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Neo-Schnäppchenjäger Second Sale-Kultur Smart Convenience Love your City Nischen-Kommerz Retail Rebooted Vom Point of Sale zum Point of View Augmented Shopping Community Retail Transparenz-Märkte Neue Technologien verändern das Verhalten und die Erwartungen der Konsumenten und treiben die Evolution des Handels. Computer zum Anziehen läuten das Überall-Netz ein. Augmented Reality lässt virtuelle und reale Welt verschmelzen, Displays simulieren bald die Haptik von Oberflächen. Avatare ermöglichen die virtuelle Anprobe von Kleidungsstücken, die Simulation des Probesitzens scheint nur noch eine Frage der Zeit. Mit 3D-Druck zieht die nächste industrielle Revolution herauf – mit unabsehbaren Folgen auch für den Handel. Und nicht erst eine Auslieferung per Drohne wird auch die Handelslogistik radikal verändern: „Handel ist Wandel“ wird zu „Retail Rebooted“ – steht doch bis 2025 nicht weniger als das tradierte Konzept des Einzelhandels zur Disposition. Im ersten Teil seines Top-Themas systematisiert der MÖBELMARKT über Branchengrenzen hinweg Handels- Trends entlang der Studie „Sales Trends“ des Zukunftsinstituts. Mikro-Trends, die bereits Realität sind: Denn die Zukunft hat begonnen. Von Gerald Schultheiß. 18 Top Thema Top Thema 19 MÖBELMARKT 01 / 2014 Möbelhandel 2025: Die Treiber und Sales-Trends der Zukunft

Möbelhandel 2025: Die Treiber und Sales-Trends der Zukunft · Jahren kaufen diese jeden dritten Einrichtungs-Arti-kel online oder mobil (Grafik 1). Mobile Kanäle wer-den dafür

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Neo-Schnäppchenjäger

Second Sale-Kultur

Smart Convenience

Love your City

Nischen-Kommerz

Retail Rebooted

Vom Point of Sale zum Point of View

Augmented Shopping

Community Retail

Transparenz-Märkte

Neue Technologien verändern das Verhalten und die Erwartungen der Konsumenten und treiben die Evolution des Handels. Computer zum Anziehen läuten das Überall-Netz ein. Augmented Reality lässt virtuelle und reale Welt verschmelzen, Displays simulieren bald die Haptik von Oberflächen. Avatare ermöglichen die virtuelle Anprobe von Kleidungsstücken, die Simulation des Probesitzens scheint nur noch eine Frage der Zeit. Mit 3D-Druck zieht die nächste industrielle Revolution herauf – mit unabsehbaren Folgen auch für den Handel. Und nicht erst eine Auslieferung per Drohne wird auch die Handelslogistik radikal verändern: „Handel ist Wandel“ wird zu „Retail Rebooted“ – steht doch bis 2025 nicht weniger als das tradierte Konzept des Einzelhandels zur Disposition. Im ersten Teil seines Top-Themas systematisiert der MÖBELMARKT über Branchengrenzen hinweg Handels-Trends entlang der Studie „Sales Trends“ des Zukunftsinstituts. Mikro-Trends, die bereits Realität sind: Denn die Zukunft hat begonnen. Von Gerald Schultheiß.

18 Top Thema Top Thema 19MÖBELMARKT01 / 2014

Möbelhandel 2025: Die Treiber und Sales-Trends

der Zukunft

MÖBELMARKT01 / 2014

MÖBELMARKT01 / 201420 Top Thema Top Thema 21

Die Zeitspannen bei der Evolution des Handels ver-kürzen sich rasant: Von 2002 bis 2012 wuchs der Online-Handel um 1000%, der stationäre um 2,4%. 2013 ging der Online-Umsatz gar durch die Decke: Während der Einzelhandel insgesamt mit einem Plus von 1,2% rechnet, korrigierte der BVH seine Progno-se für den Versandhandel zuletzt von 10,6% auf 22,2% nach oben, wobei der E-Commerce-Anteil um 44,2% explodieren soll.Wie technologische Innovationen von jetzt auf gleich die Welt verändern, ist allgegenwärtig: Seien es via Social Media gesteuerte politische Umwälzungen, das Smartphone fokussierte Sozialleben ab frühester Jugend oder der Besuch eines Konzerts: Zeigt dort doch ein Blick in die Menge, dass diese heute vor-rangig digital per Smartphone erlebt werden.2007 wurde das erste iPhone vorgestellt, das iPad folgte 2010. Ebay verkaufte damals, 2010, über mo-bile Endgeräte global immerhin Waren im Wert von 600 Mio. Dollar. Für 2013, nur drei Jahre später, rech-nete Ebay bereits mit 20 Mrd. Dollar.Zunehmend werden digital auch Möbel und Lebens-mittel gekauft. Laut einer Umfrage für Ebays Projekt „Zukunft des Handels“ unter 1.001 Personen ab 14 Jahren kaufen diese jeden dritten Einrichtungs-Arti-kel online oder mobil (Grafik 1). Mobile Kanäle wer-den dafür häufiger verwendet, als für Mode. Bis 2023 wird erwartet, dass sich der Anteil des mobilen Kaufs von Möbel und Einrichten auf 10% verdoppelt, womit fast jedes zweite Möbel digital gekauft würde.Die Studie „Möbel Online 2013“ des IfH untermauert, dass zwei Drittel der Konsumenten glauben, dass

künftig auch Online-Möbel-Shopping zum Alltag ge-hört. 2012 betrug der Marktanteil dieses Kanals bei Möbel und Einrichten rund 7,7%. Für 2013 rechnet das IfH mit einem Umsatzplus von über 40%. Dabei verlangen die Konsumenten mit überwältigen-der Mehrheit, dass stationäre Geschäfte auch im Web und Online-Shops umgekehrt auch in der realen Welt erreichbar sind (Grafik 2). Großen Wert legen sie dabei darauf, dass alle Kanäle miteinander kombinierbar sind. So hat jeder Vierte bereits Möbel oder Einrichtungs-Produkte online be-stellt und im Laden abgeholt, wovon Händler zusätz-lich profitieren (Grafiken 3 und 4). Fast jeder Dritte hat sich bereits in einem Laden per Smartphone über ein Produkt informiert.Dr. Stephan Zoll, Vice President Ebay Germany, mahnte auf der Konferenz „Handel im Wandel“ im Berliner Stilwerk, dass Multichannel-Angebote zum Wettbewerbsvorteil werden. „Gerade in der Möbel-branche steckt noch erhebliches Wachstumspoten-zial. Die Erwartungen und Wünsche der Verbraucher sind stark gestiegen – sie möchten jederzeit, überall und von jedem Gerät aus einkaufen.“ Wie der Möbelhandel 2025 aussieht, kann zwar nie-mand sagen; klar ist aber: Er wird weder nur statio-när oder nur online basiert sein, sondern es wird zwischen diesen Polen eine große Vielfalt hybrider Modelle geben, wobei der mobile Kanal als Brücke alle Vertriebsformen verbindet.Ein wesentlicher Teil des Umsatzes wird auch dann im stationären Geschäft generiert, was auch Zoll un-terstrich – auch wenn bei Ebays Projekt 15% der Be-fragten glaubten, dass Möbel 2023 aus dem statio-nären Handel verschwunden sein könnten.Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft SMP ist die Frequenz im stationären Handel seit 2007 um 20% gesunken. Bereits ab einer Anfahrt von 15 Mi-nuten neigten Kunden erheblich zum Online-Kauf. Hauptgrund für den stationären Kauf sei die Dring-lichkeit, ein Produkt sofort oder innerhalb 24 Stunden zu bekommen. Service oder professionelle Fachbe-ratungen hingegen seien kaum ein Auslöser für den Gang ins Geschäft.Während sich der Möbelhandel selbst zum Teil nur langsam damit anfreundet, dass auch Möbel im Netz gekauft werden, ist dies für die Konsumenten längst eine echte Alternative. Dass die Branche planungsin-tensive Ware zudem meist als Bastion des stationä-ren Handels sieht, ist für Handelsexperten ebenfalls eine vertane Chance. Ist doch im Autohandel ab dem Moment, als Web-Konfiguratoren ausgereift waren, der Absatz hochwertiger Zusatzaustattung stetig ge-stiegen – offenbar können darüber virtuell mehr Be-dürfnisse geweckt werden, als bei der persönlichen Beratung im Autohaus. Das hat den Autokauf radikal verändert: Als der „Di-gital Brand Champion 2012“, Audi, vor drei Jahren sein „Virtuelles Autohaus“ eröffnete, kam ein Käufer im Schnitt 4,5 Mal vor dem Kauf ins stationäre Auto-haus. 2013 kam er noch 1,8 Mal und das im Schnitt zwei Wochen vor Kauf. Für Audi-Handelspartner ist das Netz damit zum Herzstück des Verkaufs gewor-den, weshalb sie bereits mit kleineren Flächen und billigeren Lagen liebäugeln.

Möbelhandel 2025: Die Treiber und Sales-Trends

der Zukunft

Die zehn wichtigsten Treiber im Handel der Zukunft:

Grafik 2: Wie wichtig finden Sie es, dass Sie Produkte aus dem Bereich Möbel und Wohnen bei dem gleichen Händler sowohl offline, d.h. stationär in einem Ladengeschäft, als auch online/mobil in einemWebshop kaufen können?

21%Weniger wichtig

4% Unwichtig 75%

Wichtig

Grafik 1: Wie verteilen sich Ihre Käufe im Bereich Möbel und Wohnen heute und 2023 prozentual auf die verschiedenen Möglichkeiten des Einkaufs?

Stationär Online Mobil Sonstiges

58%-7% Heute

In 10 Jahren

+3%

+5%-1%

51%

31%

5% 6%

34%

10%

5%

Auch die Studie „Sales Trends – Strategien für den Handel von morgen“ des Zukunftsinstituts zeigt, wie der Handel das Beste aus Online- und Offlinewelt verbindet. „Neue Tools, Ideen und Geschäftsfelder drängen in den stationären Handel. Der reale Verkaufsraum wird um die Weiten des Netzes erweitert, Konsumenten wer-den Prosumenten und sind damit Produzenten und Konsumenten zugleich“, so die Autoren. Die Folge seien steigende Qualitätsansprüche und ein uferloser Preis-Thrill. Neue smarte Einkaufs-erlebnisse würden bei der Suche nach dem bes-ten Deal verlangt.Die Art und Weise, wie wir einkaufen, verändere sich rasant. Online-Händler wie auch der statio-näre Handel seien gefordert, Angebot und Ser-vice komfortabler zu machen. Die Lösung liege in der ganzheitlichen Optimierung des Kaufer-lebnisses über alle Kanäle. Dabei eröffne selbst ein Schreckgespenst wie Showrooming Chancen – denn nicht nur Läden verwandelten sich ein Stück weit zu Show-rooms, auch Online-Shops würden häufig rein zur Information genutzt. So stehe der Online-Handel vor nicht minder großen Umbrüchen und steuere der Sättigung entgegen. Der steigende Logistikaufwand werde die Versender vor große Herausforderungen stellen – vor allem bezüglich Nachhaltigkeit.Anstatt in Flächenerweiterungen zu investieren, gelte es, neue Technologien als Brücke zum POS einzubinden. Um den Kunden zu erreichen, müsse z.B. der mobile Kanal noch zeitnaher, si-tuativer und ansprechender direkt mit dem POS und allen anderen Touchpoints verknüpft wer-den.Mehr denn je sei der Handel von Daten und Technologie getrieben. Backend-Prozesse wie Logistik und Personalorganisation oder Kunden-seitige Schnittstellen von Social Media Monito-ring über Mobile Payment bis Geotargeting flös-sen in einem riesigen Datenpool zusammen. Das Ziel: Den vernetzten und jederzeit sprung-bereiten Kunden zu binden und neue zu gewin-nen.Letztlich zeigten die Konsumenten, wie sie sich die optimale Einkaufserfahrung wünschten: Durchgängig und nahtlos jenseits der Kategori-en online, offline, mobile: „In einer perfekten Ver-schmelzung, ohne den Wechsel der Kanäle zu spüren. Für die Kunden von morgen gibt es kei-ne Trennung mehr zwischen realer und digitaler Welt“, sind die Studien-Autoren sicher.In der Studie des Zukunftsinstituts definieren sie zehn Driving Forces, die den Handel künftig prä-gen. Auf dieser soziokulturellen, ökonomischen und soziotechnologischen Basis identifizieren sie unzählige praxisnahe Trends. Diese kleinteili-gen Sales Trends haben sie auf diejenigen mit Zukunftspotenzial reduziert und diese den zehn Treibern zugeordnet. Einige dieser 43 Mikro-Trends illustriert der MÖBELMARKT entlang der zehn Driving Forces nachfolgend branchenüber-greifend mit Beispielen aus dem Handel.

Grafik 3: Haben Sie ein Produkt schon einmal online bestellt und anschließend offline in einemLadengeschäft abgeholt?

74% Nein

17%Ja, einmal

9%Ja, schon

häufiger

Grafik 4: Wenn Sie Produkte nach der Bestellung im Ladengeschäft abgeholt haben, haben Sie dann bei diesem Besuch noch weitere Produkte im Ladengeschäftgekauft?

27%Nein

55% Ja, einmal

18%Ja, schon häufiger

Stephan Zoll:

„Die Grenzen zwischen Online- und Offline-Handel lösen sich auf, es wird eine Vielzahl hybrider Modelle entstehen.“

Wearable Devices

Wearable Computing: Derzeit werden Computer-produkte aller Art entwickelt, die tragbar sind wie Kleidung und Accessoires. Solche Wearable Devices wie Armbänder, Smartwatches oder Google Glass helfen, so das Zukunftsinstitut, Fähigkeiten virtuell zu erweitern und zur „Menschmaschine“ zu werden. So zeigt Googles Brille u.v.a. die Wanderroute (Fotos). Neben Self-Tracking, der Selbstoptimierung durch Erfassen gesundheitsrelevanter Daten, reagierten Wearables mit intelligenter Sensorik zunehmend fle-xibel auf die Umwelt: Laufschuhe überwachen Kör-perfunktionen, das T-Shirt hilft bei Yogaübungen.

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Neo-Schnäppchenjäger

Steigende Qualitätsansprüche und der Preis-Thrill verlangen nach smarten Einkaufserlebnissen

Das Preisbewusstsein hat sich entscheidend gewan-delt – von der „Billig um jeden Preis“-Mentalität zu ei-nem differenzierten Qualitätsanspruch. Der neue Schnäppchenjäger sucht qualitativ hochwertige Pro-dukte und Dienstleistungen, die einfach sein dürfen, aber zum Lifestyle passen müssen. Web-Giganten bauen ihre Vormacht beim Preis-Dik-tat aus. Kleine und mittelständische Online-Händler werden mehr und mehr verschwinden, wenn sie nicht mit Großen kooperieren oder eine Nische jenseits des Preises besetzen. Hersteller werden zu Händ-lern, dadurch werden Produkte günstiger und Her-steller zum Gewinner im Online-Preiskampf. Die Sales-Trends sind E-Gigantomania, Highway-Shopping, Die Jungen Wilden, Branded Shops und Secondary Markets.

Transparenz-Märkte

Herkunft, Regionalität und Verantwortung schaf-fen Vertrauen und werden zu Kaufargumenten.

Transparenz ist mehr als ein Buzzword für Unterneh-men, die erfolgreich bleiben wollten. Einblicke in Fir-men-Struktur und Produktionsbedingungen und Her-kunftsnachweise gehen weit über Corporate Social Responsibility hinaus. Dies bedeutet auch, die Ver-braucher einzubeziehen. Kunden zu informieren bzw. ihnen die Möglichkeit zu bieten, Informationen abzu-rufen, entwickelt sich zum klaren Wettbewerbsvorteil. Als zentrale Trends leiten sich ab Made in Germany Quelle aller Grafiken: Ebay-Studie „Zukunft des Handels“

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with Love – wie es analog dazu Bolia.com vorbildlich macht –, Tante Emma Reloaded, Retail Charity, Hyperlocal Markets und Green & Social Franchising.

Retail Rebooted

Neue Tools, Ideen und Geschäftsfelder verwandeln den stationären Handel.

Der Slogan „Handel ist Wandel“ wird zur Überlebens-formel – nicht weniger als das tradierte Geschäfts-modell des stationären Handels steht bis 2025 zur Disposition. Retail Rebooted ist der innovative Blick über den Tellerrand des eigenen Sortiments und an-gestammten Geschäftsfelds. Starke Retail-Marken werden sich auch in völlig neuen Gefilden inszenieren und an möglichst vielen Touchpoints Präsenz zeigen. Weitere wichtige Trends sind Omni-Channeling, Smarte Verkaufshilfen und Curated Shopping 3.0.

New Retaility: Zalando inszeniert seine Marke mit ei-nem FashionConceptCar, das die Umwelt quasi durch die virtuelle „Brille“ mobile-shopping-affiner Frauen analysiert: Mittels On-Board-Kamera und Augmented Reality-Technologie erkennt das System die Kleidung von Passanten und leitet die Fahrerin direkt in den Marken übergreifenden Online-Shop von Zalando. Fotos: Zalando

Omnichanneling: Für Audi-Händler ist das Web das Herz des Verkaufs – nicht zuletzt durch „Personal Online Assistant“ und „Audi car chat“: persönliche

Video-Beratung und Video- oder Text-Chats mit Freunden, um die Konfiguration zu teilen und Feedback zu bekommen. Butlers bietet über seine Möbel-Showrooms virtuell auch Video-Beratung an. Foto: Audi Omnichanneling: Die HypoVereinsbank er-hielt für ihre Kundenorientierung den „Inno-vationspreis Privatkundengeschäft“: Neben Leistungen und Produkten analog zur Filiale und Video-Beratung bietet sie u.a. unabhän-gig von Ort und Zeit den persönlichen Bera-ter fürs Direct Banking. Umgekehrt bietet sie die Option, bei der Beratung in der Filiale vir-tuell einen Spezialisten zuzuschalten. Foto: HVB

Curated Shopping 3.0: Leder & Schuh hebt Kaufempfehlungen auf eine neue Stufe, um ein stimmiges Kauferlebnis zu erreichen: Mit-tels Humanic Avatar werden Füße gescannt, die Daten können hinterlegt werden. Da auch alle Schuhe digital vermessen sind, wird je-derzeit online oder in der Filiale schnell und zuverlässig der passende Schuh gefunden. Foto: Leder & Schuh

Curated Shopping 3.0: Für den „Next Ge-neration Fashion Store“ hat Adidas mit der Uni Erlangen-Nürnberg die interaktive Um-kleidekabine CyberFit entwickelt, die bei Anprobe und Kauf berät und unterstützt. Der Körperscanner BodyKinectizer ermittelt zu-gleich die richtige Konfektionsgröße. Cyber-Fit – prämiert mit dem „CeBIT Innovation Award 2013“ – liefert Produktinfos, gibt Emp-fehlungen und verbindet in real time mit sozi-alen Netzwerken, um die Meinung der Freun-de einzuholen. Die mit RFID getaggten Artikel erzeugen beim Betreten der Kabine thema-tisch passende Hintergrundbilder. Im H&M-Store am New Yorker Times Square können Kunden gleich in der Umkleidekabine zahlen.Foto: Adidas

Augmented Shopping

Die Erweiterung des realen Verkaufsraums in die Weiten des Netzes bietet neue Mög-lichkeiten.

Marketing in Echtzeit findet immer stärker auf den Brücken zwischen On- und Offline statt. Bei Augmented Shopping werden reale Pro-dukte und Medieninhalte via Smartphone oder avancierter Erkennungssoftware mit verkaufsrelevanten Informationen angerei-chert. Karten wie Googles „Indoor Maps“ re-volutinieren die Orientierung im Laden. In-nenraum-Navigation eröffnet Kommunikation, Werbung und Marketing völlig neue Perspek-tiven, da die „Never-lost-Generation“ nicht mehr ohne sie sein will. Obi ermöglicht seit Oktober über 360-Grad Panoramafotos für zwei Filialen einen virtuellen Rundgang bei Google, was an einen Rundgang mit Google Streetview erinnert. Weitere Trends sind Res-ponsive Verkaufsregale, Interaktives Win-dow-Shopping und iLoyality.

Augmented Shopping: Das Mode-Label Youasme Measyou verwandelte ausgewählte Parks in europäischen Metropolen mittels Augmented Reality in virtuelle Verkaufsräume

Möbelhandel 2025: Die Treiber und Sales-Trends

der Zukunft

Spotlight Sales Trends

Spotlight Sales Trends

MÖBELMARKT01 / 201424 Top Thema

für seine Kollektion: Via Kamera von Smartphone oder Tablet flogen bei gestarteter AR-Anwendung T-Shirts durch die Luft oder Jacken hingen vom Him-mel und konnten direkt mobil gekauft werden.

Responsive Regale: Im Pilotprojekt mit 17 Marken aus Industrie und Handel wie dm, Gardena, Henkel, Metro oder Unilever hat GS1 Germany ein Virtual Shelf entwickelt. Das interaktive Supermarkt-Regal bietet Produkt-Projektionen. Durch Gestensteue-rung, via Tablet oder Barcode-Scan können Kunden

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Spotlight Sales Trends

Möbelhandel 2025: Die Treiber und Sales-Trends

der Zukunft

aus der Cloud Informationen, 360-Grad Darstellungen oder Videos zum gewähl-ten Produkt abrufen, der Händler gewinnt zugleich Nutzungsdaten zur Optimierung von Präsentation und Sortiment. Foto: GS1

Interaktives Window Shopping/ E-Shop-in-Shop: Umdasch Shopfitting, Ars Electronica, Streetwear-Label Rag und Samsung realisierten im Rag-Shop Mariahilferstraße Wien eine interaktive Shopping-Wand, die das ganze Sorti-ment in den Shop bringt. Die multimedia-le Wall aus 14 Full-HD Displays ermög-licht Community-Building, stationäres Shoppen, sich durchs Sortiment klicken und Produkt-Infos erhalten – ob mobil oder vor Ort. Der Kunde wählt, wo und wann er kaufen, begutachten oder mit anderen Fans Bilder tauschen will. Foto: Umdasch

Vom Point of Sale zum Point of View

Verkaufsflächen werden zur Bühne perfekter Produktinszenierung.

Die Flächenproduktivität zeigt, dass im stationären Handel nicht mehr das große Geld verdient wird. Ladengeschäfte der Zukunft sind daher keine Tempel des Kaufrauschs, Irrgärten aus Regalen oder Orte mehr, an denen man Verkäufer ver-geblich sucht. Sie wandeln sich zum Point of View, zum Knotenpunkt der Kun-denbindung und zur Bühne der Marken- und Produktinszenierung. Verkauf steht nicht mehr im Vordergrund, sondern der Wunsch, ein einmaliges physisches und emotionales Erlebnis zu bieten.1A-Lagen werden geprägt von großen Vorzeige-Flagship-Stores, absatzstarken Brand-Shops und Showrooms, die auf möglichst wenig Raum Produkte insze-

nieren. Inhabergeführte Stores experi-mentieren in kleinen, erschwinglichen Flächen in 1B-Lagen mit innovativen Point-of-View-Konzepten. Ausprobieren im Showroom – kaufen im Netz wird zur Strategie, um virtuelle und reale Shoppingwelt zu verschmelzen. Statt vollgepackter Regale bietet der Showroom nur einige Ansichtsstücke zum anschauen, anfassen und probieren. Gekauft wird online. Gerade in teuren La-gen setzen Händler zunehmend auf Showrooms. Große Retailflächen mit extremen Raum-tiefen gerade in Shopping-Malls werden zunehmend parzelliert. Denn der Konsu-ment will das Beste aus beiden Welten. Weitere Trends sind Nostalgie-Shopping, Die Kunst des Nichts sowie Zoning.

Showrooming: In der Audi City in Lon-don können Kunden Autos und ihre Aus-stattung virtuell erleben. Im überschau-baren Showroom kann man seinen Audi konfigurieren, virtuell testen und mit einer Handbewegung auf eine Powerwall über-tragen, um ihn im Größenverhältnis 1:1 zu erleben. Dort lassen sich z.B. via Ges-ten Türen öffnen und ein Blick ins Innere werfen. Auch der Motor-Sound ist zu hö-ren. Audi City dient auch als Ort für Events und Begegnungen. Miele wieder-um ermöglicht in der Miele Gallery Berlin eine interaktive Gestaltung seiner Küchen via Touchscreen in Originalgröße. Foto: Audi

Showrooming: Service kommt bei Sitz-feld auch ohne Laden an erster Stelle – Kunden sollen spüren, dass sie nur das zahlen, was sie wirklich brauchen: Bera-tung, Sicherheit, zeitloses Design und beste Materialien. Das prämierte Start-up bietet virtuelle Raumplanung, kostenlo-sen Musterversand, persönliche Bera-tung und Probesitzen in Showrooms mit

MÖBELMARKT01 / 201426 Top Thema

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7übersichtlicher Galerieatmosphäre in Berlin und Köln. Bestellt wird online, gefertigt on Demand. Butlers wiederum zeigt in reinen Möbel-Showrooms sein ganzes Angebot auch stationär. Foto: Sitzfeld

Zoning/Cross Over-Shop: Empfehlungen ohne Worte: Vitsoe verwandelte seinen Londoner Show-room quasi als Pop Up-Store im letzten Sommer zu-sammen mit Coleman Coffee Roasters und Four Corner Books eine Woche in einen „Reading Room“. Inspiriert von den Möbelkreationen von Dieter Rams lud dieser themenspezifisch zum Verweilen bei einer Tasse Kaffee und Büchern mit Design-Fokus. Foto: Vitsoe

Nischen-Kommerz

Der Online-Handel wird zur Spielwiese von Ideen abseits des Mainstreams.

Über die Preisschiene kann im E-Commerce kaum mehr ein mittelständischer Online-Händler bestehen. Vielmehr liegt sein Heil in Nischen, wo innovative und außergewöhnliche Produkt- und Servicepakete an-geboten werden. Nischen-Kommerz macht Spaß, beherrscht die Kunst der Emotionalisierung und lässt Shopping zum Erlebnis werden. Fabbing ist die Herstellung dreidimensionaler Ge-genstände als Unikate oder Kleinstserien. Mit 3D-Druckern können Objekte für den täglichen Bedarf selbst ausgedruckt werden. Fabbing verändert die industrielle Massenproduktion: weg von global ver-netzten Fertigungsprozessen hin zu Mikro-Fabrika- tionen findiger Entrepreneure. Die weiteren Sales Trends sind Serendipity Shop-ping, Selling Uniquenes und Blog-Seller.

Fabbing: Mit 3D-Druckern (Foto) werden Ersatzteile oder sonstigen dreidimensionale Produkte auf Basis von CAD-Daten als Unikate oder in Kleinstserien ausgedruckt – angefangen bei Zahn-Inlays oder Mö-belgriffen bis zu ganzen Objekten. Damit verändert 3D-Druck die industrielle Fertigung. Produktion und Konsum rückten enger zusammen. Manifestierten sich Prosumenten heute in wachsenden Nutzerzah-

Möbelhandel 2025: Die Treiber und Sales-Trends

der Zukunft

Spotlight Sales Trends

len von Selfmade-Communitys, wird der Handel auch am POS Fabbing-Möglichkeiten bieten müssen, so das Zukunftsinstitut – er liefert dann lediglich noch die CAD-Daten. Foto: Dirk Vander Kooij

Selling Uniqueness/Fabbing: Die britische Design-Firma Diatom Studio lässt Konsu-menten mittels SketchChair Stühle selbst entwerfen. Die Software prüft gleich, ob die Entwürfe stabil sind und generiert Schnitt-muster für die Teile, die aus geeigneten Ma-terialien ausgeschnitten – oder künftig über 3D-Druck ausgedruckt – werden können.Foto: Diatom Studio

Selling Uniqueness: „Wow“ – mit einzigar- tigen Produkten will Fab der „Amazon des Möbeldesigns“ werden. Mit Designed By You (DBY) bietet Fab einen Konfigurator, mit dem Kunden Möbel nach ihren Vorstellungen ent-werfen können. Dazu hatte Fab Massivkon-zept übernommen, das sich auf Produktion und Vertrieb wertiger maßgefertigter Massiv-holzmöbel spezialisiert hatte mit Stilwerk-Shop in Hamburg – nun der erste stationäre Fab DBY-Laden. Die Hintergrund-Story war exklusiv in MÖBELMARKT 12/2013 zu lesen. Foto: Fab

Community Retail

Der Handel der Zukunft ist kollabora-tiv und setzt auf das Gefühl der Gemein-schaft.

Community Retail ist die Verschmelzung von Produzent und Konsument. Käufer und Ver-käufer werden gleichberechtigte Partner schon im Herstellungsprozess, in der Sorti-mentsauswahl, der Produktgestaltung oder der Vermarktung. Verkaufen macht den Ver-braucher damit wie bei Fashion For Home zum kreativen Sales Associate. Das Laden-geschäft wird zum Kreativ-Hub für einen kol-laborativen Handel. Der mündige Konsument ist nicht nur besser informiert als je zuvor, er fordert auch ein Mit-spracherecht. Seine Macht und sein Einfluss sind enorm. Der Online-Handel verhilft Direktvertrieb zu neuen Standbeinen: Social Shopping-Com-munitys und Marktplätze ermöglichen Her-stellern einen direkten Verkauf. Auch werden verstärkt Home-Shopping-Partys online or-ganisiert, um in geselliger Runde über die neuesten Produkte zu plaudern. Social Selling verbindet das Beste zweier Welten: Die Vernetzung durch Online-Com-munitys und die Nähe zum Kunden des Di-rektvertriebs, der Spaß steht im Fokus. Es funktioniert besonders bei Lifestyle-Artikeln, Schmuck, Accessoires und Mode.So ist Stylefruits seit April auch Möbel-Shop-ping mit Freundinnen, nur online: Von zuhau-se aus neueste Wohntrends austauschen und sich über authentische Empfehlungen in-spirieren lassen und Rat holen. Anfang De-zember hatte Stylefruits Möbel-Facebook-Page mit ca. 420.000 Fans bereits mehr Fans als Ikea Deutschland und war größte Woh-nen-Site. Die Hintergrund-Story dazu lesen Sie exklusiv ab Seite 40. Weitere Trends: Cross-Over Shops, Co-Pro-suming, Fluid Spaces und Haul-Shopping.

Cross Over-Shop: Der Store verliert seinen Charakter als unmittelbarer Verkaufsort: Die Hausgeräte-Marke BSH inszeniert ihre Marke

Spotlight Sales Trends

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MÖBELMARKT01 / 201428 Top Thema

Pop-up-Store: Web-Gigant Google testet in sechs US-Großstädten „Winter Wonderlabs“ – temporäre Stores, in denen seine Nexus-7-Tab-lets getestet und gekauft werden können. Dort können Nutzer u.a. Vi-deos in einer großen Schneekugel er-stellen. Zudem soll ein Lastenkahn in der Bucht von San Francisco ein In-formationszentrum werden, um neue

Technologien wie die Datenbrille Google Glass vorzustellen. Amazon testete Automaten, wo Kindle-E-Rea-der und -Tablets ausprobiert und ge-kauft werden können. Um situations-relevante Informationen auch unterwegs zu bieten, ist Google Now jetzt über Großflächen-Displays an U-Bahn- und Busstationen in London verfügbar.

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7. – 11. 2. 2014

Auf der Ambiente besucht man die Welt. Man besucht Möglichkeiten. Chancen. Internationale Trends. Präsentiert von über 4.700 Ausstellern. Im Bereich Living besucht man eine Vielfalt an Ideen rund um Wohnen, Einrichten und Dekorieren. Man besucht neue Horizonte. Die Zukunft. Wann besuchen Sie die Messe?

Infos und Karten zum Vorverkaufspreis unter ambiente.messefrankfurt.com

die messe

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Bosch im Waschsalon Wash & Coffee in der Münch-ner City. Neben Waschen und Trocknen in modernen Bosch-Geräten bietet der Salon einen Lounge-Be-reich mit Kaffee und Snacks. Auch Geburtstage las-sen sich dort feiern. Foto: BSH

Second Sale-Kultur

Der Wiederverkauf von Produkten ist eine Chance für den Handel.

Die Second Sale-Kultur will Produkte möglichst lang im Handelskreislauf halten. Denn Teilen, Nutzen und Wieder-in-den-Verkehr-bringen sind Spielarten eines neuen Konsumierens, das stark von den Gesetzen des Online-Handels und den Gewohnheiten der Webnutzung beeinflusst wird. Ebay setzt mittlerweile überwiegend Neuware um, behält Second Hand aber bewusst bei. In Schweden betreibt Ikea mit Livet Hemma ein Portal zum Verkauf gebrauchter Ikea-Möbel, Re-Commerce Portale boo-men gerade im Bereich Elektrogeräte. Möbelanbieter Blu Dot bietet mit seinen Aktionen „Swap Meet“ die Möglichkeit, Möbel per Tausch zu erwerben. Das Outlet-Portal Used-Design bietet gebrauchte De-sign-Möbel und Rest-Posten für ein schöneres Zu-hause.Der Megatrend Neo-Ökologie macht auch vor dem Retail nicht Halt. Neue Konzepte und Geschäftsmo-delle müssen entwickelt werden, um aus der Han-delskette einen Kreislauf zu formen. Produkte kehren an ihren Verkaufsort zurück, werden aufgewertet, ge-tauscht oder weiterverkauft. Die Trends sind Re-Commerce, Swapping, Retail Mining und Upcycling.

Smart Convenience

Multimodale Lieferketten verwandeln die Logistik.

Routineeinkäufe für den täglichen Bedarf und Pflicht-einkäufe sollten so angenehm wie möglich gestaltet werden. Dies bedeutet in der 24/7-Gesellschaft vor allem Zeitersparnis, reibungsloser Transport und Hil-festellung bei der Produktauswahl. Schluss mit Schleppen und Schlangestehen: Der Online-Super-markt All You Need wirbt damit, Getränke und andere Basis-Lebensmittel online zu kaufen und am selben Tag liefern zu lassen und die gewonnene Zeit zu nut-zen, auf dem Markt frische Produkte zu kaufen.Omnichanneling verändert immens die Produktions-Abläufe und Logistik-Ansprüche – es entstehen multi-modale Lieferketten. Der Wunsch, erworbene Pro-dukte möglichst rasch zu bekommen, befeuert den Same-Day-Delivery-Service. Logistik prägt den Retail der Zukunft, wofür Mega-Vertriebszentren auf der grünen Wiese ebenso wie lokale Depots in Städten oder ihrem Umkreis nötig sind.Neue Möglichkeiten der Auslieferung müssen gefun-den werden, um den mobilen Nomaden von heute zu

Spotlight Sales Trends

erreichen – von Click & Collect, wobei on-line bestellte Waren im Shop oder Punk-ten der Wahl abgeholt werden, bis Check & Reserve, womit die Verfügbarkeit der Ware im Geschäft zum Schlüssel wird. Verkehrsgünstige Filialen in Rand- und 1b-Lagen wandeln sich – wie bei Argos – zu Fulfillment-Centern, die Zusatzser-vices bieten, das Postfach wird mobil.Tracking sorgt für reibungslose Shopping-Erlebnisse: Echtzeitlokalisierung von Pro-dukten und Überwachung von Produkti-onsprozessen und Lieferketten werden immer wichtiger. Trends sind Abo-Shop-ping, Pick-up-Stores, Auto-Efficient Sel-ling und Nachbarschafts-Lieferung.

Smart Convenience: DHL und Amazon testen den Einsatz von Drohnen in der Paketzustellung. DHL denkt im Rahmen eines Innovationsprojekts perspektivisch über den Einsatz seines Paketkopters z.B. bei besonders eiligen Medikamen-ten-Lieferungen oder eine Zustellung an geografisch schwer zugängliche Adres-sen nach. Konkrete Pläne, den Paket-kopter im Regelbetrieb einzusetzen, gibt es derzeit nicht. Amazon verfolgt im Rah-men seines „Next Generation R&D Lab“ das Ziel, mit dem neuen Drohnen-Liefer-system Amazon Prime Air Produkte in 30 Minuten auszuliefern. Foto: DHL

Love your City

Kreativer Aufstand ist die Antwort auf die Verödung der Innenstädte.

Entlang eines fundamentalen Paradig-menwechsels – dem Handel reicht rein betriebswirtschaftlich weniger Verkaufs-

Spotlight Sales Trends

fläche – werden nicht nur der Handel selbst, sondern auch Immobilienbranche, Städte, Gemeinden und Stadtentwickler vor große Herausforderungen gestellt. Das Flächenwachstum stößt an seine Grenze, die überfällige Konsolidierung praktizierte Leiner bereits ansatzweise.Die Verödung der Innenstädte ist überall spürbar. Kreative Zerstörung schafft aber Innovationen: Jenseits des Discounts entstehen aufregende neue Konzepte wie der Lebensmittel-Markt Kochhaus als „Begehbares Rezeptbuch“ – von Conve-nience Stores über Konzeptläden und Pop-up-Stores bis zur ersten stationären Tuchfühlung von Online-Pure-Playern wie FashionForHome, Zalando, MyMuesli oder Notebooksbilliger. Zentrale Sales Trends: High Street Fight, Händler-Communitys, Globe-Shopper-Marketing und Urban Manufacturing.

Pop-Up-Store: Pfister eröffnete am 25. Oktober in der Züricher City einen Pop-Up-Store ausschließlich für seine Premi-um-Eigenmarke Atelier Pfister, um die Kollektion über diese temporäre Platt-form erstmals konzentriert auch dem gro-ßen Publikum zu präsentieren. Der Pop-Up-Store, der zunächst bis Weihnachten geplant war, wurde wegen der positiven Resonanz bis Ende Juni verlängert – als einmalige Gelegenheit, der Kollektion Atelier Pfister Reverenz zu erweisen.

Pop-up-Store: Ebay präsentierte sich Ende 2012 in Berlin-Mitte erstmals mit ei-nem temporären Geschäft. In diesem Kaufraum waren neben den 150 museal inszenierten Produkten statt Preisschil-der QR-Codes angebracht, die direkt zur Ebay-Artikelseite mit allen Daten wie Be-schreibung, Preis oder Versandkosten führte. Per QR-Code konnten die Artikel direkt mobil gekauft und vom Verkäufer nach Hause geliefert werden. Foto: Ebay

„Die Leute kommen nur noch zum ,Gucken‘ in den Laden, kaufen aber online. Der einstige Verkaufsort ver-wandelt sich in einen Point-of-View, einen Ort zum Schauen und Staunen. Showrooms verändern die Städte: Anstatt den Kopf in den Sand zu ste-cken, gilt es, die Potenziale des Showroomings zu nutzen. Gelingt dies, werden die Einkaufsstraßen der Großstädte 2025 anders aussehen. Große Retailflächen sind parzelliert und immer mehr kleineren Geschäf-ten mit einem ausgewählten Sorti-ment gewichen. Da Same-Day-Delivery Standard ge-worden ist, benötigen die Show-rooms in der City keine großen La-gerflächen mehr. Sie bieten nur eine Auswahl an Ansichtsexemplaren. Vor allem Möbelhersteller und -händler können sich teure Innenstadtlagen leisten – für einen kleinen, feinen Schauraum. Große Einrichtungshäuser finden sich zwar noch auf der ,grünen Wiese‘, doch sie wandeln sich zu hybriden Orten, die mehr bieten müssen, als ein reines Einkaufserlebnis. Sie ent-wickeln sich zu Treffpunkten der mo-bilen Nomaden. Gute Erreichbarkeit – möglichst in Autobahnnähe – sowie ein kaufkräftiges Einzugsgebiet sind die entscheidenden, harten Standort-faktoren für den Erfolg. Herkunft als Kaufargument: Der Trend zum Showrooming trägt zur Wiederbelebung der Innenstädte bei. 2025 werden vor allem Manufakturen in den Nebenstraßen für das Salz in der Suppe sorgen. Der Trend zum Ur-ban Manufacturing bringt das totge-sagte Handwerk wieder zurück in die Stadt.Grund ist ein Wandel im Konsum- verhalten, das auf Nachhaltigkeit, Vertrautheit und Qualität setzt. Kun-den wünschen sich in Zeiten des

schnellen Kaufs per Klick Transpa-renz und Klarheit über die Herkunft der Produkte. Regionalität spielt besonders im De-sign eine wichtige Rolle. ,Made in Germany‘ erlebt eine neue Renais-sance in Sachen Güte und Qualitäts-versprechen. Der Konsument von morgen will wissen, woher das Möbel stammt und wie es gefertigt wurde. Dafür ist er auch bereit, tiefer in die Tasche zu greifen. Ära der Kreislaufwirtschaft: Der Kun-de von morgen will nicht nur wissen, wo ein Produkt herkommt, sondern auch, wo es hingeht. Cradle-to-Crad-le setzt sich durch. Gebrauchsgüter werden so designt, dass sie bzw. ihre Bestandteile nach Gebrauch weiter-genutzt und unendlich recycelt wer-den können.Upcycling beschreibt schon heute die Umwandlung von Abfall in höher-wertige neue Produkte. Der Trend zur Veredelung von scheinbar Wertlosem zu Designobjekten wird in zehn Jah-ren im Mainstream angekommen sein. Alten Einrichtungsgegenstän-den wird ein zweites Leben einge-haucht. Augmented Shopping: Immer häufi-ger nutzt der Kunde z.B. vor Ort Preisvergleichs-Apps. Der Trend zum Augmented Shopping bietet der Möbelbranche immense Chancen. So kann man mittels Augmented Re-ality Einrichtungs-Artikel virtuell in der eigenen Wohnung platzieren und tes-ten, wo ein Möbel am besten passt. Die Darstellung in 3D macht das vir-tuelle Einrichtungserlebnis noch in-tensiver und realitätsgetreuer. Der Möbelhändler muss nur die Mög-lichkeiten der Digitalisierung am Schopfe packen – und schon werden die Vorzüge des stationären Einkau-fens um eine weitere Komponente bereichert.“

Möbelhandel 2025: Die Treiber und Sales-Trends

der Zukunft

„Große Möbelhäuser wandeln sich zu hybriden Orten“Von Janine Seitz, Co-Autorin der Studie „Sales Trends“ des Zukunftsinstituts.