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Universität für Bodenkultur Wien Department für Wasser – Atmosphäre – Umwelt
Institut für Abfallwirtschaft
Univ.Prof.Dipl.Ing.Dr. Marion Huber-Humer 1190 Wien, Muthgasse 107/3
Methode zur Bestimmung der Gasentwicklung
alkalischer Abfälle
Im Auftrag des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft, Sektion VI
Projektleitung und Bearbeitung:
Peter MOSTBAUER
Endbericht, Juni 2012
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 2
Inhalt
1 Einleitung ....................................................................................................................... 3
2 Auswertung der Literatur aus der Abfallwirtschaft und Energietechnik............................ 4
2.1 Reaktionsmechanismen und Kinetik ........................................................................ 4
2.2 Aktivierung von metallischem Aluminium ................................................................. 6
2.3 Beispiele für die Versuchsdurchführung aus der Energietechnik ............................. 7
2.4 Beispiele für die Versuchsdurchführung aus der Abfallwirtschaft ............................. 7
3 Experimenteller Teil .......................................................................................................10
3.1 Testprogramm, Experimentelle Bedingungen – isothermer Gastest .......................10
3.2 Experimentelle Bedingungen – quasi-adiabatischer Gastest und Test zur
Bestimmung des Temperaturverlaufes .............................................................................13
3.3 Resultate – isothermer Gastest ..............................................................................14
3.4 Resultate – quasi-adiabatischer Gastest und Temperaturentwicklung ....................19
4 Erläuterungen des rechtlichen Rahmens bezüglich Einstufung, Kennzeichnung und
Verpackung von Stoffen und Gemischen .............................................................................23
5 Diskussion und Schlussfolgerungen ..............................................................................25
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 3
Methode zur Bestimmung der Gasentwicklung alkalischer Abfälle
1 Einleitung
Die Österreichische Deponieverordnung 2008 (DVO 2008) stellt in Anhang 5 Punkt 1 einen
Bezug zu einer ADR-Methode (jetzt: CLP-Methode) zur Bestimmung der Gasentwicklung
von Stoffen und Gemischen her. Die ADR-Methode wurde ursprünglich für die Einstufung
von chemischen Stoffen und Gemischen (nicht Abfällen) im Kontext des
Gefahrenguttransportes konzipiert und entwickelt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass bei
der Anwendung dieser Methode für Fragestellungen in der Abfallwirtschaft bereits mehrmals
praktische Probleme aufgetreten sind. So wurden z.B. in Österreich durch das Büro Kisser
und das Labor des Umweltbundesamtes in Wien schlechte Reproduzierbarkeit sowie vom
Institut für Abfallwirtschaft (BOKU Wien) nicht nachvollziehbare Temperaturentwicklung in
den Proben festgestellt. Weiters ist in Anhang 5 Punkt 1 der Bezug zum ADR demnächst
nicht mehr aktuell („ADR 2007“).
In den Sitzungen der Arbeitsgruppe 224.03 „Analysenmethoden“ des FNA 224 wurde daher
am 17.Juni und 20.September 2011 beschlossen, in Österreich eine Norm zur Bestimmung
der Gasbildung alkalischer Abfälle zu erarbeiten.
Ziel der vorliegenden Studie war die Erarbeitung von Grundlagen für die Quantifizierung der
Gasentwicklung (Verlauf, Maximum der Gasbildung und Gasbildungspotential) in alkalischen
Abfällen und die Erarbeitung eines neuen Konzeptes für einen Gastest. Im ersten Teil der
Studie wurde der Entwicklungsstand der einschlägigen Testmethoden erhoben, ein Konzept
für einen quasi-adiabatischen Test erarbeitet und im Zwischenbericht vom Dezember 2011
dargestellt. In der im Dezember 2011 abgehaltenen Normungssitzung kristallisierte sich
jedoch in der Arbeitsgruppe 224.03 im Normungsausschuss „Analysenmethoden“ stärker der
Bedarf nach einer Adaption und Präzisierung der bestehenden CLP-Methode (Methode der
Vereinten Nationen, beschrieben im UN Manual of Tests and Criteria, 5th revised edition,
VN, 2009) heraus. Im vorliegenden Endbericht werden daher folgende, im Zwischenbericht
dargestellte Resultate nicht wiederholt:
- Grundlagen für die Entwicklung eines neuen Tests, inklusive Auswahl der
Gefäßmaterialien, Abschätzung des Wärmeverlustes, Probenvorbereitung,
Gasleitung und Temperaturmessung
- Erstvorschlag für die experimentelle Ausstattung und Testbedingungen
Der bereits im Zwischenbericht enthaltene Abschnitt „Auswertung der Literatur aus der
Abfallwirtschaft und Energietechnik“ wird unverändert übernommen. Daran anschließend
werden die Ergebnisse von experimentellen Untersuchungen zur Optimierung bzw.
Präzisierung des Tests dargestellt. Anhang 1 (eigene pdf-Datei) ist der erste Normenentwurf
zum Gastest (Stand: Mitte Mai 2012), welcher im Rahmen des vorliegenden Projektes
erarbeitet wurde.
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 4
2 Auswertung der Literatur aus der Abfallwirtschaft und
Energietechnik
Da auch bei der Entwicklung neuer Energiespeicher (Batterien, Akkumulatoren)
Versuchsanordnungen verwendet werden, mit denen die Gasbildung von Aluminium in
alkalischem Milieu gemessen werden kann, wurde die Recherche zu bestehenden
Testmethoden auch auf die Energiespeicherung ausgedehnt.
Die Entwicklung der Technik der Energiespeicherung in Batterien und Akkumulatoren ist in
den vergangenen zwei Jahrzehnten durch den Umstieg von teilweise toxischen, schwereren
Elementen (Cadmium) zu leichteren Elemente mit höherer Energiedichte (z.B. Lithium)
geprägt. Die Möglichkeit, auch metallisches Aluminium (Al) in diesem Bereich einzusetzen,
ist seit den frühen 1960-er Jahren bekannt und wurde in den letzten 10 Jahren intensiver
untersucht. Das zugrundeliegende Konzept sieht vor, Al mit Wasser in kontrollierter Form in
Reaktion zu bringen, wobei Wasserstoff (H2) entsteht. Das Wasserstoffgas kann dann mittels
Brennstoffzellen in elektrische Energie umgewandelt werden oder es kann für H2
anschließend auch eine andere Form der Energieumwandlung gewählt werden, z.B. eine
Turbine.
Das Grundproblem der Verwendung von Al als Energie-Speichermedium ist die Passivierung
– bei der Reaktion von Al mit Wasser entsteht an der Oberfläche des Metalls ein Film aus Al-
Oxid bzw. Al-Hydroxiden, der den weiteren Wasserzutritt zur Metalloberfläche unterbindet
und damit die Reaktion von Al mit H2O (= die Al-Oxidation) verlangsamt oder auch fast
vollständig zum Stillstand bringt. Auf der Suche nach technischen Lösungen für dieses
Problem wurden daher der Verlauf und die Kinetik der Al-Oxidation in zahlreichen
wissenschaftlichen Arbeiten untersucht. Weiters wurden bereits mehrere patentierte
Lösungen angeboten (Reviews dieser Untersuchungen: LI & BJERRUM, 2002, SOLER et
al., 2007). Darüber hinaus stellen die wissenschaftlichen Arbeiten zur Al-Oxidation aus der
Energietechnik auch eine Informationsquelle für experimentelle Ansätze zur Untersuchung
der H2-Bildung dar.
Erste Vorschläge für die Bestimmung der H2-Bildung in alkalischen Abfällen Untersuchungen
zum Verlauf der Reaktionen sind auch in der Fachliteratur zur Abfallwirtschaft vorhanden.
Insbesondere wurde der Reaktionsmechanismus von Al in MVA-Schlacke von HEUSS-
ASSBICHLER et al (2010) untersucht.
2.1 Reaktionsmechanismen und Kinetik
Die Wasserstoffbildung in alkalischen Reststoffen beruht auf der Reaktion von Wasser mit
Metallen, vor allem Aluminium. Rein thermodynamisch betrachtet, können die unedlen
Metalle K, Na, Li, Al, Mg, Zn, Fe und Si bei Kontakt mit Wasser theoretisch H2 bilden. In der
Praxis sind jedoch Alkalimetalle (Na, K) im Abfall nicht vorhanden (sowie Li nur in Spuren).
Die Reaktionen von Zn, Fe und Si sind sehr langsam bzw. im alkalischen Milieu nicht
begünstigt, sodass vor allem metallisches Al (unlegiert und in Form von Al-Legierungen) die
Ursache für die H2-Bildung in alkalischen Abfällen ist (HEUSS-ASSBICHER et al, 2010,
ILYAS et al, 2010).
Die Reaktion zwischen Al-Metall und Wasser wird bei hohem pH-Wert begünstigt, da das Al
in Form eines Hydroxo-Komplexes (Na-Aluminat) in Lösung geht:
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 5
Al + 3 H2O + NaOH NaAl[OH]4 + 1.5 H2 (Reaktion I)
SOLER et al.(2009) haben gezeigt, dass die Na-Aluminat-Lösung erneut mit fein verteiltem
metallischem Al reagieren kann. Dabei wird NaOH regeneriert, sodass sich bei fein
verteiltem Al insgesamt eine Reaktion ergibt, die keine OH- Ionen verbraucht:
NaAl[OH]4 NaOH + Al(OH)3 (Reaktion II)
Insgesamt damit: Al + 3 H2O = Al(OH)3 + 1.5 H2
Beide Reaktionen (I und II) werden verzögert, indem sich rund um die Metallpartikel ein
Korrosionssaum bildet. HEUSS-ASSBICHLER et al., 2010 haben nach näherer
Untersuchung der Textur und Zusammensetzung des Korrosionssaumes folgende
Mechanismen der Al-Oxidation in MVA-Schlacke unterschieden:
Korrosionstyp 1: Metallpartikel sind von AlOOH umhüllt. Kleinere Metallpartikel sind
oftmals vollständig oxidiert, und es liegt nur mehr Al(OH)3 vor.
Korrosionstyp 2: Multiphasenhülle: Das AlOOH oder Metall ist von einem weiteren
Korrosionssaum umgeben, in dem weitere schwerlösliche Al-Verbindungen, z.B.
Hydrocalumit, Monosulfat oder Ettringit vorliegen.
Korrosionstyp 3: Es liegt überwiegend AlOOH vor. Nur in kleinen Bereichen liegt noch
Al-Metall assoziiert mit Fe vor.
Korrosionstyp 4: Die Korrosion verläuft entlang von Kanälen („Fresslöchern“) im Al-
Metall.
Weil gemäß Elektronenstrahl-Mikroanalyse in den Korrosionshüllen deutlich mehr AlOOH
(Böhmit) als Al(OH)3 vorliegt, ist die Summenreaktion der Oxidation von Al ist nach HEUSS-
ASSBICHLER et al., 2010:
Al + 2 H2O AlOOH + 1.5H2 (Reaktion III)
Am Mol- und Massenverhältnis zwischen Al und H2 ändert sich dabei gegenüber der
Formulierung bei SOLER et al.(2009) nichts. Pro Mol Al werden 1.5 Mol H2-Gas gebildet, d.h.
1,246 Nm3 H2.
Die Temperaturabhängigkeit der Reaktion zwischen Al und OH- (bzw. Wasser) spielt bei der
Entwicklung von Al-basierten Energiespeichern eine entscheidende Rolle. Es liegen dazu
mehrere Ergebnisse vor (z.B. ROSENBAND & GANY, 2010, SOLER et al., 2009).
Vergleichbar mit dem System MVA-Schlacke + Wasser ist das von SOLER et al., 2009
untersuchte System, bestehend aus Al, Wasser und gelöstem NaAlO2 (andere Schreibweise
für NaAl(OH)4). Nach SOLER et al. kann die Temperaturbeständigkeit im Bereich zwischen
65oC und 85oC mit folgender Arrhenius-Formel beschrieben werden:
Ln(k) = -8,5767*(1000/T) + 18,811
k…..Reaktionsgeschwindigkeit, Ln(k)…..natürlicher Logarithmus von k
T….Temperatur (oK)
Dies bedeutet, dass die Reaktionsgeschwindigkeit bei Temperaturerhöhung um 20oC auf das
4,13-fache ansteigt. Die Linearität der Beziehung zwischen 1/T und Ln(k) besteht nach
ROSENBAND & GANY, 2010 bis hinunter zum Bereich der Raumtemperatur.
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 6
Falls die gebildete Wärme nicht abgeleitet wird (und solange keine Verdampfung von
Wasser eintritt), besteht zwischen der Temperaturerhöhung und der Geschwindigkeit der Al-
Oxidation ein Rückkopplungseffekt: Höhere Temperatur führt zur Beschleunigung der
Reaktion und vice versa.
2.2 Aktivierung von metallischem Aluminium
Wie bereits erwähnt, wurde die Aktivierung, d.h. die Beschleunigung der Reaktion von Al mit
Wasser, in der Energietechnik ausführlich untersucht. Möglichkeiten zur Beschleunigung der
Al-Oxidation sind:
Legierung von Al mit Metallen, welche eine beschleunigende Wirkung aufweisen, z.B.
Mg, Li, Hg, Pt, Zn, Ga, In oder Tl (ROSENBAND & GANY, 2010)
Beschleunigung durch Zugabe von Metallen (ROSENBAND & GANY, 2010,
PARMUZINA et al., 2008) oder Oxiden, insbesondere MoO3 oder Co3O4
(ROSENBAND & GANY, 201O) sowie Al2O3 (SKROVAN et al., 2011)
Aktivierung durch veränderte Zusammensetzung des Elektrolyten (Zusammen-
setzung der wässrigen Lösung)
Raschere Reaktion durch sehr kleine Korngrößen, insbesondere NANO-Aluminium
oder mechanische Zerkleinerung des Al-Metalls während der Reaktion (z.B.
MAHMOODI & ALINEJAD, 2010)
Verdampfung des Al-Metalls im Elektrobogen
In den folgenden Textteilen wird nur auf solche Technologien eingegangen, die einen Bezug
zur Al-Oxidation in MVA-Schlacke haben, und die beiden letzten Punkte der oben genannten
Aufzählung nicht in Diskussion gestellt.
Aktivierung durch Legierungsbildung
Die Korrosion von Al-Legierungen mit edleren Metallen (z.B. Gallium) als
Legierungsbestandteil führt zur Anreicherung dieser Metalle in der Oxidschicht und dies
wiederum bewirkt eine Beschleunigung der Al-Oxidation (LI & BJERRUM, 2002).
Weiters führen metallisches Quecksilber, Zinkamalgam und flüssige Eutektika (PARMUZINA
& KRAVCHENKO, 2008) zu einer beschleunigten Korrosion von Al.
Aktivierung durch Zugabe von Metallen oder Oxiden
Die Zugabe von Aluminiumoxid (Al2O3), Titan-, Chrom-, Molybdän- oder Kobaltoxid (TiO2,
Cr2O3, MoO3, Co3O4) beschleunigt die Korrosion von Al. Der Reaktionsmechanismus ist nicht
bekannt.
Besonders wirksam ist die Aktivierung auf Basis von Lithium (Li). Das Verfahren ist jedoch
patentrechtlich geschützt, und die Zusammensetzung des Li-Aktivators nicht bekannt (LI &
BJERRUM, 2002).
Aktivierung durch veränderte Zusammensetzung des Elektrolyten
Nach HEUSS-ASSBICHLER et al, 2010 wirkt Chlorid beschleunigend. Im Gegensatz dazu
haben ROSENBAND & GANY, 2010 anfänglich eine merklich geringere Geschwindigkeit der
Korrosion beobachtet, wenn destilliertes Wasser durch Meerwasser ersetzt wird. Auch
gelöste redoxsensitive Elemente, wie Fe und Cu, haben Einfluss auf die Korrosion von Al.
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 7
2.3 Beispiele für die Versuchsdurchführung aus der Energietechnik
Versuche zur Optimierung der H2-Bildung in der Energietechnik wurden meist bei
Raumtemperatur oder bei konstanten Temperaturen im Bereich zwischen 5oC und 75oC
durchgeführt (Thermostat, Wasserbad). Die Registrierung der gebildeten H2-Menge erfolgte
häufig volumetrisch. Die unten genannten Beispiele zeigen weitere Möglichkeiten zur
Bestimmung des H2-Volumens bzw. der H2-Menge auf.
JUNG et al., 2008, verwenden einen Massen-Durchflussregler der Fa. CNL (Korea) zur
Bestimmung des Gasvolumens. Der Massen-Durchflussregler ist an einen PC
angeschlossen, der die Gasmengen kontinuierlich registriert. Dies ist jedoch nur möglich,
wenn entsprechend große Gasmengen entstehen. Übertragen auf die mögliche Anwendung
in der Abfallwirtschaft wären große Probenmengen erforderlich (deutlich > 10 kg) und die
größeren H2-Mengen stellen ein sicherheitstechnisches Risiko dar.
Der Versuchsaufbau besteht bei ROSENBAND & GANY, 2010 aus einem Glasgefäß, das
sich in einem thermostatierten Wasserbad befindet. Im Glasgefäß befindet sich eine
Thermosonde zur Temperaturmessung. Ein weiterer Glaszylinder speichert das gebildete H2-
Gas. Das Gasvolumen wird bestimmt, indem die in diesem Glaszylinder verdrängte
Wassermenge aufgefangen und gewogen wird.
Abbildung 1: Experimenteller Aufbau bei ROSENBAND & GANY, 2010
2.4 Beispiele für die Versuchsdurchführung aus der Abfallwirtschaft
Das kurzfristige Gasbildungspotential von Flugasche kann nach AUBERT et.al., 2004 bei
Raumtemperatur durch Zugabe von einmolarer NaOH-Lösung zur aufbereiteten Abfallprobe
bestimmt werden. AUBERT et al., 2004 bereiten zu diesem Zweck die Abfallprobe auf
<125 µ auf und verwendeten eine Reaktionszeit von vier Stunden. Das Gas wurde
volumetrisch gemessen. Frühere Versuche mit der NaOH-Methode (COURTAZ, 1996, zitiert
in AUBERT et al., 2004) führten nicht zum Erfolg, weil MVA-Schlacke nicht aufbereitet wurde
und die Kinetik zu langsam war. Die reproduzierbare Aufbereitung metallhältiger Proben ist
jedoch problematisch – Al ist mehr oder minder duktil und lässt sich nur schwierig auf eine
definierte Korngröße herunterbrechen. Damit ist fraglich, ob die von AUBERT
vorgeschlagene Methode auch bei MVA-Schlacke anwendbar ist. Weiters lassen die bei
AUBERT et al., 2004 dargestellten Diagramme erkennen, dass die Reaktion selbst bei der
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 8
verwendeten, feinkörnigen Flugasche nach vier Stunden noch nicht vollständig
abgeschlossen war.
JAROS und HUBER, 1997, schätzen ebenfalls das Gasbildungspotential nach durch
Aufbereitung (Mahlen) von MVA-Schlacke im Labor und Zugabe von NaOH-Lösung ab,
verwenden jedoch eine höhere Konzentration der Lauge (20% ige NaOH-Lösung). Darüber
hinaus wurde die Kinetik der H2-Freisetzung von frischer MVA-Schlacke beobachtet, indem
mehrere kg der Probe (Original-Schlacke) in geschlossenen Polypropylenflaschen im
Inneren von DEWAR-Gefäßen gelagert wurden. Ob infolge der langen Versuchsdauer (bis
zu 265 d) H2-Verluste auftraten, ist nicht bekannt.
Mit dem Oxitop-System haben beispielsweise ILYAS et al., 2010 die Gasbildung von MVA-
Rostasche gemessen. Der Versuch wurde mit zwischengelagerter Rostasche bei 20oC
durchgeführt und ist infolge der eher geringen Temperatur und der nicht präzise
angegebenen Lagerungsdauer der Abfallproben („few weeks old“) wenig aussagekräftig.
Eine Verwendung bei höherer Temperatur sollte jedoch in Erwägung gezogen werden.
Das Oxitop-System besteht aus einem gasdichten System und einem angeschlossenen
Drucksensor, dessen Signal via Infrarotstrahlung an einen Datenlogger übertragen wird. Für
die Messung der Sauerstoffaufnahme von biologisch aktiven Proben wird CO2 in KOH
absorbiert und der Unterdruck registriert. Das Gerät kann jedoch auch Überdrücke messen
und damit für die Methan- oder Wasserstoffbildung von Abfällen eingesetzt werden. Die
Messung wird isotherm (bei konstanter Temperatur) durchgeführt.
Abbildung 2: Oxytop-System (Graphik: HEERENKLAGE & STEGMANN, 2005)
Dem Oxitop-System vergleichbar, aber zum Zweck der Bestimmung von Carbonat im
Gestein wurde von der Fa. A.T.I. in Frankreich ein System entwickelt, bei dem ebenfalls die
automatisierte Druckmessung zur Bestimmung der gebildeten Gasmenge (in diesem Fall:
CO2) eingesetzt wird (A.T.I., 2011). Das System der Fa. A.T.I. ist jedoch aufgrund der kleinen
Versuchsgefäße und voraussichtlich großen Wärmeverluste für die vorliegende
Fragestellung nicht geeignet.
Auch Details im Versuchsaufbau bei der Bestimmung der Gasbildung (GB21, GS21) in
biologisch abbaubaren Abfällen sind für die vorliegende Fragestellung von Interesse. Die
folgende Abbildung (HEERENKLAGE & STEGMANN, 2005) zeigt, wie eine zylindrische
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 9
Mensur im Prinzip zur Messung des gebildeten Gasvolumens verwendet werden kann. Um
die Mensur anfänglich vollständig mit der Sperrflüssigkeit zu füllen, sollte jedoch der Hahn
(„gas sampling“ in der Abbildung) im Fall von H2 als Gas-Hauptkomponente vertikal an der
Deckplatte der Mensur montiert werden. Es wird die Verwendung von gasdichten Glasschliff-
Hähnen empfohlen.
Abbildung 3: Bestimmung der Gasbildung (GS21) nach HEERENKLAGE & STEGMANN, 2005
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 10
3 Experimenteller Teil
Der experimentelle Teil sollte im vorliegenden Projekt ursprünglich für die Festlegung eines
geeigneten L/S-Verhältnisses und einer geeigneten Ausgangstemperatur für einen quasi-
adiabatischen Test dienen. Die Mitglieder des Arbeitsgruppe „Analysenmethoden (FNA
224.03) haben in den Sitzungen während der Projektlaufzeit jedoch beschlossen, die
isotherme Methode für die entsprechende Österreichische Norm zu wählen. Weiters wurde
auch gleichzeitig ein L/S-Verhältnis von L/S = 2 und eine Temperatur von 20oC in diesen
Sitzungen festgelegt. Der Focus der Untersuchungen lag nach den Beschlüssen des FNA
224.03 stärker auf der Entwicklung und Präzisierung eines isothermen Tests. Die bei
unterschiedlichen Temperaturen durchgeführten isothermen Gastests dienen im
vorliegenden Projekt nicht mehr der Festlegung der Versuchstemperatur, sondern der
Festlegung von Details der Versuchsdurchführung sowie der erweiterten Beurteilung von
Prozessen in Deponien. Insbesondere bei der Ablagerung von alkalischen Abfällen ist die
beschleunigende Wirkung der exothermen Reaktionen auf die Freisetzung von
Wasserstoffgas zu beachten.
3.1 Testprogramm, Experimentelle Bedingungen – isothermer Gastest
Versuche zur Gasbildung bei konstanter Temperatur (isothermer Gastest) wurden mit der in
Abbildung 4 dargestellten Apparatur durchgeführt. Nähere Hinweise zur Durchführung der
Versuche werden im beiliegenden Normvorschlag dargestellt. Die Versuche wurden bei
17oC, 20oC, 23oC, 30oC, 40oC und 55oC durchgeführt.
Abbildung 4: Experimentelle Ausstattung – isothermer Gastest
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 11
Abbildung 5: Foto der Versuchseinrichtung vom Jänner 2012
Versuchsmaterial Akronym Temperatur (oC)
17 20 23 30 40 55
MVA-Rostasche aus Wien MVA-S X - - X - X
MVA-Rostasche aus Wien, dotiert mit metallischem Aluminium
MVA-S + Al X X X X X X
WSO-Filterstaub WSO-FA X X X X X X
Aufbereitete WSO-Bettasche < 6mm WSO-BA < 6 X - - - - X
Aluminiumschlackestaub aus Deponie Alu-S - X - - - -
Tabelle 1: Versuchsmaterialien und Arbeitsprogramm
Versuchsmaterialien:
Die Probe MVA-S ist die Rostasche (=“MVA-Schlacke“) aus einer Abfallverbrennungsanlage
(Rostfeuerung) in Wien, die sich zum Zeitpunkt der Probenahme im Normalbetrieb befand.
Die Probenahme erfolgte direkt vom frisch aufgeschütteten Abwurfkegel im Schlackebunker.
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 12
WSO-FA ist eine Filterstaub-Probe aus dem Testbetrieb einer Wirbelschichtanlage in der
Steiermark. In diesem Testbetrieb wurden eine heizwertreiche Fraktion aus der
mechanischen Aufbereitung von Restmüll gemeinsam mit Verpackungsmaterial und
Klärschlamm thermisch verwertet.
WSO-BA<6 ist eine großtechnisch aufbereitete Fraktion der Bettasche aus einer
zirkulierenden Wirbelschichtanlage in Oberösterreich. Die Bettasche wurde durch Siebung,
Magnetabscheidung und Induktionsabscheidung aufbereitet und enthält demnach nur sehr
geringe Metallanteile.
Die Probe MVA-S+Al besteht aus jeweils 200 g der Fraktion <10mm, die durch Aufbereitung
der Probe MVA-S hergestellt wurde und 2,5 g metallischem Al. Die Stückgröße des
metallischen Al beträgt ca. 1 x 2 x 10 mm.
Al ist eine Hartaluminium-Legierung, bestehend aus 90% Al, 1,2-2% Cu, 0,3% Mn, 2,1-2,9%
Mg und 5,1-6,1% Zn.
Die Probe Alu-S ist ein Aluminiumschlackestaub aus dem Recycling von Al, welcher in den
Jahren 1974 bis 1990 abgelagert wurde. Die Probe stammt aus tieferen Schichten der
Deponie und weist trotz Jahrzehntelanger Lagerung in der Deponie nur einen sehr geringen
Wassergehalt (ca.3%) auf.
Probenaufbereitung und -lagerung im Labor
Die Proben WSO-FA, WSO-BA<6 und Alu-S wurden direkt für den Gastest verwendet. MVA-
Rostasche aus Wien wurde auf < 10 mm abgesiebt (siehe Abbildung 6). Die Fraktion < 10
mm wurde portionsweise bei -27oC aufbewahrt und nach vorsichtigem Auftauen der Probe
für den Gastest verwendet. Die trockenen Proben WSO-FA und WSO-BA<6 wurden bei
Raumtemperatur in geschlossenen Gefäßen aufbewahrt.
Abbildung 6: Aufbereitung der Probe MVA-S
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 13
3.2 Experimentelle Bedingungen – quasi-adiabatischer Gastest und Test
zur Bestimmung des Temperaturverlaufes
Die Tests zur Ermittlung des Temperaturverlaufes wurden in DEWAR-Gefäßen oder in
einem dünnwandigen Polypropylen-Gefäß, welches in eine Styropor-Ummantelung
eingebettet ist, durchgeführt. In beiden Fällen nimmt die Versuchseinrichtung nur geringe
Wärmemengen auf bzw. die Probe gibt nur eine vernachlässigbare Wärmeenergie an die
Umgebung ab. Insofern liegen „quasi-adiabatische“ Versuchsbedingungen vor. Der Test zur
Bestimmung des Temperaturverlaufes bei Kontakt trockener alkalischer Abfälle mit Wasser
(DEWAR-Methode) wird in Abbildung 7 exemplarisch dargestellt.
Abbildung 7: Quasi-adiabatischer Gastest und Bestimmung des Temperaturverlaufes (DEWAR-Methode)
Anmerkung: Diese Methode ist bei Nass-Austragssystemen (z.B. MV-Rostasche) sowie im
Fall der Stabilisierung oder Verfestigung von Abfällen mit hydraulischen Bindemitteln nicht
zweckmäßig – siehe Annex 2 zum beiliegenden Normvorschlag.
Selbsterhitzungsversuche: Für das Testprogramm zur Erarbeitung des Normvorschlages
wurden jeweils 600 g Probe mit einer bestimmten Wassermenge (siehe folgende Tabelle)
gemischt. Anschließend wurde das Gemisch rasch in Kunststoffsack und danach in ein
DEWAR-Gefäß eingebaut. Die Temperatur im Gemisch wurde in regelmäßigen
Zeitabständen mit digitalen Messinstrumenten gemessen.
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 14
Probe WSO-FA MVA-S<10mm
Probenmasse (g) 600 600 600 600 600
Wassermasse (g) 240 420 600 240 120
L/S a) 0,4 0,7 1,0 0,62 0,39
Anfangstemperaturen: --- --- --- --- ---
Probe (oC) 19,9 19,9 19,9 20,4 20,5
Wasser (oC) 20,7 20,7 20,7 20,7 20,7
Mischung nach Einbau (oC) 21,1 21,0 21,1 19,6 19,4
a) Der Wassergehalt der Probe MVA-S<10mm ist 13,7%
Tabelle 2: Selbsterhitzungsversuche, Versuchsbedingungen
3.3 Resultate – isothermer Gastest
Wie aufgrund der Literatur (siehe Abschnitt 2) zu erwarten war, ist die Gasbildung in den
alkalischen Abfällen stark temperaturabhängig. Die innerhalb von 7 Stunden gebildete
Gasmenge (G7) steigt bei WSO-FA bei Temperaturanstieg von 17 auf 55oC um das ca.2-
fache, bei MVA-S+Al sogar auf um den Faktor 9,5 an. Auch bei der Probe MVA-S ist eine
deutliche Temperaturabhängigkeit der Gasmenge G7 erkennbar.
Tabelle 3: Gasbildung innerhalb von 7 Stunden – isothermer Gastest
Temperatur MVA-S MVA-S+Al WSO-FA WSO-BA<6
17oC < 0,02 0,14 3,05 < 0,02
20oC 0,18 4,81
23oC 0,22 4,73
30oC 0,07 0,31 4,82
40oC 0,51 4,96
55oC 0,22 1,29 5,98 < 0,07
Gasmenge in 7 Stunden G7 (Nl/kg)
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 15
Abbildung 8: Gasbildung innerhalb von 7 Stunden – isothermer Gastest
Anmerkung zu Abbildung 8: Die dargestellte Gasmenge ist bei den Proben MVA-S und MVA-
S+Al auf 1 kg Feuchtsubstanz der Originalprobe bezogen. Bezogen auf die Fraktion < 10
mm, die beim Gastest eingesetzt wird, ist die Gasmenge um den Faktor 1,46 größer, also
z.B. 1,29 * 1,46 = 1,88 Nl/kg FS (<10 mm) bei 55oC und der Probe MVA-S+Al.
Tabelle 4: Maximale Gasbildungsrate – isothermer Gastest
Die Gasbildung von MVA-Rostasche (MVA-S) bei 17oC ist sehr gering. Zwischen 30oC und
55oC steigt die Gasmenge G7 von 0,07 Nl/kg auf 0,22 Nl/kg, ist damit aber immer noch
Temperatur MVA-S MVA-S+Al WSO-FA WSO-BA<6
17oC < 0,05 ca. 0,05 0,67 < 0,05
20oC ca. 0,05 1,04
23oC ca. 0,1 1,10
30oC ca. 0,1 ca. 0,1 1,03
40oC 0,034 2,23
55oC ca. 0,1 0,070 4,03 < 0,05
Maximale Gasbildung (Nl/kg*h)
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 16
gering im Vergleich zur Filterasche (vgl. WSO-FA). Die Probe WSO-BA bildet nur extrem
geringe Gasmengen, was auf eine sehr gute Metallabtrennung bei der großtechnischen
Aufbereitung zurückgeführt werden kann.
Abbildung 9: Maximale Gasbildungsrate – isothermer Gastest
Anmerkungen zu Abbildung 9 und Tabelle 4:
Da insbesondere für eine Temperatur von 40oC und 55oC die Ausdehnung nicht ausreichend
exakt bestimmt bzw. berechnet werden konnte, wurde die erste halbe Stunde bei der
Berechnung des Maximums nicht berücksichtigt. Bei der Probe WSO-FA hat dies keine
Auswirkung auf das Ergebnis, weil das Maximum der Gasbildung im Zeitraum zwischen 0,5
bis 1,5 h nach Versuchsbeginn eintritt. Die dargestellte maximale Gasbildungsrate ist bei den
Proben MVA-S und MVA-S+Al auf 1 kg Feuchtsubstanz der Originalprobe bezogen.
Bezogen auf die Fraktion < 10 mm, die beim Gastest eingesetzt wird, ist die maximale
Gasbildungsrate um den Faktor 1,46 größer.
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 17
Abbildung 10: Beispiel für die zeitliche Entwicklung der Gasmenge (kumulativ) – isothermer Gastest, 40oC
Tabelle 5: Beispiel für die gute Reproduzierbarkeit des isothermen Gastests, 40oC.
In Tabelle 5 sowie in Abbildung 10 wird das gebildete Normvolumen bezogen auf die beim
Test eingesetzte Teilprobe dargestellt (200 g, bei MVA-S bezogen auf die Fraktion < 10 mm).
„A“, „B“ und „C“ bezeichnet die gleichzeitig durchgeführten Parallel-Bestimmungen.
Für die Praxis der Durchführung des Tests liegen ferner folgende Beobachtungen vor:
1) Der Test ist bei allen Temperaturen gut reproduzierbar, wenn die Gasleitung nicht
sofort an die Eudiometerrohre angeschlossen wird, sondern abgewartet wird bis das
Spülgas im Kolben annähernd die Temperatur des Wasserbades erreicht (=
Temperaturausgleich). Wird hingegen die Verbindung von Erlenmeyerkolben und
Eudiometerrohr sofort nach der N2-Spülung hergestellt, dann wäre die Ausdehnung
des Totvolumens (=Gasvolumens) im Eudiometerohr rechnerisch zu berücksichtigen.
Der dabei auftretende relative Fehler (%, bezogen auf gesamtes innerhalb von 7h
Zeit (h)
Test A B C A B C
0 0 0 0 0 0 0
0,5 22 22 22 182 195 204
1 40 40 35 407 416 425
1,5 53 53 49 540 544 579
2 62 66 57 645 645 658
3 79 88 75 728 723 732
4 101 106 93 824 811 815
5 115 123 106 899 877 864
6 132 141 119 943 926 926
7 150 159 137 1010 993 971
MVA-S+Al, <10mm WSO-FA
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 18
gebildetes Gasvolumen) kann jedoch groß sein, sodass bei Proben, die nur wenig
Gas bilden, ein vorheriger Temperaturausgleich zwischen Spülgas (Gas im Kolben)
und Wasserbad empfohlen wird.
2) In der Frage der Entscheidung „Doppel- oder Dreifachbestimmung“ war die
Beobachtung ausschlaggebend, dass das Stagnieren der Gasvolumina in einem der
drei Eudiometerrohre im Vergleich zu den beiden anderen Eudiometerrohren einen
deutlichen Hinweis auf Undichtheiten im System liefert. Da auch bei sorgfältiger
Arbeitsweise Undichtheiten im System (z.B. durch unvorsichtige Bedienung der
Hähne) nicht auszuschließen sind, wird eine Dreifachbestimmung empfohlen.
3) Die Vorgabe, dass die Temperatur des Mischwassers innerhalb des
Temperaturbereiches von 17 bis 23oC liegen soll, ist in der Praxis leicht zu erreichen.
Auch für die Probe selbst ist dies eine erfüllbare Vorgabe. Vorsicht ist jedoch
geboten, wenn die Probe tiefgefroren vorliegt. Zu rasches Auftauen kann hier zu
Überhitzung, zu vorsichtiges Auftauen wiederum zu einer zu geringen Start-
Temperatur führen. Überhitzung der Proben kann zu einem Verlust der Reaktivität
führen und damit eine zu geringe Gasbildung vortäuschen.
4) Vor jeder Zwischenentleerung des Eudiometerrohres ist ein Druckausgleich
erforderlich.
5) Durchmesser und Skalierung der Eudiometerrohr (Durchmesser: 6 cm) haben sich
bewährt. Die schließlich im ersten Normvorschlag gewählten Abmessungen sind
ähnlich.
6) Das Ergebnis anderer Analyseninstitute, dass Aluminiumschlackestaub eine
ungleichmäßige Gasproduktion aufweist, wurde teilweise bestätigt. Nicht bestätigt
werden konnte jedoch ein „Stillstand“ der Gasproduktion. Es wird vermutet, dass der
früher beobachtete „Stillstand“ methodische Ursachen hat. Mit der im vorliegenden
Bericht dargestellten und empfohlenen Methode wird auch bei
Aluminiumschlackestaub eine gleichmäßige Gasproduktion erreicht, wenn die
Versuchsdauer erhöht und die Intervalle zwischen den Messungen verringert werden
(vgl. Abbildung 11 und Abbildung 12).
Abbildung 11: Gasproduktion von Aluminiumschlackestaub (Alu-S) bei 20oC
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 19
Abbildung 12: Gasproduktion von Aluminiumschlackestaub (Alu-S) bei 20oC, verlängerte Messdauer
3.4 Resultate – quasi-adiabatischer Gastest und Temperaturentwicklung
Die in DEWAR-Gefäßen durchgeführten Tests zur Selbsterhitzung zeigen einen
Temperaturanstieg, der bei der trockenen Filterasche aus der Wirbelschichtfeuerung deutlich
größer ist als bei der MVA-Rostasche. Die MVA-Rostasche wurde im Nass-Austragssystem
der MVA-Anlage gekühlt sodass einige exotherme Reaktionen, die bei Kontakt mit Wasser
auftreten, bereits vorweggenommen wurden.
Der Temperaturanstieg hängt deutlich vom L/S-Verhältnis ab. Dies ist auch zu erwarten, falls
die gleiche Wärmemenge freigesetzt wird, weil durch die Wärmekapazität der zusätzlichen
Wassermasse eine Dämpfung des Temperaturanstieges eintritt. Die Temperaturerhöhung ist
bei L/S = 0,4 (bzw. 0,39 für MVA-S<10 mm) am größten. Bei der Probe MVA-S<10mm
beträgt die gesamte Temperaturerhöhung innerhalb von 7 Stunden (im Diagramm aufgrund
des geringen Steigung kaum erkennbar) nur 0,8oK bei L/S=0,62, jedoch bereits 1,4oK bei
L/S=0,39.
In der Testserie lieferte die Probe WSO-FA bei L/S=0,4 innerhalb der ersten 3 Stunden den
raschesten Temperaturanstieg. Der Temperaturanstieg beträgt bei diesem L/S-Verhältnis
21,1oC d.h. im Durchschnitt ca. 7oK pro Stunde.
Für den quasi-adiabatischen Test (siehe Abbildung 7) wurden gemäß den im
Zwischenbericht dargestellten Berechnungen zur Diffusionsbeständigkeit (und
Wärmeverlusten durch Erwärmung der Gefäßwand) dünnwandige Polypropylen- und
Polyethylengefäße verwendet. Das Nennvolumen dieser Gefäße war 250 ml bzw. 500 ml.
Eine dauerhaft gasdichte Durchführung der Temperatursonden in diesen Gefäßen erwies
sich als problematisch. Es wurde daher die Temperatur des Gases nahe am Auslass des
Gefäßes gemessen (Linien „Gas“ in Abbildung 13). Diese ist jedoch deutlich geringer als die
im Material gemessene Temperatur (Punkte für „Mat“ in Abbildung 14), und es wurde in der
Folge auf Temperaturmessungen beim quasi-adiabatischen Test verzichtet. Der im
Projektantrag beschriebene Einsatz von Funkthermometern war nicht möglich, da die im
Laborhandel verfügbaren Funksensoren zu groß sind.
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 20
Die Entwicklung des Gasvolumens hängt im Bereich von L/S=0,4 bis L/S=1,0 nicht stark vom
L/S-Verhältnis ab. Jedoch sind bei L/S=2,0 die Temperaturerhöhung, das über 7 Stunden
gebildete Gasvolumen und auch die Gasproduktionsrate geringer (Abbildung 15). Diese
Ergebnisse sind nicht unmittelbar auf den isothermen Gastest übertragbar, weil vor allem die
geringeren Temperaturen bei L/S=2 die Entwicklung der Gasbildung verzögern, beim
isothermen Gastest jedoch die Temperatur im Versuchsmaterial weitestgehend durch das
Wasserbad definiert wird. Um dies zu bestätigen, wurden ein isothermer Versuchsansatz bei
der Probe MVA-S+Al nach 2 Stunden unterbrochen und die Temperatur im Versuchsmaterial
gemessen. Die Temperatur lag in diesem Fall nur wenige Zehntelgrad über der Temperatur
des Wasserbades (letztere war 20oC).
Abbildung 13: Selbsterhitzung der Proben nach Mischung mit Wasser
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 21
Abbildung 14: Quasi-adiabatischer Test: Temperatur im Gas und im Feststoff
Abbildung 15: Quasi-adiabatischer Test: Gasvolumen
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 22
Vorversuche, die bei der Probe WSO-FA mit einem L/S-Verhältnis von L/S=0,4 angesetzt wurden, mussten unterbrochen werden, weil das Gefäß überschäumt. Auch bei L/S=0,5 und L/S=0,7 kann der quasi-adiabatische Test nur dann durchgeführt werden, wenn im Gefäß noch ein ausreichendes Gasvolumen frei bleibt (≥ ca.250 ml). Dieses „Totvolumen“ verursacht jedoch einen zusätzlichen Aufwand bei der Auswertung, weil durch die Veränderung der Temperaturen im Gefäß zunächst eine nennenswerte Ausdehnung, später jedoch auch mitunter eine geringfügige Kontraktion eintritt. Allfällige Kondensation von Wasser am Gefäßkopf ist dabei zu beachten und bewirkt, dass das im Gefäß vorhandene Wasserdampfvolumen (dieses wird rechnerisch ermittelt) nur ungenau abgeschätzt werden kann.
Abbildung 16: Überschäumen der Gefäße im quasi-adiabatischen Test (Vorversuch) bei L/S=0,4
Schaumbildung wurde in geringem Ausmaß auch bei der Durchführung der isothermen Test
bei L/S=2,0 beobachtet. Diese Schaumbildung war jedoch bei der gewählten
Dimensionierung der Erlenmeyerkolben (1000 ml) unproblematisch.
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 23
4 Erläuterungen des rechtlichen Rahmens bezüglich Einstufung,
Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen
Der rechtliche Rahmen wird hier nur soweit dargestellt, als dies zum Verständnis der
Diskussion (Abschnitt 5) erforderlich ist. Eine Diskussion der EU-Bestimmungen über
Transport von Stoffen oder Abfällen ist hier nicht vorgesehen.
Um die Gefahren beim Transport von Stoffen zu vermeiden und die Kennzeichnung von
Stoffen und Gemischen zu harmonisieren, wurde im Dezember 2008 in Europa die
sogenannte CLP-Verordnung (EU, 2008) erlassen. Die CLP-Verordnung trat im Jänner 2009
in Kraft und wurde bzw. wird in den Jahren 2010 bis 2018 in den EU-Mitgliedsstaaten
stufenweise umgesetzt (SIZ, 2009, WKO, 2010, WELZBACHER, 2009). In der CLP-
Verordnung wurde dabei angestrebt, das bereits bei den Vereinigten Nationen (VN)
bestehende System „GHS“ zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien zu
übernehmen. „GHS“ bedeutet „Globally Harmonised System“), während „CLP“ eine
Abkürzung für „Classification, Labelling, Packaging“ ist. Es war daher naheliegend, dass die
CLP-Verordnung auf bereits bestehende Testmethoden der VN verweist. Für die Prüfung
von Stoffen und Gemischen sind gemäß den Bestimmungen der CLP-Verordnung folgende
Paragraphen / Anhänge zu beachten:
Artikel 1(1) nennt als Zweck der CLP-Verordnung unter anderem „Harmonisierung
der Kriterien für die Einstufung von Stoffen und Gemischen sowie der Vorschriften für
die Kennzeichnung und Verpackung gefährlicher Stoffe und Gemische.“
Gemäß Artikel 1(3) gilt Abfall nicht als Stoff noch Gemisch oder Erzeugnis.
Artikel 9 „Bewertung der Gefahreneigenschaften für Stoffe und Gemische“: Nach
Artikel 9 (1) sind die Kriterien und „Differenzierungen“ gemäß Anhang 1 Teile 2, 3, 4
und 5 anzuwenden.
In Anhang 1 Teil 2 Ziffer 2.12. wird konkret die Anwendung von VN-Testmethoden
zur Prüfung des Kriteriums „Stoffe und Gemische, die in Berührung mit Wasser
entzündbare Gase entwickeln“ gefordert.
Speziell verweist Anhang 1 Teil 2 Ziffer 2.12.2 auf bestimmte VN-Testmethoden:
„Stoffe oder Gemische, die in Berührung mit Wasser entzündbare Gase entwickeln,
sind anhand der Prüfung N.5 der UN-Empfehlungen für die Beförderung gefährlicher
Güter, Handbuch über Prüfungen und Kriterien Unterabschnitt
33.4.1.4……einzustufen.“
Die aktuelle Version des hier zitierten Handbuches über Prüfungen und Kriterien ist die
Version 5 (VN, 2009). Für die Einstufung von Stoffen in diese Klasse enthält dieses
Handbuch eine Prozedur (procedure 33.4.1.4.3) die vier Tests enthält:
Test 1: Eine kleine Menge der Probe wird in ein Wasserbad geworfen.
Test 2: Eine kleine Menge der Probe wird auf einem auf Wasser schwimmenden
Filterpapier aufgebracht.
Test 3: Ein kleiner Kegel der Probe (Durchmesser ca. 30mm, Höhe ca. 20mm) wird
mit einigen Tropfen Wasser befeuchtet.
Bei Test Nr. 1, 2 und 3 wird jeweils beobachtet, ob Gas gebildet wird und ob spontane
Entzündung eintritt. Der vierte Test enthält eine Anleitung zur Quantifizierung der
Gasproduktion.
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 24
Test 4: Der Text für diesen Gastest (Ziffer 33.4.1.4.3.5 im VN Manual) lautet:
„For solids, the package should be inspected for any particles of less than 500 µm diameter.
If that powder constitutes more than 1% (mass) of the total, or if the substance is friable, then
the whole of the sample should be ground to a powder before testing to allow for a reduction
in particle size during handling and transport. Otherwise, as for liquids, the substance should
be tested in its commercial state. This test should be performed three times at ambient
temperature (20oC) and atmospheric pressure. Water is put into the dropping funnel and
enough of the substance (up to a mass of 25 g) to produce between 100 ml and 250 ml of
gas is weighed and placed in a conical flask. The tap of the dropping funnel is opened to let
the water into the conical flask and a stop watch started. The volume of gas evolved is
measured by any suitable means. The time taken for all the gas to be evolved is noted and
where possible, intermediate readings are taken. The rate of evolution of gas is calculated
over 7 hours at 1 hour intervals. If the rate of evolution is erratic or is increasing after 7 hours,
the measuring time should be extended to a maximum of 5 days. The five day test may be
stopped if the rate of evolution becomes steady or continually decreases and sufficient data
has been established to assign a packing group to the substance or to determine that the
substance should not be classified in Division 4.3. If the chemical identity of the gas is
unknown, the gas should be tested for flammability.”
Das UN Manual formuliert folgende Empfehlungen zur Einstufung der Stoffe (basierend auf
den oben beschriebenen Untersuchungen):
Klasse I: Reagiert bei Raumtemperatur sehr heftig mit Wasser und zeigt Tendenz zur
Selbstentzündung, oder reagiert mit Wasser wobei die Gasproduktionsrate ≥10
l/kg*min (brennbare Gase) beträgt.
Klasse II: Reagiert mit Wasser wobei die Gasproduktionsrate ≥ 20 l/kg*h (brennbare
Gase) beträgt, die Kriterien für Klasse I jedoch nicht zutreffen.
Klasse III: Reagiert mit Wasser wobei die Gasproduktionsrate ≥ 1 l/kg*h (brennbare
Gase) beträgt, die Kriterien für Klasse I und Klasse II jedoch nicht zutreffen.
Die mögliche Anwendung anderer, nationaler Prüfmethoden in Europa wurde durch
Recherchen in der Fachliteratur, im Internet und durch Anfragen in Frankreich geprüft.
Soweit dies derzeit bekannt ist, sind keine nationalen Prüfmethoden für die Gasentwicklung
von Abfällen vorhanden (vorbehaltlich nicht übersetzter Dokumente, z.B. in Ostasien).
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 25
5 Diskussion und Schlussfolgerungen
Zweck der CLP-Verordnung ist vor allem die Harmonisierung des Transportes von
Chemikalien in Europa. Wie bereits aus der Formulierung von Artikel 1 (1) und (3) ersichtlich
ist, war eine direkte Anwendung der CLP-Verordnung für Abfälle nicht beabsichtigt. Auch
sind die CLP-Testmethoden (bzw. VN-Testmethoden) an mehreren Stellen so formuliert,
dass deren Anwendung für die Abfalluntersuchung nur bedingt möglich ist. Insbesondere
treten beim Versuch der Anwendung des VN-Gasbildungstests (Ziffer 33.4.1.4.3.5 im VN
Handbuch, siehe Abschnitt 4) für Abfälle folgende Probleme auf:
Viele Abfallarten können nur dann auf eine Korngröße < 500 µm bzw. „auf feine
Pulvergröße“ aufbereitet werden, wenn Metallteile vorher separiert wurden. Bei
dieser Separation werden jedoch auch reaktive Metalle (z.B. Al-, Mg-Legierungen),
welche zur Gasbildung beitragen entfernt.
Durch Oberflächenvergrößerung kann die Reaktivität von Abfällen deutlich erhöht
werden. Damit kann die im VN-Handbuch vorgesehene Zerkleinerung „auf feine
Pulvergröße“ zu einer nicht vorhersehbaren Erhöhung der Gasbildung führen. Die
Bezeichnung „nicht vorhersagbar“ trifft umso mehr zu, als letzten Endes die
Korngröße im VN-Handbuch nicht spezifiziert wird.
Große Streuungen durch die im VN-Handbuch festgelegte geringe Masse („up to a
mass of 25 g“)
Wie bereits erwähnt haben Analyseninstitute in Österreich mehrmals schlechte
Reproduzierbarkeit nicht nachvollziehbare Temperaturentwicklung festgestellt.
Insbesondere wurde über nicht stetige, sprunghafte Gasentwicklung berichtet und es
wird vermutet, dass es sich hierbei um einen Artefakt der VN-Methode handelt, der
hauptsächlich bei Abfällen auftritt.
Das Verhältnis zwischen angestrebtem Gefäßvolumen (nicht festgelegt – realistisch
sind jedoch aufgrund der Schaumbildung ca. 100 bis 500 ml) und angestrebtem
Gasvolumen des aus der Reaktion stammenden Gases („between 100 ml and 250
ml“) ist groß. Dies führt gemäß allgemeinem Gasgesetz bei schwankendem Druck
und/oder Temperatur im Reaktionsgefäß (wie kann 20oC trotz exothermer
Reaktionen im Gefäß sichergestellt werden? – dies ist unklar) zu einer wenig
präzisen Bestimmung des gebildeten Gasvolumens. Artefakte wie z.B. scheinbar
sprunghafte Gasentwicklung sind möglich.
Die in der Deponie nach Ablagerung von MVA-Schlacke, Aluminiumschlacken und
Filterstaub bzw. verfestigtem Filterstaub auftretenden Temperaturen liegen deutlich
über 20oC. Aufgrund der Kinetik der Oxidation von Al kann bei 20oC eine gravierende
Unterschätzung der in Deponien möglichen Gasbildung eintreten.
Diese Überlegungen bzw. die Beachtung der oben genannten versuchstechnischen
Probleme haben am Beginn des vorliegenden Projektes zur Überlegung geführt, dass ein
primär für die Beurteilung des Deponieverhaltens von Abfällen konzipierter Test sich nicht
am VN-Handbuch oder an der CLP-Verordnung ausrichten sollte. Zusätzlich war der Wunsch
vorhanden, mit dem Test gleichzeitig auch die Wärmeentwicklung (Wärmemenge oder
Temperaturanstieg) von Abfällen abzuschätzen, die bei einigen Abfällen nach Kontakt mit
Wasser eintritt. Das erste Konzept für einen Test zur Bestimmung der Gasbildung und
Gasbildungsrate war demnach ein sogenannter „quasi-adiabatischer“ Testansatz, mit dem
es gelingen sollte, gleichzeitig Informationen über Gasbildung und Temperaturanstieg von
anorganischen, alkalischen Abfällen zu ermitteln. Dieser „quasi-adiabatische“ Testansatz
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 26
weist im Wesentlichen folgende Merkmale auf (Eine nähere Beschreibung erfolgte im
Zwischenbericht, Dez. 2011):
Die für Abfälle – insbesondere MVA-Schlacke – übliche Aufbereitung ist zulässig.
Erhöhung der Probenmasse.
Spülen des Materials mit Stickstoff bzw. Inertgas (kein CO2).
L/S-Verhältnisse sollen gering sein, weil andernfalls (z.B. bei L/S=10) eine zu geringe
Erwärmung (zu gering im Vergleich zu Vorgängen in Deponien) eintritt.
Die Temperatur sollte durch das Versuchsmaterial selbst bzw. durch seine
exothermen Reaktionen mit Wasser bestimmt sein. Dies bedeutet, dass das
Reaktionsgefäß thermisch isoliert ausgeführt werden sollte (DEWAR-Gefäß oder
Styropormantel).
Temperatur und Gasbildung werden in regelmäßigen Zeitabständen gemessen.
Rühren oder Mischen am Beginn des Versuches. Ein permanentes Rühren oder
Mischen im gasdichten System ist technisch sehr aufwändig und (im Fall von
undichten Stellen im System) mit Explosionsrisiken verbunden und wird daher
abgelehnt.
Eine Erhöhung der Probenmasse war erforderlich, da die im UN-Manual geforderte
Probenmasse bei Abfällen zu starken Streuungen führen würde. Die im Rahmen des
vorliegenden Projektes entwickelte Methode, bei der jeweils 200 g Probenmaterial eingesetzt
werden, zeigt nur eine geringe Streuung der Messwerte zur Gasmenge (gemessen über 7
Stunden) und Gasbildungsrate.
Das von unserem Institut im Österreichischen Normungsinstitut am 6.12.2011 vorgestellte
Konzept für einen quasi-adiabatischen Gasbildungstest wurde jedoch mit der Begründung
abgelehnt dass der festzulegende Gastest „eine Konventionsmethode wird – nahe am ADR“
(gemeint ist das VN-Manual, 2009) und dass der Test „so einfach als möglich zu halten“ sei.
(wörtlich zitiert aus dem Bericht der 43.Sitzung der Arbeitsgruppe 224.03 vom 6.12.2011).
Durch Untersuchungen, die im Jänner bis März 2012 sowohl mit der isothermen
Testmethode wie auch mit dem quasi-adiabatischen Test durchgeführt wurden, liegen
nunmehr weitere Argumente vor, die gegen die verbreitete und normierte Anwendung des
quasi-adiabatischen Gastests sprechen:
Geringe L/S-Verhältnisse (L/S = 0,4 bis 1,0) liefern beim quasi-adiabatischen Gastest
die größte Temperaturerhöhung und damit eine größere Beschleunigung der
Gasbildung als größere L/S-Verhältnisse (z.B. L/S = 2). Um Fehler bei der
Bestimmung des gebildeten Gasvolumens zu vermeiden, sollte das freie Gasvolumen
(„Totvolumen“) im Versuchsgefäß klein gehalten werden. Dies führte jedoch
insbesondere bei L/S = 0,4 und L/S = 0,5 bei einer der vier untersuchten Abfallproben
zu Schaumbildung in einem Ausmaß, die die Durchführung des Tests behindert oder
unmöglich macht. In der Arbeitsgruppe 224.03 wurde darüber hinaus von Prof. W.
WRUSS erwähnt, dass die Schaumbildung kein Einzelfall ist, sondern bei mehreren
alkalischen Abfallarten auftritt.
Um Temperaturverluste gering zu halten, wurden dünnwandige Polypropylengefäße
gewählt. Die dauerhaft gasdichte Durchführung der Temperatursonden in diesen
Gefäßen ist problematisch (dies wäre ebenso bei Polyethylengefäßen der Fall).
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 27
Das Konzept einer simultanen Bestimmung der Temperaturentwicklung und Gasbildung von
alkalischen Abfällen bei Kontakt mit Wasser wurde daher im März 2012 fallen gelassen. Im
neuen Konzept wird einerseits auf den Wunsch der FNA-Arbeitsgruppe 224.03 eingegangen,
die im VN-Handbuch festgelegte Temperatur (20oC) zu übernehmen, jedoch auch erneut auf
die Notwendigkeit der Erhöhung der Temperatur im Rahmen der Beurteilung abzulagernder
Abfälle hingewiesen. Das neue Konzept (siehe Tabelle 6) geht spezifisch auf die jeweilige
Fragestellung ein und enthält bei Bedarf eine Bestimmung bzw. Abschätzung der
Selbsterhitzung und der zu erwartenden Maximaltemperatur.
Fragestellung
Transport von Abfällen, Kennzeichnung, Verpackung, Zwischenlagerung, Einstufung nach Gefährlichkeitskriterium H3a
Zwischenlagerung, Deponieverhalten
Testkonzept, Grundsätze der Untersuchung
Isothermer Gastest bei 20oC, L/S =
2,0, 200g Probe, 3-fach.
Test zur Temperaturentwicklung (Selbsterhitzungstest) oder andere Abschätzung der maximalen Selbsterhitzung ∆TMAX und Isothermer Gastest bei 20
oC, L/S = 2,0,
200g Probe, 3-fach und Isothermer Gastest bei TB +∆TMAX, L/S = 2,0, 200g Probe, 3-fach
Messung des Gasvolumens, Auswertung
Eudiometer-Apparatur oder modifizierte SCHEIBLER-Apparatur. Umrechnung der Gasvolumina auf Normbedingungen, Berücksichtigung des
Wasserdampfes und Bezug der Gasmengen auf die Gesamtprobe (<10+>10 mm)
Aufbereitung der Proben.
Keine Aufbereitung (feinkörnige Proben) oder Siebung <10 mm (wenn grobkörnig).
Bezugsgröße und Dimension
Gasmenge bezogen auf Original-Feuchtsubstanz der Abfallprobe, Dimension Nl/kg
Tabelle 6: Konzept und Grundsätze der Bestimmung der Temperatur- und Gasentwicklung
Details werden im beiliegenden Normvorschlag (Stand: Mai 2012, ausgearbeitet durch das
Institut für Abfallwirtschaft) und den darin integrierten informativen Anhängen dargestellt.
Die Abschätzung der Selbsterhitzung und die Bestimmung der Gasentwicklung wurden im
neuen Konzept voneinander getrennt. Darüber hinaus kann die Selbsterhitzung nicht bei
allen Abfallarten experimentell in einem Kurzzeittest bestimmt werden, z.B. weil einige der
exothermen Reaktionen zu langsam sind.
Für die Durchführung des isothermen Gastests war die Dimensionierung und Form des
Gefäßes, in dem die gasbildenden Reaktion abläuft, von Anfang an so gewählt, dass
Schaumbildung wenig störend ist und eine intensive Mischung auch manuell möglich ist
(Erlenmeyerkolben mit 1000 ml Nennvolumen). Die Verwendung einer Temperatursonde im
Versuchsmaterial ist im isothermen Gastest weiters nicht zweckmäßig, weil sich Temperatur
des Wasserbades/Thermostates und des Versuchsmateriales nur wenig unterscheiden.
Gastest für alkalische Reststoffe Seite 28
Bezüglich der Messung des Gasvolumens erwies sich die in Abbildung 4 dargestellte, für die
Versuche (isothermer Gastest) verwendete Apparatur als robust und geeignet. Zu erwähnen
ist hier nur, dass auf den Schliffhahn am unteren Ende des Eudiometerrohres (H3) verzichtet
werden sollte.
Om der 45. Sitzung der Arbeitsgruppe 224.03 wurde vorgeschlagen, den Titel des Gastest-
Normvorschlages zu ändern. Der Titel sollte in Zukunft „Entwicklung von entzündbaren
Gasen in Abfällen bei Kontakt mit Wasser“ lauten.
Ausblick auf vorhersehbare Änderungen dieses Normvorschlages:
Das Ergebnis anderer Analyseninstitute, dass Aluminiumschlackestaub eine ungleichmäßige
Gasproduktion aufweist, wurde im Juni 2012 nur teilweise bestätigt. Nicht bestätigt werden
konnte jedoch ein „Stillstand“ der Gasproduktion. Es wird vermutet, dass der früher
beobachtete „Stillstand“ methodische Ursachen hat. Mit der im vorliegenden Bericht
dargestellten und empfohlenen Methode wird auch bei Aluminiumschlackestaub eine
gleichmäßige Gasproduktion erreicht, wenn die Versuchsdauer erhöht und die Intervalle
zwischen den Messungen verringert werden.
Der Text wird nach Vorschlägen, die in der 45.Sitzung eingebracht wurden, so geändert dass
auch die Verwendung einer handelsüblichen SCHEIBLER-Apparatur zulässig ist.
Der Text von Anhang C „Prinzipien der Abschätzung der Selbsterhitzung und Test zur
Bestimmung der Gasbildung bei erhöhter Temperatur“ war zum Zeitpunkt der Berichtlegung
(Juni 2012) für die vorliegende Studie noch nicht mit den Mitgliedern der Arbeitsgruppe
224.03 akkordiert. Da es sich derzeit um einen Normvorschlag handelt, sind Änderungen in
der Norm sowie den Anhängen wahrscheinlich. Die nächste Sitzung der AG 224.03 wird am
12.September 2012 stattfinden.
Anmerkung: 1000 ml Nennvolume = Veltliner-Flaschennorm-Standard
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