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Energie | Automation | Gebäudetechnik Das mit 178 Metern höchste Bürogebäude der Schweiz setzt auch Zeichen in der Gebäudetechnik. Dank modularer Planung der Geschosse wurden ganze Bauteile mit der ent- sprechenden Heizungs-, Lüftungs-, Klima-, Kälte- und Sanitärtechnik vorgefertigt, was zu einer Kostenreduktion, einer Verkürzung der Montagezeit und zu einer signifikanten Qualitätssteigerung führte. Die Gebäudeheizung verwendet die Abwärme des nahen Industrieareals, die Gebäudekühlung nutzt das Grundwasser . Hoch hinaus der Roche-Turm «Bau 1» Modulares Planen und Green Building-Konzepte garantieren Flexibilität und Effizienz nübersehbar ragt der «Bau 1» von Roche in den Basler Him- mel. Das weltweit grösste Biotech- Unternehmen errichtet an seinem Hauptsitz ein neues Bürogebäude für rund 2000 Mitarbeiter, der Ein- zug steht kurz bevor. Als markantes Wahrzeichen für die Stadt und das Unternehmen erfüllt das Gebäude hohe architektonische Anforderun- gen und ist ein Musterbeispiel für nachhaltigen und ressourcenscho- nenden Betrieb. Drees & Sommer ist mit der Generalplanung des bisher höchsten Gebäudes in der Schweiz beauftragt. Das von den Architekten Herzog & de Meuron entworfene Gebäude verjüngt sich nach oben hin und er- streckt sich 178 Meter in die Höhe. Charakteristisch ist die treppenar- tige Form des «Bau 1». Auf den 41 oberirdischen Stockwerken mit ei- ner BGF von rund 76 000 m 2 ist ge- nug Platz für Büros, ein Audito- rium, Cafeterien, zentrale Sitzungs- zimmer, Kommunikationszonen, be- gehbare Terrassen und ein Mitar- beiterrestaurant. Module aufspüren Kaum ein Wirtschaftszweig entwi- ckelt sich derartig dynamisch wie die Life-Science-Branche. Damit ihre U Gebäude anpassungsfähig bleiben, gilt es, eine optimale Planungsfrei- heit für unterschiedliche Bürokon- zepte zu ermöglichen. Beim «Bau 1» sind diese so flexibel, dass autarke Arbeitseinheiten genauso wie ge- schlossene Zellen- oder Gruppen- büros bis hin zu offenen Büroland- schaften in allen unterschiedlichen Grössen kombinierbar sind. Der Ausbau und die technischen Vor- aussetzungen wurden so geplant, dass solche Umbauten in kurzer Zeit mit minimaler Störung für den Betriebsablauf stattfinden können. Möglich ist dies durch Modularisie- rung: Dem Grundriss liegt ein Ras- ter zugrunde, das die kleinstmögli- che Unterteilung der Büroflächen abbildet. In diesem Raster werden statische und flexible Bürobereiche definiert. Übergeordnete Bürofunk- tionen, die in der technischen Um- setzung aufwendig sind und kei- nem Nutzungswandel unterliegen, sind statischen Bereichen zugeord- net. Hierzu gehören die Kerne, die geschossübergreifenden Kommuni- kationszonen, die grossen Sitzungs- zimmer, die Getränkestationen oder die zentralen Service-Zonen. Die Büromodule sind in den flexiblen Bereichen angeordnet. Durch die hohe Wiederholbarkeit der Module Der berechnete Primärenergiebe- darf des «Bau 1» mit 80,2 kWh/m 2 a für Heizen, Kühlen und Licht nimmt im Hochhausbau eine weltweite Spitzenstellung ein und erfüllt die Kriterien eines «Green Buildings».

ModularesPlanenundGreenBuilding ... · derRoche-Turm«Bau1» ... auch das Firmenareal in Basel, wo derzeit ein neues Energieversor-gungskonzept umgesetzt wird, das aufKraft-Wärme-Kältekopplung,Ein-

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Energie | Automation | Gebäudetechnik

Dasmit 178Metern höchste Bürogebäude der Schweiz

setzt auch Zeichen in der Gebäudetechnik.Dankmodularer

Planung der Geschosse wurden ganze Bauteile mit der ent-

sprechenden Heizungs-, Lüftungs-, Klima-, Kälte- und

Sanitärtechnik vorgefertigt,was zu einer Kostenreduktion,

einer Verkürzung der Montagezeit und zu einer signifikanten

Qualitätssteigerung führte.Die Gebäudeheizung verwendet

die Abwärme des nahen Industrieareals, die Gebäudekühlung

nutzt das Grundwasser.

Hoch hinaus –der Roche-Turm «Bau 1»

Modulares Planen und Green Building-Konzepte garantieren Flexibilität und Effizienz

nübersehbar ragt der «Bau 1»von Roche in den Basler Him-

mel. Das weltweit grösste Biotech-Unternehmen errichtet an seinemHauptsitz ein neues Bürogebäudefür rund 2000 Mitarbeiter, der Ein-zug steht kurz bevor. Als markantesWahrzeichen für die Stadt und dasUnternehmen erfüllt das Gebäudehohe architektonische Anforderun-gen und ist ein Musterbeispiel fürnachhaltigen und ressourcenscho-nenden Betrieb. Drees & Sommer istmit der Generalplanung des bisherhöchsten Gebäudes in der Schweizbeauftragt.

Das von den Architekten Herzog& de Meuron entworfene Gebäudeverjüngt sich nach oben hin und er-streckt sich 178 Meter in die Höhe.Charakteristisch ist die treppenar-tige Form des «Bau 1». Auf den 41oberirdischen Stockwerken mit ei-ner BGF von rund 76000 m2 ist ge-nug Platz für Büros, ein Audito-rium, Cafeterien, zentrale Sitzungs-zimmer, Kommunikationszonen, be-gehbare Terrassen und ein Mitar-beiterrestaurant.

Module aufspüren

Kaum ein Wirtschaftszweig entwi-ckelt sich derartig dynamisch wiedie Life-Science-Branche. Damit ihre

UGebäude anpassungsfähig bleiben,gilt es, eine optimale Planungsfrei-heit für unterschiedliche Bürokon-zepte zu ermöglichen. Beim «Bau 1»sind diese so flexibel, dass autarkeArbeitseinheiten genauso wie ge-schlossene Zellen- oder Gruppen-büros bis hin zu offenen Büroland-schaften in allen unterschiedlichenGrössen kombinierbar sind. DerAusbau und die technischen Vor-aussetzungen wurden so geplant,dass solche Umbauten in kurzerZeit mit minimaler Störung für denBetriebsablauf stattfinden können.Möglich ist dies durch Modularisie-rung: Dem Grundriss liegt ein Ras-ter zugrunde, das die kleinstmögli-che Unterteilung der Büroflächenabbildet. In diesem Raster werdenstatische und flexible Bürobereichedefiniert. Übergeordnete Bürofunk-tionen, die in der technischen Um-setzung aufwendig sind und kei-nem Nutzungswandel unterliegen,sind statischen Bereichen zugeord-net. Hierzu gehören die Kerne, diegeschossübergreifenden Kommuni-kationszonen, die grossen Sitzungs-zimmer, die Getränkestationen oderdie zentralen Service-Zonen. DieBüromodule sind in den flexiblenBereichen angeordnet. Durch diehohe Wiederholbarkeit der Module

Der berechnetePrimärenergiebe-darf des «Bau 1»mit 80,2 kWh/m2afür Heizen, Kühlenund Licht nimmtim Hochhausbaueine weltweiteSpitzenstellungein und erfülltdie Kriterieneines «GreenBuildings».

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Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik Extra 7/2015 103

lässt sich auch die technischeErschliessung modular aufbauen.Das Ergebnis sind verbesserte Pla-nungs-, Bau- und Betriebsprozesse.Die technische Grundmontage zurErschliessung der Büromodule wur-de nach dem gleichen Muster er-stellt: Gebäuderaster für die Gewer-ke Heizung, Kälte, Lüftung undElektro-Baugruppen ermöglichteneinen hohen Modularisierungs-grad.

Die Darstellung und räumlicheKoordination ist in Technikmodul-plänen für die Decken und Bödenvisualisiert, sie dienen als Vorlagefür die 3D-Planung der Architektenund Fachplaner.

Datenblätter beschreiben dieseBüromodule im Detail. Diese Unter-lagen sind die Bauanweisung fürdie Büromodule und umfassen so-wohl Elektro-, Mess-, Steuer und Re-gelungstechnik (Hard- und Soft-ware) als auch Heizungs-, Lüf-tungs-, Klima-, Kälte- und Sanitär-technik. Damit dienen die Daten-blätter gleichzeitig als Ausfüh-rungsdetail und als Modulstücklis-te. Die Datenblätter sind das Werk-zeug, um die Konstruktionen, dieLogistik-, Montage- und Qualitäts-prüfprozesse der Büromodule so-wie ihren Betrieb und ihre mögli-che Umnutzung zu standardisie-ren. Das Ergebnis dieser konse-quenten Durchführung der modu-laren Planung: Alle Geschosse wur-den mit einigen wenigen Baugrup-pen erschlossen. Darüber hinaus er-möglichte diese Vorgehensweise ei-nen hohen Vorfertigungsgrad. Allesin allem führt das modulare Planenso zu einer signifikanten Qualitäts-steigerung und Kostenreduktionsowie zu einer Verkürzung derMontagezeit auf der Baustelle.

Raumklima- undEnergiekonzeption

Der Schutz der Umwelt und derschonende Umgang mit natürli-chen Ressourcen sind für Roche vonzentraler Bedeutung. Dies zeigtauch das Firmenareal in Basel, woderzeit ein neues Energieversor-gungskonzept umgesetzt wird, dasauf Kraft-Wärme-Kältekopplung, Ein-satz von Wärmepumpen und Grund-

wassernutzung basiert. Dabei wirdder bestehendeGebäudebestand suk-zessive energetisch saniert. Der«Bau 1» soll hierfür als Leitbild die-nen. Um diesem Anspruch gerechtzu werden, hat Drees & Sommerbereits zu Beginn des Projekts einNachhaltigkeitskonzept entwickelt,das sich in die drei ThemenblöckeMinimierung des Energiebedarfs,ökologische Energieversorgung undenergieeffizienter Betrieb unter-gliedert.

Um ein perfekt aufeinander ab-gestimmtes Gebäude zu schaffen,konzipieren und planen die Ingeni-eure immer entlang der Bedarfs-entwicklung. Das Fassaden- undRaumklimakonzept und die Ener-gieerzeugung bauen demzufolgeganzheitlich konsequent aufeinan-der auf. Für den «Bau 1» bedeutete

dies in den Büroflächen eine sehrgut wärmegedämmte Fassade undein Flächenheiz- und -kühlsystemin Kombination mit einer Quelllüf-tung. Neben der energetischen Op-timierung wurde ein hoher Stellen-wert auf die thermische Behaglich-keit in den unterschiedlichstenNutzungsbereichen gelegt. Hierfürwurden anhand der Ergebnisse vonthermischen sowie von Strömungs-simulationen (CFD) die hohen An-forderungen des Bauherrn verifi-ziert bzw. die Raumkonditionie-rungssysteme in Verbindung mitder Fassadengestaltung optimiert.

Closed Cavity Fassade –energieeffizient,wirtschaftlich

Schon in der frühen Planungsphasezeigten Simulationen, dass einhoher thermischer Komfort in den

Das Ergebnis der konsequenten Durchführung der modularen Planung:Alle Geschosse werdenmit einigen wenigen Baugruppenmit vorgefertigterGebäudetechnik erschlossen.

Raummodule als Basiseinheit der Planung: Autarke Arbeitseinheiten sindgenausomöglich wie geschlossene Zellen- oder Gruppenbüros bis hin zuoffenen Bürolandschaften. (Plangrafiken:Drees& Sommer, Basel)

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Extra 7/2015 Elektrotechnik ET/HK-Gebäudetechnik104

Büroräumen nur möglich ist, wenndie Fassade teilweise geschlossenund der Sonnenschutz aussenlie-gend angeordnet ist. Zusätzlichmusste der Sonnenschutz aufgrundder grossen Gebäudehöhe windun-abhängig betrieben werden können.Diese Anforderungen erfüllen nurSysteme mit windstabilem Sonnen-schutz oder Systeme, bei denen derSonnenschutz durch eine Prallschei-be geschützt wird. Dies bedeutet je-doch, dass die Scheiben des Zwi-schenraums regelmässig gereinigtund die Fassadenzwischenräumemit öffenbaren Flügeln zugänglichgemacht werden müssen, was er-höhte Kosten sowohl beim Bau alsauch im Betrieb zur Folge hat.

Dieser erhöhte Wartungs- undUnterhaltsaufwand war ausschlag-

gebend für die Weiterentwicklungder doppelschaligen Fassade zurClosed Cavity Fassade (CCF). Bei die-ser Fassade wird der Zwischenraumdicht ausgeführt und nicht mehrnatürlich belüftet. Dadurch kannauf die Reinigung des Zwischen-raumes verzichtet werden. Da sichtrotz eines Sonnenschutzes dieTemperatur im Fassadenzwischen-raum weit über die einer gut belüf-teten, doppelschaligen Fassade er-höht, ist die innere Fassade miteiner wärmegedämmten Dreifach-verglasung ausgestattet. Die CC-Fassade wird zudem minimal mittrockener Luft durchgespült, umden Taupunkt im Fassadenzwi-schenraum so weit abzusenken,dass es zu keiner Kondensatbildungkommt. So wird der üblicherweise

damit einhergehenden Verschmut-zung vorgebeugt.

Ökologische EnergieversorgungUm für die Gebäudeheizung dieAbwärme des Areals und für dieGebäudekühlung das Grundwasser(aus Entnahmebrunnen) nutzen zukönnen, fiel die Entscheidung aufniedere Heizkreis- und hohe Kühl-kreistemperaturen der Heiz-/Kühl-decke. Auch alle anderen Verbrau-cher – wie Lüftungs- und Klimaan-lagen und EDV-Räume – sind aufdieses Temperaturniveau ausge-legt. Eine Wärmepumpe mit demKältemittel CO2 erwärmt das Trink-wasser im «Bau 1». Um Energiever-luste zu vermeiden, wurden dieKlima- und Lüftungsanlagen mithocheffizienten Doppelplattenwär-

Roche plant in unmittelbarer Nachbarschaft von Bau 1 einen weiteren Turm.Der «Bau 2»wirdmit 205Metern und 50 Stockwerken noch höher sein als «Bau 1».Dieser soll bis 2022 fertig gestellt werden.

Zum Umfang der Generalplanung

gehörte neben klassischen Mana-

gementleistungen wie Projektor-

ganisation, Termin- und Kosten-

controlling, Risiko- und Qualitäts-

management, Anforderungsmana-

gement, Dokumentation und Re-

porting auch die Koordination und

fachliche Führung von allen Pro-

jektbeteiligten. Darüber hinaus hat

Drees & Sommer die Planung der

Fassadentechnik, die Energiebera-

tung sowie die TGA- und Trag-

werksplanung übernommen.

Generalplanung –Komplexität managen

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metauschern und adiabater Abluft-befeuchtung ausgerüstet. Die hoch-effiziente LED-Beleuchtung mini-miert den Energiebedarf weiter. Zu-sätzlich optimieren eine Konstant-lichtregelung und ein Sonnen-schutz mit nachgeführten Lamel-lenwinkeln die Tageslichtnutzung.In Abwesenheitszeiten werden dieBeleuchtung und die Lüftung an je-dem zweiten Arbeitsplatz im Gross-raum und an jedem Arbeitsplatzin Einzelräumen sowie in Bespre-chungsbereichen über Präsenzmel-der abgeschaltet.

Energieeffizienter Betrieb

Ein Gebäude kann nur dann ener-gieeffizient sein, wenn der Betriebüberwacht wird. Dazu haben dieExperten ein massgeschneidertes

Mess- und Monitoringkonzept auf-gestellt, mit dem sich die Energie-ströme bilanzieren lassen. In Ver-bindung mit einem Energiema-nagementsystem werden so fehler-hafte Betriebsweisen schnell trans-parent. Das Monitoring erleichtertzudem die Inbetriebnahme der An-lagen und den Nachweis der ge-forderten Leistungskennwerte. An-hand einer integrierten Gebäude-und Anlagensimulation wurde derEnergiebedarf des gesamten Ge-bäudes ermittelt. Im Vergleich zuanderen Hochhäusern nimmt derberechnete Primärenergiebedarfmit 80,2 kWh/m2a für Heizen, Küh-len, Lüftung und Licht eine weltwei-te Spitzenstellung ein und erfülltdie Kriterien eines Green Buildings.Zudem werden alle Parameter des

Minergie-2009-Standards eingehal-ten und unterschritten. ErklärtesZiel ist es, dass sich dieser berech-nete Wert auch nach Fertigstellungdes Gebäudes im Betrieb nach-weisen lässt. Hierzu beabsichtigtRoche, eine zweijährige Phase fürdie Überwachung und Optimie-rung des Gebäude- und Anlagenbe-triebs durchzuführen. ■

Veit Thurm,Associate Partner bei Drees& Sommer

Dr.Michael Schwarz,SeniorProjektPartnerbeiDrees&Sommer

www.dreso.com

Infos

Der thermischenBehaglichkeit wird inder Raumklima-planung in unter-schiedlichen Nutz-ungen ein hoherStellenwert beige-messen. Anhand vonStrömungssimulatio-nen wurde die Raum-konditionierung inVerbindungmit derFassadengestaltungoptimiert. (Schnitt-höhe Saal: 1,2Meter)