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1 / 48 Morphologie und Syntax (BA) Morphologie und Syntax (BA) Generative Syntax PD Dr. Ralf Vogel Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft Universität Bielefeld [email protected]

Morphologie und Syntax (BA) - Generative SyntaxDas GB-Modell Die X-bar-Theorie Die X-bar-Theorie • Da es sich zeigte, dass Zwischen-Projektionen für syntaktische Prozesse irrelevant

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Morphologie und Syntax (BA)Generative Syntax

    PD Dr. Ralf Vogel

    Fakultät für Linguistik und LiteraturwissenschaftUniversität Bielefeld

    [email protected]

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Gliederung

    1 Übungsaufgabe 5

    2 Generative Grammatik

    3 Das GB-ModellDie X-bar-TheorieD-StrukturSyntaktische BewegungSätze: VP, IP, CP

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Übungsaufgabe 5

    Übungsaufgabe 5

    1 Der folgende Satz ist syntaktisch und auch semantisch mehrdeutig (Werhat das Fernglas?):

    (1) Der Förster sah den Jäger mit dem Fernglas

    • Verwenden Sie den Voranstellungs-Test, um die beiden Lesartenzu verdeutlichen!

    (2) a. Den Jäger mit dem Fernglas sah der Förster

    b. Den Jäger sah der Förster mit dem Fernglas

    • In (2-a) hat der Jäger das Fernglas, in (2-b) der Förster.

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Übungsaufgabe 5

    Übungsaufgabe 5

    1 Stellen Sie die unterschiedlichen Möglichkeiten in Form verschiedenersyntaktischer Strukturbäume dar!

    (3) Der Förster sah den Jäger mit dem Fernglas

    IP

    NP V/INFL NP PP

    der Förster sah den Jäger mit dem

    Fernglas

    • Lesart: Der Förster sieht mithilfe des Fernglases den Jäger.

    • Die PP „mit dem Fernglas“ ist eine adverbiale Beifügung.

    • Das finite Verb ist hier unter dem INFL-Knoten eingesetzt.

    • Wir werden heute eine andere Struktur kennenlernen.

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Übungsaufgabe 5

    Übungsaufgabe 5

    (4) Der Förster sah den Jäger mit dem Fernglas

    IP

    NP V/INFL NP

    der Förster sah D N PP

    den Jäger P NP

    mit dem Fernglas

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Übungsaufgabe 5

    Übungsaufgabe 5

    (5) a. [IP [NP Der Förster ] sah [NP den Jäger ] [PP mit dem Fernglas ] ]b. [IP [NP Der Förster ] sah [NP den Jäger [PP mit dem Fernglas ] ] ]

    • In (4) und (5-b) ist die PP „mit dem Fernglas“ syntaktische Konstituenteder NP „der Jäger mit dem Fernglas“.

    • Dies geht einher mit der Interpretation, dass der Jäger das Fernglas hat.

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Übungsaufgabe 5

    Übungsaufgabe 5

    2 Könnte das Kopf-Prinzip auch in der Morphologie gelten?

    • Diskutieren Sie diese Frage anhand des Wortpaares‘Rotwein—weinrot’!

    • Beide Wörter sind Komposita aus dem Adjektiv ‘rot’ und dem Nomen‘Wein’.

    • ‘weinrot’ ist ein Adjektiv, genau wie ‘rot’,• ‘Rotwein’ ist ein Nomen, genau wie ‘Wein’

    • Der jeweils rechte Teil des Kompositums ist von derselbenWortkategorie wie das gesamte Kompositum.

    • Würde man dies als Baum darstellen, sähe es wie folgt aus:

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Übungsaufgabe 5

    Übungsaufgabe 5

    2 Könnte das Kopf-Prinzip auch in der Morphologie gelten?

    (6) N Adj

    Adj N N Adj

    rot wein wein rot

    Morphologisches Kopf-Prinzip Der rechte Teil eines Kompositums bestimmtseine syntaktische Kategorie.

    • Wir haben dieses Prinzip bereits in der zweiten Sitzung als „Right HandHead Rule“ kennengelernt.

    • Es gibt verschiedene formale Grammatikmodelle, die aufgrund vonGemeinsamkeiten, wie wir sie hier beobachten, Syntax und Morphologiemit einem einheitlichen formalen Beschreibungsmodell behandeln.

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Generative Grammatik

    Generative Grammatik – Noam Chomsky

    • Die Schule der generativen Grammatik ist insbesondere in der Syntaxdie einflussreichste grammatiktheoretische Strömung der letzten 50Jahre.

    • Ihr Begründer und bis heute wichtigster Vertreter ist Noam Chomsky.

    • Die wichtigsten Syntax-theoretischen Werke Chomskys, die gleichzeitigMeilensteine in der Entwicklung dieser Schule darstellen, sind diefolgenden:

    1957: Syntactic Structures1965: Aspects of the theory of Syntax1981: Lectures on Government and Binding1995: The Minimalist Program

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Generative Grammatik

    Generative Grammatik

    • Chomskys Kritik an der seinerzeit „herkömmlichen“ Linguistik war, dasssie rein beschreibend orientiert war.

    • Die Grammatikschreibung beschränkte sich darauf, dieRegelhaftigkeiten einzelner Sprachen aufzulisten.

    • Zwar existierten verschiedene Strukturbeschreibungs-Formalismen fürnatürlichsprachliche Ausdrücke, aber viele über die reine Beschreibunghinausgehende Fragestellungen wurden systematisch ausgeblendet:

    • Warum sind die natürlichen Sprachen so, wie sie sind?• Was ist eine mögliche Sprache?• Warum sind kleine Kinder in relativ kurzer Zeit in der Lage, eine

    menschliche Sprache zu erlernen, und warum fällt esErwachsenen so unheimlich schwer?

    • Wie kann man eine Grammatik formulieren, die nicht nur diebereits existierenden Ausdrücke einer Sprache beschreibt, sondernalle potentiell möglichen Ausdrücke?

    • Wie kann man Grammatiken für einzelne Sprachen formulieren,aus denen deutlich wird, was alle Sprachen gemeinsam haben undworin sie sich unterscheiden?

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Generative Grammatik

    Generative Grammatik – Grundannahmen

    • Eine Grammatik ist generativ, wenn sie das Ausdruckspotential einerSprache beschreibt, also

    • genau alle existierenden und potentiellen Ausdrücke einer Sprachebeschreibt.

    • Eine generative Grammatik in Chomskys Sinn besteht aus einemLexikon und einer Regelkomponente.

    • Die Regelkomponente beschreibt alle möglichenKombinationsweisen für die Elemente des Lexikons.

    • Gleichzeitig soll eine Grammatik kognitiv plausibel sein, also eineplausible Hypothese über die menschliche Sprachfähigkeit (Kompetenz)als kognitive Eigenschaft des Menschen.

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    Generative Grammatik

    Generative Grammatik – Grundannahmen• Die Art von Grammatiken, die Chomsky als unzureichend kritisierte,

    waren einfache Phrasenstruktur-Grammatiken.

    • Nehmen wir als Beispiel eine erfundene Sprache, nennen wir sieRegensprache.

    • Das Lexikon der Regensprache hat 200 Wörter, davon 100 Nomenund 100 Verben.

    • Die Grammatik der Regensprache hat eine einzigePhrasenstrukturregel:S −→ N V

    • Die Menge der möglichen Sätze der Regensprache ergibt sich aus denKombinationsmöglichkeiten: 100 Verben können mit 100 Nomenkombiniert werden, also gibt es 100 × 100 = 10.000 mögliche Sätze.

    • Es existiert ein Korpus der Regensprache, eine Sammlung von Textenmit insgesamt 8.765 verschiedenen Sätzen.

    • Die Sätze dieses Korpus sind alle von unserer reinenPhrasenstruktur-Grammatik generierbar.

    • Aber die Grammatik ist nicht auf diese Sätze beschränkt. Sie beschreibtvielmehr alle Sätze, die in der Sprache möglich sind.

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Generative Grammatik

    Generative Grammatik – Grundannahmen

    • Chomskys Theorie der Syntax ist wesentlich von der Idee geprägt, dassdas System syntaktischer Regeln auch systematische Beziehungenzwischen Sätzen beschreiben soll.

    • Deshalb ist eine reine Phrasenstruktur-Syntax wie in unsererRegensprache auch seiner Ansicht nach nicht ausreichend.

    • Wenn wir bloss die Phrasenstrukturen der folgenden beiden Sätze zurVerfügung haben, dann können wir nicht darstellen, dass sie dasselbebedeuten.

    (7) a. John kissed Mary.

    b. Mary was kissed by John.

    • Um diese semantische Beziehung zwischen den beiden Sätzendarzustellen, führt Chomsky noch einen zweiten Typ von Regeln ein, dieTransformationsregeln.

    • Der Passiv-Satz (7-b) wird aus dem Satz (7-a) durch eineTransformation erzeugt.

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Generative Grammatik

    Generative Grammatik – Grundannahmen

    (7) a. John kissed Mary.

    b. Mary was kissed by John.

    • Die Wörter in diesen Sätzen sind im Lexikon aufgeführt.

    • Eine Phrasenstrukturregel haben wir aber nur für den Aktiv-Satz (7-a),bspw.:S −→ NP V NP

    • Um die Passiv-Konstruktion (7-b) abzuleiten, bedarf es jetzt einersyntaktischen Transformationsregel, nennen wir siePassiv-Transformation:NP1 V NP2 =⇒ NP2 Aux VPARTIZIP by NP1

    • Eine Transformationsregel hat folgendes Format:Eingabesequenz =⇒ Ausgabesequenz

    • Man kann dies so interpretieren: „Wenn die Eingabesequenz einmöglicher Ausdruck in einer Sprache ist, dann ist das dieAusgabesequenz auch“.

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Generative Grammatik

    Generative Grammatik – Transformationsgrammatik

    • Eine klassische Transformationsgrammatik, wie sie Chomsky 1957 in‘Syntactic Structures’ beschrieb, hat also drei Komponenten:

    • ein Lexikon,• eine Phrasenstruktur-Komponente,• eine Transformations-Komponente.

    • In den ‘Aspects of the Theory of Syntax’ (1965) wurde die Erzeugungdes Satzes als mehrstufiger Vorgang modelliert:

    • Die Phrasenstrukturkomponente erzeugt mit Elementen aus demLexikon die Tiefenstruktur.

    • Zentral hierbei sind die Subkategorisierungseigenschaften desVerbs.

    • Die Transformationskomponente erzeugt aus der Tiefenstruktur dieOberflächenstruktur.

    • Die Tiefenstruktur ist die Strukturebene, die semantisch interpretiertwird.

    • Die Oberflächenstruktur ist die Strukturebene, die phonetischinterpretiert wird.

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Generative Grammatik

    Generative Grammatik – Transformationsgrammatik

    • Die folgenden beiden Sätze sind nun tiefenstrukturell strukturidentisch:

    (8) a. John love-s Mary

    b. John has loved Mary

    S

    NP Aux VP

    John -s

    has

    V NP

    love-

    loved

    Mary

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Generative Grammatik

    Generative Grammatik – Transformationsgrammatik

    • Eine Transformationsregel, die das Affix unter dem Aux-Knoten an dasVerb affigiert, erzeugt aus dieser Tiefenstruktur die Oberflächenstruktur:

    S

    NP Aux VP

    John ∅

    has

    V NP

    love-s

    loved

    Mary

    • Der Vorteil dieser Strukturanalyse ist, dass strukturelle und semantischeGemeinsamkeiten der beiden Sätze im Baum deutlich werden.

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Generative Grammatik

    Generative Grammatik – Das GB-Modell• Der nächste Entwicklungsschritt im Modell der generativen Syntax

    bezog sich auf eine Vereinheitlichung und Vereinfachung von Phrasenund Phrasentypen.

    • Die X-bar-Theorie beschreibt ein generelles Format für Phrasen undSätze.

    • Die Darstellung von Haupt-Sätzen als Inflektions-Phrasen (IP) undNebensätzen als Komplementierer-Phrasen (CP) führt zurVereinfachung und Vereinheitlichung syntaktischer Strukturen.

    IP(=S)

    NP INFL VP

    John ∅

    has

    V NP

    love-s

    loved

    Mary

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Generative Grammatik

    Generative Grammatik – Das GB-Modell

    • Am ausführlichsten stellte Chomsky diese Veränderungen in den„Lectures on Government and Binding“ (1981) dar.

    • Deshalb nennt man dieses Modell auch das „GB-Modell“, oder die„GB-Theorie“.

    • Ein wesentlicher Aspekt dieses Modells ist das Konzept dersyntaktischen Bewegung, das die Transformationskomponente ersetzt.

    • Die Tiefenstruktur heisst nun D-Struktur (von engl. ‘deep structure’) undist bloss noch eine auf Grundlage vonSubkategorisierungseigenschaften durch Phrasenstruktur-Regelnerzeugte Basis- oder Ausgangs-Struktur.

    • Die Oberflächenstruktur heisst nun S-Struktur und wird sowohlsemantisch wie phonetisch interpretiert.

    • Wir werden uns nun mit den Details dieses Modells beschäftigen, derX-bar-Theorie, der Arbeitsteilung von Tiefenstruktur undOberflächenstruktur, den Kategorien IP und CP, sowie der syntaktischenBewegung.

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Das GB-Modell

    Die X-bar-Theorie

    Die X-bar-Theorie• Die X-bar-Theorie besagt, dass syntaktische Phrasen Projektionen von

    Köpfen sind.• Jede Projektionsstufe lässt sich dabei individuell kennzeichnen.• Die Projektionsstufe wurde ursprünglich mit Strichen (engl. ‘bars’) über

    oder neben dem Kategoriensymbol gekennzeichnet, deshalbX-bar-Theorie. Das ‘X’ steht für eine beliebige Kategorie (V,N,A,P etc.).

    • Der phrasale Knoten wurde als ‘maximale Projektion’, Xmax , bezeichnet.

    (9) Xmax

    . . . X′′′ . . .

    . . . X′′ . . .

    . . . X′ . . .

    . . . X0 . . .

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Das GB-Modell

    Die X-bar-Theorie

    Die X-bar-Theorie

    • Da es sich zeigte, dass Zwischen-Projektionen für syntaktischeProzesse irrelevant sind, wurde dieses System dahingehendvereinfacht, dass man nur noch eine minimale Stufe (der Kopf), einemaximale Stufe (die Phrase) und eine Zwischenstufe (X′) hat.

    (10) XP(=Xmax )

    . . . X′ . . .

    . . . . . . . . .

    . . . X′ . . .

    . . . X0 . . .

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Das GB-Modell

    Die X-bar-Theorie

    Strukturelle Relationen(11) XP

    YP X′

    X0 ZP

    • XP ist der Wurzelknoten und dominiert alle anderen Knoten im Baum, X′

    dominiert X0 und ZP.• XP ist der Mutterknoten von YP (sowie X′ etc.), YP ist ein Tochterknoten

    von XP.• YP und X′, sowie X0 und ZP sind Schwesterknoten.• YP c-kommandiert ZP und X0 (von engl. ‘constituent command’).

    C-Kommando Ein Knoten A c-kommandiert einen Knoten B genau dann,wenn A nicht B dominiert, und alle Knoten, die A dominieren,auch B dominieren.

    • YP und X′ c-kommandieren einander. Gleiches gilt für X0 und ZP.

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Das GB-Modell

    Die X-bar-Theorie

    Strukturelle Relationen• XP, X′, und auch X0 sind iterierbar:

    XP

    Adjunkt XP

    Spezifikator X′

    Komplement X0

    Kopf-Adjunkt X0

    • Ein Schwesterknoten von XP ist ein Adjunkt.• Ein Schwesterknoten von X′ ist ein Spezifikator.• Ein Schwesterknoten von X0 ist ein Komplement.• Ein Kopf-Schwesterknoten von X0 ist ein Kopf-Adjunkt.

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Das GB-Modell

    Die X-bar-Theorie

    Adjunktion und Kopf-Adjunktion

    • Durch Adjunktion wird ein XP- oder X0-Knoten in zwei Segmente, einoberes und ein unteres, aufgespalten:

    (12) XP X0

    YP XP Y0 X0

    • Bei Phrasen-Adjunktion wird eine Phrase (YP) an eine andere Phrase(XP) adjungiert.

    • Bei Kopf-Adjunktion wird ein Kopf (Y0) an einen anderen Kopf (X0)adjungiert.

    • Es ist nicht möglich, einen Kopf an eine Phrase zu adjungieren, odereine Phrase an einen Kopf.

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Das GB-Modell

    D-Struktur

    Kasus-Zuweisung• Im Deutschen wie im Englischen ist das Vorkommen eines Subjekts im

    Nominativ an das Vorhandensein eines finiten Verbs gekoppelt:

    (13) a. Maria fragt, ob der Arzt sie besuchen kommt3.PERS.SG.

    b *Maria will der Arzt sie besuchenINFINITIV

    (14) a. MaryMary

    asksfragt

    ifob

    the doctorder Arzt

    visitsbesucht-3SGPRS

    her.sie

    b. *MaryMary

    wantswill

    the doctorder Arzt

    visitbesuchen-INF

    hersie

    • Da der Nominativ an das Vorkommen eines finiten Verbs gebunden ist,nehmen wir an, dass der Nominativ von einem INFL mit finiterMerkmalsspezifikation zugewiesen wird.

    • Objekt-Kasus — im Deutschen: Akkusativ, Dativ, Genitiv — werden vonlexikalischen Kasuszuweisern zugewiesen, nämlich Verben,Präpositionen, Adjektiven und Nomen.

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Das GB-Modell

    D-Struktur

    Kasus-Zuweisung

    • Kasus kann auf zwei Weisen zugewiesen werden:1 durch einen lexikalischen Kopf an sein Komplement.2 durch ein finites INFL an seinen Spezifikator.

    (15) Kasuszuweisung durch einen lexikalischen Kopf an seinKomplement:

    a. den Specht erblicken b. zu dem Haus

    VP

    NP+AKK

    V0

    PP

    P0+DAT

    NP

    c. der Frau treu d. Bücher Chomskys

    VP

    NP+DAT

    Adj0

    NP

    N0+GEN

    NP

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Das GB-Modell

    D-Struktur

    Kasus-Zuweisung

    (16) Kasus-Zuweisung durch finites INFL (=I0): „Maria hat gelacht“

    IP

    NP I′

    Maria I0FINIT

    NOM

    KONGR

    VP

    hat V0

    gelacht

    • Im Gegenzug zur Kasuszuweisung erhält I0 vom Subjekt dieMerkmalsspezifizierung für die Kongruenzflexion.

    • Dieser Austausch von Merkmalen zwischen Kopf und Spezifikator wirdals Spezifikator-Kopf-Kongruenz bezeichnet.

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Das GB-Modell

    D-Struktur

    Die VP

    • Die Selektionseigenschaften oder Subkategorisierungseigenschaftenvon lexikalischen Einheiten beziehen sich auf die von diesem Elementprojizierte Phrase und die Elemente, die sie enthalten muss.

    • Ein Beispiel:

    • Neben dem Subjekt (das wir erst einmal aussen vor lassen)verlangt das Verb ‘erblicken’ ein Akkusativ-Objekt.

    • Dieses Objekt muss nun zusammen mit dem Verb in der Verb-Phrasebasis-generiert werden, um Kasus zu erhalten:

    (17) VP

    NP+AKK

    V0

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Das GB-Modell

    D-Struktur

    Die VP

    • Da die folgenden Sätze alle das lexikalische Verb ‘erblicken’ und dasAkkusativ-Objekt ‘den Specht’ beinhalten, müssen die VPn ihrerD-Strukturen übereinstimmen:

    (18) a. Maria hat den Specht erblickt.

    b. Maria erblickte den Specht.

    c. Den Specht erblickte Maria.

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Das GB-Modell

    D-Struktur

    Die VP(19) D-Struktur für (18): IP

    NP I′

    Maria I0

    NOM

    KONGR

    VP

    hat

    -te

    NPAKK

    V0

    den Specht erblickt

    erblick-

    • Die Kasus Nominativ und Akusativ werden durch V0 und I0 zugewiesen.

    • Im zweiten Fall wird dies durch die morphologische Aufspaltung desVerbs und die Besetzung von I0 durch das verbale Flexionsaffix ‘-te’ermöglicht.

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Das GB-Modell

    D-Struktur

    Die VP

    • Der nächste Schritt ist eine Transformation, die für ‘erblickte’ Affix undStamm zusammenbringt:

    (20) [ IP Maria [I′ erblick-te [VP den Spechtø ]]]

    • Wie hat diese Transformation auszusehen?

    • Das Verb ‘erblickte’ weist an zwei verschiedenen syntaktischenPositionen Kasus zu.

    • Bleibt diese Relation erhalten, wenn das Verb aus einer der Positionenverschwindet?

    • Im GB-Modell bleiben einmal etablierte strukturelle Relationen beiTransformationen erhalten.

    • Die Transformation, die dies ermöglicht, ist die syntaktische Bewegung.

  • 38 / 48

    Morphologie und Syntax (BA)

    Das GB-Modell

    Syntaktische Bewegung

    Move α• Die einzige Transformation, die im GB-Modell übriggeblieben ist, ist die

    Transformation ‘Move α’.

    Move α Bewege einen Knoten an eine andere Position in dersyntaktischen Struktur.

    • Bei Bewegung wird eine ‘Bewegungs-Spur’ zurückgelassen. Diese wirdmit einem ‘t’ dargestellt und behält alle Eigenschaften des bewegtenElements. Ein Subskript („i“) denotiert die Zusammengehörigkeit vonSpur und bewegtem Element.

    (21) Ein Beispiel für syntaktische Bewegung:

    XP

    YPi X′

    X0 ZP

    ti Z0

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Das GB-Modell

    Syntaktische Bewegung

    Move α — Bewegungsmöglichkeiten

    • Es können nur minimale (Köpfe) und maximale (Phrasen) Knotenbewegt werden.

    • Als Landepositionen von Bewegung kommen in Frage . . .

    • für Köpfe eine Kopf-Adjunkt-Position (22-a).• für Phrasen eine Spezifikator- (21) oder Adjunkt-Position (22-b).

    (22)a. Kopf-Adjunktion: b. Phrasen-Adjunktion:

    XP

    X0 YP

    Y0i X0 ti

    XP

    YPi XP

    X0 ZP

    ti Z0

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Das GB-Modell

    Sätze: VP, IP, CP

    IP und VP

    • Unser Beispielsatz stellt sich damit auf der S-Struktur wie folgt dar:

    (23) S-Struktur für „Maria erblickte den Specht“:

    IP

    NP I′

    Maria I0

    NOM

    KONGR

    VP

    V0i I0 NP

    AKKti

    erblick- -te den Specht

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Das GB-Modell

    Sätze: VP, IP, CP

    IP und VP

    • Für Adverbien wird generell angenommen, dass sie adjungiert werden.

    • Adverbien der Art und Weise sind an VP adjungiert.

    • Diese Adverbien sind deshalb ein guter Indikator für die VP-Grenze.

    • Wir können sie benutzen, um einen Unterschied zwischen Deutsch undEnglisch deutlich zu machen:

    (24) a. [ IP Mary [I0 has] [ VP quickly [VP run to Peter ]]]

    b. [ IP Mary [I0 ti ] [ VP quickly [VP run-si to Peter ]]]

    (25) a. [ IP Maria [I0 ist] [ VP schnell[VP zu Peter gerannt ]]]

    b. [ IP Maria [I0 ranni -te] [VP schnell[VP zu Peterti ]]]

    • Bei synthetischen Zeitformen wird

    • im Englischen das Affix von I0 abwärts nach V0 bewegt, aber• im Deutschen der Verb-Stamm von V0 aufwärts nach I0.

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Das GB-Modell

    Sätze: VP, IP, CP

    IP und VP• Im ‘minimalistischen Programm’ (Chomsky 1995) wurde die Theorie der

    Spur durch die Kopiertheorie ersetzt.• Hier ist eine Spur eine Kopie des bewegten Elements, der lediglich

    dessen phonetischer Gehalt fehlt.• Statt Spuren wird dementsprechend das bewegte Element dargestellt,

    und durch Durchstreichen als Kopie gekennzeichnet.• Damit ist es möglich, auf die syntaktische Aufspaltung eines Verbs in

    Stamm und Affix zu verzichten, was bspw. bei Ablautflexion sowieso nurin einem abstrakten Sinne möglich wäre.

    (26) a. [ IP Mary [I0 rani ] [ VP quickly [VP rani to Peter ]]]

    b. [ IP Maria [I0 ranntei ] [ VP schnell[VP zu Peterranntei ]]]

    • Das bewegte Element und seine Spur oder Kopie bilden eineBewegungs-Kette.

    • Das im Baum höchste Glied einer Kette ist der Kopf der Kette.• Normalerweise wird der Kopf einer Kette, und nur er, auch phonetisch

    realisiert, aber das englische Beispiel (26-a) ist eine Ausnahme hierzu.

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Das GB-Modell

    Sätze: VP, IP, CP

    CP und IP

    • Nebensätze werden zumeist von Komplementierern eingeleitet:

    (27) Ich glaube, dass es regnet.

    • Der X-bar-Theorie folgend werden solche Nebensätze als Phrasenanalysiert, mit dem Komplementierer als Kopf (CP bzw. C0, von engl.Complementizer).

    (28) CP

    C0 IP

    dass es regnet

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Das GB-Modell

    Sätze: VP, IP, CP

    CP und IP

    • Einer der Sätze, die wir eingangs besprachen, ist noch nicht komplett inseiner Struktur abgeleitet:

    (29) Den Specht erblickte Maria.

    • Hier ist das Akkusativ-Objekt in satzinitialer Position.

    • Bislang haben wir Haupt-Sätze als IP dargestellt, und gesagt, dass dasSubjekt im Spezifikator von IP stehen muss, um Kasus zu bekommen.

    • Da die IP-Spezifikator-Position diejenige ist, die am weitesten links steht,müssten also alle deutschen Haupt-Sätze mit dem Subjekt anfangen.

    • Dem ist nicht so, wie (29) illustriert.

    • Die Lösung besteht darin, dass es oberhalb von IP noch eine weitereProjektion gibt.

    • In Analogie zu den Nebensätzen wird diese Projektion als CPbezeichnet.

    • Damit sind alle deutschen Sätze CPn.

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Das GB-Modell

    Sätze: VP, IP, CP

    CP und IP

    (30) CP

    NPi C′

    den

    Specht

    C0k IP

    erblickte NP I′

    Maria tk VP

    ti tk

    • Der Kopf ‘C0k ’ steht abkürzend für den durch Kopf-Adjunktionentstandenen komplexen Kopf aus V0, I0 und C0.

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    Morphologie und Syntax (BA)

    Das GB-Modell

    Sätze: VP, IP, CP

    CP und IP

    • Das CP-IP-VP-Schema soll auf alle Sprachen der Welt anwendbar sein.

    • Damit hat die GB-Theorie einen Rahmen entwickelt, mit dem sichsystematisch syntaktische Typologie betreiben lässt.

    • Unterschiede zwischen Sprachen beziehen sich auf dieunterschiedlichen Erscheinungsformen derselben zugrundeliegendenStruktur.

    • Die generative Syntax versteht sich deshalb als eine allgemeine Theorieder Syntax natürlicher Sprachen.

    • Wir werden uns nächste Woche vor allem dem Sprachvergleich anhandeiniger syntaktischer Problembereiche widmen.

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    Das GB-Modell

    Sätze: VP, IP, CP

    Übungsaufgabe 61 Wir haben Sätze, die mit dem Subjekt beginnen, bislang als IP

    analysiert, und Nebensätze als CP, die eine IP einbettet. WelchesProblem tritt dabei auf, wenn Sie Hauptsatz und Nebensatz in folgendenBeispielen vergleichen und wie könnte man es lösen?

    (31) a. Der Lehrer hat die Frage nicht verstanden.

    b. Ich glaube, dass der Lehrer die Frage nicht verstandenhat.

    2 Das ursprüngliche Modell der generativen Syntax sah vor, dass dieTiefenstruktur die Bedeutung kodiert. Ein Grund, warum diesaufgegeben wurde, lag in Satzpaaren wie dem folgenden:

    (32) a. Alle Studentinnen sprechen zwei Sprachen.

    b. Zwei Sprachen werden von allen Studentinnengesprochen.

    Was vermuten Sie, worin das Problem liegt, und warum kann es nichtalleine über die Tiefenstruktur gelöst werden?

    Übungsaufgabe 5Generative GrammatikDas GB-ModellDie X-bar-TheorieD-StrukturSyntaktische BewegungSätze: VP, IP, CP