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ORIGINALARBEIT/ORIGINAL PAPER Morphometrische Analyse der proximalen Tibia zur Designentwicklung kreuzbanderhaltender Knieendoprothesen Andrej M. Nowakowski 1,2 , Magdalena Mu¨ller-Gerbl 2 , Victor Valderrabano 1 1 Orthopa ¨dische Universita ¨tsklinik, Universita ¨t Basel, Basel, Schweiz 2 Anatomisches Institut, Universita ¨t Basel, Basel, Schweiz Eingegangen/submitted: 29.04.2013; akzeptiert/accepted: 07.05.2013 Einleitung Obwohl die wichtigen Eigenschaf- ten des vorderen Kreuzbandes (VKB) sowohl im Hinblick auf die Kniesta- bilita ¨t als auch auf die physiologi- sche Kinematik und Propriozeption allgemein bekannt sind, konnte sich bislang kein Prothesen-Design durchsetzen, welches beide Kreuz- ba ¨nder erha ¨lt [4]. Nicht alle Kniegelenke sind bei fort- geschrittener Arthrose fu ¨r den Erhalt beider Kreuzba ¨nder geeignet, insbe- sondere das VKB ist oft schon durch die Osteophyten aus dem Bereich der Notch stark bescha ¨digt. Gema ¨ß einer Studie von Lee et al. [2] scheint jedoch in ca. 60% der Fa ¨lle das VKB wa ¨hrend der Indikation zur Kniepro- these brauchbar zu sein. Auf der anderen Seite kann nach VKB-Ruptur und entsprechendem VKB-Ersatz in jungen aktiven Jahren dennoch fru ¨ hzeitig eine Osteoar- throse entstehen [3]. Die Großzahl der VKB-Rupturen erleiden Patien- ten zwischen 20 und 30 Jahren, die Ha ¨lfte davon entwickelt eine re- levante Gonarthrose innerhalb von 20 weiteren Jahren [3]. Gerade fu ¨r diese dann noch sehr jungen und aktiven Patienten wa ¨re ein Erhalt beider Kreuzba ¨nder interessant, je- doch gibt es hier noch wenige Daten, u ¨ber den VKB-Zustand nach VKB- Plastik in diesen Fa ¨llen. Beim Konzept des Transversaltra ¨ger- Tibiaplateaus (TTTP) handelt es sich prinzipiell um einen vo ¨llig neuen Lo ¨ sungsansatz im Bereich der Knieendoprothetik (Abb. 1). Wesentlicher Grundgedanke des Konzeptes ist die Abstu ¨ tzung zweier separater Gelenkfla ¨chen (GF) unter- halb der Resektionsebene mittels Transversaltra ¨ger (TT). Hierdurch kann zum einen der Ansatz des vor- deren Kreuzbandes auf dem Tibia- plateau erhalten werden, zum ande- ren gewa ¨hrleistet der TT eine dauer- hafte exakte Ausrichtung der beiden separaten GF zueinander [4]. In einer vorangehenden Studie [6] konnte gezeigt werden, dass die Im- plantation eines solchen Quertra ¨gers sowohl von medial, als auch von lateral, in verschiedenen Absta ¨nden zur Gelenklinie mo ¨glich ist. Seitens der Prima ¨rstabilita ¨t ko ¨nnen mit solch einem modularen System A.M. Nowakowski et al. Morphometric Analysis of the proximal Tibia in Design Development of Bi-cruciate Retaining Total Knee Arthoplasty Abstract Background: To the current date no knee total arthroplasty design was inte- grating the maintanance of both cru- ciate ligaments, The concept of a transversal support tibial plateau is a new approach in ligament preserving total knee arthroplasty. Materials and Methods: For analysis of the proximal tibia morphology a CT- based assessment was performed in order to evaluate the distance of the modular transerversal support to the bone cortex in frontal and sagittal plane in regard the joint line. We used a specifically adapted aming device with defined intervals of 15, 25 and 35 mm below the joint line for impla- tation oft he prosthesis in 12 cadaver knees. Results: Measuring the sagittal dis- tance of the transversal support in relation to cortical bone shows a reduction of the distance at an increased rate from 25 to 35 mm. Additionally the medio-lateral measurement reveals the same relation. Conclusions: Morphometric analysis of the proximal tibia indicates a rather satisfactory position of the transveral support with a 15 to 25 mm interval to the joint line. At a 35 mm interval the proximal tibia is narrowing and there- fore less utile. Level of evidence: IV. Keywords Morphometric analysis – coordinate measure- ment – bi-cruciate retaining – total knee arthro- plasty – transversal support tibial plateau Sport Orthop. Traumatol. 29, 112–117 (2013) Elsevier – Urban&Fischer www.elsevier.de/SportOrthoTrauma http://dx.doi.org/10.1016/j.orthtr.2013.05.003 Orthopadie Traumatologie 112 A.M. Nowakowski et al. Morphometrische Analyse der proximalen Tibia zur Designentwicklung kreuzbanderhaltender Knieendoprothesen ORIGINALARBEIT/ORIGINAL PAPER

Morphometrische Analyse der proximalen Tibia zur Designentwicklung kreuzbanderhaltender Knieendoprothesen

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ORIGINALARBEIT/ORIGINAL PAPER

Morphometrische Analyse derproximalen Tibia zurDesignentwicklungkreuzbanderhaltenderKnieendoprothesen

Andrej M. Nowakowski1,2, Magdalena Muller-Gerbl2, Victor Valderrabano11Orthopadische Universitatsklinik, Universitat Basel, Basel, Schweiz2Anatomisches Institut, Universitat Basel, Basel, Schweiz

Eingegangen/submitted: 29.04.2013; akzeptiert/accepted: 07.05.2013

Einleitung

Obwohl die wichtigen Eigenschaf-ten des vorderen Kreuzbandes (VKB)sowohl im Hinblick auf die Kniesta-bilitat als auch auf die physiologi-sche Kinematik und Propriozeptionallgemein bekannt sind, konntesich bislang kein Prothesen-Designdurchsetzen, welches beide Kreuz-bander erhalt [4].Nicht alle Kniegelenke sind bei fort-geschrittener Arthrose fur den Erhaltbeider Kreuzbander geeignet, insbe-sondere das VKB ist oft schon durchdie Osteophyten aus dem Bereich derNotch stark beschadigt. Gemaß einerStudie von Lee et al. [2] scheintjedoch in ca. 60% der Falle das VKBwahrend der Indikation zur Kniepro-these brauchbar zu sein.Auf der anderen Seite kann nachVKB-Ruptur und entsprechendemVKB-Ersatz in jungen aktiven Jahrendennoch fruhzeitig eine Osteoar-throse entstehen [3]. Die Großzahlder VKB-Rupturen erleiden Patien-ten zwischen 20 und 30 Jahren,die Halfte davon entwickelt eine re-levante Gonarthrose innerhalb von20 weiteren Jahren [3]. Gerade fur

diese dann noch sehr jungen undaktiven Patienten ware ein Erhaltbeider Kreuzbander interessant, je-doch gibt es hier noch wenige Daten,uber den VKB-Zustand nach VKB-Plastik in diesen Fallen.Beim Konzept des Transversaltrager-Tibiaplateaus (TTTP) handelt es sichprinzipiell um einen vollig neuenLosungsansatz im Bereich derKnieendoprothetik (Abb. 1).Wesentlicher Grundgedanke desKonzeptes ist die Abstutzung zweierseparater Gelenkflachen (GF) unter-halb der Resektionsebene mittelsTransversaltrager (TT). Hierdurchkann zum einen der Ansatz des vor-deren Kreuzbandes auf dem Tibia-plateau erhalten werden, zum ande-ren gewahrleistet der TT eine dauer-hafte exakte Ausrichtung derbeiden separaten GF zueinander[4].In einer vorangehenden Studie [6]konnte gezeigt werden, dass die Im-plantation eines solchen Quertragerssowohl von medial, als auch vonlateral, in verschiedenen Abstandenzur Gelenklinie moglich ist. Seitensder Primarstabilitat konnen mitsolch einem modularen System

A.M. Nowakowski et al.

Morphometric Analysis of theproximal Tibia in DesignDevelopment of Bi-cruciateRetaining Total KneeArthoplasty

Abstract

Background: To the current date noknee total arthroplasty design was inte-grating the maintanance of both cru-ciate ligaments, The concept of atransversal support tibial plateau is anew approach in ligament preservingtotal knee arthroplasty.Materials and Methods: For analysisof the proximal tibia morphology a CT-based assessment was performed inorder to evaluate the distance of themodular transerversal support to thebone cortex in frontal and sagittalplane in regard the joint line. We useda specifically adapted aming devicewith defined intervals of 15, 25 and35 mm below the joint line for impla-tation oft he prosthesis in 12 cadaverknees.Results: Measuring the sagittal dis-tance of the transversal support inrelation to cortical bone shows areduction of the distance at an increasedrate from 25 to 35 mm. Additionally themedio-lateral measurement reveals thesame relation.Conclusions: Morphometric analysisof the proximal tibia indicates a rathersatisfactory position of the transveralsupport with a 15 to 25 mm interval tothe joint line. At a 35 mm interval theproximal tibia is narrowing and there-fore less utile.Level of evidence: IV.

KeywordsMorphometric analysis– coordinate measure-ment– bi-cruciate retaining– total knee arthro-plasty– transversal support tibial plateau

Sport Orthop. Traumatol. 29, 112–117 (2013)Elsevier – Urban&Fischer

www.elsevier.de/SportOrthoTraumahttp://dx.doi.org/10.1016/j.orthtr.2013.05.003

Orthop€adieTraumatologie

112 A.M. Nowakowski et al. � Morphometrische Analyse der proximalen Tibia zur Designentwicklung kreuzbanderhaltender Knieendoprothesen

ORIGINALARBEIT/ORIGINAL PAPER

vergleichbare Werte erzielt werden,wie bei herkommlichen Prothesen,wogegen bei der Implantationzweier unicondylarer Prothesen me-dial und lateral vermehrtes und un-terschiedliches Nachsinken proble-matisch werden kann [7].Zur weiteren Designentwicklung wur-de in dieser Arbeit eine morphomet-rische Analyse mit Hilfe CT-casierterKoordinatenmesstechnik der proxi-malen Tibia durchgefuhrt, um denAbstand des modularen Transversal-trageres zur Gelenkline und gegebe-nenfalls eine gunstigere Achsaus-richtung im Knochen weiter zuevaluieren.

Material und Methoden

Nach Zustimmung des Studienproto-kolls durch die Ethikkommission bei-der Basel (EKBB) wurden 12 (6 Paar,je rechts und links) formalinfixierteLeichenpraparate verwendet. Dieproximalen Tibiae waren zunachstim studentischen Anatomiekurs pra-pariert worden. Das mittlere Alterbetrug 84 (+/- 11) Jahre, sechs Pra-parate waren weiblich und sechsmannlich.Zur Implantation und korrekten Aus-richtung der in der Lange individuellangepassten Transversaltrager (TT)wurde ein speziell hierfur entwickel-

tes Zielgerat (Aesculap, Tuttlingen,Deutschland) verwendet. Mit Hilfedes Zielgerates erfolgte die Implan-tation der TT nach Abgreifen derGelenkflachenmittelpunkte bei defi-nierten Abstanden von 15, 25 und35 mm unterhalb der Gelenklinie so-wohl von medial als auch von lateral.Anschließend wurden die beidenabgegriffenen Gelenkflachenmittel-punkte mit Bleikugelchen (Ø2,0 mm) markiert und mittelsSchnellkleber (Cementit

�RCA 12,

Merz + Bentli AG, Niederwangen,Schweiz) fixiert. Die detaillierte Im-plantationstechnik wurde in einervorangehenden Studie [6] bereitsbeschrieben.Nach Implantation der TT wurden diePraparate in einem GE Lightspeed 16X-ray CT Scanner (General ElectricHealthcare Corporation, Waukesha,Wisconsin, USA) mit folgenden Para-metern untersucht:

� Beschleunigungsspannung120 kV,

� Schichtdicke 0,625 mm,� Voxeltiefe 0,5 mm,� Voxelhohe 0,296875 mm,� Voxelbreite 0,296875 mm.

Die so generierten DICOM-Bilder imKnochenfenster wurden zur Vermes-sung am Bildschirm in die SoftwareVGStudio Max 2.1.1 (Volume Gra-phics GmbH, Heidelberg, Deutsch-land) eingelesen. Zur Kalibrierungder Oberflache wurde die Anpas-sungsmethode der kleinsten Quadra-te (Gaußsche Anpassung) verwendet.Initial wurde ein Raycasting-basier-tes 3D-Rendering der proximalen Ti-biae anhand der DICOM-Datensatzedurchgefuhrt. Durch Anpassen vonkugelformigen Referenzobjekten andie beiden Bleikugelchen und einemangepassten inneren Kreis am Ein-trittspunkt des Implantats wurde dieFrontalebene durch die Lage derZentren dieser drei geometrischenFormen exakt definiert (Abb. 2).

Abbildung 13D-Rekonstruktion eines CAD-Prototypen nach dem TTTP-Prinzip in Verbindungmit einemCT-Datensatz:Der Transversaltr€ager liegt vollst€andig im metaphys€aren Tibiakopfbereich, ohne dieumgebende Kortikalis zu tangieren. Die Area intercondylaris bleibt von den beidenseparaten Gelenkfl€achen ausgespart, so dass der Ansatz des vorderen Kreuzbandeserhalten bleiben kann.

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Auf Grundlage dieser Frontalebenewurde jeweils ein Koordinatensys-tem mit entsprechenden senkrech-ten Achsen festgelegt. Unter Ver-wendung einer einfachen 3-2-1-Re-gistration konnten so die jeweiligenCT-Bildsequenzen zur Darstellungder 2D-Ebenen neu rekonstruiertund die weiteren Ebenen (horizon-tal und sagittal) exakt zum Koordi-natensystem ausgerichtet werden.Mit Hilfe der CT-basierten Koordina-tenmesstechnik konnten schließlichdie Abstande der projizierten Gelenk-flachenmittelpunkte auf die TT-Ach-sen zur Kortikalis sowohl in sagittalerals auch in transversaler Richtungvermessen werden (Abb. 3).Die detaillierte Beschreibung undValidierung dieser Messmethodewurde ebenfalls vorangehend be-schrieben [5].

Ergebnisse

Seitens der Lagebeziehung desTransversaltragers in sagittaler

Richtung zum Knochen anhand derCT-Messungen konnte festgestelltwerden, dass sich insbesonderemit Vergroßerung des Abstandesvon 25 auf 35 mm der umgebendeKnochen deutlich verringerte(Abb. 4).Außerdem vergroßerten sich die ge-messenen Abstande lateral im Ver-gleich zu medial in anteriorer Rich-tung, beziehungsweise verringertensich analog dazu in posteriorerRichtung.Im Mittel aller 12 Praparate betrugder mediolaterale Abstand der Ge-lenkflachenmittelpunkte 42,7 (+/�5,1) mm. Dabei lagen diese Abstan-de zusammengefasst fur die Kniepra-parate bei einem Implantationsab-stand von 15 mmmit 40,9 (+/� 3,9)mm etwa im Bereich der Praparatemit 35 mm, welche hier einen Ab-stand von 40,4 (+/� 5,8) mm auf-wiesen. Lediglich die Kniegelenkemit einem Implantationsabstandvon 25 mm zeigten tendenzielleinen etwas großeren Abstand

der Gelenkflachenmittelpunkte von46,9 (+/� 3,2) mm.Die Analyse der Tibia-Ausdehnung inmediolateraler Richtung, gemessenin der ausgerichteten Frontalebene,zeigte ebenso eine deutlichere Ab-nahme der knochernen Ausdehnungbeim Schritt von 25 mm Implanta-tionsabstand zu 35 mm, wahrenddiese sich von der Gelenklinie bis15 mm und von 15 mm zu 25 mmdeutlich geringer veranderte. Außer-dem schien dieser Effekt lateral star-ker ausgepragt zu sein, als medial(Abb. 5).

Diskussion

Durch die Verwendung der Koordina-tenmesstechnik in Verbindung mitReferenzobjekten anhand von CT-3D-Rekonstruktionen kann einehohe Prazision erreicht werden [5].Einschrankungen dieser Studie lie-gen darin, dass die abgegriffenenPunkte markiert wurden und nicht

Abbildung 23D-Darstellung der Frontalebene alsSchnittebene, welche durch Referenzob-jekte an den Bleikugeln und dem Ein-trittspunkt des Implantats definiert wurde.

Abbildung 32D-Darstellung der exakt ausgerichteten Sagittalebene durch den markiertenGelenkfl€achenmittelpunkt:Lagebeziehung des TT zum umgebenden Knochen, hier Abstandsmessung unterhalb deslateralen Gelenkfl€achenmittelpunktes zur ventralen Kortikalis in sagittaler Richtung.

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eine Uberprufung im Verhaltnis zuden knochernen Landmarken selbsterfolgte [5].Diese Vorgehensweise wurde jedochextra so gewahlt, da das Abgreifenvon knochernen Landmarkenselbst im CT schon einer Intra-und Interobserver-Variabilitat un-terliegt [8].Mit Hilfe der weiterfuhrendenAnalysen zur Lagebeziehung desTransversaltragers zum Knochen an-hand der CT-Messungen wird deut-lich, dass ein Implantationsabstandvon 35 mm zur Gelenklinie wenigergeeignet ist. Hier verjungt sich dieproximale Tibia meist bereits sostark, dass der Transversaltrager(TT) direkt unterhalb der Gelenkfla-chenpunkte nicht mehr von Knochenumgeben ist. Bei diesem Abstandmussten die Zwischenverbindungenvon den separaten Gelenkflachenzum TT stark verjungend/abgewin-kelt ausgebildet werden.Die Beobachtung, dass der TTscheinbar schrag im Knochen liegt(Abb. 4), also lateral ventral sowiemedial dorsal vonmehr Knochen um-geben ist, als jeweils in entgegen-gesetzter Richtung, lasst sich durchdie anatomischen Gegebenheitengut erklaren. Diese Lagebeziehungberuht wohl auf der Tatsache, dassder Trager in den Versuchen unterAbgreifen der Gelenkflachenmittel-punkte mit dem Zielgerat ausgerich-tet wurde. Denn, wie Fick [1] inseinem Werk bereits 1904 beschrie-ben hat, liegen die Gelenkflachen –je nach Betrachtung der Achsen –parallel gegeneinander verschobenauf der Tibia.Die morphometrische Analyse derproximalen Tibia mit Hinblick aufdie Implantatlage unter Verwen-dung der CT-basierten Koordinaten-messtechnik fuhrt zur grundlegen-den Feststellung, dass eine eherproximale Lage des Transversaltra-gers mit 15 bis 25 mm Abstand zurGelenklinie gunstig erscheint.

Abbildung 4Mittelwerte der Kortikalisabst€ande in sagittaler Richtung (anterior-posterior) zur TT-Achse in Abh€angigkeit der Implantationsabst€ande zur Gelenklinie.Die Werte in transversaler Richtung (medial-lateral) stellen die Abst€ande der jeweiligenGelenkfl€achenmittelpunkte zur Kniemitte in dieser Richtung dar.

Abbildung 5Kn€ocherne mediolaterale Ausdehnung der proximalen Tibia in Abh€angigkeit des Ab-standes von der Gelenklinie.

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Bei weiterfuhrender Betrachtung derFrontalschnitte aus den CT-Daten-satzen durch die Gelenkflachenmit-telpunkte konnten im Wesentlichendrei verschiedene Morphotypen derproximalen Tibia erkannt werden(Abb. 6):

� Typ A: tulpenformig,� Typ B: kegelstumpfformig,� Typ C: trompetenformig.

Der tulpenformige Morphotyp(Typ A) sowie bedingt auchder kegelstumpfformige Morphotyp(Typ B) scheinen sich gut fur eineVersorgung mittels kreuzbander-haltendem Transversaltrager-Tibia-plateau (TTTP) zu eignen, da hierdie angestrebte kurzere Bauformeine vollstandige Integration desTransversaltragers (TT) in den Kno-chenstock erlauben wurde. Hinge-gen ware der trompetenformigenMorphotyp (Typ C) mit sich raschnach distal verjungendem Kno-chenstock weniger gunstig, dahier moglicherweise der TT denKnochen permanent perforierenwurde.Durch ubermaßige Knochenresek-tion konnte sich jedoch auch einegunstige proximale Tibia Typ A ineinen weniger gunstigen Typ C uber-fuhren lassen.

Mit Hilfe dieser morphometrischenZusammenhange, wie auch aus derbeschriebenen Beobachtung, dassbei Implantation mittels Abgreifender Gelenkflachenmittelpunkte derTT scheinbar schrag im Knochenliegt, konnen weitere Analysen zurDesignentwicklung angestrebt wer-den. Es sollen Studien mit großererPraparatanzahl folgen, um einegunstige Geometrie des TTTP weiterzu spezifizieren, moglicherweise alsasymmetrisches Design.

Interessenkonflikt

Als Interessenkonflikt konnte mog-licherweise angesehen werden, dasseine Patentlizenzierung bei der Fir-ma Aesculap des Autors A. M. Nowa-kowski in Vorbereitung ist. Aktuellist der Beitrag produktneutral, danoch keine Umsetzung eines Designsvorgesehen ist, es befindet sich nochin der experimentellen Phase.Diese Arbeit wurde durch einenBeitrag des Stipendienfonds derSGOT (Schweizerische Gesellschaftfur Orthopadie und Traumatologie)unterstutzt.

Literatur

[1] R. Fick, Gelenkflachen des Kniegelenkes.Handbuch der Anatomie und Mechanik

der Gelenke, Verlag von Gustav Fischer,Jena, 1904 342–360.

[2] G.C. Lee, F.D. Cushner, V. Vigoritta, G.R.Scuderi, J.N. Insall, W.N. Scott, Evalua-tion of the anterior cruciate ligamentintegrity and degenerative arthritic pat-terns in patients undergoing total kneearthroplasty, J Arthroplasty 20 (2005)59–65.

[3] R. Norris, P. Thompson, A. Getgood, Theeffect of anterior cruciate ligament re-construction on the progression of os-teoarthritis, Open Orthop J 6 (2012)506–510.

[4] A.M. Nowakowski, Das Transversaltra-ger-Tibiaplateau (TTTP), OrthopadischePraxis 42 (2006) 419–428.

[5] A.M. Nowakowski, M. Muller-Gerbl, V.Valderrabano, Assessment of knee im-plant alignment using coordinate mea-surement on three-dimensional compu-ted tomography reconstructions, SurgInnov 19 (2012) 375–384.

[6] A.M. Nowakowski, M. Muller-Gerbl, V.Valderrabano, Surgical approach for anew knee prosthesis concept (TSTP) re-taining both cruciate ligaments, ClinAnat 23 (2010) 985–991.

[7] A.M. Nowakowski, M. Stangel, T.M.Grupp, V. Valderrabano, Investigatingthe primary stability of the transversalsupport tibial plateau concept toretain both cruciate ligaments duringtotal knee arthroplasty, J ApplBiomater Funct Mater 10 (2012)e127–e135.

[8] J. Victor, D. Van Doninck, L. Labey, B.Innocenti, P.M. Parizel, J. Bellemans,How precise can bony landmarks be de-termined on a CT scan of the knee? Knee16 (2009) 358–365.

Abbildung 6Morphologische Einteilung der proximalen Tibia anhand der Frontalebene a) tulpenf€ormig, b) kegelstumpff€ormig, c) trompetenf€ormig.

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Korrespondenzadresse:Dr. med. Dr. phil. Dipl.-Ing. (FH) Andrej M.NowakowskiOrthopadische Universitatsklinik,Universitat BaselSpitalstrasse 21

CH-4031 BaselSchweizTelefon +41619231430Fax: +41619231431.

E-Mails: [email protected],[email protected],[email protected]

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