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Think Tank Patientensicherheit Schweiz Nr. 2 Mehr Patientensicherheit durch Design: Systemische Lösungen fürs Spital Irene Kobler Prof. Dr. David Schwappach

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Think Tank Patientensicherheit Schweiz

Nr. 2

Mehr Patientensicherheitdurch Design:

Systemische Lösungen fürs Spital

Irene KoblerProf. Dr. David Schwappach

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Think Tank Nr. 2 «Mehr Patientensicherheit durch Design: Systemische Lösungen fürs Spital» 03

INHALT

Dank 03

Einleitendes Vorwort 04

Einführung ins Thema 061 Licht 122 Ruhe 153 Unterbrechungen 184 Standardisierung 215 Einhalten von Sicherheitsregeln 24

Strukturelle und prozedurale Massnahmen 27

Literatur 28

Impressum 31

Wir bedanken uns bei den Teilnehmern der Expertengruppe für ihr Engagement und ihre wertvollen Inputs. Ebenfalls bedanken wir uns namentlich bei Dr. Dirk Hüske-Kraus, Dr. Anna Mascherek, Dr. Yvonne Pfeiffer, Prof. Dr. Hans Ulrich Rothen und Ute Ziegler für Feedback zu einer früheren Fassung der Broschüre. Beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) bedanken wir uns für die finanzielle Unterstützung.

DANKHinweis: Die verwendetengeschlechtsspezifischen Bezeichnungen gelten immerfür beide Geschlechter. Aus Gründen der Übersicht-lichkeit und besseren Les-barkeit des Textes wird nureine Form verwendet.

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04 Think Tank Nr. 2 «Mehr Patientensicherheit durch Design: Systemische Lösungen fürs Spital»

EINLEITENDES VORWORT

Ein Spital ist ein komplexes System: Viele ver-schiedene Personen arbeiten zusammen undüben, oftmals unter Zeitdruck, anspruchsvolleTätigkeiten aus. Dabei passieren Fehler. Medi-zinische Fehler unterlaufen zwar schlussend-lich immer Individuen oder Teams, haben ihrenUrsprung aber regelmässig im Zusammenwir-ken von Mensch und Umgebung (1). Sicherheitist also die Eigenschaft eines Systems und nichtvon Individuen. Da sie einen grossen Einfluss aufmenschliches Verhalten haben kann, begünstigteine schlecht designte Arbeitsumgebung unterdiesen Bedingungen vermeidbare unerwünschteEreignisse wie Infektionen, Stürze und Ver-wechslungen (2-4). Auf systemischer Ebenekann gutes Design hingegen helfen, fehlerar-mes Handeln zu unterstützen und das Poten-zial der Menschen bestmöglich zu nutzen.

In der Praxis bedeutet dies, Infrastrukturen,insbesondere die Arbeitsumgebung der Fach-kräfte, so zu gestalten, dass medizinische Feh-ler minimiert oder verunmöglicht werden. Zum Teil sind diese Lösungen mit Neubautenoder Umbauten verbunden. Jedoch existiertauch eine Vielzahl von Verbesserungsansät-zen, die niederschwellig im Spitalalltag imple-mentiert werden können.

Das Wichtigste einer Designintervention aufSystemebene ist eine umfassende Analysefehlerbegünstigender Faktoren und Rahmen-bedingungen, die die Patientensicherheit beeinträchtigen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine Intervention im Rahmeneines Neu-/Umbaus oder im bestehenden Spitalbetrieb handelt. Bei einem Projekt zurVerbesserung des Designs zur Erhöhung derPatientensicherheit steht folgende Frage imZentrum: Welche Faktoren und Rahmenbedin-gungen begünstigen derzeit vermeidbare un-erwünschte Ereignisse? Daraus können dannDetailfragen abgeleitet werden. Ein möglicherWeg, um ungünstige Faktoren bezogen auf das Design zu identifizieren, sind sogenanntePatient Safety Executive Walkarounds. DieseRundgänge ermöglichen allen Beteiligten, sichmit den konkreten Arbeitsbedingungen ver-traut zu machen, und unterstützen das Ge-spräch zwischen Führungspersonen, Planern,Architekten, Designern und dem Fachpersonal,das täglich Sicherheitsprobleme erlebt und be-obachtet. Natürlich ist nicht bei jedem Projektzur Verbesserung des Designs eine vollständigeAnalyse nötig, da viele Probleme bereits bekanntsind und für alle Spitäler gelten.

Hat man die Möglichkeit, Patientensicherheitin einen Neubau «hineinzudesignen», ist eswichtig, dass das Thema von Beginn an mitge-dacht und integriert wird (6), ähnlich wie beimBrandschutz. Da für die Patientensicherheit je-doch wenig Normen und Vorgaben existieren,wird sie in der Planungs- und Bauphase oftnicht oder zu wenig explizit berücksichtigt. Anjali et al. (2012) haben diesbezüglich eine«Safe Design Roadmap» entwickelt. DieseListe unterstützt Entscheidungsträger darin,Patientensicherheit über das Design zu inte-grieren. Schlüsselfragen zu jeder Bauphasehelfen dabei, Patientensicherheit von der Pla-nung bis zur Umsetzung zu berücksichtigen (6).

Trotz dieser Erkenntnisse ist der Ansatz, «Patientensicherheit in ein Spital hineinzu- designen» in der Schweiz noch kaum verbrei-tet. Dies ist erstaunlich, da vermeidbare un-erwünschte Ereignisse nicht nur grossesmenschliches Leid verursachen, sondern auchhohe finanzielle Kosten nach sich ziehen.

Menschen verhalten sich nicht immer ungeschickt, aber sie tendieren dazu, wenn Dinge schlechtkonzipiert und designt sind. (5)

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Think Tank Nr. 2 «Mehr Patientensicherheit durch Design: Systemische Lösungen fürs Spital» 05

Wenn man die Folgekosten von vermeidbarenunerwünschten Ereignissen berücksichtigt,können auch hohe Investitionen in Bau und Architektur lohnenswert sein.

Auch im Cirrnet (Netzwerk lokaler Fehlermel-desysteme der Schweiz) werden immer wie-der Fälle gemeldet, bei denen bauliche undDesignmassnahmen ein Risiko für die Patien-tensicherheit darstellten. In einigen Fällen gabdies Anlass zu Quick Alerts1. Beispielsweisewurde im Quick Alert Nr. 16 vor einer «Gefahrdurch Türen» gewarnt (Download unterwww.patientensicherheit.ch).

Die Stiftung Patientensicherheit Schweiz hatdas Projekt «Mehr Patientensicherheit durchDesign: Systemische Lösungen fürs Spital»lanciert, um dieses Thema für die Praxis auf-zubereiten. Die vorliegende Broschüre ist einErgebnis dieses Projekts. Die Inhalte wurdenauf der Grundlage eines Literaturreviews undzweier Expertendiskussionen erstellt.

Die Broschüre führt zentrale Bereiche auf, indenen Design einen konkreten und nachge-wiesenen Einfluss auf Patientensicherheithaben kann, und gibt Tipps zur Erarbeitungvon Lösungsmassnahmen fürs Spital. Ziel istes, medizinisches Fachpersonal sowie Archi-tekten, Designer, Qualitätsmanager, Patienten-sicherheitsexperten, Spitalleitungen undandere Führungspersonen auf die Verbindungvon Design und Patientensicherheit aufmerk-sam zu machen und aufzuzeigen, wie De-signmassnahmen zur Verbesserung der Patientensicherheit beitragen können. Wirmöchten damit der Bedeutung von räumlichenund gestalterischen Strukturen für die Ver-besserung der Patientensicherheit Nachdruckverleihen.

Bitte beachten Sie, dass die klinischen Aspekte der in den Beispielen aufgeführtenvermeidbaren unerwünschten Ereignisse nichtim Detail beschrieben werden, da der medizi-nische Kontext in diesem Zusammenhangnicht im Fokus steht.

Signifikante Verbesserungen der Patientensicherheit werden nur durchsystemische Ansätze und strukturelleReduktion von Risiken erreicht.

Folgende Expertinnen und Experten haben an den Diskussionen teilgenommen:

• Minou Afzali, Hochschule der Künste Bern HKB• Yvonne Biri, Kantonsspital Baden• Felix Bohn, Schweizerische Fachstelle für behindertengerechtes Bauen

• Dr. Volker Büche, Universitätsspital Basel• Dr. Ute Buschmann, Luzerner Kantonsspital und Vorstand SQMH

• Susanna Caravatti-Felchlin, UniversitätsSpital Zürich• Prof. Dr. Brigitta Danuser, Institut universitaire romand de Santé au Travail

• Dr. Frank Faulhaber, Universitäts-Kinderspital Zürich • Prof. Dr. Pietro Giovanoli, UniversitätsSpital Zürich• Prof. PD.Dr. Tom Guthknecht / Spitalzentrum Biel• Dr. Dirk Hüske-Kraus, Philips Medizin Systeme (D)• Irene Kobler, Patientensicherheit Schweiz (Moderation)• Dr. Nicolò Luppino, Laborplaner Tonelli AG• Heinrich Messmer, Institut für Beratung im Gesundheitswesen

• Sebastian Meuschke, Metron Architektur AG• Marlis Pfändler-Poletti, Universitäts-Kinderspital Zürich • Isabelle Praplan, H+ Die Spitäler der Schweiz• Dr. Yvonne Pfeiffer, Patientensicherheit Schweiz• Prof. Dr. Hans Ulrich Rothen, Insel Gruppe Bern• Simon Schüpbach, Ingenieur Hospital Schweiz• Prof. Dr. David Schwappach, Patientensicherheit Schweiz

• Anna Suter, Insel Gruppe Bern• Michael Wehrli, Universitätsspital Basel• Markus Wiegand, Wiegand AG• Ute Ziegler, Technik & Architektur Hochschule Luzern1 Quick Alerts sind Verbesserungsempfehlungen und

Warnhinweise aufgrund einzelner, relevanter und gut eingrenzbarer Probleme in der Patientensicherheit.

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EINFÜHRUNG INS THEMA

PATIENTENSICHERHEITUnter Patientensicherheit wird «die Vermei-dung, Prävention und Verbesserung von uner-wünschten Ereignissen oder Schädigungen, diesich aus dem Behandlungsprozess ergeben»verstanden (7). Diese Definition ist heute aner-kannt. Innerhalb dieser Definition wird zwischenfolgenden zentralen Begriffen unterschieden:

Fehler: Unter einem medizinischen Fehler(medical error) versteht man eine Handlungoder ein Unterlassen, bei dem eine Abwei-chung von einem vorhandenen Plan (Ausfüh-rungsfehler), ein falscher Plan oder kein Planvorliegt (Planungsfehler). Der Fehler kann,muss aber nicht zu einer Schädigung führen.Beispiel: Bei der Visite werden beim Verordnenvon Penicillin die Warnhinweise «Allergie» inder Patientenakte übersehen; dieser Fehlerkann zu einer Schädigung führen (8).

Ein unerwünschtes Ereignis ist eine Schädi-gung, die auf das medizinische Managementund nicht auf die Erkrankung eines Patientenzurückzuführen ist. Ein unerwünschtes Ereigniskann das Ergebnis eines Fehlers sein. Beispiel:starke Hautreaktion nach Penicillingabe (8).

Vermeidbares unerwünschtes Ereignis:Hier ist eine Schädigung eines Patienten ge-meint, die immer auf einen Fehler zurück-zuführen ist. Beispielsweise die starke Haut-reaktion nach Penicillingabe, die trotz einesVermerks in der Patientenakte erfolgte. Einemvermeidbaren unerwünschten Ereignis liegtimmer ein Fehler zugrunde. Häufige Ausfüh-rungsfehler sind beispielsweise Aufmerk-samkeitsfehler (z.B. Verwechslungen) und Gedächtnisfehler (z.B. Vergessen eines ge-planten Schrittes) (8).

Noch vor zwanzig Jahren wurden Behand-lungsfehler in der medizinischen Fachliteraturkaum diskutiert. Die Veröffentlichung des Berichts «To err is human: Building a Safer Health System» des Institute of Medicine inden Vereinigten Staaten hat die Betrachtungvon Fehlern im Gesundheitswesen grundle-gend verändert. In diesem Bericht wurden zum ersten Mal Schäden, die durch die Ge-sundheitsversorgung selbst zustande kom-men, beim Namen genannt und in ihrerDimension beschrieben und nicht mehr alsschicksalhafter, unvermeidlicher Bestandteilder modernen Medizin betrachtet. Man er-kannte, dass Fehler meist nicht auf individuel-

les Versagen zurückzuführen sind, sonderndass die Fehlerentstehung aus systemischerPerspektive betrachtet werden muss. Uner-wünschte Ereignisse sind das Ergebnis vonvielen kleinen Versäumnissen auf individuellerund organisatorischer, auf konkreter und latenter Ebene, die nicht rechtzeitig durch Sicherheitsbarrieren aufgefangen wurden. In der Folge wurde in dieser Publikation dazuaufgerufen, dass auf allen Ebenen des Ge-sundheitssystems Massnahmen zur Verbes-serung der Patientensicherheit umgesetztwerden sollen (9).

In westlichen Ländern stirbt zirka jeder tau-sendste Patient im Spital an einem vermeid-baren unerwünschten Ereignis (10). Wird dieseZahl auf die Schweiz grob übertragen, mussman mit mindestens 700 bis 1700 fehlerbe-dingten Todesfällen pro Jahr rechnen, je nachdem ob die Zahl populationsbezogen um-gerechnet wird oder ob die unterschiedlichenHospitalisationsraten zwischen Ländern be-rücksichtigt werden. Basierend auf diesenDaten formulieren Makary und Daniel (2016)provokativ, dass medizinische Fehler in denUSA die dritthäufigste Todesursache wären,wenn sie eine Erkrankung wären (11).

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Think Tank Nr. 2 «Mehr Patientensicherheit durch Design: Systemische Lösungen fürs Spital» 07

Seit der Veröffentlichung des Berichts «To erris human: Building a Safer Health System» (9)ist im Bereich der Patientensicherheit auch inder Schweiz viel passiert. Beispiele sind dieEinführung der chirurgischen Checkliste zurVermeidung von unerwünschten Ereignissenim OP, die Verbreitung von Fehlermeldesyste-men (z.B. CIRS), Schulungen, Teamtrainingsoder Massnahmen zur Verbesserung der Hän-dehygiene. Ein Grossteil dieser Initiativen zielt auf das menschliche Verhalten. DurchVerhaltensänderungen der einzelnen Fachper-sonen sollen Verbesserungen für die Patien-tensicherheit erzielt werden. Dagegen fandenstrukturelle Interventionen, die sich auf die Gestaltung der Arbeitsumgebung beziehen,national wie international bislang weniger Beachtung.

Jedoch sind Interventionen, die direkt auf dasVerhalten der Mitarbeitenden abzielen, grund-sätzlich relativ schwach für eine nachhaltigeund substanzielle Stärkung der Patienten-sicherheit. Je abhängiger eine Massnahme vommenschlichen Verhalten ist, desto schwächerfällt sie aus. Dafür gibt es vielfältige Gründe:Zum einen sind solche Interventionen daraufangewiesen, dass sich die Mitarbeitenden an

das Gelernte erinnern und das Verhaltenimmer, auch unter Zeitdruck und in kritischenSituationen, umsetzen (12). Zum anderen istdas tatsächliche Verhalten der Mitarbeitendenauch immer durch verschiedene Anforderun-gen bedingt, die sogar widersprüchlich oderkonkurrierend sein können und denen die Mitarbeitenden gerecht werden sollen.

Anpassungen auf Systemebene stellen starkeMassnahmen dar, da sie nur geringfügig vombewussten Verhalten abhängig sind. Verbesse-rungsmassnahmen im Bereich des Spitalde-signs (Gestaltung, Ausstattung, Anordnungetc.) beziehen sich genau auf diese System-ebene.

Abb. 1: St. Pierre M. Hofinger G. Human Factors und Patientensicherheit in der Akutmedizin (3. Auflage). Berlin: Springer-Verlag; 2014. With permission of Springer.

Massnahme

Bauliche MassnahmenNeue GeräteTechnische Kontrollen und SperrenProzessvereinfachungenStandardisierungen (Aufrüstung, Prozesse)Involvierung der Führungsebene

Erhöhte Personalbestände, RedundanzSoftwaremodifikationenElimination von AblenkungenChecklisten, kognitive HilfenElimination von «look-alike, sound-alike»Vieraugenprinzip

Warnungen und AufkleberDoppelchecksNeue VerfahrensanweisungenTraining

Stärke

stark

mittel

schwach

Abhängig vom Verhalten

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EVIDENCE-BASED HEALTHCARE DESIGN

Gemäss einem systemischen Ansatz gibt esverschiedene Einflussfaktoren, die Bedingun-gen schaffen, die Fehler im Spital ver-ursachen oder begünstigen. Dazu gehören bei-spielsweise fehlende finanzielle und zeitlicheRessourcen, Kommunikationsprobleme undfehlende Informationen, mangelnde technischeAusstattung eines Spitals und auch die schlechtdesignte Arbeitsumgebung der Fachkräfte.Diese Faktoren können das sichere Handelndes medizinischen Fachpersonals unterstützenoder erschweren. Eine steigende Anzahl anStudien zeigt, dass Design einen Einfluss aufdie Patientensicherheit hat (3). Nicht nur diemedizinische Versorgung selbst, sondern auchdie Organisation von Medizin soll evidenz-basiert stattfinden. Evidenzbasiertes Designbeschreibt den Prozess, Entscheidungen inBezug auf Spitalbau auf wissenschaftlicherEvidenz abzustützen, um bestmögliche Ergeb-nisse zu erlangen. Dies ist ein fundamentalerWandel in der bisherigen Denkweise. Der Designprozess beginnt mit der Identifikationvon Schlüsselprinzipien, die beschreiben, wieeine Organisation diese Ziele erreichen kann(siehe ein beispielhaftes Vorgehen der Or-ganisation «The Center for Health Design»).

Die Grundlage jeder Studie, die sich mit Spital-design und dessen Auswirkungen auf dasmenschliche Verhalten auseinandersetzt, istdie Analyse von Human Factors, also «die Analyse der Wechselbeziehungen zwischenMenschen, den Instrumenten, die sie nutzen,und der Umgebung, in der sie arbeiten und leben» (13). In Bezug auf Design und Pa-tientensicherheit bedeutet dies, dass Designdas Verhalten der Fachkräfte unterstützen undgleichzeitig Gefahren senken soll (4). Heutehält evidenzbasiertes Design verstärkt Einzugin das Gesundheitswesen. EvidenzbasiertesDesign wird beispielsweise eingesetzt, um dieschnellere Genesung oder das Schmerzemp-finden der Patienten beispielsweise über dieakustische Umgebung oder den Naturbezugpositiv zu beeinflussen (14).

Reiling et al. (2006) entwickelten Patienten-sicherheits-Designprinzipien, welche für alle Gesundheitseinrichtungen beim Neubau,Umbau oder in bestehenden Gebäuden bei-gezogen werden können (15).

Durch die Verwendung solcher definierten Designprinzipien und Prozessempfehlungenwird gewährleistet, dass alle Beteiligten im

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Patientensicherheits-Designprinzipien:

1. Lärmreduktion2. Skalierbarkeit, Anpassungsfähigkeit,

Flexibilität3. Sichtbarkeit von Patienten durch

das Personal4. Einbezug von Patienten 5. Standardisierung6. Automatisierung soweit möglich7. Minimierung von Ermüdung 8. Unmittelbare Zugänglichkeit von Infor-

mationen am Ort der Leistungserbringung9. Reduktion Patientenverlegungen und

Übergaben10. Design rund um gefährliche Ereignisse: - Operative / postoperative Komplikationen / Infektionen

- Suizid von stationären Patienten- Korrekter Schlauch – korrekter Stecker – korrekter Hohlraum

- Medikationsfehler- Seitenverwechslungen in der Chirurgie

- Gefährdung durch Sauerstoffzylinder- Tod von Patienten unter Fixierungs-massnahmen

- Transfusionsereignisse- Patientenstürze- MRT-Gefahren

Abb. 2: Patientensicherheits-Prinzipien nach Reiling et al. 2006 (15)

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Risiken direkt reduzieren(z.B.: rutschiger Boden)

Intuitives, sicherheitsförderndesVerhalten positiv beeinflussen

(z.B.: Einhalten von Sicherheitsregeln)

Latente Bedingungen optimieren, Leistungsfähigkeit

der Mitarbeitenden erhalten

(z.B.: Lichtverhältnisse)

Gesundheitsförderliche Umgebung für Patienten

(z.B.: Einfluss von Lärm)

Designprozess ein gemeinsames Ziel verfol-gen und gemeinsam auf die Patientensicher-heit fokussieren (15). Sie können wie eine«Erinnerungshilfe» fungieren und so immerwieder zentrale Aspekte systematisch in denVordergrund rücken.

KONZEPTIONELLE EINGRENZUNGViele unterschiedliche Designaspekte im Spital können die Patientensicherheit beein-flussen: Rutschiges Bodenmaterial kann zumBeispiel zu einer höheren Sturzrate führen.Schlechte Lichtverhältnisse beeinträchtigendie Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden underhöhen damit die Anfälligkeit für Fehler.

Das Thema «Spitaldesign und Patientensicher-heit» ist vielfältig, komplex und weitgreifend.Um es zu strukturieren, haben wir es in fol-gende vier Dimensionen aufgeteilt. Es handeltsich dabei um vier grundsätzliche Dimensio-nen, über die Design die Patientensicherheitbeeinflussen und an denen auf der Design-ebene angesetzt werden kann, um Verände-rungen zu bewirken. Selbstverständlichexistieren auch andere Strategien und Ord-nungen, um an dieses Thema heranzugehen.

Nachfolgend werden die von uns gebildetenDimensionen zusammenfassend vorgestellt:

Abb. 3: Dimensionen von «Patientensicherheit und Design»

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Risiken direkt reduzierenDiese Dimension umfasst alle Designaspekte,die an sich ein Risiko darstellen oder durchentsprechende Entscheidung mit einer direk-ten Risikoreduktion einhergehen können. DieEigenschaft des Materials an sich stellt hierden entscheidenden Einflussfaktor dar. AlleDesignaspekte, die dieser Dimension zuge-ordnet werden, bergen unabhängig vom Ver-halten der Menschen eine Chance oder einRisiko für die Patientensicherheit. So kann bei-spielsweise die Wahl des Bodenbelags einenerheblichen Einfluss auf die Sturzrate haben.Ebenfalls kann die Beschaffenheit von Ober-flächen oder die Auswahl von Luftfiltern Infek-tionsraten im Spital direkt beeinflussen(3;16-18).

Latente Bedingungen optimieren, die die Leistungsfähigkeit der MitarbeitendenerhaltenOrganisations- und Systemfaktoren wie Lichtoder Lärm sind latente Bedingungen, die inallen Arbeitsbereichen die Leistungsfähigkeitvon Mitarbeitenden (z.B. Konzentrationsfähig-keit) beeinflussen (1). Dadurch steigt odersinkt die Fehleranfälligkeit, auch im Spital. DieArbeitsmedizin und die betriebliche Gesund-

heitsförderung betrachten diese Faktorenschon seit geraumer Zeit unter dem Gesichts-punkt der Gesunderhaltung der Mitarbeiten-den. Einflüsse auf die Arbeitsleistung derMitarbeitenden sind aber auch mit der Zielset-zung der Patientensicherheit hoch relevant.

Intuitives, sicherheitsförderndes Verhalten positiv beeinflussenDiese Dimension umfasst alle Designaspekte,die das Verhalten der Mitarbeitenden in Bezugauf die Patientensicherheit positiv beeinflussen.Ziel von Designinterventionen dieser Dimen-sion ist es, dass es leichter wird, sich richtigzu verhalten, als sich falsch zu verhalten. Sicherheitsrelevantes Verhalten ist immer dieZieldimension der Intervention. So könnenFachkräfte durch entsprechendes Design bei-spielsweise unterstützt werden, Sicherheits-regeln intuitiv einzuhalten (17). Türgriffe im OP,die so designt sind, dass sie auch mit dem Ellbogen geöffnet werden können, sind einBeispiel für diese Dimension. Diese Design-massnahme führt dazu, dass es leichter ist,hygienebezogene Regeln einzuhalten.

Gesundheitsförderliche Umgebung für die PatientenViele Studien zeigen, dass das Design im Spital einen direkten Einfluss auf die Gene-sung der Patienten haben kann (19;20). Dabeispricht man von healing architecture (21).Neben dem Einfluss von Lärm auf die Gene-sung der Patienten (20) hat man beispiels-weise auch einen positiven Zusammenhangzwischen dem Zugang zur Natur und dem Ge-sundheits-Outcome gefunden (19). Patientenin Zimmern mit Fenstern hin zu einer begrün-ten Umgebung hatten eine deutlich kürzereSpitalaufenthaltsdauer, mussten wenigerSchmerzmedikamente einnehmen und hattenetwas weniger Komplikationen als solche, diemit Aussicht auf eine Backsteinwand unter-gebracht waren (22). Gerade auf der Intensiv-station ist der Einfluss des Designs auf die Genesung der Patienten gut belegt (20;23).

Die vorliegende Broschüre fokussiert auf dieGestaltung der Arbeitsumgebung von Fach-kräften im Spital. Designaspekte, die latenteBedingungen optimieren und das sicherheits-fördernde Verhalten der Mitarbeitenden positivbeeinflussen, stehen dabei im Vordergrund.Diese Eingrenzung bedeutet nicht, dass die

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Think Tank Nr. 2 «Mehr Patientensicherheit durch Design: Systemische Lösungen fürs Spital» 11

anderen beiden Bereiche weniger bedeutendsind. Für die anderen Bereiche existieren je-doch bereits viele Studien und Initiativen, diean anderer Stelle nachgelesen werden können(3;20;24;25).

Zusammen mit einer Expertengruppe wurdenfünf Themen ausgewählt, die im Folgendenvorgestellt werden. Es handelt sich dabei umThemen, die im Alltag überall im Spital eineRolle spielen und daher viele Mitarbeitendebetreffen. Die Lösungsansätze können nichtnur bei Neubauten angewendet, sondern auchin bestehenden Gebäuden angepasst werden.Neben zusammenfassenden Hintergrundinfor-mationen enthalten sie Tipps mit konkretenLeitfragen zur Analyse und Beispiele von Designmassnahmen.

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licht12 Think Tank Nr. 2 «Mehr Patientensicherheit durch Design: Systemische Lösungen fürs Spital»

Tipp: Es werde LichtUngenügendes Licht stellt eineernstzunehmende Fehlerquelle fürVerwechslungen unterschiedlichsterArt dar. Lichtverhältnisse beeinflus-sen die Leistungsfähigkeit vonFachkräften. Beim Ausführen vonkritischen Aufgaben haben dieLichtverhältnisse einen grossen Ein-fluss auf die Fehlerwahrscheinlich-keit. Mit zunehmendem Alter steigtdie Bedeutung von angemessenenLichtverhältnissen.

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1 LICHT

Licht gilt als wichtiger Designparameter, dereinen direkten Einfluss auf die Patienten-sicherheit haben kann. So besteht beispiels-weise ein direkter Zusammenhang zwischender Lichtintensität und Medikationsfehlern.Handlungen, die eine gute Sehleistung erfor-dern, können bei guten Lichtverhältnissenbesser ausgeführt werden (26). Buchanan etal. (1991) zeigen, dass Medikamentenabgabenbei einer Beleuchtung von 1500 Lux mit signi-fikant weniger Fehlern ausgeführt werden alsunter einer Beleuchtungsstärke von 450 Lux(2,6% statt 3,8%) (27). Wichtig ist dabei, dassdie Lichtintensität immer auf die Tätigkeit ab-gestimmt ist, die in diesem Rahmen statt-findet. Grundsätzlich hat helles Licht sowohlfür Patienten als auch für Fachkräfte positiveAuswirkungen. Mit steigendem Alter steigt der Bedarf an guten Lichtverhältnissen (28).Helles Licht ist besonders dann wichtig, wenn

kritische Aufgaben, wie beispielsweise dasRichten von Medikamenten, ausgeführt wer-den (3). Jedoch gilt daran zu denken, dasssehr helles Licht zu Blendungen und wiederumzu Stress führen kann. Eine situative Anpas-sung der Lichtverhältnisse an die Tätigkeit istals Möglichkeit zu berücksichtigen. So kanndas Licht in Patientenzimmern während Unter-suchungen oder bei der Visite angepasst werden, um sowohl die Aufmerksamkeit von Mitarbeitenden und Patienten zu erhalten, klinische Eindrücke gewinnen zu können und auch um die Verwechslungsgefahr zu verringern.

Neben der Beleuchtungsstärke ist auch dieLichtintensität zu beachten, die beispiels-weise die Wachsamkeit der Mitarbeitendenbeeinflusst oder eine korrekte oder verfälschteFarbwiedergabe bewirkt (bspw. wichtig bezüg-

lich Hautkolorit). Bei der Entscheidung für bestimmte Lichtverhältnisse müssen konkur-rierende Aspekte wie Sicherheit und Wohl-befinden von Patienten abgewogen werden(bspw. Bildschirmanzeigen von Arbeitsmittelnim Patientenzimmer während der Nacht). Licht stellt damit eine wesentliche latente Bedingung dar, die die Leistungsfähigkeit derMitarbeitenden beeinflusst.

Beispiel: Die Aussenfassade des Spitalswird renoviert und daher wurde ein Gerüst aufgebaut. Temporär herrschen im Medikamentenrichteraum sehrschlechte Lichtverhältnisse, wodurch dieMedikationssicherheit gefährdet wird.

Think Tank Nr. 2 «Mehr Patientensicherheit durch Design: Systemische Lösungen fürs Spital» 13

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LICHT BEEINFLUSST:• Müdigkeit / Konzentration• Sehleistung• Verwechslungsgefahr, bspw. Gefahr für Medikamentenverwechslungen

LEITFRAGEN ZUR ANALYSE:• Welche Mitarbeitenden führen an welchen Orten / Arbeitsplätzen kritische Aufgaben aus, die eine gute Sehleistung erfordern? Welche Anforderungen an die Lichtverhält-nisse bestehen und wie können diese optimal gestaltet werden?

• In welchen Situationen / Räumen bestehen konkurrierende Anforderungen an die Licht-verhältnisse? Können gewisse Aufgaben an einen anderen Ort verlagert werden?

• Bei welchen Arbeitsschritten passieren häufig Verwechslungen und andere Fehler? Ist es möglich, dass die Lichtverhältnisse (Beleuchtungsstärke und Lichtqualität) damit in Verbindung stehen?

DESIGNBEISPIELE:• Medikamentenrichtplätze mit angemessener Lichtausstattung

• Leuchtende Anzeigen bei Arbeitsmitteln, die auch bei Nacht gesehen werden (bspw. Fiebermessanzeigen)

• Anpassung der Lichtintensität überall dort, wo kritische Aufgaben ausgeführt werden

• Adaptierbare Lichtquellen: manuell (Dimmer) oder automatisch (bspw. wenn jemand eine gewisse Zeit im Fokus steht)

• Mobile Lichtquellen

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Think Tank Nr. 2 «Mehr Patientensicherheit durch Design: Systemische Lösungen fürs Spital» 15

ruheTipp: In der Ruhe liegt die KraftEine laute Umgebung, insbesondereunvorhergesehene Lärmquellen,lenkt Fachkräfte von ihren Aufgabenab und führt zu Stress. Die Sprach-verständlichkeit wird erschwert unddie Kommunikation unter Kollegenverschlechtert sich. Menschen stel-len oft die Ursache für sich perpetu-ierenden Lärm dar: Je lauter dieUmgebung ist, desto lauter wird gesprochen. Darüber hinaus führenArbeitsgeräusche und Alarme zueinem erhöhten Lärmpegel.

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2 RUHE

Im Spital existieren viele Geräuschquellen undoft sind diese Geräusche sehr laut (19). Seitden 1960er-Jahren sind die Lärmpegel in Spi-tälern weltweit stetig gestiegen (3). Ein hoherLärmpegel führt zu Stress, Müdigkeit und Ab-lenkung bei den Fachkräften und stört denKommunikationsfluss. Lärm stellt dadurch eineerhebliche Fehlerquelle im Spital dar, insbe-sondere wenn Fachkräfte kritische Aufgabenausführen oder sich auf das Arbeitsgedächtnisberufen müssen (29). Besonders unvorher-gesehene Geräusche (wie bspw. das Klingeln des Telefons) lenken ab, unterbrechen Arbeits-schritte und können so Fehler begünstigen(30). Lärm ist eine latente Bedingung, die dieLeistungsfähigkeit der Fachkräfte massgeblichbeeinflusst.

Die WHO empfiehlt ständige Hintergrundge-räusche auf einem Niveau zu halten, das tags-über nicht höher ist als 35 dB und währendder Nacht höchstens 30 dB erreicht (29). Ulrichet al. (2008) zeigen in ihrem Review auf, dassder tatsächliche Lärmpegel in Spitälern je-doch meist um einiges höher ist (3;31). Auchdie U.S. Joint Commission2 betont, dass Lärmeinen potenziellen Risikofaktor bezüglich me-dizinischer und pflegerischer Fehler darstellt.

Die Autoren heben hervor, dass die Geräusch-umgebung nur so laut sein darf, dass das Personal sich immer klar und gut verstehenkann (32).

Alarme medizintechnischer Geräte und Ar-beitsgeräusche wie das Schliessen von Türenund das Aufreissen von Verpackungen stellenbedeutende Lärmquellen dar. Meist sind dieseGeräusche unnötig laut. Das Problem wirddurch harte, geräuschreflektierende Materia-lien auf Mobiliar, Wand- und Deckenoberflä-chen verschärft (33). Die Überwachung undAlarmierung durch medizintechnische Gerätehat viele positive Effekte auf die Patienten-sicherheit. Gleichzeitig hat aber die Anzahl derAlarme solcher Geräte in den letzten Jahrenenorm zugenommen. Leider sind viele derAlarme unnötig (34;35). So wurde zum Bei-spiel in einer Beobachtungsstudie eines Kin-derspitals herausgefunden, dass 99% derAlarme auf der Abteilung und 87% der Alarmeauf der Intensivstation keine sofortige Hand-lung erforderten (36). Zu viele irrelevanteAlarme medizinischer Geräte führen zu einerDesensibilisierung (Alarm fatigue) und zuStress bei Mitarbeitenden und erhöhen damit die Fehlerrate (34;37;38). Korrekte

Konfiguration, Anpassung der Alarmgrenzen an den Patientenstatus, Verwendung alarm-sparender Funktionen und gut ausgebildeteMitarbeitende können, neben anderen Mass-nahmen, die Häufigkeit unnötiger Alarme deut-lich reduzieren (39-41). Auch die Menschenselbst tragen häufig zum Lärm bei. Ist der Ge-räuschpegel einmal erhöht, werden in derFolge Gespräche deutlich lauter geführt, waswiederum zu mehr Lärm führt (42). Lärm perpetuiert sich also.

Das Einrichten von entsprechenden Räumenoder Zonen, wie sogenannte «Still-Arbeits-plätze» (quiet zones), führt nicht nur dazu,dass Mitarbeitende sich in diesen Zonen selbst ruhiger verhalten, sondern auch, dassKollegen in angrenzenden Bereichen ge-räuscharmer agieren (vgl. Verhalten von Menschen in Kirchen oder Museen).

Die Intensivstation stellt in Bezug auf Lärmeinen Spezialfall dar. Mehrere Studien belegendie Bedeutung einer ruhigen Umgebung für Intensivpatienten. Unter anderem wird eine direkte Verbindung von Lärm zu Komplikatio-nen auf der Intensivstation wie Delirium oderPsychosen hergestellt (20;43-45).

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2 Akkreditierungs- und Zertifizierungsorganisation der USA

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Beispiel: Ein Assistenzarzt übergibt imStationszimmer einer Pflegefachpersonwichtige Informationen zur weiteren Therapie eines Patienten. Der Lärmpegelist bereits erhöht durch Baulärm. Gleich-zeitig klingelt das Telefon und es findet einGespräch zwischen zwei anderen Pflege-fachpersonen statt. Dabei gehen wichtigeInformationen bei der Übergabe verloren.

RUHE BEEINFLUSST:• Stress• Leistungsfähigkeit• Ablenkung, Konzentrationsfähigkeit • Kommunikationsfluss• Alarm fatigue • Medikationssicherheit, Verwechslungen im Allgemeinen

HERKUNFT DER GERÄUSCHE:• Mitarbeitende• Alarme• Technische Geräte, etwa Pager, allgemeine Arbeitsgeräte, Trolleys etc. (33)

• Arbeitsgeräusche (wie das Schliessen von Türen, das Anbringen von Bettgeländern etc.)

• Anzahl Patienten im Raum• Angehörige• Putzgeräte• Architektur (bspw. führen lange Gänge zu Echogeräuschen (19))

LEITFRAGEN ZUR ANALYSE:• Wie können «Arbeitsgeräusche» wie bspw. das Geräusch des Türschliessens reduziert werden?

• Wo im Spital können lärmdämmende Materialien eingesetzt werden?

• Wie kann der Geräuschpegel durch Mit-arbeitende in Räumen reduziert werden, in denen kritische Aufgaben ausgeführt werden?

• Worin besteht die Ursache von sich perpe-tuierendem Lärm? Wie kann dieser Kreis-lauf durch Designmassnahmen unterbro-chen werden?

• Gibt es Alarme, die grundsätzlich überflüssig oder unnötig laut sind?

• Lassen sich Alarme systematisch und sicher reduzieren?

DESIGNBEISPIELE:• Lärmabsorbierende Oberflächen (bspw. Bodenbeläge, Oberflächen)

• Ruhige Geräte, Arbeitsinstrumente und -materialien (bspw. Kartonschalen anstatt blecherner Nierenschalen)

• Reduktion von unnötigen Alarmen (bspw. geräuschlose Pagersysteme)

• Einzelzimmer (bringen aber auch verschie-dene Nachteile mit sich, siehe (46))

• Designierte Orte / Räume für den Austauschunter Kollegen (bspw. Kommunikations-nischen, siehe (47))

• Einrichten von Ruhezonen für konzentriertes Arbeiten

Think Tank Nr. 2 «Mehr Patientensicherheit durch Design: Systemische Lösungen fürs Spital» 17

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unter-brechungen

Tipp: Bitte nicht störenUnterbrechungen lenken Fachkräftebei der Ausübung ihrer Kernaufgabeab und führen dazu, dass sie denFokus verlieren und sich immer wie-der neu in ihre Arbeitsschritte ein-finden müssen. Dadurch wird dieEntstehung von Fehlern wie Ver-wechslungen, das Vergessen vonArbeitsschritten oder der Verlustvon Informationen begünstigt. Diebewusste Gestaltung der Arbeits-umgebung kann Unterbrechungenverringern.

18 Think Tank Nr. 2 «Mehr Patientensicherheit durch Design: Systemische Lösungen fürs Spital»

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3 UNTERBRECHUNGEN

Unterbrechungen stellen ein erhebliches Pro-blem der Patientensicherheit dar, da sie inengem Zusammenhang mit Fehlern stehen.Westbrook et al. (2010) haben in einer Be-obachtungsstudie gezeigt, dass das Auftretenund die Häufigkeit von Unterbrechungen wäh-rend der Medikamentenadministration signifi-kant mit dem Aufkommen von prozeduralenFehlern (bspw. fehlender Händehygiene) undklinischrelevanten Fehlern (bspw. falscheDosis oder falsche Zeit) in Verbindung stehen.Die Häufigkeit und Schwere der Fehler bei medikationsassoziierten Tätigkeiten korrelier-ten positiv mit der Häufigkeit von Unterbre-chungen. Die Inzidenz gravierender Fehlerstieg von 2.3% bei einer nicht unterbrochenenMedikamentenadministration bis auf 4.7% bei vier Unterbrechungen an (48).

Trbovich et al. (2010) zeigen ebenfalls auf,dass das Pflegepersonal während der Medika-mentenadministration im Schnitt während22% der Arbeitszeit unterbrochen wird, unddas sehr oft während der Ausübung von kritischen Aufgaben. Das Problem besteht bei-spielsweise darin, dass bei der Wiederauf-nahme einer unterbrochenen Tätigkeit dasZurückgehen zu einem vorherigen Prozess-schritt notwendig wäre, dies jedoch oft ausgelassen wird (bspw. Überprüfung der Patientenidentität oder Händedesinfektion). Die meisten Unterbrechungen von Pflegefach-personen erfolgen durch Kollegen aus derPflege, um Fragen zu klären. Ebenfalls stellenFamilienangehörige und Pumpenalarme einehäufige Ursache für Unterbrechungen dar (49).Eine zusätzliche Herausforderung für die Patientensicherheit tritt auf, wenn Personen,die unterbrochen werden, ihre Kerntätigkeitnicht pausieren (multi-tasking) und somit sehr fehleranfällig agieren. Neben Unterbrechungendurch andere Personen sind auch Selbst-unterbrechungen ein häufiges Problem. Untersolchen Unterbrechungen versteht man zumBeispiel das Aufkommen von Unterhaltungenohne Zusammenhang zur ausgeführten Hand-lung oder den Verlust des Fokus (50).

Betrachtet man die Entstehung von Unterbre-chungen aus systemischer Perspektive, er-kennt man, dass das Spitaldesign einengrossen Einfluss darauf ausüben kann. Sokann die prozessorientierte Gestaltung von Arbeitsräumen erheblich auf die Entstehungvon Unterbrechungen einwirken. Beispiels-weise führen Materiallager, Schubladen undRegale, die von zwei Seiten bedient werdenkönnen, zu weniger Unterbrechungen. Eben-falls können die Anordnung von Räumen unddas Design von Arbeitsinstrumenten und Gerä-ten (wie Alarme) einen Einfluss auf Unterbre-chungen ausüben. Unterbrechungen sinddarum ebenfalls als wichtige latente Bedin-gung im Spital zu betrachten, welche die Ar-beitsleistung massgeblich beeinflussen kann.

Ein anschauliches Beispiel zur prospektivenFehlerreduktion stellt das sterile Cockpit dar(51). Ziel dieser Designmassnahme ist es,Konversationen, Telefonanrufe und Ablenkun-gen bei der Medikamentenkontrolle zu verhin-dern. Colligan et al. (2012) haben den Effekteines Sichtschutzes am Medikamentenricht-platz untersucht. Sechs Monate nach der Im-plementierung konnten sie eine signifikanteReduktion der Unterbrechungen feststellen,

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Page 20: Mehr Patientensicherheit durch Design: Systemische ...€¦ · Think Tank Nr. 2 «Mehr Patientensicherheit durch Design: Systemische Lösungen fürs Spital» 05 Wenn man die Folgekosten

und zwar ohne jemals ein Verhaltenstrainingdurchgeführt zu haben (52). Huckels-Baum-gart et al. (2016) zeigen auf, dass die Einfüh-rung eines separaten Raums für das Richtender Medikamente zu signifikant weniger Un-terbrechungen führt. Nach der Intervention ist die durchschnittliche Fehlerrate in der Me-dikation ausserdem von 1,3 auf 0,9 pro Tag (P < 0,05) gesunken (53).

Davon abzugrenzen sind gewollte Unterbre-chungen wie beispielsweise das Team TimeOut im OP oder das Durchführen von Huddlesnach kleinen Zwischenfällen3.

Beispiel: Während die Pflegefachpersondie Medikamente richtet, wird sie mehr-mals unterbrochen. Kollegen stellen inhaltliche Fragen, jemand bittet um Unterstützung, und zudem kommt eine Angehörige, um eine Frage zu klären. Bei jeder Unterbrechung muss sie sich neu in die Arbeit einfinden.

UNTERBRECHUNGEN BEEINFLUSSEN:• Ablenkung, Konzentration • Leistungsfähigkeit• Vergessen von Arbeitsschritten und Informationen

• Verwechslungen wie Medikationsfehler und Übertragungsfehler

• Hygiene

LEITFRAGEN ZUR ANALYSE: • Wie können wir eine Umgebung schaffen, die Fachkräften die Zusammenarbeit und den Austausch ermöglicht, jedoch auch das konzentrierte Arbeiten unterstützt?

• Wo bestehen in unserer Organisation Räume, die nicht optimal dem Prozess angepasst sind und daher zu Unter-brechungen führen?

• Wie kann die Arbeitsumgebung gestaltet werden, sodass Fachkräfte bei der Aus-übung von kritischen Aufgaben nicht unterbrochen werden?

• Was gibt es für Designmassnahmen, um erwünschte Unterbrechungen zu unterstützen?

DESIGNBEISPIELE ZUR REDUKTION VON UNTERBRECHUNGEN:• Visuelle Darstellung wichtiger Informationen(bspw. White Boards (54))

• Tragen von Leuchtwesten bei der Ausfüh-rung von kritischen Aufgaben (bspw. Medi-kamentenrichtung), die Unterbrechungen unterbinden sollen

• Steriles Cockpit (49)• «No interruption area», die bspw. mit farbigem Klebeband markiert wird (55)

• Prozessorientierte Gestaltung von Räumen• Sichtschutz für das Ausführen von Auf-gaben, die Konzentration erfordern (52;56)

• Separate Räume für das Richten von Medikamenten (53)

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3 Huddles werden direkt nach kleinen unerwünschtenEreignissen (bspw. in der Medikation) einberufen. Zielist ein schnelles und zeitnahes Aufarbeiten des Ereig-nisses (49).

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standar-disierung

Tipp: Auf Gleichheit kommt’s an –wenn’s Sinn macht! Die Standardisierung von Arbeitsplät-zen, Arbeitsmitteln sowie deren An-ordnung unterstützt die kognitiveHandlungsfähigkeit von Menschen,erhöht damit die Reaktionsgeschwin-digkeit und verringert das Aufkom-men von Fehlern oder vermeidbarengefährlichen Zeitverlusten. Es gilt aberkritisch zu hinterfragen, wo Standar-disierung die Sicherheit erhöht undwo sie Gefahren birgt. Es ist jeweilszu prüfen, was das richtige Mass undZusammenspiel von Standardisierungund Diversifikation ist.

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4 STANDARDISIERUNG

Standardisierung gilt als wichtige Human-Factor-Strategie, um Fehlerraten zu verringernund die Qualität zu verbessern (9;13). Standar-disierung reduziert die Anforderungen an dasKurzzeitgedächtnis und ermöglicht denjeni-gen, die mit bestimmten Designs oder Umge-bungen nicht vertraut sind, sie sicher undintuitiv zu verwenden (9). Standardisierungkann damit sowohl für Fachkräfte als auch für Patienten und Angehörige von Nutzen sein.Die Standardisierung der Einrichtung und desRaumdesigns des Spitals, angefangen bei derPlatzierung der Türen, über die Steuerung derBetten bis hin zur Platzierung des Vorrats vonLatexhandschuhen, beeinflusst das Verhaltender Menschen und damit die Sicherheit (15).

Es gibt viele Möglichkeiten, durch Standardi-sierung die Patientensicherheit zu begünstigen.Beispielsweise beeinflusst die Ausstattung mit und die Platzierung von Gegenständen, Arbeitsmitteln und Arbeitsinstrumenten die Reaktionsgeschwindigkeit der Fachkräfte undkann so einen grossen Einfluss auf die Patien-tensicherheit ausüben. Man denke dabei bei-spielsweise an Notfallsituationen, bei denender Faktor Zeit eine grosse Rolle spielt. Musszuerst noch das Notfallset gesucht werden,

weil es nicht immer am selben Ort gelagertwird, hat dies einen erheblichen Einfluss aufdie Patientensicherheit.

Die Reaktionsgeschwindigkeit wird ebenfallsunterstützt, wenn beispielsweise das Designvon Displays von modernen technischen Ar-beitsmitteln standardisiert gestaltet ist und die Anwender sich nicht immer neu orientierenmüssen. Weiter kann die standardisierte Be-nennung von Räumen die Patientensicherheitbeeinflussen, gerade in grossen Einrichtungenmit einer hohen Personalfluktuation. In Notfall-situationen ist es von grosser Bedeutung, dassdie Benennung standardisiert und eindeutigist, um Zeitverluste zu verhindern. Auch dieStandardisierung der Patientenzimmer für unterschiedliche Pflegestufen ist ein wichtigesBeispiel. Damit werden weniger Verlegungenund eine Verringerung von Kommunikations-problemen, Verspätungen und Informations-verlusten erreicht (3). Standardisierung stellteinen wichtigen Aspekt dar, um das intuitive,sicherheitsfördernde Verhalten der Fachkräftezu unterstützen.

Allerdings kann Standardisierung in sich selbstauch Risiken bergen. Beispielsweise ist die

Universalität von Luer-Verbindungen (genorm-tes Verbindungssystem für Schlauchsysteme)geradezu prädestiniert, unerwünschte Fehl-konnektionen herzustellen und damit grossenSchaden anzurichten. So können etwa intrave-nöse Zugänge mit Magensonden verwechseltwerden. Aus diesem Grund hat die internatio-nale Normung für vier Anwendungsbereicheverwechslungssichere Verbindertypen definiert(57). Es gilt stets zu hinterfragen, ob das Levelan Standards und Variabilität im Material dieSicherheit fördert oder eher neue Gefahrenbirgt. Auch die U.S. Food & Drug Administra-tion hat die Luer-Verbindungen als wichtigesProblem erkannt und fordert unterschiedlicheStandards der Konnektoren je nach Einsatz-gebiet (58).

Ein häufiger Grund, warum viele sicherheits-relevanten Geräte, Materialien und Produkte imSpital nicht standardisiert sind, ist, dass dasDesign von den Herstellern als Merkmal derMarkenidentifikation dient. Dies führt häufigdazu, dass sich sehr unterschiedliche Materia-lien des gleichen Herstellers ähneln, währendsich ähnliche Materialien unterschiedlicherHersteller stark unterscheiden. Hersteller sinddemnach aufgefordert, die Kernkomponenten

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zu standardisieren, um auf diese Weise die Patientensicherheit zu erhöhen. Auch im Rah-men der Zulassung von Materialien, Produktenund Geräten sollten diese Aspekte verstärktberücksichtigt werden.

Beispiel: Ein Patient weist Zeichen einer Hypoglykämie auf. Die zuständige Pflege-fachperson möchte den Blutzucker messen,findet jedoch das Messgerät nicht auf Anhieb, da es dafür keinen vorgesehenenAufbewahrungsplatz gibt. Es kommt zueiner verzögerten Versorgung des Patienten.

STANDARDISIERUNG BEEINFLUSST:• Reaktionsgeschwindigkeit / Handlungs-fähigkeit

• Sichere und schnelle Verwendung von Materialien

• Sicheres und schnelles Lokalisieren von Arbeitsmitteln und Räumen

• Fokussierung auf die medizinischen Aspekte der Behandlung

• Benutzerfreundlichkeit, Benutzbarkeit, Bedienbarkeit (usability)

• Verlegungen (wenn Patientenzimmer standardisiert für unterschiedliche Pflege-stufen ausgestattet sind)

LEITFRAGEN ZUR ANALYSE: • Wie können wir die Arbeitsumgebung von Fachkräften im Spital so gestalten, dass sie standardisiert ist und gleichzeitig das Eingehen auf individuelle Anforderungen ermöglicht?

• Welche Arbeitsplätze, Arbeitsinstrumente und Arbeitsmittel könnten in unserem Spital standardisiert werden, um die Patientensicherheit zu erhöhen?

• An welchen Stellen birgt Standardisierung Gefahren? (siehe Beispiel mit Luer-Anschlüssen)

DESIGNBEISPIELE ZUR STANDARDISIERUNG:• Ausstattung Kopfwand (bspw. Anschlüsse für O2) in Patientenzimmern

• Ausstattung von Behandlungszimmern• Arbeitsinstrumente / Arbeitsmittel, vor allem solche, die in Notfällen verwendet werden

• Platzierung von Arbeitsinstrumenten / Arbeitsmitteln (Pflegestationen (59))

• Arbeitsräume

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Tipp: Ein «Schubs» in die richtige RichtungDurch kleine Veränderungen in der Ent-scheidungsarchitektur können Fach-kräfte darin unterstützt werden, leichter«richtige» Entscheidungen zu treffen unddamit Sicherheitsregeln konsequentereinzuhalten. Nudging ist ein Ansatz derVerhaltensökonomie, der genau dies beabsichtigt. Durch Nudging-Strategienwerden bestimmte Sicherheitsregeln eher eingehalten, jedoch führen sie nichtzu einer hundertprozentigen Befolgungder Regeln.

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einhaltenvon regeln

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5 EINHALTEN VON SICHERHEITSREGELN

Fachkräfte im Gesundheitswesen sind grund-sätzlich motiviert, möglichst fehlerfrei zu ar-beiten, aber trotzdem führt deren Verhaltenimmer wieder zu vermeidbaren unerwünsch-ten Ereignissen (60). Sicherheitsregeln werdenbewusst oder unbewusst nicht eingehaltenund es können dadurch Schäden entstehen.Dafür kann es vielfältige Gründe geben: sichwidersprechende Regeln, Regeln, die nicht alltagsgebräuchlich sind, und Regeln mit kon-kurrierenden Ziel- und Sicherheitsaspekten. Es existiert eine Lücke zwischen beabsichtig-tem und tatsächlichem Handeln (60). Ein Beispiel stellt die Händehygiene dar. JedeFachperson weiss, dass viele Infektionen, dieim Spital erworben werden, durch Einhaltungder Händehygiene vermieden werden können.Trotzdem ist die Compliance mit der Hände-hygiene oft unbefriedigend. Verhaltens- undaufmerksamkeitsbezogene Massnahmen sind oftmals nicht nachhaltig (61).

Es stellt sich die Frage: Wie kann Design dabeihelfen, Sicherheitsregeln leichter einzuhalten –am besten ganz intuitiv?

Design ist dazu eine mögliche Massnahme.Dafür müssen die darunterliegenden Prinzipien

der Entscheidungsfindung der Handelndenverstanden und zielorientiert eingesetzt wer-den. Nudging ist ein Ansatz aus der Verhal-tensökonomie, der genau dies beabsichtigt(62). Ein Nudge ist jeder Aspekt der Entschei-dungsarchitektur, der das menschliche Verhalten in einer vorhersehbaren Art undWeise verändert, ohne dass irgendeine Optionverboten wird und ohne dass sich die ökono-mischen Anreize signifikant verändern (63).Den Entscheidungsträgern wird also ein klei-ner «Schubs» hin zur «richtigen Entscheidung»gegeben. Eine Möglichkeit, diesen «Schubs»auszulösen, besteht in Designmassnahmen.Ganz aktuell findet dieser Ansatz immer mehrEinzug ins Gesundheitswesen (64-66). Nach-folgende Beispiele aus der Gesundheitsförde-rung zeigen die zugrunde liegenden Prinzipienauf. So erhöht sich beispielsweise der Konsumvon Äpfeln bei Führungspersonen auf einer Tagung, wenn Äpfel auf Pausenbuffets im Vordergrund platziert und Brownies etwas imHintergrund arrangiert werden. Menschen tendieren ebenfalls dazu, weniger zu essen,wenn Essen auf kleinen Tellern statt auf grossen portioniert wird (67). Das heisst also,mit kleinen Eingriffen können die Grundlagen,auf denen Entscheidungen getroffen werden,

verändert werden. Diese Veränderungen machen dann eine andere Entscheidung wahrscheinlicher.

Der Nudging-Ansatz birgt ebenfalls ein gros-ses Potential zur Verbesserung der Patienten-sicherheit. Es wurden beispielsweise schonpositive Erfahrungen mit Nudging im Bereichder Händehygiene (17;63;68), mit Bodenmar-kierungen im OP für die korrekte Positionie-rung des Instrumententischs im Laminar Air Flow (69) oder des Designs von e-Verord-nungsscreens (65) gemacht. Bei Letzteremwurde die Standardeinstellung im e-Verord-nungssystem so angepasst, dass die ge-wünschte Verordnung für Intensivpatientenautomatisch angewählt war und aktiv abge-wählt werden musste. Sich richtig zu ver-halten, wurde also leichter.

Nudging-Strategien führen grundsätzlich dazu,dass Sicherheitsregeln in der Tendenz bessereingehalten werden. Der Ansatz führt abernicht zu einer hundertprozentigen Befolgungder Regeln. Diese 100%-ige Einhaltung vonRegeln wäre in vielen Bereichen der Patien-tensicherheit auch problematisch. Denn eskann ja aus Sicherheitsüberlegungen gute

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Gründe geben, sich in einer aktuellen Situationgegen eine Regel zu entscheiden und anderenAspekten mehr Priorität einzuräumen.

Beispiel: Katheter-assoziierte Harnwegs-infektionen (CAUTIs) gehören weltweit zuden häufigsten nosokomialen Infekten (70).Viele der Katheter sind eigentlich unnötig.Es existieren häufig Alternativen zumtransurethralen Dauerkatheter, die aber inder Praxis zu selten angewendet werden,häufig aus Gewohnheit. Deswegen ist eswichtig, dass Mitarbeiter vor dem Legeneines Katheters inspiriert werden, sich die Frage zu stellen, ob Alternativen zumKatheter möglich wären. Ein Weg ist, dassdort, wo Katheter versorgt sind, auch die Alternativen auf Sichthöhe platziert wer-den, um auf diese Weise deren Verwen-dung zu fördern. Bei Nudging geht esdarum, die gewünschten Alternativenebenso leicht oder sogar noch leichter verfügbar zu machen wie die nichtge-wünschten Materialien.

LEITFRAGEN ZUR ANALYSE:• Welche Sicherheitsregeln werden in unserem Spital nicht eingehalten? Gibt es darunter solche, die mit Designmass-nahmen beeinflusst werden könnten?

• Wie können wir die Entscheidungs-architektur verändern, damit sicheres Handeln vorteilhafter und intuitiver wird?

• Wo können Anpassungen von Grössen, Platzierungen (bspw. im Regal), Platzierung in der Sichtachse, gezielte Nutzung von Standardeinstellungen etc. eingesetzt werden, um die Patientensicherheit zu verbessern?

MÖGLICHE STRATEGIEN UND DESIGNBEISPIELE:• Opt-in (standardmässig angewählt) / Opt-out (standardmässig nicht-angewählt), bekannt im Rahmen des Designs von elektronischen Systemen (65;66) und bei der Organspende (aktiver Zuspruch zur Organspende vs. aktive Verneinung der Organspende) (62)

• Visuelle Kommunikation (bspw. Klebeband zur Markierung der korrekten Position des Instrumententischs im Laminar Air Flow (69))

• Platzierung und Anordnung von Arbeits-mitteln (bspw. Platzierung der Desinfek-tionsspender auf Augenhöhe (71)), Pflegestationen mit wichtigen Materialien zur Versorgung der Patienten (bspw. Desinfektionsspender, Handschuhe, Platz für die Dokumentation etc. (59))

• Gestaltung und Anordnung von Räumen (bspw. Kommunikationsnischen für den informellen Austausch zwischen Fach-kräften auf den Fluren, siehe (47))

• Ausstattung (Türklinken im OP, die so gestaltet sind, dass sie mit dem Ellbogen geöffnet werden können)

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STRUKTURELLE UND PROZEDURALE MASSNAHMEN

Um eine nachhaltige und grosse Wirkung zuerreichen, muss es aber zu einer Verzahnungvon Design und Patientensicherheit kommen.Dafür sind strukturelle und prozedurale Massnahmen grundlegend. Im Rahmen derExpertendiskussionen wurden nachfolgenddargestellte übergeordnete Aspekte heraus-gearbeitet und als elementar betrachtet. DieseListe ist nicht abschliessend, die aufgeführtenAspekte bilden einen wichtigen Grundstein,um Designmassnahmen zur Verbesserung derPatientensicherheit in der Praxis zu etablieren.

• Es werden mehr Belege und Daten zum Nutzen von Designlösungen zur Ver-besserung der Patientensicherheit und zur langfristigen Kosteneinsparung benötigt.Damit können Entscheidungsträger von Designlösungen zur Verbesserung der Patientensicherheit überzeugt werden, gerade wenn es sich um Lösungen handelt, die mit hohen Kosten verbunden sind.

• Als Grundstein jedes Neu- und Umbaus ist ein gut durchdachtes Betriebskonzept notwendig, das Aspekte der Patienten-sicherheit enthält. Architekten sind daran gebunden und können sich nur im Rahmen

dieses Betriebskonzepts bewegen. Wichtig ist es also, dass die Patientensicherheit von Anfang an in diesem Konzept berücksichtigtwird.

• Es gilt, einen Bottom-up-Ansatz zu ver-folgen. Nur durch Nutzergespräche können Anliegen der Fachpersonen an die Arbeits-umgebung aufgenommen werden. Je besserdie Planung mit den Bedürfnissen des Fachpersonals vor Ort abgestimmt wird, desto besser wird die Arbeitsumgebung auf Anforderungen des Alltags passen. Dabei gilt zu berücksichtigen, dass nicht nur medizinisches Fachpersonal hilfreiche Anregungen einbringen kann, sondern auch Mitarbeitende aus sekundären und tertiärenBereichen, wie etwa die Sterilgutversor-gung, Speisenversorgung, Entsorgung.

• Die Mitarbeitenden in der Gesundheitsver-sorgung sollten die Möglichkeit haben, ge-wisse Dinge auszuprobieren und Feedback zu geben (bspw. die Ausstattung von Patientenzimmern im Rahmen von Mock-Ups, Simulation).

• Patient Safety Executive Walkarounds: Solche Rundgänge unterstützen das Ge-spräch zwischen Führungspersonen, Pla-nern, Architekten und Designern mit dem klinischen Fachpersonal, das täglich Sicherheitsprobleme erlebt und sieht.

• Beim Materialdesign muss Patienten-sicherheit berücksichtigt und geprüft werden. Wichtig ist ebenfalls, dass Mit-arbeitende in allen Phasen miteinbezogen werden, um Alternativen zu prüfen und neue Materialien zu pilotieren.

• Ausbildung: Spezialisierte Architekten und Designer müssen einerseits mit dem Thema Patientensicherheit vertraut gemachtwerden. Entscheidungsträger im Gesund-heitswesen sollten andererseits Kenntnisse über den Nutzen von Design zur Verbesse-rung der Patientensicherheit vertiefen. Eine Vernetzung beider Disziplinen und Aspekte kann beispielsweise durch gezielte inter-disziplinäre Ausbildungen erreicht werden. Das Imperial College und das Royal College of Art in London haben diese Lücke erkannt und gemeinsam den neuen Masterstudien-gang «Healthcare & Design» lanciert.

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Think Tank Nr. 2 «Mehr Patientensicherheit durch Design: Systemische Lösungen fürs Spital» 31

Impressum

Herausgeber: Stiftung Patientensicherheit Schweiz, 2017Autoren: Irene Kobler (M.A.), Prof. Dr. David Schwappach (MPH)Druck und Korrektorat: Neidhart + Schön AG, ZürichGrafik: schroederpartners.com

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Think Tank Patientensicherheit Schweiz

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