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www.laser-journal.de LTJ 31 LASERMATERIALBEARBEITUNG © 2007 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Modellierung des Laserstrahlschweißens Ein Weg zum Prozessverständnis Das Erlangen von Prozessverständ- nis ist seit den Anfängen der Lasermateri- albearbeitung eine wichtige Triebfeder für die Entwicklung von Modellen. Beim Laserstrahlschweißen widmen sich – von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen – alle in der Literatur zu findenden modell- haften Beschreibungen diesem Ziel. Das Spektrum dieser Modelle reicht von ana- lytischen Beschreibungen bis hin zu kom- plexen numerischen Simulationen. Allen gemeinsam ist, dass sie einen Baustein zum Verständnis beitragen. Auch heute noch ist der Prozess des Laserstrahl- schweißens nicht völlig verstanden und es entstehen neue Modelle. Diese sind überwiegend darauf ausgerichtet, Ant- worten auf Fragen zu finden, die im Zu- sammenhang mit der Anwendung von Lasern der neuesten Generation aufkom- men. Durch Weiterentwicklung der Strahlquellen, aber auch durch neue Möglichkeiten der Strahlformung und der Prozessführung wur- den und werden noch immer die ohnehin großen Parameterbereiche des Laserstrahl- schweißens ständig erweitert. Selbst die Zahl der den Prozess bestimmenden Parameter wird immer wieder vergrößert. Diese Ent- wicklungen verlangen dann konsequenter Weise nach einer Erweiterung des Prozess- PETER BERGER Peter Berger hat von 1975 bis 1980 in Stuttgart Luft- und Raumfahrttech- nik/Datenverarbeitung studiert. Danach arbeitete er bis 1986 am Institut für Aerodynamik und Gasdynamik. 1987 wechselte er zum Institut für Strahl- werkzeuge der Universität Stuttgart. Dort ist er seitdem zuständig für den Bereich Grund- lagen und Simulation. DER AUTOR ●● Dipl.-Ing. Peter Berger Institut für Strahlwerkzeuge Universität Stuttgart Pfaffenwaldring 43 70569 Stuttgart Tel.: 07 11 - 68 56 68 43 Fax: 07 11 - 68 56 68 42 E-Mail: [email protected] verständnisses. Am schnellsten werden neue Zusammenhänge immer noch durch syste- matische Schweißversuche ermittelt. Ein tieferes Verständnis dagegen vermag nur die Prozessmodellierung zu geben. Aber auch die direkte Beobachtung trägt neuerdings, bedingt durch große Fortschritte auf dem Gebiet bezahlbarer Hochgeschwindigkeits- kameras, immer mehr zur Erweiterung eines solchen Verständnisses bei. Der Laserstrahlschweißprozess zeichnet sich wie das Elektronenstrahlschweißen dadurch aus, dass sehr tiefe und schlanke Schweiß- nähte erzeugt werden können. Dieser so genannte Tiefschweißprozess wird beim La- serstrahlschweißen erreicht, wenn man unter sonst unveränderten Prozessbedingungen die Laserleistung steigert, bis Verdampfung des Materials einsetzt. Durch den Rückstoß- druck des abdampfenden Werkstoffs bildet sich oberhalb einer von den übrigen Prozes- sparametern abhängigen Laserleistung eine Kapillare aus, durch die die Laserstrahlung weit in das Material eindringen kann (siehe Abbildung 1). Schwelle Zur Berechnung der Schwellleistung für das Einsetzen des Lasertiefschweißprozesses hat sich die Annahme, dass bei Erreichen der Schwelle die Werkstückoberfläche mindestens an einer Stelle auf Verdamp- fungstemperatur erhitzt wird, als hinrei- chend herausgestellt. Arata [1] gibt hierfür eine einfache Formel P L / d f ~ (T V · k) / A · (P e / 4 + 1,1) 1/2 (1) an, die die Laserleistung P L und den Fo- kusdurchmesser d f mit dem wellenlän- genabhängigen Absorptionsgrad A, der Wärmeleitfähigkeit k und der Verdamp- fungstemperatur T V in Beziehung setzt. Für nicht allzu hohe Schweißgeschwindigkeiten u 0 ist die Pécletzahl P e = u 0 d f / κ , (2) für Aluminium als Werkstoff aufgrund der hohen Temperaturleitfähigkeit κ kleiner als 1 und der Wurzelterm in Gleichung (1) kann vernachlässigt werden. Der Quotient P L / d f ist dann nur noch von Materialwerten und der Wellenlänge abhängig [2]. Wichtig für eine ausreichend genaue Berechnung ist jedoch, dass die Absenkung der Verdamp- fungstemperatur durch die Legierungse- lemente gegenüber dem Grundwerkstoff Berücksichtigung findet [3] (siehe Abbil- dung 2). Bei einer Verringerung des Fokusdurchmes- sers, wie er durch die neuerdings verfüg- baren Laser hoher Strahlqualität möglich ist, lässt sich damit eine proportionale Absen- kung der Schwellleistung vorhersagen. Sehr hohe Schweißgeschwindigkeiten, die diese ABBILDUNG 1: Oberhalb einer Schwelle geht das Laserstrahlschweißen vom Wärmeleitungsschweißen in den Tiefschweißprozess über, der durch die Ausbildung einer Kapillare gekennzeich- net ist.

Modellierung des Laserstrahlschweißens – Ein Weg zum Prozessverständnis

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www.laser-journal.de LTJ 31

LASERMATERIALBEARBEITUNG

© 2007 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

Modellierung des LaserstrahlschweißensEin Weg zum Prozessverständnis

Das Erlangen von Prozessverständ-nis ist seit den Anfängen der Lasermateri-albearbeitung eine wichtige Triebfeder für die Entwicklung von Modellen. Beim Laserstrahlschweißen widmen sich – von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen – alle in der Literatur zu findenden modell-haften Beschreibungen diesem Ziel. Das Spektrum dieser Modelle reicht von ana-lytischen Beschreibungen bis hin zu kom-plexen numerischen Simulationen. Allen gemeinsam ist, dass sie einen Baustein zum Verständnis beitragen. Auch heute noch ist der Prozess des Laserstrahl-schweißens nicht völlig verstanden und es entstehen neue Modelle. Diese sind überwiegend darauf ausgerichtet, Ant-worten auf Fragen zu finden, die im Zu-sammenhang mit der Anwendung von Lasern der neuesten Generation aufkom-men.

Durch Weiterentwicklung der Strahlquellen, aber auch durch neue Möglichkeiten der Strahlformung und der Prozessführung wur-den und werden noch immer die ohnehin großen Parameterbereiche des Laserstrahl-schweißens ständig erweitert. Selbst die Zahl der den Prozess bestimmenden Parameter wird immer wieder vergrößert. Diese Ent-wicklungen verlangen dann konsequenter Weise nach einer Erweiterung des Prozess-

PETER BERGERPeter Berger hat von 1975 bis 1980 in Stuttgart Luft- und Raumfahrttech-nik/Datenverarbeitung studiert. Danach arbeitete er bis 1986 am Institut für Aerodynamik und Gasdynamik. 1987 wechselte er zum Institut für Strahl-werkzeuge der Universität Stuttgart. Dort ist er seitdem zuständig für den Bereich Grund-lagen und Simulation.

DER AUTOR

●●Dipl.-Ing. Peter Berger

Institut für StrahlwerkzeugeUniversität StuttgartPfaffenwaldring 43

70569 StuttgartTel.: 07 11 - 68 56 68 43Fax: 07 11 - 68 56 68 42

E-Mail: [email protected]

verständnisses. Am schnellsten werden neue Zusammenhänge immer noch durch syste-matische Schweißversuche ermittelt. Ein tieferes Verständnis dagegen vermag nur die Prozessmodellierung zu geben. Aber auch die direkte Beobachtung trägt neuerdings, bedingt durch große Fortschritte auf dem Gebiet bezahlbarer Hochgeschwindigkeits-kameras, immer mehr zur Erweiterung eines solchen Verständnisses bei.Der Laserstrahlschweißprozess zeichnet sich wie das Elektronenstrahlschweißen dadurch aus, dass sehr tiefe und schlanke Schweiß-nähte erzeugt werden können. Dieser so genannte Tiefschweißprozess wird beim La-serstrahlschweißen erreicht, wenn man unter sonst unveränderten Prozessbedingungen die Laserleistung steigert, bis Verdampfung des Materials einsetzt. Durch den Rückstoß-druck des abdampfenden Werkstoffs bildet sich oberhalb einer von den übrigen Prozes-sparametern abhängigen Laserleistung eine Kapillare aus, durch die die Laserstrahlung weit in das Material eindringen kann (siehe Abbildung 1).

Schwelle

Zur Berechnung der Schwellleistung für das Einsetzen des Lasertiefschweißprozesses hat sich die Annahme, dass bei Erreichen der Schwelle die Werkstückoberfläche mindestens an einer Stelle auf Verdamp-fungstemperatur erhitzt wird, als hinrei-chend herausgestellt. Arata [1] gibt hierfür eine einfache Formel

PL / df ~ (TV · k) / A · (Pe / 4 + 1,1)1/2 (1)

an, die die Laserleistung PL und den Fo-kusdurchmesser df mit dem wellenlän-genabhängigen Absorptionsgrad A, der Wärmeleitfähigkeit k und der Verdamp-fungstemperatur TV in Beziehung setzt. Für nicht allzu hohe Schweißgeschwindigkeiten u0 ist die Pécletzahl

Pe = u0 df / κ , (2)

für Aluminium als Werkstoff aufgrund der hohen Temperaturleitfähigkeit κ kleiner als 1 und der Wurzelterm in Gleichung (1) kann vernachlässigt werden. Der Quotient PL / df

ist dann nur noch von Materialwerten und der Wellenlänge abhängig [2]. Wichtig für eine ausreichend genaue Berechnung ist jedoch, dass die Absenkung der Verdamp-fungstemperatur durch die Legierungse-lemente gegenüber dem Grundwerkstoff Berücksichtigung findet [3] (siehe Abbil-dung 2).Bei einer Verringerung des Fokusdurchmes-sers, wie er durch die neuerdings verfüg-baren Laser hoher Strahlqualität möglich ist, lässt sich damit eine proportionale Absen-kung der Schwellleistung vorhersagen. Sehr hohe Schweißgeschwindigkeiten, die diese

ABBILDUNG 1: Oberhalb einer Schwelle geht das Laserstrahlschweißen vom Wärmeleitungsschweißen in den Tiefschweißprozess über, der durch die Ausbildung einer Kapillare gekennzeich-net ist.

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Laser ermöglichen, bedingen jedoch, dass die Pécletzahl in Gleichung (1) nicht ver-nachlässigt werden darf. Eine detailliertere Betrachtung erbringt den in Abbildung 3 dargestellten Zusammenhang. Aus ihm wird deutlich, dass vor allem bei Eisenwerkstoffen die Schwellleistung hin zu sehr hohen Ge-schwindigkeiten wieder zunimmt.

Prozesswirkungsgrad

Ein weiterer einfacher analytischer Zusam-menhang kann herangezogen werden, wenn der Prozesswirkungsgrad berech-net werden soll. Swift-Hook und Gick [4] nutzten für diesen Zweck das um 1940 von Rosenthal [5] entwickelte Linienquellenmo-dell. Mit dessen Hilfe kann die Schmelzbad-geometrie in zweidimensionaler Näherung berechnet werden. Der Wirkungsgrad ergibt

sich dann aus dem Vergleich der eingesetzten Leistung zu derjenigen Leistung, die mindestens erforderlich ist, um das Nahtvolumen auf-zuschmelzen. Nach dieser Methode ergibt sich unab-hängig vom Werkstoff ein maximaler Wirkungsgrad von 48 %, der jeweils bei ho-hen Schweißgeschwindig-keiten erreicht wird.

Die mit dem Linienquel-lenmodell von Rosenthal berechneten Kapillar- und Schmelzbadgeometrien ha-ben aber nur bei geringen Schweißgeschwindigkeiten realistische Formen. Eine Anwendung bei hohen Geschwindigkeiten ist daher fraglich. Ein verbessertes Modell kann dadurch ge-wonnen werden, dass mehrere Linienquel-len räumlich so geschickt verteilt werden, dass sich eine kreisförmige Kapillare ergibt. Die dadurch erreichte realistischere Energie-einbringung beschreibt die Schmelzbadge-ometrie in Kapillarnähe wesentlich besser. Obwohl wie bei der einzelnen Linienquelle auch beim Modell mit mehreren Quellen eine Relativbewegung der Schmelze zum festen Werkstück unberücksichtigt bleibt, dürfte der Wirkungsgrad, insbesondere bei hohen Geschwindigkeiten, aufgrund der Tatsache, dass die Schmelzfilme zu beiden Seiten der Kapillare sehr klein sind, sehr prä-zise vorhergesagt werden. Die mit diesem verbesserten Modell erzielten Ergebnisse können der Abbildung 4 entnommen wer-den. Man stellt fest, dass sich die Wirkungs-gradkurven durch eine Verringerung des Fokusdurchmessers zu größeren Geschwin-digkeiten verschieben. Das bedeutet, dass beim Schweißen mit kleinem Fokusdurch-

messer zur Erzielung hoher Wirkungsgrade hohe Geschwindigkeiten gewählt werden müssen.

Instabilitäten bei hohen Geschwindigkeiten

Vom Schweißen mit CO2- und lampenge-pumpten Festkörperlasern ist bekannt, dass oberhalb einer kritischen Geschwindigkeit, die stark vom Werkstoff, aber auch von der Fügegeometrie und den übrigen Prozesspa-rametern abhängt, Instabilitäten auftreten. Zum Vergleich der Ergebnisse mit Schwei-ßungen, die mit kleineren Kapillaren durch-geführt werden, ist es sinnvoll, die Pécletzahl Pe nach Gleichung (2) heranzuziehen, da sich bei Schweißungen mit gleichem Mate-rial und gleicher Pécletzahl unter Vernach-lässigung des Reibungseinflusses ähnliche Geometrien ergeben. Konkret bedeutet dies, dass man bei einer Verringerung des

DAS INSTITUT

Institut für StrahlwerkzeugeUniversität Stuttgart

Das 1986 gegründete Institut für Strahl-werkzeuge (IFSW) der Universität Stutt-gart gehört zu den weltweit führenden Laserinstituten. Seine Stärke basiert auf seinem ganzheitlichen Ansatz, der die Entwicklung von Strahlquellen ebenso berücksichtigt wie deren Anwendungen und von Grundlagenforschung bis zur in-dustriellen Einführung reicht. Dabei wirddas Institut durch die assoziierten Firmen FGSW und TGSW unterstützt,die zusätzliche operationelle Potenziale bieten.Weitere Informationen unter: www.ifsw.uni-stuttgart.de

ABBILDUNG 2: Änderung der Verdampfungstemperatur von Aluminiumlegierungen in Abhängigkeit des Gewichtsanteils der Legierungselemente.

ABBILDUNG 3: Auf den Fokusdurchmesser bezo-gene absorbierte Leistung, die zum Erreichen der Tiefschweißschwelle beim Laserstrahlschweißen von Eisen und Aluminium erforderlich ist. Der Berechnung liegt ein runder Laserstrahl mit konstanter Intensität zugrunde.

ABBILDUNG 4: Prozesswirkungsgrad in Abhängigkeit der Schweißgeschwindigkeit für zwei Kapillarradien und zwei Werkstoffe.

ABBILDUNG 5: Numerisch berechnete Schmelzbadgeometrie sowie Geschwindigkeitsverteilung im Schmelzbad, die sich bei isolierter Betrachtung der Kapillarumströmung ergibt. Oben: Schweißgeschwindigkeit: u0 = 5 m/min; unten: u0 = 15 m/min.

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gängigen Lasern beo-bachteten Instabilitäten treten folglich bei Re-duzierung des Kapillar-durchmessers erst bei wesentlich höhern Ge-schwindigkeiten auf.

Als eine Ursache dieser Instabilitäten hat Beck [6,7] bereits 1991 die durch die Kapillarum-strömung verursachten hohen Strömungsge-schwindigkeiten im Schmelzbad identifi-ziert. Bei Metallen mit schlechter Wärmeleit-fähigkeit wie Messing, Titan oder Eisenwerk-stoffen bilden sich seit-lich der Kapillare nur dünne Schmelzfilme aus, durch die der ge-

samte vor der Kapillare aufgeschmolzene Werkstoff fließen muss. Dadurch kommt es dort zu hohen Geschwindigkeiten, die das Mehrfache der Schweißgeschwindigkeit be-

tragen. Dieser Effekt ist um so ausgeprägter, je höher die Schweißgschwindigkeit ist (si-ehe die Geschwindigkeitsüberhöhung seit-lich der Kapillare in Abbildung 5).

Mit Hilfe der numerischen Rechnungen, die den in Abbildung 5 gezeigten Bildern zu-grunde liegen, wurde erkannt, dass sich die Bereiche hoher Geschwindigkeit seitlich der Kapillare weit in den Teil des Schmelzbades hinter der Kapillare ausdehnen können. Es entsteht geradezu ein Flüssigkeitsstrahl in-nerhalb der Schmelze. Bei hohen Schweißge-schwindigkeiten tritt dieser Effekt deutlich in Erscheinung. Aus der resultierenden schlan-ken und langen Gestalt des Schmelzbades kann man folgern, dass der Wärmetransport in diesem Flüssigkeitsstrahl entscheidend für die resultierende Schmelzbadgestalt ist.

Strömungen im Schmelzbad

Da aus den oben geschilderten numerischen Untersuchungen klar gefolgert werden kann, dass die Strömungen innerhalb des Schmelzbades sowohl mitverantwortlich sind für eventuell auftretende Instabilitäten des Schweißprozesses als auch die Nahtge-

Kapillarradius um den Faktor 10 dann die gleiche Schmelzbadgeometrie erhält, wenn man gleichzeitig die Geschwindigkeit um den Faktor 10 erhöht. Die bei heute noch

ABBILDUNG 6: Schweißbad- und Kapillargeometrie mit einge-zeichneten Geschwindig-keitsvektoren, links für den Fall eines negativen Oberflächenspannungsgradienten (der Wert von ∂γ/∂T = -5,84 N/m K entspricht dem Wert von reinem Eisen) und rechts für den Fall eines positiven Oberflächenspannungsgradienten (der Wert von ∂γ/∂T = +5,84 N/m K entspricht dem Wert von Eisen, das etwa 500 ppm Schwefel enthält). Das Werkstück bewegt sich mit u0 = 2 m/min von rechts nach links, die Kapillartiefe beträgt 4,3 mm und die ins Werkstück eingekoppelte Leistung ergibt sich aus der Rechnung zu jeweils etwa 3 kW.

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weldability of aluminium- and copper-alloys, In: ECLAT ‚94 5th European Conference on Laser Treatment of Ma-terials, Düsseldorf: DVS-Verlag, 1994, S.313-325 (DVS 163).

[4] D.T. Swift-Hook, A.E.F. Gick, Penetration Welding with Lasers, Welding Journal 52 (1973), 492-s – 499-s.

[5] D. Rosenthal, The theory of moving sources of heat and its applications to metal treatments, Trans. ASME, 1946, 48, 849-866.

[6] M. Beck, P. Berger, F. Dausinger, H. Hügel,Aspects of keyhole/melt interaction in high speed laser welding, In: Orza, J.M.; Domingo, C. (Editors): Eighth International Symposium on Gas Flow and Chemical Lasers (GCL, 10-14 Sept. 1990, Madrid). Bellingham (Wa): SPIE, 1991, S.769-774 (Proc. SPIE 1397).

[7] M. Beck, P. Berger, N. Palle, J.A. Dantzig,Aspekte der Schmelzbaddynamik beim Laserschweißen mit hoher Bearbei-tungsgeschwindigkeit, In: Waidelich, W. (Editor): Laser in der Technik: Vor-träge des 10. Int. Kongr. LASER ‚9 (Mün-chen, Juni 1991). Berlin: Springer, 1992, S.429-434.

[8] C. R. Heiple, J. R. Roper, Mechanism for minor element effect on GTA fusion zone geometry, Welding Journal 61, (1982), 97-s – 102-s.

[9] G.M. Oreper, T.W. Eager and J. Szekely,Convection in arc weld pools, Welding Journal 62, (1983), 307-s – 312-s.

[10] H. Hügel, F. Dausinger, P. Berger, M. Beck, J. Griebsch, Investigations on fundamen-tal phenomena as basis for high quality laser welding In: ECLAT ‚94 5th Euro-pean Conference on Laser Treatment of Materials, Düsseldorf: DVS-Verlag, 1994, S.63-74 (DVS 163).

[11] Th. Fuhrich, P. Berger, H. Hügel, Maran-goni effect in laser deep penetration welding of steel, Journal of Laser Appli-cations 13 (2001) No 5, 178-186.

[12] Th. Fuhrich, P. Berger, H. Hügel, Numeri-cal calculation of the weld pool in deep penetration laser welding, In: Cerjak, H.; Bhadeshia, H.K.D.H.: Mathematical modelling of weld phenomena 6. Lon-don: Maney Publishing, 2002, 93-119.

ometrie wesentlich mitbestimmen, wurde der Schmelzströmung in den letzten Jahren in zahlreichen Veröffentlichungen Aufmerk-samkeit geschenkt. Auch beim Lichtbogen-schweißen hatte man anfangs der achtziger Jahre festgestellt, dass Schmelzbadströ-mungen die Nahtgeometrie ganz wesentlich mitbeeinflussen. Heiple und Roper [8] fan-den 1982 heraus, dass Schmelzströmungen, die durch Oberflächenspannungsgradien-ten verursacht werden, die Einschweißtiefe stark ändern können. Diese Strömungen werden auch als Marangoni-Strömung bezeichnet. Oreper, Eager und Szekely [9] bestätigten 1983 mit Hilfe von Berech-nungen des beim Lichtbogenschweißen auftretenden Strömungsfeldes die im Jahr zuvor geäußerte Vermutung. Während zum Lichtbogenschweißen zahlreiche Veröffent-lichungen folgten, die der durch Oberflä-chenspannungsgradienten verursachten Strömung eine dominierende Rolle beschei-nigen, wurde erst Anfang der neunziger Jahre mit ähnlichen Untersuchungen für das Laserstrahlschweißen begonnen [10]. Diese wurden mit dem kommerziell erhältlichen Programm FIDAP, das das Strömungsfeld mit der Finite-Elemente-Methode löst, durchge-führt. Um eine stabile Lösung zu erhalten, wurde die aus Schweißexperimenten abge-leitete Geometrie der Kapillare vorgegeben. Die Energieeinkopplung wurde im Modell dadurch realisiert, dass die Temperatur auf der Oberfläche der Kapillare als Randbedin-gung mit T = TV = 2773 K vorgegeben wurde. Das zu schweißende Werkstück wurde mit konstanter Geschwindigkeit durch das Re-chengebiet bewegt, wobei die Temperatur im Zustrombereich auf Umgebungstempe-ratur gehalten wurde.

Zwei Ergebnisse, die in den Abbildungen 6 und 7 gezeigt werden, eine mit negativem Oberflächengradient und eine mit posi-tivem, machen deutlich, dass auch beim Tiefschweißprozess mit Laserstrahlung die Schmelzbadgeometrie durch den Einfluss von Oberflächenspannungsgradienten verändert werden kann. Allerdings ist bei tiefen Schweißungen wie in der Abbildung 6 die Geometrieänderung auf einen ober-flächennahen Bereich begrenzt. Dort treten in der Schmelze heftige Wirbel auf. Typisch sind Wirbel zu beiden Seiten der Kapillare, die sich im hinteren Teil des Schmelzbades zu einem großen Wirbel vereinigen (siehe Abbildung 7). In diesem Wirbelsystem wird Wärme zum großen Teil konvektiv durch die Strömung transportiert. In der Abbildung 7 ist der Pfad eines einzigen Eisenpartikels

auf seinem Weg durch das Schmelzbad vom Ort des Aufschmelzens bis zu seiner Wieder-erstarrung dargestellt. Man erkennt deutlich das mehrmalige Aufheizen des Partikels in Kapillarnähe und die Abkühlung mit ent-sprechender Wärmeabgabe im hinteren Teil der Schmelze. Aus den bisher durchgeführten Rechnungen mit ähnlichen Kapillargeometrien ist abzulei-ten, dass für höhere Schweißgeschwindig-keiten die Kapillarumströmung gegenüber der von Oberfächenspannungsgradienten getriebenen Strömung an Einfluss gewinnt und oberhalb von Schweißgeschwindig-keiten von etwa 6 m/min die dominierende Rolle übernimmt [11, 12]. In diesem Para-meterbereich sind weitere numerische Un-tersuchungen mit verbesserten Modellen erforderlich, um die Zusammenhänge zu klären. Es ist zu erwarten, dass nicht zuletzt wegen fortschreitender Verbesserung in der Simulationstechnik und auf dem Gebiet der Computertechnik zukünftige Model-lierungen auch auf diesem Gebiet neue Er-kenntnisse liefern werden.

Referenzen

[1] Y. Arata, H. Maruo, I. Miyamoto, Applica-tion of laser material processing – Heat flow in laser hardening, IIW Doc. IV-241-78, IIW Doc. 212-436-78, 1978.

[2] M. Beck, Modellierung des Lasertief-schweißens, Laser in der Materialbear-beitung, Forschungsberichte des IFSW, B. G. Teubner Verlag, Stuttgart, 1996.

[3] J. Rapp, M. Beck, F. Dausinger, H. Hügel,Fundamental approach to the laser

ABBILDUNG 7: Schrägansicht des Schmelzbades aus Abbildung 6, links. Dargestellt ist der Pfad eines einzelnen Eisenpartikels durch das Schmelzbad. Die jeweilige Temperatur des Partikels ist der Farbskala zu entnehmen.