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10-2012 Schweizer Fachzeitschrift für Chemie-, Pharma- und Biotechnologie Offizielles Organ des Schweizerischen Chemie- und Pharmaberufe Verbandes SCV Offizielles Organ des Fachverbandes Laborberufe FLB www.chemieplus.ch www.marktspiegel.ch 30 Bioanalytik: Proteinanalyse mit mörderischem Tempo PLT unit – Pipetten-Dichtheitsprüfgerät Ultra Low Retention Pipetten- und Filterspitzen Sonderdruck für BRAND GMBH + CO KG

Mikro- und Makro-Welt PLT unit – Pipetten ... · Dabei ziehen zwei Pumpen Vakuum. Gemessen wird die Leckrate, wobei der Druckabfall als Mass fungiert. Die Ergebnis-se beider Messungen

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Page 1: Mikro- und Makro-Welt PLT unit – Pipetten ... · Dabei ziehen zwei Pumpen Vakuum. Gemessen wird die Leckrate, wobei der Druckabfall als Mass fungiert. Die Ergebnis-se beider Messungen

zuweilen ein etwas unsicheres Gefühl: Adhä-rieren nicht doch noch winzige Tropfen oderFilme, die man nur mit blossem Auge nichterkennen kann? Eine Lösung bieten jetzt Pi-pettenspitzen mit extrem flüssigkeitsabwei-senden Eigenschaften. Diese «Ultrahydro-phobie» verdankt sich keiner zusätzlichenBeschichtung, die das Risiko der Verunreini-gung von Proben bergen könnte; stattdessenwird das Polypropylen von Pipetten- (oderauch von Filter-)Spitzen selbst einer paten-tierten Oberflächenbehandlung unterworfen.Tests mit intensiv gefärbten und daher gutsichtbaren Farbstoffen zeigen: Hier bleibtnichts hängen. Interessant für den Einsatzim Laboralltag sind darüber hinaus die hoheChemikalienbeständigkeit der innovativenBeschichtung und die Autoklavierbarkeit bei121°C in 20 Minuten. Die ultrahydrophobenPipettenspitzen sind sowohl unsteril in ver-schiedenen palettierten Verpackungsvarian-ten (Tip-Box N oder Tip-Stack-Nachfüllsys-tem, Brand GmbH + Co KG, www.brand.de)oder steril («BIO-CERT») erhältlich.Ungute Gefühle kann darüber hinaus im La-boralltag die folgende Frage auslösen: Istmeine Pipette wirklich dicht? Es sind schät-zungsweise mehr als 95 Prozent aller Unge-wissheiten, die mit Pipetten-Undichtigkeitenin Zusammenhang stehen, und weit über80 Prozent der zur Reparatur eingesandtenPipetten sind undicht und liegen ausserhalbder Volumentoleranz – obwohl sie nichttropfen. Darum müssen Luftpolsterpipettenim Rahmen der Prüfmittelüberwachung ge-mäss ISO 8655 in regelmässigen Abständenkalibriert werden. Kalibrierzertifikate gebenjedoch nur die Ergebnisse zum Prüfzeit-

punkt wieder. Kritisch sind die Zeiträumezwischen diesen Kalibrierungen, da Undich-tigkeiten zu jedem Zeitpunkt auftreten kön-nen – zum Beispiel durch Beschädigungenan der Dichtung, am Kolben oder am Spit-zenaufnahmekonus. Wer es täglich genauwissen möchte, misst jetzt seine Einkanal-und Mehrkanal-Pipetten mit und ohne Spit-ze, dynamisch oder statisch durch.Neue Prüfgeräte erleichtern die Arbeit (z.B.PLT unit, Brand GmbH + Co KG): Innerhalbweniger Sekunden wird der Pipettenschaftgeprüft, und zwar mit Pipettenspitze undohne. Dabei ziehen zwei Pumpen Vakuum.Gemessen wird die Leckrate, wobei derDruckabfall als Mass fungiert. Die Ergebnis-se beider Messungen (mit und ohne Spitze)werden auf ihre Vereinbarkeit bzw. Plausi-bilität hin verglichen. Im Test-Gerät sind dieToleranzen gemäss ISO 8655 für handelsüb-liche Einkanal- und Mehrkanal-Pipetten im

Volumenbereich 1 Mikroliter bis 10 Milliliterbereits hinterlegt. Die zeitraubende Alterna-tive zu diesem Verfahren heisst: Auswie-gen. In verschiedenen Fällen konnten mitdem Zwei-Pumpen-Verfahren sogar die Re-kali-brierungsintervalle verlängert und da-durch Kosten gespart werden. Es verstehtsich freilich von selbst, dass dies unter Be-rücksichtigung der laboreigenen SOP und inAbstimmung mit der zuständigen Behördeerfolgen muss.

Bioanalytik zwischenMikro- und Makro-WeltDie vorstehenden Zeilen haben einmalmehr gezeigt: Es ist der Bereich der Spuren-analytik und der Miniaturisierung, in demsich der Bio-Analytiker zu Hause fühlt. Zwi-schen den Resultaten in dieser «Mikro-Welt»und den Auswirkungen in der «Makro-Welt» liegen oft lange Wege und Zeitspan-nen – doch eine Analyse kann sich auch un-mittelbar und dabei lebensrettend auswir-ken. Forscher des ISAS (Leibniz-Institut füranalytische Wissenschaften, Dortmund) ar-beiten zum Beispiel zurzeit im Rahmen ei-nes EU-Projekts mit der Bezeichnung «Dog-gies» an einer Strategie zur Suche nachMenschen in Containern – eine Aufgaben-stellung, die man gar nicht ernst genug neh-men kann.Es ist ja kaum zu glauben, aber immer wie-der finden sich zusammengepferchte Perso-nen in Behältnissen, die eigentlich fürFracht bestimmt sind. Die ISAS-Wissen-schaftler um Dr. Wolfgang Vautz forschennun an einem tragbaren Gerät, mit dem sichdurch Luftproben-Entnahme und nachfol-gende Analyse ermitteln lässt, ob sich Men-schen in einem Frachtcontainer befinden.Man hat dazu bereits ein für Atemluft typi-sches Gemisch von elf Substanzen identifi-ziert. Die künftigen «Container-Spürhunde»sollen es mithilfe der Ionenmobilitätsspek-trometrie (IMS) erkennen können. Die For-schergruppe arbeitet aber noch an der Fra-gestellung, wie sie ein solches Atemluft-Test-Gemisch sicher von Gasen zum Schutzbzw. zur Frischhaltung von Waren unter-scheiden können.So bleiben dem Bio-Analytiker genügendungelöste Aufgaben. Sie vermehren sich so-gar tendentiell mit der Verbesserung der be-stehenden Verfahren, insbesondere mit derSenkung von Nachweisgrenzen. Da ist esein Muss, die Fortschritte von Automatisie-rung und Miniaturisierung im Blick zu be-halten und aktuelle Chancen im Laboralltagauszuschöpfen. �Neu auf der Analytica: das Live Lab zur Dopingkontrolle. (Bild: C. Ehrensberger)

Da bleibt nichts hängen: ultrahydrophobe Pipetten-spitzen. (Bild: BRAND)

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Schweizer Fachzeitschrift für Chemie-, Pharma- und BiotechnologieOffizielles Organ des Schweizerischen Chemie- und Pharmaberufe Verbandes SCVOffizielles Organ des Fachverbandes Laborberufe FLB

www.chemieplus.chwww.marktspiegel.ch

30 Bioanalytik: Proteinanalyse mit mörderischem Tempo

PLT unit – Pipetten-DichtheitsprüfgerätUltra Low Retention Pipetten- und Filterspitzen

Sonderdruck fürBRAND GMBH + CO KG

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amentlich die personalisierte Medi-zin verlangt nach einer schnelleren

Quantifizierung von durch Polymeraseket-tenreaktion (PCR) gewonnenen Nukleinsäu-ren, einschliesslich DNA. Gemäss dem klas-sischen Verfahren werden zunächst die zuanalysierenden Nukleinsäuren per PCR ver-vielfältigt. Anschliessend trennt man das soerhaltene Gemisch gelelektrophoretisch auf,extrahiert die einzelnen «Flecken» undnimmt erst dann die quantitative Bestim-mung der (vervielfältigten) Nukleinsäurenvor. Protein-Analyse mit mehr Tempo bietetdie quantitative PCR in Echtzeit (qPCR).Dabei führt man, bereits während die PCRdurchlaufen wird («in Echtzeit»), die Quan-tifizierung durch. Als Mass dienen dabeiFluoreszenzsignale, die man in der Phaseder optimalen Reaktionsbedingungen amEnde eines Laufs (sog. exponentielle Phase)erhalten kann. Dafür werden sogenannteTaqman-Sonden eingesetzt; bei der Neu-strang-Synthese fluoreszieren sie, und die-ses zur Produktmenge im Reaktionsgefässproportionale Signal wird detektiert.Wie beim klassischen Verfahren kommt esauch bei qPCR-Systemen für die optimaleAmplifikation auf schnelles Heizen undKühlen bei möglichst guter Temperaturkon-stanz an. Aktuelle Systeme verbinden dieseEigenschaften sogar noch mit einer Verrin-gerung des Reagenzienverbrauchs, etwadurch eine extrem dünnwandige Ausfüh-rung der PCR-Platten. Solche Geräte müssenheutzutage auch in keiner massiven Aus-führung daherkommen, sondern könnenelegante und platzsparende persönlicheTischgeräte für einen Mitarbeiter darstellen(z. B. PikoReal, Thermo Fisher Scientific,Wohlen, www.ch.fishersci.com), quasi wieein Laptop. Wie dieser lässt sich ein qPCR-System auch ausserhalb des Labors einset-zen. Soweit nötig und erfolgsversprechendnutzt es die Kripo bei der Suche nach dem

N

Mörder direkt am Tatort, oder der Arzt gehtdamit während des Krankenbesuchs denersten Schritt zur personalisierten Medizin –bis hin zur persönlichen Medikamentierung.Kompakte Systeme punkten heute überdiesmit extrem geringen Reaktionsvolumina; siekönnen problemlos auf bis zu 5 Mikroliterreduziert werden (z.B. qTower, Analytik Je-na, www.analytik-jena.de). BestimmteTischgeräte (z.B. Mastercycler nexus gradi-ent, Eppendorf, www.eppendorf.ch) lassensich bei Bedarf auf die doppelte und dreifa-che Leistung erweitern, wobei als Ergän-zung ein bzw. zwei kostengünstigere «abge-speckte» Versionen ohne Steuerventil aus-reichen (Mastercycler nexus eco). Könner-schaft zeigt sich darüber hinaus noch an an-derer Stelle: Die flexible Geräteabdeckung

passt sich automatisch an PCR-Gefässe mitunterschiedlicher Höhe an – ohne Abstrichebei der temperaturgenauen Beheizung.Zum Gesamt-System gehört neben der Am-plifikationseinheit natürlich auch ein opti-sches System, geeigneterweise mit mehre-ren Kanalausgängen für Multiplexverfahrenmit den häufigsten Standard-Farbstoffen.Dabei können gleich mehrere PCR-Assaysin einem einzigen Gefäss kombiniert wer-den, um nebeneinander gleich mehrere Ziel-sequenzen ermitteln zu können. Zum Bei-spiel können mit einem solchen Verfahrenmehrere bekannte Krankheitserreger gleich-zeitig bestimmt werden. Darüber hinaussind zum Nachweis von doppelsträngigerDNA über einen separaten Kanalausganggegebenenfalls Experimente mit einem in-

B I O A N A L Y TI K A U F U N TE R S C H I E D L I C H E N E B E N E N

Protein-Analyse mitmörderischem TempoWerkstoffentwicklung und Computertechnik gelten als zwei Extrema: Hinter einer echten Material-Innovation könnenJahre der Entwicklung stecken, während ein doppelt so schneller Rechner wie der augenblicklich schnellste inweniger als einem Jahr auf dem Markt sein wird. Die Bioanalytik scheint sich rasch, aber sicher auf die Seite derComputertechnik zu schlagen.

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Deutliche Erweiterung des Anwendungsbereichs mit einem neuen Reagenzien-Kit, das DNA-Analysen bis zu12 000 Basenpaaren ermöglicht (DNA-12 000 Kit, Shimadzu) (Bild: Shimadzu)

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terkalierenden Farbstoff in speziell für dieqPCR ausgelegter Form möglich (z. B. 10-fach konzentrierte DNA-freie SYBR Green-Färbelösung, AppliChem, Vertrieb in derSchweiz: Axon Lab AG, www.axonlab.ch).

Kleine Gel-Elektrophorese – grösseresAnwendungsgebietNeben dem Tempo hält der Trend zu minia-turisierten Analyseverfahren unvermindertan, etwa in der klassischen Gel-Elektropho-rese. Rasch zur Hand und ebenso leicht an-gewendet – das ist die Antwortauf die Aufgabenstellungen desAlltags. Ein Beispiel aus der Do-ping-Analytik, einem derSchwerpunktthemen der Bran-chenmesse Analytica im vergan-genen Frühjahr in München:Ein Sportler hat eine Urin- oderBlutprobe abgegeben, man istsich aber nicht sicher, ob siewirklich von ihm stammt. DieseFragestellung lässt sich mit ei-nem mikrochipbasierten Elek-trophorese-System zur DNA-/RNA-Analyse schnell vorneh-men. Das läuft heutzutage miteinem Tischgerät vollständigautomatisiert ab (z. B. MCE-202MultiNA, Shimadzu, www.shi-madzu.ch). Wer nicht nur eineeinzige, sondern viele Probenzu vermessen hat, kommt durchbis zu vier parallel arbeitende,wiederverwendbare Quarz-Mik-rochips auf Trennzeiten bis hin-unter zu 75 Sekunden pro Pro-be. In einem einzigen Lauf las-sen sich bis zu 120 Analysezyk-len unterbringen. Die automati-sche Injektion kontrolliert dabei,dass stets nur winzigste Proben-mengen (Minimum: 2 µl) einge-setzt werden. Entsprechendniedrig ist der Verbrauch an Re-agenzien, ein wesentlicher Fak-tor für die Kosten. Sie liegenlaut Herstellerangaben sogar un-ter denjenigen für eine Agaro-se-Gel-Elektro-phorese.Nun sind Schnelligkeit und Kos-tenreduktion eine Seite der Me-daille; aktuell erweitern neueReagenzien-Kits (z. B. DNA-12000, Shimadzu) die Anwen-dungsgebiete von miniaturisier-ten Gel-Elektrophorese-Chips.Insbesondere werden nun Be-

stimmungen von bis zu 12 000 Basenpaarenmöglich. Dadurch lassen sich miniaturisiertAnalysen im Bereich von zirkulärer dop-pelsträngiger DNA-Moleküle (Plasmidanaly-tik) sowie von grösseren PCR-Produktenund längeren Restriktionsfragmenten durch-führen. Zu einem effizienten Arbeitsablaufträgt, unabhängig vom verwendeten Rea-genzien-Kit, generell die komplette Automa-tisierung der manuellen Arbeitsschritte fürVorbereitung, Trennung, Nachweis und Da-tenaufbereitung bei.

Manual liquid handling – immer noch eineganze Menge von HandTrotz aller Automatisierung bestimmen ma-nuelle Umfüll-, Dosier- und Transportvor-gänge nach wie vor weite Teile des Alltagsim Bioanalytik-Labor. Dabei werden zurzeiteinige grundlegende klassische Fragestellun-gen neu beantwortet. Ein Beispiel stellenFüssigkeitsreste in der Pipettenspitze dar.Denn gerade bei biologischen Proben, die et-wa Detergentien wie Triton X-100, SDS,Tween etc. enthalten, beschleicht manchen

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amentlich die personalisierte Medi-zin verlangt nach einer schnelleren

Quantifizierung von durch Polymeraseket-tenreaktion (PCR) gewonnenen Nukleinsäu-ren, einschliesslich DNA. Gemäss dem klas-sischen Verfahren werden zunächst die zuanalysierenden Nukleinsäuren per PCR ver-vielfältigt. Anschliessend trennt man das soerhaltene Gemisch gelelektrophoretisch auf,extrahiert die einzelnen «Flecken» undnimmt erst dann die quantitative Bestim-mung der (vervielfältigten) Nukleinsäurenvor. Protein-Analyse mit mehr Tempo bietetdie quantitative PCR in Echtzeit (qPCR).Dabei führt man, bereits während die PCRdurchlaufen wird («in Echtzeit»), die Quan-tifizierung durch. Als Mass dienen dabeiFluoreszenzsignale, die man in der Phaseder optimalen Reaktionsbedingungen amEnde eines Laufs (sog. exponentielle Phase)erhalten kann. Dafür werden sogenannteTaqman-Sonden eingesetzt; bei der Neu-strang-Synthese fluoreszieren sie, und die-ses zur Produktmenge im Reaktionsgefässproportionale Signal wird detektiert.Wie beim klassischen Verfahren kommt esauch bei qPCR-Systemen für die optimaleAmplifikation auf schnelles Heizen undKühlen bei möglichst guter Temperaturkon-stanz an. Aktuelle Systeme verbinden dieseEigenschaften sogar noch mit einer Verrin-gerung des Reagenzienverbrauchs, etwadurch eine extrem dünnwandige Ausfüh-rung der PCR-Platten. Solche Geräte müssenheutzutage auch in keiner massiven Aus-führung daherkommen, sondern könnenelegante und platzsparende persönlicheTischgeräte für einen Mitarbeiter darstellen(z. B. PikoReal, Thermo Fisher Scientific,Wohlen, www.ch.fishersci.com), quasi wieein Laptop. Wie dieser lässt sich ein qPCR-System auch ausserhalb des Labors einset-zen. Soweit nötig und erfolgsversprechendnutzt es die Kripo bei der Suche nach dem

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Mörder direkt am Tatort, oder der Arzt gehtdamit während des Krankenbesuchs denersten Schritt zur personalisierten Medizin –bis hin zur persönlichen Medikamentierung.Kompakte Systeme punkten heute überdiesmit extrem geringen Reaktionsvolumina; siekönnen problemlos auf bis zu 5 Mikroliterreduziert werden (z.B. qTower, Analytik Je-na, www.analytik-jena.de). BestimmteTischgeräte (z.B. Mastercycler nexus gradi-ent, Eppendorf, www.eppendorf.ch) lassensich bei Bedarf auf die doppelte und dreifa-che Leistung erweitern, wobei als Ergän-zung ein bzw. zwei kostengünstigere «abge-speckte» Versionen ohne Steuerventil aus-reichen (Mastercycler nexus eco). Könner-schaft zeigt sich darüber hinaus noch an an-derer Stelle: Die flexible Geräteabdeckung

passt sich automatisch an PCR-Gefässe mitunterschiedlicher Höhe an – ohne Abstrichebei der temperaturgenauen Beheizung.Zum Gesamt-System gehört neben der Am-plifikationseinheit natürlich auch ein opti-sches System, geeigneterweise mit mehre-ren Kanalausgängen für Multiplexverfahrenmit den häufigsten Standard-Farbstoffen.Dabei können gleich mehrere PCR-Assaysin einem einzigen Gefäss kombiniert wer-den, um nebeneinander gleich mehrere Ziel-sequenzen ermitteln zu können. Zum Bei-spiel können mit einem solchen Verfahrenmehrere bekannte Krankheitserreger gleich-zeitig bestimmt werden. Darüber hinaussind zum Nachweis von doppelsträngigerDNA über einen separaten Kanalausganggegebenenfalls Experimente mit einem in-

B I O A N A L Y TI K A U F U N TE R S C H I E D L I C H E N E B E N E N

Protein-Analyse mitmörderischem TempoWerkstoffentwicklung und Computertechnik gelten als zwei Extrema: Hinter einer echten Material-Innovation könnenJahre der Entwicklung stecken, während ein doppelt so schneller Rechner wie der augenblicklich schnellste inweniger als einem Jahr auf dem Markt sein wird. Die Bioanalytik scheint sich rasch, aber sicher auf die Seite derComputertechnik zu schlagen.

C H R I S T I A N E H R E N S B E R G E R

Deutliche Erweiterung des Anwendungsbereichs mit einem neuen Reagenzien-Kit, das DNA-Analysen bis zu12 000 Basenpaaren ermöglicht (DNA-12 000 Kit, Shimadzu) (Bild: Shimadzu)

3 0 CHEMIE PLUS 10-2012 a n a l y t i k

terkalierenden Farbstoff in speziell für dieqPCR ausgelegter Form möglich (z. B. 10-fach konzentrierte DNA-freie SYBR Green-Färbelösung, AppliChem, Vertrieb in derSchweiz: Axon Lab AG, www.axonlab.ch).

Kleine Gel-Elektrophorese – grösseresAnwendungsgebietNeben dem Tempo hält der Trend zu minia-turisierten Analyseverfahren unvermindertan, etwa in der klassischen Gel-Elektropho-rese. Rasch zur Hand und ebenso leicht an-gewendet – das ist die Antwortauf die Aufgabenstellungen desAlltags. Ein Beispiel aus der Do-ping-Analytik, einem derSchwerpunktthemen der Bran-chenmesse Analytica im vergan-genen Frühjahr in München:Ein Sportler hat eine Urin- oderBlutprobe abgegeben, man istsich aber nicht sicher, ob siewirklich von ihm stammt. DieseFragestellung lässt sich mit ei-nem mikrochipbasierten Elek-trophorese-System zur DNA-/RNA-Analyse schnell vorneh-men. Das läuft heutzutage miteinem Tischgerät vollständigautomatisiert ab (z. B. MCE-202MultiNA, Shimadzu, www.shi-madzu.ch). Wer nicht nur eineeinzige, sondern viele Probenzu vermessen hat, kommt durchbis zu vier parallel arbeitende,wiederverwendbare Quarz-Mik-rochips auf Trennzeiten bis hin-unter zu 75 Sekunden pro Pro-be. In einem einzigen Lauf las-sen sich bis zu 120 Analysezyk-len unterbringen. Die automati-sche Injektion kontrolliert dabei,dass stets nur winzigste Proben-mengen (Minimum: 2 µl) einge-setzt werden. Entsprechendniedrig ist der Verbrauch an Re-agenzien, ein wesentlicher Fak-tor für die Kosten. Sie liegenlaut Herstellerangaben sogar un-ter denjenigen für eine Agaro-se-Gel-Elektro-phorese.Nun sind Schnelligkeit und Kos-tenreduktion eine Seite der Me-daille; aktuell erweitern neueReagenzien-Kits (z. B. DNA-12000, Shimadzu) die Anwen-dungsgebiete von miniaturisier-ten Gel-Elektrophorese-Chips.Insbesondere werden nun Be-

stimmungen von bis zu 12 000 Basenpaarenmöglich. Dadurch lassen sich miniaturisiertAnalysen im Bereich von zirkulärer dop-pelsträngiger DNA-Moleküle (Plasmidanaly-tik) sowie von grösseren PCR-Produktenund längeren Restriktionsfragmenten durch-führen. Zu einem effizienten Arbeitsablaufträgt, unabhängig vom verwendeten Rea-genzien-Kit, generell die komplette Automa-tisierung der manuellen Arbeitsschritte fürVorbereitung, Trennung, Nachweis und Da-tenaufbereitung bei.

Manual liquid handling – immer noch eineganze Menge von HandTrotz aller Automatisierung bestimmen ma-nuelle Umfüll-, Dosier- und Transportvor-gänge nach wie vor weite Teile des Alltagsim Bioanalytik-Labor. Dabei werden zurzeiteinige grundlegende klassische Fragestellun-gen neu beantwortet. Ein Beispiel stellenFüssigkeitsreste in der Pipettenspitze dar.Denn gerade bei biologischen Proben, die et-wa Detergentien wie Triton X-100, SDS,Tween etc. enthalten, beschleicht manchen

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zuweilen ein etwas unsicheres Gefühl: Adhä-rieren nicht doch noch winzige Tropfen oderFilme, die man nur mit blossem Auge nichterkennen kann? Eine Lösung bieten jetzt Pi-pettenspitzen mit extrem flüssigkeitsabwei-senden Eigenschaften. Diese «Ultrahydro-phobie» verdankt sich keiner zusätzlichenBeschichtung, die das Risiko der Verunreini-gung von Proben bergen könnte; stattdessenwird das Polypropylen von Pipetten- (oderauch von Filter-)Spitzen selbst einer paten-tierten Oberflächenbehandlung unterworfen.Tests mit intensiv gefärbten und daher gutsichtbaren Farbstoffen zeigen: Hier bleibtnichts hängen. Interessant für den Einsatzim Laboralltag sind darüber hinaus die hoheChemikalienbeständigkeit der innovativenBeschichtung und die Autoklavierbarkeit bei121°C in 20 Minuten. Die ultrahydrophobenPipettenspitzen sind sowohl unsteril in ver-schiedenen palettierten Verpackungsvarian-ten (Tip-Box N oder Tip-Stack-Nachfüllsys-tem, Brand GmbH + Co KG, www.brand.de)oder steril («BIO-CERT») erhältlich.Ungute Gefühle kann darüber hinaus im La-boralltag die folgende Frage auslösen: Istmeine Pipette wirklich dicht? Es sind schät-zungsweise mehr als 95 Prozent aller Unge-wissheiten, die mit Pipetten-Undichtigkeitenin Zusammenhang stehen, und weit über80 Prozent der zur Reparatur eingesandtenPipetten sind undicht und liegen ausserhalbder Volumentoleranz – obwohl sie nichttropfen. Darum müssen Luftpolsterpipettenim Rahmen der Prüfmittelüberwachung ge-mäss ISO 8655 in regelmässigen Abständenkalibriert werden. Kalibrierzertifikate gebenjedoch nur die Ergebnisse zum Prüfzeit-

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Bioanalytik zwischenMikro- und Makro-WeltDie vorstehenden Zeilen haben einmalmehr gezeigt: Es ist der Bereich der Spuren-analytik und der Miniaturisierung, in demsich der Bio-Analytiker zu Hause fühlt. Zwi-schen den Resultaten in dieser «Mikro-Welt»und den Auswirkungen in der «Makro-Welt» liegen oft lange Wege und Zeitspan-nen – doch eine Analyse kann sich auch un-mittelbar und dabei lebensrettend auswir-ken. Forscher des ISAS (Leibniz-Institut füranalytische Wissenschaften, Dortmund) ar-beiten zum Beispiel zurzeit im Rahmen ei-nes EU-Projekts mit der Bezeichnung «Dog-gies» an einer Strategie zur Suche nachMenschen in Containern – eine Aufgaben-stellung, die man gar nicht ernst genug neh-men kann.Es ist ja kaum zu glauben, aber immer wie-der finden sich zusammengepferchte Perso-nen in Behältnissen, die eigentlich fürFracht bestimmt sind. Die ISAS-Wissen-schaftler um Dr. Wolfgang Vautz forschennun an einem tragbaren Gerät, mit dem sichdurch Luftproben-Entnahme und nachfol-gende Analyse ermitteln lässt, ob sich Men-schen in einem Frachtcontainer befinden.Man hat dazu bereits ein für Atemluft typi-sches Gemisch von elf Substanzen identifi-ziert. Die künftigen «Container-Spürhunde»sollen es mithilfe der Ionenmobilitätsspek-trometrie (IMS) erkennen können. Die For-schergruppe arbeitet aber noch an der Fra-gestellung, wie sie ein solches Atemluft-Test-Gemisch sicher von Gasen zum Schutzbzw. zur Frischhaltung von Waren unter-scheiden können.So bleiben dem Bio-Analytiker genügendungelöste Aufgaben. Sie vermehren sich so-gar tendentiell mit der Verbesserung der be-stehenden Verfahren, insbesondere mit derSenkung von Nachweisgrenzen. Da ist esein Muss, die Fortschritte von Automatisie-rung und Miniaturisierung im Blick zu be-halten und aktuelle Chancen im Laboralltagauszuschöpfen. �Neu auf der Analytica: das Live Lab zur Dopingkontrolle. (Bild: C. Ehrensberger)

Da bleibt nichts hängen: ultrahydrophobe Pipetten-spitzen. (Bild: BRAND)

3 2 CHEMIE PLUS 10-2012 a n a l y t i k

10-2012

Schweizer Fachzeitschrift für Chemie-, Pharma- und BiotechnologieOffizielles Organ des Schweizerischen Chemie- und Pharmaberufe Verbandes SCVOffizielles Organ des Fachverbandes Laborberufe FLB

www.chemieplus.chwww.marktspiegel.ch

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