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Zeitschr. f. Hygiene, Bd. 136, S. 383---391 (1953). (Aus dcm Rober~ Koch-Institut, Berlin.) Meerschweinchen als Typhusbakterienausscheider. Von ~EORG HENNEBERG. Mit 5 Textabbildungen. (Eingegangen am 8. September 1952.) Es bedeutet einen groBen Fortschritt in der Therapie der Infek~ions- krankheiten, dab das Chloromycetin eine spezifische Wirkung gegen Typhusbakterien in vitro und in vivo hat. So konnte gehofft werden, dab damit aueh ein Chemotherapeuticum zur Sanierung der Typhus- bacfllentr~ger vorhanden sei. Die ersten bekannt gewordenen Ergebnisse lauteten entsprechend, fiberall wurde das Chloromycetin in diesem Sinne verwendet, doch ist nun die Versuehszeit mit negativem Ergebnis ~bgeschlossen. ANDERS hat fiir Berlin die ungfinstigen klinischen Erfahrungen zusammengestellt 1. Es ist wohl versaum~ worden, das Bacillentr~gertum a]s einen komplexen Vorgang im Verh~iltnis zwischen Makro- und Mikroorganis- mus anzusehen, und dementspreehend wurden die Resultate der in vitro-Versuehe und die Ergebnisse der Behandlung akuter F~lle in ihrer Bedeutung und 1Jbertragbarkeit fiir das Bacillentr~tgertum iibersch~tzt. Die Griinde fiir das Versagen sind unbekannt. Wir mSchten aber glauben, dab uns Entt~uschungen der genannten Art kfinftig erspart bleiben werden, wenn bei der experimentellen Erprobung yon Chemotherapeu- ticis passende Tierversuehe als ,,Barrieren" eingesehaltet wfirden. Die Vorbilder ftir den genannten speziellen Zweck sind vor etwa 40 Jahren entwiekelt worden, zu einer Zeit, als man hoffte, mit chemischen Stoffen, die meistens als Desinfektionsmittel sieh bew/~hrt hasten, Infektions- krankheiten zu heilen. Noch bevor (]as Ph/inomen des Typhus-Bacillcntr~gcrtums crkannt wurde, hasten BLACKS~1~ und WELe~ e durch i. v. Injektionen yon Typhusbakterien- suspensionen ein Kaninchen infizicrt, bei welchem nach 128 Tagen Typhusbakterien in der Gallenblase nachgewiesen werden konntem DOERR e stellte in eigcnen Ver- suchen lest, dab die intravenSs verabreichten Typhusbakterien fiber die Leber in das Gallensekret tibertreten und in der Gallenblase fortwuchern. J. Koc~ 1~ er- mittelte bci dcrsclbcn Versuchsanordnung, dab der Hauptsitz der Keime dabei das submuc5se Bindegewebe der Gallenblasenschleimhaut ist. Um Therapie- Experimente durchzufiihren, infizierten Co~ltAm 5, HAILER und RI~P~U 7, s Ka- ninchen i.v. mit Typhusbakterien. CONRADI land nach 24 Tagen diese Keime in der Gallenblase wieder. MORGA~ le betrachtete die nach der i.v. Infektion in der GallenbIasenwand sich biidcndcn Bakt~riendepots als embo]isch entstanden. Zcitschr. f. Hygiene, Bd. 136. ~6

Meerschweinchen als Typhusbakterienausscheider

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Zeitschr. f. Hygiene, Bd. 136, S. 383---391 (1953).

(Aus dcm Rober~ Koch-Institut, Berlin.)

Meerschweinchen als Typhusbakterienausscheider. Von

~EORG HENNEBERG.

Mit 5 Textabbildungen.

(Eingegangen am 8. September 1952.)

Es bedeutet einen groBen Fortschritt in der Therapie der Infek~ions- krankheiten, dab das Chloromycetin eine spezifische Wirkung gegen Typhusbakterien in vitro und in vivo hat. So konnte gehofft werden, dab damit aueh ein Chemotherapeuticum zur Sanierung der Typhus- bacfllentr~ger vorhanden sei. Die ersten bekannt gewordenen Ergebnisse lauteten entsprechend, fiberall wurde das Chloromycetin in diesem Sinne verwendet, doch ist nun die Versuehszeit mit negativem Ergebnis ~bgeschlossen. ANDERS hat fiir Berlin die ungfinstigen klinischen Erfahrungen zusammengestellt 1.

Es ist wohl versaum~ worden, das Bacillentr~gertum a]s einen komplexen Vorgang im Verh~iltnis zwischen Makro- und Mikroorganis- mus anzusehen, und dementspreehend wurden die Resultate der in vitro-Versuehe und die Ergebnisse der Behandlung akuter F~lle in ihrer Bedeutung und 1Jbertragbarkeit fiir das Bacillentr~tgertum iibersch~tzt. Die Griinde fiir das Versagen sind unbekannt. Wir mSchten aber glauben, dab uns Entt~uschungen der genannten Art kfinftig erspart bleiben werden, wenn bei der experimentellen Erprobung yon Chemotherapeu- ticis passende Tierversuehe als ,,Barrieren" eingesehaltet wfirden. Die Vorbilder ftir den genannten speziellen Zweck sind vor etwa 40 Jahren entwiekelt worden, zu einer Zeit, als man hoffte, mit chemischen Stoffen, die meistens als Desinfektionsmittel sieh bew/~hrt hasten, Infektions- krankheiten zu heilen.

Noch bevor (]as Ph/inomen des Typhus-Bacillcntr~gcrtums crkannt wurde, hasten BLACKS ~1~ und WELe~ e durch i. v. Injektionen yon Typhusbakterien- suspensionen ein Kaninchen infizicrt, bei welchem nach 128 Tagen Typhusbakterien in der Gallenblase nachgewiesen werden konntem DOERR e stellte in eigcnen Ver- suchen lest, dab die intravenSs verabreichten Typhusbakterien fiber die Leber in das Gallensekret tibertreten und in der Gallenblase fortwuchern. J. Koc~ 1~ er- mittelte bci dcrsclbcn Versuchsanordnung, dab der Hauptsitz der Keime dabei das submuc5se Bindegewebe der Gallenblasenschleimhaut ist. Um Therapie- Experimente durchzufiihren, infizierten Co~ltAm 5, HAILER und RI~P~U 7, s Ka- ninchen i.v. mit Typhusbakterien. CONRADI land nach 24 Tagen diese Keime in der Gallenblase wieder. MORGA~ le betrachtete die nach der i.v. Infektion in der GallenbIasenwand sich biidcndcn Bakt~riendepots als embo]isch entstanden.

Zcitschr. f. Hygiene, Bd. 136. ~6

384 G. HENNEBERG:

Er beurteilte naeh Laparatomie oder Sektion den Erfolg der Infektion auf Grund der Untersuchungen der Gallenblase, nieht dcr Galle. Die Prfifung der Faeces ergab auch nach Anreicherung in Malachitgrfinn~hrboden unzuverl~tssige, racist negative Ergebnisse. Diese Ermitt lungen wurden yon HAILER und UNGERM~-N.N 9 best~tigt, sic hielten den Kanhmhenversuch fiir sehr unvollkommen. Ein Experi- ment mit Ziegen, die i . v . infiziert wurden, verlief negativ. JOHNSTON 1~ hatte bessere Ergebnisse und glaubte, dab im Kaninchen analoge Verhaltnisse zu dcm Typhusbaeillentr~igertum bei Menschen gcschaffen wcrden kSnnen. Bis zum 110. Tag 9. inf. waren Typhusbakterien im Kot zu linden, in der Gallenblase bls zum 30.--60. Tag. BECXWIT~ ~ begann seine chemotherapeutischcn Versuche an den i. v. infizielCen Kaninchen erst nach einer Fris~ yon 8--14 Tagen, bis sieh das anfangs abgesunkene Gewieht der Tiere wieder normalisiert hatte und damit die Folgen der akuten Infektion verklungen waren. Dcr Pr0zentsatz der typhus- positiven Tiere nach der i. v. Infektion soll sich mit dem benntzten Typhusstamm ~indern k6nnen. Die Priifung der Faeces auf einen Typhusbakterienbefund wurde wegen der Unregelm~iBigkeit der Ausscheidung lficht als mal~geblich angcsehen. Die gegebenenfalls vorhandenen Typhusbakterien k6nnten bei der Darmpassage vermindert oder aueh vollst~indig abgetiitet werden.

UBLENftUTH und I~IESSERSCIIMID 17, 18 benutzten bei therapeutischen Ver- suchen Kaninchen, die sic durch direkte Infektion der Gallenblase rait Typhus- bakterien rcgelm~13ig zu Bacfllentr~gcrn machtem Dcr Gallenblase wird Gallc entnommen, dafiir 0,5 cm 3 Typhusbakteriensuspension eingespritzt. Der Fundus wird mit einem Catgutfaden abgeknotet, was sp~ter unterblieb ~8. In dem Kot der Kaninchen erschienen Typhusbakterien, doch nicht rcgelmiiBig genug, so dal~ das Endergebnis durch die kulture]le Priifung der bei der Sektion anfallenden Galle und Gallenblase gegeben wurde. Die Autoren erwiihnen Experiment6 yon FORSTER, der die direkte Gallenblaseninfektion mit typhusgetr~nktem Bimsstein vornabm. EnRET nnd STOLZ experimentierten mit Hunden, die durch Bakterieninjektionen in die Gallenblase infiziert worden waren. MARXER 15 versenkte typhusinfizieI4c Korkstiickehen in die Gallenblase yon Hunden und erreiehte ein Bacillentr~gertum his zu 4 Jahren. In einer kritisehen Zus~mmenstellung hielten HA~L~Z und U~'GER- MAN~, "1~ auch die direkte Beimpfnng der Gallenblase yon Kaninchen mit Typhus- bakterien zur tterstellung yon Versuchsobjekten am geeignetsten. Dabei ent- wlckelte sich ehm chronische Infektion, die zwar in ihren Erscheinungen andcrs als bei den l~Ienschen geartet ist, aber fiir die Anforderungen des Chemotherapeuten paBt. Entsprechende Versuche yon FRI~EEL mit Meersehweinchen ~'erden nur erwahnt, doch sollten diese Tiere ffir Therapie-Experimente ungeeigneter sein. Die Infektion der Kanincben war auch bei dem direkten Weg fiber die Gallenblase nicht absolut zuverliissig, doch waren die Tiere wahrend der ersten 4 Wochen bis zu 93% Bacillentriiger. ]~ei einem gro~en Teil der Kaninehen waren Typhus- bakterien noch wesentlich l~inger in den Organen naehzuweisen, bei einem Tier bis zum 217. Tag. Nur die Sektion soll ffir den Bakteriennaehweis aussehlaggebend sein, die Bcfunde der Kotuntersuchungen waren zu unregelmal~ig. Das lange Ver- weilen der Typhusbakterien im Organismus, d. h. vor allem in der Gallenbl~sen- wand, wird auf die durch den olserativen Eingriff verursaehten pathologisehen entzfindliehen Ver~nderungen in nnd an der Gallenblase zurfiekgeffihrt. I)iese Verh~ltnisse erschweren die Therapie ganz besonders, was durehaus ffir den chemo- therapeutischen Versuch in Analogie zu dem Bacillentr~igertum bei Menschen wesentlich sein kamL Die i. v. Typhusinfektion dcr Kaninchen soll wahrscheinlich geringere Schwierigkeiten in der genannten ttinsieht bieten. Diese Ansichten werden yon H~LER und WOLF ~, sp~ter yon LE,NTZ, I4~LER und WOLF ~ noehmals best~tigt. V E N E ~ ~ verringerte die naeh der Operation entstandenen patho-

Meerschweinehen als Typhusbakterienausseheider. 385

logischen Vergnderungen, indem er die Stiehwunde in der Gallenblase nicht mit Catgut abband, sondern mit einer gliihenden Pinzette koagulierte. Um die natiir- lichen Verh~ltnisse bei einer ]nfektion starker nachzuahmen, werden die Kaniu- chen am Tage vor der Gallenblaseninjektion i. v. mit Typhusbakterien vorinfiziert. Die Ergebnisse der Experimente waren recht gut, bei den Sektionen wurden Typhusbakterien in der Galle nachgewiesen, wenn auch die Dauer des Baeillen- tr~gertums individuell wechselte. ]~ECXWITI~ a, 4 benutzte die direkte Gallenblasen- infektion, doeh nahm auch er kehle Absehniirung der Infektions-Stichstelle vor. Die Typhusbakterien gelangen auf Grund seiner Versuchsergebnisse aus dem Gallenblaseninhalt dutch die Blasenwand in den Lymphstrom und verteilen sich auf diesem Wege in die anderen Organe.

I m Verlauf unserer Arbeiten* mit antibiotischen Stoffen waren wit unabhgngig yon den Ergebnissen der oben genannten Autoren, die sich aber auch vorzugsweise mit Kaninchen als Versuchsobjektea befagten, dazu fibergegangen, 5[eersehweinehen din'oh Infektion mit Typhusbak- terien zu Baeillenausscheidern zu machen. Auf Grund yon Vorversuehen, die mit insgesamt 64 Meerschweinchen im Gewieht yon etwa 300 g durchgeffihrt worden waren, ermittelten wit folgendes:

Zur Infektion der Tiere eignete sich der Typhusstamm unseres Institutes 3655, der 0-, H- und Vi-Antigene besitzt.

Bei ordnungsgem~il] durchgefiihrter Infektion iiberlebten die Tiere den Operationsschock und die Infektion mit den Typhusbakterien so gut, dal~ ~uterlich keine Reaktion wahrzunehmen war. Wenn aber die 0perationseingriffe bei der Infektion nicht glatt verliefen, starb ein betr~ichtlicher Teil der Tiere in den ersten ]4 Tagen. Diese Tiere zeigten regelmiigig in den verschiedenen Organen einen kulturell positivel~ Ty.-Befund.

Zur In/ektion der Gallenblase bewghrte sieh foigende Methode: Dem gthernarkotisierten Tier wird etwa ~ cm rechts yon der linea a l b a unterhalb des Sternums mit einer kleinen Abwinkelung nach unten augen ein Schnitt angelegt, yon dem es einfach ist, die Gallenblase unter dem Leberlappen zu suchen. Nach Iterausziehen der Gallenblase wird der untere spitze Blasenpol mit einer Schlinge umlegt. Mit einer Kanfile, die durch die offene Schlinge hindurehgeht, wird die Gallenblase mit Ty.-Bakterien infizier~. Dabei werden 0,1 cm a einer 24 stfindigen Bouillon- kultur eingebracht. Die Entlastung der Gallenblase durch Absaugeu yon Gallenflfissigkeit erwies sich als nieht notwendig; wit haben vielmehr den Eindruck, dab ohne sie die Infektion also der gesamten Gallen- flfissigkeit besser angeht'. Bei dem Herausziehen der Kaniile wird die Schlinge geschlossen, es tri t t dabei keine Fliissigkeit aus. Ein Koagu- lationsverschlufl wiirde aueh genfigen, so da~ die Catgutsehlinge weg- fallen kann. Die Bauchwunde wird durch N~hte verschlossen und mit Mastix iiberstrichen.

* Die Experimente betreute die Teehnisehe Assistentin Frgulein ]LS~ WOLFF. 26*

386 G. HENNEBERG:

Am 4. und 5. Tag naeh der Operation lohnt es sieh noch night., Not und Urin auf Typhusbakteriengehalt zu untersuchen. Der Termin um den 14. Tag gibt fiber das Angehen der In/ekt ion ein deutliehes Bfld. Um die Versuchsgruppen m6glichst zuverl~ssig beurteilen zu k6nnen, wird die Entseheidung, ob ein Baeillenausseheidertum vorliegt, etwa am 30. Tag gef~llt. Kontrolluntersuchungen finden in groBer Zahl auch zu anderen Zeiten start. Die Tiere warden zu diesen Terminen in M~usegl~ser (Durchmesser 16 am) gesetzt. Der anfallende Kot und Urin werden miteinander vermiseht (etwa 0,5 em a) zum Naehweis der Typhus- bakterien aufgearbeitet. In Selenitbriihe findet eine Anreieherung start,

naeh 18 Std und bei negativer Kul tur nach Me~ 86. gg Ta~ not/) i/nf 203! + + + + +

2033 + + + + +

2035 + + o o o

2039 o o + 0 + T~r +"

20~0 o o o o o

+ ry.ba~ nachgew/ese,7 o . zich/nach&w/vsez

Abb. 1. Russehetdung yon Typhusbakterien.

etwa 48 Std wird dig Aussaat auf Endo-Agar vorgenommen. Von einer direkten Kultur ohne Anreicherung wird abgesehen.

Die Widal-Untersuchungen des Blutes - - durch Punktion entnommen - - laufen parallel zu dem kulturellen Naehweis.

Bei der Sektion yon gestorbenen oder getSteten Tieren empfiehlt es sigh, die Gallen- blase, Gallenflfissigkeit, Herzblut, Leber,

Niere, Knoehenmark, Diinndarminhalt, Dickdarminhalt nach Selenit- Anreicherung auf Typhusbakterien zu untersuehen. Diese Priifung kann nieht umfangreiGh genug sein. Die operativ gesetzte Infektion der Gallen- blase des Meerschweinchens fiihrt zu starken geweblichen Veranderungen im AnsehluB an die Entzfindung.

Als Beispiel der , ,Launenhaf t igke i t" in der Ausscheidung yon Typhus- bakterien mSgen folgende Beobaehtungen gelten: Bei 5 infizierten Meer- sehweinchen ~ r d e n am 84.--88. Tag p. inf. Kulturen zum Nachweis yon Typhusbakterien angelegt. Zwei Tiere waren stets positiv, ein Tier stets negativ, aber am 106. Tag einmal voriibergehend positiv. Zwei weitere Tiere waren unregelmi~gig positiv (Abb. 1).

Diese Ergebnisse zeigen, wie wenig sieher die Aussage ,,Keine Typhusbakterien nachgewiesen" - - mindestens bel einer zu geringen Anzahl von Prfifungen - - ist. Typhusbakterien erscheinen, ohne d a b eine Gesetzm~Bigkeit erkennbar ist, sehr individuell bei den einzelnen Tieren in Kot und Urin, so dab alle M6glichkeiten der Regelm/iBigkelt bis zum sporadisehen Befund vorhanden sind; Beobaehtungen, die vSllig denen bei mensehliehen Bacillenausscheidern entspreehen. Es kann zu frfihen aber aueh zu sp~ten Selbstsanierungen kommen. Dies gesehieht h~ufiger bei den Tieren in sehr lange beobaehteten Gruppen, z. B. bis zum 136. Tag.

Der Verlauf der Widal-Kurven ist ebenfalls sehr individuell (Abb. 2). Die Titer-Kurven der Meerschweincheh 2691, 1178, 1184, 1237 stammen

Meerschweinchen als Typhusbakterienausscheider. 387

yon Tieren, bei denen fast regelmgt]ig Typhusbakterien aus dem Urin- Kotgemisch geziichtet worden waren. Trotz der positiven Bakterien- befunde sinkt der Titer bei 9.691 eindeutig naeh der 8. Woehe ab, dies gilt ebenfalls fiir die 14. Woehe bei Mee 1178 (Abb. 2).

Bei dem Mee 1113 werden nur zweimal Bakterien gefunden, der Widal ist nur ganz vorfibergehend (3. Woehe) 1:100 + . Andererseits besteht eine versehieden starke Disharmonie zwischen dem Widal- kurvenablaus und Bakterienbefund bei den Tieren 1173, 1142 (Abb. 3).

dnlersuchungslermine in Pv'ochen nach der In fek l ion

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Abb. 2.

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Abb. 3. Agglut inat ionst i ter und Typhusbakter ienausscheidung.

Eine vergleichende Betrachtung der kulturellen und serologisehen Befunde veranlaflte uns, beide Reaktionen stets nebeneinander aus. zuffihren, da in den allermeisten Fgllen eine ~bere/nstimmung unter den Befunden besteht und bei positivem ~Vidal besonders naeh dem Vorhandensein yon Typhusbakterien gefahndet werden mull. Bei den kulturellen Untersuchungen der Organe waren Leber, Lunge, Kzloehen- mark stets negativ, am meisten der Dfinndarminhalt und die Gallen- flfissigkeit positiv. Anfangs wurde die Gallenblase nicht mituntersueht.

Auf Grund unserer Erfahrungen in den Vorversuehen konnten chemotherapeutisehe Versuehe, fiber die spgter zu beriehten ist, an typhusinfizierten Meersehweinehen, die sieh als Bakterienausseheider erwiesen batten, angesetzb werden. Im folgenden haben wir die Ergeb- nisse zusammengestellt, die sieh aus den Versuehen bei Tieren ergaben, die als Kontrollen liefen oder bei denen Aussagen allgemeiner Art vor oder nach Ablauf eines ehemotheralaeutisehen Versuehes gemacht werden konnten.

388 G. I-IENsEB~R~ :

Insgesamt wurden 96 Tiere mit Typhusbakterien infiziert, die ffir die genannten Betrachtungen herangezogen werden kSnnen. Von diesen starben naeh der Operation 14, 82 Tiere iiberlebten den 14. Tag. Von diesen liefen 22 als Kontrollen unbehandelt weiter. Unter den Kon. Srollierten waren 3 ohne positive kulturelle und serologisehe Befunde bei einer Beobaehtungszeit yon 65 Tagen; auffallenderweise befinden sich diese 3 Tiere in einer Versuchsgruppe. Ein Tier war nur einmal (am 15. Tag) in der Ausscheidung positiv, bei negativem Widal . Somit bleiben 18 Tiere, die 14 Tage nach der Operation und sparer sowohl serologisch als auch kulturell positiv waren. Bei 2 Tieren trat eine spon- tane Sanierung ein, nachdem am 15. bzw. 22. Tag zum letztenmal Typhusbakterien nachgewiesen worden waren. Derartige ,,Zwischen- f~ille" sind bei der Auswertung chemotherapeutischer Experimente zu beachten und werden wahrscheinlieh nie zu vermeiden sein.

Unser oben bereits genannter Stichtag um den 30. Tag nach der Operation ist naeh Vornahme der entspreehenden kulturellen und sero- logisehen Untersuchungen zweckdienlich. Erst nach Feststellung der Er- gebnisse dieser Priifungen kann mit grS~erer Sicherheit ffir Vergleichs- versuche die Zusammenstellung der Tiere in einzelnen Gruppen erfolgen.

Die Befunde der 22 Kontrolltiere zeigt Tab. 1.

Tabelle 1.

: ~ f e e r s c h w e i n c h e n L e t z t e r T a g Die Tiere w a r e n a m x . T a g Nr. mit positivem

Typhu sbakterienbcfund get~itet gestorben

1101 1104 1116 1172 1113 1236 1109 1224 2689 1111 1107 1237 1121 1102 1106 1715 1173 2691 1142 1195 i 1184 1178

0 0 0

14; 15. 15, 22. 27. 29. 30. 33. 47. 50. 65. 65. 65. 72. 76. 81. 87.

103. 114.

65. 65. 65.

65. 65. 65.

114. 76.

114. 114.

21. 58. 30. 46. 27. 29. 30. 33. 47. 50.

81. 87.

Meersehweinchen als Typhusb~kterienausschcider. 389

Am Todestag waren noch 13 Mee kulturell positiv. 15 waren kulturell positiv noeh nach dem 27. Tag. I)er TStungstag des Tieres ist hgufig der Termin der letzten positiven Befunde, und eine genaue Ermittlung der tatsgehliehen Ausseheidungsdauer ist daher nieht mSglieh; diese

UntersuchunEsterm/ne in ~Een nach der / n f e h f i o n 12 ~ ~ 18 20 22 g# 26 28 30 32 3~ 3~ 3g

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Abb. 4.

Untersuchunqstermz'ne 1"17 ~.qe.rz nach deP /nfekfz'an 7 9 11 I3 15 17 19 21 23 25 27 29

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1 : 2 0 0 ~ - ~ - V " ~~ positive Ausscheidunq

1:1~176 t ! I I to ~e~at~ve ,, - 1

': ri : = ; , I t i ] ! I ' H Abb. 5. Agglutinationstlter und Typhusbaktcrienausscheidung.

Feststellung war aueh in dieser Versuchsserie nicht beabsiehtigt. Als Beispiele gfinstiger Fglle werden die Termine und Ergebnisse der Unter- suchungen der Tiere 1178 (Abb. 4) und 2651 (Abb. 5) dargestellt. Das Zusammenspiel yon kulturellen und serologischen Befunden ist be- merkenswert.

Bei Tieren, die vor dem chemotherapeutischen Versuch standen, konnte festgestellt werden, dab unter 43 Meersehweinchen 38 am 30. Tag und folgende positive Bakterienbefunde hatten, Unter Versuchs.

390 G. HE~ERG:

tieren, bei denen chemotherapeutische Experimente abliefen, fanden wir z. B. bei 15 Tieren am 100.--114. Tag, bei 4 Tieren am 81.--91. Tag, bei 4 Tieren am 61 .--76. Tag und bei 7 Tieren am 47.--55. Tag Typhus- bakterien.

Die bei der Sektion anfallenden Organe bei Tieren, die verschieden auf den Infektionsproze] reagiert hatten (positive kulturelle Aus- soheidung bei positiver oder negativer Widal-Reaktion), wurden histo- logisch untersucht, um den ehronischen Ablauf der spezifisehen Ent- ziindung im Gewebe festzuste]len, gegebenenfalls das Baeillentr~gertum zu belegen oder auch den :Nachweis yon Bakterien im Gewebe zti fiihren. Es handelt sich um einen vorl~ufigen Protokollauszug sparer noch ein- gehender zu besprechender Ergebnisse. Die Befunde wurden yon un- serem Mitarbeiter Dr. HF,~B~,RT VOSS erhoben.

Die Gallenblase ist meist klein und stark bindegewebig verdickt/ Die Galleng~nge haufig stark gestaut. Der Inhalt der Gallenblase meist sehleimig-klar.

Im mikroskopisehen Bfld sind die ~uBeren Wandteile h~ufig stark bindegewebig verdickt (Fibrose), die Muskulatur oft durch das Binde- gewebe auseinandergesprengt. Die Schleimhaut meist stark in Falten gelegt, die oft 5dematSs aufgequollen und hyper~misch sind. Die Sub- mueosa ist rundzellig infiltriert. Mitunter erscheinen Retentionscysten submucSser Drfisen yon wechselnder GrS~e.

Die Zeber zeigt mikroskopisch eine feintropfige Verfettung der peripheren L~ppchenanteile. Gelegentlich besteht eine umschriebene st~irkste totale Verfettung yon L~ppchengruppen, namentlich im Bereich des Gallenblasenbettes bei starker Cholecystitis. Wechselnde periportale Rundzelleninfiltrate sind vorhanden. Es treten mfliare, tells lympho- eyt~re, tefls leukocyt~ire oder gemischte Infiltrate auf, au~erdem finden sieh miliare Nekrosen, mitunter mit entzfindlichem Randsaum, zum Tell in Form der sogenannten eosinophilen Nekrosen mit ~berf~rbbarkeit des Cytoplasmas ftir Eosin und hyperchromatisehen, pyknotischen Kernen. Lokale bindegewebige Verdickungen der Leberkapsel sind Reaktionen nach 5rtlicher Peritonitis (Perihepatitis). In den letzteren Bereiehen sieht man oft st~rkere Gallengangswucherungen.

\

Die Mesenterial-Lymphknoten sind h~ufig stark vergrSBei% (bis gut bohnengro~), gelegentlich in Ketten geordnet. Im mikroskopisehen Biid erscheinen die Intermedi~r- und Randsinus meist stark verbreitert; die Reticuloendothelien sind h~ufig vermehrt, geschwollen, losgelSst. Es sind Zeiehen yon Phagocytose vorhanden, die Reaktionszentren sind sehr groB, vorwiegend aus groBen, hellen, reticul~ren Elementen auf- gebaut. Vereinzelt finder man Andeutungen beginnender Bindegewebs- entwicklung im Innern der Lymphknoten sowie Verst~rkung der Bindegewebskapsel.

Meerschweinehen als Typhusbakterienausscheider. 391

Die p a t h o l o g i s e h - a n a t o m i s c h e n B e f u n d e l ieBen das B i l d e iner cb ro -

n ischen Cho lecys t i t i s m i t m e h r o d e r w e n i g e r s t a r k e r B e t e i l i g u n g des

u m g e b e n d e n G e w e b e s u n d a n d e r e r O r g a n e e r k e n n e n . D a m i t is t e r n e u t gezeigt , d a b d u r c h die T y p h u s i n f e k t i o n de r Ga l l enb la se Zus t i i nde

geschaffen w u r d e n , die e inen Verg l e i ch mi~ d e n Verhi~Itnissen be i d e m

T y p h u s b a e i l l e n a u s s c h e i d e r t u m zulassen.

Zusammen~assmJg .

E s ge l ing t , n a c h I n f e k t i o n de r Ga l l enb l a se y o n M e e r s c h w e i n c h e a

den Z u s t a n d e ines T y p h u s b a k t e r i e n a u s s c h e i d e r t u m s he rzus t e l l en . D a

der E r f o l g y o n i n d i v i d u e l l e n F a k t o r e n a b h ~ n g i g ist, w i r d e m p f o h l e n ,

durch h~uf ige P r i i f u n g de r A u s s c h e i d u n g in K o t u n d U r i n u n d i m W i d a l

die M e e r s c h w e i n c h e n e r s t 30 T a g e n a c h d e r I n f e k t i o n ffir c h e m o t h e r a -

peu t i s che V e r s u c h e zu bes~ immen. E n t s c h e i d e n d s ind d ie T y p h u s :

b a k t e r i e n - K o n t r o l l e n d e r O r g a n e n a c h de r Sek t ion . Z u r E r p r o b u n g y o n c h e m o t h e r a p e u t i s c h e n M i t t e l n w e r d e n E x -

per i rnen te m i t T y p h u s b a k t e r i e n a u s s c h e i d e n d e n M e e r s c h w e i n c h e n an-

ge ra t en .

L i t e r a t u r .

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Prof. Dr. reed. G. HENNEB~;R(~, Berlin-Dahlem, Wachtelstral3e 15.