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Modul 02 Ziele der Wirtschaftspolitik

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Modul 02Ziele der Wirtschaftspolitik

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MODUL 022

Modul 02 Ziele der Wirtschaftspolitik

Klump R (2011) Wirtschaftspolitik.

Pearson Studium, München

S. 236-248.

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Ausgangsfragen

Wohlfahrtsökonomie und Wettbewerbsgleichgewicht – positiv oder normativ?

Sind (effiziente) Allokation und (gerechte) Verteilung vereinbar?

Wie erfolgt eine kollektive Bewertung der Ausgangsverteilung?

Wie lässt sich theoretisch eine gesellschaftliche Wohlfahrtsfunktion bilden?

Welche Wahlverfahren (mit welchen Problemen) kommen dafür in Frage?

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Wohlfahrtsökonomik und Wirtschaftspolitik

Alternative Ansätze zur Analyse von Zielen der Wirtschaftspolitik

Analyse der tatsächlich verfolgten Ziele (positive Theorie) Analyse der Ziele, die aus übergeordneten (politischen oder ethischen)

Gründen verfolgt werden sollten (normative Theorie)

Wohlfahrtsökonomik (Welfare Economics)

Wohlfahrtsökonomik: Herleitung von Zielen der Wirtschaftspolitik aus übergeordneten Prinzipien des „Gemeinwohls“: Oberziel der Maximierung der sozialen Wohlfahrt („Optimum optimorum“)

Herleitung von möglichen Verteilungszielen Beurteilung und Lösung möglicher Zielkonflikte zwischen

Allokations- und Verteilungszielen

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Wohlfahrtsökonomik und Wirtschaftspolitik

Paretianische Wohlfahrtsökonomik

(Vilfredo Pareto, 1848-1923)

Vollständige Konkurrenz als Referenzmodell (Annahmen: homogene Güter;

voll. Information; keine externen Effekte; keine Unteilbarkeiten in der

Produktion; viele Anbieter und Nachfrager (Preisnehmer))

Pareto-Optimum: Ein Zustand ist dann optimal, wenn kein Individuum

besser gestellt werden kann, ohne ein anderes Individuum schlechter zu

stellen.

Pareto-Kriterium: ein Zustand ist einem anderen vorzuziehen, wenn

wenigstens eine Person einen Nutzenzuwachs aufweist, ohne dass sich der

Nutzen anderer Individuen verschlechtert (auch: Pareto-Verbesserung).

5 MODUL 02

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Wohlfahrtsökonomik und Wirtschaftspolitik

Charakteristika des Pareto-Bewertungskriteriums:

Es ist strikt individualistisch (methodologischer Individualismus) D.h., im Mittelpunkt des Interesses steht der Nutzen des einzelnen

Individuums und relative Ungleichheit ist kein Thema (Bsp. Maßnahme, die eine reiche Person reicher macht während die arme Person unveränderte Situation hat ist eine Pareto-Verbesserung)

Es kann sowohl beim Vergleich individueller Bewertungen als auch bei der Konstruktion kollektiver Bewertungen verwendet werden D.h., es spielt auch für die Ableitung einer Sozialen

Wohlfahrtsfunktion eine Rolle: Wenn alle Individuen einen Zustand x mindestens so hoch schätzen wie einen Zustand y und wenigstens ein Individuum x strikt gegenüber y präferiert, dann wird x gegenüber y kollektiv präferiert.

Es unterstellt eine gegebene Anfangsverteilung (Trennung zwischen Allokations- und Verteilungsproblemen) D.h. ein Anfangszustand wird unterstellt an dem alle Änderungen

gemessen werden6 MODUL 02

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Die Wohlfahrtsökonomik zeigt, dass vollkommener Wettbewerb stets zu einem Pareto Optimum führt (1. Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomik)

Dazu geht sie von einer Volkswirtschaft mit 2 Individuen (1 und 2), 2 Gütern (q1 und q2) sowie zwei Produktionsfaktoren (K und L) aus

Es wird auch angenommen, dass a) es eine fixe Menge an L und K sowie eine vorgegebene Produktionstechnologie gibt; b) dass alle vorhandenen Produktionsfaktoren zur Produktion eingesetzt werden; c) dass die Individuen über eine bestimmte Anfangsausstattung mit Gütern (q1 und q2) verfügen.

Welche Bedingungen müssen nun (jedenfalls) erfüllt sein, damit ein Pareto Optimum entsteht? a) eine optimale Faktorallokation muss vorliegen b) ein optimaler Gütertausch muss vorliegen c) a) and b) müssen simultan vorliegen

Das Pareto-Optimum zeichnet sich dadurch aus, dass die Grenzrate der Transformation und die (gesellschaftliche) Grenzrate der Substitution übereinstimmen Grenzrate der Transformation = Anstieg der

Produktionsmöglichkeitengrenze; gibt an wie viele Einheiten an Gut q1 ich aufgeben muss, um eine weitere Einheit an Gut q2 produzieren zu können; sie entspricht dem Verhältnis der Grenzkosten der Produktion

Grenzrate der Substitution= Anstieg einer Indifferenzkurve; gibt an wie viele Einheiten an Gut q2 ich bereit bin aufzugeben, um eine Einheit mehr an q1 zu erhalten

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MODUL 028

Wohlfahrtsökonomik und Wirtschaftspolitik: Produktion (1)

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MODUL 029

Wohlfahrtsökonomik und Wirtschaftspolitik: Produktion (2) Statische Effizienz

L

K

D

RF

E

C

Q2

Q1

K2d

K2K1

K1d

L1L1d

L2d L2 q2

q1 L

L

K

K

*

*

K: Kapital, L: Arbeit, P1 und P2: zwei Produzenten

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Wohlfahrtsökonomik und Wirtschaftspolitik: Produktion (3)

Optimale Faktorallokation bei vollständiger Konkurrenz

Die Allokation zweier Produktionsfaktoren (i.e. K und L) in der Produktion zweier Güter (i.e. q1 und q2) ist dann pareto-optimal, wenn die Grenzraten der Faktorsubstitution in beiden Produktionsrichtungen (i.e. in der Produktion von q1 und q2) identisch sind

Frage: was sichert den Ausgleich der GRTS bei vollkommen Wettbewerb?

Kostenminimum in Produktion von qi verlangt, dass GRTSqi (K,L) = Preisverhältnis (K,L)

Alle Firmen sind Preisnehmer!

Die Menge aller pareto-optimalen Faktorallokationen liegt auf der Kontraktkurve im Faktorraum und auf der Produktionsmöglichkeitenkurve (Transformationskurve) im Güterraum.

Die Steigung der Transformationskurve ist die Grenzrate der Transformation. 10 MODUL 02

LKLK qGRTSqGRTS ,2,1

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MODUL 0211

Wohlfahrtsökonomik und Wirtschaftspolitik: Produktion (4)

Transformationskurve:

Darstellung der Zustände optimaler Faktorallokation (der gegebenen

Produktionsfaktoren) in der Produktion zweier Güter.

Punkte auf der Transformationskurve sind Pareto-Optima.

Üblicherweise verläuft die Transformationskurve konkav, so dass ihre

Steigung, die Grenzrate der Transformation, bei zunehmender Produktion

eines Gutes zunimmt.

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Wohlfahrtsökonomik und Wirtschaftspolitik: Produktion (5)

Kontraktkurve (im Faktorraum) und Transformationskurve (T)

L

K

T

T

1OK

L

2OFaktorraum Güterraum

12 MODUL 02

q2

q1

K: Kapital, L: Arbeit

GRTS GRTP1

P2

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MODUL 0213

Wohlfahrtsökonomik und Wirtschaftspolitik: Konsum (1)

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MODUL 0214

Wohlfahrtsökonomik und Wirtschaftspolitik : Konsum (2) Statische Effizienz

q1

q2

D

RF

E

C

I2

I1

q22d

q22q21

q21d

q11q11d

q12d q12

K1 q1

q1

q2

q2

*

*

K2

q1,q2: Güter, I: Indifferenzkurven der Individuen K1, K2 Hinweis: Punkt R entspricht dem verwendeten R in Klump

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MODUL 0215

Ergebnis für Gütertausch:

weitere Tauschprozesse würden einen Nutzenverzicht einer der beteiligten Tauschparteien erfordern

sozialer Überschuss* (Summe von Konsumenten- und Produzentenrente) wird maximiert

effiziente Allokation der Güter:

mit:

212,122,11 / qqqqKqqK ppGRSGRS

)//()/( 212,11 dqdUdqdUGRS qqK

Wohlfahrtsökonomik und Wirtschaftspolitik : Konsum (3) Statische Effizienz

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Wohlfahrtsökonomik und Wirtschaftspolitik: Konsum (4)

Optimaler Gütertausch bei vollständiger Konkurrenz

Die Aufteilung zweier Güter (i.e. q1 und q2) auf zwei Individuen (i.e. 1 und 2)

ist dann pareto-optimal, wenn die Grenzraten der Gütersubstitution für

sämtliche Individuen gleich sind (und damit der gesellschaftlichen

Grenzrate der Gütersubstitution entsprechen)

Frage: was sichert den Ausgleich der GRS bei vollkommen Wettbewerb?

Alle Individuen sind Preisnehmer!

Die Menge aller Tauschoptima (bei unterschiedlicher Anfangsverteilung) liegt

auf der Kontraktkurve im Güterraum und auf der

Nutzenmöglichkeitskurve im Nutzenraum.

1616 MODUL 02

2,122,11 qqqq GRSGRS

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Die Nutzenmöglichkeitskurve gibt, bezogen auf ein gegebenes

Güterbündel, den maximalen Nutzen des Haushalts A bei gegebenem

Nutzen eines Haushalts B an. Aus der Gesamtheit der pareto-optimalen

Punkte, die die Kontraktkurve verkörpern, wird im Rahmen der

Wohlfahrtsökonomik die Nutzenmöglichkeitskurve abgeleitet.

Nutzenmöglichkeitskurve

MODUL 0217

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18 MODUL 02

Quelle: Rothschild KW (1992) Ethik und Wirtschaftstheorie, Tübingen Verlag, S. 44 und 47

Wohlfahrtsökonomik und Wirtschaftspolitik: Konsum (5)

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Ergebnis:

Grenzrate der Transformation =

= Preisverhältnis der Güter q1 und q2 =

= Grenzrate der Substitution

19 MODUL 02

GRSPPGRT qq 21 /

Wohlfahrtsökonomik und Wirtschaftspolitik:Gesamtoptimum (1)

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Simultanes Tausch- und Produktionsoptimum bei vollständiger

Konkurrenz (Wettbewerbsgleichgewicht)

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Quelle: Klump 2011, S. 238

T: TransformationskurveR: TauschoptimumQ: WettbewerbsgleichgewichtI: gesellschaftliche Indifferenzkurveq: Güter

GRSPPGRT qq 21 /

Wohlfahrtsökonomik und Wirtschaftspolitik:Gesamtoptimum (2)

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Wohlfahrtsökonomik und Wirtschaftspolitik

Es gilt der 1. Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomie:

Jedes Wettbewerbsgleichgewicht ist ein Pareto-Optimum.

Wirtschaftspolitische Konsequenzen aus dem 1. Hauptsatz:

Wettbewerb führt zu einem individuell (und gesellschaftlich) optimalen Zustand. Ziel der Wirtschaftspolitik: Wettbewerb sichern

Abweichungen von der vollständigen Konkurrenz führen zu suboptimalen Zuständen und sollten daher korrigiert werden. Nur in diesen Fällen sind Staatseingriffe begründbar (aber: beachte

Staatsversagen)

Problem: welcher Punkt auf Transformationskurve realisiert wird, hängt von Ausgangsverteilung der Güter (q1 und q2) auf Individuen 1 und 2 ab; Veränderung der Ausgangsverteilung resultiert ceteris paribus in Änderung von Angebot und Nachfrage und damit in Preisänderungen; dies resultiert in einem anderen Wettbewerbsgleichgewicht!

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Wohlfahrtsökonomik und Wirtschaftspolitik

Wettbewerbsgleichgewicht und Wohlstandsgrenze

Die Umhüllende aller Nutzen-möglichkeitskurven ist die Wohlstandsgrenze (Nutzengrenze).

Zu jedem Güterbündel auf einerTransformationskurve korrespondiert eine Nutzenmöglichkeiten-kurve im Nutzenraum.

22 MODUL 02

Quelle: Klump 2011, S. 240

uK2

uK1

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Wohlfahrtsökonomik und Wirtschaftspolitik

Jeder Punkt auf der Wohlstandsgrenze ist ein Wettbewerbsgleichgewicht.

Somit gilt unter vollständiger Konkurrenz auch der 2. Hauptsatz der Wohlfahrtsökonomie: Jedes Pareto-Optimum ist bei entsprechender Ausgangsverteilung als Wettbewerbsgleichgewicht realisierbar.

Wirtschaftspolitische Konsequenzen aus dem 2. Hauptsatz:

Das Allokationsproblem kann bei vollständiger Konkurrenz vom Verteilungsproblem getrennt werden.

Über die optimale Verteilung von Gütern und Produktionsfaktoren (das Optimum optimorum) muss mit Hilfe eines anderen Kriteriums entschieden werden (Soziale Wohlfahrtsfunktion)

Soziale Wohlfahrtsfunktion: Vorschrift, die einer Kombination individueller Präferenzordnungen eindeutig eine kollektive Präferenzrelation zuordnet

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Wohlfahrtsökonomik und Wirtschaftspolitik

Die oben hergeleiteten Bedingungen optimaler Allokation gelten nur für

private Güter; bei anderen Arten von Gütern müssen sie modifiziert werden

(Bsp: Regel von Samuelson für öffentliche Güter; Klump 2011, S. 82)

Man unterscheidet Güter nach der Rivalität im Konsum einerseits und nach der Ausschließbarkeit vom Konsum andererseits

24 MODUL 02

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MODUL 0225

Wohlfahrtsökonomik und Wirtschaftspolitik

Rivalität im Konsum

Keine Rivalität im Konsum

Ausschließbarkeit vom Konsum

Private Güter Clubgüter

Keine Ausschließbarkeit vom Konsum

Allmendegüter (Reine) öffentliche Güter

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Soziale Wohlfahrtsfunktionen (1)

Aufgabe einer sozialen Wohlfahrtsfunktion

Bewertung unterschiedlicher Nutzenverteilungen im Nutzenraum Die Frage der effizienten Allokation tangiert jedes einzelne Individuum Lösung eines Verteilungsproblems impliziert, dass eine Abwägung /

Erfassung der Nutzenniveaus mehrerer Individuen gemacht werden muss Etablierung einer Rangordnung zwischen unterschiedlichen

Wettbewerbsgleichgewichten (mit jeweils spezifischen Nutzenniveaus der Individuen), die jeweils auf unterschiedlichen Ausgangsverteilungen basieren.

Ermittlung eines Wohlfahrtsoptimums („Optimum Optimorum“), das sich als Tangentialpunkt von Wohlstandsgrenze und der Indifferenzkurve einer sozialen Wohlfahrtsfunktion (gesellschaftliche Indifferenzkurve) ergibt.

Das Wohlfahrtsoptimum ist aus der Menge der möglichen Wettbewerbsgleichgewichte dasjenige, das auch aus Verteilungssicht optimal ist.

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Soziale Wohlfahrtsfunktionen (2)

Wohlfahrtsoptimum („Optimum Optimorum“)

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Quelle: Klump 2011, S. 244G: WohlstandsgrenzeW: WohlfahrtsfunktionF: Wohlfahrtsoptimum

GG = Wohlstandsgrenze (verbindet alle möglichen Wettbewerbsgleichgewichte*)

W = Indifferenzkurve der Sozialen Wohlfahrtsfunktion

F = Optimum Optimorum

* Wettbewerbsgleichgewicht: simultanes Eintreten von Produktions- und Tauscheffizienz!

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Eigenschaften einer sozialen Wohlfahrtsfunktion

a. Sie sollte von den individuellen Präferenzen bestimmt sein D.h., es gibt keinen Diktator, dessen Präferenzen für jene der Gesellschaft

stehen

b. Sie sollte mit den individuellen Nutzen zunehmen D.h., steigt ceteris paribus das Nutzenniveau eines Individuums an, dann

steigt auch Nutzen der Gesellschaft an

c. Die Indifferenzkurven sollten normalerweise einen konvexen Verlauf aufweisen D.h. , die Indifferenzkurve (IK) ist entweder linear oder „gegen den

Nullpunkt“ gekrümmt

d. In der Steigung (der Krümmung) der Indifferenzkurven äußert sich die gesellschaftliche Ungleichheitsaversion. Je stärker die IK „gegen den Nullpunkt gekrümmt“ ist, desto größer die

Ungleichheitsaversion

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Soziale Wohlfahrtsfunktionen (3)

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Die Indifferenzkurven unterschiedlicher sozialer Wohlfahrtsfunktionen stehen für unterschiedliche Formen gesellschaftlicher Ungleichheitsaversion.

Um wieviel darf der Nutzen eines Individuums sinken, wenn sich der Nutzen des anderen Individuums erhöht.

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Soziale Wohlfahrtsfunktionen (4)

Quelle: Klump 2011, S. 241

WR: limitationale Rawls-FunktionWN: Bernouilli-Nash-FunktionWB: Bentham-FunktionuA,B: Nutzen A, B

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Allgemeine gesellschaftliche Wohlfahrtsfunktion:

Bergson-Samuelson-Funktion: W = W (uA, uB)

Umfasst alle sozialen Wo-Fu die Eigenschaften a. – c. von oben haben

Je nach Krümmung der IK (Eigenschaft d. von oben) lassen sich Spezialfälle ableiten

Drei Spezialfälle:

Bentham-Funktion (Utilitarismus): WB = uA + uB

Alle Individuen gehen mit demselben Gewicht in die Wo-Fu ein; Gerade

Rawls-Funktion: WR = min [uA, uB]

Gesellschaftliche Wohlfahrtsniveau wird vom Nutzenniveau der „ärmsten“ Person

bestimmt; L-förmig

Bernoulli-Nash-Funktion: WN = uA uB

„konvex“

30 MODUL 02

Soziale Wohlfahrtsfunktionen (5)

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Das Unmöglichkeitstheorem (1)

Es gibt verschiedene Möglichkeiten zur Festlegung einer sozialen

Wohlfahrtsfunktion W bzw. einer bestimmten gesellschaftlichen

Ungleichheitsaversion

Alle individuellen Bewertungen der möglichen Nutzenverteilungen stimmen (zufällig) überein, so dass W der Bewertung eines repräsentativen Individuums entspricht.

Die gesellschaftliche Bewertung W wird diktatorisch festgesetzt.

Die gesellschaftliche Bewertung W wird in einem Wahlverfahren aus den individuellen Bewertungen ermittelt.

Welches Wahlverfahren ist optimal?

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Das Unmöglichkeitstheorem (2)

Einstimmige Entscheidungen versus Mehrheitswahl

Vorteile einstimmiger Entscheidungen: Wenn alle Individuen einstimmig einer Verteilung zustimmen, kann sich damit kein

Individuum verschlechtern (Analogie zum Pareto-Kriterium)

Nachteile einstimmiger Entscheidungen:

Hohe Transaktionskosten der Entscheidungsfindung, denn sehr viele Alternativen müssen geprüft werden, bis eine einstimmige Entscheidung zustande kommt.

Jedes Individuum hat ein mächtiges Vetorecht.

Wirtschaftspolitischer Stillstand droht: z.B. EU-Steuerpolitik

Zementierung des Status-quo

Es besteht die Gefahr strategischen Abstimmungsverhaltens

Z.B. meine Zustimmung zu einem von allen anderen gewollten Zustand nur, wenn ich noch etwas besser gestellt werde (Kuhhandel; Bsp. Zinsenrichtlinie in der EU)

Gibt es ein Verfahren der Mehrheitswahl, mit denen sich die Probleme der

Einstimmigkeitsregel vermeiden lassen?32 MODUL 02

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Das Unmöglichkeitstheorem (3)

Das Wahlparadoxon

Unter bestimmten Umständen (Mehrgipfeligkeit) kann durch Mehrheitswahl aus individuellen Präferenzen keine eindeutige gesellschaftliche Bewertung (und damit keine soziale Wohlfahrtsfunktion) gewonnen werden.

Voraussetzung für das Wahlparadoxon:

3 Individuen (A, B, C) haben unterschiedliche Präferenzen über drei Alternativen (x,y,z)

A: x > y > z

B: z > x > y

C: y > z > x

Über die Alternativen wird paarweise mit Mehrheit abgestimmt.

Aus den Mehrheitsentscheidungen wird auf die gesellschaftliche Bewertung geschlossen.

entdeckt durch den Marquis de Condorcet (1785)

33 MODUL 02

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Das Unmöglichkeitstheorem (4)

Es kann das Phänomen zyklischer Mehrheiten auftreten:

Wenn zunächst zwischen x und z abgestimmt wird, gewinnt z mit Mehrheit. Wenn danach zwischen z und y abgestimmt wird, gewinnt y mit Mehrheit. Die gesellschaftliche Präferenzordnung wäre dann also y > z > x.

Würde dagegen zunächst zwischen y und x abgestimmt, würde x mit Mehrheit gewinnen. Bei der Entscheidung zwischen x und z würde dann z mit Mehrheit gewinnen. Die gesellschaftliche Präferenzordnung wäre also

z > x > y.

Offenbar hängt das Ergebnis von der Reihenfolge der Abstimmung ab!

Zudem sind die Präferenzen nicht transitiv: x gegen z: z gewinnt; z gegen y: y gewinnt; nun x gegen y: x gewinnt!

Können andere Verfahren der Mehrheitswahl dieses Problem umgehen?

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Das Unmöglichkeitstheorem (5)

Können andere Verfahren der Mehrheitswahl dieses Problem umgehen? Antwort gibt das Unmöglichkeitstheorem Verallgemeinerung des Wahlparadoxons durch eine axiomatische

Betrachtung Es gibt prinzipiell kein Wahlverfahren, durch das man aus individuellen

Präferenzen (>= 3 WählerInnen) über mehr als zwei Zustände eine eindeutige soziale Wohlfahrtsfunktion gewinnen kann, sofern vier plausible Annahmen gelten:

Keine Beschränkung individueller Präferenzen (Universelle Gültigkeit): egal, welche Präferenzen ein Individuum hat, sie müssen in der Wo-Fu Berücksichtigung finden

Transitivität der Präferenzen: x > y und y > z dann auch x > z! Ausschluss der Diktatur eines Einzelnen: sonst keine demokratische Legitimation

der Wo-Fu Unabhängigkeit von irrelevanten Alternativen

(paarweiser Vergleich): Reihung (x, y) in kollektiver Präferenzordnung hängt nur von Reihungen (x, y) in den individuellen Präferenzordnungen ab; Reihung (x, z) ist irrelevant; kein strategisches Verhalten

aufgestellt durch K. Arrow (1951)

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Das Unmöglichkeitstheorem (6)

Das Wahlparadoxon entsteht bei Mehrgipfligkeit von mindestens einer individuellen Präferenzordnung

36 MODUL 02

Quelle: Klump 2011, S. 248

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Das Unmöglichkeitstheorem (7)

Ein sinnvoller Weg zur Überwindung des Unmöglichkeitstheorems ist die

Beschränkung individueller Präferenzen auf Eingipfligkeit (=

Durchbrechung der Arrow Annahme „keiner Beschränkung individueller

Präferenzen“)

durch einen gesellschaftlichen Grundkonsens über beste

oder schlechteste Alternativen (als Ergebnis ausgiebiger Diskussion vor

der Abstimmung)

durch Beschränkung der Wahl auf eindimensionale Entscheidungen

(nur zwei Alternativen zur Auswahl)

Paternalismus: Sorge des Staates um das Wohlergehen seiner Bürger

durch Bereitstellung meritorischer Güter (z. B. besondere kulturelle

Leistungen, Schulpflicht, Pflichtimpfung, etc.)

= Durchbrechung der „Nicht-Diktator-Annahme“

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Im Zentrum der Wohlfahrtsökonomik stehen die beiden Hauptsätze:

1. Jedes Wettbewerbsgleichgewicht ist ein Pareto-Optimum.

2. Jedes Pareto-Optimum ist bei geeigneter Ausgangsverteilung als Wettbewerbsgleichgewicht realisierbar.

Mit Hilfe des Pareto-Kriteriums wird zunächst der Bereich effizienter Allokation bestimmt; danach kann mit Hilfe einer gesellschaftlichen Wohlfahrtsfunktion diejenige Allokation bestimmt werden, die den kollektiven Gleichheitsvorstellungen (Distribution) am ehesten entspricht.

Unter normativen Gesichtspunkten gibt es unterschiedliche Vorstellungen von Gerechtigkeit. Sie reichen von der utilitaristischen Konzeption Benthams bis zum Fairnesskonzept von Rawls.

38 MODUL 02

Zusammenfassung I Kapitel 13

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Die konkrete Herleitung einer gesellschaftlichen Wohlfahrtsfunktion erfolgt durch kollektive Abstimmungsprozesse. Wie das Condorcet-Paradoxon und Arrows Unmöglichkeitstheorem zeigen, gibt es aber kein Wahlverfahren, das unter allen denkbaren Umständen konsistente Ergebnisse garantieren kann.

39 MODUL 02

Zusammenfassung II Kapitel 13

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Modul 03Ziele der Wirtschaftspolitik &Operationalisierung der Ziele der Wirtschaftspolitik

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41

Modul 03

Klump R (2011) Wirtschaftspolitik.

Pearson Studium, München

S. 254-261, 266-271 und 274-280.

MODUL 02