38
1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry 1 Inhalt der Vorlesung „Computational Chemistry“ 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft eines Moleküls Wie kann man diese berechnen? Quantenchemie vs. Kraftfeld Konformationsraum Samplingmethoden Moleküleigenschaften 2 Assoziation, Dissoziation Intermolekulare Kräfte Nicht behandelt wird Docking: siehe Bioinformatik II bzw. Spezialvorlesungen von A. Kämper „Computer-Aided Drug Design“ und von A. Hildebrandt/D. Neumann „Docking“

1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 1

Inhalt der Vorlesung „Computational Chemistry“1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte

Energielandschaft eines Moleküls

Wie kann man diese berechnen? Quantenchemie vs. Kraftfeld

Konformationsraum Samplingmethoden

Moleküleigenschaften

2 Assoziation, Dissoziation Intermolekulare Kräfte

Nicht behandelt wird Docking:

siehe Bioinformatik II bzw. Spezialvorlesungen von A. Kämper „Computer-Aided

Drug Design“ und von A. Hildebrandt/D. Neumann „Docking“

Page 2: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 2

Was ist Computational Chemistry?

Computational Chemistry ist ein Arbeitsgebiet an der Schnittstelle von

theoretischer Chemie, Molecular Modelling und Bioinformatik.

Der Schwerpunkt von Computational Chemistry ist nicht unbedingt,

neue Methoden der theoretischen Chemie zu entwickeln, sondern eher mittels

Rechnungen Antworten auf chemische Problem zu finden.

Die Geschichte von Computational Chemistry ist entweder recht lang (man kann

die Entwicklung der Quantenmechanik in den 1920er Jahren als Ursprung der

theoretischen Chemie ansehen) oder recht jung, da man erst durch die

Entwicklung moderner, leistungsstarker Computer in den 1980er Jahren genaue

Rechnungen an Molekülen mit vielen hundert Atomen durchführen kann.

Page 3: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 3

Erhebung der Computational Chemistry in den Adelsstand

Der Ritterschlag der Computational Chemistry war gewissermaßen der

Nobelpreis für Chemie in 1998 an

- John Pople "for his development of

computational methods in quantum chemistry"

- Walther Kohn "for his development

of the density-functional theory"

Diese Preise wurden in der “community” mit ungeheurer Befriedigung

aufgenommen, nicht allein als Auszeichnung der beiden Forscher,

sondern als Auszeichnung des gesamten Gebiets.

Page 4: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 4

Welche Methoden verwendet Computational Chemistry?

- Molekül-Mechanik (klassische Newton-Mechanik)

- Semi-empirische Molekül-Orbital-Theorie

- ab Initio Molekül-Orbital-Theorie

- Dichtefunktional-Theorie

- Moleküldynamik

- Quantitative Structure-Activity Relationships (QSAR)

- Graphische Darstellung von Strukturen und Eigenschaften

Page 5: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 5

Wozu brauche ich Computational Chemistry?

Protein-Liganden Bindung

Protein-Protein Bindung

Entwicklung von Medikamenten ?

http://www.aventis.com/

http://www.dell.com Univ. Buffalo cluster

Page 6: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 6

Überblick über den Inhalt der Vorlesung

Molekül-Mechanik (V. Helms)

1 Einleitung

2 Elektrostatik, hydrophober Effekt

3 Kraftfelder

4 Statistische Mechanik

5 Sampling des Konformationsraums

6 Moleküldynamik-Simulation

….

12 Intermolekulare Bindungen,

Berechnung von Bindungsenergien

13 Proteinfaltungssimulationen +

Zusammenfassung

Quantenchemie (M. Hutter)

7 Molekülorbital Theorie

8 Semi-empirische Molekül Orbital

Theorie

9 Solvatationsmodelle

10 Chemische Reaktionen

11 Berechnung von

Moleküleigenschaften

….

14 Klausur 13. Juli 2005

Page 7: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 7

Schein

Es wird jede Woche in der Vorlesung 1 Übungsblatt ausgegeben, also insgesamt

etwa 10 – 12 Übungsblätter. Jeder aktive Teilnehmer der Vorlesung muss ein

eigenes Lösungsblatt abgeben.

An der Abschlussklausur kann teilnehmen, wer 50% der Punkte in den

Übungsblättern erreicht hat.

Einen Übungsschein über die erfolgreiche Teilnahme an der Vorlesung (6 LP)

gibt es bei erfolgreicher Teilnahme an der Abschlussklausur und/oder der

Nachklausur.

Die Note des Übungsscheins entspricht der besseren Note aus beiden Klausuren.

-Sprechstunde: nach Vereinbarung

Page 8: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 8

Übungsgruppen - Termin

wann haben Sie Zeit?

Page 9: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 9

Literatur - QuantenchemieKopien der Vorlesung kommen auf unsere Webseite

http://gepard.bioinformatik.uni-saarland.de

Introduction to Computational Chemistry

Frank Jensen, Wiley, €54 - 62

(2 Exemplare in Info-Bibliothek)

Essentials of Computational Chemistry

Christopher J. Cramer, Wiley, €129-154

“Klassiker” für Quantenchemie:

Quantum Chemistry

Ira Levine, Prentice Hall, €77

Modern Quantum Chemistry

A. Szabo & N. Ostlund, Dover, €15

Page 10: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 10

Literatur – Molekülmechanik/Simulationen

Molecular Modeling and Simulation

Tamar Schlick, Springer, € 64 – 72

(2 Exemplare in Info-Bibliothek)

Molecular Modelling. Principles and Applications

2nd ed 2001, Andrew R. Leach,

Prentice Hall, €71 – 75

Computer Simulation of Liquids

M.P. Allen & D.J Tildesley, Oxford Science, €50 – 53

Page 11: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 11

Aus physikalischer Chemie wird als bekannt vorausgesetzt:

o Thermodynamische Zustandsfunktionen (3.1)

o Erster Hauptsatz der Thermodynamik (2/3)

o Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik (6)

o innere Energie U, Entropie S, Enthalpie H,

freie Energie F, freie Enthalpie G

o Grundlagen der Quantentheorie (13/14)

o Schrödinger-Gleichung

o Aufbau der Atome (15)

o Aufbau der Moleküle – Arten von Bindungen (kovalent, ionisch, H-Bindung) (16)

Page 12: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 12

Was kann man mit Computational Chemistry berechnen? exakte Berechnung von Energien für verschiedene Molekülkonformationen Konformationssampling des Moleküls

angeregte Zustände

Einfluß des Lösungsmittels

Was muß man dazu wissen:

- Was ist die energetisch beste Konformation des Moleküls?

- Was sind bei Raumtemperatur erreichbare andere Konformationen (Boltzmann)?

- Dynamik von Konformationsübergängen?

- Bewertung der Energie von Konformationen: in welchen Orbitalen des Moleküls

sind seine Elektronen verteilt (Molekülorbitaltheorie).

Für ein einzelnes Molekül bis 10 Atome im Vakuum sind obige Rechnungen mit

hoher Genauigkeit durchführbar, für große Moleküle (Proteine) jedoch sehr

problematisch. Man braucht vereinfachte Verfahren.

Page 13: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 13

Appetizer: das grün fluoreszierende Protein

Die Alge Aequorea victoria enthält ein Protein, das

sogenannte grün fluoreszierende Protein, das für ihre

grüne Fluoreszenz verantwortlich ist.

Dieses Protein absorbiert das von einem anderen Protein,

XYZ emittierte blaue Licht, und emittiert grünes Licht.

Dreidimensionale Struktur von GFP.

Für die Fluoreszenz verantwortlich ist das kleine

aromatische Ringsystem in seiner Mitte.

Page 14: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 14

Energielevels eines AtomsHöchstes unbesetztes Molekülorbital Niedrigstes unbesetztes Molekülorbital

Helms, Winstead, Langhoff, J. Mol. Struct. (THEOCHEM) 506, 179 (2000)

Bei Lichtanregung (Absorption eines Photons)

wird ein Elektron aus dem HOMO in das

LUMO angeregt (vereinfachte Darstellung,

HOMO LUMO Übergang macht 90% der

Anregung aus).

Später wird ein Photon emittiert. Seine

Wellenlänge (Energie) entspricht der Energie-

differenz von angeregtem Zustand und

Grundzustand.

Page 15: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 15

taken from Brejc et al. PNAS 94, 2306 (1997)

GFP: Equilibrium A I B

Page 16: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 16

11

3322

Simulation of proton shuttle in GFP

Simulation with

ARGOS + QHOP-

MD, AMBER95

force field.

GFP in small water

box (ca. 16.000

atoms) – equili-

brated coordinates

from Helms et al.

(1999).

Lill, Helms PNAS 99, 2778 (2002)

Time scale of forward proton shuttle A* I* ca. 10 ps (Chattoraj, Boxer 1996).

Page 17: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 17

Transfer Statistics of Proton Shuttle in GFP I A

Run # (1) H2O Cro- (2) Ser-H OH - (3) Glu-COOH Ser-

t1 R(DA) E12 t2 R(DA) E12 t3 R(DA) E12

[ps] [Å] [kcal/mol] [fs] [Å] [kcal/mol] [ps] [Å] [kcal/mol]

1 3 in 3.77 2.54 -5.5 440 2.47 9.1 10 2.59 -10.1

2 6 in 46.54 2.51 0.7 10 2.59 0.3 10 2.62 -13.3

3 1 in 0.94 2.48 2.3 330 2.50 8.4 10 2.65 -12.6

4 1 in 2.07 2.52 3.5 530 2.41 6.8 20 2.60 -6.1

Lill, Helms PNAS 99, 2778 (2002)

Page 18: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 18

Simulation of proton shuttle I A in GFP

Lill, Helms PNAS 99, 2778 (2002)

Page 19: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 19

Was muß ich für solche Simulationen wissen?

(1) Wähle Startkonformation xi.

(2) Berechne Kräfte zwischen allen Atomen Fi.

(3) Verfolge Bewegung der Atome entlang von Kräften

(4) Gehe zurück zu (2)

Dies nennt man Moleküldynamiksimulation.

Man braucht ein molekulares Kraftfeld, mit dem

sich die Kräfte effizient berechnen lassen.

Zeitschritt 1-2 Femtosekunden!

106 – 109 Iterationen, dauern Tage bis Wochen.

Page 20: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 20

Aus: Dickson et al. Nature 388, 355 (1997)

GFP: Blinking und SwitchingOben: Emissionsspektren einzelner

GFP-Moleküle, die in einer Polymermatrix

immobilisiert wurden und mit einem

Laser kontinuierlich angeregt werden.

Mit einem konfokalen Mikroskop wird ihre

Fluoreszenz beobachtet:

Sie „blinken“ auf einer Sekunden-Zeitskala!

Also: Aus – An – Aus – An.

Unten: provisorisches photophysikalisches

Modell der Experimentatoren.

Normalerweise Übergänge A A* nach

Photonenabsorption und Fluoreszenz.

Ab und zu Übergang nach I (dunkel).

Aus I kann GFP nach kurzer Zeit (Sekunden?)

Thermisch nach A rückkonvertieren.

Zeit (s) Zeit (s)

Page 21: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 21

Weber, Helms et al. PNAS 96, 6177 (1999)

Semiempirische QM: Konische Durchschneidungen

Energie im elektronisch angeregten Zustand

Energie im elektronischenGrundzustand.

Konische Durchschneidung:In bestimmten Konformationenkönnen die Energien für zweielektronische Zustände gleich(bzw. fast gleich) seinDas Molekül kann ohneEnergieabgabe (Photon) direktin den anderen Energiezustandübergehen.

Hier: Für die rosa Konformationen sind die Energien des Grund-zustands und des angeregten S1-Zustands gleich Wenn diese Konformationenenergetisch zugänglich sind,erscheinen diese Zuständedunkel, fluoreszieren alsonicht.Frage: welche Punkte sind bei Raumtemperatur thermisch erreichbar?

Page 22: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 22

Weber, Helms et al. PNAS 96, 6177 (1999)

GFP: Photophysikalisches Termschema

Neutrales Inter- Negatives ZwitterionischesChromophor mediat Chromophor Chromophor

(dunkel)

Page 23: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 23

Was muß ich für solche Rechnungen wissen?

In welchen Molekülorbitalen sitzen die Elektronen?

Elektronenstrukturrechnungen

Bestimme Wellenfunktion der gesamten Elektronenverteilung.

Stelle Wellenfunktion als Linearkombination von Molekülorbitalen bzw.

Von Atomorbitalen dar.

Bestimme durch Optimierungsverfahren die Koeffizienten der Atomorbitale so,

daß die Gesamtenergie minimal wird.

Einzig benötigt: Kräfte zwischen Elektronen und zwischen Elektronen und

Atomkernen.

Page 24: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 24

Quantentheorie auf einer Folie Wesentliche Elemente der Quantenmechanik sind:

Die Energie ist gequantelt (Photoeffekt). Plancksches Wirkungsquantum ħ.

Licht und Materie: Welle / Teilchendualismus (Versuch am Doppelspalt, E=mc2)

Unschärferelation:

Teilchen werden durch Wellenfunktionen beschrieben.

Tunneleffekt (Durchqueren einer Energiebarriere möglich, obwohl Energie

eigentlich nicht ausreicht).

2

2

tE

px

Page 25: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 25

Review – Schrödinger-Gleichung

Die Elektronenverteilung eines Moleküls um dessen Atomkerne wird durch eine

Wellenfunktion beschrieben. Wenn man den Zustand eines quantenmechanischen

Systems zu dem gegenwärtigen Zeitpunkt kennt, gibt die zeitabhängige

Schrödinger-Gleichung dessen zukünftige Entwicklung an:

Dies ist die Form für ein Teilchen in einem 1-dimensionalen System.

2

,,,

2

,2

22

h

txtxVx

tx

mt

tx

i

Page 26: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 26

Review – Schrödinger-Gleichung

Wir beschränken uns jetzt auf den Fall dass die potentielle Energie V nicht von der

Zeit, sondern nur vom Ort x abhängt (d.h. es wirken keine zeitabhängigen externen

Kräfte).

(1)

Setze an:

txtxVx

tx

mt

tx

i,,

,

2

,2

22

xtftx ,

2

2

2

2 ,,

,

dx

xdtf

x

txx

dt

tdf

t

tx

(2)

(2) in (1) eingetzt gibt:

xV

dx

xd

xmdt

tdf

tfi

fxtfxVdx

xdtf

mx

dt

tdf

i

2

22

2

22

1

2

1

2

by divide

Die rechte Seite hängt nicht von t ab die linke Seite muss unabhängig von t sein.

Die linke Seite hängt auch nicht von x ab. Daher muss f eine Konstante sein.

Page 27: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 27

Review – Schrödinger-Gleichung

Wenn man die linke Seite gleich E setzt, erhält man:

iECeetf

CiE

tf

dtiE

tf

tdf

ln

t über integriere

Dies ist die zeitunabhängige Schrödingergleichung für die Bewegung eines Teilchens

der Masse m, das sich in einer Dimension bewegt.

Falls also die potentielle Energie nur von x abhängt, gibt es Wellenfunktion der Form:

die zu Zuständen konstanter Energie E gehören.

Wenn man die rechte Seite gleich E setzt, erhält man:

xExxVdx

xd

m

2

22

2

xetxiEt

,

Page 28: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 28

Review – Schrödinger-Gleichung

Experimentell beobachtbar ist die Wahrscheinlichkeitsdichte | (x,t) |2 , das

Quadrat der Wellenfunktion.

Wellenfunktionen werden in der Quantenchemie üblicherweise durch

Linearkombinationen aus geeigneten atomare Basisfunktionen ( Atomorbitale)

dargestellt. Mehr dazu später.

Page 29: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 29

Genauigkeit von quantenchemischen Rechnungen

Durch Verwendung hochexakter Theorien wie die coupled-cluster-Methode können

für kleine Moleküle Eigenschaften genauer als im Experiment berechnet werden!

Bei Unstimmigkeiten müssen mittlerweile oft die experimentellen Daten korrigiert

werden!

Anwendung z.B.: Berechnung von Reaktivitäten und Lösungseigenschaften von

Aktiniden mittels relativistischer Quantenchemie am Pacific Northwest National

Laboratory.

„There are 177 underground waste storage tanks at Hanford. The tanks contain

wastes collected over almost 50 years of plutonium production. The wastes include

radioactive isotopes, toxic chemicals, corrosive liquids, organic solvents, and other

dangerous and hazardous substances.“ http://www.pnl.gov/tws/

Problem hier: es fehlen experimentelle Daten,

beispielsweise für die Löslichkeiten von

Uran-Verbindungen wie UF6 Comp Chemistry!

Page 30: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 30

Molekül-Mechanik ...• Basiert auf einfachen, empirisch abgeleiteten Beziehungen zwischen der

Energie und Bindungswinkeln, Diederwinkeln und Abständen.

• Ignoriert die Elektronen und den Effekt von -Systemem!

• Sehr einfach, Resultate sind jedoch okay im Rahmen der berechnenbaren

Grössen.

)(0)(

)()(

)(

2)(0

)()(

)(

2)(0

)(

)(

2)(0

)(

4

1

cos(12

22

ijpairs ij

ji

ijpairs ij

ij

ij

ij

ijkltorsions

ijklijklijkl

ijkangles

ijkij

ijk

ijbonds

ijij

ij

ESvdWtorsbendstretch

r

qq

r

B

r

A

nk

krr

k

EEEEEE

Page 31: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 31

Konformationsanalysemit Molekülmechanik:

Konformationsänderung von H4MPT beiBindung an HMD-Enzym

Page 32: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 32

H4MPT – Verwandter von Folsäure

Bartoschek, Buurman, Thauer, Geierstanger, Weyrauch, Griesinger, Nilges, Hutter, Helms, ChemBioChem (2001)

H4MPT reagiert in Lösung an der

Hpro-S-Bindung, im Enzym HMD wird

aber das Hpro-R-Wasserstoffatom

abstrahiert.

NMR-Experimenten von Griesinger et al.

zeigten, dass H4MPT bei Bindung an das

Protein HMD eine

Konformationsänderung durchführt.

Welche?

Hat dies mechanistische Vorteile?

Untersuchung mit semiempirischer

AM1 Methode.

Page 33: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 33

Alter Mechanismus

Vorschlag: Inversion der beiden

zwei Stickstoffatome N5 und N10.

Folge: die besetzten

Elektronenorbitale klappen um.

Bei senkrechter Stellung der

freien Elektronenpaare zu der

Hpro-R-Bindung konjugieren sie

mit dessen antibindender

*-Bindung. Dadurch wird diese

maximal geschwächt und

H-Abstraktion ermöglicht.

AM1-Rechnungen ergaben aber, dass

dieser Mechanismus eine Barriere von

über 200 kJ mol-1 besitzt. Das heisst, diese

Konformationsänderung ist praktisch

unmöglich.

Page 34: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 34

NMR-Signale geben Information über Konformation

NOE-Signale geben Hinweise

auf Nachbarschaft zweier

Atomkerne mit Nettospin.

Doch anfängliche NMR-Daten

reichten nicht aus um die

Konformation zu bestimmen.

Bartoschek et al. ChemBioChem 2, 530 (2001)

Page 35: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 35

Stereoselektive Dehydrogenierung von H4MPT

Oben: Konformation von H4MPT in Lösung.

Unten: Konformation von H4MPT an Protein

gebunden.

Unterschied: Inversion des Stickstoffatoms

Beide Konformationen wurden zunächst als

Energieminima in AM1-Rechnungen gefunden

und dann mit NMR bestätigt.

Bartoschek et al. ChemBioChem 2, 530 (2001)

Page 36: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 36

Spezifische Aktivierung der Hpro-R- und Hpro-S-Bindungen

IIb und Ib sind wieder die beiden Minima.

Durch Verdrehung eines Torsionswinkel

nach III bzw.IV stellt sich jeweils das freie

Elektronenpaar senkrecht zu den beiden

C-H-Bindungen.

Diese Aktivierung in die hypothetischen

Übergangszustände ist im Experiment

nicht beobachtbar, sondern kann nur

berechnet werden.

Page 37: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 37

Energieprofile für Aktivierung

Links: die Aktivierung des

gelösten H4MPT von Ib

nach IV erfordert 53 kJ mol-1.

Rechts: die Aktivierung der

enzymgebundenen Form

IIb nach III erfordert nur

29 kJ mol-1.

Beobachtung: alle bisher

bekannten Enzyme katalysieren

die Aktivierung des proR-H.

Dies ist vermutlich evolutionär

optimiert.

Bartoschek et al. ChemBioChem 2, 530 (2001)

Page 38: 1. Vorlesung SS 2005 Computational Chemistry1 Inhalt der Vorlesung Computational Chemistry 1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte Energielandschaft

1. Vorlesung SS 2005

Computational Chemistry 38

Zusammenfassung Computerchemie besitzt eine lange Geschichte.

Bedeutung der Computerchemie wuchs stets parallel zur Entwicklung der

Rechner.

Zwei wesentliche “Welten”: Quantenchemie Molekülmechanik

Quantenchemie für sehr kleine Moleküle ist heutzutage hoch exakt,

oft genauer als das Experiment

bei großen Systemen (z.B. Proteinen) müssen jedoch große Näherungen

gemacht werden

Das wesentliche Lernziel dieser Vorlesung ist zu verstehen, was die verschiedenen

Methode leisten können und wo die Probleme liegen.