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Rechtsprechung 196 bbl 2010, Heft 5 Oktober © Springer-Verlag 2010 nicht ausgeschlossen werden, dass sie auch nur aus dem vom Voreigentümer angegebenen, 12 m 2 großen Ab- stellraum und dem hinzugekommenen Sanitärraum besteht. Bezüglich des Entstehungszeitpunktes beruſt sich die Beh auf die mit dem SV im Gemeindeamt am 27.1.2005 aufgenommene Niederschriſt (die Bf werden nicht als anwesend geführt), in der es heißt: „Im Dach- geschoß wurde eine kleine Wohnung, welche nicht be- sichtigt werden konnte, laut Auskunſt der Eigentümer eingebaut“. Es kann dahingestellt bleiben, ob damit, wie die bel Beh meint, in Verbindung mit der Aussage des Voreigentümers auf einen Errichtungszeitpunkt nach 2001 zwingend geschlossen werden kann, weil nach wie vor nicht feststeht, was – außer einem Sanitärraum – errichtet wurde. Ohne Feststellung des konsenslosen Bestandes kann aber auch nicht beurteilt werden, ob getroffene Bau- maßnahmen die abstrakte Eignung aufweisen, einen Einfluss auf die Festigkeit tragender Bauteile, den Brandschutz, die gesundheitlichen oder hygienischen Verhältnisse ausüben. Ein solcher Einfluss mag durch den Einbau einer Heizung zu bejahen sein; es steht aber nicht fest, ob dort eine Heizung vorhanden ist oder nicht. (Auebung) Bauanzeige; Untersagung; Bauauftrag DOI 10.1007/s00738-010-0935-3 §§ 25 Abs 1 Z 7 und Abs 5 Z 2, 49 Abs 1 oö BauO 1994 Auch wenn das Bauvorhaben (hier: Windkraftan- lage) nicht an der gleichen Stelle errichtet worden ist, wie in der Bauanzeige angegeben, steht die rechtskräftige Untersagung der Ausführung der Anlage wegen Widerspruchs zum Flächenwid- mungsplan einer zulässigen Errichtung dieser Anlage auf diesem (hier: weiterhin als Grünland gewidmeten) Grundstück entgegen. In diesem Fall hat die Baubehörde unverzüg- lich mit einem Beseitigungsauftrag vorzugehen. VwGH 11.5.2010, 2009/05/0197 <148> Steiermark Raumordnungsrechtliche Planungsinstrumente; Im- missionsschutz; subjektiv-öffentliche Nachbarrechte DOI 10.1007/s00738-010-0936-2 § 26 Abs 1 Z 1 stmk BauG 1995 Bei einem „Stadtentwicklungskonzept“ (hier: mit Bezügen zur Freihaltung und Begrünung von In- nenhofarealen) handelt es sich um kein Planungs- instrument, durch das dem Nachbarn subjektiv- öffentliche Nachbarrechte eingeräumt werden. VwGH 15.4.2010, 2009/06/0267 <149> Aus der Begründung: Aus allfälligen Bestimmungen im Stadtentwicklungskonzept, worin die Forderung enthalten sei, dass die unbedingte Freihaltung und Be- grünung von Innenhofarealen und die Vermeidung von Lärmquellen anzustreben sei (aber schon im vor- angegangenen Beschwerdeverfahren wurde von der Bauwerberin bestritten, dass es sich im Beschwerdefall um ein Areal idS handle), ist für die Beschwerde schon deshalb nichts zu gewinnen, weil es sich dabei um kein Planungsinstrument handelt, das in § 26 Abs 1 Z 1 Stmk BauG genannt ist: Maßgeblich sind danach im- missionsschützende Bestimmungen (nur) des Flächen- widmungsplanes, eines Bebauungsplanes oder in Be- bauungsrichtlinien. Im Beschwerdefall gibt es weder einen Bebauungsplan noch Bebauungsrichtlinien, so- dass es allein auf den Flächenwidmungsplan ankommt. (Abweisung) Vorarlberg Mindestabstände; Abstandsnachsicht DOI 10.1007/s00738-010-0937-1 § 7 Abs 1 lit b vlbg BauG 2001 Soll ein alter, konsentierter Gebäudeteil umge- baut werden, kann eine Ausnahme von den vor- geschriebenen Abstandsflächen zugelassen werden, wenn keine in den Mindestabstand wei- ter hineinreichende neue Bebauung erfolgt. VwGH 15.4.2010, 2006/06/0152 <150> Aus der Begründung: Zutreffend hat die bel Beh aller- dings § 7 Abs 1 lit b BauG herangezogen und ist auf Grund dieser Bestimmung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Bf durch die Abstandsnachsicht in den von der Vorstellungsbeh zu wahrenden subjektiven Rechten nicht verletzt werden. Dazu ist Folgendes auszufüh- ren: § 6 Abs 9 Vlbg BauG, LGBl 39/1972 idF LGBl 72/1997, hatte folgenden Wortlaut: „(9) Wegen der besonderen Form oder Lage des Baugrundstückes oder aus Gründen einer zweckmäßi- geren Bebauung kann die Behörde mit Genehmigung des Gemeindevorstandes von den in den Abs. 2 bis 8 vorgeschriebenen Abstandsflächen und Abständen Ausnahmen zulassen, wenn dadurch die Interessen des Brandschutzes, der Gesundheit sowie des Schutzes des Landschaſts- und Ortsbildes nicht beeinträchtigt wer- den.“ Zu dieser Bestimmung hat der VwGH im Erk v 19.12.2006, 2003/06/0038, Folgendes ausgeführt: „Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwal- tungsgerichtshofes zu dieser Gesetzesstelle darf die ge- nannte Ausnahmebestimmung nämlich keinesfalls so ausgelegt werden, dass zu Lasten des Nachbarn jede beliebige größere Ausnutzung des Bauplatzes zulässig wäre; es spielen bei der Frage der zweckmäßigeren Be-

Mindestabstände; Abstandsnachsicht

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Rechtsprechung196bbl2010, Heft 5

Oktober

© Springer-Verlag 2010

nicht ausgeschlossen werden, dass sie auch nur aus dem vom Voreigentümer angegebenen, 12 m2 großen Ab-stellraum und dem hinzugekommenen Sanitärraum besteht. Bezüglich des Entstehungszeitpunktes beruft sich die Beh auf die mit dem SV im Gemeindeamt am 27.1.2005 aufgenommene Niederschrift (die Bf werden nicht als anwesend geführt), in der es heißt: „Im Dach-geschoß wurde eine kleine Wohnung, welche nicht be-sichtigt werden konnte, laut Auskunft der Eigentümer eingebaut“. Es kann dahingestellt bleiben, ob damit, wie die bel Beh meint, in Verbindung mit der Aussage des Voreigentümers auf einen Errichtungszeitpunkt nach 2001 zwingend geschlossen werden kann, weil nach wie vor nicht feststeht, was – außer einem Sanitärraum – errichtet wurde.

Ohne Feststellung des konsenslosen Bestandes kann aber auch nicht beurteilt werden, ob getroffene Bau-maßnahmen die abstrakte Eignung aufweisen, einen Einfluss auf die Festigkeit tragender Bauteile, den Brandschutz, die gesundheitlichen oder hygienischen Verhältnisse ausüben. Ein solcher Einfluss mag durch den Einbau einer Heizung zu bejahen sein; es steht aber nicht fest, ob dort eine Heizung vorhanden ist oder nicht. (Aufhebung)

Bauanzeige; Untersagung; Bauauftrag

DOI 10.1007/s00738-010-0935-3

§§ 25 Abs 1 Z 7 und Abs 5 Z 2, 49 Abs 1 oö BauO 1994

Auch wenn das Bauvorhaben (hier: Windkraftan-lage) nicht an der gleichen Stelle errichtet worden ist, wie in der Bauanzeige angegeben, steht die rechtskräftige Untersagung der Ausführung der Anlage wegen Widerspruchs zum Flächenwid-mungsplan einer zulässigen Errichtung dieser Anlage auf diesem (hier: weiterhin als Grünland gewidmeten) Grundstück entgegen.

In diesem Fall hat die Baubehörde unverzüg-lich mit einem Beseitigungsauftrag vorzugehen.

VwGH 11.5.2010, 2009/05/0197 <148>

Steiermark

Raumordnungsrechtliche Planungsinstrumente; Im-missionsschutz; subjektiv-öffentliche Nachbarrechte

DOI 10.1007/s00738-010-0936-2

§ 26 Abs 1 Z 1 stmk BauG 1995

Bei einem „Stadtentwicklungskonzept“ (hier: mit Bezügen zur Freihaltung und Begrünung von In-nenhofarealen) handelt es sich um kein Planungs-instrument, durch das dem Nachbarn subjektiv-öffentliche Nachbarrechte eingeräumt werden.

VwGH 15.4.2010, 2009/06/0267 <149>

Aus der Begründung: Aus allfälligen Bestimmungen im Stadtentwicklungskonzept, worin die Forderung enthalten sei, dass die unbedingte Freihaltung und Be-grünung von Innenhofarealen und die Vermeidung von Lärmquellen anzustreben sei (aber schon im vor-angegangenen Beschwerdeverfahren wurde von der Bauwerberin bestritten, dass es sich im Beschwerdefall um ein Areal idS handle), ist für die Beschwerde schon deshalb nichts zu gewinnen, weil es sich dabei um kein Planungsinstrument handelt, das in § 26 Abs 1 Z 1 Stmk BauG genannt ist: Maßgeblich sind danach im-missionsschützende Bestimmungen (nur) des Flächen-widmungsplanes, eines Bebauungsplanes oder in Be-bauungsrichtlinien. Im Beschwerdefall gibt es weder einen Bebauungsplan noch Bebauungsrichtlinien, so-dass es allein auf den Flächenwidmungsplan ankommt. (Abweisung)

Vorarlberg

Mindestabstände; Abstandsnachsicht

DOI 10.1007/s00738-010-0937-1

§ 7 Abs 1 lit b vlbg BauG 2001

Soll ein alter, konsentierter Gebäudeteil umge-baut werden, kann eine Ausnahme von den vor-geschriebenen Abstandsflächen zugelassen werden, wenn keine in den Mindestabstand wei-ter hineinreichende neue Bebauung erfolgt.

VwGH 15.4.2010, 2006/06/0152 <150>

Aus der Begründung: Zutreffend hat die bel Beh aller-dings § 7 Abs 1 lit b BauG herangezogen und ist auf Grund dieser Bestimmung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Bf durch die Abstandsnachsicht in den von der Vorstellungsbeh zu wahrenden subjektiven Rechten nicht verletzt werden. Dazu ist Folgendes auszufüh-ren:

§ 6 Abs 9 Vlbg BauG, LGBl 39/1972 idF LGBl 72/1997, hatte folgenden Wortlaut:

„(9) Wegen der besonderen Form oder Lage des Baugrundstückes oder aus Gründen einer zweckmäßi-geren Bebauung kann die Behörde mit Genehmigung des Gemeindevorstandes von den in den Abs. 2 bis 8 vorgeschriebenen Abstandsflächen und Abständen Ausnahmen zulassen, wenn dadurch die Interessen des Brandschutzes, der Gesundheit sowie des Schutzes des Landschafts- und Ortsbildes nicht beeinträchtigt wer-den.“

Zu dieser Bestimmung hat der VwGH im Erk v 19.12.2006, 2003/06/0038, Folgendes ausgeführt:

„Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwal-tungsgerichtshofes zu dieser Gesetzesstelle darf die ge-nannte Ausnahmebestimmung nämlich keinesfalls so ausgelegt werden, dass zu Lasten des Nachbarn jede beliebige größere Ausnutzung des Bauplatzes zulässig wäre; es spielen bei der Frage der zweckmäßigeren Be-

Rechtsprechungbbl2010, Heft 5Oktober 197

© Springer-Verlag 2010

bauung auch wirtschaftliche Gesichtspunkte – wie sie von der belangten Behörde als Begründung der Zuläs-sigkeit einer Abstandsnachsicht ins Spiel gebracht wer-den – eine Rolle, weil jedes Grundstück nur dann als zweckmäßig bebaubar beurteilt werden kann, wenn eine wirtschaftlich vernünftige Bauführung zulässig ist, also ein entsprechend langer und breiter Baukörper unter Einhaltung der gesetzlichen Abstandsvorschrif-ten errichtet werden kann. Nur wenn die Errichtung eines solchen Baukörpers nicht möglich wäre, könnte eine zweckmäßige Bebauung verneint werden und es wäre durch die Gewährung einer Ausnahme eine zweckmäßigere Bebauung zu ermöglichen. § 6 Abs 9 Vlbg BauG kommt daher nur dann zum Tragen, wenn auf Grund der Form oder Lage des Grundstückes oder sonst eine zweckmäßige Bebauung nicht möglich wäre (vgl das hg Erk v 23.5.2001, 99/06/0037, mwN). Im an-geführten Erk hat der VwGH weiter ausgeführt, dass die Erteilung einer Abstandsnachsicht dann zu erfolgen hat, wenn eine zweckmäßige Bebauung ‚anders als un-ter Erteilung einer Abstandsnachsicht nicht möglich, d.h. wirtschaftlich gar nicht vertret- und zumutbar wäre‘.“

Im Fall eines Umbaues und der Änderung des Ver-wendungszweckes eines bereits im Mindestabstand er-richteten Gebäudes, mit dem keine in den Mindestab-stand weiter hineinreichende neue Bebauung erfolgte, hat der VwGH ausgesprochen, dass die Erteilung der Abstandsnachsicht zu dem Zweck, einen seit langem bestehenden und als konsentiert geltenden Gebäude-teil im Zuge eines bewilligungspflichtigen Umbaues weiter verwenden zu können, den Kriterien einer zweckmäßigen Bebauung iSd § 6 Abs 9 BauG 1972 im allgemeinen entspricht (vgl die Erk v 22.10.1992, 92/06/0064, und v 18.9.2003, 2000/06/0021). Es ist da-her dem Umstand ein erhebliches Gewicht beizumes-sen, dass es sich dabei um eine Baumaßnahme handelt, durch welche einerseits der Abstand nicht weiter ver-ringert wird, andererseits aber auch ein konsentierter Baubestand weitere Verwendung findet (vgl das zit Erk v 18.9.2003).

Der VwGH hat also bereits zur alten Rechtslage, bei der es um Gründe einer „zweckmäßigeren Bebauung“ gegangen ist, judiziert, dass eine solche dann gegeben ist, wenn sonst eine zweckmäßige Bebauung „nicht möglich wäre“. Eben diesen Wortlaut hat der Gesetzge-ber nun in § 7 Abs 1 lit b BauG aufgenommen. Es ist daher davon auszugehen, dass die bisherige Jud zu § 6 Abs 9 BauG 1972 auch für die neue Rechtslage heran-zuziehen ist (vgl idS auch bereits das Erk v 17.12. 2009, 2009/06/0194).

Auch im vorliegenden Fall erfolgt keine in den Mindestabstand weiter hineinreichende neue Bebau-ung und soll ein alter, konsentierter Gebäudeteil wei-ter verwendet werden. Die Voraussetzungen, wie sie der VwGH in den zit Erk v 22.10.1992 und v 18.9.2003 für eine Abstandsnachsicht angenommen hat, liegen somit auch im hier gegenständlichen Fall vor. (Abwei-sung)

Wien

Gebäudehöhe; wesentliche Abweichungen

DOI 10.1007/s00738-010-0938-0

§ 69 Abs 2 S 2 wr BauO (vor der Nov LGBl 2009/25)

Soweit eine Überschreitung der zulässigen Ge-bäudehöhe um 22% nicht ausnahmsweise durch besondere Interessen des Stadtbildes gerecht-fertigt werden kann, stellt sie keine nur „unwe-sentliche“ Abweichung dar.

VwGH 11.5.2010, 2007/05/0281 <151>

Bebauungsplan; Gebäudehöhe; Dachfirst; subjektiv-öffentliche Nachbarrechte

DOI 10.1007/s00738-010-0939-z

§§ 5 Abs 4 lit b, 81 Abs 1, 134a Abs 1 lit b wr BauO

Bei dem im Bebauungsplan geregelten höchsten Punkt der zu errichtenden Dächer nicht höher als 5,5 m „über der tatsächlich ausgeführten Gebäu-dehöhe“ handelt es sich nicht um eine fiktive, sondern um die real vorhandene Gebäudehöhe.

Den Nachbarn kommt ein subjektiv-öffentli-ches Recht auf Einhaltung der im Bebauungsplan festgelegten zulässigen Höhe des Dachfirstes zu.

VwGH 11.5.2010, 2008/05/0254 <152>

Aus der Begründung: Die Bebauungsbestimmungen stellen darauf ab, dass der höchste Punkt der zu errich-tenden Dächer nicht höher als 5,5 m „über der tatsäch-lich ausgeführten Gebäudehöhe“ liegen darf. Unter diesem Begriff ist keine fiktive oder maximal nach dem Gesetz oder dem Bebauungsplan zulässige, sondern die tatsächlich ausgeführte, dh real vorhandene Gebäude-höhe, zu verstehen (vgl dazu auch das Erk v 2.4.2009, 2008/05/0149).

In den vorliegenden Einreichplänen sind mehrere unterschiedlich bezeichnete Gebäudehöhen einge-zeichnet. Zum einen findet sich die „zulässige Gebäu-dehöhe“ von 26 m, die der maximalen Gebäudehöhe im Bereich der Bauklasse V entspricht (der Begriff der „höchsten zulässigen“ Gebäudehöhe entspricht nicht der „tatsächlich ausgeführten“ Gebäudehöhe; vgl das Erk v 12.10.2004, 2003/05/0019).

Oberhalb der höchsten zulässigen Gebäudehöhe fin-det sich im Einreichplan an der Front zum Bauern-markt die „bestehende Gebäudehöhe“, die mit 27,59 m angegeben ist. Dabei handelt es sich aber – ebenso wie bei der zulässigen Gebäudehöhe – um eine fiktive Grö-ße, weil die straßenseitige Gebäudehöhe nicht in dieser Höhe von 27,59 m endet. In der Höhe von 27,59 m zeigt sich keine erkennbare Grenzlinie zwischen Außen-