24

MONO/d Je ne sais quoi

Embed Size (px)

DESCRIPTION

Intervention und Installation; Les Halles, Porrentruy; mit René Zäch, Tilo Steireif, Łukasz Skąpski, Eugène Cattin, Claude Gigon, Silvain Froidevaux, Michel Hauser, Ernst Häusermann, La Roue de Bollement, Les Béliers; Text von Stefan von Bergen; Teil der 20-teiligen Monografie von Haus am Gern

Citation preview

Page 1: MONO/d Je ne sais quoi
Page 2: MONO/d Je ne sais quoi

Béliers-Aktion gegen die Jurapolitik der Berner Regierung 1998: Ein mit dem Porträt des zuständigen Regierungsrats Mario Annoni geschmückter Esel wurde in den Berner Bärengraben abgeseilt. Die Bären waren nicht im Graben.

Page 3: MONO/d Je ne sais quoi

Werkteile:

La roue de Bollement Zahnrad, Ø 304 cm; Besitz ungeklärt—Haus am Gern Je ne sais quoi Fleecedecke made in China; 170 cm x 130 cm, 100 % Polyester Edition, Aufl. 100 und 20 AP—René Zäch Wasserrad / Stabil-Labil Wandobjekt, 4 Wasserwaagen, Holz, Acryllack; 106 cm x 106 cm x 6 cm —Haus am Gern La Preuve Ilfochrome auf Aluminium, Bleistift gerahmt, 80 cm x 260 cm, Tryptichon—Tilo Steireif Jamais bon guet ne fait de bruit Keramikkacheln 20 cm x 20 cm, 36 Motive—Łukasz Skąpski Machines/Maszyny, 2006 C-Print on Dibond; 15 cm x 15 cm—Haus am Gern Soll dies wirklich ewig dauern? Schneekettenpaar 14.9/913–26, Metallbuchstaben —Eugène Cattin (1866 –1947) Moulin de la Mort, undatiert, Anfang 20 Jh. Fotografie; Erstpublikation auf der Rückseite des Ausstellungs-plakates; courtesy Archives de la République et Canton du Jura—Claude Gigon Moulin de la Mort (Doubs) DVD-PAL Mono; 04 :11:14; Loop—Sylvain Froidevaux Discours patriotique und Quadrature du cercle / zwei Texte auf der Vorderseite des Ausstellungsplakates / Originaltexte auf www.hausamgern.ch/jenesaisquoi

JE NE SAIS QUOI

2007Intervention und Installation, 10-teilig

mit Haus am Gern, Biel/Bienne; René Zäch, Biel/Bienne;

Tilo Steireif, Lausanne; Łukasz Skąpski, Krakau (PL); Eugène Cattin, Les Bois; Claude Gigon, Delsberg;

Silvain Froidevaux, Genf Gäste: Michel Hauser, Ernst Häusermann,

La Roue de Bollement, Les BéliersEspace d’Art Contemporain (les halles) Porrentruy (JU)

Der Jura ist der jüngste Kanton der Schweiz. Er entstand aufgrund von kulturell-politischen Spannungen. Der Kantonsgründung von 1978 gingen in den 1960er und 1970er Jahren teils bürger kriegs ähn-liche Ausschreitungen voran: Die Jugendorganisation «Béliers» ver-übte Sprengstoffanschläge, denen u. a. auch das Soldatendenkmal des Ersten Weltkriegs in Les Rangiers zum Opfer fiel.

Mit Je ne sais quoi1 im Raum für Zeitgenössische Kunst (les halles)2 in Porrentruy unternahm Haus am Gern den Versuch, mit ästhe ti-schen und wissenschaftlichen Methoden auf Geschichte(n) und Be-ge benheiten (im Besonderen auf die anarchistischen und sepa ra tis-ti schen Bewegungen) im Kanton Jura zu reagieren und sie auf eine mögliche Allgemeingültigkeit hin zu untersuchen – auch und gerade im Bezug auf andere Regionen und Länder mit separa tis ti schen Ten-den zen.

Je ne sais quoi war als interdisziplinäres Pastiche in 10 Bildern kon-zipiert, das assoziativ verschiedene Themen und Geschichten ver -knüpfte. Ein wichtiges Element im Vorfeld der Ausstellung war das Streunen im Feld und das Streuen von Gerüchten, aber auch die frei-willige oder unfreiwillige Einbindung von Personen und Grup pie-rungen in den Bannkreis der Ausstellung.

Die Ausstellung spielte auf mehreren Ebenen mit dem Begriff «Je ne sais quoi»: zum einen sollte versucht werden, über die aus ge stell ten Werke eine Vielfalt, ein sprachloses «Mehr» an Information und Ge-schichten zu transportieren – unter anderem durch freches Ap pro pri-ieren von politischen Aktionen, Begebenheiten und Per sön lich kei ten.

Geradezu exemplarisch zeigte Je ne sais quoi den Werdegang vom Alltagsgegenstand zum Kult- und Kulturobjekt, vom dekorativen Müh le rad zum Denkmal für einen im Kampf gefallenen Kameraden – und wie eine überforderte Regierung mit diesem Phänomen um zu-gehen versucht.

Mit Je ne sais quoi eröffnete Haus am Gern einen Freiraum zur Re fle x ion, der unabhängig von politischen und ästhetischen Regeln und Vorurteilen neue Sichtweisen auf Kunst und Gesellschaft er-mög lich te.

1 Die Ausstellung trägt den Titel «Je ne sais quoi» (dt: «Ich weiss nicht was», im Sinne von «das unbestimmbare, gewisse Etwas») und nimmt damit Bezug auf einen Begriff der Ästhetik, mit dem die unmöglich abschliessende und begriffliche Fass bar keit des ästhetischen Gegenstandes bezeichnet wird. Er ge hört seit der Antike neben den Be stimmungen aus dem Begriffsfeld «Har mo nie/Stimmigkeit» zu den wich tigsten ka te gorialen Beschreibungen des Schö nen. Das Schöne entzieht sich einer definitiven begrifflichen Ein-ord nung und einer hinreichenden sprachlichen Be schreibbarkeit.2 Der Kunstraum des Kantons Jura ist im Gebäude des Amtes für Kultur unter ge bracht.

Page 4: MONO/d Je ne sais quoi

Das 1. Bild zeigt – unter Kuscheldecken verborgen – das «Roue de Bollement» genannte Zahnrad aus der alten Mühle von Bollement bei Saint-Brais im Jura, welches seinerzeit von Ernst Häusermann aus Langenthal BE und Fritz Lanz aus Schmied rued AG, beide Soldaten im Dienst der Schweizer Armee,

vor dem Feuer gerettet wurde. Gelegt hatte es eben jene Schweizer Armee 1972 im Auftrag des Kantons Bern mit dem Ziel, die Gebäude der historischen Mühle dem Erdboden gleich zu machen, was ihr auch gelang, derweil die Soldaten Lanz und Häusermann das Rad an die Berner Kantonalbank verschacherten.

Das 2. Bild zeigt 100fach die Kuscheldecke, welche das «Roue de Bollement» sanft überdeckt und allen Blicken entzieht. Das Motiv (von fleissigen Chinesen auf die Decke gedruckt) zeigt eine gar seltsam geformte Malerei einiger Lengnauer 9.-Klässler auf neun Platten, welche die Leerstelle an der Fassade der Zweigstelle der

Berner Kantonalbank in Lengnau BE bedecken, allwo bis zum 12. Oktober 1996 das «Roue de Bollement» zu Dekorations-zwecken gehangen, bevor es eine Herde Béliers an jenem helllichten Tag abgehangen und – zurück in der Heimat – in ein Versteck gerollt haben.

12. Oktober 1996: Die Béliers holen sich das «Roue de Bollement».Foto: Stéphane Gerber

Fassadenmalerei der Zweigstelle der Berner Kantonalbank in Lengnau BE

Page 5: MONO/d Je ne sais quoi

Das 3. Bild zeigt ein «Wasserrad» – vier vom Künstler René Zäch aus Biel/Bienne ins Quadrat montierte Was ser waagen, welche autonom und rundum drehbar als Kunst werk mit Namen «stabil-labil» vollenden, was die Béliers als «Quadratur des Kreises» im Scherz in Form eines viereckigen Mühlrads bereits am 1. April 1997 der Zweigstelle der Berner Kantonalbank in Lengnau (BE) zum Geschenk gemacht haben.

1. April 1997: Die Béliers mit der «Quadratur des Kreises» vor der Zweig-stelle der BEKB in Lengnau. Foto: Keystone

Page 6: MONO/d Je ne sais quoi

Das 4. Bild zeigt auf drei Fotografien zwei Männer (auf genommen vor der güldenen Jagdtapete des Hôtel-Res tau rants du Soleil zu Saint-Brais), welche Schicksal und Amt mit dem «Roue de Bol le ment» verknüpft hat, näm lich links Michel Hauser, Chef de Service de l’Office de la culture de la République et Canton du Jura, und rechts Ernst Häusermann, Unternehmer und Land schafts gärtner aus Langenthal; in der Mitte fehlt jemand. Der Text (Bleistift) auf dem Bild lautet über setzt: «Was ist der Beweis dafür, dass ich etwas weiss? Doch gewiss nicht, dass ich sage, ich wisse es.» (Ludwig Wittgenstein)1 (Ludwig Wittgenstein, Über Gewissheit, Werkausgabe Band 8, hrsg. von G.E.M. Ascom und G.H. von Wright; S. 167; Paragraf 487., Suhrkamp 1994)

Page 7: MONO/d Je ne sais quoi
Page 8: MONO/d Je ne sais quoi

Das 5. Bild zeigt auf der bis auf Brusthöhe gekachelten Wand 36 Zeichnungen – und was passiert, wenn der Lausanner Künstler Tilo Steireif den politisch motivierten Aktionismus im Jura aus der Vergessenheit holt, aufmischt, durcheinander bringt und auf Keramikkacheln einbrennt.

Das 6. Bild zeigt was passiert, wenn sich Bauern (hier in den polnischen Beskiden) aus Not ihre Traktoren in einem kreativen Akt selber zusammenbauen, und von einem Künstler, hier Łukasz Skąpski aus Polen, entdeckt und zu einem Kunstwerk gemacht werden.

Page 9: MONO/d Je ne sais quoi

Das 7. Bild zeigt ein Paar mit Metalllettern aufgemotzte Traktor-Schneeketten im unüblichen Format 14.9/913–26, die links und rechts am Traktor aufgezogen die letzten Worte «Soll dies wirklich ewig dauern?» des deutschen Typografen und Anarchisten August Reinsdorf auf Deutsch und Englisch in den Schnee schreiben würden; wobei Reinsdorf, der 1885 nach einem verpfuschten Attentat auf den deutschen Kaiser hingerichtet worden war, den Begriff «Propaganda der Tat» prägte – aber das zu erläutern würde hier zu weit führen.

Page 10: MONO/d Je ne sais quoi

Das 8. Bild zeigt auf der Rückseite des Ausstellungsplakates von JE NE SAIS QUOI eine Fotografie, die der Briefträger und Fotograf Eugène Cattin (1866 –1947) aus Les Bois in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts aufgenommen hat und welche zeigt, wie ein Theatermaler die «Moulin de la Mort» bei Les Bois auf eine Kulisse malt.

Das 9. Bild zeigt Claude Gigon, den Künstler aus Delémont, wie er am Ort, wo einst die «Moulin de la Mort» stand, gleichzeitig in der Schweiz und in Frankreich sich befindend immerzu gegen den Strom des Doubs anschwimmt und nimmer müde wird, während im Hintergrund die Windturbinen über den Jurahöhen rauschen.

Page 11: MONO/d Je ne sais quoi
Page 12: MONO/d Je ne sais quoi

DER FRITZ, DAS SCHWEIN UND DIE DAMASSINEEINE PATRIOTISCHE ANSPRACHE(aus dem Französischen)

Liebe Landsleute

Es ist kein Geheimnis: unsere Nachbarn, die Berner, sind stolz auf ihre «heilige Dreifaltigkeit»:Eiger, Mönch und Jungfrau (auf Französisch: l’Ogre, le Moine et la Jeune fille).

Denn was würde sich besser eignen, den bärbeissigen, langsamen und dickköpfigen Charakter des Berner Volkes zu symbolisieren, als diese drei urchigen, bodenständigen Persönlichkeiten?

Der Oger (ein Vetter des Bären) verkörpert die rohe Kraft, den Menschenfresser und das Schleckmaul, aber in gewisser Weise auch den Grossmut. Der Mönch ist der Vermittler, er hat seinen Platz zwischen den zwei anderen gefunden und steht für Abgeklärtheit und Weisheit. Er ist zurückhaltend und handelt erst nach reiflicher Überlegung, wobei er sich zweifellos darin gefällt, die Dinge aus gebührlicher Distanz zu betrachten – ohne je Partei zu ergreifen. Die Jungfrau ist die Unschuld, die Frische und die Schönheit; viele Tugenden vereinen sich im Herzen ihrer selbstgefälligen und halsstarrigen Persönlichkeit.

Die Jurassier haben zwar ihre Unabhängigkeit errungen, die Frage aber bleibt: Haben sie in ihrem kulturellen Erbe schon jene Figuren gesucht und gefunden, welche die Kraft ihrer Kultur, die Ambivalenz ihrer Identität und die Widersprüche ihrer Geschichte repräsentieren können?«Ja», antworten wir und meinen, sie in einem anderen, ebenso mythischen Trio entdeckt zu haben: im Fritz 1, im Schwein und in der Damassine 2.

Aber aufgepasst: weisen diese drei wirklich alle Eigenschaften auf, die nötig sind, um das symbolische Fundament einer kulturellen Identität zu bilden, welche authentisch, patriotisch, zwangsläufig auch rückständig und brummig, immer aber voller Gefühl, Magie und Geheimnisse ist?

Natürlich hätten wir unser Augenmerk ebenso auf andere starke Symbole der jurassischen Geschichte richten können, die da sind:

der Krummstab – der von Saint Germain, einem Mönch mit (wie der Name schon sagt) teutonischen Wurzeln, der erster Abt des Juras wurde; oder derjenige der Erzbischöfe von Basel, die von ihrem Turm herab sieben Jahrhunderte lang über die Region herrschten …

eine Bibel – diejenige der Abtei von Moutier-Grandval, über tausendjährig, aber dummerweise von hirnlosen Kanonikern auf einem Delsberger Speicher liegen

gelassen, später von einem gewitzten Basler Anti qui-tätenhändler an den Englischen Königshof verscherbelt, wo sie zur Bibel Karls des Grossen erklärt und in den Fundus des Britischen Museum einverleibt wurde …

ein Zahn – derjenige eines 35’000 – 50’000 Jahre alten halbwüchsigen Neandertalers, entdeckt in einer Grotte bei St. Brais, der als ältestes menschliches Relikt der Schweiz gilt (die deutsche Kolonisierung hat nun mal schon früh begonnen) …

die Knochenreste des Heiligen Fromond – sie gehören dem «Heiligen Sans-Papiers» aus Bonfol, der sich nur unter wilden Tieren wohl fühlte, und dessen Reliquien klammheimlich zu wissenschaftlichen Zwecken nach Basel überführt wurden, quasi im Tausch gegen die ebenfalls klammheimlich in Bonfol von der Chemie-industrie abgelagerten Abfälle aus derselben Stadt …

ein Widder (Bélier 3) – dieses zottige, kämpferische Totemtier, das sich mit gesenktem Kopf in alles bohrt, was sich ihm in den Weg stellt, oder ganz allgemein: in jeden Zweibeiner, der die geheiligten Tugenden unserer Unabhängigkeit entweiht …

ein Mühlrad – dieses berühmte Rad von Bollement, das unaufhörlich weiter dreht und dreht, unbemerkt von einer Hand zur andern wechselt, vom Bielersee zu den Toren Frankreichs, um unter konzeptuellen Decken einer Galerie für zeitgenössische Kunst wieder aufzutauchen …

ein Dinosaurierfuss – der vor 152 Millionen Jahren gemütlich über den Strand von Chevenez-Courtedoux stampfte, als die Ajoie noch ein Ort des «Jet-Sets» war und wo gewisse Leute heute einen Vergnügungspark planen, der den Massentourismus anlocken soll …

Und nun? Nach dieser kurzen Bestandsaufnahme (entschuldigen Sie die Unterschlagung einiger Perlen des jurassischen Kulturerbes wie die Lupe von Abraham Gagnebin, das Kreuz von La Croix, der Born von La Borne, der Bär von St-Ursanne …) wird also klar:Es gibt kein besseres Symbol für all die Frustrationen, die Ressentiments, um nicht zu sagen: die «Wut» der Jurassier gegen die militärische deutsche Kultur, als das Standbild des «Sentinelle», des Grenzwächters auf der Passhöhe Les Rangiers, genannt «Der Fritz»!

Ein Grenzwächter, der – als er noch aufrecht stand – die ruhmreiche Schweizer Neutralität symbolisierte, während die Welt im Bombenhagel versank; ein «Fritz», der später in den Augen der Kinder des Vaterlandes (les enfants de la patrie) zum Buhmann wurde, und der uns, seit er in tausend Stücken zu Boden ging, an unsere brudermör de-rischen Zwiste, an die Zersplitterung unseres Landes und die Preisgabe unserer Ideale erinnert.

Wer vereint die Jurassier besser als das Schwein, das sie befriedigt bis sie satt sind? Denn das Schwein, das Opfertier der jurassischen Gastronomie, hat – ohne dass sich auch nur einer darüber gewundert hätte –

Page 13: MONO/d Je ne sais quoi

Heures d’ouverture : jeudi de 17h00 à 19h00samedi de 10h00 à 12h00 et de 14h00 à 17h00dimanche de 14h00 à 18h00 ou sur rendez-vous au 032 420 84 [email protected]

L’EAC (les halles) bénéficie du soutien de : Banque Cantonale du Jura, Bureau technique Brunner, Délégation jurassienne à la loterie romande, Espace Le Pays SA, Centre d’impression Le Pays, Municipalité de Porrentruy, Télémontagne, Videocompany, MAGIKS informatique Delémont.

RéPuBLIquE ET CAnTon Du JuRA

Office federal de la culture.

L’exposition bénéficie du soutien de :Pro Helvetia, Canton de Berne, Ville de Berne, Canton de Vaud, Ville de Bienne, Musée jurassien d’art et d’histoire Delémont, videocompany Zofingen, M&M Hire AG Schönenwerd, CERA IT Steinhagen D

Merci à la famille Bader ainsi q'à l'Hôtel-Restaurant du Soleil, St.Brais

P.P.2874 Saint-Brais

espace d’art contemporainrue pierre-péquignat 9

2900 porrentruy

HAuS AM GERnRudolf Steiner & Barbara Meyer Cesta

avec :Tilo Steireif, Sylvain Froidevaux, Claude Gigon, Łukosz Skopski, René Zäch, Eugène CattinInvités : Michel Hauser, Ernst Häusermann et la roue de Bollement

JE nE SAIS quoI

LA QUADRATURE DU CERCLERéflexion anthropologique sur la notion de patri-moine

Le sociologue Jean Baudrillard a écrit que les objets qui nous entourent, les objets du quoti-dien, les objets fonctionnels et technologiques ou encore les objets anciens forment un système de signes relevant d’un ordre symbolique lui-même répondant d’une vision du monde.

Dans l’ordre de la société moderne, le monde n’est plus donné - par Dieu ou par la tradition - mais produit et maîtrisé par les hommes et les institutions. Dès lors chaque chose, chaque objet peut être manipulé, inventorié et contrôlé. Il faut que tout communique, que tout soit fonctionnel et transparent, comme dans un vaste cercle où chaque point serait relié à tous les autres par une infinité de rayons. Ainsi, les hommes, dans la me-sure où ils sont eux aussi, depuis la révolution industrielle, entraînés dans un processus de réi-fication-marchandisation, font désormais partie du cercle, en tant qu’objets d’échange et capital main-d’oeuvre.

Mais qu’est-ce au fond qu’un « objet » ? La définition étymologique qu’en donne habituel-lement le dictionnaire, « ce qui est posé devant, offert à la vue », nous semble en l’occurrence peu satisfaisante. « Chose », « entité », opposé philosophiquement à la notion de sujet, l’objet, comme le souligne Baudrillard, a deux fonc-tions, : « l’une qui est d’être pratiquée, l’autre qui est d’être possédée. ». L’objet subit évidemment des usages multiples et des changements de fonc-tion, de valeur et de sens, suivant les époques. De même, les objets produisent des effets chez ceux qui les voient ou ceux qui les possèdent. Depuis toujours, l’humain tend à attribuer aux objets et aux choses inanimés un pouvoir et un caractère vivant. Dans la pensée animiste, les animaux, les plantes, les représentations matérielles peuvent être investis par des âmes, habités par des puis-sances ou des esprits. L’objet investi d’un pouvoir sacré se voit conférer une autonomie d’action et de réaction, qui l’extrait du monde profane, mais pour mieux le charger de sens et d’ambiguité. Car c’est bien la toute-puissance des idées qui confère à l’objet sa valeur et sa force permettant ainsi la substitution de la partie au tout, processus oeuvrant non seulement dans la magie et l’ani-misme, mais également à la base de tout langage symbolique et idéologique. L’époque actuelle, loin de là, n’échappe pas à ce phénomène. De même que le drapeau, emblème censé représen-ter la nation, peut être hissé au sommet d’un mat ou d’une montagne comme signe d’appartenance et de fierté, le geste de l’arracher ou d’y bouter le feu passe pour un acte de provocation et de subversion. En tant qu’élément extrait d’une to-talité qu’il a pour fonction de représenter, l’objet du patrimoine n’est-il pas investi lui aussi d’un pouvoir magique, celui de restituer la mémoire des sociétés disparues qui l’ont produit ?

Mais comment un « simple » objet, usuel et ba-nal, comme une boîte à biscuits ou un fer à repas-ser, peut-il accéder au statut de patrimoine ?

Toujours et partout, le patrimoine culturel s’est d’abord formé autour d’un noyau composé de « sémiophores », en particulier des œuvres d’art ou des reliques, qui étaient le plus souvent elles-mêmes des objets de culte. Ce sont ces oeuvres qui sont les premières à entrer dans les trésors, les collections particulières, puis dans les musées. Au fil du temps, les collections se sont élargies

à toutes sortes de choses appartenant aussi bien à l’univers de la nature (minéral, animal, végé-tal) que de la culture (mobilier, outils, vêtements, ornements, etc., témoins d’une époque, d’un peu-ple, d’un mode de vie).

Mais pour entrer dans le patrimoine culturel, l’objet usuel, profane, va devoir passer par le stade de déchet. Au départ, l’objet fonctionne dans le circuit productif, utilitaire. C’est l’outil, la machine, la roue du char ou du moulin. L’objet est ainsi marqué par l’usure physique, morale ou économique, jusqu’au point où il devient obso-lète, démodé. Il est alors remplacé, détruit, jeté ou abandonné. Ayant cessé d’être utile, il est me-nacé de disparaître. Rare, il redevient précieux. Sa nouvelle fonction est une fonction signifiante. Symbole d’une époque révolue, la valeur esthé-tique et patrimoniale de l’objet ancien s’appuie désormais sur un double mythe : la nostalgie des origines et l’obsession d’authenticité. L’objet de patrimoine apparaît donc comme le vestige d’un temps passé, définitivement perdu, mais bien sou-vent idéalisé, magnifié. Abstrait de son époque et de son usage, il va prendre un statut strictement subjectif. C’est alors que le simple objet devient « sémiophore », c’est-à-dire un objet porteur de « caractères visibles susceptibles de recevoir des significations », ayant pouvoir d’évocation sur notre esprit. Si l’objet ancien nous semble beau et possède soudainement de la valeur à nos yeux c’est qu’il a l’immense vertu de venir d’une vie antérieure et d’avoir survécu à la mort et à la des-truction.

Les objets d’autrefois, intégrés au patrimoine, de-vront par conséquent être soumis à une attention et une protection sans relâche contre la corrosion, la dégradation, le vol et contre toutes les attaques de l’environnement humain et naturel. L’appari-tion du patrimoine culturel s’accompagne inévi-tablement de la création d’institutions spéciali-sées chargées d’assurer cette protection : services de restauration des œuvres d’art, inspection des monuments historiques, surveillance des douanes et de la police contre le trafic illicite, etc.

De nos jours, avec la durée de vie de plus en plus courte des objets usuels, rapidement remplacés par d’autres plus modernes ou plus performants, pratiquement tout est devenu « muséalisable » et donc susceptible d’entrer dans le patrimoine. De là naît cette impression que les objets du patri-moine sont hétéroclites et le deviennent de plus en plus. Cependant, le fait d’être distingués des objets ordinaires et actuels leur confère une unité et une authenticité d’autant plus grande qu’ils viennent d’un passé qui nous échappe, tout en nous donnant l’illusion que nous avons su en gar-der quelque chose d’essentiel.

Finalement, dans la société actuelle, le patrimoine pourrait bien fonctionner comme « appareil idéo-logique de la mémoire ». Il traduit d’une certaine manière le refus contemporain d’assumer la des-truction de notre environnement naturel, social et culturel, celle-ci nous apparaissant irrémédiable en regard des formidables avancées technologi-ques de notre temps, mais difficilement suppor-table sans la médiation d’instances de gestion et de conservation spécialisée et placées sous le contrôle des pouvoirs publics.

C’est alors que le patrimoine, comme lieu où se reconstitue en un ensemble hétéroclite les restes d’idéologies, les systèmes de valeurs et de réfé-rence des temps passés, peut apparaître paradoxa-lement comme l’avant-garde de la modernité, où doivent s’inventer de nouveaux modes de vie et

de nouvelles formes d’esthétisme, tenant compte d’une gestion de l’excès, face aux assauts de la technologie, de la consommation et de la commu-nication médiatique. Une sorte de quadrature du cercle où s’insèrent les formes les plus diverses, qu’on suppose incompatibles, mais qui sont ce-pendant condamnées à se côtoyer. Par sa puissance d’amalgame, le patrimoine aurait donc quelque chose de résolument « post-moderne », à l’image des centres historiques des villes où se côtoient par couches successives les styles architecturaux du passé et du présent. Par sa capacité à mêler les objets, les époques, les ca-tégories et les genres, le patrimoine se fait reflet du présent et peut-être du futur, bien plus que du passé. En dernière instance, le patrimoine, c’est nous, sujets déchets bien vite périmés dans un monde en constante transformation. L’accéléra-tion du temps, l’omniprésence de la technologie et la métamorphose des espaces géographiques, sociaux et économiques forment pourtant l’uni-vers dans lequel nous devons recomposer notre identité pour continuer à exister.

Sylvain Froidevaux, Anthropologue, docteur ès sciences socialesPorrentruy, septembre 2007

Notes Jean Baudrillard 1968, Le système des objets, Paris : Gallimard. Jean Baudrillard, op. cit. p. 104. Sigmund Freud 2001 (1923), Totem et Tabou, Paris : Editions Payot. Krzysztof Pomian 1990, « Musée et patrimoine », in H.-P. Jeudy (dir.), Patrimoines en folie, Pa-ris : Editions de la Maison des sciences de l’hom-me, p. 195. Jean Baudrillard, op. cit. p. 92-93. Krzysztof Pomian op. cit. p.179. Marc Guillaume 1990, « Invention et stratégies du patrimoine, in H.-P. Jeudy, op.cit. p. 17.

Le Fritz, le Cochon et la Damassine.Chères et Chers Compatriotes,

Ce n’est un secret pour personne : nos voisins les Bernois ont leur « sainte trilogie », représentée par trois personnages pittoresques et inamovibles :

l’Eiger, le Mönch et la Jungfrau (* en français : l’Ogre, le Moine et la Jeune fille).

A eux trois, ils rassemblent les caractères de ce peuple réputé bourru, lent et têtu.

L’ogre (un cousin de l’ours), c’est la force brute, la dévoration et la gourmandise, donc aussi, d’une certaine façon, la générosité.

Le moine, c’est le médiateur, celui qui est placé entre les deux autres. Il représente la sérénité et la sagesse ; c’est l’homme du retrait qui n’agit qu’après mûre réflexion, mais sans doute se com-plaît-il également à regarder les choses de loin et à ne jamais prendre parti.

La Jeune fille, c’est l’innocence, la fraîcheur et la beauté, autant de vertus réunies au sein d’une personnalité forcément narcissique et entêtée.

En conquérant leur indépendance, les Jurassiens ont-ils trouvé des figures équivalentes dans leur patrimoine, à même de traduire à la fois la force de leur culture, les ambivalences de leur identité et les contradictions de leur histoire ?

Nous répondons « oui » et pensons les avoir dé-couvert sous l’aspect d’une autre trilogie désormais mythique :

le Fritz, le Cochon et la Damassine.

Ces trois-là, à bien y réfléchir, n’ont-ils pas les caractéristiques requises pour asseoir les bases symboliques d’une identité culturelle, authentique et patriotique, forcément rustique et bougonne, mais chargée d’affects, de magie et de mystères ?

Bien sûr, nous aurions pu porter notre attention sur d’autres grandes figures symboliques, liées à l’histoire jurassienne :

la Crosse ? celle de Saint Germain, moine d’origine teuton comme l’indique son nom, devenu premier abbé du Jura, ou celle des Evêques de Bâle qui ré-gnèrent sur la région du haut de leur donjon durant plus de cinq siècles…

une Bible ? celle de l’abbaye de Moutier-Grandval, plus que millénaire, mais stupidement oubliée à la Révolution par des chanoines étourdis dans un ga-letas delémontain, vendue ensuite par un rusé anti-quaire bâlois à la cour d’Angleterre, qui la fit passer pour la bible de Charlemagne, ce qui lui valut d’être déposée depuis lors au British Museum…

une incisive ? celle d’un adolescent néanderthalien vieux de 35'000 à 50'000 ans, découverte dans une grotte de St-Brais, et qui reste le plus vieux vestige humain de Suisse (comme quoi la colonisation germanique a commencé très tôt)…

les ossements de Saint Fromont ? « saint sans papier » de Bonfol, qui ne se sentait vraiment à l’aise qu’en compagnie des animaux sauvages, dont les reliques furent clandestinement déportées à Bâle, soi-disant pour les besoins de la science, dans un trajet inverse, et tout aussi clandestin à

celui pris par les déchets de l’industrie chimique de la même ville…

un bélier ? animal totémique à caractère pugnace fonçant tête baissée dans tout ce qui grogne et qui est recouvert de poils, plus généralement tout animal marchant sur deux pattes en profanant les vertus sacrées de notre indépendance…

une roue de moulin ? cette fameuse roue de Bollement, qui n’en finit pas de tourner, tourner, passant en secret d’une main à l’autre, du lac de Bienne aux portes de la France, pour réapparaître sous les couvertures conceptuelles d’une galerie d’art contemporain…

la vouivre ? sorte de serpent cosmique qui hante nos rivières souterraines et qui, grâce au partage des eaux, peut boire un verre en mer du Nord et en même temps pisser dans la Méditerranée…

la patte d’un dinosaure ? se rendant tranquillement à la plage de Chevenez- Courtedoux, voici 152 millions d’années, dont certains imaginaient déjà en faire un parc d’attractions pour touristes « de masse ».

Alors ? Après ce bref état des lieux (pardonnez-moi d’avoir omis quelques fleurons du patrimoine jurassien, comme la loupe d’Abraham Gagnebin, la croix de La Croix, la borne de La Haute-Borne, l’Ours de Saint-Ursanne…), qui mieux que l’illustre Sentinelle des Rangiers, surnommée « Fritz », peut prétendre concentrer sur elle les frustrations, les ressentiments, pour ne pas dire la « rage » des Jurassiens à l’égard de tout ce qui leur rappelle la culture militaire et impérialiste ?

Une Sentinelle qui symbolisait, du temps où il tenait encore debout, la glorieuse neutralité des Suisses, alors que le monde tout autour d’eux était à feu et à sang ; un Fritz qui devait plus tard faire figure de croque-mitaine aux yeux des enfants de la patrie, mais qui, une fois couché en mille morceaux, nous rappela nos disputes fratricides, l’éclatement du pays et l’abandon de nos chers idéaux.

Dès lors, qui mieux que le Cochon peut à nouveau rassembler les Jurassiennes et les Jurassiens et les satisfaire jusqu’à plus faim ? Ce Cochon présenté en victime sacrificielle de la gastronomie qui sera parvenu à travestir, sans que nul ne s’en inquiète, la très catholique Saint-Martin en fête nationale et paillarde, éclipsant en ces temps de décadence la figure de ce généreux moine d’origine hongroise, devenu évêque de Tours, qui offrit la moitié de son manteau à un mendiant, dont on ne saura jamais s’il était en train de mourir de froid ou de faim (dans ce deuxième cas de figure peut-être aurait-il eu meilleur temps de lui donner la moitié de son cheval (autre grande figure symbolique du Jura qui va de pair avec le sapin).

Une « Saint-Martin » où la princesse Damassine trône aux côtés du roi Boudin, sans jamais se compromettre, cela va sans dire, dans les polémi-ques amères et intéressées, que l’on mena en son nom au sujet de la très convoitée « appellation contrôlée ». La Damassine, presque aussi illustre que sa grande sœur la « Jungfrau », c’est la jeune fille pure et innocente qui réveille les désirs des vieillards, fait saliver les hommes mûrs et fait perdre la raison aux plus jeunes.

Chères et Chers Compatriotes, dites-nous par quelles valeurs et par quelles vertus les Jurassiens sont-ils parvenus à se faire connaître hors de leurs frontières si ce n’est par leur antimilitarisme (bien souvent tributaire d’un anti-germanisme primaire),

leur gastronomie (pour ne pas dire cochonnaille), leur franche camaraderie et leurs non moins réputés excès de boisson (qu’ils partagent dit-on avec les Irlandais, les Québécois, les Wallons, les Valdotins, etc., sans oublier les Valaisans bien sûr) ?

Le Jura est riche d’un patrimoine – pas seulement génétique - hérité d’ancêtres rauraques qui ne cessaient de crier « ils sont fous ces Romains !».

Hé oui ! Chères et Chers Compatriotes, cette histoi-re n’est pas nouvelle et s’est déjà passée il y a bien longtemps, ici ou en d’autres lieux. Des peuples, à tous les coins de la planète, ont trébuché contre le socle de l’ignorance et de la cupidité ; d’autres en sont encore à rechercher les vestiges, cailloux, ossements ou reliques ayant appartenu à quelque ancêtre vivant autrefois dans la grotte d’à côté.

Des organes génitaux de la Vénus Hottentot aux cheveux volés de la momie de Ramsès II, du temple de Borobudur aux Bouddhas de Bâmiyân, l’histoire se répète. Tout fout le camp, alors mettons à l’abri nos archives, nos tirelires, nos totems et nos bijoux de famille. La vie ne serait-elle faite que de rêves, l’humain prendra toujours le soin de cacher sous son matelas quelque objet symbolique pour se prémunir du temps qui passe.

(Discours patriotique)

( les hal les )

˛

Du 23 septembre au 11 novembre 2007Vernissage le 22 septembre à 18h (Jus de Bélier offert par les artistes)

Finissage le 11 novembre de 14h-17h

Das 10. Bild zeigt zwei exemplarische Texte, verfasst von Sylvain Froidevaux, in Genf wohnhafter doktorierter Anthropologe mit Heimatort Noirmont (JU), aufge wachsen in Boncourt (JU): eine patriotische Ansprache und einen Text über Abfall als Kulturgut, zu finden auf dem Aus-stel lungsplakat von «Je ne sais quoi».

Page 14: MONO/d Je ne sais quoi

die stock katholische St. Martinsfeier ins derbe Nationalfest «St.Martin» verwandelt, hat – wie in deka-denten Zeiten üblich – den Namen des grosszügigen ungarischen Mönchs und späteren Bischofs von Tours in den Dreck gezogen, der die Hälfte seines Mantels einem Bettler verschenkte, von dem wir nie wissen werden, ob er am Erfrieren oder Verhungern war (im letzteren Fall hätte er ihm besser die Hälfte seines Pferdes gegeben, das zusammen mit der Tanne eine weitere grosse Symbol-figur des Juras ist).

«St. Martin» oder «Prinzessin Damassine» thronen neben «König Blutwurst», ohne sich je – was sich sich von selbst versteht – um die bitteren Auseinander-setzungen zu kümmern, die in ihrem Namen um die heiss begehrte «Appellation contrôlée» 4 geführt werden. Die Damassine – fast so berühmt wie ihre grosse Schwester, die «Jungfrau» – das reine, unschuldige Mädchen, weckt die Gelüste der Alten, macht den reifen Männern den Mund wässerig und lässt die Jungen den Verstand ver lieren.

Liebe Landsleute, sagt uns, mit welchen Werten sich die Jurassier ausserhalb ihrer Grenzen einen Namen ge-macht haben, wenn nicht mit ihrem Antimilitarismus (der nicht selten mit einem tief verwurzelten Anti-Germanis-mus einher geht), mit ihrer Gastronomie (um nicht zu sagen: Schweinerei), ihrer treuherzigen Kumpel haftigkeit und ihrer nicht weniger berühmten Trinkfreude (die sie, wie man sagt, mit den Iren, Quebecern, Wallonen, Aostanern, etc. und natürlich den Wallisern teilen)? Der Jura hat ein reiches und nicht nur genetisches Kultur-erbe von seinen raurakischen 5 Vorfahren übernommen, die schon zu ihrer Zeit schrien: «Die spinnen, die Römer!»

Aber ja! Meine lieben Landsleute, diese Geschichte ist nichts Neues und hat sich schon vor Urzeiten zugetragen, hier und andernorts. In allen Winkeln des Planeten sties sen sich Völker am Sockel der Ignoranz und Hab gier; andere sind immer noch auf der Suche nach Steinen, Knochen oder Reliquien, die von irgendwelchen Vor fah ren aus der Höhle nebenan stammen.Von den Geschlechts -organen der Hottentot-Venus über die gestohlenen Haare der Mumie Ramses des II., vom Borobudur-Tempel zu den Bamyan-Buddhas wiederholt sich die Geschichte: Alles geht den Bach runter! Lasst uns also unsere Archive, unsere Sparschweine, Totems und den Familien-schmuck in Sicherheit bringen. Auch wenn das Leben nur ein Traum wäre, der Mensch wird sich immer die Mühe nehmen, irgendwelche symbo lischen Objekte unter seiner Matratze zu verstecken – um sich vor der Vergänglichkeit zu schützen.

Sylvain Froidevaux,Anthropologe, Doktor der SozialwissenschaftenPruntrut, den 22. September 2007

1 1924 wurde an der Passstrasse Col des Rangiers im Kanton Jura zum zehnjährigen Jubiläum der Mobilmachung zur Verteidigung der schweizerischen Neutralität im Ersten Weltkrieg ein Standbild eines Soldaten mit dem Namen «La Sentinelle» («Der Grenzwächter») eingeweiht. Das vom Bildhauer Charles l᾿Eplatenier (1874 –1946) aus La Chaux-de-Fonds, dem Lehrmeister Le Corbusiers, geschaffene Werk erhielt bald den Übernamen «Le Fritz». 1984 rissen es Mitglieder der jurassischen Separatisten-Organisation Béliers vom Sockel, wobei der Kopf abbrach. Nach der Wiederherstellung des Denkmals wurden am Sockel Autoreifen verbrannt, wodurch es eingeschwärzt wurde und ein Stück der Soldatenfigur wegen der Hitze abplatzte. 1989 wurde Fritz erneut zu Boden gerissen und des Kopfes sowie seines Bajonetts beraubt. Der Kopf wurde am 24. September 2004 von zwei vermummten Mitgliedern der Separatisten-Organisation vor dem Rathaus von Delsberg mit Hammer und Meissel zerstört, während im Rathaus der Festakt zum 25-jährigen Bestehen des Kantons Jura stattfand.

2 Die Damassine ist eine kleine, rote Pflaume, aus der im Kanton Jura (Schweiz), hauptsächlich in der Region Ajoie, der gleichnamige – für seinen gehaltvollen Geschmack berühmte – Schnaps «Damassine», gebrannt wird. Der Ursprung der Damassine ist über die Jahre verloren gegangen, aber die Legende behauptet, dass Ritter diese Früchte in ihren Taschen hatten, als sie von den Kreuzzügen zurückkehrten. Der Name «Damassine» steht in Bezug zur syrischen Hauptstadt Damaskus.

3 Die Béliers sind eine militante Jugendorganisation der jurassischen Separatisten. Sie traten vor allem in den 1960er- und 1970er-Jahren mit provokativen Aktionen in Erscheinung. Seit der Entstehung des Kantons Jura im Jahre 1978 setzen sich die Béliers für die Wiedervereinigung des beim Kanton Bern verbliebenen Südjuras mit dem Kanton Jura ein. Dabei griffen sie oft zu radikalen Methoden, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. Die Aktionen waren und sind jeweils gegen besonders symbolträchtige Ziele gerichtet.

4 Appellation d’Origine Contrôlée, abgekürzt: AOC, frz. für kontrollierte Herkunftsbezeichnung, ist ein Schutzsiegel für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse aus Frankreich und der Schweiz. 5 Die Rauriker waren ein Nachbarstamm der Helvetier und siedelten in der Gegend von Basel, Jura und Elsass. Archäologisch sind sie seit Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. nachweisbar. Die von 1792 bis 1793 bestehende Raurakische Republik, gegründet aus Teilen des Fürstbistums Basel und benannt nach den Raurikern, bezog wie andere Tochterrepubliken Frankreichs ihren Namen aus der antiken Geschichte.

Page 15: MONO/d Je ne sais quoi

Die Vernissage brachte ein breit gemischtes Publikum inkl. Polizeiaufgebot in den Raum für zeitgenös-sische Kunst les halles, welches den durch die lokale Presse angekündigten Auftritt der Béliers und des «Roue de Bollement» als Teil der Ausstellung nicht verpassen wollte. Nach der Begrüssung durch Kurator Philippe Queloz hielt Sylvain Froidevaux seinen «Discours patriotique», gefolgt vom Animator der Bé liers, Marc Freuléchaux, der ankündigte, einen erneuten Antrag an das Amt für Kultur zu stellen, in dem bereits zum dritten Mal der Eintrag des «Roue de Bollement» ins Register der jurassischen Kulturgüter gefordert wird. Er übergab das Wort Michel Hauser, dem Leiter des kantonalen Amtes für Kultur, welcher das Publikum zum Kauf der Decken aufforderte, um aufzudecken, was sich darunter verberge. Darauf wurde mit einem Glas «Jus de Béliers» angestossen.

Page 16: MONO/d Je ne sais quoi

Die Finissage fand am traditionellen St. Martins-Wochenende statt, an dem in der Ajoie «Metzgete» gegessen und reichlich getrunken wird und sich die Bevölkerung auf dem grossen St. Martins-Markt in Porrentruy trifft, in dessen Herzen les halles liegt. Die Finissage zählte ca. 600 BesucherInnen. Herr Michel Hauser und Kulturministerin Baume-Schneider zogen es vor, St. Martin im Familienkreis zu feiern und liessen sich entschuldigen. Um 17 Uhr stürmten die Béliers – als rosa Schweine maskiert – die Ausstellung, rissen die Decken vom «Roue de Bollement» und enthüllten ein Rad, das zur grossen Enttäuschung des Publikums komplett verpackt war. Sie trugen es durch die Menge die Altstadt hinunter, luden es auf einen Anhänger und fuhren davon.

Page 17: MONO/d Je ne sais quoi
Page 18: MONO/d Je ne sais quoi
Page 19: MONO/d Je ne sais quoi
Page 20: MONO/d Je ne sais quoi

WARUM EIN MÜHLRAD IM JURA MEHR IST ALS EIN MÜHLRAD

EINE ZEITGESCHICHTLICHE EINORDNUNG

Ein altes Mühlrad taugt wenig im 21. Jahrhundert. Ein Nos tal giker kann es als Zierde in seinem Garten auf-stellen. Ein Dorfmuseum präsentiert es als Zeuge aus der CO2-freien Frühzeit der Industrie. Ein Technikfreund platziert es so am Wasser, dass es wie einst durch Naturkraft angetrieben wird – sich aber bloss noch der Schönheit und Idylle zuliebe im Leeren dreht.

Im Jura aber kann ein Mühlrad mehr sein als bloss ein Mühlrad. Die «Roue de Bollement» jedenfalls – das Mühlrad, das sich einst an der Mühle und zuletzt an der Sägerei von Bollement beim Dorf Saint-Brais in den jurassischen Freibergen drehte – ist für gewisse Jurassier ein umstrittenes Raubgut, ein Kulturerbe, ein Wider-standssymbol. Der Jura ist im föderalistischen Autono-mie-Puzzle der Schweiz ein kantiges Teilstück, das nicht recht zum Rest passen will. Einige seiner Bewohner sehen den Jura als kulturelle Sonderzone, in der Objekte wie ein Mühlrad eine andere, symbolisch überhöhte Bedeutung erhalten.

Die Geschichte des Rads von Bollement liest sich scheinbar banal: 1972 liess der Kanton – damals noch der Kanton Bern – die in seinem Besitz befindliche Sägerei von Bollement durch die Schweizer Armee abbrechen. Zwei Berner Soldaten fanden Gefallen am Wasserrad, schafften es beiseite und verkauften es einem Bieler Architekten. Der veräusserte es an die Berner Kantonal-bank, die es 1973 an der Wand ihrer Filiale im seeländischen Lengnau BE als Schmuck befestigte.

Leidenschaftliche Jurassier verstehen die Geschichte der «Roue de Bollement» etwas anders. Ihre Lesart geht etwa so: In den Zeiten, als der Jura noch von Bern koloni siert war, eigneten sich die fremden Herren die Sägerei in Bollement an und liessen sie von willigen Helfern der Schweizer Besatzungsarmee zerstören. Zwei daran beteiligte Berner Soldaten raubten das Mühlrad, dieses Erbe der jurassischen Kultur, und ver-schacherten es an die Staatsbank der Kolonialmacht. Deshalb blieb den Béliers – der separatistischen Jugendorganisation, die seit 1962 den Traum vom freien Jura am Leben erhält – keine andere Wahl, als das Rad 1996 in Lengnau zu demon tieren und in die Heimat zu repatriieren. Seither bewahren sie es sorgsam auf, weil der offizielle Kanton Jura bis jetzt leider nicht den Mut hat, es in das Inventar des jurassischen Kulturerbes aufzunehmen.

Damit das Rad nicht vergessen geht, lassen es die Béliers ab und zu auftauchen. Zuletzt 2007 in der Galerie les halles in Porrentruy, an der Kunstausstellung «Je ne sais quoi» des Bieler Künstlerduos Haus am Gern. Allerdings war das Rad, wenn es überhaupt das echte Rad von Bollement war, dort unter Decken ver steckt.

Dass es unsichtbar blieb, steigerte seine mythische Bedeutung noch. Während der Kunstausstellung drehte sich in Porrentruy alles um das Rad, das sich selbst längst nicht mehr dreht. Am Kunstevent waren die klan-des tinen Béliers höchstpersönlich, die Medien, das Publikum, die Kantonsbehörden, die Kantonspolizei zugegen.

Seit ihren Ursprüngen machen die Béliers Bern und die Schweiz mit einer etwas kruden Symbolsprache auf ihr Anliegen eines unabhängigen Juras aufmerksam. Sie rissen Schweizer und Berner Denkmäler vom Sockel oder raubten national bekannte Objekte wie den Unspunnen-stein und die Gipfelpyramide auf der Obwaldner Aelggi-alp im geographischen Mittelpunkt der Schweiz. In der Ausstellung «Je ne sais quoi» erfuhr diese Symbol sprache eine Verfeinerung und Adelung, indem die Bélier-Re liquie von Bollement zum Kunstobjekt überhöht wurde.

Marc Freléchoux, der «Animateur principal» der Béliers, spricht seither wie ein anarchistischer Kunstkritiker: Der Klau des Unspunnensteins oder der Gipfelpyramide auf der Aelggialp sei kein Diebstahl und auch kein Buben-streich, sondern ein «sympathisches Delikt», mit «humor-voller Symbolik», es sei «visuelle Propaganda», um der ganzen Schweiz die ungelöste Jurafrage in Erinnerung zu rufen. Das Mühlrad von Bollement oder der Unspunnen-stein sind symbolische Spielfiguren, ihr Spielfeld ist der vereinigte Jura, von dem die Béliers träumen.

Während Jahrzehnten war der Jurakonflikt kein Spiel, sondern Ernst. Und sein Terrain ein historischer Zank-apfel. Der Jura zwischen Bielersee und Ajoie, den die Béliers bis heute befreien und vereinigen möchten, umfasst die sechs historischen Bezirke des einstigen Bistums Basel. Es grenzte an das protestantische Bern. 1815 fiel es nach Napoleons Sturz am Wiener Kongress an den Kanton Bern, als Kompensation für die Unter-tanen gebiete, die Bern in der Romandie verlor.

Der konfessionelle und sprachliche Gegensatz führte im Jura bald zu Reibungen. Mehrmals schickte Bern Truppen in den Jura. Es regierte allzu lange mit Schika-nen und Vernachlässigung. Die öffentliche Infrastruktur zerfiel, Schlüsselämter wurden jurassischen Politikern versagt, Priester aus dem Amt entfernt. 1893 lehnten die Jurabezirke die neue Berner Kantonsverfassung mit grossem Mehr ab.

1947 wurde die Separatistenbewegung, das spätere Rassemblement jurassien (RJ), gegründet, die Béliers waren ab 1962 der Juniorpartner. Die Separatisten kokettierten mit anarchistischem Gedankengut und diffamierten Bern als Kolonialmacht. In den 1960er-Jahren verschärfte sich das Klima im Jura. Der Front de libération FLJ fraternisierte mit der algerischen Befreiungsfront oder der IRA der katholischen Nordiren und attackierte Berner Einrichtungen sowie Personen mit Brand- und Sprengstoffanschlägen. In diese heisse Phase des Jurakonflikts fielen auch mehrere ungeklärte Morde.

Page 21: MONO/d Je ne sais quoi
Page 22: MONO/d Je ne sais quoi

Die Eskalation führte zu einem Umdenken im Bund. 1978 sagte das Schweizer Volk Ja zur Gründung eines Kantons Jura. Dieser umfasst aber nur die drei nördlichen Bezirke des einstigen Bistums Basel. Die drei südlichen, mehrheitlich protestantischen Bezirke hatten sich 1978 für einen Verbleib im Kanton Bern ausgesprochen. Für die Separatisten geht der Kampf deshalb weiter. Sie überhöhen das einstige Bistum zum unteilbaren, historischen Territorium des jurassischen Volkes, zum ethnischen Spielfeld.

Die Kantonsgründung von 1978 beruhigte das Klima nicht. Die Gewalttaten und Provokationen gingen weiter. Gezielt wurden nationale und bernische Symbole attackiert: der «Fritz» in Les Rangiers, das Soldaten-denkmal für die Grenzbesetzung 1914 –18, oder die Justitia-Brunnenfigur in der Berner Altstadt. Höhe- und Wendepunkt der Gewaltserie war der 9. Januar 1993, als der 21-jährige Bélier Christophe Bader aus Saint Brais am Berner Nydeggstalden in seinem Auto von seinem eigenen fehlgezündeten Sprengsatz getötet wurde. Die Untersuchungen ergaben, dass er einen Anschlag auf das Berner Rathaus geplant hatte. Nun flogen Pläne für eine ganze Anschlagserie auf, im Keller des damaligen Bélier-Chefs Daniel Pape entdeckte die Polizei Handgranaten. Die Separatisten begannen sich von den gewaltbereiten Extremisten in ihren Reihen zu distanzieren.

1994 schuf der Bund die Assemblée interjurassienne (AIJ) bestehend aus Vertretern der Kantone Bern und Jura und übernahm nun die Oberaufsicht über den Jurakonflikt. Das neue Gremium soll den Jurakonflikt lösen. Seit es an der Arbeit ist, hat sich das Klima im Jura normalisiert. «Wir sind nicht mehr in den Jahren der Glut, sondern im Stadium der Diskussion», sagt heute gar Bélier-Sprecher Marc Freléchoux. Aus dem einst blutigen Ernst ist heute ein Game mit Symbolen wie der «Roue de Bollement» geworden. Objekte werden nicht mehr zer-stört, sondern «entführt» oder «repatriiert». Aus den einst 7000 Béliers sind ein paar hundert geworden, die den heissen Jurakonflikt nur noch aus den Erzählungen der Veteranen kennen.

Noch geistert der alte Konflikt durch ihre Träume vom vereinigten Jura. Nach der «Repatriierung» der «Roue de Bollement» hatten sie vor, diese als Gedenkmonument für Christophe Bader, den nahe bei Bollement aufge-wach se nen «Märtyrer», aufzurichten. Von dieser Ver-herrlichung der Gewaltbereitschaft haben sie bis jetzt abgesehen. Die Béliers von heute deuten den alten Konflikt nach dem Vokabular der Antiglobalisierungs-Bewegung modern um als Kampf für regionale Selbstbestimmung. Aber auch so erhalten die Separatisten immer weniger Aufmerksam keit für ihr Anliegen.

Mit der Epochenwende von 1989 findet sich auch der Jura in einer neuen Ära wieder. Die Menschen sind mobiler geworden, ihre Lebens- und Arbeitsräume sind grösser und halten sich nicht mehr an Kantonsgrenzen. Das Feuer, das den Jurakonflikt nährte, droht zu erlöschen. Die Béliers treiben ihr symbolisches Spiel

dennoch weiter, um ihren Traum vom vereinten Jura am Leben zu erhalten. Zum Glück – für die Béliers – hat die Assemblée interjurassienne dem alten Konflikt, den sie eigentlich beenden soll, zu einem Comeback ver-holfen: Durch den im Mai 2009 vorgestellten Bericht über die Zukunft des Juras. Darin wird nicht nur eine stärkere Kooperation von Kanton Jura und Berner Jura vorgeschlagen sondern als zweite Option auch eine Vereinigung.

Nun läuft ein Prozedere, das noch einmal zu einer natio na len Juraabstimmung führen könnte. Aber eigent-lich fürchten beide Seiten einen neuerlichen Urnengang, weil er Klarheit schaffen und falsche Hoffnungen und Träume beenden könnte. Gross-jurassische wie auch gross-bernische Träume aber bringen den Jura nicht voran. Er ist eine strukturschwache und konjunktur ab hän gige Industrieregion von Genf bis Basel. Seine Pro ble me las sen sich nicht bloss in den Grenzen des verblichenen Bistums Basel lösen. Der Jura hat nur eine Zukunft, wenn er grossräumig statt separatistisch denkt.

Davon wollen die Béliers vorderhand nichts wissen.Sprecher Marc Freléchoux erklärt präventiv, dass man auch nach einem neuerlichen Abstimmungs-Nein des Berner Juras zur Vereinigung der sechs Bezirke weiter-kämpfen werde. So werden die Béliers weiterhin ab und zu symbolische Objekte wie die «Roue de Bollement» auf tauchen lassen. Die Ausstellung «Je ne sais quoi» bot ihnen dafür eine willkommene Gelegenheit.

«Je ne sais quoi» bildete die Endlosigkeit des separa- tis ti schen Traums nicht nur ab, sondern trieb sie auch an. Indem sie zuliess, dass das Rad nur geheimnisvoll herumgereicht und nicht richtig gezeigt wurde. Auf das Ansinnen, die «Roue de Bollement» in die Liste der jurassischen Kulturgüter aufzunehmen, könnte man nur eingehen, wenn man das Rad sehen und untersuchen könne, sagt Michel Hauser, der Leiter des Amts für Kultur des Kantons Jura. Der Kanton könnte dann laut Hauser vielleicht feststellen, dass die «Roue de Bolle-ment» – unabhängig von der juristischen Frage, ob das mehrfach gestohlene Rad nun der Berner Kantonalbank oder dem Kanton Jura gehöre – gar kein schützenswertes Kulturgut, sondern bloss ein abmontiertes Fragment sei.

Ein Mühlrad ist offenbar auch im offiziellen Jura nur ein Mühlrad. Die klandestinen Béliers werden das natürlich immer anders sehen.

Stefan von Bergen

Stefan von Bergen *1960, wohnt in Bern. Er ist Historiker und arbeitet bei der «Berner Zeitung» als Leiter des Hintergrundteils «Zeitpunkt». Er schreibt regelmässig über die Jurafrage. 2007 provozierte er die Berner Kantonsregierung und den Berner Jura mit dem Artikel «Si vous voulez partir, allez-y!»

Page 23: MONO/d Je ne sais quoi

Nachtrag Am 3. September 2010 – kurz vor Redaktionschluss der vorliegenden Monographie – instal lier ten die Béliers das «Roue de Bollement» in einem feierlichen Akt mitten in St. Brais zu Ehren von Christoph Bader. Die Installation unweit des «Hôtel du Soleil», wo Bader auf ge wachsen war, erfolgte im Einvernehmen mit dem Gemeinde­rat, jedoch ohne Bewilligung der Kantonsregierung. Haus am Gern wurde zur Feier eingeladen und ist auf der Ehrentafel er wähnt. Haus am Gern seinerseits lud Ernst Häusermann ein, der 1973 als Soldat das Rad entwendet bzw. gerettet hatte. Zur Über raschung aller brachte er als Geschenk ein Trans mis sions rad aus der Mühle zu Bollement mit, das als Schmuck in seinem Garten gedient hatte. Béliers­Sprecher Marc Freléchoux und Ernst Häusermann gaben sich versöhnlich die Hand.

Page 24: MONO/d Je ne sais quoi

CREDITS

Veranstalter (les halles) Espace d’Art Contemporain, Porrentruy Kurator Philippe Queloz hist. Beratung Hubert Girardin Recherche Tilo Steireif Sylvain Froidevaux Fotos Łukasz Skąpski courtesy ŻAK | BRANICKA Galerie, Berlin Galerie Raster, Warschau (PL)

Videotechnik videocompany Zofingen Tontechnik M&M Hire AG Schönenwerd Foto-Location Fam. Bader, Hôtel-Restaurant du Soleil, Saint-Brais Porträts Michel Hauser Ernst Häusermann Metallbau Schlosserei Frei, Corgémont Fleecedecke shaoxing city mainfull knitting textiles co., ltd, (RC)

Esel Ramon Ueli Fuss Bildrechte Musée jurassien d’art et d’histoire, Delémont – Archives de la République et Canton du Jura la Roue de Bollement Groupe Béliers Marc Freléchoux unterstützt von Pro Helvetia / Kanton Waadt / Kanton Bern / Stadt Bern / Stadt Biel/Bienne