifen können. Zu dem Vortrag von Ewald Lienen kompo-niert der Schleswiger Arne Frercks.

Am Donnerstagabend, 26. Ap-ril, ist ab 19 Uhr Stephan Ramm-ler zu hören, Braunschweiger Professor für Mobilität und Transformationsdesign. Über die Neu erfindung des Landlebens spricht Rammler, unter dem Titel „Dorf 4.0“. Mobilitätsstrategien werden gewöhnlich für die Met-ropolen entwickelt. Was Mobili-tät auf dem Land mit Digitalität zu tun hat und welche Rolle das Bau- und Immobiliengewerbe dabei spielt, verrät Stephan Rammler, umrahmt von den Klängen einer Fachfrau für elek-tronische Musik, die argentini-

sche Komponistin und Musike-rin Moxi Beidenegl.

Den letzten Abend bestreitet Flavia Kleiner aus Zürich am Frei-tag, 27. April. Unter dem Titel „Chancenland Deutschland? Neue Wege, die liberale Demokratie zu verteidigen“ knüpft die junge Schweizer Aktivistin an ihre Erfah-rungen in der „Operation Libero“ an, die seit 2014 überraschende und wirkmächtige Aktivitäten im Kampf gegen Rechtspopulismus und für eine liberale Demokratie initiiert. An diesem Abend führt die deutsch-chinesische Kompo-nistin Nathalie Fen Yen Herres eine Auftragskomposition auf.

An den Folgetagen finden je-weils vormittags Workshops statt, die die Realisierung der Utopien in Schleswig-Holstein thematisieren. Was kann als nächstes geschehen? Wer bleibt mit wem in Kontakt. An den Nachmittagen präsentie-

ren Aktionsgruppen gelungene Projekte. Denn zukunftsprägende Aufbrüche gibt es ja schon heute.

Die Preise sind in diesem Jahr auch utopisch. Denn die Veran-stalter fordern die Besucher von Vorträgen und Workshops am Ende der Veranstaltung auf, zu be-zahlen, was ihnen die Gedanken und Erfahrungen wert sind. Das „utopische prizing“ und der neue Auftritt der Tage der Utopie wur-den in enger Zusammenarbeit mit dem Team von „Boy – Strate-gie und Kommunikation“ aus Kiel entwickelt, die die Tage der Uto-pie kraftvoll unterstützen.

Gesamtleitung und Moderation liegen bei Friedemann Magaard. Anmeldungen können ab sofort im Christian Jensen Kolleg unter 04671 / 911 20 oder per Mail an [email protected] vor-genommen werden.

„Tage der Utopie“ – das Zukunfts-Festival im April erobert neue Horizonte

Propheten und Zukunftstreiber

Stephan Rammler forscht über Mobilität und Zukunft. Wie gelingt „Dorf 4.0“? Foto: privat

Flavia Keinert nimmt es mit den Rechtspopulisten in der Schweiz auf. Foto: privat

Von Friedmann MagaardBreklum. Zu den Auftaktveranstal-tungen zu den Lebens- und Ar-beitsbedingungen von Beschäftig-ten in heimischen Schlachthöfen laden der DGB, der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt, die ka-tholische Pfarrei St. Ansgar Itze-hoe und das Christian Jensen Kol-leg am Samstag, 17. Februar, von 10 bis 15 Uhr in das Breklumer Kolleg ein. Drei hochkarätig besetzte Ge-sprächsrunden mit Vertretern von Politik, Wirtschaft, Gewerkschaf-ten und Kirchen nehmen sich die-ses schwierigen Themas an.

In Schleswig-Holstein liegen Standorte mehrerer großer industri-eller Schlachthöfe. Geschlachtet wird dort kaum mehr selbst. Subun-ternehmer sind im Einsatz. Und bei diesen wiederum arbeiten haupt-

sächlich Menschen aus Rumänien oder anderen osteuropäischen Län-dern im Rahmen der europäischen Arbeitnehmerfreizügigkeit. Sie wer-den häufig als Werkvertragsarbeit-nehmer, oft auch als Wanderarbei-ter beschrieben. Wie ist ihre Arbeits-situation? Wie wohnen sie, wie fühlen sie sich hier integriert?

Nach der Begrüßung durch Martin Kayenburg, Kirchenvor-stand an St. Ansgar und Landtags-präsident a.D., geht es zunächst um die Ökonomie der Schlachtindust-rie in Schleswig-Holstein. Der zwei-te Teil wird die Arbeitssituation in den industriellen Schlachthöfen anhand von Erfahrungen in Schles-

wig-Holstein in den Blick nehmen. Schließlich diskutieren die Veran-stalter mit Vertretern aus der Lan-despolitik unter dem Stichwort „Was zu tun wäre – Anforderungen an Politik und Gesellschaft“.

Auf dem Podium sind die Land-tagsabgeordneten Heiner Rickers (CDU), Kirsten Eickhoff-Weber (SPD), Kay Richert (FDP), Flem-ming Meyer (SSW) sowie Bernd Voß (Grüne). Die Veranstaltung leiten Susanne Uhl (DGB), Joa-chim Kirchhoff (Pfarrer der katho-lischen Gemeinde Itzehoe) und Friedemann Magaard (CJK).

Der Eintritt ist frei. Um Anmel-dung wird bis zum 13. Februar un-ter 04671 / 911 20 oder per Mail an [email protected] gebeten.

Schlachthöfe in Schleswig-HolsteinStudientag zu prekären Arbeits- und Lebensbedingungen von Beschäftigten

Wanderarbeiter sind auch in Schleswig-Holsteins Schlachthöfen beschäftigt. Foto: DGB

Zwischen Himmel und NirwanaVon Jutta Jessen-ThiesenBreklum. Fernöstliche Spirituali-tät übt eine große Faszination auf viele Menschen aus. Dies spiegelt sich auch darin wider, dass Yoga und Meditation immer selbstver-ständlicher werden. Buddhisti-sche Haltungen sind für viele Menschen hilfreich und interes-sant, etwa unter dem Begriff der Achtsamkeit. Was suchen Men-schen in östlicher Spiritualität

und Philosophie, das sie im west-lichen Kulturkreis nicht finden?

Dazu findet ein Gesprächs-abend am Freitag, 16. Februar, 18 bis 21 Uhr, in Breklum statt. Es geht um den Kern buddhisti-scher Philosophie und Psycholo-gie, um Vorstellungen vom Gött-lichen und um Bezugspunkte zum christlichen Kontext. Ingola Pantke, Philologin, praktizieren-de Buddhistin und Yogalehrerin,

sowie Pastorin Magdalene Hell-stern-Hummel Referentin für Spiritualität und geistliches Leben im Gemeindedienst der Nordkirche referieren. Karsten Wolff von der Ökumenischen Arbeitsstelle im Kirchenkreis Nordfriesland und Jutta Jessen-Thiesen, Referentin für ökume-nische Spiritualität im Zentrum für Mission und Ökumene, leiten das Gespräch.

Faszination Buddhismus. Wie gelingt der Dialog. Foto: privat

Breklum. Einfache Körper- und Achtsamkeitsübun-gen, sowie die Erfahrung, gemeinsam zu musizieren und zu singen, sind die Basis eines Wochenendes mit dem Musiker und Musiktherapeuten Arne Frercks, das am 24. bis 25. Februar im CJK stattfindet. Arne Frercks arbeitet mit einer Reihe ungewöhnlicher Instrumente, die eines gemeinsam haben: sie besit-zen keine „falschen“ Töne und es ist mit minimalem Aufwand möglich, ihnen sehr schöne Klänge zu ent-locken. Unter seiner Anleitung lauschen Teilneh-mende Töne, die einen eigenen Zugang zu sich selbst und der Welt eröffnen. Daneben gibt es Zeiten der Stille und Entspannung. Vorkenntnisse und beson-dere Fähigkeiten sind nicht nötig. Neben Arne Frercks leitet Pastorin Jutta Jessen-Thiesen, Referen-tin für ökumenische Spiritualität im Zentrum für Mission und Ökumene das Auszeitwochenende.

Anmeldungen sind bis zum 10. Februar bei Petra Conrad im Büro des Zentrums für Mission und Ökumene in Breklum unter Telefon 04671 / 91 12 14 oder per E-Mail: [email protected] erbeten. Die Kosten betragen 120 Euro für das Seminar, Einzelzimmer und Verpflegung.

Zeit für Klang und StilleAuszeit mit Arne Frercks

Diese Seite wurde inhaltlich gestaltet vom Christian Jensen Kolleg in Breklum (Nordfries-land). Das ökumenische Bildungs- und Tagungs-zentrum ist Impulsgeber für kirchliche und ge-sellschaftspolitische Veranstaltungen für die Nordkirche. Als „Bildungszentrum für Nachhalti-ge Entwicklung“ ist es den Zukunftsfragen um Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung verpflichtet.Kontakt: Pastor Friedemann Magaard, Tel. 04671 / 911 20 www.christianjensenkolleg.de

Von Friedemann MagaardDass ein Volk ohne Visionen zugrunde geht, steht schon in der Bibel. Eines ist sicher, eine Gesellschaft braucht gelingende Zukunftsbilder. Und deshalb gibt es die „Tage der Utopie“.

Wie könnte es sein, wenn es gut wird? Diese Fra-gestellung ist bei Zukunftsexperten eher selten. Nor-malerweise reden Menschen, wenn sie die kollektive Zukunft beschreiben, eindrücklich von Krisen und Katastrophen. Weil die aktuellen Krisen sehr kom-plex sind. Umwelt-, Klima- und Hungerkrisen hän-gen miteinander zusammen, Migrationsprozesse, Finanzkrisen, endliche Ressourcen. Und manche Krisen mehr. Alles miteinander verbunden, Ent-scheider in dies alles verstrickt und verknotet.

Und doch: Wir müssen auch miteinander reden, dass es gut werden kann und wie das dann aussieht. Ohne Hoffnungsbilder keine Kraft, ohne Ermuti-gungen keinen Antrieb. Ein Volk, das keine Hoff-nungsbilder hat, keine Visionen, das geht kaputt. Es wird müde, zynisch, verbittert. Es baut Mauern, schottet sich ab, „me first“ und „national first“ steht auf den Fahnen.

Die Kirche hat etwas zu tun. Sie muss Mut ma-chen, zur Hoffnung anstiften. Und sie kann es. Die Bilder gelingenden Lebens sind da, in der Traditi-on, in der Heiligen Schrift, in der Gemeinschaft, die mit dem Geist der Hoffnung erfüllt ist. Eine Kirche, die die Mutmacher versammelt, ist ganz bei ihrer Sache. Eine Kirche, die den Utopien Raum gibt, tut sich selbst gut. Wie viel mehr den anderen, die auf Zuspruch warten. Wach und ehrlich und manch-mal ratlos und verzagt, so tasten wir uns alle ge-meinsam in die Zukunft. Bester Proviant ist die Ahnung, dass es trotz aller Krisen gut werden kann. Die Sehnsucht danach ist eine Kostbarkeit, die der Heilige Geist uns schenkt. Nicht mehr, nur eine Sehnsucht, aber auf keinen Fall weniger als eine himmlische Geistgabe!

KOMMENTAR

Wie es wird, wenn es gut wird

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20 xBESINNUNGx Sonntag, 4. Februar 2018 | Nr. 5 NK

DER GOTTESDIENSTSexagesimae 4. Februar

Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet, so verstockt eure Herzen nicht. Hebräer 3, 15

Psalm: 119, 105. 114. 116-117Altes Testament: Jesaja 55, (6-9) 10-12aEpistel: Hebräer 4, 12-13Evangelium: Lukas 8, 4-8 (9-15)Predigttext: 2. Korinther (11, 18. 23b-30) 12, 1-10Lied: Herr, für dein Wort sei hoch gepreist (EG 196) o. EG 280 Liturgische Farbe: grün

Dankopfer Nordkirche: Projekte der Diakoni-schen Werke – DiakonieDankopfer Landeskirche Hannovers:Kirchenkreiskollekte

Nähere Informationen zu den Pflichtkollekten der Nordkirche sowie der Landeskirche Hanno-vers können Sie auch auf den jeweiligen Inter-netseiten der Landeskirchen nachlesen unter der Rubrik „Abkündigungstexte“.

Dankopfer Landeskirche Oldenburg: Oldenburgi-sche Bibelgesellschaft – verschiedene Projekte – 2018 Schwerpunkt „BasisBibel“ (Nr. 13)Dankopfer Landeskirche Braunschweig: empfohlene Kollekte – Themenfeld Ökumene

TÄGLICHE BIBELLESE

Montag, 5. Februar:5. Mose 32, 44-47; 5. Mose 12, 1-12Dienstag, 6. Februar:Hesekiel 33, 30-33; 5. Mose 15, 1-11Mittwoch, 7. Februar:Lukas 6, 43-49; 5. Mose 15, 12-18Donnerstag, 8. Februar: 1. Thessalonicher 1, 2-10; 5. Mose 16, 1-17 Freitag, 9. Februar:2. Timotheus 3, 10-17; 5. Mose 16, 18-20Sonnabend, 10. Februar:Matthäus 13, 31-35; 5. Mose 17, 14-20

SCHLUSSLICHT

Laterne in Massa Marittima im Abendlicht. Foto: epd-bild/Bernd F. Oehmen

Von Sebastian PaulOft ist es zu schaffen: Nach dem Gottesdienst schnell nach Hause, KiKa anschalten und „Die Sen-dung mit der Maus“ gucken. Für manche Väter und Mütter mit und ohne Kinder gehört das zum Sonn-tagmorgen wie der „Tatort“ zum Abend. Nun gibt es auch eine Hörfassung der Kultsendung für blinde und sehbehinderte Menschen. Das TV-Format ver-fügt seit Januar über eine Audiodescription-Versi-on. Darin beschreibt ein Sprecher die gezeigten Szenen und Bilder aus den Lach- und Sachge-schichten der Maus. Damit ist sie die erste kom-plett barrierefreie Sendung im WDR. Ob man „die Maus“ auch ohne Gottesdienst sehen kann, mel-dete der Sender allerdings nicht.

„Die Sendung mit der Maus“ barrierefrei

PSALM DER WOCHE

Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf

meinem Weg. Du bist mein Schutz und mein Schild; ich hoffe auf dein Wort.Erhalte mich durch dein Wort,

dass ich lebe,und lass mich nicht zuschanden

werden in meiner Hoffnung.Stärke mich, dass ich gerettet

werde,so will ich stets Freude haben

an deinen Geboten. Psalm 119 in Auswahl

„Tu Gutes und rede darüber.“ So sagen die Werbefachleute, und so sagt man auch in der Kirche. Es gibt aber Grenzen des Selbst-ruhms.

Von Christian BrodowskiAn den Vorfastensonntagen Sep-tua- und Sexagesimae scheint das „Rühmen“ einen besonderen Platz zu haben. Wie aktuell. „Ich habe den größeren Knopf“ – „Ich die größeren Raketen“ rühmen sich die Führer quer über den Pa-zifik. Wir Europäer dagegen rüh-men uns leiser, aber mit dem Wissen anscheinender morali-scher Überlegenheit: Wir sind die Besonnenen, die letzten verblie-benen Verteidiger von westli-chen Werten – ganz selbstlos und ohne Eigenlob scheint es nicht zu gehen.

Und auch in unserer Kirche gibt es natürlich das Rühmen: Wer machte welche öffentlich-keitswirksame Veranstaltung? Wo kommen mehr Menschen? Wer arbeitet mehr? Wir tun es oft ver-borgen, aber auch wir vergleichen – Weisheit, Leistung, Finanzen und vieles mehr. So funktionieren wir: vergleichen und sich rühmen. Wie anstrengend.

Mir fällt da der Mann ein, der aufgrund seiner intellektuellen und persönlichen Kompetenzen wohl jedes öffentliche Amt mit

Leichtigkeit hätte ausfüllen kön-nen. Stattdessen redete er höchst ungern über seine Stärken, aber er nutzte seine Fähigkeiten rückhalt-los, um auf den hinzuweisen, in dem alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen liegen (Kolosser 2, 3). Es war ihm ein Her-zensanliegen, Menschen etwas von Gottes Liebe vorzuleben und zu erzählen. Und seine wichtigste Entdeckung war die Erkenntnis, dass Gott gerade in den Schwachen mächtig ist (2. Korinther 12, 9).

Das ist keine falsche Demut und auch kein Verbergen des eige-nen Lichts – so bescheiden war Paulus auch wieder nicht. Das ist

heilsame Selbstbegrenzung und das Wissen um die eigene Unzu-länglichkeit. Vor allem aber ist das die Erfahrung, dass es bei Gott et-was zu erkennen, zu lernen und zu erglauben gibt, das alle unsere Weisheit, Stärke und unseren Reichtum nicht nur überbietet, sondern völlig verblassen lässt.

Die beginnende Fastenzeit kann ja auch immer die Zeit für eine Art innere Inventur sein. Wessen rühme ich mich? Wer oder was ist mein Ruhm? In die-ser Zeit des Kirchenjahres, in der wir bewusst auf den großen Ruhm Gottes, das Halleluja (hebräisch für rühmen oder loben), im Got-tesdienst verzichten, da will ich es mir von Paulus neu zeigen lassen: Vor Gott kann und vor den Men-schen brauche ich mich nicht rüh-men. Seine Anerkennung ist mir gewiss, ich muss sie nicht erkämp-fen oder mich vergleichen.

Halleluja.

Was es bei Gott zu erglauben gibt

Besser als du

Der Apostel Paulus auf dem Schalldeckel der Kanzel „St. Peter und Paul“ in Brandenburg.

Von Friedrich BrandiDie Entrüstung war groß. Christ-liche Schulen in Hamburg wer-den demnächst geschlossen. Ein-fach so. Einfach so?

„Jetzt gibt sich die Kirche also selbst auf.“ So oder so ähnlich hörte ich es aus verschiedenen Richtungen tönen, als bekannt wurde, dass 8 von 21 katholi-schen Schulen in Hamburg ge-schlossen werden. Es sind ver-mutlich dieselben Menschen, die bei ihrem Wochenendausflug zur Mecklenburger Seenplatte darü-ber klagen, dass sie nur geschlos-sene oder bereits stillgelegte Kir-chen vorfinden. Es sind vermut-lich auch dieselben Menschen, die vor vielen Jahren aus der Kir-che ausgetreten sind, weil ihnen aus durchaus einleuchtenden Gründen – jedenfalls im Blick

auf die jeweilige persönliche Si-tuation – die Kirchensteuer zu hoch ist. Und in der Tat, für die-jenigen, die die Angebote der Kirchen kaum in Anspruch neh-men, ist diese Abgabe wirklich recht hoch.

Weniger Events, mehr Aufmerksamkeit

Andererseits sollen sich diese Menschen dann auch nicht bekla-gen, dass acht Schulen geschlos-sen werden. Müssen! Es fehlen die Einnahmen durch die Kirchen-steuer. Und damit fehlt eben auch ein Solidarbeitrag für eine kultu-relle Bildungsleistung, die Religi-onsgemeinschaften in der Gesell-schaft leisten.

Ob im Erzbistum Hamburg der Wunsch, Hamburg mit möglichst

vielen katholischen Schulen zu ver-sorgen, größer war als vorsichtig-realistische Kalkulation, kann ich überhaupt nicht sagen. Aber ich weiß, dass mit Kirchensteuern nicht nur Schulen finanziert werden, sondern auch die wunderschönen Kulturdenkmäler der Nordkirche, die unsichtbar bleibende Beglei-tung vereinsamter Menschen oder auch eine Sterbebegleitung über Tage oder Wochen. Und natürlich wird von der Kirchensteuer auch der andere Blick auf unsere Gesell-schaft finanziert, jener Blick also, der Sonntag für Sonntag in ver-schiedenen Gottesdiensten gewagt wird. Vielleicht, so denke ich oft, sorgen sich die Kirchengemeinden viel zu sehr um große Events und Jubiläen, anstatt den stillen Kir-chensteuerzahlern ihre Aufmerk-samkeit zu schenken.

Falsche EntrüstungKulturelle Bildung kostet was

Wer sich rühmen will, der rühme sich

dessen, dass er klug sei und mich kenne, dass ich der Gott bin, der

Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit übt

auf Erden; denn solches gefällt mir, spricht Gott,

der Herr. (Jeremia 9, 23)

Christian Brodowski, Kirchengemeinde Mirow, MV.Foto: privat

Bald ist Schulschluss.

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