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Raum für Kliniklogo Mehrkernige Riesenzellen im Implantationsbett xenogener Knochenersatzmaterialien- ein in vivo Vergleichsanalyse Jonas Lorenz, Dr.; 1 Mike Barbeck, MSc; 1 Markus Schlee, Dr.; 1,2 Robert A. Sader, Prof. Dr. Dr.; 1,+ Shahram Ghanaati, Dr. Dr. 1,+ 1 Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie Universitätsklinikum Frankfurt am Main 2 Praxis für Implantologie und Parodontologie 32 schöne Zähne, Forchheim + Gleichwertiger Beitrag Ergebnisse Beide Materialien zeigten eine gute Gewebeintegration und keine Anzeichen einer Abstoßungsreaktion. In beiden Gruppen war eine zunehmende Vaskularisierung des Implantationsbettes über die gesamte Studiendauer nachzuweisen. Im Implantationsbett von BO zeigte sich lediglich in der frühen Phase nach Implantation (Tag 10) eine vermehrte Präsenz mehrkerniger Riesenzellen im Bereich kleinerer Knochenersatzmaterialgranula, welche aber ab Tag 15 wieder auf einen Minimalwert sank. Im Bereich der großvolumigeren Granula bestand die zelluläre Reaktion vorwiegend aus mononukleären Zellen. Dem gegenüber zeigte sich im Implantationsbett von BGO eine ab Tag 10 beginnende Formation mehrkerniger Riesenzellen, welche bis zum Ende der Untersuchung konstant aufrechterhalten wurde. Schlussfolgerung Die unterschiedlichen zellulären Mechanismen hinsichtlich der Migration von Fremdkörperriesenzellen in das jeweilige Implantationsbett scheinen bei den untersuchten Materialien gleichen Ursprungs auf verschiedene Prozessierungsschritte zurückzuführen zu sein. Vor allem die Sintertemperatur, welche bei der Herstellung von BGO deutlich über der von BO liegt scheint dabei einen wesentlichen Einfluss auf die zelluläre Reaktion zu haben. Weitere Untersuchungen sind nötig, um die genaue Differenzierung und Einordnung von mehrkernigen Riesenzellen, ihre mögliche osteoklastische Funktion und die Wechselwirkung mit physikochemischen Materialcharakteristika genauer zu untersuchen. Ergebnisse Beide Materialien zeigten eine gute Gewebeintegration und keine Anzeichen einer Abstoßungsreaktion. In beiden Gruppen war eine zunehmende Vaskularisierung des Implantationsbettes über die gesamte Studiendauer nachzuweisen. Im Implantationsbett von BO zeigte sich lediglich in der frühen Phase nach Implantation (Tag 10) eine vermehrte Präsenz mehrkerniger Riesenzellen im Bereich kleinerer Knochenersatzmaterialgranula, welche aber ab Tag 15 wieder auf einen Minimalwert sank. Im Bereich der großvolumigeren Granula bestand die zelluläre Reaktion vorwiegend aus mononukleären Zellen. Dem gegenüber zeigte sich im Implantationsbett von BGO eine ab Tag 10 beginnende Formation mehrkerniger Riesenzellen, welche bis zum Ende der Untersuchung konstant aufrechterhalten wurde. Schlussfolgerung Die unterschiedlichen zellulären Mechanismen hinsichtlich der Migration von Fremdkörperriesenzellen in das jeweilige Implantationsbett scheinen bei den untersuchten Materialien gleichen Ursprungs auf verschiedene Prozessierungsschritte zurückzuführen zu sein. Vor allem die Sintertemperatur, welche bei der Herstellung von BGO deutlich über der von BO liegt scheint dabei einen wesentlichen Einfluss auf die zelluläre Reaktion zu haben. Weitere Untersuchungen sind nötig, um die genaue Differenzierung und Einordnung von mehrkernigen Riesenzellen, ihre mögliche osteoklastische Funktion und die Wechselwirkung mit physikochemischen Materialcharakteristika genauer zu untersuchen. Zielsetzung Ziel der Untersuchung war es, zwei xenogene Knochenersatzmaterialien (Bio-Oss ® , BO und BEGO- Oss ® , BGO) mit unterschiedlichen Herstellungsverfahren und Materialcharakteristika zu vergleichen. Material und Methoden Zu diesem Zweck wurden beide Materialien subkutan in CD-1 Mäuse für 60 Tage implantiert und anschließend histologisch und histomorphometrisch untersucht. Ein besonderes Augenmerk lag bei der Untersuchung auf der Implantatbettvaskularisierung, der Biomaterialintegration sowie einer möglichen Riesenzellformation und Entzündungsreaktion Literatur Barbeck M, Udeabor SE, Lorenz J, Kubesch A, Choukroun J, Sader RA, Kirkpatrick CJ, Ghanaati S. Induction of multinucleated giant cells in response to small sized bovine bone substitute (Bio-Oss TM ) results in an enhanced early implantation bed vascularization. Annals of Maxillofacial Surgery (Submitted) Barbeck M, Udeabor S, Lorenz J, Schlee M, Grosse Holthaus M, Raetscho N et al. High-temperature sintering of xenogeneic bone substitutes leads to increased multinucleated giant cell formation: In vivo and preliminary clinical results. J Oral Implantol 2014. A C B D A C B A C B D E F G H J I 0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5 5 Tag 3 Tag 10 Tag 15 Tag 30 Tag 60 Prozent Tage nach Implantation Prozentuale Vaskularisation BGO BO 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 Tag 3 Tag 10 Tag 15 Tag 30 Tag 60 Gefäße/mm2 Tage nach Implantation Gefäßdichte BGO BO 0 5 10 15 20 25 30 35 40 Tag 3 Tag 10 Tag 15 Tag 30 Tag 60 Riesenzellen/mm2 Tage nach Implantation Anzahl biomaterialassoziierter mehrkerniger Riesenzellen BGO BO Abbildung 1: A und B: Zeigen die Materialstruktur des xenogenen BO (Pfeilspitzen = Osteozytenlacunen; A: Giemsa-Färbung, 100x Vergrößerung, Maßstab = 100 μm; B: Giemsa-Färbung, 400x Vergrößerung, Maßstab = 100 μm) C und D: Zeigen rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen des xenogenen BGO (rote Sterne = Knochenmatrix, grüne Pfeile = Bruchkanten, blaue Pfeile = Makroporen, rote Pfeile = Mikropartikel, gelbe Pfeile = Mikroporen; C: 21x Vergrößerung, Maßstab = 1 mm; D: 600x Vergrößerung) Abbildung 2: Zeigt die Ergebnisse der histomorphometrischen Untersuchung (Signifikanz: * = P < 0.05, ** = P < 0.01, *** = P < 0.001) A: Untersuchung der prozentualen Vaskularisation B: Untersuchung der Gefäßdichte C: Untersuchung der Anzahl der biomaterialassoziierten mehrkernigen Riesenzellen Abbildung 3: Zeigt histologische Schnittbilder der Gewebereaktion auf die xenogenen Knochenersatzmaterialien BGO und BO 3, 10, 15, 30 und 60 Tage nach der Implantation. A: 3 Tage nach Implantation von BO, Movat Pentachrom Färbung, 200x Vergrößerung, Maßstab = 100 μm. B: 3 Tage nach Implantation von BGO, HE Färbung, 200x Vergrößerung, Maßstab = 100 μm. C: 10 Tage nach Implantation von BO, HE Färbung, 200x Vergrößerung, Maßstab = 10 μm. D: 10 Tage nach Implantation von BGO, HE Färbung, 200x Vergrößerung, Maßstab = 100 μm. E: 15 Tage nach Implantation von BO, Movat Pentachrom Färbung, 200x Vergrößerung, Maßstab = 10 μm. F: 15 Tage nach Implantation von BGO, Azan Färbung, 200x Vergrößerung, Maßstab = 100 μm. G: 30 Tage nach Implantation von BO, HE Färbung, 200x Vergrößerung, Maßstab = 100 μm. H: 30 Tage nach Implantation von BGO, Azan Färbung, 200x Vergrößerung, Maßstab = 100 μm. I: 60 Tage nach Implantation von BO, Azan Färbung, 400x Vergrößerung, Maßstab = 10 μm. J: 60 Tage nach Implantation von BGO, Azan Färbung, 200x Vergrößerung, Maßstab = 100 μm. A, C, E, G, I: schwarzer und roter Pfeil = Gefäße; blauer Pfeil = mononukleäre Zellen; B, D, F, H, J: roter Pfeil = Gefäße, schwarzer Pfeil = moninukleäre Zellen, schwarze Pfeilspitze = mehrkernige Riesenzellen rote Pfeilspitzen = mehrkernige Riesenzellen; Stern = Fibrin und Kollagenfasern Stern = Fibrin und Kollagenfasern

Mehrkernige Riesenzellen im Implantationsbett …Barbeck M, Udeabor S, Lorenz J, Schlee M, Grosse Holthaus M, Raetscho N et al. High-temperature sintering of xenogeneic bone substitutes

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Page 1: Mehrkernige Riesenzellen im Implantationsbett …Barbeck M, Udeabor S, Lorenz J, Schlee M, Grosse Holthaus M, Raetscho N et al. High-temperature sintering of xenogeneic bone substitutes

Raum für Kliniklogo

Mehrkernige Riesenzellen im Implantationsbett xenogenerKnochenersatzmaterialien- ein in vivo Vergleichsanalyse

Jonas Lorenz, Dr.;1 Mike Barbeck, MSc;1 Markus Schlee, Dr.;1,2

Robert A. Sader, Prof. Dr. Dr.;1,+ Shahram Ghanaati, Dr. Dr.1,+

1 Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie Universitätsklinikum Frankfurt am Main2 Praxis für Implantologie und Parodontologie 32 schöne Zähne, Forchheim

+ Gleichwertiger Beitrag

ErgebnisseBeide Materialien zeigten eine gute Gewebeintegration und keine Anzeichen einer Abstoßungsreaktion. In beiden Gruppen war eine zunehmende Vaskularisierung desImplantationsbettes über die gesamte Studiendauer nachzuweisen. Im Implantationsbett von BO zeigte sich lediglich in der frühen Phase nach Implantation (Tag 10)eine vermehrte Präsenz mehrkerniger Riesenzellen im Bereich kleinerer Knochenersatzmaterialgranula, welche aber ab Tag 15 wieder auf einen Minimalwert sank. ImBereich der großvolumigeren Granula bestand die zelluläre Reaktion vorwiegend aus mononukleären Zellen. Dem gegenüber zeigte sich im Implantationsbett von BGOeine ab Tag 10 beginnende Formation mehrkerniger Riesenzellen, welche bis zum Ende der Untersuchung konstant aufrechterhalten wurde.

SchlussfolgerungDie unterschiedlichen zellulären Mechanismen hinsichtlich der Migration von Fremdkörperriesenzellen in das jeweilige Implantationsbett scheinen bei den untersuchtenMaterialien gleichen Ursprungs auf verschiedene Prozessierungsschritte zurückzuführen zu sein. Vor allem die Sintertemperatur, welche bei der Herstellung von BGOdeutlich über der von BO liegt scheint dabei einen wesentlichen Einfluss auf die zelluläre Reaktion zu haben.Weitere Untersuchungen sind nötig, um die genaue Differenzierung und Einordnung von mehrkernigen Riesenzellen, ihre mögliche osteoklastische Funktion und dieWechselwirkung mit physikochemischen Materialcharakteristika genauer zu untersuchen.

ErgebnisseBeide Materialien zeigten eine gute Gewebeintegration und keine Anzeichen einer Abstoßungsreaktion. In beiden Gruppen war eine zunehmende Vaskularisierung desImplantationsbettes über die gesamte Studiendauer nachzuweisen. Im Implantationsbett von BO zeigte sich lediglich in der frühen Phase nach Implantation (Tag 10)eine vermehrte Präsenz mehrkerniger Riesenzellen im Bereich kleinerer Knochenersatzmaterialgranula, welche aber ab Tag 15 wieder auf einen Minimalwert sank. ImBereich der großvolumigeren Granula bestand die zelluläre Reaktion vorwiegend aus mononukleären Zellen. Dem gegenüber zeigte sich im Implantationsbett von BGOeine ab Tag 10 beginnende Formation mehrkerniger Riesenzellen, welche bis zum Ende der Untersuchung konstant aufrechterhalten wurde.

SchlussfolgerungDie unterschiedlichen zellulären Mechanismen hinsichtlich der Migration von Fremdkörperriesenzellen in das jeweilige Implantationsbett scheinen bei den untersuchtenMaterialien gleichen Ursprungs auf verschiedene Prozessierungsschritte zurückzuführen zu sein. Vor allem die Sintertemperatur, welche bei der Herstellung von BGOdeutlich über der von BO liegt scheint dabei einen wesentlichen Einfluss auf die zelluläre Reaktion zu haben.Weitere Untersuchungen sind nötig, um die genaue Differenzierung und Einordnung von mehrkernigen Riesenzellen, ihre mögliche osteoklastische Funktion und dieWechselwirkung mit physikochemischen Materialcharakteristika genauer zu untersuchen.

Zielsetzung

Ziel der Untersuchung war es, zwei xenogeneKnochenersatzmaterialien (Bio-Oss®, BO und BEGO-Oss®, BGO) mit unterschiedlichenHerstellungsverfahren und Materialcharakteristika zuvergleichen.

Material und Methoden

Zu diesem Zweck wurden beide Materialien subkutanin CD-1 Mäuse für 60 Tage implantiert undanschließend histologisch und histomorphometrischuntersucht. Ein besonderes Augenmerk lag bei derUntersuchung auf der Implantatbettvaskularisierung,der Biomaterialintegration sowie einer möglichenRiesenzellformation und Entzündungsreaktion

LiteraturBarbeck M, Udeabor SE, Lorenz J, Kubesch A, Choukroun J, Sader RA, Kirkpatrick CJ, Ghanaati S. Induction of multinucleated giant cells in response to small sized bovine bone substitute (Bio-OssTM) results in an enhanced early implantation bed vascularization. Annals of Maxillofacial Surgery (Submitted) Barbeck M, Udeabor S, Lorenz J, Schlee M, Grosse Holthaus M, Raetscho N et al. High-temperature sintering of xenogeneic bone substitutes leads to increased multinucleated giant cell formation: In vivo and preliminary clinical results. J Oral Implantol 2014.

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Tage nach Implantation

Anzahl biomaterialassoziierter mehrkerniger Riesenzellen

BGO BO

Abbildung 1:

A und B: Zeigen die Materialstruktur des xenogenen BO (Pfeilspitzen = Osteozytenlacunen; A: Giemsa-Färbung, 100x Vergrößerung, Maßstab = 100 µm; B: Giemsa-Färbung, 400x Vergrößerung, Maßstab = 100 µm)

C und D: Zeigen rasterelektronenmikroskopische Aufnahmen des xenogenen BGO (rote Sterne = Knochenmatrix, grüne Pfeile = Bruchkanten, blaue Pfeile = Makroporen, rote Pfeile = Mikropartikel, gelbe Pfeile = Mikroporen; C: 21x Vergrößerung, Maßstab = 1 mm; D: 600x Vergrößerung)

Abbildung 2:Zeigt die Ergebnisse der histomorphometrischen Untersuchung (Signifikanz: * = P < 0.05, ** = P < 0.01, *** = P < 0.001)

A: Untersuchung der prozentualenVaskularisation

B: Untersuchung der Gefäßdichte

C: Untersuchung der Anzahl der biomaterialassoziierten mehrkernigen Riesenzellen

Abbildung 3: Zeigt histologische Schnittbilder der Gewebereaktion auf die xenogenen Knochenersatzmaterialien BGO und BO 3, 10, 15, 30 und 60 Tage nach der Implantation.

A: 3 Tage nach Implantation von BO, Movat Pentachrom Färbung, 200x Vergrößerung, Maßstab = 100 µm. B: 3 Tage nach Implantation von BGO, HE Färbung, 200x Vergrößerung, Maßstab = 100 µm.C: 10 Tage nach Implantation von BO, HE Färbung, 200x Vergrößerung, Maßstab = 10 µm. D: 10 Tage nach Implantation von BGO, HE Färbung, 200x Vergrößerung, Maßstab = 100 µm. E: 15 Tage nach Implantation von BO, Movat Pentachrom Färbung, 200x Vergrößerung, Maßstab = 10 µm. F: 15 Tage nach Implantation von BGO, Azan Färbung, 200x Vergrößerung, Maßstab = 100 µm. G: 30 Tage nach Implantation von BO, HE Färbung, 200x Vergrößerung, Maßstab = 100 µm. H: 30 Tage nach Implantation von BGO, Azan Färbung, 200x Vergrößerung, Maßstab = 100 µm. I: 60 Tage nach Implantation von BO, Azan Färbung, 400x Vergrößerung, Maßstab = 10 µm. J: 60 Tage nach Implantation von BGO, Azan Färbung, 200x Vergrößerung, Maßstab = 100 µm. A, C, E, G, I: schwarzer und roter Pfeil = Gefäße; blauer Pfeil = mononukleäre Zellen; B, D, F, H, J: roter Pfeil = Gefäße, schwarzer Pfeil = moninukleäre Zellen, schwarze Pfeilspitze = mehrkernige Riesenzellen

rote Pfeilspitzen = mehrkernige Riesenzellen; Stern = Fibrin und Kollagenfasern Stern = Fibrin und Kollagenfasern