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Verbraucherpolitische Korrespondenz März/April 2009 | Nr. 20 Preis: 7 ,– € Neue Akzente für die Verbraucherpolitik Positionen zur Bundestagswahl 2009 Verbraucher im Finanzmarkt stärken Gastkommentar von Ilse Aigner Sie haben die Macht! BEUC formuliert Verbraucherpakt zur EU-Wahl Zwölf Fragen an ... ... Axel Hacke

März/April 2009 Nr. 20 Preis: 7 Korrespondenz...Verbraucherpolitische Korrespondenz März/April 2009 | Nr. 20 Preis: 7,– € Neue Akzente für die Verbraucherpolitik Positionen

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Verbraucherpolitische Korrespondenz

März/April 2009 | Nr. 20Preis: 7,– €

Neue Akzente für die VerbraucherpolitikPositionen zur Bundestagswahl 2009

Verbraucher im Finanzmarkt stärkenGastkommentar von Ilse Aigner

Sie haben die Macht!BEUC formuliert Verbraucherpakt zur EU-Wahl

Zwölf Fragen an ...... Axel Hacke

2 Verbraucherpolitische Korrespondenz | 04.2009Inhalt

Aus dem Inhalt

Impressum

Die Verbraucherpolitische Korrespondenz (vpk)

erscheint alle zwei Monate und informiert über die

Arbeit des vzbv und seiner Mitgliedsverbände sowie

über aktuelle Nachrichten zur nationalen und interna-

tionalen Verbraucherpolitik.

HerausgeberVerbraucherzentrale Bundesverband e. V. (vzbv)

Markgrafenstraße 66 · 10969 Berlin

Tel. (030) 258 00-0 · Fax (030) 258 00-218

info @ vzbv.de · www.vzbv.de

verantwortlich für den InhaltGerd Billen

RedaktionChefredaktion: Christian Fronczak

Chef vom Dienst: Steffen Küßner

Ileana von Putt kamer, Vikki Schaefer, Simone Wander

MitarbeitMonika Büning, Christina Denz, Frederik Leven,

Christian Thorun

Satzbearbeitung und Layoutda vinci design GmbH, Berlin

Albrechtstraße 13 · 10117 Berlin

KarikaturKlaus Dittmann

Titelfotoda vinci design GmbH, Berlin

Fotos Verbraucherzentrale Bundesverband, fotolia

Druckenka-druck GmbH,

Großbeerenstraße 2 · Gebäude 02 EG · 12107 Berlin

100 % Recyclingpapier

Frei zum Nachdruck, Belegexemplar erwünscht

Abonnement/BezugDie vpk kann als Print-Ausgabe zum Preis von jähr-

lich 36 Euro als Abonnement bezogen werden.

Darüber hinaus ist ein Bezug über die Website des

vzbv als Newsletter kostenfrei möglich (Anmeldung

unter www.vzbv.de).

Verbraucherzahl des Monats

Aus dem Inhalt

Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

NationalNeue Akzente für die Verbraucherpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4Kind, Kegel und Konsumentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8Finanzmarkt verbrauchergerecht gestalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8Ungewisser Ausgang beim Datenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9Erfolg gegen Landplage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9

GastkommentarIlse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

EuropaSie haben die Macht! BEUC zeigt Parlamentariern, wie sie Wähler gewinnen können . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

Mitglieder im PortraitVerbraucherzentrale Sachsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

vzbv InternKlimaschutz zahlt sich aus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15Vollzeitjob Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16Politikerbesuch an Elbe und Isar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16Surfer haben Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17Nachruf auf Angelika Eckert-Pulwey . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

Meinungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

Meilensteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

Zwölf Fragen an … ... Axel Hacke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

ServiceTermine, Veranstaltungen und Veröffentlichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20

9.000.000.000 Euro

Die Europäische Union hat am 31. März 2009 Mindeststandards für die Energieeffi zienz von Kühlgeräten, Waschmaschinen und Fernsehern einge-führt. Alleine bei Fernsehern sollen durch diese Maßnahme europaweit bis 2020 jährlich neun Milliarden Euro an Energiekosten eingespart werden. Q

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3Editorial

Verbraucher stärken heißt Wirtschaft stärken

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In nicht einmal sechs Monaten wählt Deutschland einen neuen Bundestag. Sel-ten hat eine Wahl in so turbulenten Zeiten stattgefunden. Die Wirtschaftskrise trifft immer mehr Haushalte, mit der Folge von Arbeitslosigkeit und Einkommenseng-pässen. Wie diesen Herausforderungen zu begegnen ist, wird den Wahlkampf entscheidend prägen. Eine moderne Ver-braucherpolitik kann darauf wichtige Ant-worten geben. Doch dazu muss sie weg kommen von ihrer passiven, erst auf Kri-sen reagierenden Rolle. Vielmehr gilt es, präventiv aktiv zu werden.

Eine Verbraucherpolitik auf der Höhe der Zeit muss einen Rahmen schaffen, in dem Konsumenten sicher, gesund und nach-haltig privat wirtschaften und die Chan-cen der globalen Märkte nutzen können. So verstanden ist sie Motor und Antrieb einer Wirtschafts- und Unternehmens-politik, die sowohl bei Produkten und Dienstleistungen als auch in der Unter-nehmensphilosophie auf Qualität, Ser-vice und Innovationsfähigkeit setzt. Ihr Erfolg wird sich auch daran messen las-sen, ob sie zur zeitlichen und fi nanziellen Entlastung beiträgt. „Verbraucher sein“ darf nicht zum Vollzeitjob werden. Dies ist in der Vergangenheit aus dem Blick geraten. Ein immer breiteres Angebot an Waren und Dienstleistungen überfordert viele Verbraucher zunehmend. Das Ergeb-

nis sind häufi gere Fehlentscheidungen, mit schwerwiegenden Folgen auch für die Volkswirtschaft.

In der kommenden Legislaturperiode muss es darum gehen, Verbraucher politik stärker zu gestalten: Angefangen von ord-nungspolitischen Leitplanken in Märkten, die nicht gut funktionieren, über den Ein-satz von unabhängigen Marktwächtern bis hin zu bedarfsgerechten, wirkungsvollen Gesetzen einschließlich ihrer effi zienten Durchsetzung. Um Märkte zukunftsfähig zu gestalten, darf die Politik auch nicht vor Verboten zurückschrecken, sondern muss

„Spritfressern“ und „Energieschleudern“ ebenso die rote Karte zeigen wie hochris-kanten Geldanlagen für Otto Normalver-braucher.

Parallel dazu müssen Anreizprogramme dafür sorgen, dass die besten Produkte am Markt zur Messlatte werden. Was heute noch die Speerspitze der Technolo-gie ist, kann morgen schon veraltet sein. Die Nachfrage nach energieeffizienten Kühlschränken und Autos, renditestarken

oder risikoarmen Finanzprodukten, schad-stofffreien Spielzeugen oder Lebensmit-teln sowie sozial und ökologisch verant-wortlich handelnden Unternehmen muss angeregt werden. Effektive Kennzeich-nungssysteme müssen die Transparenz von Produkten, Dienstleistungen und den dahinter stehenden Anbietern erhöhen, ohne damit von der Notwendigkeit struk-tureller Politikmaßnahmen abzulenken. Schließlich benötigen Verbraucher zuver-lässige, anbieterneutrale Institutionen, denen sie vertrauen und die verbraucher-relevante Anliegen kompetent bewerten.

Diese Klaviatur einer modernen Verbrau-cherpolitik richtig zum Klingen zu bringen, das wird die Aufgabe des nächsten Bun-destags und der kommenden Bundesre-gierung sein. Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben die Möglichkeit, mit ihrer Stimme dazu beizutragen.

Gerd Billen

I. Gebot: Ihr sollt die Verbraucherrechte stärken

4 Verbraucherpolitische Korrespondenz | 04.2009National

Zur Bewältigung der gegenwärtigen Wirtschafts- und Finanzkrise kann die Verbraucherpolitik einen wesentlichen Beitrag leisten. Dabei geht es darum, die Verbraucher zu stärken und Märkte zu stimulieren. Doch was bedeutet dies konkret für die kommende Bundesre-gierung und die neuen Mitglieder des Bundestages? Was sind die zentralen Handlungsfelder für die neue Legislatur-periode? Wie lassen sich die Situation und Zufriedenheit der Verbraucher spür-bar verbessern? Der Verbraucherzen-trale Bundesverband hat zehn Kernfor-derungen formuliert, die an dieser Stelle gekürzt dokumentiert werden:

I. Die Verbraucherpolitik stärken Die Hälfte der Verbraucher ist der Meinung, dass die Bundesregierung sich nicht wir-kungsvoll für die Interessen der Verbrau-cher engagiert. Dies muss sich ändern. Um das Querschnittsthema Verbraucher-po litik am Kabinettstisch aufzuwerten, bedarf es zweierlei: den Ausbau des Ver-braucherministeriums zu einem echten

Neue Akzente für die Verbraucherpolitik

Positionen des Verbraucherzentrale Bundesverbandes zur Bundestagswahl 2009

Querschnittsressort und eine systema-tische Verbraucherfolgenabschätzung für politische Entscheidungen.

Um eine Politik für und mit Verbrauchern machen zu können, muss ein Beobach-tungssystem eingeführt werden, das regelmäßig Daten und Wissen über die wesentlichen Verbrauchermärkte gene-riert. Wie ist es um den Wettbewerb auf den Energiemärkten bestellt? Wie zufrie-den sind Verbraucher mit Internetdienst-leistern? Die Politik muss wissen, wo die Märkte und die sich darin bewegenden Konsumenten stehen. Gleichzeitig müs-sen politische Entscheidungen einem Ver-braucher-Check unterzogen werden.

Zudem ist der Ressortzuschnitt neu zu justieren. Derzeit ist das zuständige Bun-desministerium immer wieder Herr wider-streitender Interessen. Moderne Ver-braucherschutzthemen wie Datenschutz, Gesundheit, Pfl ege und Finanzmarktkrise werden meist von anderen Ressorts for-ciert. Das Verbraucherministerium muss echten Querschnittscharakter erhalten. Themen wie das Mess- und Eichwesen

und die Produktsicherheit sind zu inte-grieren. In allen Ressorts sind Verbrau-cherbeauftragte zu bestimmen.

II. Verbraucherfreundliche Regeln im Finanzmarkt etablieren

Auch wer heute 45 Jahre lang arbeitet und in die Rentenkasse einzahlt, muss für das Alter zusätzlich privat vorsorgen. Verbraucher sind hier mit hoch komple-xen Produkten konfrontiert, die sie nicht durchschauen und für die auch kein Erfah-rungswissen existiert. Das gleiche gilt für die Geldanlage, den Baukredit oder die Versicherung gegen Berufsunfähigkeit. Die Folge: Viele Verbraucher sind nicht optimal mit Finanzprodukten versorgt.

Verantwortlich hierfür sind ineffi ziente Produkte, komplexe Verbraucherinforma-tionen, mangelnder Wettbewerb, unfaire Vertriebsmethoden und provisionsge-steuerter Vertrieb. Der Verlust durch eine nicht bedarfsgerechte Beratung beläuft sich nach einer Untersuchung im Auftrag des Bundesverbraucherministeriums auf 20 bis 30 Milliarden Euro pro Jahr. Zudem gibt es ein erhebliches Kontrolldefizit, verursacht durch höchst unterschiedliche Regelungen und Beaufsichtigung der ein-zelnen Vermittlergruppen. So muss ein Versicherungsberater den Kunden ein Beratungsprotokoll vorlegen, ein Anlage-berater hingegen nicht.

Alle Vermittler müssen gleichen Regeln der Qualifikation, Zulassung, Transpa-renz und Vermögensschadenabsicherung unterliegen. Der Nachweis der Sachkunde muss ebenso obligatorisch werden wie eine Berufshaftpfl icht. Zudem benötigen wir eine zentrale und effi ziente Aufsichts-behörde. Kein Produkt und kein Anbieter von Finanzdienstleistungen dürfen mehr unbeaufsichtigt bleiben. Um diese Aufga-

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504.2009 | Verbraucherpolitische Korrespondenz National

ben bewältigen zu können, ist die staat-liche Finanzaufsicht mit entsprechenden Ressourcen auszustatten.

III. Für gleiche Chancen und fairen Wettbewerb im Gesundheits- wesen sorgen

Volle Wartezimmer, die bevorzugte Behandlung von Privatpatienten, Schwie-rigkeiten einen zeitnahen Termin bei Fach-ärzten zu bekommen oder hohe Zuzah-lungen oder Vorauskasse sind für viele Verbraucher ein Ärgernis. Die Gesund-heitsreform sollte hier Abhilfe schaffen. Doch bisher sehen sich die Versicher-ten der Krankenkassen nur neuen Ange-boten und Tarifen gegenüber. Von „ein-facher“ und „gerechter“ spüren Patienten und Versicherte bisher wenig. Es fehlt an Transparenz, einheitlichen Qualitätsstan-dards und unabhängiger Information.

Das System der Krankenversicherungen ist neu zu ordnen. Ziel müssen gleiche Versicherungsbedingungen für alle mit vergleichbar guter medizinischer Ver-sorgung sein. Die Vergütung von medizi-nischen Leistungen ist in allen Systemen anzugleichen, um Ungleichbehandlungen je nach Versicherungsstatus zu vermeiden. Konkret geht es um ein Reformkonzept für die Ausgestaltung eines solidarischen Gesundheitswesens und die Aufgaben-teilung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung.

IV. Wettbewerb und Versorgungs-sicherheit in den Energiemärkten garantieren

Auch wenn die Energiekosten krisen-bedingt derzeit stagnieren und zum Teil sinken: Für eine durchschnittliche drei-köpfi ge Familie sind die Stromkosten in

den vergangenen neun Jahren um 55 Pro-zent gestiegen. Die Energiekosten veran-schlagten im Jahr 2008 über zehn Pro zent der gesamten Konsumausgaben. Viel-fach gibt es beim Anbieterwechsel Pro- bleme. Der Anteil Erneuerbarer Energien an der Energieversorgung ist noch zu gering.

Entscheidend für die Preisbildung ist neben den internationalen Rohstoffprei-sen vor allem die inländische Wettbe-werbssituation. Kurzfristiges Ziel im Strom- und Gasmarkt ist und bleibt daher die Etablierung einer funktionierenden Wett-bewerbsordnung. Übergeordnetes Ziel muss eine günstige und zugleich umwelt-verträgliche Energieversorgung sein.

Mehr Wettbewerb und mehr Effi zienz wer-den am Ende für angemessene Energie-preise sorgen. Gleichzeitig sind saubere Technologien zu fördern, die eine größere Unabhängigkeit von Energieimporten

bieten. Dezentral und Erneuerbar lauten die Losungsworte. Wir benötigen eine deutliche Erhöhung des Anteils Erneuer-barer Energien sowohl im Strom- als auch im Wärmemarkt.

V. Nachhaltigen und klimafreundlichen Konsum erleichtern

Der Klimawandel wird von immer mehr Verbrauchern als Herausforderung und Notwendigkeit für ihr persönliches Kon-sumverhalten begriffen. Derzeit verur-sacht ein Deutscher durchschnittlich elf Tonnen klimawirksame Kohlendioxid-emissionen pro Jahr. Nachhaltig wären zwei Tonnen.

Um die anspruchsvollen Ziele im Klima-schutz zu erreichen, muss die Politik in den Bereichen Gebäudeheizung, Ver-kehr und Elektrogeräte alle zugäng- lichen Effi zienzpotentiale heben. Mit der Festlegung von Effi zienz- und Mindest-standards muss sie sich in Europa für eine Marktbereinigung einsetzen. Produkte, die diese Standards nicht einhalten, müssen vom Markt verschwinden. Gleich-zeitig gilt es, fi nanzielle Anreizstrukturen zu schaffen, die nachhaltigen Konsum belohnen.

Eine Schlüsselrolle bei der Reduk-tion der privaten Treibhausgasemis-sionen spielt die Mobilität. Auf sie entfallen etwa 15 Prozent der Konsumaus-gaben und etwa ein Viertel der privaten Treibhausgasemissionen. Von den elf Tonnen Kohlendioxid pro Kopf entfallen 1,5 Tonnen auf Flugverkehr und Privat-fahrzeuge, lediglich 0,1 Tonnen auf den öffentlichen Verkehr. Besonders die enormen Potentiale des Bahnverkehrs und des Öffentlichen Personen- und Nah-verkehrs (ÖPNV) bleiben bisher unausge-schöpft.

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6 Verbraucherpolitische Korrespondenz | 04.2009National

Der gescheiterte Bahnbörsengang und die neue Führungsspitze der Deutschen Bahn eröffnen die Möglichkeit, die Bahnpolitik aus den Anforderungen der Bahnkunden heraus zu formulieren. Dazu gehört zuvor-derst die Verbesserung der Qualität im Fernverkehr. Hierfür ist eine Optimierung der Geschwindigkeiten, Anschlüsse und Netzknoten erforderlich. Zudem muss ein integriertes Verkehrskonzept ent wickelt werden, das die Effi zienzpotentiale aller Verkehrsträger optimal ausnutzt. Wir brauchen optimale Rahmenbedingungen für den individuellen, günstigen und öko-logisch verträglichen Mobilitäts-Mix.

VI. Die Rechte der Verbraucher in der digitalen Welt ausbauen

Über zwei Drittel der Deutschen nutzten 2008 das Internet. Für viele ist es aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken: Sie kau-fen sich Musik, bestellen Waren, buchen Flüge, erledigen die Geldgeschäfte online oder kommunizieren einfach. Insbeson-dere die Jüngeren nutzen das Netz nicht nur passiv. Sie integrieren es in ihr Alltagsle-ben. Doch viele Verbraucher bewegen sich oft zu arglos im Word Wide Web – denn im Internet gelten nach wie vor andere Regeln als in der analogen Welt: Der Datenschutz wird ausgehebelt, Rechte zu Lasten der Verbraucher defi niert, Verbraucher sind Phishing-Attacken und anderen Abzocker-Methoden ausgeliefert.

In Analogie zum Web 2.0 brauchen wir eine Soziale Marktwirtschaft 2.0. Min-deststandards müssen den Verbrau-cher- und Datenschutz in der digitalen Welt sicherstellen. Deutschland muss sich international dafür einsetzen, dass die „Charta der Rechte der Verbraucher in der digitalen Welt“ weltweit zur Gel-tung kommt. Sie umfasst Grundregeln zur Datensparsamkeit, -vermeidung und

-sicherheit. Phishing-Attacken (Diebstahl etwa von Kreditkarteninformationen) müssen durch schärfere Haftungsregeln eingedämmt werden. Ein weiterer Fokus gilt dem gesetzlichen Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet, insbeson-dere hinsichtlich der Marktüberwachung der Altersregeln.

Weiteres Augenmerk jenseits des World Wide Web gilt der RFID-Technologie. Sie wird zunehmend in Logistik und Handel eingesetzt und sorgt dann für Unbehagen, wenn Kunden- und Bewebungsprofile erstellt werden können. Im Januar 2009 hat die Bundesregierung einen Bericht über den Regelungsbedarf eingebracht. Dieser muss gesetzgeberisches Handeln zur Folge haben. Gleiches gilt auch für das Urheberrecht. Nach wie vor untergra-ben Kopierschutzsysteme das Recht auf Privatkopie und binden Verbraucher an bestimmte Geräte und Hersteller.

VII. Mit Information und Bildung selbst-bestimmte Verbraucher schaffen

Morgens klingelt der in Taiwan produ-zierte Wecker. Im Müsli schwimmen Erd-beeren aus Italien. Für das Oberhemd wurde Baumwolle in Usbekistan gepfl ückt. Der Wecker funktioniert, die Erdbeeren schmecken und das Hemd sitzt – aber stimmen auch die ökologischen und sozia en Bedingungen, unter denen die Produkte hergestellt wurden?

Verbraucher wollen dies wissen, bevor sie ein Produkt kaufen. Doch die Informa-tionen reichen meist nicht aus, um ihnen eine bewusste Kaufentscheidung zu ermöglichen. Dies betrifft auch das soge-nannte zweite Preisschild, also Informatio-nen über die ökologischen und sozialen Herstellungsbedingungen und das verant-wortliche Handeln des Unternehmers.

Durch eine Reform des Verbraucherinfor-mationsgesetzes (VIG) ist zu gewährleis-ten, dass die Öffentlichkeit, wie Anfang 2009 in Berlin-Pankow geschehen, obli-gatorisch unter Nennung von Ross und Reiter über Verstöße unterrichtet wird. Die bisher auf Informationen zur Lebens-mittelsicherheit sowie Sicherheit von Spielzeugen und Bedarfsgegenständen beschränkten Informationspfl ichten sind auf weitere Bereiche wie etwa Finanzen, Energie und Gesundheit auszuweiten.

Neben effektiver Information muss das Thema Verbraucherbildung auf die poli-tische Tagesordnung. Notwendig ist eine koordinierte Bund-Länder-Initiative zur Stärkung der Alltagskompetenz speziell von Kindern, Jugendlichen und Senioren. Kernaufgaben dieser Initiative sind die bundesländerübergreifende Koordina-tion der Verbraucherbildung, die Formu-lierung bundesländerübergreifender Min-deststandards sowie die Sicherstellung der Einbindung von Verbraucherthemen in die Schul-Curricula. Schulen dürfen keine Konsumanalphabeten entlassen.

VIII. Marktwächter für wichtige Konsumbereiche einführen

Komplizierte Tarifmodelle, intransparente Preisgestaltung, fehlerhafte Beratung – es gibt viele Dinge, die Verbraucher im Kon-sumalltag nerven. Damit verbunden ist ein schleichender Vertrauensverlust, der lang-fristig der Volkswirtschaft insgesamt scha-det. Um diesen Trend zu stoppen, gilt es, die Vertretung von Verbraucherinteressen im Marktgeschehen zu stärken. Etwa durch den Aufbau schlagkräftiger Marktwächter unter dem Dach des Verbraucherzentrale Bundesverbandes und der Verbraucher-zentralen. Vordringlich wären sie für den Finanzmarkt, Energiemarkt, Gesundheits-markt und Telekommunikationsmarkt.

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704.2009 | Verbraucherpolitische Korrespondenz National

Die Aufgabe dieser Marktwächter lässt sich mit „schnüffeln, bellen, beißen“ umschreiben: Anbieterverhalten kon-trollieren, Marktversagen aufdecken, die Öffentlichkeit und Vollzugsbehörden warnen und die Interessen von Verbrau-chern notfalls vor Gericht durchsetzen. Zur Finanzierung sind öffentliche Mittel bereitzustellen. Eine Mitfi nanzierung der Wirtschaft ist gesetzlich zu verankern. Zur Verwaltung und Steuerung der Fördermit-tel ist eine Stiftung einzurichten.

IX. Die unabhängige Verbraucher-beratung ausbauen

Früher war nicht alles besser, aber vieles einfacher. Ob Telefondienstleistungen, Altersvorsorge oder das Gesundheits-system – Verbraucher müssen heute stän-dig vergleichen, auswählen, optimieren. Entsprechend groß ist ihr Bedarf an pro-dukt- und anbieterunabhängiger Bera-tung, nach einem verlässlichen „Lotsen im Markt“. Diese Aufgabe übernehmen die Verbraucherzentralen und die unab-hängigen Verbraucherverbände. Doch ihre Kapazitäten reichen nicht aus, um die bestehende Nachfrage fl ächendeckend befriedigen zu können.

Bundesweit existieren rund 190 Bera-tungsstellen der Verbraucherzen-tralen, wovon rund 30 Prozent mit lediglich einer Beratungs-kraft besetzt sind. Die insti-tutionellen Zuwendungen der Bundesländer für die Leistungen der Verbrau-cherzentralen liegen derzeit bei etwa 0,39 Euro pro Ein-wohner, ein Gegenwert von nicht einmal einer Kugel Eis. Die mangelnde Ausstattung wird aktuell vor allem in der Finanzberatung sichtbar: Mit

ihren Kapazitäten können die Verbrau-cherzentralen lediglich 0,14 Prozent der Privathaushalte im Jahr beraten.

Anzustreben sind 400 anbieter- und pro-duktunabhängige Beratungsstellen mit insgesamt 2000 Verbraucherberatern. Sie gewährleisten, dass pro Jahr 20 Pro -zent aller Haushalte eine Beratung in Anspruch nehmen können. Um diese neue Qualität der Verbraucherarbeit zu erreichen, müssen Bund und Länder zusätzliche fi nan zielle Mittel bereitstel-len. Auch hier ist die Wirtschaft durch zweckgebundene Abgabeverpfl ichtungen fi nanziell zu beteiligen.

X. Die kollektive Rechtsdurch-setzung stärken

Verbraucher sind durch unfaire Vertrags-bedingungen benachteiligt, tappen im Internet in Kostenfallen oder sind mit unberechtigten Gaspreiserhöhungen konfrontiert. In all diesen Fällen haben Verbraucherverbände die Befugnis, auf

juristischem Wege die Rechte der Konsu-menten durchzusetzen. Doch das vorhan-dene Instrumentarium reicht nicht aus, um Märkte zu bereinigen und entstan-dene Schäden zu kompensieren.

So ist die Rechtsdurchsetzung kaum zu organisieren, wenn in einer Sache viele Verbraucher gleichmäßig betroffen sind. Die Folge ist, dass berechtigte Ansprüche wegen einer niedrigen Anspruchshöhe oder eines zu hohen Prozesskostenrisi-kos nicht weiter verfolgt werden. Am Ende verbleiben zu Unrecht erzielte Gewinne bei den Unternehmen. Auch können Ver-braucherverbände nur sehr eingeschränkt gegen systematische Verletzungen des Datenschutzes vorgehen.

Durch die Einführung einer Musterfest-stellungsklage der Verbraucherverbände könnte eine Rechtsfrage verbindlich für alle Betroffenen geklärt werden. Der geltende Gewinnabschöpfungsan spruch ist effektiv auszugestalten und auf AGB-Verstöße und Verstöße gegen Verbraucher-recht auszudehnen. Bei AGB-Verstößen müssen Gerichte nicht nur die Unterlas-sung, sondern auch die Entschädigung der Betroffenen anordnen können.

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hängigen Verbraucherverbände. Doch ihre Kapazitäten reichen nicht aus, um die bestehende Nachfrage fl ächendeckend

Bundesweit existieren rund 190 Bera-tungsstellen der Verbraucherzen-tralen, wovon rund 30 Prozent mit lediglich einer Beratungs-kraft besetzt sind. Die insti-tutionellen Zuwendungen der Bundesländer für die Leistungen der Verbrau-cherzentralen liegen derzeit

0,39 Euro pro Ein-, ein Gegenwert von

nicht einmal einer Kugel Eis. Die mangelnde Ausstattung wird aktuell vor allem in der Finanzberatung sichtbar: Mit

müssen Gerichte nicht nur die Unterlas-sung, sondern auch die Entschädigung der Betroffenen anordnen können.

8 Verbraucherpolitische Korrespondenz | 04.2009National

Von allen Verbrauchergruppen äußern Familien die größte Unzufriedenheit mit ihrer Situation als Verbraucher. Denn hier bündeln sich die kleinen und großen Überforderungen des Konsumalltags. Der Zweite Deutsche Verbrauchertag am 12. Mai steht deshalb ganz im Zeichen der Familie.

Haushaltsführung ist heute mehr als der Erwerb von Versorgungsgütern. Globali-sierte und liberalisierte Märkte, die Infor-mations- und Wissensgesellschaft, der Rückbau des Sozialstaates und individuali-sierte Lebensstile verlangen Familien kom-plexe Konsumentscheidungen und Orga-nisationsprozesse ab. Gleichzeitig steigen die Erwartungen an die berufl iche Flexibili-tät der Familienmitglieder und an funktio-nierende soziale Beziehungen. Familie, das ist ein dauernder Spagat zwischen Nötigem, Machbarem und Wünschenswertem.

Kind, Kegel und Konsumentscheidungen

Deutscher Verbrauchertag widmet sich dem Alltag von Familien

Konsumkompetenzen von Familien stärken

Politik und Wirtschaft beklagen unzurei-chende Kompetenzen der Familienhaus-halte für die Alltagsbewältigung. Umge-kehrt privatisiert der Staat öffentliche Aufgaben und entlässt seine Bürger ohne ausreichende Vorbereitung in die neue Eigenverantwortung. Auch das Ange-bot an Waren, Dienstleistungen, Infor-mation und Service hält mit den verän-derten Lebensrealitäten und vielfältigen Familien modellen nicht Schritt.

„Familie hat in Zeiten der Wirtschafts-krise Konjunktur“, heißt es im Familien-report 2009 der Bundesregierung. Fami-lienfreundlichkeit gehört daher oben auf die Agenda von Politik und Gesellschaft. Der Deutsche Verbrauchertag 2009 will Lösungsmöglichkeiten diskutieren, wie

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner und der Vorstand des Verbraucherzen-trale Bundesverbandes, Gerd Billen, haben gemeinsam verbraucherfreund-lichere Regeln für den Finanzmarkt gefor-dert. Anlass war der Weltverbrauchertag am 15. März.

Die beschlossenen Gesetzesänderungen zum Anlegerschutz seien ein erster wich-tiger Schritt. Jetzt müsse an einheitlichen Regeln für die Finanzvermittlung und -beratung gearbeitet werden, um Verbrau-chern überall das gleiche Schutzniveau zu garantieren. Erforderlich sei mehr Transpa-renz hinsichtlich Kosten und Risiken von

Finanzmarkt verbrauchergerecht gestalten

Aigner und Billen fordern besseren Anlegerschutz und eine Stärkung der Finanzkompetenz von Verbrauchern

eine faire Teilnahme von Familien in modernen Marktgesellschaften gesichert werden kann und wie sich ihre Konsum-kompetenzen stärken lassen. Gastredner der Veranstaltung des Verbraucherzen-trale Bundesverbandes sind unter ande-rem Bundeskanzlerin Angela Merkel und der SPD-Parteivorsitzende Franz Münte-fering.

Anlagen. Zudem müssten für alle Finanz-produkte, auch die des Grauen Kapital-marktes, vergleichbare Regeln gelten.

Zum Weltverbrauchertag stellte Minis-terin Aigner ein neues interaktives Inter-netportal zu Finanzmarktthemen vor, das derzeit vom Bundesverbraucherminis-terium und der Verbraucherzentrale Nord-rhein-Westfalen entwickelt wird. Auf die-ser Seite sollen Verbraucher Antworten auf häufi g gestellte Fragen fi nden. Eine weitere praktische Orientierungshilfe für Finanzentscheidungen bietet das

„Checkheft Altersvorsorge“. Es kann auf den Internetseiten www.bmelv.de sowie

www.altersvorsorge-macht-schule.de her unter geladen und bestellt werden.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband forderte außerdem, die Finanzbildung in den Lehrplänen der Schulen stärker zu verankern. Erforderlich seien mehr Fort-bildungen für Lehrer, entsprechende Arbeitsmaterialien und zusätzliche perso-nelle Ressourcen. „Was wir benötigen, ist eine Bund-Länder-Strategie für fi nanzielle Bildung“, so Billen. Die Verbraucherzen-tralen stellten ihre Aktivitäten zum Welt-verbrauchertag in diesem Jahr unter das Thema Finanzkompetenz von Kindern und Jugendlichen.

www.altersvorsorge-macht-schule.de

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904.2009 | Verbraucherpolitische Korrespondenz National

Wichtige Vorhaben zum Datenschutz dro-hen im Bundestag zu scheitern. Umstrit-ten ist, ob auch weiterhin Daten von Ver-brauchern für gewerbliche Zwecke ohne deren Einwilligung verwendet werden dürfen. Wirtschaftslobbyisten wollen dieses so genannte Listenprivileg beibe-halten.

Nach den Datenskandalen des letzten Sommers hatten sich Bundesregie-rung und Länder im September 2008 auf stren gere Regeln beim Datenschutz geeinigt. Doch was verheißungsvoll begann, droht im parlamentarischen Verfahren nun an wichtigen Punkten beschnitten zu werden. Der Verbrau-cherzentrale Bundesverband warnt vor einer Verschärfung der politischen Ver-trauenskrise, wenn die Ver sprechen zum Datenschutz nicht ein gehalten wer-den. „Der Gesetzentwurf gehört nicht entschärft, sondern verschärft“, fordert Cornelia Tausch, Leiterin des Fachbe -reichs Wirtschaft. Eine ungezügelte Nut-zung verfügbarer Datensätze ohne Zustim-mung der Eigentümer müsse unterbun -den, der Datenmissbrauch bei seinen Wurzeln gepackt werden. Der Regierungs-entwurf zum neuen Datenschutz-recht schaf fe hierfür eine brauchbare Grundlage, bei der Daten-

Ungewisser Ausgang beim Datenschutz

Große Koalition verwässert Gesetzentwurf der Regierung

sicherheit und einem effi zienten Voll-zug müsse jedoch noch nachgelegt wer-den. Auch die Bundesländer hatten am 13. Februar verbraucherfreundliche Nachbes-serungen eingefordert.

Beschwerden ebben nicht ab

Gerade ältere Bürger klagen in den Bera-tungen der Verbraucherzentralen über unerlaubte Telefonanrufe, untergescho-bene Verträge, unberechtigte Kontoab-buchungen und Inkassobüros, die unbe-rechtigte Forderungen eintreiben wollen. Eine häufige Frage ist, wie die Anbie-ter an ihre Daten kommen. Der Verbrau-cherzentrale Bundesverband fordert die Regierungskoalition auf, nicht hinter die Zusagen des Datenschutzgipfels im Sep-tember 2008 zurückzufallen. Dies betreffe insbesondere das Verbot der Datenwei-ter gabe zu gewerblichen Zwecken ohne aus drückliche Einwilligung, das unein-geschränkte Verbot so genannter Kop-pelungsgeschäfte, verschärfte Anfor-derungen an die Daten sicherheit, die Ausweitung der Klagebefugnisse von Verbraucherverbänden auf den Bereich Datenschutz, die Einführung einer Her-kunftskennzeichnung von Daten sowie

effektivere Kontrollen und Straf-verfolgung.

entwurf zum neuen Datenschutz-recht schaf fe hierfür eine brauchbare Grundlage, bei der Daten-

kunftskennzeichnung von Daten sowie effektivere Kontrollen und Straf-

verfolgung.

Das neue Gesetz gegen unlautere Telefon-werbung stärkt die Position der Verbrau-cher. Künftig gelten erweiterte Wider-rufsrechte und schärfere Sanktionen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband ist allerdings skeptisch, ob dies ausreicht, um die „moderne Landplage“ einzudämmen.

Verbraucher können in Zukunft Zeit-schriftenabonnements, Verträge über Wett- und Lotteriedienstleistungen und andere am Telefon geschlossene Verträge widerrufen. Bei einem am Telefon oder im Internet vereinbarten Anbieterwech-sel muss der neue Anbieter nachwei sen, dass der alte Vertrag in Textform gekün-digt wurde. Auch dürfen Werbeanru fer ihre Nummer nicht mehr unterdrücken. Verstöße gegen das Verbot belästi-gender Telefonwerbung können mit bis zu 50.000 Euro geahndet werden, Verlet-zungen des Verbots der Rufnummernun-terdrückung mit bis zu 10.000 Euro. Der Verbraucherzen trale Bundesverband for-dert, die Maßnahmen auf ihre Wirksam-keit hin zu überprüfen.

Trotz der positiven Verbesserungen greift das Gesetz in einem ganz wesentlichen Punkt zu kurz. „Ein Ende des Telefonter-rors ist erst zu erwarten, wenn sich dieses Geschäftsmodell nicht mehr lohnt“, so Helke Heidemann Peuser, Rechtsexpertin im Verbraucherzentrale Bundesverband. Voraussetzung dafür wäre, dass Verträge erst nach schriftlicher Bestätigung wirk-sam werden. Diese Forderung hat der Gesetzgeber jedoch nicht aufgegriffen.

Unternehmen hatten in der Vergangen-heit immer wieder das seit 2004 beste-hende gesetzliche Verbot von Werbean-rufen ohne Einwilligung der Verbraucher umgangen. Der Verbraucherzentrale Bun-desverband war daraufhin massiv gegen unerlaubte Telefonwerbung vorgegangen und hatte schärfere Sanktionen gefordert.

Erfolg gegen Landplage

Bundestag verschärft Gesetz gegen Telefonwerbung

newsnational

10 Verbraucherpolitische Korrespondenz | 04.2009Gastkommentar

Die Wogen der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise haben längst auch Deutschland erreicht. Es war daher wich-tig, dass die Bundesregierung mit einem Schutzdamm für die Banken und der Garantieerklärung für die Verbraucher-innen und Verbraucher schnell, konse-quent und effi zient reagiert hat. Bereits Ende des Jahres haben wir außerdem als

„Erste-Hilfe-Maßnahme“ die Telefonhot-line der Verbraucherzentralen zur Finanz-marktkrise fi nanziert. Trotzdem ist das Vertrauen der Verbraucherinnen und Ver-braucher in die Finanzwelt erschüttert. In Briefen und persönlichen Gesprächen haben mir Betroffene ihre schlimmen Erfahrungen geschildert.

Deshalb habe ich die „Qualitätsoffensive Verbraucherfi nanzen“ gestartet. Verbrau-cherinnen und Verbraucher sollen einen Routenplaner erhalten, mit dem sie sicher durch die Finanzwelt navigieren können. Hierfür sind drei Komponenten wichtig: ausreichende, transparente und verständ-liche Informationen, kompetente und am Kundenwillen orientierte Finanzvermittler sowie effektive Verbraucherrechte.

Transparenz schaffen

Die Verbraucherinformation ist einer der Schwerpunkte meines Ministeriums. So fördern wir auch dieses Jahr beispiels-weise die Arbeit des Verbraucherzentrale

Bundesverbandes mit 8,7 Mio Euro und der Stiftung Warentest mit 6 Mio Euro. Daneben haben wir in Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen eine Checkliste zum Thema Geldanlage erstellt. Diese Liste steht allen Interessierten unter www.bmelv.de zur Verfügung. Grundsätzlich brauchen wir klare Aussagen zu den vier wesentlichen Merkmalen eines Anlageproduktes, näm-lich zu Sicherheit, Flexibilität, Rendite und Kosten. Besondere Probleme berei-ten unverständliche und intransparente Anleihebedingungen, insbesondere bei Zertifi katen. Dem begegnet der Gesetz-entwurf zum Schuldverschreibungsrecht mit einem Transparenzgebot.

Beratungsqualität sicherstellen

Zum Thema Qualität der Finanzvermitt-lung hat mein Ministerium Ende letz-ten Jahres eine Studie veröffentlicht. Am 10. März wurde eine viel beachtete Fach-tagung veranstaltet. Hierbei hat sich Verbesserungsbedarf vor allem in zwei Aspekten gezeigt: Erstens bei der Qualifi -kation der Finanzvermittler und zweitens bei den fi nanziellen Anreizstrukturen in der Finanzvermittlung. Wir müssen drin-gend verbindliche Mindeststandards für alle Finanzvermittler sowie eine anspruchsvolle Berufsqualifi kation ein-führen. Außerdem werden wir prüfen, ob der Begriff des Finanzberaters gesetzlich

geschützt werden sollte. Zu den Finanzie-rungs- und Anreiz systemen bin ich aktuell im Gespräch mit Verbraucherverbänden sowie Vertretern von Banken, Versiche-rungen und Vermittlerverbänden. Drin-gend benötigt werden Mechanismen, die garantieren, dass sich eine Kundenbera-tung am Wohl des Kunden und nicht an den Provisionen des Beraters orientiert.

Rechte durchsetzen

Wenn etwas schief gelaufen ist, ist es wichtig, dass Verbraucherinnen und Ver-braucher ihre Rechte effektiv durchsetzen können. Der Gesetzentwurf zum Schuld-verschreibungsrecht sieht hierfür drei Regelungen vor: eine Protokollpfl icht bei Beratungen, einen einklagbaren Anspruch auf Aushändigung des Beratungsproto-kolls und eine Verlängerung der Verjäh-rungsfristen. Hierdurch bringen wir den Anlegerschutz einen entscheidenden Schritt voran und stärken die Verbraucher-innen und Verbraucher.

Ich möchte die kommenden Wochen und Monate nutzen, die genanten drei Kom-ponenten meiner „Qualitätsoffensive Ver-braucherfinanzen“ zum Wohle der Ver-braucherinnen und Verbraucher weiter umzusetzen. Hierbei setze ich vor allem auch auf die bewährte Zusammenarbeit mit dem Verbraucherzentrale Bundes-verband.

Verbraucher im Finanzmarkt stärken

Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Ilse Aigner

ist seit Oktober 2008 Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-cherschutz (BMELV). Die staatlich geprüfte Elektrotechnikerin ist seit 1985 Mitglied der Christlich Sozialen Union (CSU) und saß von 1994 bis 1998 im Bayerischen Landtag. Seit 1998 ist Aigner Mitglied des Deutschen Bundestages. Dort war sie von 2002 bis 2005 unter anderem stellvertretende Vorsitzende der CSU-Landesgruppe. Seit 2005 hatte sie außerdem den Vorsitz der Arbeitsgruppe Bildung und Forschung inne und war Mitglied im Haushaltsausschuss.

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1104.2009 | Verbraucherpolitische Korrespondenz Europa

Im Vorfeld der Europa-Wahlen hat der europäische Dachverband der Verbrau-cher (BEUC) eine europaweite Kampa-gne für einen „Verbraucherpakt“ gestar-tet. Die Verbraucherschützer fordern die Kandidaten für das EU-Parlament auf, sich öffentlich zu verpfl ichten, sich für Verbraucher einzusetzen. Dafür hat BEUC einen praxistauglichen Leitfaden erarbeitet, der die täglichen Sorgen der Bürger konkret aufgreift. Auf der Web-seite www.consumerpact.eu können die Kandidaten eine Selbstverpflichtung abgeben. Maren Osterloh, Referentin für Internationales beim Verbraucher-zentrale Bundesverband, rät den Kandi-daten, sich an der Kampagne zu beteili-gen: „Sie erscheinen glaubwürdiger und gewinnen Wähler.“ Wir dokumentieren an dieser Stelle Auszüge des „Verbrau-cherpaktes“.

Was Sie als Mitglied des Europäischen Parlaments verändern können:

Energie und Nachhaltigkeit

Energie für allel Lassen Sie Aufsichtsbehörden Mär-

kte überprüfen und regulieren. Erlau-ben Sie ihnen, Preisobergrenzen festzulegen und Verbraucherrechte durchzusetzen.

l Stellen Sie sicher, dass Verbraucher übersichtliche und genaue Informa-tionen erhalten, um Kosten und Ver-brauch besser zu steuern.

l Intensivieren Sie den Wettbewerb, damit Verbraucher den Anbieter wechseln können.

Nachhaltiges Leben vereinfachenl Helfen Sie Verbrauchern, nachhaltige

Konsum-Entscheidungen zu treffen. Sei es durch Information, Beratung

oder fi nanzielle Anreize. Wägen Sie zwischen Regulierungszielen, posi-tiven Anreizen und freiwilligen Maß-nahmen ab.

l Schaffen Sie ein starkes, glaubwür-diges EU-Energie label und EU-Öko-label, damit Verbraucher nachhaltige und energieeffi ziente Produkte beim Kauf wählen können.

l Lehnen Sie von der Industrie selbst initi ierte und vermarktete Kennzeich-nungssysteme ab, da diese verwir-rend sind.

Finanzdienstleistungen

Finanzaufsicht und -regu lierungl Schaffen Sie Aufsichtsbehörden auf

nationa ler und EU-Ebene, die in allen Bereichen der Finanzdienstleistungen den Verbraucher als Mittel und Ziel der Aufsicht einschließen.

l Gewährleisten Sie die Funktionstüch-tigkeit und Krisenfestigkeit der Siche-rungssysteme. Heben Sie die Garan-tiedeckungssumme für Geldeinlagen auf 100.000 Euro an und verkürzen Sie die Auszahlungsfrist.

Informationl Stellen Sie sicher, dass Verbraucher

knappe, verständliche und vergleich-bare vorvertragliche Informationen über das Produkt und den Vertrag erhalten.

l Fördern Sie unabhän-gige Beratung durch öffentliche Finanzie-rung.

l Setzen Sie sich dafür ein, dass in Streit-fällen der Anbieter nachweisen muss, richtig beraten zu haben.

Finanzvermittlerl Vereinheitlichen Sie die Vorschriften

für Finanzvermittler bezüglich Regis-trierung, Qualifi kation, Transparenz, Haftung und Versicherung.

Mindestservice für Verbraucherl Verbieten Sie „Produktbündelung“,

die die Leistung verteuert und wett-bewerbswidrig ist.

l Untersagen Sie die Diskriminierung auf Grund des Wohnortes oder der Staatsangehörigkeit.

Zahlungsdienstleistungen vereinfachenl Setzen Sie sich für einen problem-

losen Zahlungsverkehr für Verbrau-cher in Europa ein.

l Verhindern Sie, dass sich der Zah-lungsverkehr durch SEPA (Single Euro Payment Area) verteuert.

Hypothekenl Setzen Sie sich für gesetzliche Rege-

lungen bei vorzeitiger Rückzahlung, Rücktrittsrecht und Verbraucherinfor-mation ein. Legen Sie faire Höchst-zinssätze fest.

l Setzen Sie sich dafür ein, dass bei Hypothekarkrediten eine verantwort-liche Gewährungspraxis vorgeschrie-ben wird, die die Kapitalkraft des Ver-brauchers realistisch einschätzt.

Sie haben die Macht!

BEUC zeigt Parlamentariern, wie sie Wähler gewinnen können

www.consumerpact.eu

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12 Verbraucherpolitische Korrespondenz | 04.2009Europa

Verbraucherverträge

l Überarbeiten Sie die Vorschläge zu den Vertragsbedingungen. In vielen Mitgliedstaaten gehen die Verbrau-cherschutzgesetze über die vorge-schlagene Richtlinie hinaus. Orien-tieren Sie sich bei Ihrer Entscheidung an der jeweils „besten Praxis“ in den Mitgliedstaaten.

l Führen Sie die direkte Herstellerhaf-tung ein. Hersteller sollen für Pro-duktprobleme in gleichem Umfang haften wie Verkäufer.

l Geben Sie Verbrauchern das Recht bei defekten Produkten zwischen Repa ratur, Ersatz und Rücker stattung zu wählen, wie es in vielen Ländern bereits vorgesehen ist.

l Stellen Sie sicher, dass auf Produkte, die online erworben werden, wie Computersoftware und Musik, Garan-tien gegeben werden.

l Berücksichtigen Sie Automietverträge, Beherbergungsverträge und auf Mes-sen und Märkten abgeschlossene Verträge, um auch hier Informations- und Rücktrittsrechte der Verbraucher sicherzustellen.

Rechtsdurchsetzung

l Ermöglichen Sie Verbraucherorgani-sationen, Sammel- und Musterkla-gen bei inländischen und grenzüber-schreitenden Fällen zu führen.

l Schaffen Sie eine Rechtspraxis, mit der alle Geschädigten entschä-digt werden, auch wenn sie nicht unmittelbar am Verfahren beteiligt waren.

l Statten Sie Gerichte mit Mitteln für die Bearbeitung von Sammel- und Musterklagen sowie für die Ver-meidung missbräuchlicher Klagen aus.

l Statten Sie Verbraucherverbände mit ausreichenden finanziellen Mitteln für die Rechtsvertretung aus.

l Das kollektive ADR-Verfahren zur Bei-legung von Rechtsstreitigkeiten ist eine Alternative zur Sammelklage. Sie darf keine zwingende Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Klage sein.

Lebensmittel

Die gesündere Entscheidung einfacher machenl Informieren Sie Verbraucher über-

sichtlich und einheitlich über Lebens-mittel. Lassen Sie auf der Vorderseite der Verpackung den Gehalt von Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz verbindlich, einfach und farbco-diert anzeigen und auf der Rückseite der Verpackung deren Nährwerte zuzüglich jener von Kalorien, Eiweiß, Kohlenhydrate, Ballaststoffen und Transfettsäuren.

l Die Lebensmitteletiketten müssen kontrastreich gestaltet und gut lesbar sein.

l Schränken Sie die an Kinder gerich-tete Werbung und das Marketing für Lebensmittel und Getränke mit hohem Fett-, Zucker- oder Salzge-halt ein. Das betrifft vor allem die

TV- Werbung in der Zeit von sechs bis 21 Uhr sowie alle Sendungen, deren Publikum zur Hälfte oder mehr aus Kindern besteht.

Sicherheit von Lebensmitteln wahrenl Beachten Sie bei politischen Entschei-

dungen über neue Lebensmitteltech-

nologien, dem Klonen von Tieren und dem Einsatz von Nanotechnologien Verbrauchersicherheit und Verbrau-cherakzeptanz.

l Stoppen Sie Versuche, EU-Vorschrif-ten zur Lebensmittelhygiene aufzu-weichen.

Digitale Welt

Privatsphäre schützenl Verpfl ichten Sie Internet-Provider und

internetbasierte Unternehmen Daten-schutzvorschriften einzuhalten sowie sicherere und zuverlässige Netzwerke bereitzustellen.

l Ermöglichen Sie Verbrauchern, sich über erfasste persönliche Daten zu informieren. Lassen Sie Verbraucher darüber entscheiden, ob sie ihre per-sönlichen Daten preisgeben wollen oder nicht.

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1304.2009 | Verbraucherpolitische Korrespondenz Europa

Abwägen zwischen Recht am geistigen Eigentum und Verbraucherrechten l Fördern Sie eine Lizenzierung sowie

kompatible und transparente tech-nische Maßnahmen, damit Verbrau-cher zwischen legalen Angeboten ausreichend wählen können.

l Verhindern Sie, dass Internet-Provi-der Rechte am geistigen Eigentum überwachen können, weil der Anbie-ter mit dieser Überwachung will-kürlich und ungerechtfertigt in die Privatsphäre des Verbrauchers ein-dringt.

Verbraucherfreundlichen Rahmen für Telekommunikation setzenl Setzen Sie sich dafür ein, dass Ver-

braucher von techni schen Entwick-lungen profitieren. Innovationen dürfen fairen Wettbewerb und Ver-braucherschutzgesetze nicht unter-laufen.

l Erhöhen Sie die Übersichtlichkeit der Angebote und Preise.

l Ermöglichen Sie einen problemlosen Anbieterwechsel, ohne dass Ver-braucher durch lange Wartezeiten für die Rufnummernmitnahme „ausge-bremst“ werden.

l Telekommunikationsnetzbetrei ber und Service-Provider sollen ihren Kunden das Recht auf Zugriff, Ver-sand und Erhalt aller Inhalte garan-tieren sowie die Nutzung aller Dienste und Anwendungen gewähr-leisten.

Gesundheit

Bessere Patienteninformationenl Verhindern Sie, dass das Werbeverbot

für verschreibungspfl ichtige Medika-mente durch die Pharmaindus trie aufgeweicht wird.

l Schützen Sie Verbraucher vor irrefüh-renden Informationen.

Sichere und innovative Medikamentel Erleichtern Sie es Verbrauchern,

Neben wirkungen von Medikamenten direkt an nationale Behörden zu mel-den.

l Gehen Sie intensiv gegen im Internet vertriebene Medikamenten-Plagiate vor, da diese gefährlich sein können.

l Verbessern Sie die Rechtsvorschriften, um Innovationen zu fördern: Alle neuen Medikamente sollten einen zusätzlichen Behandlungsvorteil bie-ten.

Aufklärung über Patientenrechtel Verschaffen Sie Verbrauchern in

allen Mitgliedstaaten Zugang zu qualitativ hochwertiger medizi-nischer Versorgung. Informieren Sie sie über ihre Rechte und helfen Sie ihnen, diese durchzusetzen.

l Schaffen Sie einen ein-deutigen Rechtsrahmen für Patientenrechte in der grenzüberschreiten-den medizinischen Ver-sorgung, insbesondere bei Rückerstattung, Auf-klärung, Beschwerden und in der Nachversor-gung.

Sicherheit

Sichere Kosmetikal Unterstützen Sie eine

fundierte und ange-messene Bewertung chemi scher Substanzen in kos meti schen Pro-dukten, bevor diese auf den Markt gelangen.

l Fördern Sie eine bessere Kontrolle angezeigter Nebenwirkungen.

l Regulieren Sie dubiose Werbe-Ver-sprechungen bei kosmetischen Pro-dukten.

Belastung mit gefährlichen Chemikalien minimieren l Verbieten oder minimieren Sie weit-

gehend gefährliche Substanzen in Spielzeug, Kinderpfl egeartikeln, Tex-tilien oder kosmetischen Mitteln.

l Schließen Sie Regulierungslücken und bewerten Sie die Risiken durch Nanotechnologien für Verbraucher und Umwelt angemessen.

l Stellen Sie bei der Überarbeitung des EU-Ökolabels und der Öko de-sign-Richtlinie sicher, dass chemi-sche Risiken und das Vorsorgeprinzip berücksichtigt werden.

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14 Verbraucherpolitische Korrespondenz | 04.2009Mitglieder im Portrait

Für Joachim Betz, Geschäftsführer der Verbraucherzentrale Sachsen, ist die Situation für Verbraucher in den zurück-liegenden Jahren wesentlich schwie-riger geworden. Inmitten komplexer und unübersichtlicher Märkte fällt es vielen Menschen schwer, eigenverantwortlich vorzusorgen und sich im Verbraucherall-tag zu behaupten. Besonders betroffen sind Familien mit Kindern, Senioren und Haushalte mit unterdurchschnittlichem Einkommen, aber auch Verbraucher mit geringem Bildungsstand oder mit Migra-tionshintergrund.

Steigende Energiepreise, wachsende Aus-gaben im Gesundheitsbereich oder lästige Telefonwerbung sind nur ein kleiner Teil der beachtlichen Themenvielfalt mit der sich die Verbraucherzentrale auseinan-der setzt. „Um den zunehmend komplexer werdenden Fragen der Ratsuchenden bes-ser gerecht zu werden, setzen wir unsere Modernisierung und Umstrukturierung seit Mitte 2005 konsequent weiter um“, erklärt Betz. Die Verbraucherzentrale kann bereits auf mehr Qualität in der Beratung, ein größeres Angebot und weniger War-

tezeiten für Verbraucher verweisen. Auch ist die Verbraucherzentrale besser tele-fonisch zu erreichen. Schließlich hat sich seit 2009 die Zahl der Beratungskräfte um knapp ein Viertel erhöht. Diese Anstren-gungen haben die Verbraucher honoriert. Eine im letzten Jahr veröffentlichte reprä-sentative Verbraucherbefragung der IMUG Beratungsgesellschaft hat ergeben, dass die Verbraucherzentrale Sachsen hin-sichtlich der Zufriedenheit der Ratsuchen-den als auch in Sachen Kompetenz und Freundlichkeit Spitzenplätze unter den Verbraucherzentralen einnehmen konnte.

Beharrliche Rechtsvertretung

Dass Kunden die Verbraucherzentrale als glaubwürdig und nützlich einschätzen, bewiesen auch 150 Kunden der ENSO Erdgas GmbH Dresden. Diese sind mit Unterstützung der Verbraucherzentrale Sachsen im April 2008 vor den Bundes-gerichtshof (BGH) gezogen und erstritten, dass die drastischen Preiserhöhungen des Versorgers aus den Jahren 2005 und 2006 unwirksam sind. Für Joachim Betz ist das „ein Meilenstein im Kampf gegen die

ständig steigenden Gaspreise“. Schließ-lich ging es auch darum, den Gasversor-gern, die in der Vergangenheit ihre Preise oft nach Gutsherrenart festlegten, die rechtlichen Grenzen zu zeigen und deut-lich zu machen, dass Verbraucher nicht rechtlos sind.

Aktiv wurde die Verbraucherzentrale auch bei ihrer Untersuchung von Lebensmit-teln im Gesundheitsmarkt. Dabei wid-mete sie sich wahrheitswidrigen Aussa-gen über den Nährstoffgehalt von Böden und Lebensmitteln. Sie mahnte Ärzte aus Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen ab. Darunter ein Arzt aus Görlitz. Dieser warb auf seiner Homepage für die Nahrungsergänzungs-mittel Juice Plus mit der Aussage, dass die heute im Handel verfügbaren pfl anzlichen Lebensmittel weniger Nährstoffe enthal-ten sollen als früher. Inzwischen hat sich der Mediziner gegenüber der Verbrau-cherzentrale verpfl ichtet, solche Behaup-tungen und die Werbung für Nahrungser-gänzungsmittel auf seiner Homepage zu unterlassen.

Für die Verbraucherzentrale Sachsen sind solche Fälle der Motor ihrer Arbeit. „Wir werden uns auch weiter für die Rechte der Verbraucher einsetzen und ihnen die Infor-mationen und die Unterstützung geben, die für faire Bedingungen zwischen Anbie-tern und Kunden sorgen“, erklärt Betz.

Mehr Qualität, mehr Beratung und besserer Service

Verbraucherzentrale Sachsen führt Modernisierung gezielt fort

Die Bedeutung der Verbraucherzentrale spiegelt sich auch in der Gremienvertretung: Thomas Jurk, Sächsischer Wirtschaftsminister, beruft Joachim Betz (links), Geschäftsfüh-rer der Verbraucherzentrale Sachsen, in den Energiebeirat des Freistaates Sachsen

Verbraucherzentrale Sachsen

Geschäftsführer: Joachim BetzVorstandsvorsitzende: Kerstin FürllBrühl 34–3804109 LeipzigTel. (0341) 69 62 90Fax (0341) 68 92 826E-Mail: [email protected]

www.verbraucherzentrale-sachsen.deFo

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1504.2009 | Verbraucherpolitische Korrespondenz vzbv Intern

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel und der Vorstand des Verbraucher-zentrale Bundesverbands (vzbv), Gerd Billen, gaben am 30. März den offi ziellen Startschuss. Unter dem Motto „für mich. für dich. fürs klima.“ klärt ab sofort eine Verbraucherallianz die Konsumenten über ihre Möglichkeiten und Chancen beim Klimaschutz auf.

Schwerpunkt der Aktion ist der Bereich Mobilität. Gerd Billen wies darauf hin, dass die Verbraucher derzeit im Schnitt 15 Prozent ihres Haushaltsgelds für die-sen Zweck aus geben. „Um die Kosten für Mobilität zu senken, sind vor allem die Hersteller gefordert, noch sparsamere Modelle zu entwickeln. Wir brauchen eine klare Kennzeichnung des Spritver-brauchs und belastbare, am realen Ver-brauch orientierte Angaben zum Treib-stoff verbrauch.“

Mobilitätskosten senken, Lebensqualität erhöhen

Die Verbraucherallianz will den Bürger-innen und Bürgern helfen, ihre Kosten für Mobilität zu erkennen und gezielt zu

senken – bei gleicher oder sogar höherer Lebensqualität. So lassen sich beispiels-weise durch den Kauf eines besonders sparsamen Autos, das zwei Liter weniger Sprit auf 100 Kilometer als vergleichbare Modelle verbraucht, über die Lebensdauer des Fahrzeugs bis zu 3.000 Euro einspa-ren. „Wer jetzt mit der Umweltprämie in ein modernes und energieeffizientes

Auto investiert, kann die Prämie über die eingesparten Kosten glatt verdoppeln. Das sollte nicht nur die Verbraucher überzeu-gen, sondern auch die Hersteller anspor-nen, noch mehr Sprit sparende Modelle zu entwickeln“, so Gabriel. Auch der Kli-maschutz profitiert, wenn die Verbraucher die richtige Wahl tref-fen. Die CO2-Emissio-nen der Privatautos liegen derzeit bei rund 100 Millio nen Tonnen

im Jahr, das entspricht zwölf Prozent der gesamten CO2-Emissionen Deutschlands.

Verbrauchsangaben von PKW sollen überprüft werden

Die Verbraucherallianz tritt außerdem für Messverfahren zur Bewertung des CO2-Ausstoßes einzelner Pkw-Modelle ein, die am realen Verbrauch orientiert sind.

„Die Angaben der Händler sind oft weit -aus niedriger als der tatsächliche Ver-brauch“, warnte Billen. Jüngsten Unter-suchungen zufolge weichen die Herstel-lerangaben von den Testergebnissen bis zu 33 Prozent ab. Der Verbraucherzen-trale Bundesverband fordert deshalb eine behördliche Überprüfung der Verbrauchs-angaben.

Bundesumweltministerium fördert Verbraucherallianz

Zur Verbraucherallianz für Klimaschutz unter Federführung des Verbraucherzen-trale Bundesver bands (vzbv) gehören die 16 Verbraucherzentralen in den Bundeslän-dern, der Deutsche Mieter bund (DMB), der Verkehrsclub Deutschland (VCD), German-watch, die Bundesarbeitsgemein schaft der Senioren-Organisationen (BAGSO) sowie der VerbraucherService (VS) im Katholischen Deutschen Frauenbund. Das Bundesumweltministerium fördert den Aufbau der Allianz bis 2010 mit ins-gesamt 24,5 Millionen Euro.

Das Netzwerk versteht sich als Naviga-tionshilfe bei Verbraucherfragen rund um den Klimaschutz und will mit bun-desweiten Aktionen und Informationen Verbraucher für klimaverträgliches Han-deln gewinnen. Die Allianz startet eine umfangreiche Befragung der Verbraucher zum Klimaschutz, bundesweite Kampa-gnen rund um das Thema klimaverträg-liche Mobilität, ein Internet-Verbraucher-portal mit Tipps zum CO2 und Geld sparen sowie eine Telefonhotline, die Verbrau-cher über CO2 sparen im Haushalt infor-miert. Zudem setzt sich die Allianz für bessere Rahmenbedingungen für die Ver-braucher beim Klimaschutz ein und geht gegen falsche Versprechen der Hersteller bei Werbung mit Klimaschutzargumenten vor. Der bundesweite Auftakt wurde von Veranstaltungen in den 16 Verbraucher-zentralen und den angeschlossenen Ver-bänden begleitet.

Klimaschutz zahlt sich aus

Startschuss für Aufklärungskampagne „für mich. für dich. fürs klima.“

verbraucherfuersklima.de

Gemeinsam fürs Klima: Gerd Billen und Sigmar Gabriel stellen die Kampagne der Öffentlichkeit vor

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16 Verbraucherpolitische Korrespondenz | 04.2009vzbv Intern

Welcher Handytarif passt zu mir, wel-cher Stromanbieter ist der günstigste und welches Anlageprodukt ist für meine Altersvorsorge geeignet? Ein gut infor-

mierter Verbrau-cher zu sein, ist heutzutage ein Vollzeitjob. Den Alltag zu managen wird für immer mehr Menschen trotz Angebots-vielfalt zur Qual. „Ausgetrickst und angeschmiert“, so lautet nicht nur der Titel des Buches, so

fühlen sich auch viele Verbraucher, etwa wenn sie pausenlos mit unerwünschten Werbeanrufen belästigt werden.

Gerd Billen, Vorstand der Verbraucherzen-trale Bundesverband, erörtert anschau-lich und kenntnisreich Themen, die den Verbrauchern unter den Nägeln brennen: Energiemarkt, Ausgestaltung von Ver-trägen, Finanz angebote, Altersvorsorge und Lebensmittelsicherheit. Er zeigt die unterschiedlichen Interessen von Wirt-schaft, Politik und Verbrauchern in libe-ralisierten und globalisierten Märkten auf und macht Lösungsvorschläge für die Pro-bleme unserer Zeit. Dabei zeigt sich, dass eine moderne Verbraucherpolitik nicht nur dem Endkunden nutzt, sondern auch der Gesellschaft als Ganzes. Sein Fazit: Der Staat muss sich als aktiver Partner der Bürgerinnen und Bürger verstehen. Die Politik muss Rahmenbedingungen setzen, die den Markt so beeinfl ussen, dass qualitativ hochwertige Produkte, faire Preise und nachhaltige Herstellungs-verfahren die Regel werden. Praktischer Abschluss des Buches sind 111 Tipps, wie Verbraucher die Fallen des Konsumalltags umschiffen können.

Vollzeitjob Verbraucher

Gerd Billens neues Buch „Ausge-trickst und angeschmiert“

Gleich zwei Ministerinnen besuchten am 9. März die Verbraucherzentrale Bayern: Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner und ihre bayrische Kollegin Beate Merk. Die Politikerinnen machten sich in Mün-

chen ein Bild davon, wie wichtig eine unabhängige Anlaufstelle für Verbrau-cher in wirtschaftlichen Krisenzeiten ist. Über 150 Beratungen führen die Finan-zexperten wöchentlich durch, häufi g in Fällen, bei denen Bankkunden falsch beraten wurden. „Rund 90 Prozent der Haushalte sind in ihren fi nanziellen Kon-

Politikerbesuch an Elbe und Isar

Aigner und Müntefering besuchen die Verbraucherzentralen in Bayern und Hamburg

zepten schlecht aufgestellt. Sie haben ein unzureichendes Wissen über ihre eige-nen Finanzen“, erklärt Experte Merten Larisch. Beate Merk sprach sich dafür aus, in Schulen verstärkt den Umgang mit Geld zu lehren. Ilse Aigner will verbindliche Standards für die Finanzberaterbranche durchsetzen.

Beratung schafft Vertrauen

Wenige Wochen zuvor sprach sich der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering bei seinem Besuch in der Verbraucherzen-trale Hamburg ebenfalls für den Schutz gebeutelter Kleinanleger aus. „Bei man-chen Geldinstituten hat es sich einge-schliffen, die Kunden aus Eigennutz zu ris-kanten Anlagen zu überreden. Das muss sich ändern“, betonte Franz Müntefering bei seinem Gespräch mit den Vertretern der Verbraucherzentrale Hamburg. Dort suchte der SPD-Politiker das Gespräch mit Betroffenen und äußerte, wie wichtig es für Politiker sei, auch Einzelfälle von Bankkunden zu kennen. „Die Menschen müssen wieder Vertrauen in die Banken gewinnen, das geht nur über gute Bera-tungsgespräche“, sagte der SPD-Chef.

mierter Verbrau-cher zu sein, ist

Franz Müntefering und Elvira Drobinski-Weiß (stellv. verbraucherpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, 2.v.r.) informierten sich beim Geschäftsführer der Verbrau-cherzentrale Hamburg, Dr. Günter Hörmann (rechts), und Gerd Billen (links).

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Austausch zu Verbraucherfragen: Minis-terinnen Ilse Aigner und Dr. Beate Merk (rechts) im Gespräch mit Marion Breit-haupt-Endres, Geschäftsführerin der Ver-braucherzentrale Bayern (links)

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1704.2009 | Verbraucherpolitische Korrespondenz vzbv Intern

Hier eine Adresse eintragen, dort klicken: Verbraucher bewegen sich oft arglos im Internet. Dass dies nicht immer ange-bracht ist, davon wissen die Verbraucher-zentralen viele Geschichten zu erzählen. Ein neues Projekt im Verbraucherzen-trale Bundesverband will hier Aufklärung leisten.

Über zwei Drittel der Deutschen nutzten 2008 das Internet. Für viele ist es aus dem Alltag nicht mehr hinwegzudenken: Sie kaufen sich Musik, bestellen Waren, buchen Flüge oder fl uchen über Betrüger.

Insbesondere die Jüngeren nutzen das Netz nicht nur passiv. Sie integrieren es in ihr Alltagsleben, in die Kommunikation mit Freunden und Familie.

Verbraucher zahlen mit ihren Daten

Vieles gibt es auf den ersten Blick kosten-los. E-Mailadressen sind ebenso „gratis“ wie das Mitmachen bei Sozialen Netz-werken wie Facebook oder StudiVZ. Doch dies bezahlt der Verbraucher allzu oft mit seinen Daten, die vor allem für Werbung

Surfer haben Rechte

Neues Projekt klärt auf und geht gegen schwarze Schafe im Internet vor

genutzt werden. Den Nutzungsbedin-gungen und Datenschutzbestimmungen stimmt er nicht selten zu, weil sie miss-verständlich, ellenlang oder in einer frem-den Sprache verfasst sind. Häufi g wäre eine Anmeldung ohne die Zustimmung auch gar nicht möglich. Vieles davon ist unzulässig.

Nicht nur beim Datenschutz sind die Ver-braucher unzureichend informiert. Was bedeutet das Urheberrecht? Wie sieht Jugendschutz in Onlinespielen aus? Wie lang läuft die Widerrufsfrist für Verträge?

Beim Verbraucherzentrale Bundesver-band ist im neuen Projekt „Surfer haben Rechte – Verbraucherrechte in der digita-len Welt“ ein kleines Team damit befasst, Informationen im Internet aufzubereiten. Außerdem werden Unternehmen wegen regelwidrigen Praktiken oder Vertrags-bedingungen abgemahnt, die Verbrau-cher benachteiligen. Dies schafft zugleich Rechtsklarheit. Das Projekt wird vom Bun-desministerium für Ernährung, Landwirt-schaft und Verbraucherschutz fi nanziert und ist bis Ende 2010 befristet.

Angelika Eckert-Pulwey, im Ver-braucherzen traleBundesverbandReferentin für Fortbildung, istam 02. März dieses Jahres verstorben. Seit den 1980er Jah-ren betreute sie den Fern-

lehrgang Umweltberatung und leis-tete damit einen wichtigen Beitrag zur Qualifizierung von Mitarbeitern. Gleiches gilt für verschiedene Pro-jekte, in denen sie an entscheidender Stelle mitgearbeitet hat, etwa im Qua-litätsmanagement sowie im Marketing und Kommunikationsmnagement der Umweltber atung. Zuletzt war Angelika Eckert-Pulwey vor allem als Seminarkoor-dinatorin für die Themen Bauen, Energie, Umwelt, Gesundheit und Ernährung ver-antwortlich.

Angelika Eckert-Pulwey war christlich geprägt, ohne ihren Glauben ande-ren aufzudrängen. Ihr professionelles Umweltengagement war verankert in der Gewissheit, dass Menschen die Pfl icht hätten, die Schöpfung zu bewahren. Alle, die mit ihr zusammen gearbei-tet haben, schätzten ihre Loyalität, ihre Kollegialität, Freundlichkeit und ihre immer praxis bezogenen Ideen. Ihr viel zu früher Tod schmerzt uns zutiefst. Wir hätten ihr von Herzen gewünscht, dass sie ihr Engagement in der Gemeinde, ihre sympathische Anglophilie sowie ihre Liebe zur Oper nun erst richtig hätte leben können. Das war ihr nicht mehr vergönnt. Wir werden Angelika Eckert-Pulwey sehr vermissen.

Die Kolleginnen und Kollegen im Verbrau-cherzentrale Bundesverband

Der Umwelt verpfl ichtet

Nachruf Angelika Eckert-Pulwey

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18 Verbraucherpolitische Korrespondenz | 04.2009Meinungen

Kredite ohne VersicherungIm Kampf gegen unseriöse Kreditver-mittler hat der Verbraucherzentrale Bun-desverband einen weiteren Erfolg zu verzeichnen. Das Oberlandesgericht Stuttgart entschied, dass Kreditvermittler ihren Kunden keine Versicherungen und Unternehmensbeteiligungen aufdrängen dürfen. Die Vermittler der Danaro Invest GmbH versprachen ihrer oft klammen Kundschaft „Kredit ohne Schufa“. Doch bevor die Kredite bewilligt wurden, sollten die Kunden Verträge für überteuerte Versi-cherungen unterschreiben. Durch die For-mulierung der Schreiben gewannen die Kunden den Eindruck, dass der Abschluss Voraussetzung für eine Kreditzusage sei. Die Stuttgarter Richter sahen in dieser Geschäftspraxis einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht.Urteil vom 15.01.2009, Aktenzeichen 2 U 54/08

Arcor muss zahlenAuf Antrag des Verbraucherzentrale Bun-desverbandes ist das Telekommunika-tionsunternehmen Arcor zu einem Ord-nungsgeld von 5.000 Euro verurteilt worden. Das Unternehmen muss für die verbotene Telefonwerbung eines beauf-tragten Call-Centers einstehen. Das ent-schied das Landgericht Frankfurt am Main. Arcor berief sich vergeblich darauf, für das Handeln des Vertriebspartners nicht verantwortlich zu sein. Der Verbrau-cherzentrale Bundesverband konnte dem Telefonanbieter erneut ungebetene Wer-beanrufe nachweisen. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2008 fühlen sich 86 Prozent der Befragten von ungebetenen Werbean-rufen belästigt. Rund 90 Klageverfahren der Verbraucherschützer gegen unlautere Telefonwerbung waren bereits erfolgreich.Urteil vom 23.02.2009, Aktenzeichen 2/6 O 127/04

Intelligente StromzählerKunden, die sich auf den „intelligenten“ Stromzähler und den damit verbundenen neuen Tarif einlassen, können die höhere Grundgebühr von 84,84 Euro im Jahr durch Verhaltensänderung nicht ausglei-chen. Denn sie können nur einen (klei-nen) Teil der Verbräuche in die Nacht-Zeiten verlagern. Auch können sie keine Kosten einsparen. Der neue Stromzäh-ler dient lediglich der Gewinnsteigerung und der Kostenreduzierung von Energie Baden-Württemberg (EnBW). Das Unter-nehmen hat die Grundgebühr erhöht und profi tiert von geringeren Spitzenlasten. Wilfried Steiner, E-Mail vom 10. Okto-ber 2008

Danke!Als Kaupthing-Betroffene möchte ich mich für Ihre Pressemitteilung bedan-ken. In den letzten Wochen hatte ich den Eindruck, dass die Interessen der 30.000 deutschen Kaupthing Sparer in einem Spiel zwischen Staaten und Ban-ken zerrieben werden. Dieses Gefühl der Hilfl osigkeit und Ohnmacht angesichts

„übergeordneter“ Interessen, die Wech-selbäder zwischen Hoffen und Bangen und die immer stärker drängende fi nanzi-elle Not haben meine Lebensqualität seit dem 09.10.2008 erheblich beeinträchtigt. Da tut Solidarität und Unterstützung gut.Jutta Küppers, E-Mail vom 04. März 2009

Verbrecher zur Rechenschaft ziehenSeit Tagen ruft hier eine Dresdner Bank mit versteckter Nummer an. Auf meine Frage, warum sie ihre Nummer unterdrü-cken, bekam ich eine unfreiwillige 5-minü-tige Aufklärung über das Bankgeheimnis. Die Rufnummerunterdrückung ist meines Wissens nicht zugelassen und zählt nicht zum Bankgeheimnis. Ich möchte, dass Sie dieser Sache auf den Grund gehen. Sie haben die Möglichkeiten die Verbrau-cher zu schützen und so etwas zu bestra-fen. Ich als „Alleinkämpfer“ kann nicht viel tun. Deswegen wende ich mich jetzt nach dem siebten Anruf an Sie.Tanja Voigt, E-Mail vom 06. März 2009

Zum Nutzen der VerbraucherIm Rahmen der gesetzlichen Gewährleis-tung dürfen Verkäufer beim Austausch eines fehlerhaften Produkts keine Nut-zungsentschädigung verlangen. Mit die-sem Urteil gab der Bundesgerichtshof einer Klage des Verbraucherzentrale Bun-desverbandes gegen die Quelle AG statt. Diese tauschte den defekten Backofen einer Kundin zwar aus, verlangte aber für die zeitweilige Nutzung 70 Euro Entschä-digung. Der Fall ging bis vor den Europä-ischen Gerichtshof. Dessen Auslegung der EU-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf folgten nun die Bundesrichter. Danach muss die Herstellung des vertragsge-mäßen Zustands einer Ware unentgeltlich erfolgen. Quelle muss der Klägerin die geleistete Zahlung erstatten und darf der-artige Forderungen nicht mehr erheben. Urteil BGH, 26.11.2008, AZ VIII ZR 200/05 Urteil EuGH, 17.04.2008, AZ C-404/06

Meilensteine

1904.2009 | Verbraucherpolitische Korrespondenz Fragebogen

Zwölf Fragen an ...

... Axel Hacke, Journalist und Autor

Hiermit abonniere ich zum nächstmög- lichen Zeitpunkt die Druckausgabe der vpk. Die jährliche Kostenpauschale beträgt inklu sive aller Gebühren 36 Euro. Die Rech nungsstel lung für das Abonnement erfolgt im 3. Quartal des laufenden Jahres. Eine Kündigung ist mit einer Frist von zwei Monaten zum Jahresende möglich.

Bitte senden Sie mir gegen ein Entgelt in Höhe von sieben Euro folgende Ausgabe der vpk:Monat/Jahr Nummer

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Bestellformular Verbraucherpolitische Korrespondenz (vpk)

Fax: (030) 258 00-522Mail Vertrieb: vzbv-vertrieb @ vzbv.de · Mail Redaktion: vzbv-redaktion @ vzbv.de

1. Wenn Sie das Wort Verbraucherschutz hören, woran denken Sie zuerst?An Verbraucherschutz.

2. Welche Erfolge im Verbraucherschutz fallen Ihnen spontan ein?Die Gründung der Stiftung Warentest.

3. Wo sind Sie beim Lebensmitteleinkauf am ehesten anzutreffen: im Tante-Emma-Laden, im Discounter, im Biomarkt, im Supermarkt oder auf dem Wochenmarkt?1.) Im Supermarkt 2.) Auf dem Viktualien-markt 3.) Im Biomarkt

4. Was essen und was trinken Sie am lieb-sten?Das hängt von der Tageszeit ab, zum Bei-spiel mag ich zum Frühstück weder Bier noch Schweinsbraten, abends hingegen sehr, bisweilen.

5. Was ist Ihnen bei der Auswahl eines Produktes (von A wie Auto bis Z wie Zahn-bürste) wichtig? Vielleicht nennen Sie ein konkretes Beispiel.Das Produkt sollte unbedingt über einen längeren Zeitraum funktionieren. Zum Bei-spiel hasse ich es, wenn bei neuen (auch teuren) Oberhemden sich schon nach eini-gen Tagen oder Wochen die Knöpfe lösen. 6. Wo liegen Ihre Stärken als Verbrau-cher?Ich verbrauche sehr viel.

7. Wo liegen Ihre Schwächen als Verbrau-cher?Eigentlich verbrauche ich zu viel.

8. Was ärgert Sie als Verbraucher am mei-sten?Die Werbe-Unterbrechungen im Fernsehen.

9. Wie müsste ein Unternehmen ausse-hen, das beispielhaft auf die Wünsche der Konsumenten eingeht?Es müsste in jeder Beziehung ungefähr das Gegenteil der Telekom sein.

10. Glauben Sie, dass Sie mit Ihrem Kon-sumverhalten etwas Positives bewirken und Politik beeinfl ussen können?Ich gebe mich zum Beispiel dem Glauben hin, den bayerischen Milchbauern zu hel-fen, indem ich Milch nicht beim Discoun-ter kaufe. Aber ob die Milchbauern das wirklich merken?

11. Ist Konsum für Sie heute eher eine Last oder auch Vergnügen?Last nie, manchmal Vergnügen, meistens Notwendigkeit.

12. Wie lautet Ihr persönliches Motto als Verbraucher?Weniger ist mehr.

Axel Hacke wurde 1956 in Braunschweig geboren. Er studierte in Göttingen und München. Von

1981 bis 2000 war er Redaktionsmitglied der Süddeutschen Zeitung, zunächst als Sportredak-

teur, später als politischer Reporter und Streifl icht-Autor. Seit 2000 lebt er als Schriftsteller und

Kolumnist in München und dem Chiemgau. Sein erstes Buch (Nächte mit Bosch) veröffentlichte

Hacke 1991. Zuletzt erschien von ihm Wortstoffhof (2008) und Wumbabas Vermächtnis (2009).

Seine Bücher wurden in 16 Sprachen übersetzt, darunter Japanisch, Chinesisch und Thailän-

disch. Hackes Werk kommentierte die Frankfurter Rundschau einst mit den Worten: „Ein Experte

für die Zwischenräume des Existenziellen: eben jene Momente, in denen sich augenscheinlich

gar nichts Entscheidendes zuträgt, die dennoch tagaus, tagein unser Leben prägen.“

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Bestellmöglichkeiten: Aktuelle Informationen und Pressetexte zu über 70 Ratgebern fi nden Sie auf der vzbv-Website unter www.ratgeber.vzbv.de. Zu beziehen sind die Ratgeber über: Versandservice vzbv, Heinrich-Sommer-Straße 13, 59939 Olsberg, Tel. (029 62) 908 647, Fax 908 649, Mail [email protected] oder im Inter net-Shop unter www.ratgeber.vzbv.de.

WärmedämmungEnergieverluste sind schlecht für die Geld-börse und für das Klima. Der aktualisierte Ratgeber informiert wie man beim Bau eines neuen Hauses Fenster und Fassa-den richtig dämmt. Ratgeber, 6. aktualisierte Aufl age 2009, 192 Seiten, 12,40 € inklusive Versand-kosten, erhältlich bei allen Verbraucher-zentralen: www.verbraucherzentrale.de

Was tun, wenn jemand stirbt?Der aktualisierte Ratgeber erläutert, was im Bestattungsfall geschieht, wie hoch die Kosten der Bestattung sind und was in der Zeit danach zu tun bleibt.Ratgeber, 17. aktualisierte Aufl age 2009, 184 Seiten, 12,40 € inklusive Versand-kosten, erhältlich bei allen Verbraucher-zentralen: www.verbraucherzentrale.de

Bärenstarke KinderkostEinige Tipps zum gesunden Essen für Kin-der und 100 einfache Rezepte vom Früh-stück bis zum Abendessen.Ratgeber, 11. aktualisierte Aufl age 2009, 240 Seiten, 12,40 € inklusive Versand -kosten, erhältlich bei allenVerbraucher-zentralen: www.verbraucherzentrale.de

12. Mai Berlin2. Deutscher Verbrauchertag

„Mehr Familie in die Verbraucherpolitik – Konsumalltag meistern, Wirtschaft gestal-ten“ – unter diesem Motto lädt der Ver-braucherzentrale Bundesverband zum Deutschen Verbrauchertag 2009. Bun-deskanzlerin Angela Merkel wird den Kon-gress eröffnen.Veranstalter: Verbraucherzentrale Bundesverbandwww.verbrauchertag.deHinweis: Teilnahme nur nach Einladung möglich

12./13. Mai in BerlinSymposium: Zugang zu Unterneh mens- informationenWas fordern die Verbraucher, was tut die Wirtschaft? Im Rahmen der Evaluierung des Verbraucherinformationsgesetzes werden diese Fragen diskutiert.Veranstalter: Bundesverbraucherminis-terium www.bmelv.de

17. Mai in BerlinDie Kuh als Klimakiller?Die Tagung diskutiert über Wege, wie mit einer nachhaltigen Tierhaltung in globali-sierten Märkten Tier- und Klimaschutz in Einklang zu bringen sind.Veranstalter: Allianz für Tierewww.vzbv.de

29./30. Mai in HamburgNationale Konferenz für Finanzdienst leistungenVerlorenes Vertrauen der Kunden – wie können es die Banken wiedergewinnen? Wie wirkt sich die Finanzkrise auf die Arbeit der Schuldner- und Verbraucher-beratung aus?Veranstalter: Institut für Finanzdienstleis-tungen (IFF)www.iff-hamburg.de

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