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Jorge Maga Modern Wargames Roman Inhalt 1 ..................................................................................................................................................... 5 2 ................................................................................................................................................... 11 3 ................................................................................................................................................... 19 4 ................................................................................................................................................... 25 5 ................................................................................................................................................... 33 6 ................................................................................................................................................... 40 7 ................................................................................................................................................... 45 8 ................................................................................................................................................... 52 9 ................................................................................................................................................... 58 10 ................................................................................................................................................. 62 11 ................................................................................................................................................. 70 12 ................................................................................................................................................. 76 13 ................................................................................................................................................. 81 14 ................................................................................................................................................. 87 15 ................................................................................................................................................. 92 16 ................................................................................................................................................. 98 17 ................................................................................................................................................ 103 18 ................................................................................................................................................ 108 19 ................................................................................................................................................ 113 20 ................................................................................................................................................ 118 21 ................................................................................................................................................ 122 22 ................................................................................................................................................ 126 23 ................................................................................................................................................ 131 24 ................................................................................................................................................ 135 25 ................................................................................................................................................ 140 26 ................................................................................................................................................ 146 27 ................................................................................................................................................ 148 28 ................................................................................................................................................ 152 29 ................................................................................................................................................ 155 30 ................................................................................................................................................ 158 Roman Jorge Maga Modern Wargames LESEPROBE

Modern Wargames - Leseprobe

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Lesesprobe aus dem Science Fiction Roman von Jorge Maga. Books on Demand GmbH, Norderstedt ISBN: 978-3-8423-4985-8.

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Jorge MagaModern Wargames

Roman

Inhalt

1 ..................................................................................................................................................... 52 ................................................................................................................................................... 113 ................................................................................................................................................... 194 ................................................................................................................................................... 255 ................................................................................................................................................... 336 ................................................................................................................................................... 407 ................................................................................................................................................... 458 ................................................................................................................................................... 529 ................................................................................................................................................... 5810 ................................................................................................................................................. 6211 ................................................................................................................................................. 7012 ................................................................................................................................................. 7613 ................................................................................................................................................. 8114 ................................................................................................................................................. 8715 ................................................................................................................................................. 9216 ................................................................................................................................................. 9817 ................................................................................................................................................ 10318 ................................................................................................................................................ 10819 ................................................................................................................................................ 11320 ................................................................................................................................................ 11821 ................................................................................................................................................ 12222 ................................................................................................................................................ 12623 ................................................................................................................................................ 13124 ................................................................................................................................................ 13525 ................................................................................................................................................ 14026 ................................................................................................................................................ 14627 ................................................................................................................................................ 14828 ................................................................................................................................................ 15229 ................................................................................................................................................ 15530 ................................................................................................................................................ 158

Roman

Jorge Maga

ModernWargames

LESEPROBE

Über den AutorJorge Maga wurde 1964 inGöttingen in eine Musikerfamiliegeboren. In Bochum ging er biszum Abitur zur Schule. Nacheiner kleinen und ereignisrei-chen Odyssee über Berlin und

Alsfeld (Hessen) entschlossen sich er und seine Fraumit ihren zwei Kindern nach Andalusien auszuwan-dern. Dort arbeitete Jorge Maga zunächst als Grafik-designer und aus dieser Tätigkeit heraus als freischaf-fender Fotograf und Autor. Unter anderem schrieb ermehrere Jahre lang unterhaltsame Reiseberichte fürein deutschsprachiges Magazin an der Costa del Sol.Mehr über ihn und seine Arbeit ist auf seinerHomepage zu finden. (www.das-maga-zin.com)

Jorge MagaModern Wargames

Roman

© 2011 Jorge MagaHerstellung und Verlag:Books on Demand GmbH, NorderstedtPrinted in GermanyISBN: 978-3-8423-4985-8

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikationin der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografi-sche Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

HINWEIS: © 2011 Jorge MagaDiese Leseprobe ist urheberrechtlich geschützt!Sie darf aber gerne an interessierte Personen

weitergegeben werden.Das vollständige gedruckte Buch kann unter der

ISBN 978-3-8423-4985-8 bestellt werdenund wird hergestellt und verlegt von

Books on Demand GmbH, Norderstedt.-Modern Wargames im BoD-Shop-

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Frederik steht auf einer leichten Anhöhe, um sich einenbesseren Überblick zu verschaffen. Vor ihm klaffen dieRuinen altertümlicher Betonbauten wie abgefackelteBohrtürme im Sumpf von Öl und Schlamm. Ein paardornige Sträucher trotzen dem trostlosen Klima undversuchen mit ihren kleinen grünen Blättern ein wenigFarbe und Leben in die graue Winterlandschaft zu tup-fen. Die possierlichen kleinen Ratten, die zwischen allden Trümmern nach Nahrung suchen, berührt das nichtweiter. Diese Überlebenskünstler mit den glänzendenschwarzen Knopfaugen und den kleinen kreisrundenÖhrchen wuseln emsig durch die verstreuten Trümmerund suchen unermüdlich nach etwas Nahrhaftem. Aufder linken Seite, hinter den Ruinen der alten Stadt, er-heben sich stattliche Berge, die einmal von prächtigenWäldern bedeckt gewesen sein müssen. Doch die ver-trockneten Holzgerippe, welche davon noch übrig ge-blieben sind, unterstreichen lediglich die düstere Stim-mung von Sterben und Tod dieser unheimlichenSzenerie. In der Ferne verdunkeln auch noch gewaltigeRauchsäulen den Himmel und verhindern, dass die Son-ne wenigstens ein bisschen Wärme verbreiten kann.Statt dessen bläst ein eisiger Wind von hinten und fegtein Gemisch aus Schnee und Asche über den frostigenBoden.

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Frederik spürt nichts von der Kälte, soweit ist dieTechnik nicht fortgeschritten, obwohl seine Ausrüstungdas Neueste ist, was die Waffenindustrie zu bieten hat,selbstverständlich sicher gegen alle Wetter- und Um-welteinflüsse, auch gegen die meisten der antiquiertenSchnellfeuerwaffen seiner hoffnungslos unterlegenenGegner. Sie bietet auch gegen die moderneren Laserka-nonen einen ausreichenden Schutz, die extrem hitzebe-ständige Ummantelung hält lange genug Stand, um sichin Sicherheit zu bringen. Und wenn sie ihn mal an emp-findlichen Stellen erwischt haben, sind ihm höchstensein paar Kabel durchgeschmort. Da sind die Granatenunangenehmer. Jedes Mal, wenn er von solchen getrof-fen wird, gibt es blaue Flecken und er muss sich einHealthpackage suchen, um wieder zu hundert Prozenteinsatzbereit zu sein.

Im Augenblick ist alles ruhig. Frederik durchsuchtim Telemodus die Ruinen nach feindlichen Rebellen.Nichts Ungewöhnliches ist zu sehen. Der Blick auf dieeingeblendete Karte im Monitor verrät ebenfalls nichts,zumindest werden keine Lebensformen angezeigt. Fre-derik wagt den Einsatz des Flightjackets, wählt ihn ausder Liste und hebt ab. Das ist immer das Größte, abhe-ben und tatsächlich das Gefühl haben, über der Land-schaft zu fliegen. Dieser Realismus wurde erst mit denneuen Home-Server-Units mit Fullbodycontrol möglich.Und dieser Begriff ist wörtlich zu verstehen. Frederiksteckt in einem unbequem wirkenden Kunststoffanzugmit unzähligen Drähten und komplizierter Hydraulik,der computergesteuert jede Bewegung des Körpers di-rekt in den Rechenprozess integriert, umgekehrt jedenEinfluss, der den Körper betrifft, unmittelbar zurückgibt. Frederik macht sich in seinem jugendlichen Eiferkeine Gedanken über diffizile mechatronische Zusam-menhänge, ihn interessiert nur das unheimlich reale

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Feeling, das er hier erleben kann. Der absolute Traumeines jeden Computerspielezockers. Daher konzentrierter sich völlig auf die zu lösende Aufgabe und die einzu-setzenden Strategien, kurz, worauf er achten muss, umzu gewinnen.

Er schwebt zügig und umsichtig über das Trümmer-feld, nicht zu hoch, um nicht zu schnell entdeckt zuwerden. Vorne rechts liegen einige zerbombte Panzer,schräg dahinter laut Computer die Zielkoordinaten. DieFrage ist, ob der direkte Weg sicher ist. Meistens nicht,das zeigt die Erfahrung, aber Frederik liebt das Risiko.Schon ist er an den Panzerwracks vorbei, jetzt über diewie Toastbrotscheiben aufgeschichteten Betondeckeneines zusammengebrochenen Wohnhauses. Plötzlich, erhat es gewusst, von links, aus dem dunklen Rachen ei-nes ehemaligen Metrozugangs, eine Boden-Luft-Rakete.Keine Chance. Sind die also immer noch in der U-Bahn,schießt es ihm durch den Kopf, da wird er von derDetonation herumgeschleudert.

Schnell richtet er sich auf, rückt seinen Helm zurechtund logt sich wieder ein. Zum Glück war auf der Anhö-he ein Speicher-Terminal, um dort einen neuen Start-punkt zu setzen. Während die Daten geladen werden,überlegt er sich eine neue Strategie, um den Gegner imU-Bahn-Schacht zu eliminieren, gleichzeitig nicht zu vielZeit zu verlieren, denn diese läuft ab, gnadenlos. ZehnMinuten hat er noch, um das versteckte Radar der Re-bellen zu zerstören. Schafft er es vorher, hat er die Chan-ce, auf der Bestenliste wieder ganz nach oben zu kom-men. Also, tief durchatmen, wieder das Flightjacketwählen und diesmal bei den Panzern landen.

Dort angekommen tauscht er zunächst das Flight-jacket gegen einen tragbaren Raketenwerfer undschleicht sich vorsichtig zu der Betonruine, hinter dersich der Metroeingang befindet. Auf einmal hält er inne.

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Unwahrscheinlich denkt er sich. Die Details sind un-glaublich. Er ist ja sowieso jedes Mal begeistert von derabsoluten Realität des Modern Wargames, aber ab undzu verschlägt es ihm den Atem. Auf dem Boden liegennicht nur Wrackteile, das wäre zu erwarten. Nein, dasgeht weiter über alten Hausmüll, kaputte Möbel, verlo-rene Wäschestücke, alles, was herumfliegen könnte undvon Eis und Schnee wie in einer gigantischen Tiefkühl-truhe eingefroren und dem weiteren Einfluss der Zeitentzogen ist. Wer denkt sich das alles aus? Und der im-mense Aufwand, diese detaillierten Landschaften zuprogrammieren. Er erinnert sich gut an die Erkundungeines verlassenen Flüchtlingslagers. Als dort zwischenall den typischen Lagerresten verhungerte Kinder her-umlagen, hätte er beinahe die Escape-Taste gedrückt.Das war hart an der Grenze. Aber was will er erwarten.Es ist ein superheftiges Kriegsspiel, und bestimmt nichtfür Kinder gemacht. Oh ja, da hört er in Gedankenschon seinen Vater reden. Gibt es nicht auch friedlicheSpiele? Musst du immer kämpfen und töten? Aber dasist doch nur ein Spiel. Meine Güte! Ich würde dochniemals wirklich töten, diskutiert er sogar schon in Ge-danken mit seinem Vater. Wie gut, dass er Modern War-games getarnt spielen kann. Seine Eltern glauben, erwürde in einem Bergwerk mit anderen um die Wettebuddeln. So was Uncooles. Er geht lieber heftig ran. Damuss es richtig brodeln, wie in Modern Wargames eben.Absolut real. Und absolut geil, wie man früher gesagthaben soll.

Eine Granate detoniert wenige Meter neben ihm undschleudert ihn zu Boden. Das kommt davon, wenn dieGedanken woanders sind, tadelt er sich selbst. Schnellrafft er sich auf, will seinen Raketenwerfer laden, wasaber nicht geht, denn sein linker Arm blockiert. Dasdarf doch nicht wahr sein, denkt er sich, die haben mir

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einen Arm abgesprengt. Frederik überfliegt seine Waf-fenliste. Dann eben auch Granaten, den Werfer kann ermit einer Hand bedienen. Vorsichtig schleicht er weiter.Hinter ihm eine weitere Detonation. Ein Glück, sie wis-sen nicht genau, wo er ist. Schnell ein paar Haken schla-gen und zwischen den aufgeschichteten Betonplattendurchschieben. Das ist problematisch mit einem fehlen-den Arm. Mühsam gelangt er an das andere Ende deseingestürzten Wohnblocks. Vorsichtig schiebt er sich inseiner defekten Montur an den Rand und sieht sich um.Dort, hinten links ist der Metroeingang. Die ballern ein-fach blind in seine Richtung und trauen sich dafür nichteinmal aus ihrem Loch. Das dürfte nicht allzu schwersein. Frederik nimmt den Eingang ins Visier, drückt ab,die Automatik feuert gleich mehrere Granaten, alle insgleiche Ziel. Er wartet, bis sich der Rauch verzogen hat.Keine Geschosse kommen mehr aus dem Aufgang,wieder ein Problem erfolgreich gelöst.

Jetzt noch das Radar. Es bleiben sieben Minuten, weitmehr als genug, denn er kann es da hinten schon se-hen. Berechnend montiert er eine Sperrfeuerkanone, dieschießt eine Minute lang auf alles, nur nicht auf ihn.Das müsste reichen, um rüber zu laufen, die Sprengla-dung zu befestigen und mit dem Flightjacket abzuhau-en. Er zündet die Waffe und rennt los. Rechts und linkspfeifen die Kugeln an ihm vorbei, dazu feuert ein Laserauf alles, was sich bewegt, sei es umherfliegender Müll,ein Vogel oder eben auch mal ein Gegner, falls sicheiner in dieses Feuerwerk verirrt. Das Laufen gestaltetsich zwischen den Trümmern schwieriger als erwartetund mehrmals verliert er beinahe die Balance. Endlichhat er das Radar erreicht, die Kanone schießt immernoch eine Salve nach der anderen und bietet einen ge-wissen Schutz. Die Sprengladung ist angebracht und derZeitzünder läuft, es bleiben zehn Sekunden.

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Das Sperrfeuer hört auf, Frederik startet sein Flight-jacket, wird jäh von einer Granate getroffen und stürzthart zu Boden. Trotzdem rafft er sich auf, wählt dieBazuka und zielt in die Richtung, aus der er beschossenworden war. Wenn ich schon ein weiteres Leben verlie-re, dann will ich wenigstens noch ein paar Punkte fürabgeschossene Gegner. Die Mission ist sowieso fertig,denkt er sich und ballert wie wild, bis er von der Explo-sion seiner eigenen Bombe herumgewirbelt wird.

Wow, so macht das Spaß ... Frederik setzt sich auf denBoden und checkt den Spielstand. Ja! Wieder oben aufder Bestenliste! Peacemaker ist eben der Beste! JedesMal freut er sich über seinen gelungenen Codenamen.Er ist sich sicher, dass von denen da draußen doch kei-ner versteht, warum er sich so nennt. Die anderen ha-ben in der Zwischenzeit ebenfalls ihre Aufgaben erfüllt,jedoch nicht so schnell und effizient wie er. Es war einekurze Mission, so bleibt ihm noch Zeit, bevor er dieServerunit verlassen muss, weil seine Stiefmutter an-schließend damit arbeitet. Er fragt kurz die Gewinndatenab, 50.000 Punkte dazu, insgesamt ist er damit bei950.000 Punkten, bei einer Million gibt es eine Extra-prämie. Diesmal bekommt er zusätzlich zu der norma-len Gewinnerprämie von 500 Dollar den Jackpot fürden Besten, weitere 2.500 Dollar, die umgehend auf seinKonto überwiesen werden. Es hat sich mal wieder ge-lohnt. Frederik lehnt sich bequem zurück, genießt nocheinmal kurz das Siegerglück und fährt in Ruhe den Ser-ver herunter.

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Frederik verlässt die Steuerkabine der Homeserver-Unit,von den meisten kurz UNIT genannt. Sie ist eine genia-le Erfindung, ermöglicht sie es doch, an einer Arbeits-stelle zu arbeiten, die auf einem anderen Kontinent liegt.Dass damit ebenfalls Spiele gespielt werden können, istein angenehmer Nebeneffekt. Da der Spieler durch dasFullbody-Kontrollsystem mit seinem ganzen Körper in-tegriert ist, kann er stehen, sitzen, laufen. Endlich sinddie Sportspiele richtig anstrengend. Aber solche Spielesind nichts für Frederik. Arbeiten, das geht auch wäh-rend seiner Pflichtausbildung, die er ein weiteres Jahrdurchstehen muss, bis er endlich fertig ist. So lange kanner Modern Wargames spielen, das ist genug Training.Ganz unrecht hat er nicht, zumindest was das Traininganbetrifft, denn dazu kommt der Sport in der Schuleund das regelmäßige Gewichtstraining mit seinen Freun-den. Das reicht, um dem Körper des Siebzehnjährigendie uncoolen Pubertätsproportionen auszutreiben, fin-den er und seine Freunde. Nur der Kopf, der könnteetwas mehr trainiert werden, das finden zumindest sei-ne Eltern. Frederik ist das egal, ihm reicht es, den Ab-schluss der Pflichtausbildung zu schaffen, anschließendkann er endlich machen, was er will.

�Mama, die Kiste ist frei,� ruft Frederik und kämmt sich

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mit seinen Fingern grob seine dunkelbraunen Locken,die sich störrisch und leicht fettig auf seine Schulternkräuseln. Lucy ist zwar seine Stiefmutter, aber sie hatsich gewünscht, dass er sie Mama nennt. Sie fände esschöner, würden sie auf diese Weise eher einer richti-gen Familie gleichen. Ihm war es egal und er tat ihr denGefallen.

�Oh, so früh schon? Und? Wieder gewonnen?� töntes aus dem Wohnzimmer.

�Klar, diesmal hat es sich richtig gelohnt.� Er brauchtnicht mehr laut zu rufen, denn Lucy ist in den Flur ge-kommen. Sie ist groß, hat geheimnisvoll schimmerndesschwarzes Haar und ist intelligent. Ein guter Durch-schnitt, der dank ausgeklügelter Unterrichts-, Ernäh-rungs- und Fortpflanzungssysteme für jeden erreichbarist. Dicke und dumme Menschen gibt es nicht mehr, siedienen nur noch dem Amüsement in Anekdoten undausgesuchten alten Filmen. Manchmal denkt Frederikan seine eigentliche Mutter, die normal aufgewachsenwar. Aber seine Erinnerung an sie ist verschwommen.Er war zu jung, als sie eines Tages nicht nach Hausekam, und weiß nicht, was aus ihr geworden ist. Eric,sein Vater, spricht nicht mit ihm darüber. Nur eines weißer, sie hatte nicht die übliche Standardfigur sondern wargemütlich pummelig. Seine eigene Lockenpracht hat ervon ihr geerbt, und er hat es geliebt, auf ihrem Schoßzu sitzen, und sich an ihren weichen Bauch und Busenzu kuscheln. Ganz anders Lucy. Nicht dass er sie nichtmag, sie ist lieb und nett, aber eben nur lieb und nett.Außerdem macht sie sich ständig Sorgen um ihn. Sie istdoch nur seine Stiefmutter, es kann ihr egal sein, wasaus ihm wird.

�Das ist ja prima. Vielleicht kannst du die Erfahrun-gen, die du dort beim Arbeiten sammelst, einmal ge-brauchen.�

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Was ein Glück, dass du nicht weißt, welche Erfah-rungen ich dort mache, denkt sich Frederik und verab-schiedet sich mit einem Küsschen auf die Wange seinerStiefmutter. Er wollte weg, seine Freunde besuchen.

Lucy schaut ihm hinterher, seufzt kurz und geht zu Ericins Wohnzimmer. Sie hat tatsächlich keine Ahnung vonFrederiks heimlichem Treiben, obwohl sie seine Vorlie-ben für solche gewalttätigen Computerspiele kennt. EinThema, über das sie sich mit ihrem Mann des öfterenunterhalten hat. Sie wundert sich über Frederiks Sorglo-sigkeit und setzt sich auf die ramponierte Couch ihrerSitzgarnitur, die sich über die Jahre an jene Antiquität inder Mitte angepasst hat, einem unglaublich hässlich ver-schnörkelten Tischchen aus den 70er Jahren des vori-gen Jahrhunderts.

�Frederik hat wohl wieder was bei seinen Service-job-Wettspielen gewonnen. Dafür scheint er ja immer-hin ein Händchen zu haben!� ruft sie durch die geöff-nete Schiebetür, welche das Wohnzimmer mit demArbeitsplatz ihres Ehemannes verbindet. Auch das hat-te sie sich gewünscht, nicht die Schiebetür, sonderndass Eric sie heiraten sollte. Es war seit ihrer Kindheitder größte Wunsch gewesen, eine richtige Familie zugründen, um sich auf diese Weise von der Allgemein-heit zu unterscheiden. Keine Antwort erwartend nimmtsie ihr Glas von jenem kitschigen Ungetüm eines Ti-sches und trinkt den letzten Schluck ihres Vitamin-trunks.

�Na ja, für mich ist das nach wie vor die reinsteAusbeuterei. Zehn Mal so viel müsste er für diese Arbeitbekommen. Ganz abgesehen von den anderen, die beidem Wettstreit leer ausgegangen sind, ihre Arbeit abermit Sicherheit trotzdem gemacht haben,� moniert Eric.Ihm gefällt diese Art Wettspiel nicht. �Daraus sollten die

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besser richtige Servicejobs machen. Dann würde es we-niger Arbeitslose geben.�

�Trotzdem ist mir das immer noch lieber, als dass eran seinem elenden Spielcomputer Krieg spielt,� erwi-dert Lucy, obwohl sie grundsätzlich gleicher Meinungist. Sie wechselt schnell das Thema. �Habe ich schonerzählt, was heute in der Parkanlage passiert ist? Ichhabe dort mit Sophie auf einer Bank gesessen, als plötz-lich Wolken aufgezogen sind. Und dann hat es angefan-gen zu regnen!�

�Das gibt es nicht! Sind die tatsächlich mit der Instal-lation der neuen Wetteranlage fertig geworden?� Eric istüberrascht. Er hatte zwar in den Nachrichten gehört,dass die Arbeiten fortschreiten würden, aber so schnellhatte er nicht damit gerechnet. �Und? Wie ist es?� ererhebt sich aus seinem bequemen Drehstuhl und istneugierig auf Lucies Bericht.

�Einfach unglaublich. So einen sanften Frühlings-regen kannte ich nur noch aus dem Kino. So was malwieder richtig zu erleben war einfach toll. Erst zogenWolken auf, keine Ahnung, wie die das machen ...�

�Eine neuartige Projektion, dreidimensional� unter-bricht Eric begeistert.

�Kann sein, jedenfalls wurden die Wolken immerdichter, aber die Sonne kam an einzelnen Stellen nochdurch. Schließlich fing es ganz sanft an zu regnen, weißtdu, dieses leise Rieseln und Rauschen, eben wie imKino. Einfach toll.� Lucy bekommt einen richtig ver-träumten Blick. �Das ist so lange her, als ich das letzteMal im Regen herumgelaufen bin � noch bevor wir unskennengelernt haben.�

�Bei euch gab es normalen Regen? Also bei uns inMittelafrika hat es entweder geschüttet und gestürmtoder es war strohtrocken. Beides unerträglich. Eigent-lich haben wir uns auch immer nur drinnen aufgehal-

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ten. Deswegen war die Entscheidung für mich nichtschwer, nach Europa zu gehen. Ob es über mir nunregnet oder schneit, heiß oder kalt ist, egal. Dafür wirdmeine Arbeit hier besser bezahlt.�

Eric ist Mitte dreißig, Fachmann für Telekommunika-tion, und hat als Jugendlicher das Netzwerk in der Fir-ma seines Vaters aufgebaut und gewartet. Zusätzlich hater diese Fähigkeit durch Studium und Kurse perfektio-niert. Ganz nach oben kann er es nicht schaffen, das istfür jemanden aus der Server-Class nicht möglich. SeinVater war nach dem Klimagau zur falschen Zeit am fal-schen Ort, hat das Beste daraus gemacht und seinemSohn einen guten Start ermöglicht. Es war seine Idee,Eric zum Telekommunikationstechniker auszubilden,und er hat richtig damit gelegen. Nach dem GAU wardas gesamte Kommunikationsnetz zusammengebro-chen. Vieles konnte zwar schnell wieder in Betriebgenommen werden, aber es bleibt genug Arbeit. Diegesamte Nordhalbkugel war in kürzester Zeit unbe-wohnbar, es gab eine Völkerwanderung in die südli-chen Regionen, wie es diese Welt bisher nicht erlebthatte. Erst nach zwanzig Jahren werden die ersten Sied-lungen im Norden errichtet, dringend benötigte Meister-werke der Architektur, die dem widrigen Klima trotzen.Zu viele Menschen drängen sich auf der Südhalbkugel,ein brisantes Problem. Außerdem sollen die Rohstoffeder Nordhälfte wieder genutzt werden. Diese waren sowertvoll geworden, dass sich der immense Aufwandrechnet. Als eine neue Ansiedlung im Herzen Europasaufgebaut werden sollte, direkt auf dem Zentrum desalten Paris, wurde Eric angeboten, als Chefingenieur dieInstallation und Wartung des gesamten Kommunika-tionsnetzes der Stadt zu überwachen. Ein Traumjob undPionierarbeit dazu. Besser hätte es Eric nicht erwischenkönnen. Natürlich hatte er sofort zugesagt, und wenn er

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behauptet, er hätte dies wegen des besseren Verdiens-tes gemacht, ist das pure Untertreibung. Und Lucy weißdas.

�Du hast gut reden. Erzähle mir doch nicht, dass dunur wegen des Geldes hier bist. Einen Traumjob hastdu.�

�Aus dem Du ja wohl genauso Nutzen ziehst,� erwi-dert Eric mit einem schelmischen Grinsen, das seinwettergezeichnetes Gesicht unter dem braunen Igel-schnitt gerissener erscheinen lässt. Nicht umsonst hatsich Lucy diesem Mann gleich zugetan gefühlt, als sieihn kurz nach ihrem Umzug nach Nouveau-Paris ken-nengelernt hatte. Und dass sich dieser Mensch dazu alsein intelligenter, anständiger, kurz idealer Lebenspartnerherausgestellt hat, perfekt! In dieser Lage muss Lucynicht arbeiten, aber den ganzen Tag herumsitzen istgenauso nichts für sie. Und nicht Müssen hat seine gro-ßen Vorteile, zum Beispiel kann sie bei der Job-Suchewählerisch sein und braucht nicht jedes erstbeste Ange-bot annehmen. Das ist der Grund, weshalb sie erneutauf der Suche ist. Der Job, den sie zurzeit hat, ist nichtbegeisternd. Sie serviert in einem Hotel in Puerto Ricound hatte gehofft, auf diese Weise wenigsten ab und zuetwas Ähnliches wie ein Heimatgefühl zu erhaschen.Nichts dergleichen. Zum einen kommt das Feeling trotzmoderner Technik nicht über die Kabel und Sender,wenn sie über die Unit den Roboter dort steuert. Zumanderen meinen die Hotelgäste, sie könnten mit einemRoboter machen, was sie wollen. Sie vergessen zuschnell, dass dieser von einem Menschen gesteuert wird,der das alles erdulden muss. Sie wünscht sich, dass baldeiner der Plätze in einem Privathaushalt frei wird, dieausschließlich an �Trusted Server� vergeben werden, einTitel, den bisher wenige Server mit viel Mühe und Er-fahrung, spezieller Ausbildung und einwandfreiem Ruf

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erhalten haben. Und Lucy hat sich diesen Titel erarbei-tet und hofft, dass sie es an einem solchen privatenArbeitsplatz mit interessanteren Menschen zu tun hat.Im Augenblick sind ihre Gedanken jedoch in der Ver-gangenheit versunken, in ihrer ehemaligen Heimat.

�Oh ja, es gab da wirklich noch normalen Regen,diesen sanften Frühlingsregen. Natürlich nur manchmal.Meistens hat es auch bei uns nur in Strömen gegossen.Doch ab und zu gab es genau diesen sanften Frühlings-regen. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich mal nachRegen sehnen würde. Es sind schon merkwürdige Zei-ten.�

Eric seufzt. Deutlich erinnert er sich an die Abende,an denen sein Großvater von seiner Kindheit schwärm-te, der guten alten Zeit. Damals, zur Jahrtausendwende,konnten sie draußen auf der Wiese vor ihrem Haus amWaldrand spielen. Da sollen zwar die ersten Vorbotendes Klimagaus bemerkbar gewesen sein, aber sie wur-den gründlich ignoriert und als Kind habe er nichtsdavon mitbekommen. Das war Stoff für Film und Fern-sehen, die Realität sah anders aus. Und seine Eltern?Die hätten andere Probleme gehabt. Politik, Arbeitslo-sigkeit, Wirtschaftskrisen und Kriege. Wen habe da dasKlima wirklich interessiert. Und dann sei das passiert,vor dem all jene als Pessimisten abgestuften Wissen-schaftler eindringlich gewarnt hatten. Nicht so, wie siees erwartet hatten, es gab zu viele unbekannte Fakto-ren, die das globale Klima beeinflussten. Letztendlichwar es von allen Prognosen etwas. Irgendwie wird esschon weitergehen, soll die Devise seiner Eltern gewe-sen sein, eine weitverbreitete Meinung zu jener Zeit. Siehätten ja auch gut reden gehabt, hatten sie selbst dieFolgen ihrer Ignoranz nicht zu spüren bekommen. Ericerinnert sich, wie die schwärmerische gute-alte-Zeit-Stimmung seines Großvaters an dieser Stelle seiner Er-

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zählungen jedes Mal in Frust und Resignation umschlug.Es ändert auch nichts mehr, denkt Eric sich, er lebt inder Welt nach dem GAU, und versucht das Beste darauszu machen. Dass er mit dieser Einstellung seinen Ur-großeltern erschreckend gleicht, gesteht er sich nichtein.

�Hallo, bist du noch da?� unterbricht Lucy seine ge-dankliche Reise in die Vergangenheit. Er schreckt aufund entschuldigt sich. Sie will sich schnell verabschie-den, um für die nächsten Stunden in der UNIT zu ver-schwinden. Das bedeutet für Eric, zurück an die Arbeitzu gehen. Mit einem weiteren Seufzer sieht er Lucynach, geht in sein Arbeitszimmer und lässt sich in sei-nen bequemen Sessel an seiner Computerbasis fallen,auf deren unzähligen Monitoren und Anzeigen der Zu-stand aller Kommunikationssysteme in Nouveau-Parisablesbar ist.

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Die Sonne scheint freundlich und hell durch die großenScheiben, die das Wohnzimmer von der Terrasse tren-nen. Das Meer im Hintergrund glitzert bis zum Hori-zont. Ein paar einsame Möwen kreisen über den vorge-lagerten Felsen. Es war einer jener idyllischen Tage inMadagaskar, der einen vergessen lässt, dass die Stein-brocken am Strand einzig zum Schutz der Häuser vorden unberechenbaren Wellen der scheinbar friedlichenSee aufgeschichtet worden sind. Der vergessen lässt,dass die großen Fenster selten Licht ins Haus lassen,weil sie durch schwere Sicherheitsverschläge geschütztwerden. Zu teuer ist das Panzerglas, um es jedes Malaustauschen zu lassen, wenn einer der üblichen kleinenWirbelstürme diverse Gegenstände gegen die Scheibeschleudert und die Sicht daraufhin durch unendlich vie-le Risse getrübt wird. Die Versicherung zahlt für solcheSchäden schon lange nicht mehr. Daher gilt es, diesewundervollen Tage aus vollen Zügen zu genießen,zumal es wenige Menschen mit diesem Vorrecht gibt.

Ralph und seine Familie genießen das, denn Ralphhat es geschafft. Noch keine fünfzig, aber schon im realverdienten Ruhestand, dank der besten Idee, die ihmvor rund zwanzig Jahren gekommen war. Er stammt auseiner gut situierten Familie der Client-Class, ein scham-los euphemistischer Begriff, der verdecken soll, dass

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diese Klasse zu hundert Prozent Nutznießer der Arbeitder Server-Class ist. In dieser bevorzugten Lage erhielter die denkbar beste Ausbildung. Das, zusammen mitausreichend finanziellen Mitteln, ermöglichte es ihm,diese seine beste Idee zu verwirklichen: Arbeitsroboter,die ohne Risiko und wie selbständig arbeiten können,da sie von jedem Ort der Erde über Homeserver-Unitsgesteuert werden. Eine geniale Idee, umging er auf die-se Weise den rechenintensiven Einsatz künstlicher In-telligenz, bei der seiner Meinung nach sowieso nichtvon Intelligenz geredet werden könne. Abgesehen da-von schuf er Unmengen neuer Arbeitsplätze. Zunächstwurden die Roboter für gefahrenträchtige Arbeiteneingesetzt. Mit zunehmend menschlicherem Ausseheneröffneten sich schier unbegrenzte Möglichkeiten, vorallem im Dienstleistungssektor. So hat er nicht unmaß-geblich zu der neuen Ära eines gewissen Wohlstandsbeigetragen, und das trotz der unglückseligen Lage derMenschheit. Und er kam dabei nicht zu kurz, gehörtdadurch zu den glücklichen Vorruheständlern und kannsich endlich ebenso erfolgreich seinem eigentlichenWunschtraum widmen, dem Schreiben.

Ralph sitzt gelassen in seinem Sessel, grübelt unterseinem grau melierten Haar über einem neuen Roman,während er in der angenehmen Wärme der Sonne aneinem Cocktail schlürft.

�Ralph!�, ruft Margaret, seine dritte Lebensgefährtin,die erste jedoch, die seinen spleenigen Lebensstil teilenkann. Außerdem hat sie eine ausgesprochen hübscheTochter mit in die Partnerschaft gebracht. �Kannst dumir den Pockmec 'rüber werfen?�

�Also bitte, das teure Ding schmeiße ich doch nichtdurch die Gegend,� erwidert Ralph entrüstet. �Kannstdu nicht Albert rufen?�

�Muss das sein?� mault sie zurück. Sie mag den neuen

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Server nicht, der ihren Butler steuert. Er ist unzuverläs-sig, ungeschickt und unverschämt. Für ihren Geschmackzwei Un-s zu viel. Und es kommt ein weiteres dazu: Erist erschreckend ungebildet. Wie soll sie sich mit sojemandem über Kunst unterhalten, ihm erklären, war-um sie welchen Künstler sponsert, oder warum sie imGegenzug die moderne Massenkunst verabscheut? JaRalph, ihr Lebensgefährte, der schreibt alles selber, sei-ne Geschichten sind echte Fantasieprodukte, anders alsdiese computergenerierte und geschmacksneutrale Mas-senliteratur. Wahrscheinlich liest dieser Server solchesZeug. Aber was bleibt ihr übrig, wenn sie nicht selberaufstehen will. Immerhin wird er nicht für Herumstehenbezahlt.

�Albert, würden Sie mir bitte den Pockmec herüberbringen?� flötet sie in die Sprechanlage. Kurz darauf öff-net sich die Tür und Albert betritt den Raum. DieserPrototyp eines neuen Dienstroboters könnte die Klasseeines echten englischen Butlers verkörpern, würde ervon einem entsprechend guten Server gesteuert. Aberdieser � Margaret kann sich nicht einmal an seinen rich-tigen Namen erinnern � dieser tut es nicht. Lustlosschlurft er zum Schreibtisch, greift sich den teuren Pock-mec und macht sich auf den Weg. Margaret traut ihrenAugen nicht, Albert schafft es nicht, in gerader Linie zuihr zu gehen, nein er scheint regelrecht zu torkeln.

�Albert, Sie sind ja betrunken!� kreischt sie entsetzt.�Jau,� lallt Albert kaum vernehmbar, bevor sein

Gleichgewichtssinn endgültig versagt und sich die vonElektromotoren und Hydrauliksystemen gesteuertenBeine so sehr verknoten, dass auch die integrierte Ba-lancehilfe keinen Halt mehr findet. Mit einer gekonntenPirouette dreht sich der ausgehebelte Körper kunstvollum die eigene Achse und schlägt mit lautem Getöse aufdem Parkett auf.

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Margaret blickt fassungslos auf den vor ihr liegen-den Roboter und ringt nach Worten. Ralph, den dieserAuftritt aus seiner Gelassenheit gerissen hat, steht ne-ben dem Gestrauchelten.

�Wissen Sie eigentlich, was so ein blöder Pocket-Multimedia-Editing-Computer kostet?� zischt er mit mü-hevoll ruhig gehaltener Stimme. �Den werde ich Ihnenvom Lohn abziehen. Außerdem sind sie gefeuert. Brin-gen sie den Roboter zur Ladestation und quittieren Sieumgehend ihren Dienst.�

�Bringen Sie ihren Schrotthaufen doch selber weg,�lallt es noch aus der Maschine, dann war, außer einemleisen Rauschen, nichts mehr zu vernehmen. Jetzt feh-len auch Ralph die Worte.

�Unglaublich. Einfach unglaublich. Wie kann so je-mand zu einem Trusted Server werden.� Ralph kann esnicht begreifen. Noch ein solcher Vorfall, und sein Glau-be an das von ihm geschätzte Gesellschaftssystem könn-te bis in die Grundfesten erschüttert werden.

�Mir war er jedenfalls von Anfang an unsympa-thisch.� erwidert Margaret, die langsam ihre Fassungwiedergewinnt. Vorsichtig zieht sie ihren Pockmec un-ter dem Sofa hervor. Er scheint in Ordnung zu sein,zumindest hat er keine sichtbaren Schäden. Ralph küm-mert sich um Albert und nutzt gleich die Gelegenheit,eine der wichtigsten Neuerungen an diesem Prototypzu testen. Einige Grundfunktionen sind in diesem vor-programmiert, um grundsätzliche Dienstleistungen zugewähren, wenn gerade kein Server zur Verfügungsteht.

�Albert, schalte bitte auf Selfmodus und begib dichzur Ladestation,� diktiert er der Maschine, die sich da-raufhin umständlich erhebt und sich unbeholfen, ebenwie ein typischer Roboter, der nicht von einer UNITgesteuert wird, in seinen Abstellraum begibt. Ihm nach-

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blickend kann Ralph nicht anders, als sich gedanklichwieder einmal über seine Erfindung selbst zu loben.Die menschlichen Fähigkeiten, wie den Gleichgewichts-sinn, direkt in seiner Maschine zu benutzen, ist einfachgenial. Wie unbeholfen derselbe Roboter wirkt, wenner ohne Steuerung arbeitet. Abgesehen von der echtenPersönlichkeit, mit der die Maschine dadurch erfülltwird. Wie allerdings so ein Un-Mensch die Lizenz einesTrusted Servers erhalten konnte, ist ihm unerklärlich.Genau solche Peinlichkeiten sollten mit diesem Sicher-heitssystem verhindert werden.

�Ich gehe kurz an die Station und melde diesen Vor-fall. Diesem Menschen muss die Lizenz entzogen wer-den!� vermeldet Ralph, nachdem er sich beruhigt hat.

�Dann kannst du auch gleich die Stelle wieder aus-schreiben. Aber diesmal wieder eine Frau. Ich möchtemich vernünftig unterhalten können.� ruft Margaret ihmnach.

�Och nö, lieber 'nen Mann!� tönt es enttäuscht vonder Terrasse. Dort hat Margarets Tochter Sarah dem gan-zen Geschehen gespannt zugesehen. Sie liebt es, dieServer in Verlegenheit zu bringen, indem sie ihre ju-gendlichen Reize ausspielt. Sie würde mit diesen Män-nern ja nie in Kontakt kommen. Die wohnen auf einemanderen Kontinent und haben keinen Zutritt zur Client-Area. Zusätzlich können sie ihre Gesichter und allesandere, was sie verbergen wollen, vom Computer durchkünstliche Überlagerungen verschleiern. Nur mit einemweiblichen Server kann sie ihre heimlichen Spielcheneben nicht treiben.

�Nichts da! Du sollst lernen, nicht schäkern, wir stel-len wieder eine Frau ein,� weist Margaret den Einwandihrer Tochter mit einer gewissen Strenge zurück. Undsie hat nicht Unrecht. Sarah steht kurz vor ihrem High-school-Abschluss und hat genug zu lernen. Sie selber

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sieht das zwar nicht so ernst, womit sie ebenfalls nichtdaneben liegt, hat sie doch alle Prüfungen ohne großeMühen und mit Bestnoten bestanden. Andererseits weißsie, dass die Abschlussprüfungen mehr Einsatz erfor-dern, als sie bisher gezeigt hat. Aber nicht heute, nichtan diesem wundervollen Tag. Wann bietet sich die Ge-legenheit, die Liege auf die Terrasse zu stellen und sichin der echten Sonne zu baden, alleine und ungestört.Da ist es ihr letztendlich egal, ob ihr in Zukunft einAlbert oder eine Emma das Handtuch reicht.

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Jorge MagaModern Wargames

Roman

Ende der Leseprobe

© 2011 Jorge Maga

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ISBN: 978-3-8423-4985-8

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Gewalttätige Kriegsspiele sorgen schon heute für kontroverseDiskussionen, aber was wäre, wenn die reale Welt und dieCyberwelt des Computers immer weiter verschmelzen würden?

Der Leser begleitet Eric und seine Familie, die glücklich inNouveau-Paris leben. Diese moderne unterirdische Metropole liegtim verschneiten Norden unseres Globus, den eine neue Eiszeit festim Griff hat. Doch das Glück ist trügerisch. Zu sehr vertraut Eric aufdie moderne Technik und die vermeintlich friedvolle Weltregierung,die ein Überleben der Menschheit nach dem Klimagau erst möglichgemacht haben. Dazu spielt Erics Sohn Frederik für sein Lebengerne �Modern Wargames�, ein neues, extrem realistischesComputerspiel. Aber er tut dies heimlich, da seine Eltern nichts fürsolche Gewaltspiele übrig haben. Ein folgenschweres Unglück unddie Freundschaft mit einer Familie aus der normalerweiseunerreichbaren gehobenen Klasse wirft ihr ruhiges Leben aus derBahn und ermöglicht ihnen Einblicke in eine verlogene undintrigante Welt, in welcher die Grenzen zwischen real und irrealkaum noch greifbar sind. Es wäre vielleicht besser für sie gewesen,diese Realität nie entdeckt zu haben �

Die Idee für seinen ersten Romankam dem Familienvater nachdiversen fruchtlosen Auseinander-setzungen wegen brutalerKriegsspiele. Jorge Maga lässt indiesem Science-Fiction nach einer

globalen Klimakatastrophe eine Welt entstehen, in der die Grenzezwischen real und irreal überschritten wird. Auf diese Weise ist deremotional geladene Konflikt sowohl für die spielenden Jugend-lichen als auch für deren entsetzte Eltern unterhaltsam verpackt.Gleichzeitig führt er dem Leser die ernsthafte und aktuelleProblematik hinter den gewaltverherrlichenden Computerspielendeutlich vor Augen. (http://modernwargames.das-maga-zin.com)