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15.Jhg. Ausgabe 12/06–01/07 2.90 E-14205 Mit großem Länderteil Thomas Horch — Idealist mit Zielstrebigkeit Wien — Dirigieren lernen am Konservatorium Henk van Lijnschooten — Komponist verstorben Ludger Vollmer — die Großen haben bestellt

Mit großem Länderteil - Thomas Horch · PDF file„Tuba Tiger Rag“ bleiben dabei genauso vor der Tür des Konzertsaales wie der bei anderen Forma-tionen schon fast zwanghafte Hang

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15.Jhg. Ausgabe 12/06–01/07 € 2.90 E-14205

M i t g r o ß e m

Länderteil

Thomas Horch — Idealist mit ZielstrebigkeitWien — Dirigieren lernen am Konservatorium

Henk van Lijnschooten — Komponist verstorbenLudger Vollmer — die Großen haben bestellt

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Nein, man kann wahrlich nicht behaupten, daßdie Posaunenmuse Thomas Horch direkt von derWiege weggeküßt hat. Die Beweggründe zur In-strumentenwahl präsentieren sich äußerst profan.Da war zum einen der Bruder, der immer vor Auf-tritten seine Tuba auf Hochglanz polieren mußte.Viel zu aufwendig, entschied Thomas. Doch ne-ben dem Aspekt, daß sein zukünftiges Instrumentleicht zu reinigen sein sollte, kam ein weiterer, ent-scheidender Faktor hinzu: „Der örtliche Musik-verein unternahm interessante Reisen nach Nor-wegen, Belgien, Österreich und Italien. Da nie-mand Posaune lernen wollte, schien mir das ein si-cheres Ticket zu sein.“ Ausgestattet mit einemGrünspan-bewehrten Instrument aus den erstenTagen des 20. Jahrhunderts spazierte Horch jedenFreitagabend zu einem pensionierten Militärmu-sikmeister, dessen pädagogische Befähigung sichdarin erschöpfte, daß seine Schüler oft schluch-zend und weinend den Unterricht verließen.Knappe vier Monate später schien die potentielle

Zielstrebiger Idealist

mit hessischem Humor

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Posaunenkarriere bereits im Keim erstickt, dochMutter Horch fand einen Bekannten, im Haupt-beruf Postbeamter, der mit seinen Kollegen vonder Tanzmusik am Wochenende die Lokale der Re-gion unsicher machte. Dessen methodische Bot-schaft war ebenso einfach wie wirkungsvoll: „Bub,du mußt jeden Tag Töne aushalten“, ahmt Tho-mas Horch in unverkennbar hessischem Tonfallnach und ergänzt: „Mein Lehrer war Autodidakt,doch im Kern habe ich später an der Hochschulegenau das wiedergehört.“ Mit 15 Jahren fand Thomas es schick, Musiker zuwerden, ohne sich überhaupt im klaren zu sein,was das bedeutet. Der so leidenschaftlich musizie-rende und unterrichtende Postbeamte hatte seinenSchüler in zahlreiche Kapellen der Region vermit-telt und fand es nun an der Zeit, einen professio-nellen Lehrer zu konsultieren. Bevor der Unter-richt bei Hans Kuhner, dem 2. Posaunisten desRSO Frankfurt des Hessischen Rundfunks startenkonnte, war ein Jahr Leerlauf angesagt. Den wuß-te Horch allerdings effektiv für sich zu nutzen: „Ei-ne Stunde habe ich täglich Töne ausgehalten, sointensiv habe ich das später nie wieder getan...“Der Künstler ist überzeugt, daß diese disziplinier-ten Übeeinheiten in der elterlichen Waschkücheden Grundstein für seine spätere so rasante Ent-wicklung gelegt haben.

Elterliche Nerven mit Klavier strapaziert

Das Fernziel Musikkorps vor Augen radelte Horchschließlich in Zeiten vor der Verwendung des GigBags mit der Posaune im umgebauten Zeltlager-Seesack auf dem Rücken wöchentlich die 30 Ki-lometer hin und wieder zurück zu seinem neuenLehrer. Nebenbei wurden die elterlichen Nervennoch tüchtig mit dem Klavier strapaziert. „Ich hat-te gehört, man müsse das können, wenn man einStudium anstrebt. Also übte ich wie besessen undnatürlich viel zu schwere Sachen“, schmunzeltHorch. Damals stürzte James Last zwar nicht voll-ends vom Sockel, doch Horch ergänzte seinen per-

Während die meisten jungen Talente ihre

Schulferien dank früher Erfolge in Nach-

wuchswettbewerben damit verbringen, von

einem hochkarätigen Auswahlorchester ins

nächste zu schlüpfen, fand sich Thomas

Horch lediglich im Milieu hessischer Blaska-

pellen. Big Bands waren für ihn zunächst

prägender als Beethoven und das Idol seiner

Teenagerjahre hieß nicht Karajan, sondern

James Last, dem er mit 15 Jahren und „vor

Ehrfurcht erstarrend“ die Hand schütteln

durfte. Geschadet haben ihm die Auftritte

zwischen Festzelt und Tanzboden offen-

sichtlich aber nicht. „Die dort erlebte spon-

tane Musizierpraxis mit ihrem Spiel rein nach

Gehör und Intuition helfen mir noch heute,

wenn es beispielsweise gilt, eine klassische

Sinfonie einzustudieren“, sagt Horch, der be-

reits mit 22 Jahren Soloposaunist der Berli-

ner Philharmoniker wurde und heute diesel-

be Position im Symphonieorchester des

Bayerischen Rundfunks bekleidet. ■ Von Gerhard Tenzer

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empfahlen, dem jungen Hessen eine Chance zugeben. Der Altmeister der Posaune prophezeite sei-nem Schützling schließlich „übernächste Frühlinghast Du Stelle“, visierte als eigentliches Ziel derAusbildung jedoch den renommierten ARD-Wett-bewerb in München an. Zwar sei Slokar alsMensch und Künstler ein sehr charismatischer Typgewesen, der ihm als internationaler Künstler somanchen Horizont eröffnet habe, dennoch galtauch für Horch das Gesetz des Fleißigen: „Ich ha-be mir vieles selbst erarbeiten müssen, um für mei-nen Job im Orchester präpariert zu sein.“

Aller Anfang ist schwer...

Der kam schneller als erwartet. Mitten im hessi-schen Fastnachtstrubel 1986 beorderte BranimirSlokar seinen Studenten quasi über Nacht zu sei-nem ersten Probespiel ins schweizerische St. Gal-len. Wie Horch nach erfolgreich überstandener Fi-nalrunde vom Chefdirigenten attestiert wurde,hatte er zwar die beste Leistung gezeigt, der An-stellungsvertrag ging jedoch an einen anderen.Man befürchtete, daß „Sie nicht lange bei uns blei-ben werden“, so der Chefdirigent des Orchesters.Ähnliches in Hannover. Der Generalmusikdirek-

Am Üben sollte das Musikerdasein zumindestnicht scheitern. Das Musikkorps in Hamburg ließihm die hierfür notwendigen Freiräume, auchwenn das bedeutete, schon mal um halb sechs inder Frühe mit dem Üben zu beginnen. Abendsging es dann in die Staatsoper: „Kaum zu glauben,aber mit 20 habe ich zum ersten Mal live ein Sin-fonieorchester gehört und eine Geige aus der Nähegesehen.“ Enttäuschend waren allerdings die Er-lebnisse im Musikkorps. Von der professionellenAtmosphäre, die Horch sich erträumt hatte, warwenig zu spüren: „Ich landete unsanft zwischenfrustrierten Kollegen, die ihre unerfüllten Träumeallzu oft in Hochprozentigem ertränkten.“

Unsanft auch die erste Begegnung mit der „Po-saunenikone“ Branimir Slokar in Köln. ThomasHorch fuhr zum Vorspiel hin und bekam schonvor dem ersten Ton die Empfehlung, sich dochbesser eine andere Hochschule auszusuchen, da dereinzige Platz für das Semester bereits vor der Auf-nahmeprüfung vergeben sei. Horch nahm die Her-ausforderung an, stellte sich dennoch der Kom-mission und machte seine Sache so gut, daß die Ju-roren Marie-Luise Neunecker und Erich Penzeldem an diesem Tag abwesenden Slokar wärmstens

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■ Patentrezepte, wie man innerhalb von sechs Wo-chen zum Virtuosen wird, kann ich leider nichtvermitteln. Aber Virtuosität spielt für Posaunistenin der klassischen Musik ohnehin nicht die Haupt-rolle. Wichtig ist für mich die regelmäßige Arbeitan grundlegenden Dingen, mit der ich versuche,meine Fähigkeiten zu pflegen und zu erweitern.Eine halbe Stunde Üben am Tag sollte daher alsMinimum nicht unterschritten werden.

Nochmals: Minimum heißt Untergrenze! Selbst-verständlich ist generell viel mehr Zeit aufzuwen-den, um etwas zu entwickeln und aufzubauen be-ziehungsweise zu erhalten. Auch das Trainieren derMuskeln darf nicht zu kurz kommen. Wenn ich

empfehle, das Zauberwort „buzzing“ mit Vorsichtzu genießen, so ist doch die Arbeit mit demMundstück zentral. Übungen sollten auf diesemalleine gespielt werden, bevor man zum Instru-ment greift. Ausdrücklich warnen möchte ich davor, den Ehr-geiz zu früh auf die hohe Lage zu richten – bitteerst dann, wenn es auf dem Mundstück wirklichtadellos klappt. Es gibt da eine Schallmauer, die ich

gerne das „Musikvereins-F“ nenne und über der eseinfach schwierig wird. Sie zu durchbrechen ver-langt Geduld und gründliche Arbeit. Das heißtaber nicht, daß man sich der tiefen Lage nicht ge-nauso ausgiebig widmen sollte.

sönlichen Götterwinkel. Im Fernsehen verfolgte ermit Spannung eine Gesprächskonzert-Reihe mitLeonard Bernstein und auch seine Altersgenossenaus dem Bundesjugendorchester hinterließenmächtig Eindruck. „Mit 19 Jahren stand ich dannendlich beim Bundeswettbewerb ‚Jugend Musi-ziert‘. In meiner Altersgruppe waren all jene Nach-wuchsgrößen, die auch später in der Posaunensze-ne Rang und Namen haben sollten. Ich machtemir in die Hosen, bekam natürlich keinen Preis,denn ich ging davon aus, daß ich da ohnehin nichtwürde mithalten können“, faßt Horch mit einerPrise seines unverwechselbar subtilen Humors zu-sammen.

Thomas Horch (rechts) nach einer Masterclassan der berühmten Juilliard School mit den

Studenten der Klasse Joe Alessi. Foto: privat

»Ich habe mir vieles selbst erarbeiten müssen, um für meinen Job im Orchester präpariert zu sein«

Thomas Horch

Übetips von Thomas Horch

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Brass Quintett München Originale ohne Klamauk

■ Das „Brass Quintett München“ verdankt seineGründung im Jahr 2003 der Absage des Ostbott-nischen Kammerorchesters, das den als Solisten ge-buchten Thomas Horch auf einem Festival beglei-ten sollte. Not macht bekanntlich erfinderisch undso schlug die Geburtsstunde des Ensembles in ei-ner ersten Probe während einer Japantournee desSOBR (Symphonieorchester des BayerischenRundfunks) in einem Hotelzimmer, abgerundetdurch ein paar Gläschen einheimischen Suntory-Whiskeys, und man beschloß, mit fünf Blechblä-ser den Einstieg ins Abenteuer Kammermusik zuwagen. Auch vom Repertoire her sollte es eine Ex-pedition in unbekannte Gefilde werden. Denn dieTrompeter Hannes Läubin und Thomas Kiechle,Hornist Thomas Ruh, Tubist Alexander von Putt-kamer und Thomas Horch an der Posaune wid-men sich vorwiegend den ernsteren Originalkom-positionen der Gattung. „Pink Panther“ und der„Tuba Tiger Rag“ bleiben dabei genauso vor derTür des Konzertsaales wie der bei anderen Forma-tionen schon fast zwanghafteHang zum Klamauk. Dochauch auf der ernsten Schienegeht das Konzept auf, wie dieCD „Parable“ mit Werkenvon Persichetti, Bozza, Bern-stein, Lutoslawski, Cheetham,Turner und Previn dokumen-tiert (audite 92.525). Gerade die faszinierendenund spannungsgeladenen Klangwelten des 1987verstorbenen Persichetti liegen Impulsgeber undEnsembleleiter Horch am Herzen. Auch im Aus-land findet der Klangkörper rege Beachtung. Sowaren die BR-Mitglieder überrascht und hocher-freut, ihre Aufnahme in beinahe jeder Stadtvorrätig zusehen, in die sie ihre diesjährige USA-Reise führte.

Auf dem Konzertpodium ist das „Brass QuintettMünchen“ seit seinem großartigen Publikumser-folg in der Münchner Residenz im November2003 regelmäßig zu erleben. Die Pflege eines der-artigen Repertoires erfordert eine gewisse PortionIdealismus, den die fünf auch gerne bei ihren zahl-reichen Workshops, die sich auch an engagierteund interessierte Laien wenden, sprühen lassen.So musizierte man mit einem norddeutschen Po-saunenchor schon einmal angeregt bis nachts umhalb drei...

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Generell ist mit wenig Druck zu spielen, die Luftsollte jedoch nicht zur Seite entweichen. Hiermöchte ich noch einmal zitieren, was Karajan mireinmal mit auf den Weg gegeben hat: „Blasen siestark, nicht laut“, will sagen, Klang ist wichtiger alspure Phonzahlen. Außerdem trägt ein solcher Tonbesser und ist klangschöner. Simple Übungen wieausgehaltene Töne fördern Klangkultur und einenzentrierten Anstoß. Auch Tonleitern sind unverzichtbar – selbst wennes unbequem ist, gehören zum Beispiel Fis-, A-und E-Dur selbstverständlich dazu. Gerade fürSpieler von „Nachschlag-Instrumenten“ im Blas-orchester ist es wichtig, nicht am Notentext „fest-zukleben“. Hier empfiehlt sich das Auswendig-spielen von einfachen Melodien wie etwa „Häns-chen Klein“ oder „Happy Birthday“, die querdurch alle Tonarten zu blasen sind. Was Flexibilitätangeht, können klassische Posaunisten sehr vielvon Jazzern lernen. Werfen Sie doch mal einenBlick auf den rechten Arm!

Überdies ist es mir ein Anliegen, ein paar grund-sätzliche Gedanken wiederzugeben. Immer wiederhört und liest man von Musikern, die sich in rosa-roten Farben als von der Muse geküßt beschreiben.Natürlich gehört Talent dazu, vor allem, wennman einen musikalischen Berufsweg einschlagenmöchte. Aber die größte Begabung nützt nichts,wenn man nicht die notwendige Disziplin auf-wendet. Für mich ist die Posaune zunächst einStück Metall, in das ich viel Arbeit investierenmuß. Das ist zuweilen unglaublich anstrengend,aber viele erfüllende musikalische Erlebnisse loh-nen den Einsatz allemal. Thomas Horch

Literaturtips• Bart van Lier: Coordination Training Program• Robert Marsteller: Basic Routines• James Thompson: The Buzzing Book

Kontaktwww.thomashorch.com

tor des dortigen Staatstheaters, George AlexanderAlbrecht, wollte am Ende des Probespiels nichtden Studenten auf der vakanten Position, dochHorch bekam für die Spielzeit 1986/87 wenigstenseinen Aushilfsvertrag. Der artete für den jungenMusiker zunächst in puren Streß aus. Völlig un-beleckt vom Genre, sah er sich plötzlich mit einemSpielplan von rund 30 Opern konfrontiert, dieteilweise vom Blatt zu absolvieren waren. „Ich box-te mich irgendwie durch, was bedeutete, daß ichmanchmal auch geblasen habe, wenn sonst nie-mand spielte... Aller Anfang ist schwer, aber daswar doch oftmals ein wenig frustrierend.“

„Das Vorspielen in Berlin war verwegen“

Dann kam da dieser Wintertag im Januar 1987 imeiskalten Berlin. Horch spazierte durch die frem-de Stadt, genoß mit dem ebenfalls angereistenWerner Schrietter (heute Professor an der Hoch-schule in Karlsruhe) drei Halbe Weißbier undstand am nächsten Morgen um halb zehn bei denberühmten Philharmonikern mit nicht nur vomWetter zittrigen Knien auf der Matte: „Das Vor-spielen bei den Philharmonikern war nicht mutig,das war verwegen!“ Ohne sich auch nur im ge-ringsten eine Chance auszurechnen, fand sich derStudent plötzlich zwischen sieben Kollegen wie-der, die „wie die Hühner auf der Stange“ auf derBühne des großen Saales der zweiten Runde harr-ten. „Nach und nach wurden die Orchesterstellenabgefragt, was in einen wahren Nervenkrieg aus-artete, denn man hörte ja alle Mitbewerber bla-sen.“ Dem Nachwuchsposaunisten verlieh genaudas den nötigen Rückenwind: „Als die Entschei-dung auf mich fiel, war ich glücklich wie nie zu-vor. Unter Karajan zu spielen stellte für mich dasNonplusultra dar, weil er für mich damals der In-begriff der klassischen Musik war.“ Rückblickendvermutet Horch heute, daß er mit seinen damals

22 Jahren in Berlin, nach nur drei Semestern Stu-dium, vielleicht einfach zu früh dran war. Die zweiJahre waren für ihn dennoch musikalisch prägend.Im Herzen behalten hat er indes Karajans Credo,der empfahl, „stark, nicht laut“ zu blasen. Das Vo-tum nach der zweijährigen Probezeit fiel zwaräußerst knapp, aber trotzdem gegen Horch aus.

Gewinn des ARD-Musikwettbewerbs als bisher einziger deutscher Posaunist

Im September 1989 nahm er, mittlerweile das Di-plom in der Tasche, das er an der StaatlichenHochschule für Musik in Trossingen irgendwieauch noch zwischen all seinen Verpflichtungen ab-solviert hatte, die Herausforderung ARD-Wettbe-werb an – mit überragendem Erfolg. Bis heute ister der einzige Deutsche, dem auf der Posaune die-se Glanzleistung geglückt ist. „Ich bin ein wenigverwundert darüber , daß deutsche Posaunistenmöglicherweise nicht mit der nötigen Zielstrebig-keit auf solche Wettbewerbe hinarbeiten, denn dieErfahrungen, die man dabei macht, sind durchnichts zu ersetzen. Vielleicht liegt der Schwerpunktder Ausbildung an unseren Hochschulen einfachnoch zu stark auf der reinen Orchestererziehung,so daß wir hier das Feld der ausländischen Kon-kurrenz überlassen, obwohl wir aufgrund unsererwertvollen und langen Tradition einiges zu sagenhätten“. Im Gegensatz zu manchem Streicher-oder Pianistenkollegen hat ihn der Preis nicht indie großen Konzertsäle der Welt katapultiert. ➞

Fortsetzung auf Seite 10

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Wging die Neuentwicklung einer deutschen Posau-ne hervor. 2004 erschien dann das Modell „Xeno“,eine Tenorposaune amerikanischer Bauart, die un-ter meiner Federführung entwickelt wurde.

Welche Instrumente spielen Sie?Im wesentlichen Alt- und Tenorposaune, danebennoch Orchesterpartien auf dem Euphonium.

Geben Sie Ihr Wissen in Form von Workshops und Seminaren weiter?Ich habe jüngst auf Einladung von Joe Alessi mitgroßer Freude an der Juillard School in New Yorkunterrichtet, daneben bin ich häufig in Spanien,Japan und Deutschland unterwegs. Laien sind mirdabei genauso lieb wie Profis, denn ich versuche,jeden prinzipiell dort abzuholen, wo er steht, undAnregungen auf dem jeweiligen Niveau zu geben.

Was wäre aus Ihnen wohl geworden,wenn nicht Musiker? Ich habe mich damals so auf die Musik gestürzt,daß ich erst heute nach und nach entdecke, wel-che Fähigkeiten noch in mir schlummern. DieMöglichkeit, das elterliche Malergeschäft zu über-nehmen, war aber nie eine Option für mich.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit?Ich wühle gerne mit bloßen Händen im Garten,lerne Sprachen, trinke mit Vorliebe spanischenRotwein und habe eine Leidenschaft für gutes Es-sen und bildende Kunst. Ein ausgewogenes Fit-nessprogramm darf auch nicht fehlen. Unendlichdankbar bin ich für die Pinakothek der Modernein München. Hier finde ich wunderbare Inspira-tionen für meine Arbeit.

Ihre Zukunftspläne?Ich möchte möglichst lange auf meinem Instru-ment mithalten können und genug Zeit haben,meinen außermusikalischen Interessen nachzuge-hen. Ich will wach und offen bleiben für Neues.Langweilig wird es mir sicher nicht werden. ❚

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➞ „Das liegt wohl vor allem daran, daß Posaunen-konzerte nicht mit der herausragenden komposi-torischen Qualität aufwarten können wie etwa ver-gleichbare Werke für Violine oder Klavier“, meintHorch, jedoch ohne Bedauern in der Stimme. Seit Oktober 1989 ist er Soloposaunist im Sym-phonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Un-zählige Glanzlichter fallen in diese Zeit, und durchdie Arbeit mit Bernstein mag für ihn ein Traum inErfüllung gegangen sein, der schon zu Jugendzei-ten, damals im Hessischen vor dem Fernseher, ent-standen war. Große Konzerte und weltweite Tour-neen unter dem genialen Dirigenten Lorin Maa-zel folgten. Hervorzuheben im Besonderen auchder Grammy, den das BR-Symphonieorchester fürseine Einspielung von Schostakowitschs 13. Sin-fonie unter Mariss Jansons erhielt. „Das Orchesterist mein künstlerisches Rückgrat, hier bin ichglücklich und zu Hause“, konstatiert er. Geradedie Perspektive, unter dem zur Zeit wohl gefragte-sten Dirigenten der Welt spielen und weiter lernenzu dürfen, läßt ihn froh in die Zukunft blicken.

Projekte aus purem Idealismus

Zehn Jahre war Horch auch in dem renommier-ten Ensemble German Brass mit von der Partie. ImJahr 2001 stieg er aus, um mehr Zeit für andereAktivitäten zu haben. Seine kammermusikalischenWunschträume konnte Thomas Horch sich unteranderem als Mitglied des Münchner Posaunen-quartetts erfüllen. Als Früchte dieser Arbeit ent-standen zwei herausragende CD-Aufnahmen, fürdie er als Arrangeur weitestgehend verantwortlichzeichnet. Und – wo gibt es das schon –, daß eineinschlägiges Phonofachmagazin eine Posaunen-CD als „Empfehlung des Monats“ direkt neben ei-ner Produktion der Wiener Philharmoniker pla-ziert?! 2003 folgte die Gründung des „Brass Quin-tett München“. Fernab von dem sonst in der Sze-ne allzu oft überstrapazierten Blechbläserklamaukwidmen sich die BR-Musiker vornehmlich denernsteren zeitgenössischen Originalkompositionen.„Ich habe mit meiner Stelle im Rücken natürlichdie Möglichkeit, auch viele Projekte aus puremIdealismus zu machen“, meint Horch.

Richard Strauss Konservatorium

So ist zur Zeit ein neues, interessantes Projekt inVorbereitung, das ihn über die Grenzen seiner bis-herigen Arbeit hinaustragen wird – mehr will derKünstler aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichtverraten... Diesen Idealismus braucht er auch,wenn es gilt, junge Menschen auf den Beruf vor-zubereiten. Seit 2001 unterrichtet er den Nach-wuchs am Münchner Richard Strauss Konservato-rium: „Das macht mir sehr viel Spaß, aber Unter-richten kann schon eine richtige Knochenarbeitsein. Das ausschließlich zu tun, kann ich mir nichtvorstellen. Dazu gefällt mir mein Berufsalltag mitseiner gelungenen Mischung aus vielen musikali-schen Spielfeldern einfach zu gut.“ ❚

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Wieviele Stunden in der Woche beschäftigen Sie sich mit Musik?Ich übe täglich mit Freude, das tut mir körperlicheinfach gut. Dann arbeite ich sehr oft ohne In-strument, denke mir Stücke durch, zum Beispielwenn ich zu Fuß zur S-Bahn gehe. Grundsätzlichläßt sich das aber nicht in Stunden errechnen, daich mein Musikerdasein nicht beliebig ein- undausschalten kann. Eine 40-Stunden-Woche ergibtdas aber allemal.

Welche Musik hören Sie am liebsten?Ich höre sehr gerne Jazz und richtig harte Rock-musik. Meine erste Platte war Deep Purples „Livein Japan“. Volksmusik im ursprünglichen Sinne –nicht etwa Karl Moik und Konsorten – mag ichsehr gerne, dazu gehört auch gute Blasmusik undaußereuropäische Musik. Allgemein gilt: Ist Musikgut und ehrlich, dann zieht sie mich an.

Welche Musik spielen Sie am liebsten?Auch hier gebe ich dem Jazz so etwas wie Präfe-renz, weil ich da einen Kontrapunkt zur täglichenArbeit setzen kann. Aber Mozart, Bruckner oderetwa Schostakowitsch spiele ich nach wie vor im-mer wieder mit nicht nachlassender Begeisterung!Rezitals mit Orgel oder Klavierbegleitung reizenmich ebenfalls.

Welches war Ihr positivstes, welches Ihr negativstes musikalisches Erlebnis?Viele Ereignisse sind mir in sehr guter Erinnerunggeblieben, dazu gehört Karajans letztes Konzert inTokyo ebenso wie die Aufführung von Mahlersdritter Symphonie im vor Begeisterung tobendenWiener Musikvereinssaal. Unvergessen, wenn manals erster unter den Solisten aufstehen und denLohn für seine Arbeit in Empfang nehmen darf!Das Scheitern gehört zum Beruf dazu, das schließtKiekser ein, aber auch Abende, an denen man ein-fach nicht befreit musizieren kann. Nach zwanzig Jahren im Beruf stört es mich nochheute, wenn ich gelegentlich mit Musikern zu tunhabe, die nichts weiter als Dienst nach Vorschriftmachen. Dies ist in meinem Orchester glückli-cherweise nicht der Fall! Hier spielen alle immerwieder mit vollem Einsatz und echter Begeiste-rung. Ein nicht zu unterschätzendes Glück!

Was zeichnet einen guten Dirigenten aus? Er sollte Vertrauen zu den Musikern haben und siefrei von Bevormundung dazu bringen, über sichhinauszuwachsen. Dies erlebe ich zum Beispiel im-mer wieder in Konzerten unter Mariss Jansons.

Wie oft kaufen Sie ein neues Instrument?Ich habe das Glück, daß meine Instrumente nachmeinen Vorstellungen gebaut werden. Seit vielenJahren arbeite ich erfolgreich mit dem HerstellerYamaha zusammen. Aus dieser Zusammenarbeit