Upload
dohanh
View
213
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
Was ist Epidemiologie?
Epidemiologie beinhaltet die Untersuchung der Verteilung von Erkrankungen in Populationen
sowie der Faktoren, die diese Verteilung bestimmen bzw. beeinflussen.
http://www.usuhs.mil/2005/Epid_Notes_1.htm
Wörtlich aus dem Griechischen übersetzt bedeutet Epidemiologie "Lehre über das Volk".
http://www.aea.asn.au/home_whatisepidemiology.htm
Ziele der Epidemiologie
- Untersuchung der Verbreitung einer Erkrankung ineiner Population
- Untersuchung des allgemeinen Verlaufs und derPrognose einer Erkrankung
- Charakterisierung der Ätiologie einer Erkrankung- Identifikation von Risiko- oder Schutzfaktoren
- Bewertung präventiver und therapeutischerMaßnahmen
- Grundlagen für die Entwicklung gesundheitspolitischerinsbesondere regulatorischer Entscheidungen
Historische Beispiele
- Überlebende einer Pockeninfektion sind immunisiert.- Variolation, die Gabe von Material von Infizierten,war gängige (und gefährliche) Praxis.
- Kuhpocken (eine milde Form der Pocken) trat beiMilchmädchen auf, die anschließend niemals Pocken bekamen.
- Eiter von Kuhpockenpatienten wurde für die ersteerfolgreiche Pockenschutzimpfungen benutzt.Edward Jenner
(1749-1823)
- miasmatische Theorie der Cholera: Krankheitswolkein Bodennähe; niedrigere Lagen daher gefährdeterals höhere
- Bestandsaufnahme, woher jeder einzelne Haushaltsein Trinkwasser erhielt
- Beweis der ansteckenden Natur und desÜbertragungsweges
John Snow(1813-1858)
MorbiditätsmaßePrävalenz (π)
PunktprävalenzAnteil der betroffenen Individuen an einer Population zu einem spezifischen Zeitpunktmathematisch: Wahrscheinlichkeit πt, dass ein zufällig zum Zeitpunkt ausgewähltes Individuum betroffen ist
PeriodenprävalenzAnteil der betroffenen Individuen an einer Population während eines spezifischen Zeitraumsmathematisch: Wahrscheinlichkeit πd, dass ein zufällig ausgewähltes Individuum während des Zeitraums betroffen ist
Periodenprävalenz Punktprävalenz
Zeit
30 Jahre
Perioden- und Punktprävalenz
57.07
4ˆd ==π 43.0
7
3ˆt ==π
Konfidenzintervall
Die Anzahl X der betroffenen Individuen in einer Stichprobe der Größe n folgt einer Bin(n,π)-Verteilung.
n
)ˆ1(ˆtˆ:KI 1n,2/1
π−⋅π⋅±π −α−
liefert ein Konfidenzintervall für die Schätzung von π.
57.035
20ˆd ==π
17.057.035
43.057.004.257.0 ±=⋅⋅±95%KI:
Beispiel: 20 betroffene unter 35 Probanden
Inzidenzanteil (γ), "Risiko"
A: Anzahl neu auftretender Fälle in einerRisikopopulation im Lauf eines spezifizierten Zeitraums
N: Anzahl Individuen unter Risiko während des Zeitraums
mathematisch: Wahrscheinlichkeit (oder Risiko), dass ein nicht betroffenes, zufällig ausgewähltes Individuum während des spezifizierten Zeitraums erkrankt
N
A=γ
Morbiditätsmaße
N: Anzahl Individuen unter Risiko im RisikozeitraumA: Anzahl neuer Fälle im Risikozeitraum
Ti: Zeiteinheiten unter Risiko des i-ten Individuums
mathematisch: zeitliche Rate, mit der nicht betroffene, zufällig ausgewählte Individuen erkranken
∑ =
=γN
1i iT
A
Inzidenzrate (γ), "Risiko"
Morbiditätsmaße
Prävalenz und InzidenzD: Krankheitsdauer
erwarteter Zuflusszum Prävalenzpool
erwarteter Abflussaus Prävalenzpool
t)1( ∆⋅π−⋅γ t)D(E1 ∆⋅π⋅
1-ππ
)D(E1
Prävalenzpool
γγγγ
Durch die Verlängerung der Krankheitsdauer kann eine verbesserte medizinische Versorgung zu einer
stärkeren Krankheitsbelastung der Gesellschaft in Form einer höheren Prävalenz führen.
In einer stabilen, abgeschlossenen Population(d.h. ohne Migration in oder aus der Population) gilt
)D(E1
⋅γ=π−
π
t)D(E1t)1( ∆⋅π⋅=∆⋅π−⋅γ
Prävalenz und Inzidenz
Fleckfieber
Pediculus humanus Rickettsia prowazekii
In der deutschen Bevölkerung hat Fleckfieber eine Inzidenzrate von ca. 2×10-6 pro Jahr. Die durchschnittliche Krankheitsdauer beträgt
ungefähr einen Monat.
76 1067.112
1102)D(E
1−− ×=⋅×=⋅γ=
π−π
In der deutschen Bevölkerung sind zu einem beliebigen Zeitpunkt ungefähr 81.5×106⋅1.67×10-7=14 Fälle von Fleckfieber zu erwarten.
- zweideutige oder falsche Diagnosen, Latenz- Identifikation stark selektierter Fälle unter
Krankenhauseinweisungen- schlechte Dokumentation der Fälle- variable diagnostische Standards (zeitlich,
regional)- mehrdeutige Definition der Populationsbasis
(medizinisch, ethnisch, sozial)- zeitliche Veränderung der Erkrankungsmuster
(räumlich, phänotypisch)
Probleme
Prävalenz und Inzidenz
Effektmaße
Eine Population sei in zwei Schichten gegliedert (z.B. "exponiert", "nicht exponiert") mit zugehörigen
Inzidenzraten oder -anteilen ("Risiken") γe und γn
während des Beobachtungszeitraums.
relatives Risiko (ρ)
heißt das "relative Risiko" bei Exposition.
ρ>1: "Risikofaktor", ρ<1: "Schutzfaktor"
n
e
γγ=ρ
experimentell (interventional)
Epidemiologische Studientypen
klinische Studien
- Bewertung therapeutischer Maßnahmen (z.B. Medikamente)
Feldstudien
- an einzelnen erkrankten Individuen in klinischer Umgebung
- Bewertung präventiver Maßnahmen (z.B. Impfungen)- an einzelnen nicht erkrankten Individuen "im Feld"
Gruppen-Interventionen
- Bewertung präventiver Maßnahmen (z.B. Wasserbehandlung)- an Gruppen nicht erkrankter Individuen
Zuweisung der Exposition durch den Untersucher
Kohortenstudien
Fall-Kontroll-Studien
- prospektiv an nicht betroffenen Individuen mit bekanntem Expositionsstatus; Neuerkrankungen werden dokumentiert
Querschnitts-(Prävalenz)-Studien
- retrospektiv an Individuen mit bekanntemErkrankungsstatus; Expositionsstatus wird dokumentiert
- retrospektiv an der ganzen Population oder an einerrepräsentativen Stichprobe; Erkrankungs- und Expositionsstatus werden dokumentiert
nicht experimentell (observational)
Epidemiologische Studientypen
Zuweisung der Exposition durch die Natur
Identifikation häufiger Faktoren und Merkmale, die zur Entstehung koronarer Herzkrankheiten (KHK) beitragen, durch die langfristige Beobachtung einer großen Gruppe ursprünglich symptomfreier Teilnehmer ohne Anzeichen eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls
Für die Studie wurden im Jahre 1948 5209 Männer und Frauen im Alter zwischen 30 und 62 Jahren in Framingham, Massachusetts, rekrutiert (das entsprach 2/3 der erwachsenen Bevölkerung). Eine weitere Stichprobe von 5135 Männern und Frauen wurde 1971 gezogen, welche die Nachkommen der ursprünglichen Kohorte und deren Ehegatten umfasste.
Ziel
Design
Die Framingham-Studie
Die eingehende Beobachtung der Population der Framingham-Studie führte zur Identifikation der hauptsächlichen KHK Risikofaktoren- hoher Blutdruck- hoher Cholesterinspiegel- Rauchen- Fettleibigkeit- Diabetes- mangelnde körperliche Bewegung und lieferte wertvolle Informationen über verwandte Faktoren wie Alter, Geschlecht und psychosoziale Lebensumstände.
Die Framingham-Studie generierte mehr als 3500 Artikel in führenden medizinischen Zeitschriften.
Ergebnisse
Die Framingham-Studie
Risiko und Chance (Odds)
"Das Risiko für eine Virusgrippe beträgt in diesem Winter 0.20."
ein Betroffener auf fünf Risikopersonen
"Die Chance (Odds) für eine Virusgrippe beträgt (betragen) in diesem Winter 1:4."
ein Betroffener auf vier nicht Betroffene
Risiko1
RisikoOdds
−=
Pferdewetten
"Alte Mähre"
QuoteChance (Odds)
1:5 1:10 1:50 1:200
5 - 110 - 150 - 1
200 - 1
fair schlecht schlecht schlechtgut fair schlecht schlechtgut gut fair schlechtgut gut gut fair
Effektmaße
Wenn die Risiken γe und γn "hinreichend klein" für die gewählte Zeiteinheit sind, d.h. höchstens ein paar
Prozent betragen, dann gilt
Odds-Ratio (Chancenverhältnis, OR)
)1/(
)1/(OR
nn
ee
γ−γγ−γ=
ρ=γγ≈
γ−γγ−γ=
n
e
nn
ee
)1/(
)1/(OR
Zeit
expo
nier
tni
cht
expo
nier
t
10 Jahre
Odds-Ratio (OR)
Zeiteinheit: 10 Jahre
00.210/1
10/2ˆ ==ρ25.2
9/1
8/2OR ==
Odds-Ratio (OR)
00.48/2
5/5OR == 50.2
10/2
10/5ˆ ==ρ
Zeit
expo
nier
tni
cht
expo
nier
t
30 Jahre
Zeiteinheit: 30 Jahre
Welches Effektmaß ?
exponiert
betroffennicht
betroffen
a b
nicht exponiert c d
gesamt a+c b+d
gesamt
a+b
c+d
n
Kohortenstudien (relatives Risiko)
ρ=γγ=
++
ˆˆ
ˆ)dc/(c
)ba/(a
n
e
eˆ
ba
a γ=+ n
ˆdc
c γ=+
und
Fall-Kontroll-Studien (Odds-Ratio)
exponiert
betroffennicht
betroffen
a b
nicht exponiert c d
gesamt a+c b+d
gesamt
a+b
c+d
n
n
e
A
A
c
a ≈nn
ee
AN
AN
d
b
−−≈und
Welches Effektmaß ?
OR)ˆ1/(ˆ
)ˆ1/(ˆ...
)AN/()AN(
A/A
d/b
c/a
nn
ee
nnee
ne =γ−γγ−γ==
−−≈
EffektmaßeKonfidenzintervalle
)dc/(c
)ba/(aˆ
++=ρ
d/b
c/aOR =
dc
1
c
1
ba
1
a
1ˆ )ln( +
−++
−=σ ρ d
1
c
1
b
1
a
1ˆ )ORln( +++=σ
Konfidenzintervalle für die natürlichen Logarithmen
)ln(2/1 ˆz)ˆln( ρα− σ⋅±ρ )ORln(2/1 ˆz)ORln( σ⋅± α−
Kohortenstudie
exponiert
betroffennicht
betroffen
10 140
nicht exponiert 5 145
gesamt 15 285
gesamt
150
150
300
00.2150/5
150/10
)dc/(c
)ba/(aˆ ==
++=ρ 07.2
145/140
5/10
d/b
c/aOR ===
95% KI: 0.69 - 6.2195% KI: 0.70 - 5.71
100 140
50 145
150 285
240
195
435
Fall-Kontroll-Studie
betroffennicht
betroffen gesamt
exponiert
nicht exponiert
gesamt
95% KI: 1.37 - 3.19
07.2145/140
50/100
d/b
c/aOR === 63.1
195/50
240/100
)dc/(c
)ba/(aˆ ==
++=ρ
Die Odds-Ratio liefert eine gute Approximation des relativen Risikos einer Krankheit, wenn deren Inzidenzrate (für die
gewählte Zeiteinheit) klein genug ist.
Fall-Kontroll-Studien erlauben normalerweise keine Schätzung relativer Risiken.
Welches Effektmaß ?
Attributables Risiko
F: Welche Neuerkrankungen sind auf die Exposition zurückzuführen?
A: Diese Frage kann mit epidemiologischen Daten allein nicht beantwortet werden.
Beispielsweise erkranken viele Raucher auch wegen anderer Ursachen als dem
Rauchen an Lungenkrebs (z.B. Asbest, Strahlung, Zufall).
ätiologischer Anteil
F: Welcher Anteil des Risikos ist auf die Exposition zurückzuführen?
Ratenanteil
misst die Risikoerhöhung für ein Individuum.
ρ−ρ=
γγ−γ= 1
ARe
ne
Attributables Risiko
γe,männlich = 0.50γn,männlich = 0.20
γe,weiblich = 0.08γn,weiblich = 0.02
Attributables Risiko (AR)
Trotz des höheren Erkrankungsrisikos exponierter Männer ist das AR unter Frauen höher, da das relative Risiko
exponierter Frauen höher ist als das exponierter Männer.
60.05.2
0.15.2ARmännlich =−= 75.0
0.4
0.10.4ARweiblich =−=
5.220.0/50.0männlich ==ρ 0.402.0/08.0weiblich ==ρ
F: Welcher Anteil der Neuerkrankungen ist auf die Exposition zurückzuführen?
γ: allgemeine Inzidenz, fe: Expositionshäufigkeit
misst die zusätzliche Morbidität in der Population.
1)1(f
)1(fPAR
e
en
+−ρ⋅−ρ⋅=
γγ−γ=
Überschussanteil
Populationsattributables Risiko
Populationsattributables Risiko (PAR)
γe,männlich = 0.50γn,männlich = 0.20
γe,weiblich = 0.08γn,weiblich = 0.02
23.00.15.12.0
5.12.0PARmännlich =
+⋅⋅= 23.0
0.10.31.0
0.31.0PARweiblich =
+⋅⋅=
Trotz des höheren AR unter Frauen sind die PAR für beide Geschlechter gleich, da Männer häufiger exponiert
sind als Frauen.
5.220.0/50.0männlich ==ρ 0.402.0/08.0weiblich ==ρ
fe,männlich = 0.20 fe,weiblich = 0.10
Zusammenfassung
- Epidemiologie ist die Wissenschaft von der Verteilung von Krankheiten und ihren Ursachen in Populationen.
- Die gebräuchlichsten Morbiditätsmaße der Epidemiologie sind die Prävalenz, d.h. die relative Krankheitshäufigkeit, und die Inzidenz, d.h. die Rate oder relative Häufigkeit von Neuerkrankungen.
- Epidemiologische Studien sind entweder interventional oder observational. Ihre zeitliche Ausrichtung kann einem prospektiven oder retrospektiven Design folgen.
- Der Effekt einer Exposition auf ein Erkrankungsrisiko wird durch das relative Risiko oder die Odds-Ratio gemessen.
- Fall-Kontroll-Studien erlauben keine Schätzung von relativen Risiken, sondern nur von Odds-Ratios.
Eine Population ist in k Schichten gegliedert (z.B. Alter, Geschlecht) mit Inzidenzraten γ1,...,γk.
Es seien s1,...,sk "Standard-Personenzeiten"z.B. aus einer Referenzpopulation.
heißt "standardisierte Inzidenzrate".
∑
∑
=
= γ⋅=γ
k1i i
i
k1i i
Ss
s
Standardisierung
Anhang
Anhang: Geschlechtsspezifische Inzidenzraten
Population
100 J21
Frauena Σti
0.02 200 J8
Männera Σti
0.04
fγ̂ mγ̂
500 J52 0.01 100 J6 0.06
033.0300/101̂ ==γ
018.0600/11ˆ2 ==γ
J-1
J-1
Population
100 J21
Frauena Σti
0.02 200 J8
Männera Σti
0.04
sFrauen=150 sMänner=100
fγ̂ mγ̂
500 J52 0.01 100 J6 0.06
033.0300/10ˆ1 ==γ 018.0600/11ˆ2 ==γ
028.0250/)04.010002.0150(ˆ S,1 =⋅+⋅=γ030.0250/)06.010001.0150(ˆ S,2 =⋅+⋅=γ
J-1
J-1
J-1J-1
Anhang: Geschlechtsspezifische Inzidenzraten
Anteil Männer
0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0
rela
tive
s Ris
iko
2.0
2.5
3.0
3.5
4.0
4.5
5.0
γe,männlich = 0.50
γn,männlich = 0.20
γe,weiblich = 0.08
γn,weiblich = 0.02
weiblich
männlich
Anhang: Aggregation relativer Risiken
gesamt