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Medizinische Anwendungen der Kernstrahlungen und der Radioaktivität „Wenn du fragst, was rechtes Wissen sei, so antworte ich, das, was zum Handeln befähigt.” Hermann Ludwig von Helmholtz Péter Maróti Professor für Biophysik, Universität Szeged, Ungarn Empfohlene Lehrbücher wie früher in den vorigen Vorlesungen.

Medizinische Anwendungen der Kernstrahlungen und der Radioaktivität „Wenn du fragst, was rechtes Wissen sei, so antworte ich, das, was zum Handeln befähigt.”

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Medizinische Anwendungen der Kernstrahlungen und

der Radioaktivität

„Wenn du fragst, was rechtes Wissen sei, so antworte ich, das, was zum Handeln befähigt.”

Hermann Ludwig von Helmholtz

Péter Maróti

Professor für Biophysik, Universität Szeged, Ungarn

Empfohlene Lehrbücher wie früher in den vorigen Vorlesungen.

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ThemenZerfallsarten von Nukliden mit medizinischer Bedeutung

- Zerfälle einiger wichtiger β- -Strahler- Umwandlungsschemen von β- (Elektron) und β+ (Positron) Strahlern- Zerfallsschema von 60Co (die „Kobaltkanone”)- Die Zerfallsreihe des Molübdens: Entstehen and Zerfall von Technetium

Anwendungsgebiete radioaktiver Isotope in der DiagnostikTracer-Methode (György Hevesy, Nobel Preis 1943)

- Blutvolumenmessung nach der Verdünnungsmethode mit 99mTc-Serumalbumin- Iodisotope in der Prüfung der Schilddrüsenfunktion- Kompartment-Analyse: biologische Ausscheidung der radioaktiv markierten Substanzen - Pharmakokinetik, die effektive Halbwertszeit- Radio-Kardiographie, Bestimmung des relativen Ausstoβvolumens des Herzens- Positronen-Emissions-Tomographie (PET)

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Zerfälle einiger wichtiger β- -Strahlersind häufig verwendete Isotope für Markierungs-zwecke.

und

und sind langlebige Komponenten des von nuklearen Testexplosionen in der Atmosphäre herrührenden radioaktiven Fallouts.

90Y ist ebenfalls radioaktiv mit relativ kürzer Halbwertszeit

Die Besonderheit des Zerfalls ist die begleitende γ-Strahlung.

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Umwandlungsschemen von β- (Elektron) und β+ (Positron) Strahlern

Die β— -Umwandlung von 86Rb (TH = 18,7 Tage) wird gelegentlich zur Untersuchung der Myokarddurchblutung eingesetzt.

Die β+ -Umwandlung von 11C wird in der Positronen-Emission-Tomographie (PET) benutzt.

Das 11C-Atom verliert insgesamt zwei Hüllenelektronen und hat dann eine Kernladungszahl durch β+-Emission.

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Zerfallsschema von 60Co

Energiereiche Gammastrahlen

Aus diesem praktischen Grund werden Gammastrahlen (nicht nur beim 60Ni, sondern ganz allgemein) immer dem Mutternuklid zugeordnet: man spricht von Kobalt-60-Strahlung (Kobaltkanone) auch wenn es nur - um die Gammastrahlung geht, - die vom Tochterkern 60Ni emittiert wird.

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Die „Kobaltkanone”ist ein Therapiegerät in der Medizin zur Bestrahlung von Krebstumoren.Der Behälter ist aus Blei, in dem viele schmale Bohrungen (Röhrchen) raum-fächerartig angeordnet sind, so dass der Fokus ihrer Achsen sich außerhalb des Behälters befindet. Die Bohrungen werden mit kleinen Elementen aus radioaktiven Cobalt-Isotop 60Co gefüllt. Der radioaktive Inhalt ist sehr groß (~ 1000 curie = 37 000 GBq). Am schmaleren Ende des räumlichen Fächers ist der Behälter mit einem beweglichen Verschluss versehen, der nach dem Öffnen die Gammastrahlung in Richtung der Bohrungen freigibt. Die erste Einrichtung wurde 1951 appliziert. Die birnenförmige Form dieses Gerätes, die sich aus der fächerartigen Anordnung der Bohrungen ergibt, hat ihm zu der Bezeichnung Bombe verholfen.Bei der Behandlung werden Gerät und Patient so positioniert, daβ der Fokus der Strahlung den Tumor trifft. Die fächerartige Anordnung dient dazu, den Tumor einer höheren Strahlenbelastung auszusetzen als das Gewebe zwischen Tumor und Gerät. Es handelt sich um eine sehr wirksame (und auch gefährliche) Therapie. In der Vergangenheit kam es schon zu Unfällen mit schweren Folgen. Deshalb werden inzwischen vermehrt die wesentlich teureren Linearbeschleuniger eingesetzt.

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Kobaltkanone an der Universität SzegedDie Strahlungsquelle ist ein 60Co Isotop mit 5,26 Jahre Halbwertszeit. Die radioaktive Ladung gelangt mittels Fernsteuerung in die geeignete Lage. Die Kobaltkanone wird meistens zur Bestrahlung von Tumoren nahe der Oberfläche des Körpers benutzt. Typ: TERAGAM K-01 (SKODA UJP, Tschechei). Technische Angaben: 1,25 MeV die Energie der Strahlung, SSD = 80 cm. Fächer: 15, 30, 45 und 60 Grad. Dosisleistung: ungefähr 200 cGy/min bei SSD = 80 cm. Das Gerät wurde 1998 in Betrieb gesetzt.

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Die Zerfallsreihe des Molybdens:Entstehen and Zerfall von Technetium

Kurzlebige Radionuklide haben den Vorteil, dass

1) für die betreffende Untersuchung nur eine geringe Menge in den Körper eingebracht werden muβ, weil sie sehr aktiv sind und

2) sie verschwinden auch wieder entsprechend schnell, was die Strahlenbelastung des Körpers gering hält.

Nachteil: man kann kurzlebige Radionuklide nicht auf Vorrat halten.

Um jederzeit über diese Substanzen verfügen zu können, benutzt man Mutter-Tochter-Systeme bzw. Radionuklidgeneratoren.

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Generatorsystem zur Gewinnung von 99mTc durch Elution mit NaCl-Lösung

Im Radionuklidgenerator wird aus der radioaktiven Muttersubstanz 99Mo, einem β-Strahler, das Technetium-Isomer 99mTc gewonnen.

Die langlebige Muttersubstanz, Molybdän (nicht wasserlösliches Ammoniummolybdänat, NH4MoO4) auf einem Ionenaustauscher (Al2O3) adsorbiert.

Die entstandene Tochtersubstanz (wasserlösliches Ammoniumpertechnetat, NH4TcO4) kann mit isotoner Kochsaltzlösung eluiert und entnommen werden.

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Periodische Verdünnung (Absaugen) und Nachbildung des Technetiums sowie die Bildung eines Gleichgewichts zwischen

Mutter- und Tochterkernen in einer Basiskultur

Beispiel: Aus dem 99mTc-Radioisotopengenerator kann am ersten Tag um 9 Uhr noch eine Tc-Menge mit einer Aktivität von a(0) = 5 GBq eluiert werden. Welche maximale Aktivität a(2Tage) kann zwei Tage später um 9 Uhr noch eluiert werden? Die Halbwertszeit von 99Mo beträgt 2,8 Tage.

Lösung:

Tage2,8Tage2-

2(0)Tage)2( aa

a(2 Tage) = 3,05 GBq.

2 Tage

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Anwendungsgebiete radioaktiver Isotope in der Diagnostik

• In vitro Laboruntersuchungen (z.B. Messverfahren der kompetitiven Bindung). Sehr genaue Bestimmung der Konzentration von Stoffen (z.B. Hormonen).

• Volumenbestimmung von Körperräumen.• Bestimmung der Isotopverteilung.• Tomographische Verfahren auf der Basis der

radioaktiven Markierung mit Isotopen.

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Tracer-Methode

Die über ca. 600 radioaktiven Tracer werden überwiegend in Kernreaktoren durch Neutronenbeschuss künstlich hergestellt und zum Nachweis kleinster Molekülkonzentrationen in der Medizin benutzt.

Radiopharmaka: chemische Verbindungen, die mit kurzlebigen radioaktiven Isotopen markiert sind; diese werden dem Patienten injiziert oder oral verabreicht.

Das radioaktive Isotop verhält sich bis zu seinem Zerfall chemisch nicht anders als das ihm gleichartige radioinaktive Nuklid.

Eine Anwendung in der Medizin ist die Funktionsprüfung von Organen. Einige Zeit nach der Verabreichung einer radioaktiv markierten Substanz findet man in dem betreffenden Organ eine Anreicherung der radioaktiven Nuklide. Der Abbau der aktivierten Substanz im entsprechenden Organ kann durch die Beobachtung des radioaktiven Zerfalls verfolgt werden.

Georg von HEVESY (1885-1966) Nobelpreis für Chemie (1943)

- Klärung des Begriffes „Isotop”

- Isotopenmarkierung in der Biologie (Botanik)

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Blutvolumenmessung nach der Verdünnungsmethode mit 99mTc-Serumalbumin

Das Blutvolumen wird aus dem Grad der Verdünnung bestimmt, den das injizierte Serumalbumin verdeutlicht.

Die Prozesse sind:

1. Eine Injektion von V Volumen, mit 99mTc markierten Serumalbumin in den Blutkreislauf.

2. Die Herstellung eines Standards aus demselben Serumalbumin mit einer Verdünnung von D.

3. Nach (ungefähr 15-minütiger) Durchmischung des Serumalbumins im Kreislauf wird

a) Blut von V Volumen entnommen und die Aktivität aB gemessen und

b) die Aktivität as der Standardlösung von V Volumen gemessen.

Das Blutvolumen ist:

B

sB a

aVDV

Beispiel: V = 5 ml, die Verdünnng des Albumins (das ist das Standard) beträgt D = 200, und die Aktivitäte sind aB = 103 Bq und as = 5·10-3 Bq. Das Blutvolumen ist VB = 5,0 liter.

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Vereinfachte Zerfallsschemen zweier radioaktiver Jodisotope

Stabiles Isotop ist 127I53

Überschuβ an Neutronen

Neutronenmangel

β--Zerfallβ+-Zerfall: Anstelle einer Positronenemission tritt ein Hüllenelektron in den Kern ein.

Die angeregten Zustände der Folgekerne gehen durch

- γ-Emission aus dem Kern, oder

- eine Fülle von Emission eines Hüllenelektrons (Konversionselektron) aus dem Atom, oder

- Emission von Auger-Elektronen aus dem Atom

in den Grundzustand über.

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Anwendung und Strahlenschutzmaβnahmen der zwei radioaktiven Jodisotope

Einsatz von 131I in diagnostische Organtests der Nuklearmedizin wegen der:

- relativen kurzen Halbwertszeit und der

- relativ energiereichen γ-Quanten.

125I wird im Bereich der biochemischen Forschung zur radioaktiven Markierung von Proteinen eingesetzt.

Die Strahlenschutzmaβnahmen sind

Die Energie der emittierten Teilchen und Quanten ist

gering bedeutend

einfach kompliziert

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Iod in Prüfung der SchilddrüsenfunktionIod wird in der Schilddrüse angelagert. Durch Einnahme von Iodverbindungen, welche die radioaktiven Iodisotope entweder 131I53 (TH = 8,1 Tage) oder 132I53 (TH = 8,1 Tage) enthalten, läβt sich durch Messen der Aktivitätsverteilung die Schilddrüsenfunktion überprüfen.

Eine solche räumliche Aufnahme der Aktivitätsverteilung der künstlichen radioaktiven Nuklide im Körper bezeichnet man als Szintigramm.

Eine wesentliche Bedingung ist, dass das Radiopharmakon auβerhalb des Körpers nachweisbar ist, weshalb nur γ- oder Positronenstrahler als Isotope infrage kommen. Dies ist sowohl beim Iod als auch bei Technetium (99mTc43 , TH = 6 Stunden) gegeben.

Das früher verwendete 131I53 –Isotope mit seinem relativ ungünstigen Strahlungseigenschaften wurde in vielen Bereichen durch andere Radioisotope verdrängt. Sein heute noch überwiegende Haupteinsatzgebiete sind

- die Strahlentherapie von Schilddrüsenerkrankungen,

- die Nierenfunktionsdiagnostik und

- eine spezielle Schilddrüsenstoffwechseluntersuchung (Radio-Iod-Zwei-Phasen-Test).

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Aktivitätsverteilung der Schilddrüsenfunktion

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Strahlenbehandlung der Hyperthyreose

2ln)0()0(

2lnHH TaNTaaNNa

14103 1011,10,69

s3600248,02Bq107,3103)0(

N

g3,28molg154mol10184,0 19 m

Problem: Bei fraktionierter Bestrahlung werden mehrere kleine Radioiodfraktionen (131I) mit Aktivität a(0) von je ca. 3 mCi oral in Form von NaI verabreicht. Wie groβ ist die Masse m des NaI für eine Fraktion (die Halbwertszeit von 131I beträgt tH = 8,02 Tage)?

Lösung: Berechnen wir die erforderliche Anzahl N(0) der 131I-Atome aus der Aktivität a(0)!

Die Stoffmenge in individueller Einheit der Masse:

Die Masse in absoluter Einheit

(1 mol NaI hat die Masse 154 g):

mol10184,0mol1061011,1)0( 9

123

14

A

NNm

Mit Zahlenwerten:

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Kompartment-Analyse:biologische Ausscheidung der radioaktiv

markierten SubstanzenDas Kompartment ist eine makroskopische Materiemenge, die sich kinetisch wie eine gut durchmischte homogene Phase verhält.

Das Kompartment-System besteht aus einer Anzahl von Kompertmenten, die miteinander durch Stoffaustausch in Verbindung stehen.

N1

N2

N3

N4

k12

k21

k13

k31

k14

k41

kij : Stofftransferkoeffizient zwischen Kompartment i und j

Retention

R(t) = Ni(t) / Ni0

das zeitabhängige Verhältnis der Momentanstoffmenge zur Ausgangsstoffmenge in Kompartment i.

Matematische Beschreibung: gekoppelte Differentialgleichungen

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Kompartment-Analyse: Modelle

tkkNNNtN

tkkNNNtN

tN

tN

NkNktN

)(exp)(

)(exp)(

dd

ddd

d

211220222

211210111

12

2211121

n

iii tkatR

1

)exp()(

Zwei Kompartmenten:

Die Retention ist eine einfache Exponentialfunktion.

Mehrere Kompartmenten: Die Retention ist die Summe von mehreren Exponentialfunktionen

oder eine Potenzfunktion

btAtR )(

Innenmedium

(Cytoplasma)Auβenmedium

(Umwelt)

Die Lösung:

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Die Retention von 137Cs (und 134Cs) in verschiedenen Säugetieren und Menschen.

n

iii tkatR

1

)exp()(

Die halblogarithmisch dargestellten Kurven stellen leichtgekrümmte Geraden dar. Dies läβt erkennen, daβ man eine Summe von mehreren Exponentialfunktionen benötigt.

Z.B. beim Menschen bi-exponentialfunktion:

dtdt eetR /0045,0/23,0 84,016,0)(

(d = 1 Tag)

in d (Tagen)

Spürhund

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Vergleich der Retention von verschiedenen Nukliden im Menschen in doppellogarithmischer

Auftragung (t > 1 Tag)

btAtR )(dtdt eetR /0045,0/23,0 84,016,0)(

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Bemerkungen zur Kinetik der biologischen Ausscheidung

Der Substanzaustausch zwischen Blut und Weichteilen ist erheblich schneller als zwischen Blut und Knochen.

Die Retention von 137Cs (und anderer Erdalkalien) wird durch eine Summe vieler Exponentialfunktionen mit stark unterschiedlichen Zeitkonstanten in einem auβerordentlich groβen Zeitraum bestimmt. Dies ist eine Konsequenz des sehr langsamen Austausches zwischen Knochen und Blut. 137Cs verteilt sich einigermaβen gleichförmig im Säugetierorganismus. Es zeigt deshalb das einfachere Retentionsverhalten, bei dem in erster Näherung der gesamte Organismus als einheitliches Kompartment aufgefaβt werden kann.

Im Gegensatz dazu sind 226Ra und 90Sr „Knochensucher”. Sie (mit ihrem chemisch verwandten Element Calcium) sind Bestandteile der mineralischen Komponente des Knochens (vorzugsweise Hydroxylapatit), in Form von Mikrokristalliten in die organische Phase des Knochens eingelagert und gewährleisten dessen mechanische Stabilität. Der sehr komplexe Ionenaustausch zwischen den Mikrokristalliten und ihrer Umgebung stellt einen begrenzenden Faktor für die gesamte Ausscheidung aus dem Organismus dar. Die Retention läβt sich näherungsweise durch eine Potenzfunktion beschreiben.

Die lange Aufenthaltsdauer einmal inkorporierter Radioisotope im Knochen führt zu sehr groβen Strahlendosiswerten in diesem Organ. Als Folge hiervon wurden bereits bei sehr kleinen inkorporierten Mengen Knochentumore beobachtet.

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Pharmakokinetik, die effektive HalbwertszeitAbklingvorgang einer Organaktivität

NdtdN

biol

Die allgemeinen Zeitverläufe einer Organaktivität setzen sichaus mehreren exponentiellen Verläufen zusammen. Im einfachsten Fall ist die Abnahme (Ausscheidung) eines in ein Organ eingebrachten Stoffes proportional zu der im Organ vorhandenen Stoffmenge N:

Die Konstante λbiol ist die Ausscheidungskonstante. Handelt es sich um ein Radiopharmakon, nimmt dessen Stoffmenge zusätzlich durch radioaktive Umwandlung ab, die ebenfalls proportional zur noch vorhandenen Stoffmenge N ist:

NNdtdN

biolphys Hier λphys ist die physikalische Umwandlungskonstante.

StoffwechselRadioaktiver Zerfall

Der Marker kann verschwinden durch

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Die effektive HalbwertszeitAbklingvorgang einer Organaktivität

Die Summe aus physikalischer Umwandlungskonstante und der biologischen Ausscheidungskonstante ist die effektive Zerfallskonstante:

biolphyseff

Die Kinetik der resultierenden Abnahme des Radiopharmakons ist somit:

)exp()0()( eff tNtN

Achtung! Die entsperechenden Halbwertszeiten addieren sich nicht, nur ihre Reziprokwerte:

biolH,physH,effH,

111TTT

Sind die zwei Halbwertszeiten sehr verschieden, wird der Abklingvorgang vom schnelleren Prozeβ mit der kleineren Halbwertszeit bestimmt.

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Beispiele: gleichzeitiger Stoffwechsel und radioaktiver Zerfall

biolH,physH,effH,

111TTT

1. Wie groβ ist die effektive Halbwertszeit von 131I in der Schilddrüse? Die biologische Halbwertszeit (des Stoffwechsels) ist TH,biol = 15 Tage und die Halbwertszeit des radioaktiven Zerfalls ist TH,phys = 8,1 Tage.

Lösung:

Nach Einsetzung der numerischen Werte bekommen wir:

TH,eff = 5,3 Tage

2. Die effektive Halbwertszeit des Fluor-Isotops 18F in Knochen ist TH,eff = 107 Minuten, die physikalische Halbwertszeit ist TH,phys = 1,8 Stunden. Berechnen wir die biologische Halbwertszeit!

Lösung:physH,effH,biolH,

111TTT

Nach Einsetzung der numerischen Werte ergibt sich somit:

TH,biol = 8,0 Tage

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Radiopharmaka im Organismus

RadioisotopVorwiegend

speicherndes Organ

TH, phys (Tage) TH,biol (Tage) TH,eff (Tage)

Ganzkörper 4500 10 10

Ganzkörper 2,1·106 40 40

Knochen 14,28 1500 14,1

Ganzkörper 0,52 30 0,51

Knochen 162,7 6·104 162,3

Knochen 1,04·104 1,8·104 6600

Schilddrüse 0,25 0,5 0,17

Schilddrüse 0,55 120 0,55

Knochen 5,8·105 1,6·104 1,56·104

C146

H31

P3215

K4219

Ca4520

Sr9038

Tcm9943

I12353

Ra22688

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Radio-Kardiographie, Bestimmung des relativen Ausstoβvolumens (Q) des Herzens

BlutVctQc 1

AVcQ Blut /

C1: mittlere Isotopkonzentration bei der ersten Durchblutung

c∞: mittlere Isotopkonzentration nach unendlich vielen Durchblutungen

A: Fläche des Radiokardiogramms (die Re-Zirkulation ist abgenommen)

VBlut:Gesamtvolumen des Blutes

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Positronen-Emissions-Tomographie (PET)Gleichzeitige Information in Form dreidimensionaler Bilder über

- die Anatomie und

- den Funktionszustand (die physiologischen Prozesse) eines ausgewählten Organs des Körpers.

Positronenstrahler wie 11C, 13N, 15O oder 18F werden als Indikatoren zur Markierung von Glukose, Aminosäuren, Fettsäuren und anderen Biomolekülen eingesetzt.

(Unglücklicherweise sind die in organischen Molekülen am häufigsten vorkommenden Atome C, N, O . Es gibt keine anderen für die Nuklearmedizin geeigneten radioaktiven Isotope.)

PET Aufnahme des menschlichen Gehirns mit den Radiopharmaka 18F-FDG

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Einige β+ -Strahler bei PET-UntersuchungenIsotop 11C 13N 15O 18F

Halbwertszeit (Min)

20,3 9,98 2,05 110

Kern-physikalische

Reaktion14N(p,α)→ 11C 16O(p,α)→ 13N 14N(d,n)→ 15O 18O(p,n)→ 18F

Isotop Natürliches Vorkommen

Halbwertszeit Zerfalls-art

Zerfallsenergie (MeV)

Zerfalls-produkt

18FSynthetisches radioaktive Isotop

109.77 Min Elektron-Einfang 1.656 18O

19F 100% F stabil (mit 10 Neutronen)

Fluor-Isotope

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Fluorodeoxyglukose (FDG)

FDG ist ein Glykoseanalog und akkumuliert sich in Gehirn-, Niere- oder Tumorzellen, wo die metabolische Aktivität besonders groβ ist. Die Glykose wird normalerweise phosphoryliert. Zur Phosphorylierung braucht die Glukose ein Oxygen-Atom in der Position 2 (2-deoxy-D-Glukose). Steht aber ein Fluor-Atom in dieser Position, FDG-6-Phosphat, erfolgt als erster Schritt keine Glykolyse und wir müssen auf den radiokativen Zerfall des 18F Atoms warten bis sich das 18F in 18O (schweren Sauerstoff) umwandelt.

Die Verteilung von 18F-FDG kennzeichnet die Verteilungen der Aufnahme der Glykose und der Aktivität der Phosphorylation in den Zellen des Körpers.

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Elektronen-Positronen-Vernichtung (Das Positron entsteht durch β+ -Zerfall)

Ein Positron entsteht durch β+ -Zerfall im Radionuklid.

Neutrino als Nebenprodukt des β+ -Zerfalls

Diffusion des Positrons in seiner Antiwelt: ~ 0,1 mm.

Das Positron trifft sich endlich mit seinem Antipartner, dem Elektron, und beide werden durch Ausstrahlung von zwei γ- Quanta vernichtet.

E > 0,51 MeV

Die Summe der Impulse der Quanta soll Null sein.

E > 0,51 MeV

Unsicherheit der Lagebestimmung

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Das Grundprinzip der PET 24 Szintillationsdetektoren sind (ohne Kollimatoren) in einem Detektorring untereinander durch Koinzidenzschaltungen verbunden. Dadurch wird ermitteltt, auf welchem Detektor die Verbindungslinien zur Positronen-Vernichtungen (A,B) liegen (z.B. A auf der Verbindungslinie der Detektoren 5 und 17). Mit der ringförmigen Anordnungen von Detektoren um den Patienten herum wird eine Vielzahl solcher zu Positronenvernichtungen in hohem Maße registriert. Mit Hilfe mathematischer Algorithmen (Radon-Transformation) läβt sich dann die Verteilung der Quellen in verschiedenen Schnitten berechnen. So können verschiedene physiologische Parameter in ihrer dreidimensionalen Verteilung im Gewebe gemessen werden.

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Technische Einzelheiten: Der Detektor-Block und Detektor-Ring des PET Gerätes

Detektor-Block

Detektor-Ring

Photoelektronenvervielfacher(photomultiplier)

Szintillations-kristalle

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Das Schema des Gerätes

Koinzidenz-Zähler

Annihilation Rekonstruktion der Aufnahme

Sinogram, Bearbeitung und Speicherung der Daten

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Hausaufgaben1. Das von Marie Curie entdeckte Polonium-Isotop 210Po hat eine Halbwertszeit von 138,4 Tage. Welcher Bruchteil von einer gegebenen Anfangsmenge ist 1 Jahr später vorhanden?

2. Bei der Strahlenbehandlung der Hyperthyreose werden bei fraktionierter Bastrahlung mehrere kleine Radioiodfraktionen (131I) mit Aktivitäten a(0) von je etwa 3 mCi (= 1,11·108 Bq) oral in Form von NaI verabreicht. Wie groß ist die Masse des NaI für eine Fraktion? Die Halbwertszeit von 131I beträgt 8,02 Tage.

3. Welcher Bruchteil eines Radionuklids ist nach 4 Halbwertszeiten noch vorhanden?

4. Aus einem 99mTc-Radioisotopengenerator kann am ersten Tag um 9 Uhr noch eine Tc-Menge mit einer Aktivität von a(0) = 5 GBq eluirt werden. Welche maximale Aktivität a(1 Tag) kann einen Tag später um 9 Uhr noch eluirt werden? Die Halbwertszeit von 99Mo beträgt 2,8 Tage.

5. Angenommen das Verhältnis der Konzentrationen von 40K zu 40Ar beträgt in einem Gestein genau 1:1. Wie alt ist das Gestein? 40K wandelt sich mit einer Halbwertszeit von 1,23·109 Jahre in stabiles 40Ar um.

6. Im Uranerzen befindet sich 238U (Halbwertszeit 4,6·109 Jahre) mit den Folgenukliden im radioaktiven Gleichgewicht. Welche Masse 226Ra (Halbwertszeit 1600 Jahre) ist in 1 kg reinem Uran enthalten?

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Hausaufgaben

7. Die Leuchtziffern an Uhren benutzten eine Mischung aus ZnS als Fluoreszenzfarbstoff und 147Pm (Lanthanide Promethium) als Strahlenquelle. Die Halbwertszeit von 147 Pm beträgt 2,5 Jahre. Nach wieviel Jahren ist die Leuchtstärke der Ziffern auf 1/16 abgesunken?

8. Die effektive Halbwertszeit der Fluor-Isotops 18F in Knochen ist 107 Min, die physikalische Halbwertszeit ist 1,8 Std. Wie groß ist die biologische Halbwertszeit?

9. Berechnen Sie die effektive Halbwertszeit von 131I in der Schilddrüse. Die physikalische Halbwertszeit ist 8,1 Tage, und die biologische Halbwertszeit ist 15 Tage.

10. Berechnen Sie die Zerfallskonstante von 99mTc (die Halbwertszeit ist 6,03 Std).

Page 38: Medizinische Anwendungen der Kernstrahlungen und der Radioaktivität „Wenn du fragst, was rechtes Wissen sei, so antworte ich, das, was zum Handeln befähigt.”

Hausaufgaben

11. Die Halbwertszeit von 51Cr24 ist TH = 27,7 Tage. Wie groß ist die Aktivität von m = 1 g Nuklid?

12. Die Halbwertszeit des Radionuklids 42K19 beträgt TH = 12,36 Std. Wie lange dauert die Abnahme der ursprünglichen Aktivität von A0 = 1·108 1/s (Bq) auf den Wert At = 1·105 Bq?

13. Welcher Bruchteil der Aktivität des Isotops der Halbwertszeit von 5 Jahre ist nach 25 Jahren vorhanden?

14. Das 137Cs55 Nuklid zerfällt sich mit TH = 30,17 Jahre Halbwertszeit. Berechne den Zeitbereich während die Aktivität auf 10% der Anfangsaktivität abnimmt.