Upload
d-tilki
View
214
Download
1
Embed Size (px)
Citation preview
Urologe 2007 · 46:1266–1271
DOI 10.1007/s00120-007-1516-1
Online publiziert: 18. Juli 2007
© Springer Medizin Verlag 2007
D. Tilki1 · B. Singer2 · M. Seitz1 · C.G. Stief1 · S. Ergün2
1 Urologische Klinik und Poliklinik, Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität, München2 Institut für Anatomie, Universitätsklinikum Essen, Essen
Molekulare Bildgebung der Tumorgefäße
Fernmetastasen – Originalien
Das Auflösungsvermögen moderner Bildgebungstechniken wie MRT und PET reicht heute bis in die Mikrobereiche. Auch in der Ultraschalldiagnostik wurden große Forschritte erzielt. Allerdings sind Einblicke in das Mikroleben eines Tumors immer noch schwierig. Diese Techniken verursachen mit Ausnahme des Ultraschalls erhebliche Kosten und sind nur in bestimmten Zentren verfügbar. Molekulare Bildgebung ist der Versuch, herkömmliche Bildgebungstechniken an molekulare tumorspezifische Marker zu koppeln. Ziel dieser Übersicht ist, die Bedeutung der Tumorangiogenesemarker diesbezüglich darzustellen.
Morphologische und molekulare Charakteristika der Tumorgefäße
Die Initiierung der Tumorangiogenese ist oft durch eine strukturelle Destabilisierung bestehender Blutgefäße markiert, wobei das bestehende Endothel fenestriert wird, die Endothelzellen den Kontakt zueinander und zu der darunter liegenden Basallamina und schließlich auch zu den periendothelialen Zellen (Perizyten für Kapillaren und glatte Muskelzellen für große Blutgefäße) verlieren. Die Folge hiervon ist, dass nun die bis dahin reifen und ruhenden („quiescent“) Endothelzellen anfangen zu migrieren und zu proliferieren. Durch die chemotaktischen Reize der von Tumorzellen sezernierten Gefäßwachstumsfaktoren, wie VEGF und bFGF, kommt es zu einer auf die Tumorzellen hin gerichteten Migration von neuen Endothelzellen, die sich dann zu neuen kleinen Blutgefäßen formieren (. Abb. 1).
Funktionell resultieren diese Prozesse der vaskulären Destabilisierung und Neuformierung in einer abnormal gesteigerten Gefäßdurchlässigkeit [9, 19]. Hierbei
geht auch die hierarchische Ordnung der Blutgefäße in große, mittelgroße und kleine Blutgefäße, wie man sie im normalen Gefäßsystem vorfindet, verloren. Daher ist allgemein akzeptiert, dass das Tumorgefäßbett mehr oder weniger chaotisch organisiert ist [12].
Für lange Zeit wurden diese Befunde dahingehend interpretiert, als würde es eine Umstrukturierung („vascular remodeling“) der Blutgefäße in Form einer Restabilisierung neuformierter Blutgefäße im Tumorgefäßbett nicht geben. Erst die in den letzten Jahren erhobenen Befunde in mikroskopischen Analysen, aber auch in modernen bildgebenden Verfahren, belegen eindeutig, dass auch Tumorgefäße bis zu einem gewissen Grad der Umstrukturierung im Sinne einer Stabilisierung (. Abb. 2) unterliegen [7, 9]. Die antiangiogenetischen Therapiestudien zeigen wiederum, dass der Prozess der vaskulären Umstrukturierung in Tumoren unter der Therapie mit Angiogenesehemmern beeinflusst wird. Weiterhin ist das Tumorgefäßbett aus Blutgefäßen unterschiedlichen morphologischen Zustands zusammengesetzt [15]. Daher ist das Bild der Blutgefäße unter den verschiedenen Tumoren, aber auch innerhalb ein und desselben Tumors, heterogen. Elektronenmikroskopische Analysen belegen, dass es neben strukturell stabilisierten Blutgefäßen auch teilweise stabilisierte Blutgefäße gibt.
Auch auf der molekularen Ebene, d. h. hinsichtlich der Expression wichtiger Signalmoleküle bzw. Rezeptoren oder aber Zelladhäsionsmoleküle, gibt es im Tumorgefäßbett eine stellenweise stark ausgeprägte Heterogenität [9]. So stellt sich also die Frage, ob sich diese Eigenschaften der Tumorgefäße durch ausgeklügelte, mit molekularen Markern kombinierte Bildgebungsverfahren erfassen lassen, die als
diagnostisches Werkzeug zur Verfügung gestellt werden können.
Umstrukturierung („remodeling“) der Tumorgefäße und ihre Bedeutung für das Tumorgewebe
Unter „remodeling“ der Blutgefäße werden im Allgemeinen die morphogenetischen Prozesse verstanden, die zu einer strukturellen Stabilisierung neuformierter Blutgefäße führen (. Abb. 3 a–d). Die entscheidenden Parameter hierzu sind Aufbau der ZellZellKontakte zwischen den Endothelzellen und der Basallamina der Gefäßwand sowie die Integration periendothelialer Zellen in die Gefäßwand (. Abb. 3 a–d). Insbesondere spielt die Integration der periendothelialen Zellen, der Perizyten bei Kapillaren und der glatten Muskelzellen bei größeren Gefäßen, hierbei eine entscheidende Rolle [2].
Vor allem die zur Entdeckung von Angiopoietin1 und 2 (Ang1 und Ang2) führenden Arbeiten von Maisonpierre et al. [17, 18] im Jahre 1997 haben den entscheidenden Beweis erbracht, dass die ersten unreifen und nur aus dem Endothel bestehenden Blutgefäße der Regression (Rückbildung) unterzogen werden, wenn keine periendothelialen Zellen in die Gefäßwand integriert werden. Dabei spielen Ang1 und Ang2 eine zentrale Rolle. Ang1 fördert die Integration der periendothelialen Zellen in die Gefäßwand, während Ang2, insbesondere zusammen mit VEGF und bei Abwesenheit von Ang1, zu einer Ablösung der periendothelialen Zellen aus der Gefäßwand und somit zu einem antagonistischen Effekt, nämlich zur Destabilisierung der Gefäßwand führt. Ist allerdings der Spiegel an VEGF nicht ausreichend hoch, so führt Ang2 zur Regression neuer Blutgefäße.
1266 | Der Urologe 9 · 2007
Wenige Jahre später konnte gezeigt werden, dass die durch Ang1 herbeigeführte vaskuläre Stabilisierung funktionell damit einhergeht, dass die durch VEGF induzierte hohe Gefäßdurchlässigkeit fast komplett blockiert wird [23].
Die entscheidende Frage ist, ob und inwieweit ähnliche Prozesse auch im Tumorgefäßbett stattfinden und welche Auswirkungen sich daraus für das Tumorgewebe ergeben. Neuere Analysen unserer und anderer Arbeitsgruppen belegen, dass ein Teil der Tumorgefäße im Zuge des Tumorwachstums erhebliche strukturelle Änderungen ihrer Wand durchlaufen. Vor allem in den zentralen Abschnitten eines Tumors scheinen die Blutgefäße eine partielle Stabilisierung zu erfahren [9], die mit einer deutlichen Reduzierung der Gefäßdichte und einer ausgeweiteten Nekrose des Tumorgewebes in diesen Tumorbereichen einhergeht (. Abb. 3 c). Unsere Analysen an experimentellen Tumormodellen zeigen, dass die Stabilisierung der Tumorgefäße dazu führt, dass in diesen Tumorarealen nur diejenigen Tumorzellen überleben, die in wenigen Zellreihen (4–5) rings um das stabilisierte Blutgefäß organisiert sind, während die vom Blutgefäß weiter entfernten Tumorzellen nekrotisch werden. Dieser Prozess wird offensichtlich bei der Tumortherapie mit antiangiogenetischen Substanzen erheblich beschleunigt und der Prozess der Tumornekrose verstärkt.
Daher wurde postuliert, dass es unter antiangiogenetischer Tumortherapie zu einer „Normalisierung“ der Tumorgefäße kommt und dies ein therapeutisches Fenster („therapeutic window“) eröffnen würde, das einen effektiveren Einsatz herkömmlicher Therapiewege, wie Chemo oder Strahlentherapie, ermöglichen könnte [12, 13, 15]. Die hemmende Wirkung der vaskulären Stabilisierung auf das Tumorwachstum wird auch dadurch deutlich, dass eine experimentelle Überexpression des gefäßstabilisierenden Faktors Ang1 zu einer erheblichen Verlangsamung des Tumorwachstums führte [11]. Übereinstimmend mit den experimentellen Daten wurde auch in den klinischen Studien mit antiangiogenetischen Substanzen eine Reduzierung der Gefäßpermeabilität, eine Zunahme des Durchmessers der Tumorgefäße sowie eine massive
Zusammenfassung · Abstract
Urologe 2007 · 46:1266–1271 DOI 10.1007/s00120-007-1516-1© Springer Medizin Verlag 2007
D. Tilki · B. Singer · M. Seitz · C.G. Stief · S. ErgünMolekulare Bildgebung der Tumorgefäße
ZusammenfassungIn den letzten 3 Dekaden wurden große An-strengungen unternommen, um die Mecha-nismen der Tumorvaskularisierung zu ver-stehen. Erst in den letzten Jahren wurden Er-kenntnisse aus diesem Gebiet in die Klinik übertragen. Die Einführung neuer anti-angio-genetischer Substanzen in die Tumorthera-pie und die Notwendigkeit zur Evaluation ih-rer Effizienz macht es klar, dass neue Metho-den insbesondere im Bereich der Bildgebung durch CT, MRT und Ultraschall dringend be-nötigt werden. Die herkömmlichen Krite-rien, wie die Bestimmung der Tumorgröße und des Durchmessers, sind nicht geeignet, die Wirksamkeit dieser Substanzen zu beur-
teilen. Denn die unter anti-angiogenetischer Therapie ausgeweitete Tumornekrose resul-tiert beispielsweise nicht in einer nachweis-baren Veränderung der Tumorgröße. Daher sind molekulare Marker, die spezifisch das En-dothel der Tumorgefäße erkennen und an Si-gnalstoffe für die Bildgebung gekoppelt sind, notwendig, um das Remodeling der Tumor-gefäße darstellen zu können.
SchlüsselwörterRestrukturierung der Tumorgefäße · Tu-mornekrose · Molekulare Bildgebung der Tu-morgefäße · Vaskuläre Stabilisierung · Angio-genese
Molecular imaging of tumor blood vessels
AbstractIn the past three decades many efforts have been undertaken to understand the mecha-nisms of tumor angiogenesis. The introduc-tion of the anti-angiogenic drugs in tumor therapy during the last few years necessitates the establishment of new techniques en-abling molecular imaging of vascular remod-eling. Tumor imaging by X-ray, CT, MRI and ultrasound has to be improved by coupling with molecular markers targeting the tu-mor vessels. The determination of tumor size as commonly used is not appropriate since the extended necrosis under anti-angiogen-ic therapy does not result in a reduction of tu-mor diameter. But remodeling of the tumor
vessels under anti-angiogenic therapy obvi-ously occurs at an early stage and seems to be a convincing parameter for tumor imag-ing. Despite the enormous progress in this field during the last few years the resolution is still not high enough to evaluate the re-modeling of the microtumor vessels. Thus, new imaging approaches are needed to over-come this issue.
KeywordsTumor vascular remodeling · Tumor necrosis · Vascular stabilization · Angiogenesis · Mole-cular imaging
1267Der Urologe 9 · 2007 |
Nekrose des Tumorgewebes beobachtet, ohne eine signifikante Änderung der herkömmlichen Messparameter in der Bildgebung, wie Tumorgröße oder Tumordurchmesser [1, 21].
Die oben geschilderten Befunde lassen schlussfolgern, dass im Tumorgefäßbett auch ohne Therapie ein Remodeling (Umbau) stattfindet, das aber unter antiangiogenetischer Therapie erheblich verstärkt wird, und dass dieser Prozess mit einer massiven Nekrose des Tumorgewebes einhergeht (. Abb. 4). Die Änderungen des Gefäßbettes können aber mit herkömmlichen Methoden der Bildgebung nicht ausreichend erfasst und visualisiert wer
den. Dies ist jedoch unerlässlich für eine effektivere Kombination der antiangiogenetischen Therapie mit den herkömmlichen Therapieverfahren und darüber hinaus auch für eine Mikrobildgebung (MikroImaging) in der Diagnostik sowie der Verlaufskontrolle von Tumoren.
Fortschritte in der Tumorbildgebung
In den letzten Jahren sind erhebliche Anstrengungen unternommen worden, um das Auflösungsvermögen und die Spezifität der herkömmlichen Bildgebungsverfahren zu verbessern. Tatsächlich sind auch
große Fortschritte mit der Etablierung von „DynamiccontrastenhancedMRT“ und CT (DCEMRT and DCECT) sowie Ultraschall und FDGPET erzielt worden [1, 21]. Trotzdem bestehen nach wie vor große Einschränkungen in der Aussagefähigkeit dieser Techniken, die zu überwinden sind. Jedes dieser Bildgebungsverfahren hat Vor und Nachteile.
Die Messparameter bei der DCE-MRT bestehen in der Bestimmung der Gewebedurchblutung, der Gefäßdurchlässigkeit und der Gefäßoberfläche. Obwohl in einigen Publikationen gezeigt wurde, dass man mit dieser Technik tatsächlich in der Lage ist, eine Korrelation zwischen der Gefäßdichte und der Menge des aus dem Gefäßsystem in das Gewebe ausgetretenen Kontrastmittels herstellen oder die Intensität des im Tumorgewebe akkumulierten Kontrastmittels mit der Expression des potentesten Angiogenesefaktors VEGF korrelieren zu können, ist man mit dieser Methode noch nicht in der Lage, das Remodeling der Tumorgefäße exakt zu erfassen. Insgesamt ist anzumerken, dass die DCEMRT gute semiquantitative Aussagen hinsichtlich der Tumordurchblutung und Durchlässigkeit der Tumorgefäße zulässt, während die quantitativen Aussagen derzeit nicht ausreichend sind. Außerdem ist diese Anwendung nicht exakt standardisiert. Die Anwendung in verschiedenen Zentren wird unterschiedlich gehandhabt, sodass anwenderunabhängige Vergleiche kaum möglich sind [1, 21]. Weiterhin ist es mit der DCEMRT immer noch nicht möglich, nekrotische Tumorareale von nichtnekrotischen zu unterscheiden. Die Differenzierung zwischen malignen Tumoren und benignen Hyperplasien, wie z. B. die gutartige Prostatahyperplasie (BPH), ist mit der DCEMRT ebenfalls nicht zufrieden stellend. Auch das Auflösungsvermögen bedarf einer Verbesserung, damit Oberflächen der Tumorgefäße präziser vor, während und nach der Therapie bestimmt werden können.
Die DCE-CT ist integriert in die herkömmliche CT und ist daher weiter verbreitet als die MRT. Die DCECT misst ähnliche Parameter wie die DCEMRT. Die Vorteile der DCECT liegen darin, dass damit die Gewebeperfusion, das relative Blutvolumen und die kapillare Durchlässigkeit ziemlich genau bestimmt wer
Normales stabilisiertes reifes Blutgefäß
VEGF Ang2 FGF-2
Aussprossung neuer Blutgefäße
Angiogenetische Aktivierung
TZ
Abb. 1 8 Die Graphik zeigt eine stabilisierte Kapillare mit einem geschlossenen Endothel (grün), den dicht ans Endothel assoziierten Perizyten (rot) und der beide Zelltypen umfassenden Basalmembran (dunkelgrau). Durch die Wirkung der von den Tumorzellen (TZ) sezernierten proangiogenetischen Fak-toren, wie VEGF und FGF-2, wird die Wand dieser Kapillare fast völlig aufgelöst. Voneinander losgelös-te Endothelzellen (grün) fangen an, zu migrieren und zu proliferieren. Dies führt zu Aussprossung neu-er Blutgefäße aus bereits bestehenden Gefäßen, nämlich zur Angiogenese
Stabilisierung neuer Blutgefäße
Stabilisierungdes endothelialenGefäßrohres
Aufbau einerregulärenBasalmembrander Gefäßwand
Integration vonPerizyten oderglatten Muskel-zellen in dieGefäßwand
Abb. 2 9 Diese Gra-phik zeigt schema-tisch die Re-Stabilisie-rung der Endothelzell-schicht (grün) und Re-Integration von Peri-zyten (rot) in die Ge-fäßwand und den Wie-deraufbau der Basal-membran der Gefäß-wand
1268 | Der Urologe 9 · 2007
Fernmetastasen – Originalien
Abb. 3 9 Histologische Schnitte von einem experi-mentellen Tumor. a Dichtes Netzwerk von unreifen Ka-pillaren (Pfeile) umgibt Tu-morzellgruppen (TZ) in der Tumorrandzone. b Elektro-nenmikroskopische Ana-lysen von solchen Arealen der Tumorrandzone zeigen nichtstabilisiertes Endothel (EZ) und keine Basallamina um das Endothel. c Im Ge-gensatz dazu dominieren Blutgefäße (Bg) mit größe-rem Durchmesser das Bild im Tumorzentrum. Die um solche stabilisierten Gefäße wie eine Korona organisier-ten Tumorzellen überleben, während weiter entfernt lie-gende Tumorzellen nekro-tisch (Nek) werden. d Elek-tronenmikroskopische Ana-lysen von solchen Arealen des Tumorzentrums zeigen mindestens 1–2 Schichten von glatten Muskelzellen (gMZ) um das Endothel (EZ; Ery Erythrozyten)
ReifeBlutgefäße
Angiogenetischaktive Gefäße
StabilisierteBlutgefäße
Tumor-Umgebung
Tumor-Rand
Tumor-Zentrum
Abb. 4 9 Diese Graphik zeigt zusammenfassend die Stabilisierung der Blut-gefäße im Tumorzentrum, die mit einer ausgeweitet-en Nekrose des Tumorge-webes assoziiert ist, wäh-rend im Tumorrand ein dichtes Netzwerk teilwei-se chaotisch organisierter und unreifer Blutgefäße in enger Beziehung zu den Tumorzell-Clustern steht. Dieses Remodeling der Ge-fäße gilt es mit den neuen Methoden der Bildgebung zu erfassen
1269Der Urologe 9 · 2007 |
den können. Im Vergleich zur DCEMRT und PET können die Ergebnisse mit der DCECT besser reproduziert werden. Die Einschränkungen dieser Technik liegen zum einen darin, dass die DCECT wegen Strahlenbelastung an demselben Patienten nicht beliebig wiederholt werden kann, was jedoch bei der Evaluation der antiangiogenetischen Therapie enorm wichtig ist. Zum anderen ist die Sensitivität noch nicht ausreichend genug, sodass die Änderungen der Tumorperfusion unter antiangiogenetischer Therapie bisher nicht erfasst werden können. Sowohl Verbesserungen im Softwarebereich als auch die verbesserte Anwendung der 3DCT könnten diese Technik in nächster Zeit entscheidend voran bringen.
PET wird häufig an FDG (Fluorodeoxyglukose) oder H2
15O gekoppelt angewendet. Mit der PET unter Verwendung von FDG als biologischem Stoffwechselmarker des Tumormetabolismus oder von H2
15O wird vor allem der Blutfluss bestimmt. Diese relativ komplizierte Technik ist jedoch noch nicht ausgereift und nicht ausreichend validiert im Vergleich zu den zuvor genannten Methoden. Weiterhin ist die Auflösung bei kleinen Tumoren ziemlich limitiert. Außerdem gibt es Störungen durch die starken Signale in der Nähe von großen Gefäßen und Organen, die normalerweise stark durchblutet sind, wie z. B. Herz, Leber, Lunge und Mediastinum [1, 21].
Schließlich gibt es auch große Anstrengungen im Bereich der Bildgebung durch den Ultraschall. Sowohl bei dem herkömmlichen als auch dem DopplerUltraschall wurden in den letzten Jahren große Fortschritte erzielt. Insbesondere 3DUltraschall und die Verwendung der Mikrobubbles als Kontrastmittel steigern die Effizienz dieser Technik [3]. Neuere Ergebnisse aus den Analysen mit diesen Methoden des Ultraschalls lassen erhoffen, dass sie geeignet sind, das Gefäßbett des Tumors und auch den Umbau (Remodeling) des Gefäßbettes unter antiangiogenetischer Therapie darzustellen. Die wesentlichste Limitation dieses Verfahrens liegt in der Auflösung, die noch zu gering ist, um die kleinsten Tumorgefäße, also das mikrovaskuläre Gefäßbett des Tumors darzustellen. Vor allem bringt die Verwendung von Mikrobubbles, die im Wesentlichen intravaskulär bleiben
und nicht in das Gewebe übertreten, wie dies bei den in der DCEMRT und DCECT verwendeten Kontrastmittelreagenzien der Fall ist, eine entscheidende Verbesserung für die Auflösung des DopplerUltraschalls [1, 3]. Hinzu kommt, dass die Verwendung des Ultraschalls im Vergleich zu den zuvor genannten Methoden und Techniken viel einfacher und weit verbreitet ist sowie beliebig wiederholt werden kann, da es keine negative Nebenwirkungen für Patienten mit sich bringt. Auch bezüglich der Kosten liegt der Ultraschall viel günstiger. Auf der anderen Seite stellen die neuen Verfahren im Bereich des Ultraschalls eine technisch hohe Herausforderung an Ärzte dar, was die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse abhängig von dem Untersucher einschränken kann.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Kopplung herkömmlicher Bildgebungsverfahren an geeignete Kontrastmittel, aber auch die technischen Verbesserungen, wie die 3DDarstellungen im Ultraschall und mit der CT, diese Verfahren entscheidend verbessert haben. Dennoch ist die Entwicklung auf diesem Gebiet noch nicht so weit fortgeschritten, dass uns die Bildgebung einen detaillierten Einblick in das Mikroleben des Tumors erlaubt. Was ist also zu tun?
Molekulare Bildgebung der Tumorgefäße: Einblick in das Mikroleben des Tumors?
Direkt oder indirekt dient die Darstellung der Blutgefäße und deren Permeabilität sowie die Visualisierung des Blutflusses als Messparameter oder als Hilfsmittel, um in das Innenleben eines Tumors schauen zu können. Das größte Hindernis auf diesem Weg ist, dass keine der heute häufig verwendeten Techniken, wie DCEMRT, DCECT und FDGPET in der Lage ist, das mikrovaskuläre Gefäßbett eines Tumors zuverlässig und reproduzierbar zu visualisieren und dabei wiederholt einsetzbar sind, ohne erhebliche Nebenwirkungen für den Patienten zu verursachen.
Wie zu Beginn dieser Übersicht beschrieben, ist das Tumorgefäßbett sehr heterogen, sowohl strukturell als auch funktionell, wie beispielsweise hinsichtlich der Gefäßpermeabilität. Das Endothel
der Tumorgefäße unterscheidet sich von dem Endothel der normalen Blutgefäße hinsichtlich einiger Oberflächenmarker, wie z. B. Rezeptoren für die Faktoren der VEGFFamilie (VEGFA, C und D), VEGFR1 und 2 [4, 10], E [20] und PSelectin [16], avβ3Integrin [22] und CEACAM1 („carcinoembryonic antigenrelated cell adhesion molecule1; [8]), um nur einige Repräsentanten solcher Faktoren zu nennen. Das Endothel der Tumorgefäße exprimiert die VEGFRezeptoren in deutlich höheren Mengen als das Endothel der normalen Blutgefäße. Weiterhin werden einige Zelladhäsionsmoleküle, wie ESelectin, avβ3Integrin und CEACAM1 [8] fast exklusiv an dem Endothel der kleinen Tumorgefäße exprimiert. Auch PSelectin wird bei Aktivierung der Endothelzellen, wie beispielsweise bei einer Entzündung, von intrazytoplasmatischen Speichern an die Oberfläche der Endothelzellen transferiert und dient der Adhäsion von Leukozyten am Endothel. Gegen diese Oberflächenmarker gibt es Antikörper und synthetisch hergestellte Liganden, die als zielgerichtete Moleküle dazu dienen könnten, Tumorgefäße gezielt zu markieren und somit den Bildgebungsverfahren besser zugänglich zu machen. Tatsächlich wird beispielsweise intensiv an Mikrobubbles, die im Ultraschall nachweisbar sind, als Träger solcher zielgerichteten Moleküle gearbeitet [5].
Das Prinzip besteht darin, dass spezifische Antikörper oder Liganden, die mit hoher Spezifität am Endothel der Tumorgefäße binden, an der Oberfläche der Mikrobubbles immobilisiert werden, die anschließend in das Gefäßsystem injiziert werden. Sie werden dann im Gefäßbett des Tumors oder des entzündlichen Gewebes akkumuliert, nicht jedoch im Gefäßbett des normalen Gewebes. Die akkumulierten Mikrobubbles können dann beispielsweise durch Ultraschall nachgewiesen werden. Experimentelle Untersuchungen unter Verwendung von P und ESelectin [16] und mit avβ3Integrin führten bereits zu ermutigenden Ergebnissen [6, 14]. Noch sind weitere experimentelle Analysen notwendig, um zum einen die Eigenschaften der Träger und der Zielmoleküle zu verbessern, zum anderen tumorspezifische Unterschiede herauszuarbeiten und die Sensitivität dieser Systeme un
1270 | Der Urologe 9 · 2007
Fernmetastasen – Originalien
ter verschiedenen Therapiestrategien zu testen. Weiterhin ist es notwendig, das Verhalten solcher zielgerichteter Kontrastmittel während der Umbauprozesse des Tumorgefäßbettes genau zu studieren, um die oben beschriebene Heterogenität des Tumorgefäßbettes erfassen zu können. Dies würde wahrscheinlich erforderlich machen, dass eine Kombination mehrerer zielgerichteter Substanzen auf einem Träger oder unterschiedlichen Trägern verwendet werden muss.
Fazit für die Praxis
Die Verbesserung der herkömmlichen Bildgebungsverfahren ist ein essenzieller Aspekt der klinischen Behandlung von Tumoren. Ziel ist es, einen „gläsernen“ Tumor zu erreichen, sodass ohne Ver-wendung invasiver Methoden von außen in ihn hineingeschaut werden kann. Dies kann offensichtlich am besten durch die Kombination molekularer Werkzeuge mit den Techniken der Bildgebung gelin-gen. Die Verwendung zielgerichteter kontrastgebender Reagenzien im Dopp-ler- und 3D-Ultraschall oder DCE-MRT und DCE-CT bzw. unter Kombination die-ser Techniken wird die Auflösung des Tu-morgefäßbettes deutlich verbessern und erlauben, nichtinvasiv jederzeit Einblick in das Innere des Tumors zu nehmen und den Umbau der Tumorgefäße unter anti-angiogenetischer Therapie engmaschig beobachten zu können. Noch liegen auf diesem Weg viele Hindernisse, vor allem dadurch, dass die Darstellung der Mikro-gefäße nicht so leicht zu erreichen sein wird. Die molekularen Bildgebungsver-fahren würden neue Instrumente in die Hand der Kliniker geben, um neue, viel effektivere, spezifisch auf den Tumor und das Individuum ausgerichtete Therapie-schemata ausarbeiten und deren Erfolg oder Versagen rechtzeitig festzustellen zu können.
KorrespondenzadresseProf. Dr. S. ErgünInstitut für Anatomie, Universitätsklinikum EssenHufelandstraße 55, 45147 [email protected]
Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Literatur
1. Atri M (2006) New technologies and directed agents for applications of cancer imaging. J Clin Oncol 24: 3299–3308
2. Baluk P, Hashizume H, McDonald DM (2005) Cellu-lar abnormalities of blood vessels as targets in cancer. Curr Opin Genet Dev 15: 102–111
3. Brannigan M, Burns PN, Wilson SR (2004) Blood flow patterns in focal liver lesions at microbubble-enhan-ced US. Radiographics 24: 921–935
4. Carmeliet P (2003) Angiogenesis in health and di-sease. Nat Med 9: 653–660
5. Drevs J, Schneider V (2006) The use of vascular bio-markers and imaging studies in the early clinical deve-lopment of anti-tumour agents targeting angiogene-sis. J Intern Med 260: 517–529
6. Ellegala DB, Leong-Poi H, Carpenter JE et al. (2003) Imaging tumor angiogenesis with contrast ultrasound and microbubbles targeted to alpha(v)beta3. Circula-tion 108: 336–341
7. Ergun S, Kilic N, Wurmbach JH et al. (2001) Endostatin inhibits angiogenesis by stabilization of newly formed endothelial tubes. Angiogenesis 4: 193–206
8. Ergun S, Kilik N, Ziegeler G et al. (2000) CEA-related cell adhesion molecule 1: A potent angiogenic factor and a major effector of vascular endothelial growth factor. Mol Cell 5: 311–320
9. Ergun S, Tilki D, Oliveira-Ferrer L et al. (2005) Signifi-cance of vascular stabilization for tumor growth and metastasis. Cancer Lett 238: 180–187
10. Ferrara N (2002) Role of vascular endothelial grow-th factor in physiologic and pathologic angiogenesis: therapeutic implications. Semin Oncol 29: 10–14
11. Hawighorst T, Skobe M, Streit M et al. (2002) Activati-on of the tie2 receptor by angiopoietin-1 enhances tu-mor vessel maturation and impairs squamous cell car-cinoma growth. Am J Pathol 160: 1381–1392
12. Jain RK (2001) Normalizing tumor vasculature with an-ti-angiogenic therapy: A new paradigm for combinati-on therapy. Nat Med 7: 987–989
13. Jain RK (2005) Normalization of tumor vasculature: an emerging concept in antiangiogenic therapy. Science 307: 58–62
14. Leong-Poi H, Christiansen J, Klibanov AL et al. (2003) Noninvasive assessment of angiogenesis by ultra-sound and microbubbles targeted to alpha(v)-inte-grins. Circulation 107: 455–460
15. Lin MI, Sessa WC (2004) Antiangiogenic therapy: Crea-ting a unique „window“ of opportunity. Cancer Cell 6: 529–531
16. Lindner JR, Song J, Christiansen J et al. (2001) Ultra-sound assessment of inflammation and renal tissue injury with microbubbles targeted to P-selectin. Circu-lation 104: 2107–2112
17. Maisonpierre PC, Suri C, Jones PF et al. (1997) Angio-poietin-2, a natural antagonist for Tie2 that disrupts in vivo angiogenesis. Science 277: 55–60
18. Maisonpierre PC, Suri C, Jones PF et al. (1997) Angio-poietin-2, a natural antagonist for Tie2 that disrupts in vivo angiogenesis [see comments]. Science 277: 55–60
19. McDonald DM, Baluk P (2002) Significance of blood vessel leakiness in cancer. Cancer Res 62: 5381–5385
20. Nguyen M, Strubel NA, Bischoff J (1993) A role for sia-lyl Lewis-X/A glycoconjugates in capillary morphoge-nesis. Nature 365: 267–269
21. Rehman S, Jayson GC (2005) Molecular imaging of an-tiangiogenic agents. Oncologist 10: 92–103
22. Ruegg C, Mariotti A (2003) Vascular integrins: plei-otropic adhesion and signaling molecules in vascu-lar homeostasis and angiogenesis. Cell Mol Life Sci 60: 1135–1157
23. Thurston G, Rudge JS, Ioffe E et al. (2000) Angiopoi-etin-1 protects the adult vasculature against plasma leakage. Nat Med 6: 460–463
Urologe 2007 · 46:1271–1274 · DOI 10.1007/s00120-007-1452-0 · Online publiziert: 21. Juli 2007
© Springer Medizin Verlag 2007
P. Thelen1 · P. Burfeind2 · S. Schweyer3 · J.-G. Scharf4 · W. Wuttke5 · R.-H. Ringert1
1 Urologische Klinik, Georg-August-Universität, Göttingen2 Institut Humangenetik, Georg-August-Universität, Göttingen3 Abteilung Pathologie, Georg-August-Universität, Göttingen4 Abteilung Gastroenterologie und Endokrinologie, Georg-August-Universität, Göttingen5 Abteilung Experimentelle Endokrinologie, Georg-August-Universität, Göttingen
Molekulare Grundlagen alternativer Therapieansätze für das hormonrefraktäre Prostatakarzinom
Wie auch in anderen westlichen Gesellschaften ist das Prostatakarzinom in Deutschland zzt. der häufigste Organkrebs des Mannes. Nach aktuellen Angaben des RobertKochInstituts erkranken daran jährlich fast 50.000 Patienten, während die Mortalität bei 10.000 Fällen liegt. Die Pathogenese des Prostatakarzinoms
ist durch eine lange Latenzzeit gekennzeichnet, die Chancen zu Interventionen bietet. Bereits die Ernährungsweise kann eine Prävention des Prostatakarzinoms darstellen. So hat das Prostatakarzinom in asiatischen Ländern, wo die Ernährung weitgehend auf Sojaprodukten basiert, einen deutlich geringeren Stellenwert, ohne
1271Der Urologe 9 · 2007 |