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Das Mitmachweb? Jan-Hinrik Schmidt Wissenschaftlicher Referent für Digitale Interaktive Medien und Politische Kommunikation Frankfurt, 10.05.2010

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Vortrag beim vorbereitenden Workshop zur Ausstellung "Do it yourself", 10.5.2010, Frankfurt, Museum für Kommunikation

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Das Mitmachweb?

Jan-Hinrik SchmidtWissenschaftlicher Referent für

Digitale Interaktive Medien

und Politische Kommunikation

Frankfurt, 10.05.2010

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Worüber ich heute spreche

I. Das Mitmachweb? Prinzipien, Leitbilder und Praktiken.

II. Mitmachen als Mythos? Etwas Empirie.

III. Ist das Mitmachweb nicht-kommerziell? Einige Wertschöpfungsstrategien.

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http://en.wikipedia.org/wiki/Image:Web_2.0_Map.svg

(I) Das Mitmachweb?

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Convergence Culture/

Participatory Culture

(Henry Jenkins)

Commons-Based

Peer Production

(Yochai Benkler)

(I) Das Mitmachweb: Diagnosen

Produsage

(Axel Bruns)

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(I) Leitbilder der Produsage

• Zwar ist der Gedanke des „aktiven Rezipienten“ schon älter, aber erst das Social Web lässt Grenzen zwischen „production“ und „usage“, zwischen Anbietern und Nutzern wirklich verschwimmen

• Leitbilder der „produsage“

1. Offenheit und Kollaboration

2. Strukturiert, aber nicht strikt hierarchisch

3. Prozesse statt Produkte

4. Individueller Beitrag ohne individueller Besitz

[Modifizierte Fassung der Prinzipien von Produsage (nach Bruns 2009)]

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(I) Die kommunikationssoziologische Perspektive

Das Mitmachweb senkt die Hürden für onlinebasiertes…

www.flickr.com/photos/44029537@N00/12760664/

– Identitätsmanagement (Darstellung individueller Interessen, Erlebnisse, Meinungen, Kompetenzen, etc.)

http://flickr.com/photos/mylesdgrant/495698908/

– Beziehungsmanagement (Pflege von bestehenden und Knüpfen von neuen Beziehungen)

http://www.flickr.com/photos/axels_bilder/1267008046/

– Informationsmanagement (Selektion und Weiterverbreitung von relevanten Daten, Informationen, Wissen- und Kulturgütern)

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(I) Schaff Dir Deine eigene Öffentlichkeit!

• Das Social Web unterstützt das Entstehen von persönlichen Öffentlichkeiten:• Persönliche Öffentlichkeiten enthalten Informationen, die

• (a) nach Kriterien der persönlichen Relevanz ausgewählt werden,

[anstatt nach journalistischen Nachrichtenfaktoren]

• (b) sich an ein (intendiertes) Publikum richten, das aus strong & weak ties besteht,

[anstatt des dispersen und unverbundenen

Publikums der Massenmedien]

• (c) im Kommunikationsmodus des „Konversation betreibens“ präsentiert werden

[anstatt im Modus des „Publizierens“]

Persönliche Öffentlichkeiten sind öffentlich im Sinne von „zugänglich“, aber nicht notwendigerweise im Sinne von „gesellschaftlich relevant“

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(II) Nur wenige tragen aktiv bei

• Der „Mythos Mitmachweb“ verbirgt jedoch, dass nur ein kleiner Anteil der Nutzer tatsächlich aktiv Inhalte bereitstellt.

• Die „90-9-1“- Faustregel: „In most online communities, 90% of users are lurkers who never contribute, 9% of users contribute a little, and 1% of users account for almost all the action” (Jakob Nielsen).

• „Trittbrettfahrer“-Phänomen zeigt sich an unterschiedlichen Stellen im Social Web:– 52% der Onliner nutzen Youtube zumindest gelegentlich, doch nur elf Prozent dieser Gruppe

(= ca. sechs Prozent der deutschen Onliner) hat bereits eigene Videos eingestellt (ARD/ZDF-Onlinestudie 2009).

– 65% der Onliner nutzen die Wikipedia zumindest gelegentlich, doch nur sechs Prozent dieser Gruppe (= ca. vier Prozent der deutschen Onliner) nehmen zumindest gelegentlich auch Veränderungen vor (ARD/ZDF-Onlinestudie 2008)

– ~1 Prozent der Wikipedia-Nutzer ist für etwa 70 Prozent der edits verantwortlich (vgl. Stegbauer/Rausch 2008)

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(II) Internetaktivitäten von 12-24jährigen (in %)

90,7

82,8

75,4

73,9

66,7

56,4

48

41

21,9

14,3

7,1

5,2

3

2,4

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Suchmaschinen nutzen

E-Mails empfangen und senden

Instant-Messenger nutzen

Online Communities nutzen

Musik/Sounddateien anhören

In Wikis lesen, wie z.B. in Wikipedia

Filme/Videos anschauen

Beiträge in Newsgroups/Foren lesen

Beiträge in Newsgroups/Foren schreiben

Weblogs lesen

Musik/Sounddateien einstellen

In Weblogs etwas verfassen oder einstellen

Filme/Videos einstellen

In Wikis schreiben, wie z.B. in Wikipedia

„Zumindest einmal pro Woche“; Quelle: Schmidt/Paus-Hasebrink/Hasebrink 2009

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(III) Varianten der Wertschöpfung

• Viele nutzergenerierte Inhalte werden nicht aus Profitstreben produziert und verbreitet • Leitbild der Nicht-Kommerzialität sichert diese Praktiken normativ ab und wird bspw. in

Auseinandersetzung rund um „Ausverkauf der Blogosphäre“ herangezogen • Aber auch wenn Nutzer selbst keine Kommerzialisierung anstreben: Betreiber der

jeweiligen technischen Infrastruktur bemühen sich durchaus um Monetarisierung dieser kreativen Leistungen

• Mögliche Wertschöpfungstrategien (Auswahl nach Bruns 2008):– „Harnessing the Hive“: nutzergenerierte Inhalte bilden Grundlage für zusätzliche Dienste,

wobei Rechte und Arbeitseinsatz der Ersteller respektiert werden (z.B. Aggregatoren wie Technorati, Rivva oder Delicious)

– „Harvesting the Hive“: nutzergenerierte Inhalte werden um zusätzliche wertschöpfende Leistungen erweitert, die sich vor allem an Personen richten, die selber keine Inhalte produzieren (z.B. „Red Hat“-Linux-Distributionen)

– „Hijacking the Hive“: nutzergenerierte Inhalte werden verbreitet, wobei im Gegenzug Rechte an den Inhalten zumindest teilweise an Plattform-Betreiber abgetreten werden müssen (z.B. YouTube, Facebook)

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Dr. Jan-Hinrik Schmidt

Hans-Bredow-Institut

Warburgstr. 8-10, 20354 Hamburg

[email protected]

www.hans-bredow-institut.de

www.schmidtmitdete.de

www.dasneuenetz.de

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit

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Weiterführende Literatur

– ARD-ZDF-Onlinestudie 2009:– Van Eimeren, Birgit/Beate Frees (2009): Der Internetnutzer 2009 – multimedial und total vernetzt?

Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie 2009. In: Media Perspektiven, Nr. 7, 2009, S. 334-348. Online verfügbar: http://www.media-perspektiven.de/uploads/tx_mppublications/Eimeren1_7_09.pdf.

– Busemann, Katrin/Christoph Gscheidle (2009): Web 2.0: Communitys bei jungen Nutzern beliebt. In: Media Perspektiven, Nr. 7. S. 356-364. Online verfügbar: http://www.media-perspektiven.de/uploads/tx_mppublications/ Busemann_7_09.pdf .

– Benkler, Yochai (2006): The Wealth of Networks. How social production transforms markets and freedom. New Haven/London.

– Bruns, Axel (2008): Blogs, Wikipedia, Second Life, and beyond. From production to produsage. New York.– Jenkins, Henry (2006): Convergence Culture. Where old and new media collide. New York.– Schmidt, Jan (2009): Das neue Netz. Merkmale, Praktiken und Konsequenzen des Web 2.0. Konstanz.– Schmidt, Jan/Ingrid Paus-Hasebrink/Uwe Hasebrink (Hrsg.) (2009): Heranwachsen mit dem Social Web.

Berlin.– Stegbauer, Christian/Elisabeth Bauer (2008): Nutzerkarrieren in Wikipedia. In: Ansgar Zerfaß/Martin

Welker/Jan Schmidt (Hrsg.): Kommunikation, Partizipation und Wirkungen im Social Web. Band 1. Köln. S. 186-204.

– Zittrain, Jonathan (2008): The future of the Internet and how to stop it. New Haven/London.