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Molekulare Chaperone: zelluläre Maschinen für die Proteinfaltung

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1. Proteinfaltung und molekulare Chaperone

In vitro kˆnnen unter jeweils optimierten Bedingungenviele Proteine mit guten Ausbeuten in ihre native Strukturzur¸ckgefaltet werden. In einer lebenden Zelle dagegen sinddie Reaktionsbedingungen f¸r alle Proteine gleich. HoheProteinkonzentrationen und Temperaturen fˆrdern vor allemdie Proteinaggregation, eine unerw¸nschte Nebenreaktion,die mit der produktiven Faltung konkurriert.[1, 2]

Im Gegensatz zum πassembly™, bei dem mehrere Poly-peptidketten einen definierten, funktionalen Komplex bilden,versteht man unter Aggregation die ungeordnete, unspezifi-sche Assoziation von Polypeptiden, bei der heterogene Pro-teinpartikel ohne biologische Aktivit‰t entstehen. Angesichtsder Energiemenge, die eine Zelle in die Synthese eines neuenProteins investieren muss, ¸berrascht es nicht, dass sichStrategien herausgebildet haben, die die produktive Faltung

eines Proteins in seine aktive Konformation unterst¸tzen.W‰hrend der molekularen Evolution wurden Polypeptidse-quenzen vermutlich nicht nur aufgrund ihrer biologischenEigenschaften selektiert, sondern auch danach, ob sie pro-duktiv falten kˆnnen. Zur Vergrˆ˚erung des zug‰nglichenKonformationsraums entwickelten Zellen molekulare Cha-perone, eine Gruppe von Proteinen, die an entfaltete Poly-peptide binden, ihre Aggregation verhindern und ± unterEnergieverbrauch ± die produktive Faltung unterst¸tzen.[3, 4]

1.1. In-vitro-Proteinfaltung

Die ‹bertragung der Erbinformation von der DNA zurmRNA und weiter von der mRNA zum Polypeptid erfolgtnach den Prinzipien der molekularen Komplementarit‰t unddes genetischen Codes. Dabei wird eine lineare Abfolge vonBasentripletts in eine lineare Abfolge von Aminos‰uren¸berf¸hrt. Im abschlie˚enden Schritt des Prozesses vom Genzum funktionalen Protein, der Proteinfaltung, wird dieselineare Information (Aminos‰uresequenz) in eine r‰umlicheInformation (gefaltete Proteinstruktur) umgewandelt. Diese

Molekulare Chaperone: zellul‰re Maschinen f¸r die Proteinfaltung

Stefan Walter und Johannes Buchner*

Proteine sind lineare Polymere, dievon den Ribosomen aus aktiviertenAminos‰uren synthetisiert werden.Das Produkt dieses Biosynthesepro-zesses ist eine Polypeptidkette, dieanschlie˚end in ihre individuelle drei-dimensionale Struktur falten muss, diesie zur Aus¸bung ihrer zellul‰renFunktion bef‰higt. Christian Anfinsenkonnte zeigen, dass dieser Faltungs-prozess keine zus‰tzlichen Faktorenund keine Energiezufuhr benˆtigt undsomit autonom ist. Im Jahre 1972wurde ihm f¸r diese Leistung derNobelpreis f¸r Chemie zuerkannt.Ausgehend von In-vitro-Experimentenmit gereinigten Proteinen glaubte manlange, dass sich auch in der lebenden

Zelle die richtige Raumstruktur spon-tan bildet, sobald die neu synthetisierteProteinkette das Ribosom verl‰sst.Dar¸ber hinaus dachte man, dass Pro-teine ihre gefaltete (native) Konforma-tion beibehalten, bis sie schlie˚lich vonspeziellen Enzymen abgebaut werden.In den letzten zehn Jahren hat sichdiese Sichtweise der zellul‰ren Pro-teinfaltung stark ge‰ndert. Heute wei˚man, dass eine Zelle ¸ber komplexeund hoch entwickelte Proteinmaschi-nen verf¸gt, die die Proteinfaltungunterst¸tzen und die strukturelle Integ-rit‰t von Proteinen unter Bedingun-gen aufrechterhalten, unter denen die-se zu entfalten und zu aggregierendrohen. Diese Proteinmaschinen be-

zeichnet man als molekulare Chapero-ne, da sie, wie ihre menschlichenPendants, unerw¸nschte Kontakte zwi-schen ihren πSch¸tzlingen™ verhin-dern. In diesem Aufsatz sollen diewichtigsten Eigenschaften dieser Klas-se von Proteinen vorgestellt und anausgew‰hlten Beispielen die Struktur-Funktions-Beziehungen sowie die zu-grunde liegenden molekularen Mecha-nismen erl‰utert werden.

Stichwˆrter: Chaperonproteine ¥ Pro-teinaggregation ¥ Proteinfaltung ¥Proteinstrukturen ¥ Struktur-Aktivi-t‰ts-Beziehungen

[*] Prof. Dr. J. Buchner, Dr. S. WalterInstitut f¸r Organische Chemie und BiochemieTechnische Universit‰t M¸nchenLichtenbergstra˚e 4, 85747 Garching (Deutschland)Fax: (�49)89-289-13345E-mail : [email protected]

AUFSæTZE

Angew. Chem. 2002, 114, 1142 ± 1158 ¹ WILEY-VCH Verlag GmbH, 69451 Weinheim, Germany, 2002 0044-8249/02/11407-1143 $ 20.00+.50/0 1143

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Faltungsreaktion ist ein ‰u˚erst komplexer Vorgang. Obwohlman in den vergangenen Jahrzehnten viel ¸ber die demFaltungsprozess zugrunde liegenden physikalischen Prinzi-pien gelernt hat,[5±8] sind wir noch immer nicht in der Lagepr‰zise vorherzusagen, in welche Struktur ein gegebenesPolypeptid falten wird.Die Untersuchung der Proteinfaltung begann in den 60er

Jahren mit den bahnbrechenden Arbeiten von Anfinsen undMitarbeitern, die die reversible Faltung der Ribonuclease A(RNase A) untersuchten, ein in gro˚en Mengen verf¸gbares,RNA-spaltendes Enzym.[9, 10] Inkubation des Enzyms mit 8�Harnstoff in Gegenwart eines Reduktionsmittels f¸hrte zueinem entfalteten Protein ohne Disulfidbr¸cken, das keinerleienzymatische Aktivit‰t mehr aufwies. Man nimmt an, dassdieser denaturierte Zustand von RNase A der Konformation‰hnelt, die das Protein unmittelbar nach seiner Synthese amRibosom einnimmt. Nach dem Entfernen von Denaturie-rungs- und Reduktionsmitteln durch Dialyse wurde eineallm‰hliche R¸ckkehr der Enzymaktivit‰t beobachtet. Offen-bar konnte das Enzym in vitro wieder in seine native Strukturfalten. Diese Beobachtungen zeigten, dass die r‰umlicheStruktur dieses Proteins in seiner Aminos‰uresequenz fest-gelegt war und keine zus‰tzlichen Faktoren f¸r die Struktur-bildung benˆtigt wurden. Die Proteinfaltung ist somit einautonomer und ± unter geeigneten Bedingungen ± spontanerProzess. In den folgenden Jahren untersuchten Biochemikerdas Faltungsverhalten anderer kleiner, monomerer Proteineund konnten die Schlussfolgerungen von Anfinsen best‰ti-gen.[11, 12] Diese Ergebnisse f¸hrten letztlich zu der Vorstel-lung, dass sich im Prinzip jedes Protein in vitro faltenl‰sst.[13, 14]

Auf der Energiehyperfl‰che der Proteinkonformation bil-det der native Zustand ein (relativ scharfes) Minimum.[5, 15]

Der denaturierte Zustand hingegen besteht aus einer Vielzahlvon Konformationen mit hoher innerer Energie und Flexibi-lit‰t. W‰hrend der Faltung bilden sich zahlreiche nichtkova-lente Wechselwirkungen aus, die eine genaue r‰umlichePositionierung der einzelnen Atome eines Proteins erfordern.Unter diesen Wechselwirkungen scheint der hydrophobeEffekt eine wichtige Rolle zu spielen.[16] Hydrophobe Mole-k¸le neigen in einem polaren Lˆsungsmittel dazu, sich ausenthalpischen und entropischen Gr¸nden zusammenzulagern.Dementsprechend finden sich hydrophobe Aminos‰urenbevorzugt im Innern eines gefalteten Proteins. Als man damitbegann, die Faltung grˆ˚erer Proteine zu untersuchen, die ausmehreren Untereinheiten oder Dom‰nen bestehen, zeigtesich, dass der hydrophobe Effekt nicht nur wichtig f¸r dieStabilit‰t der gefalteten Struktur ist, sondern dass er auchunerw¸nschte Folgen haben kann.[1] Zu Beginn der Faltungs-reaktion bilden viele Proteine Intermediate, die hydrophobeOberfl‰chen aufweisen. Die teilgefalteten Proteine kˆnnen¸ber diese hydrophoben Bereiche unspezifisch assoziierenund schlie˚lich aggregieren. Da die Aggregation eine Reak-tion zweiter oder hˆherer Ordnung ist, hat die Proteinkon-zentration einen gro˚en Einfluss darauf, ob Faltung in dennativen Zustand oder Aggregation ¸berwiegt.[17] F¸r eingegebenes Protein lassen sich die Faltungsausbeuten steigern,indem man Umgebungsparameter wie Proteinkonzentration,Temperatur, pH-Wert usw. optimiert.

1.2. In-vivo-Proteinfaltung

Im Unterschied zur In-vitro-Faltung m¸ssen in einerlebenden Zelle alle Proteine unter gleichen Bedingungenfalten. Die hohe Temperatur und die hohe Konzentration an

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Stefan Walter, geboren 1967 in M¸nchen, studierte Biochemiean der Universit‰t Bayreuth, wo er 1996 bei Prof. Franz X.Schmid ¸ber das Thema Proteinfaltung und -stabilit‰t pro-movierte. Anschlie˚end ging er als Postdoc an die YaleUniversity. Im Labor von Arthur Horwich untersuchte erstrukturelle Aspekte der Chaperon-vermittelten Proteinfaltung.1999 ging er zur¸ck nach Deutschland an die TechnischeUniversit‰t M¸nchen, wo er zurzeit am Lehrstuhl f¸r Bio-technologie auf den Gebieten molekulare Chaperone undPrionproteine arbeitet.

Johannes Buchner wurde 1960 in Ihrlerstein geboren. Erstudierte Biologie mit Schwerpunkt Biochemie an der Univer-sit‰t Regensburg. Seine Doktorarbeit fertigte er im Labor vonProf. Rainer Rudolph am Institut f¸r Biophysik und physikalische Biochemie an. Thema war die Faltung rekombinanterProteine und die Funktion molekularer Chaperone. Nach der Promotion verbrachte er einen Postdoc-Aufenthalt an denNational Institutes of Health in Bethesda im Labor von Dr. Ira Pastan. Schwerpunkt der dortigen Arbeiten war dieErzeugung von Immuntoxinen f¸r die Krebstherapie. Im Jahre 1992 ¸bernahm er am Lehrstuhl von Prof. Rainer Jaenicke,Universit‰t Regensburg, eine Gruppenleiterstelle und habilitierte sich 1995 f¸r das Fach Biochemie. 1995 wurde ihm auchein Heisenbergstipendium der DFG verliehen. 1997 erhielt er einen Ruf auf eine C4-Professur f¸r Biochemie an derMedizinischen Hochschule Hannover und 1998 auf eine C4-Professur f¸r Biotechnologie an der Technischen HochschuleM¸nchen. Dort f¸hrt er seit Ende 1998 die Forschung an molekularen Chaperonen und biotechnologischen sowiemedizinischen Aspekten der Proteinfaltung fort.

J. BuchnerS. Walter

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nichtnativen Proteinen innerhalb der Zelle sind zudemung¸nstig f¸r eine effiziente Faltung. Daher erscheint eszun‰chst ¸berraschend, dass Zellen unter physiologischenBedingungen keine Proteinaggregate enthalten. F¸r dieseBeobachtung gibt es zwei Erkl‰rungsmˆglichkeiten: 1) Neusynthetisierte Proteine aggregieren zwar in vivo, aber dieAggregate werden rasch von zellul‰ren Proteasen entfernt.Das w¸rde bedeuten, dass Zellen gro˚e Mengen an Energief¸r die Produktion von Proteinen verschwenden, die niemalsden nativen Zustand erreichen. 2) Zellen haben eine Metho-de entwickelt, um die Aggregation von neu synthetisiertenProteinen weitgehend zu vermeiden. Erreicht wurde dasdurch komplexe Proteinmaschinen, die Chaperone, die in denProzess der Proteinfaltung eingreifen und Aggregationsreak-tionen verhindern. Molekulare Chaperone liefern keinesterische Information f¸r die Faltung des Zielproteins, son-dern unterdr¸cken vielmehr unproduktiveWechselwirkungenund erhˆhen somit die Wahrscheinlichkeit, dass ein Proteinseine native Struktur ausbilden kann.Molekulare Chaperone findet man in allen Kompartimen-

ten einer Zelle, in denen Proteine falten oder ± allgemeiner ±ihren Konformationszustand ‰ndern. Obwohl die Proteinbio-synthese die bedeutendste Quelle f¸r entfaltete Polypeptid-ketten ist, entstehen diese auch durch andere Prozesse. Beiunphysiologisch hohen Temperaturen oder in Gegenwartbestimmter Reagentien kˆnnen Proteine strukturell destabi-lisiert werden und entfalten. Die Konsequenz w‰re letztlichein Funktionsverlust der betroffenen Proteine und eineAnreicherung von Proteinaggregaten. Die Zelle reagiert aufdiese Bedingungen, indem sie erhˆhte Mengen an bestimm-ten Schutzproteinen produziert, ein Ph‰nomen, das alsHitzeschock- oder Stressantwort bezeichnet wird.[18] Beivielen dieser Schutzproteine handelt es sich um molekulareChaperone.

1.3. Funktionale Eigenschaften molekularer Chaperone

Molekulare Chaperone bilden eine Gruppe von Proteinenmit ‰hnlicher Funktion. Anhand ihres Molekulargewichtslassen sich molekulare Chaperone in mehrere Klassen oderFamilien einteilen. Eine Zelle kann dabei mehrere Mitgliederder gleichen Chaperonfamilie exprimieren. So produziert z.B.die Hefe S. cerevisiae 14 verschiedene Formen des ChaperonsHsp70 (Hitzeschockprotein 70 kDa).[19] Proteine aus dergleichen Chaperonklasse zeigen h‰ufig ein hohes Ma˚ anSequenzhomologie und sind strukturell wie funktionell engverwandt. Dagegen bestehen zwischen Chaperonen aus un-terschiedlichen Familien kaum strukturelle æhnlichkeiten.Gemeinsam ist jedoch den meisten molekularen Chaperoneneine Reihe von funktionalen Eigenschaften.

1.3.1. Bindung an Proteine mit hydrophoben Oberfl‰chen

Die wichtigste Eigenschaft molekularer Chaperone istsicherlich ihre F‰higkeit, an entfaltete oder teilgefalteteProteine zu binden (Abbildung 1). Zu Beginn des Faltungs-prozesses (Abbildung 1, Iuc) oder bei Missfaltung sind diehydrophoben Reste eines Proteins teilweise lˆsungsmittel-

Abbildung 1. Allgemeines Modell der Chaperon-vermittelten Proteinfal-tung. Proteinbiosynthese und zellul‰rer Stress f¸hren zur Entstehung vonentfalteten Polypeptiden U. Diese Molek¸le falten unter Bildung unter-schiedlicher Intermediate (Iuc, Ic), die in zunehmendem Ma˚e einegeordnete Struktur aufweisen, in den nativen, funktionellen Zustand N.Einige Intermediate (Iuc) exponieren hydrophobe Oberfl‰chen und kˆnnendaher aggregieren. Man nahm lange an, diese Reaktion sei irreversibel,aber neuere Ergebnisse deuten darauf hin, dass manche Chaperone dieF‰higkeit haben, Aggregate zu resolubilisieren. Molekulare Chaperoneunterbinden die unerw¸nschte Aggregation, indem sie an die Spezies Iucund U binden. Diese Assoziation maskiert nicht nur die hydrophobenBereiche auf dem gebundenen Polypeptid, sondern verringert zudem dieKonzentration an aggregationsanf‰lligen Molek¸len und verlangsamtsomit die Aggregation. In vielen F‰llen bewirkt eine ATP-induzierteKonformations‰nderung im Chaperon die Dissoziation des gebundenenPolypeptids. Ein Teil der freigesetzten Molek¸le wird einen πcommittedstate™ Ic ausbilden, ein Zustand, in dem sie nicht l‰nger die Unterst¸tzungdes Chaperons benˆtigen, w‰hrend die restlichen Molek¸le (Iuc) wieder andas Chaperon binden und an einem weiteren Zyklus teilnehmen. Je nachArt des Chaperons kann es bei der Bindung zu Konformations‰nderungenim Polypeptidsubstrat kommen.

exponiert und machen es damit anf‰llig f¸r Aggregation.Durch Assoziation dieser hydrophoben Proteinmolek¸le mitmolekularen Chaperonen wird die Aggregation inhibiert. Diegeringe Spezifit‰t der hydrophoben Wechselwirkung und diekonformationelle Flexibilit‰t der Faltungsintermediate f¸h-ren dazu, dass sich Chaperone promiskuitiv verhalten. Siekˆnnen an eine Vielzahl von Polypeptiden binden, die sich inihrer Aminos‰uresequenz und Konformation stark unter-scheiden. Native Proteine und auch viele sp‰te Faltungsinter-mediate (Abbildung 1; N und Ic) exponieren hingegen meistkeine hydrophoben Bereiche und stellen somit keine Sub-strate f¸r molekulare Chaperone dar.

1.3.2. Konformations‰nderungen in Zielproteinen

In der Regel induzieren molekulare Chaperone Konforma-tions‰nderungen in ihren Zielproteinen. Ein Beispiel hierf¸rist die gezielte Entfaltung eines Proteinsubstrats. DieseEntfaltungsaktivit‰t verkn¸pft die Chaperone mit dem zellu-l‰ren Apparat, der f¸r den Abbau von Proteinen zust‰ndig ist.Entfaltungsreaktionen spielen wahrscheinlich auch eine wich-tige Rolle bei der Faltung eines Zielproteins (siehe Ab-schnitt 2.1.2). Man nimmt an, dass w‰hrend der Faltung auchnichtnative Kontakte innerhalb einer Polypeptidkette entste-hen. Diese kˆnnen zur Bildung falsch gefalteter Spezies

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f¸hren, die in lokalen Energieminima gefangen sind.[20] DieChaperon-vermittelte Entfaltung kann diese nichtprodukti-ven Wechselwirkungen auflˆsen und liefert dem Proteinmo-lek¸l so eine neue Gelegenheit, die korrekte Strukturauszubilden.

1.3.3. Kontrollierte Freisetzung gebundener Polypeptide

Hydrophobe Wechselwirkungen sind nicht nur f¸r dieStabilit‰t der gefalteten Proteinstruktur von Bedeutung,sondern spielen auch eine wichtige Rolle bei der Bildungvon oligomeren Proteinen und Proteinkomplexen. Die Asso-ziation der Untereinheiten erfolgt dabei ¸ber Kontaktfl‰chen,die h‰ufig von hydrophoben Aminos‰uren gebildet werden.Daher gibt es eine Reihe von Proteinen, die an entfaltetePolypeptide binden und deren Aggregation unterdr¸cken,ohne damit gleich molekulare Chaperone zu sein. WasChaperone von diesen hydrophoben Proteinen unterscheidet,ist ihre F‰higkeit, definierte Komplexe mit nichtnativenProteinen einzugehen und ± noch wichtiger ± das gebundenePolypeptid kontrolliert wieder freizusetzen. Dies geschiehtdurch Umschalten in eine andere Konformation, die einegeringere Affinit‰t f¸r hydrophobe Polypeptide aufweist(Abbildung 1). Nach den Gesetzen der Thermodynamikstabilisiert die Bindung eines Proteinsubstrats die hochaffineForm des Chaperons. Daher erfordert der ‹bergang in denniederaffinen Zustand Energie. Diese stammt meist aus derHydrolyse von ATP oder aus der Wechselwirkung mitanderen Proteinkomponenten der jeweiligen Chaperon-maschine.

2. Wirkmechanismen molekularer Chaperone

Nachdem im vorangegangenen Abschnitt die allgemeinenPrinzipien der Proteinfaltung erl‰utert wurden, sollen imFolgenden die strukturellen und funktionellen Eigenschafteneiniger ausgew‰hlter Klassen von molekularen Chaperonengenauer vorstellt werden.

2.1. GroE

Das bislang am besten untersuchte molekulare Chaperonist das GroE-System des Bakteriums E. coli.[21±24] Die beidenGene groEL und groES kodieren Proteine mit einer Grˆ˚evon 57 kDa bzw. 10 kDa. Sie sind beide f¸r das ‹berleben vonE. coli erforderlich.[25] Dies bedeutet, dass zumindest einessentielles E.-coli-Protein bei seiner Faltung auf die Ver-mittlung durch GroE-Chaperone angewiesen ist.

2.1.1. Die Struktur der GroE-Chaperone

Bemerkenswert an GroEL ist seine Quart‰rstruktur, dieeinem Fass ‰hnelt.[26, 27] 14 Untereinheiten sind in zwei Ringenaus je sieben Molek¸len angeordnet und bilden dabei zweigetrennte Hohlr‰ume mit einem Durchmesser von 45 ä(Abbildung 2A, B). Jede der 14 GroEL-Untereinheiten istaus drei Dom‰nen aufgebaut. Die ‰quatorialen Dom‰nen

Abbildung 2. Rˆntgenkristallstruktur des GroE-Chaperons aus E. co-li ;[26, 27] A) Seitenansicht eines asymmetrischen GroE-Komplexes mit Pro-jektilform (πbullet™), bestehend aus einem GroEL-Doppelring und einerGroES-Kuppel. Der untere GroEL-Ring ist grau dargestellt, die siebenUntereinheiten des oberen Rings gr¸n. GroES (rot) bindet an das Ende desoberen Rings. B) L‰ngsschnitt des Bullet-Komplexes; jeder GroEL-Ringumschlie˚t einen Hohlraum, der als Faltungskompartiment f¸r ein Poly-peptidsubstrat dient. Einige Bereiche der ‰quatorialen Dom‰nen konntenin der Strukturbestimmung nicht aufgelˆst werden, daher entsteht derirref¸hrende Eindruck, dass die beiden Hohlr‰ume miteinander verbundensind. Die Bindung von GroES an den oberen GroEL-Ring blockiert denZugang zum oberen Kompartiment und induziert zugleich eine Rotationder apikalen Dom‰nen. Der Durchmesser des proximalen Hohlraumssteigt von 45 ä auf 80 ä, seine Hˆhe von 73 ä auf 85 ä. C) Ver‰nderungenin der GroEL-Struktur bei Bindung von GroES. In dieser Aufsicht sind diesieben Untereinheiten eines GroEL-Rings in gr¸n und blau dargestellt. Diehydrophoben Aminos‰uren in den apikalen Dom‰nen, die an der Poly-peptidbindung beteiligt sind,[40] sind wei˚ dargestellt. In Abwesenheit vonGroES (linke Abbildung) kleiden diese Reste die Innenseite des Hohl-raums aus und sind so f¸r die hohe Affinit‰t dieses Zustandes gegen¸berentfalteten Polypeptiden verantwortlich. Bei Bindung von GroES (rechteAbbildung) rotieren die apikalen Dom‰nen um 90�, sodass die hydropho-ben Bereiche in der Kontaktfl‰che zwischen den Untereinheiten ver-schwinden. Die Innenseite des zentralen Hohlraums wird hydrophil, und eskommt zur Freisetzung des gebundenen Polypeptids.

bilden den zentralen Teil des Fasses. Sie sind zust‰ndig f¸r dieBindung und Hydrolyse von ATP und vermitteln alle Kon-takte zwischen den beiden Ringen sowie die meisten Kon-takte zwischen den Untereinheiten desselben Rings. Dieapikalen Dom‰nen befinden sich an den Enden des Fasses.Hier erfolgt die Bindung von Proteinsubstraten und desCochaperons GroES. æquatoriale und apikale Dom‰nen sinddurch eine intermedi‰re Dom‰ne miteinander verbunden, dieals molekulares Scharnier dient und Struktur‰nderungenw‰hrend des Funktionszyklus von GroE ermˆglicht.

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Das Cochaperon GroES besteht aus sieben Untereinheitenund hat die Form einer Kuppel mit einem Durchmesser von75 ä.[28] Eine Besonderheit von GroES ist der πmobile loop™,ein Abschnitt aus 16 Aminos‰uren, der f¸r die Bindung anGroEL zust‰ndig ist.[29, 30] Die Bindung von GroES erfolgt anden Enden des GroEL-Doppelrings (Abbildung 2A) undfindet nur in Gegenwart von Nucleotiden statt, d.h., ADPoder ATP muss an die ‰quatorialen Dom‰nen des entspre-chenden GroEL-Rings gebunden sein.[31] In der Literaturwurden zwei Typen von GroES-GroEL-Komplexen beschrie-ben, die wegen ihrer Form πbullets™ und πfootballs™ genanntwerden und sich in ihrer Zusammensetzung (GroEL:GroES)unterscheiden.[32±36] In der Bullet-Form ist nur an einem derGroEL-Ringe GroES gebunden (Abbildung 2A, B), in derFootball-Form an beiden, wobei sich ein scheinbar symmet-rischer Komplex bildet. In Gegenwart von ADP scheint sichnur die Bullet-Form zu bilden, w‰hrend in Gegenwart vonATP die Bildung von Football- und Bullet-Form erfolgt.GroEL gehˆrt zur Familie der Hsp60-Chaperone, die man

auch als Chaperonine bezeichnet. Aufgrund ihrer Funktionund Verwandtschaft lassen sich die Mitglieder dieser Klasse inzwei Gruppen einteilen. Gruppe-I-Chaperonine wie GroELbestehen aus siebenUntereinheiten je Ring und benˆtigen einCochaperon wie GroES. Man findet sie in Eubakterien sowiein den Mitochondrien und den Chloroplasten der eukaryo-tischen Zelle. Gruppe-II-Chaperonine bestehen aus acht oderneun Untereinheiten je Ring und benˆtigen kein Partner-chaperon. Man findet sie im Cytosol von Archaebakterienund Eukaryoten. Der molekulare Wirkmechanismus derGruppe-II-Chaperonine ist wesentlich weniger gut verstan-den als der der Gruppe-I-Chaperonine. Ob sie eine ‰hnlichbreite Substratspezifit‰t aufweisen, ist einer der ungekl‰rtenAspekte.[37, 38]

2.1.2. Die Bindung von Polypeptiden an GroEL

GroEL erkennt ein potentielles Polypeptidsubstrat vorwie-gend anhand der exponierten hydrophoben Oberfl‰chen, diecharakteristisch f¸r ungefaltete und missgefaltete Proteinesind. Die Dominanz von hydrophoben Wechselwirkungen beider Substratbindung zeigt sich in den thermodynamischenEigenschaften der Bindungsreaktion.[39] Die Bindestelle f¸rProteine auf GroEL wurde zum einen durch Mutations-analysen identifiziert,[40] zum anderen anhand von Kristall-strukturen der isolierten apikalen Dom‰ne[41] sowie einesKomplexes zwischen GroEL und einem hydrophoben Pep-tid.[42] Das Substrat bindet in einer hydrophoben Furche, dieum die ÷ffnung des zentralen Hohlraums liegt (Abbil-dung 2C). Die hohe Plastizit‰t der Bindestelle erlaubtkleinere Struktur‰nderungen, sodass f¸r jedes Substrat eineoptimierte Bindungsoberfl‰che bereitgestellt werden kann.Da das teilgefaltete Substrat ebenfalls flexibel ist, kommt esbei der Assoziation sehr wahrscheinlich sowohl im Substratals auch in den apikalen Dom‰nen zu strukturellen æn-derungen.[43] Das erkl‰rt, warum GroEL eine Vielzahl teilge-falteter Proteine binden kann.In den vergangenen Jahren wurden die Strukturen ver-

schiedener Substratproteine im Komplex mit GroEL n‰heruntersucht. Es scheint, dass GroEL mit verschiedenen Kon-

formationen wechselwirken kann, die von weitgehend unge-faltet bis zu nativ-‰hnlich reichen.[44±46] Wie l‰sst sich diesestrukturelle Heterogenit‰t erkl‰ren? Ein Proteinsubstratkann entweder falten (d.h. eine Struktur ausbilden) oder anGroEL binden. Beide Prozesse konkurrieren miteinander,denn beide beruhen auf dem hydrophoben Effekt. Bei derFaltung werden die hydrophobenAminos‰uren vom Lˆsungs-mittel abgeschirmt, indem sie einen hydrophoben Kern imInnern des Proteins bilden. Bei der Bindung andererseitserfolgt die Abschirmung durch Wechselwirkung mit derhydrophoben Bindetasche in den apikalen Dom‰nen vonGroEL. F¸r einen einzelnen Aminos‰urerest in einem Poly-peptid schlie˚en sich die beiden Mˆglichkeiten aus, aber nichtnotwendigerweise f¸r das gesamte Protein. Die Struktur(en)des gebundenen Polypeptids entsprechen vermutlich einemenergetischen Minimum, das durch die relative Grˆ˚e zweier�G-Werte bestimmt wird: einem f¸r die Faltung und einemf¸r die Bindung. Letztlich stellt GroEL keine Anforderungenan die Struktur des gebundenen Proteins, solange dieses einegen¸gend gro˚e hydrophobe Oberfl‰che f¸r die Wechselwir-kung aufweist. Hier unterscheidet sich GroEL von Hsp70(Abschnitt 2.2), bei dem der tunnelartige Aufbau der Bin-dungsstelle eine lokal gestreckte Konformation des Poly-peptids erfordert.[47]

2.1.3. Wechselwirkung zwischen GroEL und GroES

Die Wechselwirkung der beiden Partnerchaperone ist vonzentraler Bedeutung f¸r den Funktionszyklus von GroE, denndie Bindung von GroES f¸hrt zu gro˚en strukturellen æn-derungen im GroEL-Partikel.[27, 48] Erstens fungiert GroES alsmolekularer Deckel: Es versperrt die ÷ffnung des GroEL-Rings, an den es bindet, und schlie˚t damit ein gebundenesPolypeptid in den Hohlraum ein. Zweitens f¸hrt die Bindungvon GroES zu einer Rotation der apikalen Dom‰nen, inderen Verlauf sich die Eigenschaften des zentralen Hohl-raums grundlegend ‰ndern. Die hydrophoben Gruppen, dief¸r die Polypeptidbindung verantwortlich sind, werden ver-schoben und so durch polarere Reste ersetzt (Abbildung 2C).Dies verringert die Affinit‰t f¸r hydrophobe Polypeptide undf¸hrt damit zur Freisetzung des gebundenen Proteins in den(verschlossenen) Hohlraum.[49, 50] Drittens erhˆht sich beidieser Konformations‰nderung das Volumen des Hohlraumsvon 85000 ä3 auf ca. 175000 ä3. Damit erh‰lt das freigesetztePolypeptid ausreichend Raum, um die Konformations‰nde-rungen durchzuf¸hren, die f¸r die Bildung des nativenZustands erforderlich sind. Die GroES-Bindung wirkt da-her als molekularer Schalter, der das Chaperon vom Ein-fang- in den Faltungsmodus ¸berf¸hrt. Sie induziert dieFreisetzung des gebundenen Proteins in eine Umgebung, dieseine produktive Faltung beg¸nstigt.[49, 50] Wegen des begrenz-ten Volumens des Hohlraums ist die GroE-vermittelteProteinfaltung auf Polypeptide beschr‰nkt, die kleiner als60 kDa sind.[51] Interessanterweise gibt es jedoch ein Protein,das nur in Gegenwart von GroEL und GroES falten kann,obgleich es mit 82 kDa zu gro˚ ist, um in den Hohlraum zupassen.[52] Die GroE-vermittelte Faltung scheint in diesemSonderfall jedoch nach einem anderen Mechanismus zuverlaufen.[53]

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2.1.4. ATP-Hydrolyse durch GroEL und Substratfreisetzung

Nach der (partiellen) Faltung des Proteins im Innern vonGroE muss das Substrat anschlie˚end den Hohlraum wiederverlassen. Der GroEL-GroES-Komplex ist zwar sehr stabil(Kd� 1 n�), hat aber mit der ATPase-Funktion einen einge-bauten Timer, der die Dissoziation von GroES reguliert. Diesieben am cis-Ring (der Ring, der mit GroES und demfaltenden Polypeptid assoziiert ist ; Abbildung 3) gebundenen

T

D

D

D T

T

7 ATP7 ADP + 7 Pi

14

3 2

=

Abbildung 3. Funktionszyklus des GroE-Chaperons. Obwohl GroEL auseinem Doppelring besteht, ist es zweckm‰˚ig, den Zyklus anhand seinerFunktionseinheiten, den Einzelringen, zu beschreiben. Beide Ringe sindgleichzeitig aktiv, befinden sich aber in unterschiedlichen Phasen desZyklus. Die Prozessierung eines Proteinsubstrats erfordert zwei Uml‰ufedes GroE-Zyklus. W‰hrend dieser Zeit bleibt das Polypeptid mit demselben GroEL-Ring assoziiert. Aus graphischen Gr¸nden wurde jedoch dasGroEL-Molek¸l nach Schritt 3 um 180� gedreht, wobei das Polypeptidscheinbar in den oberen Ring wandert. Der Zyklus der GroE-vermitteltenFaltung l‰sst sich in drei Schritte unterteilen: Einfangen, Faltung undFreisetzung. W‰hrend des Einfangens (Schritt 1; D�ADP) wird dieAggregation eines hydrophoben Polypeptids durch Bindung an GroELunterdr¸ckt. Der Acceptorring (unterer Ring, lila) ist nucleotidfrei undweist daher eine hohe Affinit‰t f¸r Polypeptide auf. Die Bindung von ATP(T) und GroES an diesen Ring (Schritt 2) induziert eine Reihe vonStruktur‰nderungen in GroEL (roter Ring). Die Affinit‰t zum gebundenenPolypeptid nimmt ab, und es wird in den verschlossenen Hohlraumentlassen, wo es mit der Faltung beginnen kann. Die anschlie˚endeHydrolyse von ATP (Schritt 4) bewirkt eine zweite Konformations‰nde-rung in GroEL (oberer Ring, orange), die es dem trans-Ring (unterer Ring,lila) ermˆglicht, ein Polypeptid zu binden und damit einen neuen Zyklus zubeginnen. Nach Bindung vonATP undGroES an den trans-Ring dissoziiertGroES vom cis-Ring, und das Polypeptidsubstrat wird aus dem Hohlraumentlassen (Schritt 3).

ATP-Molek¸le werden mit einer Geschwindigkeit von 0.25 ±0.5 min�1 hydrolysiert.[54, 55] Dies induziert eine Konforma-tions‰nderung im trans-Ring von GroEL, durch die sichdessen Affinit‰t f¸r ATP erhˆht.[56] Die Bindung von ATP anden trans-Ring stimuliert dann die Dissoziation von GroESvom cis-Ring und ermˆglicht es so dem eingeschlossenenSubstrat, das Faltungskompartiment zu verlassen.[57]

2.1.5. Der Funktionszyklus von GroE

Der Zyklus der GroE-vermittelten Proteinfaltung (Abbil-dung 3) l‰sst sich funktionell in drei Phasen gliedern: Ein-fangen, Falten und Freisetzen.[23] W‰hrend der Einfangphase

bindet ein Polypeptidsubstrat an die apikalen Dom‰nen einesGroEL-Rings. Die Bindung von Mg/ATP und GroES andenselben Ring im n‰chsten Schritt f¸hrt zu einer gro˚enKonformations‰nderung im GroEL-Tetradecamer, und esentsteht ein faltungsaktiver cis-Komplex. Das Polypeptid wirdin die gesch¸tzte Umgebung des cis-Hohlraums entlassen undbeginnt zu falten. Nach etwa 15 ± 30 s ist das am cis-Ringgebundene ATP hydrolysiert, und es erfolgt eine weitereKonformations‰nderung, die die Freisetzung von gebunde-nem GroES durch ATP-Bindung an den trans-Ring ermˆg-licht. Das Polypeptid verl‰sst den Hohlraum, und zwarunabh‰ngig davon, ob es seinen nativen Zustand erreichthat oder nicht.Die bei der Hydrolyse von ATP freiwerdende Energie wird

benˆtigt, um die Energiebilanz des Chaperonzyklus auszu-gleichen. Die jeweilige Bindung von Polypeptid, GroES undATP an GroEL verl‰uft exergonisch und ist irreversibel; derReaktionszyklus wird somit in eine Richtung getrieben. Weilin einem Zyklus Start- und Endpunkt identisch sind, mussdieser sequentielle Verlust an Energie kompensiert werden.

2.1.6. Entfaltung von Polypeptiden durch GroE

Eine wichtige Frage ist, wie GroEL die Faltung vonProteinen unterst¸tzt, die in einem nichtnativen, missgefalte-ten Zustand vorliegen. Man vermutet, dass GroEL dieseProteine partiell entfalten kann und sie damit wieder auf denrichtigen Weg in den nativen Zustand bringt.Vermutlich gibt es mehrere Mechanismen, die GroEL zur

Entfaltung eines Proteins nutzen kann. Das einfachste Mo-dell, die thermodynamische Kopplung, basiert auf der bereitserw‰hnten Konkurrenz zwischen Bindung und Faltung.[58] Daein Protein zur Bindung an GroEL hydrophobe Oberfl‰chenaufweisen muss und die Exposition hydrophober Oberfl‰chenin der Regel mit demGrad der Faltung abnimmt, wird GroELbevorzugt an st‰rker entfaltete Konformationen eines Poly-peptids binden. Falls die verschiedenen Konformationen desProteins im schnellen Gleichgewicht miteinander stehen, wirddas Protein durch GroEL entfaltet. Experimentell konntediese Wirkung von GroEL f¸r eine Reihe relativ kleinerProteine gezeigt werden.[59]

Der Kopplungsmechanismus hat aber einen bedeutendenNachteil: Da nach diesem Modell alle Entfaltungsreaktionenin freier Lˆsung ablaufen, kˆnnte GroEL keine Proteinmo-lek¸le entfalten, bei denen dieser Prozess sehr langsamverl‰uft. Einen Ausweg bietet mˆglicherweise ein weitererEntfaltungsmechanismus, der erstmalig f¸r das Enzym Ru-bisco postuliert wurde. Bei der Faltung von Rubisco tritt einstabiles, kompaktes Faltungsintermediat auf, das ohne nach-weisbare Konformations‰nderungen an GroEL bindet. BeiBindung von ATP und GroES an den Rubisco-GroEL-Komplex wurde jedoch eine (tempor‰re) Entfaltung desSubstrats beobachtet,[60] deren Ursache vermutlich die bei derBindung des Cochaperons erfolgende Rotationsbewegungder apikalen Dom‰nen ist (Abbildung 2C). Dies kˆnnteeinen mechanischen Stress auf das gebundene Protein aus-¸ben und damit gleichsam dessen Struktur auseinanderziehen. Voraussetzung daf¸r ist, dass das Polypeptid anmehrere apikale Dom‰nen gleichzeitig gebunden ist.[61] Diese

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Form der aktiven Entfaltung konnte allerdings bislang nochf¸r kein anderes stringentes Substratprotein von GroELgezeigt werden. So wurde bei der Malat-Dehydrogenase(MDH) keine nennenswerte Struktur‰nderung beobachtet,wenn diese bei Bindung von GroES an den MDH-GroEL-Komplex freigesetzt wird.[45]

2.1.7. Faltung im Innern des Chaperons

Im Verlauf der GroES-Bindung wird das Substrat in diegesch¸tzte Umgebung des cis-Hohlraums entlassen. Darinkann das Protein falten, ohne dabei durch andere Polypeptidegestˆrt zu werden, denn GroES versperrt den Zugang zumInnern des Chaperons, und unerw¸nschte Nebenreaktionenwie Aggregation kˆnnen daher nicht auftreten. Diese Situa-tion wird h‰ufig als Faltung in πunendlicher Verd¸nnung™oder als Faltung im πAnfinsen-K‰fig™ bezeichnet. MonomereProteine kˆnnen in diesen 15 ± 30 s ihren nativen Zustanderreichen, falls ihre Faltung hinreichend schnell verl‰uft, oderaber sie nehmen einen πcommitted state™ ein, einen nicht-nativen Zustand, in dem sie nicht l‰nger auf die Unterst¸t-zung durch das GroE-Chaperon angewiesen sind (Abbil-dung 1). F¸r ein oligomeres Protein, dessen nativer Zustanddie Assoziation mehrerer Polypeptidketten erfordert, istdieser πcommitted state™ der obligatorische Austrittspunktaus dem Chaperonzyklus, denn jede weitere Wechselwirkungmit GroE w¸rde den Weg zum nativen Protein blockie-ren.[45, 62]

Was geschieht mit Proteinen, deren Faltung l‰nger dauertals ein Chaperonzyklus? Ihr weiteres Schicksal h‰ngt ver-mutlich davon ab, in welcher Konformation sie GroEverlassen. Ein Teil der Molek¸le wird entweder den nativenZustand oder den πcommitted state™ erreicht haben unddamit nicht l‰nger ein Substrat f¸r die Chaperon-vermittelteFaltung bilden.[63] Die anderen Molek¸le kˆnnen erneut anGroEL binden und an einem weiteren Zyklus teilnehmen.Wie bereits erw‰hnt, ist es mˆglich, dass es dabei zustrukturellen Umlagerungen kommt, z.B. zur Entfaltungmissgefalteter Molek¸le, die sich gebildet haben kˆnnten.Unklar ist noch immer, ob die W‰nde des Hohlraums einen

Einfluss auf das faltende Protein aus¸ben, d.h. ob derPlatzmangel und die komplexe chemische Zusammensetzungder W‰nde des Hohlraums die Faltungsreaktion beeinflussen.Zur Beantwortung dieser Frage m¸sste man die Faltung imInnern von GroEL mit der in freier Lˆsung vergleichen, wasnur f¸r Proteine mˆglich ist, deren Faltung nicht von GroEabh‰ngt.Was ist die optimale Dauer eines GroE-Zyklus? Generell

bedeuten l‰ngere Umlaufzeiten, dass GroEL pro Zeiteinheitweniger ATP hydrolysiert und damit weniger Energie ver-braucht. Es w¸rde dar¸ber hinaus bedeuten, dass ein Poly-peptid im Mittel mehr Zeit im Faltungsk‰fig verbringt. Diesh‰tte zwei Konsequenzen: Mehr GroEL-Molek¸le pro Zellew¸rden benˆtigt, um die erforderliche Chaperonaktivit‰tbereitzustellen, und die Faltung f¸r schnelle Proteine w¸rdeverlangsamt. Oder, schlimmer noch, Untereinheiten vonoligomeren Proteinen kˆnnten bei zu langer Verweildauerim Anfinsen-K‰fig eine Konformation einnehmen, in der sienicht mehr mit ihren Partneruntereinheiten produktiv asso-

ziieren kˆnnen.[64] W‰re der Zyklus zu schnell, h‰tte dieseventuell Auswirkungen auf die Effizienz des Chaperon-systems, denn k¸rzere Umlaufzeiten bedeuten einen hˆherenEnergieverbrauch, aber nicht unbedingt hˆhere Faltungsaus-beuten.Um seine Rolle als molekulares Chaperon erf¸llen zu

kˆnnen, muss GroEL eine Vielzahl von entfalteten, missge-falteten oder teilgefalteten Polypeptiden erkennen. Experi-mente mit denaturierten Zellextrakten haben gezeigt, dassetwas 40% aller E.-coli-Proteine mit GroEL wechselwirkenkˆnnen.[65] Es ist aber unwahrscheinlich, dass GroE an derFaltung all dieser Proteine beteiligt ist, da seine zellul‰reKonzentration von ca. 1 �� daf¸r zu gering ist.[66] Unl‰ngstwurde eine Reihe von E.-coli-Proteinen identifiziert, die mitGroEL wechselwirken,[67] aber es ist gegenw‰rtig noch unklar,wie viele von ihnen wirklich GroEL f¸r ihre Faltungbenˆtigen.

2.2. Das Hsp70-System

Die Hsp70-Proteine stehen im Mittelpunkt eines ubiquit‰-ren Chaperonsystems, das man in den meisten Kompartimen-ten der eukaryotischen Zelle ebenso findet wie in Eubakte-rien und in vielen Archaea. Wie im Falle der GroE-Proteinestammt der am besten untersuchte Vertreter dieser Chape-ronfamilie, DnaK, aus E. coli. Hsp70-Proteine sind an einerVielzahl zellul‰rer Prozesse beteiligt, z.B. an der Proteinfal-tung und am Abbau instabiler Proteine.[68] Die Funktion vonHsp70 scheint dabei in der Bindung kurzer hydrophoberAbschnitte in teilgefalteten Polypeptiden zu bestehen, wo-durch Aggregationsreaktionen unterdr¸ckt und Faltungspro-zesse gestoppt werden.[19, 69]

In der Zelle wechselwirken DnaK und viele andere Hsp70-Chaperone mit zwei Typen von Partnerproteinen, die, ‰hnlichwie GroES im Falle von GroEL, wichtige Schritte in ihremFunktionszyklus regulieren: den Hsp40- und den GrpE-Proteinen. Dar¸ber hinaus wurden in den vergangenenJahren vor allem in der eukaryotischen Zelle weitere Partner-proteine identifiziert, von denen einige Hsp70 mit anderenChaperonsystemen verkn¸pfen (z.B. Hsp90, Abschnitt 2.3).

2.2.1. Strukturelle und funktionelle Eigenschaften vonHsp70

Hsp70 besteht aus zwei funktionellen Einheiten: einerN-terminalen ATPase-Dom‰ne und einer kleineren C-termi-nalen Peptidbindedom‰ne. Die Kristallstrukturen beiderDom‰nen wurden getrennt gelˆst.[70±72] Die ATPase-Dom‰nevon Hsp70 (Abbildung 4A) besteht aus zwei Teilen, die durcheine Spalte getrennt sind, in der sich die Bindestelle f¸r dasNucleotid befindet.[73] Die Art des gebundenen Nucleotidsbestimmt die Peptidbindeeigenschaften der C-terminalenDom‰ne. Im ATP-Zustand ist die Affinit‰t zu Peptidsubstra-ten vergleichsweise schwach, und Assoziation und Dissozia-tion verlaufen schnell.[74] Im ADP-Zustand oder in Abwesen-heit von Nucleotid sinken die Geschwindigkeiten von Asso-ziation und Dissoziation ummehr als zwei Grˆ˚enordnungen,

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Abbildung 4. Struktur des DnaK-Chaperons aus E. coli. A) Rˆntgenkris-tallstruktur der Nucleotidbindedom‰ne von DnaK mit gebundenemADP.[71] Das Nucleotid (gelb) und ein Mg2�-Ion (gr¸n) sind in einer tiefen,f¸r das Lˆsungsmittel unzug‰nglichen Spalte gebunden, die von den beidenSubdom‰nen des Proteins gebildet wird. Die Struktur ‰hnelt stark denStrukturen von Hexokinase und Aktin, zwei anderen ATP-bindendenProteinen. B) Rˆntgenkristallstruktur der Peptidbindedom‰ne von DnaKim Komplex mit einem heptameren Peptid.[72] Die Peptidbindestelle weisteine hydrophobe Furche auf, die sich in einer Subdom‰ne befindet, die vonacht antiparallelen �-Str‰ngen gebildet wird (blau). Das Peptid NRLLLTG(gelb, gezeigt sind nur die R¸ckgratatome) bindet in diese Furche in einergestreckten Konformation. Eine zweite, �-helicale Dom‰ne (rot) fixiert dasPeptid in der Bindetasche. Diese Konformation entspricht vermutlich demhochaffinen Zustand von Hsp70.

und die Affinit‰t f¸r Peptide nimmt deutlich zu. Die ATP-Hydrolyse fungiert somit als molekularer Schalter zwischenzwei Zust‰nden von Hsp70, die sich durch hohe Dynamik/geringe Affinit‰t und geringe Dynamik/hohe Affinit‰t bei derBindung von Peptiden und Proteinen auszeichnen. Da dieStruktur des vollst‰ndigen Chaperons bislang noch nichtbestimmt werden konnte, liegt keine direkte Information vor,wie die Kommunikation zwischen Nucleotid- und Peptidbin-dung auf molekularer Ebene erfolgt. Aus der Rˆntgenkris-tallstruktur der Peptidbindedom‰ne mit einem gebundenenHeptapeptid lassen sich allerdings Modelle entwickeln, dieeinen Einblick in dieses Zusammenspiel liefern kˆnnten.[72]

2.2.2. Bindung von Peptiden durch Hsp70

Die Peptidbindedom‰ne besteht aus zwei Struktureinhei-ten: einem �-Sandwich mit einer hydrophoben Furche aufseiner Oberseite und einer dar¸berliegenden �-helicalenDom‰ne. Das Peptidsubstrat wird in der Furche gebundenund nimmt dabei eine gestreckte R¸ckgratkonformation ein(Abbildung 4B). Stabilisiert wird der Komplex durch hydro-phobe Wechselwirkungen zwischen Peptid und �-Sandwichund ¸ber Wasserstoffbr¸cken. Die �-helicale Subdom‰neliegt auf der Oberseite der Furche und fixiert so das Peptid inder Bindestelle. Diese πgeschlossene™ Konformation erkl‰rtdie f¸r den ADP-Zustand von Hsp70 beobachtete hoheAffinit‰t und die langsame Austauschgeschwindigkeit vonPeptiden. Wie kann die Bindung von ATP an die N-terminaleDom‰ne die Dynamik der Peptidbindung erhˆhen? Manvermutet, dass ATP eine Konformations‰nderung im Chape-ron induziert, bei der sich die helicale Subdom‰ne von derPeptidbindestelle entfernt und so deren Zug‰nglichkeiterhˆht.[47]

Experimente mit Peptidbibliotheken haben gezeigt, dassHsp70 bevorzugt an Peptide mit hydrophoben Seitenketten

bindet.[75±77] Bei Proteinen finden sich diese Bereiche meist imInnern der gefalteten Struktur und an den Kontaktfl‰chenzwischen Untereinheiten.[78] Die Topologie der Peptidbinde-stelle von Hsp70 erfordert au˚erdem, dass der Abstandzwischen dem gebundenen Segment und dem Rest desProteinsubstrats etwa 10 ä betr‰gt. Dies bedeutet, dass derTeil des Proteins, der an Hsp70 gebunden ist, weitgehendentfaltet und sehr flexibel sein muss.Neben der Spezifit‰t der Polypeptidbindung sind auch

kinetische Aspekte von Bedeutung. Die Proteinaggregationist ein vergleichsweise schneller Prozess, der innerhalb vonSekunden abl‰uft. Um mit ihr konkurrieren zu kˆnnen, mussdie Komplexbildung zwischen einem entfalteten Polypeptidund Hsp70 ‰hnlich schnell verlaufen. Im nucleotidfreienZustand wurden f¸r Peptidsubstrate Geschwindigkeitskon-stanten f¸r die Assoziation von 10 ± 100��1 s�1 gemessen.[79]

Unter der Annahme, dass die zellul‰re Konzentration ent-falteter Polypeptide in der Grˆ˚enordnung von 10 �� liegt,w¸rde die Komplexbildung zumindest mehrere Minutendauern. Sie w‰re damit zu langsam, um die Aggregationeffizient zu unterdr¸cken. Im offenen, ATP-gebundenenZustand von Hsp70 liegen die Bindungsgeschwindigkeitenf¸r Peptide um mindestens Faktor 10 hˆher. Allerdingserfordert das Einfangen eines Polypeptids die Umwandlungdieses labilen Hsp70-ATP-Polypeptid-Komplexes in die sta-bilere Hsp70-ADP-Polypeptid-Form durch Hydrolyse vongebundenem ATP. Diese Reaktion l‰uft jedoch nur mit einerGeschwindigkeit von ca. 0.1 min�1 ab und ist damit ebenfallszu langsam, um mit der Aggregation zu konkurrieren.Paradoxerweise folgt daraus, dass Hsp70-Proteine aus kine-tischen Gr¸nden keine sehr potenten Inhibitoren der Pro-teinaggregation sein sollten. Tats‰chlich beobachtete manexperimentell, dass DnaK alleine die Aggregation nicht-nativer Proteine nur schlecht unterdr¸ckt.[80, 81] Dieses Prob-lem unterstreicht die Bedeutung der beiden HelferproteineHsp40 und GrpE f¸r die Funktion der Hsp70-Chaperone.

2.2.3. Partnerproteine von Hsp70:Modulation des funktionellen Zyklus

Bei Hsp40 handelt es sich um eine heterogene Klasse vonProteinen, die aus mehreren funktionellen Dom‰nen aufge-baut sind, darunter die bei allen Hsp40-Chaperonen kon-servierte, ca. 75 Aminos‰uren gro˚e J-Dom‰ne. Mutations-studien haben gezeigt, dass diese Dom‰ne essentiell f¸r dieWechselwirkung zwischen Hsp40 und Hsp70 ist.[82] Ihr Nameleitet sich von DnaJ ab, dem Hsp40-Protein aus E. coli, dasmit DnaK zusammenwirkt. Die wichtigsten EigenschaftenvonHsp40 sind seine F‰higkeit zur Bindung von Peptiden undzur Stimulation der ATPase von Hsp70.[83] Der Funktions-zyklus der Hsp70-Maschine beginnt vermutlich damit, dassein Polypeptidsubstrat an Hsp40 bindet (Abbildung 5).[81] DerHsp40-Protein-Komplex assoziiert dann mit Hsp70 (DnaK),das Proteinsubstrat wird auf die geˆffnete Peptidbindestellevon Hsp70 ¸bertragen und der Komplex durch die anschlie-˚ende, Hsp40-stimulierte Hydrolyse des ATP stabilisiert. Imletzten Schritt erfolgt der Austausch von ADP gegen ATP,wodurch Hsp70 wieder in den dynamischen Zustand zur¸ck-kehrt und das gebundene Polypeptid freigesetzt wird.

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AUFSæTZEMolekulare Chaperone

T

DnaK

ATP

T

D

ADP

1

2

3

4

DnaJ

DnaJ

DnaJ

DnaK

DnaK

GrpE

GrpE

GrpE

DnaK

Abbildung 5. Funktionszyklus des DnaK-Chaperonsystems aus E. coli.Ein weitgehend entfaltetes Polypeptidsubstrat (schwarzes Band) wird vondem Cochaperon DnaJ (blau) eingefangen. Im Verlauf der Komplex-bildung mit DnaK (rot) wird das Substrat von DnaJ auf die Peptidbinde-stelle von DnaK ¸bertragen (Schritt 1). Die DnaJ-stimulierte Hydrolysevon ATP ‰ndert die Konformation der Bindestelle (orange) und fixiert dasSubstrat unter Bildung eines stabilen Protein-DnaK-Komplexes (Schritt 2).Nach der Dissoziation von DnaJ wird das gebundene ADP durch denNucleotidaustauschfaktor GrpE (gr¸n) freigesetzt (Schritt 3). Die an-schlie˚ende Bindung von ATP an DnaK setzt GrpE wieder frei undinduziert eine Konformations‰nderung, bei der sich die Peptidbindestelleˆffnet (Schritt 4). Das Polypeptid kann nun abdissoziieren.

In Gegenwart von Hsp40 verl‰uft die ATP-Hydrolyseschneller und ist damit vermutlich nicht mehr der geschwin-digkeitsbestimmende Schritt im Zyklus. Daher ist es nichtverwunderlich, dass auch der zweite potentiell langsameSchritt, der Nucleotidaustausch, stimuliert werden kann.Diese Aufgabe erf¸llt das Cochaperon GrpE,[84] das fest annucleotidfreies, nicht aber an nucleotidgebundenes Hsp70bindet. Dementsprechend verringert GrpE die Affinit‰t vonHsp70 f¸r Nucleotide. Der katalysierte Nucleotidaustauschist vermutlich ein zweistufiger Prozess (Abbildung 5). Imersten Schritt bindet GrpE an Hsp70 und verdr‰ngt so dasgebundene ADP. Die anschlie˚ende Bindung von ATPwiederum f¸hrt zur Dissoziation von GrpE.[85, 86] Die Rˆnt-genkristallstruktur eines Komplexes zwischen GrpE und derNucleotidbindedom‰ne von DnaK liefert eine mˆglicheErkl‰rung daf¸r, warum GrpE die Affinit‰t von DnaK f¸rNucleotide verringert.[71] Die Nucleotidbindetasche im Kom-plex ist weiter geˆffnet als in freiem DnaK; dadurch sindweniger Wechselwirkungen zwischen Nucleotid und Proteinmˆglich.Bisher gibt es keine experimentellen Beweise, dass Hsp70-

Chaperone aktiv Konformations‰nderungen in ihren Ziel-proteinen induzieren kˆnnen, wie dies f¸r andere molekulareChaperone gezeigt wurde. Dar¸ber hinaus stellt Hsp70, imUnterschied zu GroE, keine spezielle Mikroumgebung f¸r dieProteinfaltung zur Verf¸gung. Hsp70 scheint vielmehr alsallgemeiner Acceptor f¸r entfaltete Polypeptide zu dienen,die im Zuge der Proteinbiosynthese oder bei anderenzellul‰ren Prozessen entstehen. Die Bindung dieser Zielpro-teine an Hsp70 unterdr¸ckt ihre Aggregation und verhindert

ihre weitere Faltung. Was mit dem Polypeptid nach derFreisetzung von Hsp70 weiter geschieht, h‰ngt vermutlich vonder Natur des Polypeptids und vom zellul‰ren Kontext ab.Einige Proteine kˆnnten spontan in ihre native Struk-tur falten, w‰hrend andere auf st‰rker spezialisierte Chape-ronsysteme wie GroE und Hsp90 ¸bertragen werden oderauf Systeme, die am Proteintransport oder -abbau beteiligtsind.

2.3. Das Hsp90-Chaperonsystem

Eukaryoten haben mit Hsp90 eine spezielle Chaperon-Maschinerie entwickelt, die weit komplexer aufgebaut ist alsdie GroE- und Hsp70-Systeme. Diese Maschinerie schlie˚tzum einen das Hsp70-System mit ein (zumindest w‰hrendeines Teils des Zyklus), zum anderen umfasst es eine gro˚eZahl von Cofaktoren. Mehr als ein Dutzend wurden bisheridentifiziert.Das einzigartige an diesem System ist die Tatsache, dass im

Unterschied zu anderen Chaperonen bereits eine gro˚e Zahlvon Substratproteinen bekannt ist, deren Strukturbildungunter physiologischen Bedingungen von Hsp90 abh‰ngt. Diesl‰sst vermuten, dass stabile Komplexe aus Hsp90 und seinenSubstratproteinen gebildet werden, die deren Isolierungermˆglichen. Ein Beispiel, das den Einfluss von Hsp90 aufdie Faltung anderer Proteine verdeutlicht, ist die Src-Kinase.Dieses Protein ist ein wichtiges Element bei der Regulationdes Zellzyklus und deshalb ein interessantes Ziel f¸r thera-peutische Intervention. Die Suche nach nat¸rlichen Substan-zen, die die Funktion der Src-Kinase in vivo inhibieren, f¸hrtezur Entdeckung des Ansamycins Geldanamycin.[87] Die nach-folgende Analyse zeigte jedoch, dass dieser potentielle Src-Kinase-Inhibitor mit hoher Affinit‰t und Spezifit‰t an Hsp90bindet.[88] Diese Wechselwirkung inaktiviert Hsp90, wasschlie˚lich zur Erniedrigung der Konzentration an aktiverSrc-Kinase f¸hrt.Die Zahl der entdeckten Proteine, die zum Erreichen ihrer

funktionellen Konformation das Hsp90-System benˆtigen,w‰chst st‰ndig.[89] Es ist aber zurzeit noch nicht bekannt,welche gemeinsame Eigenschaft ± ein Sequenzmotiv oder einspezielles Strukturelement etwa ± die Basis f¸r die Wechsel-wirkung mit Hsp90 bildet. Viele der Substratproteine vonHsp90 sind regulatorische Proteine oder f¸hren Schl¸ssel-funktionen in der Proliferation aus. Die Hsp90-Abh‰ngigkeitihrer Aktivit‰t kˆnnte eine zus‰tzliche Ebene der Regulationermˆglichen.[90]

Wie erf¸llt Hsp90 seine Aufgabe? In-vivo-Experimentelassen vermuten, dass das Zielprotein mehrere Hsp90-Kom-plexe durchl‰uft, die sich in der Zusammensetzung derPartnerproteine unterscheiden.[91] Welche konformationellenænderungen des Zielproteins dabei auftreten, ist vollkommenunbekannt. In einem noch r‰tselhaften Prozess wird dieAusbildung der funktionellen Konformation des Zielproteinsdurch die Wechselwirkung mit den verschiedenen Hsp90-Komplexen ermˆglicht.

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2.3.1. Strukturelle und funktionelle Eigenschaften vonHsp90

Hsp90 ist ein elongiertes Dimer mit einer Dissoziations-konstanten von ca. 60 n�.[92, 93] Die Dimerisierungsstelle ist imC-terminalen Teil des Proteins lokalisiert.[92, 94] Die dreidi-mensionale Struktur der N-terminalen Dom‰ne von Hsp90(Aminos‰uren 1 ± 215) wurde rˆntgenkristallographisch ge-lˆst (Abbildung 6).[95, 96] Diese Dom‰ne weist ein neuartiges

Abbildung 6. Struktur der N-terminalen, ATP-bindenden Dom‰ne vonHsp90 aus Hefe im Komplex mit ADP.[97] Die Dom‰ne besteht aus einemverdrehten achtstr‰ngigen �-Faltblatt mit einem dar¸berliegenden Clusteraus �-Helices. Das Nucleotid (gelb) befindet sich in einer ungewˆhnlichengeknickten Konformation und ist in einer tiefen Tasche gebunden, die vonden umgebenden Helices und Schleifen gebildet wird. Diese Tasche istauch der Bindungsort des Antitumor-Agens Geldanamycin.[95]

Faltungsmuster auf, das aus einem �-Faltblatt und Helicesbesteht, die auf dem Faltblatt liegen. Es stellte sich heraus,dass diese Dom‰ne die ATP-Bindestelle enth‰lt.[97] ATP wirdin einer ungewˆhnlichen geknickten Konformation gebun-den, wobei der Adenosinring und die Riboseeinheit im Innernder Bindetasche verborgen sind und die Phosphatgruppen zurOberfl‰che zeigen. Wie die Chaperone GroE und Hsp70 istauch Hsp90 eine schwache ATPase.[98, 99] Hsp90 aus derB‰ckerhefe S. cerevisiae hydrolysiert bei der physiologischenTemperatur 0.3 ATPmin�1. Die ATP-Hydrolyse scheint vonentscheidender Bedeutung f¸r die Funktion von Hsp90 invivo zu sein, weil Hsp90-Mutanten, die Defekte in der ATP-Hydrolyse aufweisen, nicht die Funktionen erf¸llen kˆnnen,die f¸r die Erhaltung der Lebensf‰higkeit essentiell sind.[99,100]

Neuere Befunde lassen vermuten, dass der ATPase-Zyklusmit gro˚en konformationellen ænderungen im Hsp90-Dimerverbunden ist.[101, 102] Die kinetische Analyse der ATPase-Reaktion zeigte, dass Regionen au˚erhalb der ATP-Binde-dom‰ne f¸r die effiziente Hydrolyse von Bedeutung sind. Esscheint, dass die N-terminalen Dom‰nen bei Bindung vonATP mit anderen Teilen des Hsp90-Molek¸ls wechselwirken,die den Acceptor f¸r die �-Phosphatgruppe von ATPenthalten.[102] Dazu kommt, dass die beiden N-terminalenDom‰nen des Hsp90-Dimers in Gegenwart von ATP mitei-

nander wechselwirken.[101] Diese Wechselwirkung ist f¸r diekoordinierte und effiziente ATP-Hydrolyse notwendig.[93]

Wie diese ATP-induzierten Wechselwirkungen die Konfor-mation der Zielproteine beeinflussen, muss noch gezeigtwerden.Aus dem ATPase-Zyklus lassen sich zwei mˆgliche Kon-

sequenzen ableiten, die das Konzept von Chaperonen alsmolekulare Maschinen verdeutlichen: 1) Die blockweise Be-wegung von Dom‰nen kann, ‰hnlich wie bei GroE beob-achtet, die Zug‰nglichkeit von Bindestellen f¸r nichtnativeProteine beeinflussen. Fragmentierungsstudien lassen vermu-ten, dass Hsp90 zwei Bindestellen f¸r nichtnative Proteineenth‰lt, die sich in ihrer Spezifit‰t unterscheiden.[98, 103] Eskˆnnte sein, dass diese Bindestellen, die sich in verschiedenenAbschnitten des Proteins befinden, ATP-reguliert miteinan-der kooperieren. 2) ATP-abh‰ngige Konformations‰nderun-gen kˆnnen die Wechselwirkungen mit spezifischen Cofakto-ren oder Partnerproteinen beeinflussen. Dies impliziert, dassder Hsp90-Zyklus durch die Hydrolyse des ATP getriebenund reguliert wird. Da die Hydrolysereaktion und die Bildungder verschiedenen Hsp90-Komplexe, die f¸r die Aktivierungvon Zielproteinen notwendig sind, ‰hnlich schnell ablau-fen,[104] scheint diese Mˆglichkeit durchaus realistisch zu sein.

2.3.2. Partnerproteine von Hsp90

Gegenw‰rtig wei˚ man nur wenig dar¸ber, welche Fakto-ren die Assoziation von Hsp90 mit seinen zahlreichenPartnerproteinen regulieren. Auch die Funktion dieser Co-faktoren ist weitgehend unbekannt. Einige der Partnerpro-teine enthalten aus mehreren Helices bestehende πDo-ckingmodule™, die πtetratricopeptide repeat™(TPR)-Motive,die eine Furche bilden, in der eine gestreckte Peptidsequenzbinden kann.[105] Die wechselwirkenden Peptidsequenzenwurden an den C-terminalen Enden von Hsp90 und Hsp70gefunden.[106] Hop/Sti1, eines der Partnerproteine von Hsp90,das von zentraler Bedeutung f¸r den Hsp90-Zyklus ist,besteht weitgehend aus TPR-Motiven. Seine Funktion scheintes entsprechend zu sein, die Chaperone Hsp90 und Hsp70direkt miteinander zu verbinden (Abbildung 7).[107] Zus‰tzlichinhibiert die Bindung von Sti1 die ATPase von Hsp90.[108]

Andere Hsp90-Cofaktoren gehˆren zur Klasse der Pepti-dylprolyl-cis/trans-Isomerasen (PPIasen). PPIasen sind Enzy-me, die die cis/trans-Isomerisierung von Prolyl-Peptid-Bin-dungen in Proteinen katalysieren.[109, 110] PPIasen, die auseiner Dom‰ne bestehen, sind an der Signaltransduktion undProteinfaltung in vivo beteiligt. In Hefe gibt es zwei Hsp90-assoziierte PPIasen, in hˆheren Eukaryoten wurden bisherdrei Isoformen entdeckt. Allen ist gemeinsam, dass sie au˚erder PPIase-Dom‰ne zus‰tzliche Dom‰nen aufweisen. Inte-ressanterweise enthalten die Hsp90-assoziierten Prolylisome-rasen auch Dom‰nen mit TPR-Motiven. Es ist zurzeit nochunklar, was die Funktion dieser Enzyme im Hsp90-Komplexist und nach welchen Kriterien sie in den Komplex eingebautwerden; es gibt Hinweise darauf, dass das gebundeneZielprotein dabei eine Rolle spielt.[111] Ihre enzymatischeAktivit‰t l‰sst vermuten, dass die Katalyse der cis/trans-Isomerisierung auch im Zusammenhang mit Hsp90-Komple-xen von Bedeutung ist. Gezeigt wurde bereits, dass alle

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AUFSæTZEMolekulare Chaperone

Hsp90-assoziierten Prolylisomerasen und p23, ein kleinesHsp90-bindendes Protein, in vitro selektiv nichtnative Pro-teine binden.[112±115] Dies l‰sst darauf schlie˚en, dass dieseProteine auch im Hsp90-Komplex in Kontakt mit demZielprotein sind. Das Hsp90-System ist also eine hochdynamische, sich reversibel anordnende molekulare Maschi-ne mit beweglichen Teilen.

2.3.3. Regulation von Proteinkonformationen durch Hsp90

Wie beeinflusst Hsp90 die Faltung anderer Proteine?Gegenw‰rtig scheint es so, dass Hsp90 unter physiologischenBedingungen keine gro˚e allgemeine Bedeutung bei der De-novo-Faltung von Proteinen hat.[116] Von ganz entscheidenderBedeutung ist Hsp90 jedoch f¸r die Faltung einer Reihe vonProteinen, die an wichtigen regulatorischen Prozessen betei-ligt sind. Es gibt indirekte Hinweise, dass diese Zielproteine inmetastabilen Konformationen vorliegen. Im Falle der Ste-roidhormon-Rezeptoren bilden die Liganden einen Teil deshydrophoben Kerns des Proteins und tragen deshalb signifi-kant zur Stabilit‰t der gefalteten Struktur bei. Hsp90 wirdvermutlich benˆtigt, um die Steroidhormon-Rezeptoren ineinem offenen konformationellen Zustand zu halten, der inder Lage ist, den Liganden zu binden (Abbildung 7). In

Abwesenheit des Chaperonskˆnnte der Rezeptor einen ener-getisch g¸nstigeren kollabiertenZustand einnehmen. In einigenF‰llen ermˆglicht die Chaperon-Abh‰ngigkeit die Einf¸hrung ei-ner zus‰tzlichen Regulationsebe-ne f¸r das Zielprotein, unabh‰ngigvon der Anwesenheit eines spezi-fischen Signals f¸r das Zielprotein.Dar¸ber hinaus kann die Assozia-tion mit Hsp90 generell instabileintermedi‰re Konformationen sta-bilisieren und so den f¸r Proteinezug‰nglichen Konformationsraumvergrˆ˚ern. Regulation der Kon-formation kˆnnte der gemeinsameNenner f¸r ein strukturell undfunktionell diverses Set anHsp90-Zielproteinen sein. Da-r¸ber hinaus erscheint die Vermu-tung plausibel, dass Hsp90 unterStressbedingungen mit einergrˆ˚eren Zahl von entfaltetenProteinen wechselwirkt.

2.3.4. Der Hsp90-Chaperonzyklus

Um das Ziel der konformatio-nellen Regulation zu erreichen,muss ein Zielprotein drei Hsp90-Komplexe durchlaufen, die sich inder Zusammensetzung der Cofak-toren unterscheiden.[91, 104] Zu-

n‰chst wird das Zielprotein von Hsp70 und seinen Cofaktorengebunden (Abbildung 7, Schritt 1), die dann einen Komplexmit Hop/Sti1 und Hsp90 bilden (Abbildung 7, Schritt 2). Mannimmt an, dass in diesem Schritt das nichtnative Protein voneinem Chaperon zum anderen weitergereicht wird, analogdem Substrattransfer von Hsp40 auf Hsp70 (Abbildung 5).[117]

Wie in allen Prozessen, an denen Hsp70 beteiligt ist, ist nichtsicher, ob Bindung und Freisetzung eine Konformations-‰nderung im Zielprotein zur Folge haben. Weiterhin istunklar, ob Hsp90-Zielproteine erst an Hsp70 und dann anHsp90 binden m¸ssen. Dies h‰ngt vermutlich vom jeweiligenZielprotein ab. In vitro ist Hsp90 in der Lage, direkt annichtnative Proteine zu binden.[90, 118] In einem gut unter-suchten Beispiel wurde gezeigt, dass das gebundene Proteinweitgehend gefaltet ist. Auf dem Faltungsweg scheint dieseKonformation nahe dem nativen Zustand zu liegen, denn sieweist eine charakteristische Sekund‰r- und Terti‰rstrukturauf, aber keine enzymatische Aktivit‰t.[119] Dies ist in guter‹bereinstimmung mit der in Abschnitt 2.3.3 beschriebenenKonformation ligandenfreier Steroidhormon-Rezeptoren.Anders als bei den ¸brigen Chaperonen ist die Bildung und

Dissoziation des Komplexes aus Hsp90-Hsp70-Sti1/Hop unddem nichtnativen Protein nur Teil des Gesamtzyklus. DerAssoziation dieser Chaperonkomponenten mit dem nicht-

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Hsp70

Hormon

DNA- Bindung

reifer Komplex

früherKomplex

Hop

HopPPI

PPI

PPI

PPI

PPI

HopHop

Hsp70

Hsp70

Hsp70Hsp70

Hop

intermediärerKomplex

23 23

23

23

23

1

3 4

5

2

Hsp

90

Hsp

90

Hsp

90

Hsp90

Hsp

90

Hsp

90

Hsp

90

Hsp90

Abbildung 7. Funktionszyklus des Hsp90-Chaperonsystems am Beispiel eines Steroidhormon-Rezeptors(SHR); die Beteiligung von Cofaktoren kˆnnte je nach Zielprotein variieren. Eine inaktive Konformation vonSHR wird zun‰chst von Hsp70 eingefangen (Schritt 1). Das Cochaperon Hop hilft dabei, einen physikalischenKontakt zwischen Hsp70 und Hsp90 herzustellen. Vermutlich schlie˚t sich daran die Hydrolyse von ATPdurch Hsp70 an, was zur Folge hat, dass SHR unter Bildung des intermedi‰ren Komplexes auf das Hsp90-Dimer ¸bertragen wird (Schritt 2). Der ‹bergang zum reifen Komplex wird eingeleitet durch den Austauschvon Hsp70 und Hop gegen gro˚e Prolylisomerasen (PPIs) und ein weiteres Helferprotein, p23 (Schritt 3). DieBindung des Hormons an den Rezeptor f¸hrt zur Freisetzung von SHR aus dem reifen Komplex. DerRezeptor nimmt seine aktive Konformation ein und wandert in den Zellkern (Schritt 4). In Abwesenheit einesHormonliganden kˆnnte SHR einen weiteren Zyklus durchlaufen (Schritt 5).

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AUFSæTZE J. Buchner und S. Walter

nativen Protein schlie˚t sich die Freisetzung von Hsp70 undSti1/Hop und die Assoziation des Cofaktors p23 sowie einerder gro˚en PPIasen an (Abbildung 7, Schritt 3).[120] p23 bindetan Hsp90 nur in Gegenwart von ATP.[121] Allerdings sindzurzeit keine weiteren Faktoren bekannt, die die Dissoziationdes Hsp70-Hsp90-Komplexes und die Bildung des Hsp90-p23-PPIase-Komplexes bewirken. Aus dem Hsp90-p23-PPIase-Komplex wird das nichtnative Protein (zumindest bei denSteroidhormon-Rezeptoren) in seiner aktiven, Liganden-bindenden Konformation freigesetzt (Abbildung 7, Schritt 4oder 5).[122] Es ist anzunehmen, dass Konformations‰nderun-gen in Hsp90 die Wechselwirkung mit den verschiedenenKomponenten der Chaperon-Maschine steuern. Diese Part-nerproteine kˆnnten entweder ¸berpr¸fen, ob Hsp90 mitZielprotein beladen ist und entsprechend die Progression desZyklus steuern, und/oder sie kˆnnten direkt an den Kon-formations‰nderungen des an Hsp90 gebundenen Zielpro-teins beteiligt sein.

2.4. Kleine Hitzeschockproteine (sHsps)

An einem weiteren Prozess, bei dem Proteine durchreversible Wechselwirkung mit spezialisierten Faltungsfakto-ren vor Aggregation gesch¸tzt werden kˆnnen, sind diekleinen Hitzeschockproteine (sHsps) beteiligt. Diese Proteinewurden in fast allen bisher untersuchten Organismen gefun-den. In vielen Organismen gibt es mehrere Mitglieder dieserProteinfamilie, was auf funktionelle Diversit‰t hindeutet. ImUnterschied zu anderen Klassen von Chaperonen sind sie aufcharakteristische Weise heterogen bez¸glich Sequenz undGrˆ˚e. Ihr gemeinsames Merkmal ist eine konservierteC-terminale Dom‰ne, die �-Crystallindom‰ne.[123] Der Begriffleitet sich vom prominentestenMitglied dieser Proteinfamilie,dem Augenlinsenprotein �-Crystallin, ab.

2.4.1. Struktur der sHsps

Alle bisher untersuchten sHsps bilden oligomere Komplexeaus meist 12 bis 42 Untereinheiten. Die rˆntgenstruktur-analytisch bestimmte dreidimensionale Struktur eines ar-chaealen sHsps zeigt eine Hohlkugel mit ÷ffnungen, die insInnere f¸hren (Abbildung 8).[124] Die Grundeinheit dieseroligomeren Struktur ist ein Dimer, das zur Bildung derKugelstruktur weiter assoziiert. Die C-terminale Dom‰ne desMonomers weist ¸berwiegend Faltblattstruktur auf, dieStruktur der N-terminalen Dom‰ne konnte nur zum Teilbestimmt werden. Die elektronenmikroskopische Rekon-struktion der Struktur von �-Crystallin best‰tigte den kugel-fˆrmigen Aufbau.[125] Jedoch wurde f¸r �-Crystallin, andersals f¸r archaeales sHsp, eine Reihe unterschiedlicher oligo-merer Strukturen beobachtet.

2.4.2. Komplexbildung mit entfalteten Proteinen

sHsps wurden in die Familie der molekularen Chaperoneaufgenommen, weil sie spezifisch mit entfalteten Proteinenwechselwirken und deren Aggregation verhindern.[126, 127]

Verglichen mit den oben diskutierten Chaperonen haben

Abbildung 8. Struktur des kleinen Hitzeschockproteins aus dem Archae-bakterium Methanococcos jannaschii.[124] A) Das Hitzeschockprotein bil-det gro˚e porˆse Hohlkugeln, die aus 24 identischen Untereinheitenaufgebaut sind. Die Untereinheiten weisen haupts‰chlich �-Faltblattstruk-tur auf. B) Querschnitt durch das sHsp aus M. jannaschii. Der Au˚en-durchmesser des Partikels betr‰gt ca. 120 ä, der Innendurchmesser ca.65 ä und das Volumen ca. 140000 ä3. Bedingt durch die Aminos‰ure-zusammensetzung ist die innere Oberfl‰che wesentlich hydrophober als die‰u˚ere.

die sHsps eine erstaunliche Bindekapazit‰t. Sie sind in derLage, eine gro˚e Zahl von nichtnativen Proteinen zu binden,vermutlich bis zu einem nichtnativen Protein je Untereinheitdes oligomeren sHsp-Komplexes.[128] Dar¸ber hinaus scheintes keine Obergrenze f¸r die Grˆ˚e des gebundenen Proteinszu geben.[129]

Eine erstaunliche Eigenschaft der sHsps ist die Bildunggro˚er, regul‰rer Komplexe mit ihren Substratproteinen. Dabislang keine Assemblierungs-Intermediate entdeckt wurden,scheint die Substratbindung hoch kooperativ zu verlaufen.[130]

Die parallel ablaufende Bindung einer definierten Zahl vonnichtnativen Proteinen scheint eine Voraussetzung f¸r diestabile Komplexbildung mit Substratproteinen zu sein. DieSpezifit‰t dieser Reaktion wird dadurch unterstrichen, dassdie Bindung von Substratproteinen bei einem definiertenVerh‰ltnis von nichtnativem Protein zu sHsp ges‰ttigt werdenkann. Der zugrunde liegende Mechanismus ist noch unbe-kannt. F¸r Hsp26, einem sHsp aus Hefe, gaben In-vitro-Experimente Einblick in die Regulation der Bindeaktivit‰tdieses Chaperons.[130] Bei Temperaturen ¸ber 40 �C dissoziiertder definierte oligomere Komplex in einer reversiblen Reak-tion in stabile Dimere. Diese Dissoziation scheint Binde-stellen f¸r nichtnative Proteine freizulegen. Bemerkenswer-terweise f¸hrt die Bindung von nichtnativen Proteinen an dasHsp26-Dimer zur Bildung gro˚er, definierter Komplexe.Diese Hsp26-Substrat-Komplexe haben einen Aufbau, dersich grundlegend vom Hsp26-Komplex unterscheidet.

2.4.3. sHsps als Teil der Chaperon-Maschinerie

Die Komplexe, die sHsps mit nichtnativen Proteinen invitro bilden, sind erstaunlich stabil.[128±131] Obwohl das ge-bundene Protein nicht spontan freigesetzt wird, wirken dieseKomplexe nicht als irreversible Fallen f¸r das entfalteteProtein. Als Beweis wurde gezeigt, dass ein gebundenesEnzym zum nativen Zustand gefaltet werden kann, wenn maneinen spezifischen Liganden zugibt, der die funktionelleKonformation des Enzyms stabilisiert.[131] Anders als beianderen Chaperonen wurde bislang jedoch noch kein aktiver

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Freisetzungsmechanismus entdeckt. Interessanterweise ist ineinigen Organismen die Expression von sHsps und Hsp70genetisch gekoppelt.[132] Dies und der Befund, dass die‹berexpression von Hsp70 einen positiven Effekt auf dieAuflˆsung vonAggregaten in vivo hat,[133] l‰sst vermuten, dasssHsps ihre Funktion zusammen mit anderen, ATP-abh‰n-gigen Mitgliedern der Chaperonfamilie aus¸ben. Der bio-chemische Beweis f¸r dieses kooperative Verhalten wurde mitIn-vitro-Experimenten gef¸hrt, in denen Hsp70 zu vorge-formten sHsp-Substrat-Komplexen gegeben wurde. In Ge-genwart von ATP war Hsp70 in der Lage, die Faltung desSubstratproteins zum nativen Zustand zu ermˆglichen (Ab-bildung 9).[131] In unabh‰ngigen Experimenten wurden Zell-lysate auf Faktoren untersucht, die die Freisetzung von sHsp-gebundenen Proteinen unterst¸tzen.[128, 134] Auch diese Expe-rimente haben Hsp70 als Schl¸sselkomponente in der Reak-tivierung von Proteinen identifiziert, die durch sHsps vorAggregation gesch¸tzt wurden.

N I Aggregate

Hsp70

ATP

ADP

sHsp

1

2

3

4

Abbildung 9. Aggregationsschutz von Polypeptiden durch kleine Hitze-schockproteine. Unter Hitzeschock-Bedingungen oder chemischem Stresskˆnnen native Polypeptide N partiell entfalten, was zur Akkumulation vonFaltungsintermediaten I f¸hrt (Schritt 1). Diese Molek¸le werden durchBindung an kleine Hitzeschockproteine vor Aggregation gesch¸tzt(Schritt 2). Die gebildeten, gro˚en Polypeptid-sHsp-Komplexe kˆnnen inGegenwart von Hsp70 wieder zerfallen (Schritt 3); der molekulareMechanismus dieser stimulierten Freisetzung ist jedoch noch unbekannt.Nach dem Transfer des Proteinsubstrats auf das Hsp70-System falten diePolypeptide in einem ATP-abh‰ngigen Prozess wie in Abbildung 5beschrieben (Schritt 4).

sHsps scheinen die Funktion zu haben, nichtnative Proteinezu binden, wenn gro˚e Mengen entfalteter Proteine anfallen,z.B. als Folge von Stressbedingungen oder der ‹berexpres-sion von Proteinen. Die Bindung verhindert die Bildunggro˚er Aggregate und ermˆglicht die nachfolgende R¸ck-faltung durch Hsp70 und mˆglicherweise andere ATP-ab-h‰ngige Chaperonsysteme (Abbildung 9). Diese Kooperationverschiedener Komponenten der zellul‰ren Chaperon-Ma-schinerie ermˆglicht es so, zwei Schl¸sseleigenschaften mole-kularer Chaperone, Bindung und Faltung, r‰umlich undzeitlich zu trennen.

2.5. Weitere Chaperone

Die in den Abschnitten 2.1 ± 2.4 vorgestellten molekularenChaperone sind die wichtigsten bekannten Systeme f¸r die

Proteinfaltung. Wie bereits erw‰hnt, spielen molekulareChaperone aber auch bei anderen Prozessen, in denenProteinkonformationen ver‰ndert werden, eine wichtigeRolle. Ein Beispiel hierf¸r ist die Resolubilisierung vonProteinaggregaten. Neuere Ergebnisse zeigen, dass zweiChaperone aus der Hsp100/Clp-Familie ± ClpB aus E. colisowie Hsp104 aus Hefe ± Proteinaggregate auflˆsen kˆnnen.Beide Chaperone scheinen dazu aber die Unterst¸tzung desHsp70-Systems zu benˆtigen.[135, 136] Hsp100/Clp-Chaperonesind auch am Abbau von Proteinen beteiligt. Als πUnfolda-sen™ nutzen sie hier die aus der Hydrolyse von ATPgewonnene Energie zur aktiven Entfaltung eines Zielpro-teins.[137] Interessanterweise bilden alle Hsp100/Clp-Chapero-ne Ringe aus sechs oder sieben Untereinheiten.In E. coli assoziieren viele Proteine, die f¸r den Export

bestimmt sind, nach ihrer Synthese am Ribosom mit demChaperon SecB.[138±140] Es wurde gezeigt, dass SecB zun‰chstdie Faltung eines Zielproteins unterbricht und es dann zu dermembranlokalisierten Transportmaschinerie geleitet, wo esnach au˚en geschleust wird. Transportsysteme f¸r entfalteteProteine wurden auch in manchen Organellen der eukaryo-tischen Zelle gefunden, z.B. in den Mitochondrien oder imendoplasmatischen Retikulum.

3. Perspektiven

Der Lebenszyklus eines Proteins ist gepr‰gt von denkonformationellen Ver‰nderungen, denen es unterliegt. Fal-tung, Transport, Funktionserhaltung und Abbau von Pro-teinen sind Prozesse, die das Mitwirken von molekularenChaperonen erfordern. Im vergangenen Jahrzehnt hat sichdas Wissen ¸ber diese Vorg‰nge enorm erweitert, und wirverf¸gen heute ¸ber eine gro˚eMenge an Informationen ¸berStruktur und Funktion von Chaperonen. Trotz dieser Fort-schritte weist das entstandene Bild allerdings noch deutlicheL¸cken auf. Es existiert eine erstaunliche Vielzahl anChaperonsystemen, und zum gegenw‰rtigen Zeitpunkt wis-sen wir nur wenig ¸ber ihre genaue Funktion in der Zelle unddar¸ber, wie sie ihre Aufgaben auf molekularer Ebenebew‰ltigen. Im Folgenden wollen wir einige interessanteTendenzen aufzeigen, die sich f¸r die Zukunft abzeichnen.

3.1. Chaperon-Netzwerke

Eine wichtige, aber im Augenblick noch unbeantworteteFrage ist, inwieweit die verschiedenen Klassen von Chape-ronen in der Zelle zusammenarbeiten. Beispiele f¸r derartigeNetzwerke sind die Kooperation zwischen Hsp90 und Hsp70bei der Aktivierung von Steroidhormon-Rezeptoren (Abbil-dung 7) oder die Kooperation von Hsp70 mit GroE (Ab-schnitt 2.2.3). Es ist nicht bekannt, ob die Prozessierung einesPolypeptidsubstrats in derartigen Netzwerken gerichtet oderzuf‰llig erfolgt.[80, 141, 142] Unklar ist auch, warum sich dieFunktionen der unterschiedlichen Chaperone so stark ¸ber-lappen. Sie alle kˆnnen die Proteinaggregation unterdr¸cken,und viele von ihnen werden gleichzeitig unter Stressbedin-gungen ¸berproduziert. Einerseits benˆtigen Zellen vermut-

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AUFSæTZE J. Buchner und S. Walter

lich ein gewisses Ma˚ an Funktionsredundanz als Absiche-rung, andererseits darf vermutet werden, dass eine genauereAnalyse der Proteinfaltung in der Zelle neue Erkenntnisse¸ber die spezifische Rolle einzelner Chaperone hervorbrin-gen wird.

3.2. Konformations‰nderungen von Proteinen w‰hrendder Assoziation mit Chaperonen

Chaperone kˆnnen in Polypeptiden Struktur‰nderungenwie Faltung, Entfaltung oder Dissoziation induzieren. DieEntfaltung von Proteinen ist ein relativ unspezifischer Pro-zess, denn alle bekannten Proteine lassen sich durch eineeinzige chemische Verbindung, Guanidinhydrochlorid, ent-falten. Unter zellul‰ren Bedingungen ist die Entfaltung vonProteinen endergonisch und benˆtigt daher die Zufuhr vonEnergie. Die Funktion eines Chaperons best¸nde somit u.a.darin, die Proteinentfaltung mit der aus der ATP-Spaltunggewonnenen chemischen Energie zu koppeln, sodass derGesamtprozess exergonisch verl‰uft. Eine derartige Entfal-tungsaktivit‰t scheint sowohl f¸r den Abbau von Proteinen alsauch f¸r das Recycling von missgefalteten Proteinmolek¸lenwichtig zu sein. Auf einem ‰hnlichen Prinzip beruht vermut-lich auch die Chaperon-vermittelte Dissoziation von definier-ten Proteinkomplexen oder unspezifischen Aggregaten. Inbeiden F‰llen muss eine Vielzahl von Wechselwirkungen, diedie Assoziation der Bestandteile stabilisieren, aufgebrochenwerden, was Energie erfordert.

3.3 Chaperone und Krankheiten

Die Bedeutung molekularer Chaperone f¸r die Lebens-f‰higkeit einer Zelle ersieht man daraus, dass die Deletiondieser Gene h‰ufig letal ist oder schwerwiegende zellul‰reDefekte nach sich zieht, z.B. eine verringerte Stressresistenz.Wenn eine bestimmte Chaperonfunktion nicht oder nur ineingeschr‰nktem Ma˚e vorhanden ist, kann eine Erkrankungdie Folge sein. Andererseits kˆnnte die Aktivit‰t einesChaperons aber auch das Auftreten einer Krankheit beg¸ns-tigen, etwa im Fall der bovinen spongiformen Encephalopa-thie (BSE) oder beim Creutzfeld-Jakob-Syndrom. Bei beidenKrankheiten treten im Gehirn faserige Ablagerungen vonAggregaten des Prionproteins PrP auf.[143] Bei S‰ugern ist dieBeteiligung molekularer Chaperone an der Entstehung vonPrionenerkrankungen noch spekulativ. Bei der Hefe S. cere-visiae hingegen gilt als gesichert, dass die Prionenbildung dieGegenwart des molekularen Chaperons Hsp104 erfordert.[144]

Hsp104 scheint Grˆ˚e und Zahl der Keime zu kontrollieren,die f¸r die Polymerisation der Prionenfibrillen und ihreWeitervererbung wichtig sind. Hefezellen mit Prionen kˆn-nen durch die Inaktivierung von Hsp104 πgeheilt™ wer-den.[144, 145] Chaperone kommen auch als Zielmolek¸le beider Behandlung von Krebs und dem septischen Schocksyn-drom sowie bei Gewebetransplantationen etc. in Betracht.Abh‰ngig vom jeweiligen Beitrag kˆnnte entweder ihreInhibierung oder ihre Stimulation f¸r eine erfolgreicheTherapie erforderlich sein.

3.4. Molekulare Chaperone in der Biotechnologie

Die Produktion rekombinanter Proteine in Bakterien wirdh‰ufig durch die Bildung von πinclusion bodies™ erschwert,gro˚er Aggregate, die haupts‰chlich aus inaktiven Formendes ¸berproduzierten Proteins bestehen.[146] In einigen F‰llenkonnte dieses Problem durch die parallel ablaufende Expres-sion molekularer Chaperone verringert werden.[147±149] Mole-kulare Chaperone kˆnnten deshalb als n¸tzliche Werkzeugezur Optimierung biotechnischer Prozesse dienen und denEinsatz von Zellfabriken ermˆglichen, die auf die Produktionrekombinanter Proteine spezialisiert sind.

3.5. Chaperone und Evolution

Wie bereits erw‰hnt, sind kleine Proteine bei ihrer Faltungin vitro in der Regel nicht auf molekulare Chaperoneangewiesen, grˆ˚ere Proteine hingegen schon. Offensichtlichm¸ssen gro˚e Proteine evolution‰re Vorteile haben, die dennotwendigen Mehraufwand f¸r ihre Herstellung aufwiegen.Zwei ‹berlegungen kˆnnten hier eine Rolle spielen: 1) Derf¸r kleine Proteine zug‰ngliche Konformationsraum istmˆglicherweise begrenzt, d.h., einige Raumstrukturen kˆn-nen nur von l‰ngeren Polypeptidketten ausgebildet werden.Da Struktur und Funktion eines Proteins eng korrelieren,kˆnnten sich einige biologische Funktionen nur mit gro˚enProteinen realisieren lassen. 2) Gro˚e Proteine sind h‰ufigaus mehreren Dom‰nen aufgebaut, die spezifische Funk-tionen wie Oligomerisierung oder Substratbindung ausf¸h-ren. Dieses Bauprinzip ermˆglicht die Entwicklung vonProteinen mit neuen Eigenschaften durch einfache Neukom-bination bereits existierender Bausteine.Ein anderer Aspekt, der die Bedeutung molekularer

Chaperone in der Evolution zeigt, betrifft die konformatio-nelle Stabilit‰t von Proteinen. Enzyme benˆtigen zur Aus-¸bung ihrer biologischen Funktion eine gewisse Flexibilit‰t,z.B. um Substrate zu binden oder auf Regulationssignale zureagieren. Die molekulare Evolution f¸hrte daher zur Selek-tion von Proteinen mit optimaler, und nicht maximalerStabilit‰t der nativen Struktur. Typischerweise liegt die FreieEnthalpie der Faltung im Bereich von 20 bis 80 kJmol�1,[150]

ein Wert, der einer kleinen Zahl an molekularen Wechsel-wirkungen (z.B. Ionenpaarbildung oder Wasserstoffbr¸cken)entspricht. Ein Nachteil dieser geringen Stabilit‰t ist, dasseinige Proteine bereits bei leicht erhˆhter Temperaturentfalten. Daher wurde ein Mechanismus benˆtigt, der unterdiesen Bedingungen die irreversible Aggregation von Pro-teinen unterdr¸ckt. Deutlich wird die enge Beziehung zwi-schen Chaperonen und Evolution am Beispiel der Funktionvon Hsp90 w‰hrend der Individualentwicklung.[151] Danachwird dieses Chaperon konstitutiv benˆtigt, um die Funktionmutierter Proteine zu gew‰hrleisten. Unter Stressbedingun-gen kˆnnen Chaperone diese Aufgabe nicht l‰nger erf¸llen:Die Mutationen treten zutage und haben neue Eigenschaftenund Ph‰notypen zur Folge.Die Erforschung der Funktion molekularer Chaperone hat

eine Reihe unverhoffter Wendungen genommen. Dies giltsowohl in Hinblick auf die Mechanismen dieser ATP-betrie-

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AUFSæTZEMolekulare Chaperone

benen Maschinen als auch f¸r ihre Beteiligung an grund-legenden zellul‰ren Prozessen. Im Unterschied zu ihren vomAussterben bedrohten menschlichen Pendants treten diemolekularen Chaperone gerade erst ins Rampenlicht. DieEntschl¸sselung ihrer Bedeutung f¸r die Mechanismen, diedas Leben auf molekularer Ebene bestimmen, steht erst amAnfang.

Wir bedanken uns bei Harald Wegele und Holger Grallertf¸r das Durchlesen des Manuskripts sowie bei Rob Montfortf¸r seine Hilfe bei der Erstellung von Abbildung 8. Die Arbeitder Autoren wurde unterst¸tzt durch die DFG, das BMBF, dieEU und den FCI.

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