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MSC Software – Tipp des Monats TechTipp Januar 2018 MSC Software TechTipp Januar 2018 - 1 MSC Nastran SOL 400 – Konvergenzsteuerung Stefan Oschkera SYENTEC GmbH Geitenedt 8, Kirchschlag bei Linz, Österreich [email protected] Achim Sippel, Cornelia Thieme MSC Software GmbH Am Moosfeld 13, 81829 München, Deutschland [email protected], [email protected] 1 MOTIVATION Die einfache Überführung eines linear elastischen Modells in ein nichtlineares Modell für weitergehende Detailanalysen macht den Einsatz der SOL 400 sehr attraktiv. Dieser Artikel soll – als erster einer Reihe von Artikeln – einen Beitrag dazu leisten, den Einstieg in die nichtlineare Welt zu erleichtern. Er zeigt einen praxisnahen Ansatz zum grundlegenden Verständnis der Konvergenzkriterien in der SOL 400. Dabei steht weniger der programmtechnische Hintergrund im Fokus, vielmehr soll anhand eines konkreten Beispiels der Begriff der Konvergenz wie auch die Steuerung des Berechnungsablaufes anschaulich erläutert werden. Bild 1: Standardvorgaben für die NLSTEP-Karte und typische Anwendungssituationen

MSC Nastran SOL 400 Konvergenzsteuerung - SYENTEC

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MSC Software – Tipp des Monats TechTipp Januar 2018

MSC Software TechTipp Januar 2018 - 1

MSC Nastran SOL 400 – Konvergenzsteuerung

Stefan Oschkera SYENTEC GmbH

Geitenedt 8, Kirchschlag bei Linz, Österreich [email protected]

Achim Sippel, Cornelia Thieme MSC Software GmbH

Am Moosfeld 13, 81829 München, Deutschland [email protected], [email protected]

1 MOTIVATION

Die einfache Überführung eines linear elastischen Modells in ein nichtlineares Modell für weitergehende Detailanalysen macht den Einsatz der SOL 400 sehr attraktiv. Dieser Artikel soll – als erster einer Reihe von Artikeln – einen Beitrag dazu leisten, den Einstieg in die nichtlineare Welt zu erleichtern. Er zeigt einen praxisnahen Ansatz zum grundlegenden Verständnis der Konvergenzkriterien in der SOL 400. Dabei steht weniger der programmtechnische Hintergrund im Fokus, vielmehr soll anhand eines konkreten Beispiels der Begriff der Konvergenz wie auch die Steuerung des Berechnungsablaufes anschaulich erläutert werden.

Bild 1: Standardvorgaben für die NLSTEP-Karte und typische Anwendungssituationen

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Nichtlineare Analysen zeichnen sich dadurch aus, dass die Ergebnisse nur iterativ sowie näherungsweise ermittelt werden können – die Genauigkeit der Berechnungsergebnisse wird dabei u.a. von den Abbruch- bzw. Konvergenzkriterien bestimmt. Unabhängig von der Fragestellung ob ein Rechenlauf schlussendlich konvergiert oder nicht, werden sowohl die Berechnungszeit wie auch die Größe der Ergebnisdateien wesentlich von den Konvergenzvorgaben bestimmt.

Die zugehörigen Einstellungen werden über die NLSTEP-Karte festgelegt. Macht der Anwender keine Angaben, teilt MSC Nastran einen Lastschritt standardmäßig in 50 Inkremente auf. Dadurch wird die Rechenzeit bei einem nur schwach nichtlinearen Modell unnötig lang. Nastran bietet darüber hinaus auch die Auswahl zwischen den Standardvorgaben („Smart Defaults“) QLINEAR, MILDLY bzw. SEVERELY an (Bild 1) – hier muss der Anwender nur entscheiden, ob das Modell praktisch linear, gemäßigt oder stark nichtlinear ist. Passende Schrittsteuerung und Konvergenzkriterien sind für jede der drei Vorgaben in Nastran hinterlegt.

Mittels der NLSTEP-Karte eigene, auf die Problemstellung abgestimmte Vorgaben zu machen, bietet jedoch wesentliche Vorteile:

• Besseres Verständnis der Konvergenzkriterien • Solversteuerung angepasst an die jeweilige Zielsetzung • Deutlich verkürzte Berechnungszeit („Wall Time“) • Reduzierung der Ergebnisdaten für ein effektiveres Postprocessing

2 BEISPIEL EINER ELASTOMER-FLACHDICHTUNG

Bild 2: Beispiel für ein schwach nichtlineares Problem

(Materialdaten PolymerFEM.com) Zum einfacheren Verständnis der Zusammenhänge soll die in Bild 2 dargestellte, schwach

nichtlineare Problemstellung einer Elastomer-Flachdichtung als Beispiel herangezogen werden: Die zwischen Aluminiumgehäuse (schwarz eingefärbt, Abmaße 214 × 214 × 66 mm) und Stahldeckel (Dicke 8 mm) verbaute Flachdichtung (in Bild 3 rot hervorgehoben, t = 0.5 mm) wird über die umlaufend angeordneten M6-Schrauben vorgespannt und soll die Dichtheit des mit 1 bar Innendruck belasteten Gehäuses gewährleisten. Die Einsatztemperatur liegt im Bereich von 0°C – 20°C.

Die Dichtheit wird maßgeblich von der gleichmäßigen Kompression der Flachdichtung bestimmt. Primär relevant sind also die lokalen Steifigkeiten, die sich einstellenden Spannungen werden demgemäß voraussichtlich unkritisch sein. Die schwache Nichtlinearität begründet sich in der verhältnismäßig geringen Kompression der Dichtung, die zu Beginn der Analysen mit ca. 20% eingeschätzt wurde. Sind die Materialdaten der Dichtung einmal über Messungen bestimmt (Bild 2 rechts), ist der größte Unsicherheitsfaktor für die Analysen die tatsächlich wirksame Schraubenvor-spannung. Diese wird u.a. maßgeblich von den Reibungsverhältnissen in den Gewinden sowie am Bund der Schrauben bestimmt und ist in der Regel nicht genau bestimmbar.

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Bild 3: FE-Modell des Gehäuses mit Flachdichtung (Deckel ausgeblendet)

Mit diesem Wissen macht aus Sicht der Analyse eine möglichst genaue Bestimmung der

lokalen Normalkraftverhältnisse an der Dichtung nur eingeschränkt Sinn. Im Wesentlichen kann also nur eine Aussage bez. der minimal notwendigen Schraubenvorspannung getroffen werden. Die Vorgaben an die tatsächlich aufzubringende Schraubenvorspannung müssen im User Manual daher mit einem entsprechenden Sicherheitszuschlag versehen werden.

3 ENTSCHEIDUNGSKRITERIEN FÜR DIE NICHTLINEARE ANALYSE

Nastran arbeitet intern ohne Kenntnis von Einheiten; die Einheitenkonsistenz von Eingabe- und Ergebnisdaten muss demnach vom User sichergestellt werden. Die Konvergenzvorgaben, also die Kriterien anhand derer Nastran beurteilt ob zwei nacheinander folgende Iterationen ausreichend genaue Ergebnisse erzielt haben, kann demgemäß nur in dimensionsloser Form ausgedrückt werden. Wenn in den nachfolgenden Bildern ein Konvergenzkriterium vorgegeben wird, entspricht eine Error-Vorgabe von 0.15 einem tolerierbaren Fehler von 15 % innerhalb eines Lastinkrementes. Ist dieses (Konvergenz-)Kriterium erfüllt, betrachtet Nastran die letzte Iteration als ausreichend genau und beendet das aktuelle Lastinkrement (konvergiert). Im Rückschluss darf angenommen werden, dass bei Wahl eines höheren Vorgabewertes die Berechnung einfacher und schneller konvergiert als bei geringeren Werten.

Konvergenzkriterien können in Nastran für Residualkräfte (PV bzw. LOAD, V steht dabei für die vektorielle Prüfung), Verschiebungsänderungen (UV bzw. DISP), verrichtete Arbeit (W bzw. WORK; entspricht der Verzerrungsenergie) und Kombinationen davon definiert werden. Da W als Produkt des Last- und des Verschiebungsvektors – bzw. Produkt der Spannungen mit den entsprechenden Dehnungen – definiert ist, sollte das zugehörige Konvergenzkriterium mit Bedacht gewählt werden. Einfacher ist demnach die Festlegung der Konvergenzkriterien für PV und UV, weswegen dies bei einfachen Problemstellungen üblicherweise der erste Ansatz ist. In der SOL 400 erfolgt beispielsweise die Beurteilung der PV-Konvergenz (Default-Einstellung) auf Basis des Verhältnisses der im Modell ermittelten größten Residualkraft vs. der für das Modell ermittelten größten Reaktionskraft. Diese globale Betrachtungsweise ist nicht unvernünftig, da dieses Verhältnis ein gutes Maß für das Ungleichgewicht im Modell darstellt, welches es zu minimieren gilt (= iterativer Prozess).

Im Falle unserer Anwendung kann somit zusammenfassend festgestellt werden, dass das Modell schwach nichtlinear ist und die Konvergenzvorgaben im Sinne der Anwendung nicht besonders stringent sein müssen. Je Rechenschritt (dazu später) sollten demgemäß nur verhältnismäßig wenige Zwischenschritte notwendig werden um Konvergenz zu erzielen – gute Voraussetzungen für kurze Berechnungszeiten. Auf Basis dieser Überlegungen sollte nachfolgend ein PV und/oder ein UV-Kriterium definiert werden, eine Größenordnung von ca. 10-15% sollte im Sinne der Problemstellung ausreichend sein. Wie zuvor erwähnt, sollten die sich aus der

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Aufgabenstellung ergebenden Unsicherheiten im User Manual durch entsprechende Sicherheitszuschläge bez. des Anzugsmomentes der Deckelschrauben berücksichtigt werden.

4 FESTLEGUNG DES BERECHNUNGSABLAUFES

4.1 Lastaufbringung

Der Ablauf der nichtlinearen SOL 400 Berechnung folgt dem bekannten Schema für die Modellierung vorgespannter Bolzen:

1. Aufbringen der Bolzenvorspannung 2. „Einfrieren“ der aufgebrachten Bolzenvorspannung 3. Aufbringen des Innendruckes

4.2 Konvergenzeinstellungen für den Lastschritt 1

Vereinfacht gesprochen werden im ersten Schritt die beiden Steuerknoten der einzelnen Bolzenmodelle solange in entgegengesetzter Richtung gegeneinander verschoben, bis sich unter Berücksichtigung der lokalen Steifigkeiten die vorgegebenen Bolzenvorspannungen einstellen (Richtung prüfen!). Nachdem in diesem Schritt jedoch noch keine externen Lasten wirken (der Innendruck wird erst in Schritt 3 aufgebracht), sind die Werte der global ausgewerteten größten Residual- und Reaktionskraft naturgemäß sehr klein und noch dazu in etwa der gleichen Größenordnung (wenige N). Nachdem Nastran jedoch die Differenz beider Werte für die Beurteilung heranzieht, kann es sein, dass bei Vorgabe von z.B. 10% für das PV-Kriterium keine Konvergenz erzielt werden kann oder die Analyse des Lastschrittes unverhältnismäßig lange dauert (Bild 4 links). Ähnliches darf auch bei Verwendung eines reinen UV-Kriteriums erwartet werden (Bild 4 rechts).

Bild 4: Festlegung des PV- (links) bzw. UV-Kriteriums (rechts) in Patran

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NLSTEP 1 % Einstellungen für Lastschritt 1 MECH PV .1 % PV-Kriterium von 10%

NLSTEP 1 MECH UV .1 % Alternativ: UV-Kriterium von 10%

Bild 5: Korrespondierende NLSTEP-Karten für PV- (oben) bzw. UV-Kriterium (unten)

In solchen Fällen ist es empfehlenswert Nastran anzuweisen auf das UV-Kriterium

umzuschalten wenn die Kraft klein ist (PVA-Kriterium, A für „Automatic Switching“). Schlussendlich wurde die Analyse mit den Einstellungen gem. Bild 6 durchgeführt und damit auch Konvergenz erreicht.

Ein Hinweis zum Nastran-Inputdeck: Zumeist sind die meisten Felder der NLSTEP-Karte leer, weil Nastran-Defaulteinstellungen nicht in das Inputdeck geschrieben werden. Für weitere Details sei hierzu auf den Quick Reference Guide verwiesen.

Aufgrund der schwachen Nichtlinearität kann für den Lastschritt 1 auch gleich die Festlegung auf zehn gleiche Inkremente („Number of Increments“ in Bild 6 links) und die Einschränkung auf maximal zehn Iterationsschritte je Inkrement („Max # of Iterations per Increment“ in Bild 6 rechts) erfolgen. Nachdem die Vorspannkraft linear mit den zuvor festgelegten Iterationsschritten ansteigt, genügt es zu Kontrollzwecken nur die Ergebnisse des letzten Inkrements in die Ergebnisdatei schreiben zu lassen (siehe „Output Interval“ in Bild 6 links).

Bild 6: Festlegung auf zehn Inkremente und Ausgabe der Ergebnisse des letzten

Inkrements (links), Aktivierung des PVA-Kriteriums und Einschränkung auf max. zehn Iterationen je Inkrement (rechts)

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NLSTEP 1 % Einstellungen für Lastschritt 1 FIXED 10 10 % 10 Iterationen sind Default

MECH PVA % 0.1 ist Default

Bild 7: Finale NLSTEP-Karte für den Lastschritt 1

4.3 Konvergenzeinstellungen für den Lastschritt 2

Mit dem obigen Wissen sind die Konvergenzeinstellungen für den Lastschritt 2 nun einfach festlegbar. So liegt es nahe das PVA-Kriterium beizubehalten, allerdings können die Inkremente auf ein Minimum reduziert werden. Der Grund dafür liegt darin, dass in diesem Lastschritt die Relativbewegung infolge Schraubenvorspannung am Referenzknoten fixiert wird, so dass nun die Schraubenvorspannkraft weggenommen werden kann. Mit anderen Worten ausgedrückt ist die Schraubenvorspannung danach konserviert. Somit entfällt die Notwendigkeit für iterative Analysen und es genügt eigentlich ein einzelnes Inkrement um die Analyse abzuschließen. Um sicherzugehen wurden dennoch zwei Inkremente definiert (Bild 8). Mit den u.a. Einstellungen werden lediglich nur die Ergebnisse des zweiten und letzten Inkrements zu Kontrollzwecken in die Ergebnisdatei geschrieben.

NLSTEP 2 % Einstellungen für Lastschritt 2 FIXED 2 2 % 2 Inkremente, Ergebnisse f. Inkrem. 2

MECH PVA

Bild 8: NLSTEP-Karte für den Lastschritt 2

4.4 Konvergenzeinstellungen für den Lastschritt 3

Im dritten und letzten Schritt wird als Last der Innendruck aufgebracht. Aufgrund der in Schritt 1 gemachten Erfahrungen wurden hier dieselben Einstellungen vorgenommen und das Modell hat mit den u.a. Einstellungen ohne weiteres konvergiert.

NLSTEP 3 % Einstellungen für Lastschritt 3 FIXED 10 10

MECH PVA

Bild 9: NLSTEP-Karte für den Lastschritt 3

5 ERGEBNISSE DER DICHTUNGSANALYSE

Die Ergebnisse in Bild 10 und Bild 11 zeigen, dass die angenommene Schraubenvorspannung die Dichtheit des Gehäuses unter den o.a. Lastbedingungen gewährleistet. Die Dichtheit wurde in Folge auch über Tests bestätigt.

6 VERGLEICH MIT DER SMART DEFAULT-EINSTELLUNG „MILDLY“

Es liegt nahe mit dem nun gewonnen Verständnis einen Vergleich mit der Smart Default-Einstellung MILDLY für alle drei Lastschritte durchzuführen (siehe Bild 1). Die Nastran-Standardvorgaben für diesen Fall sind:

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Bild 10: Normalkraftverlauf in [N] an der Dichtung Lastschritt 1

Bild 11: Normalkraftverlauf in [N] an der Dichtung Lastschritt 3

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• Zehn Inkremente (gleich wie o.a.) • PV-Kriterium mit 1% als Konvergenzkriterium (deutlich stringenter) • Die Ergebnisse aller Zwischenschritte werden in der Ergebnisdatei gespeichert

Mit der MILDLY-Einstellung wird ebenfalls Konvergenz erzielt. Interessant ist dabei ein

Vergleich der Berechnungszeiten sowie der Größe der Ergebnisdateien. Nachstehend die Ergebnisse für eine Single-Socket Workstation unter RHEL 7 mit einer Hexa-Core CPU (Xeon E5-1650 v4), 80GB RAM und einer SATA-SSD für Scratch bei einem Rechenlauf mit SMP=4:

• Während sich mit den o.a. Vorgaben eine Wall Time von 1:59h ergab, benötigte die

Berechnung mit den „MILDLY“-Vorgaben 3:34h. Die obigen Einstellungen hatten somit eine um ca. 44% kürzere Berechnungszeit zur Folge.

• Die Ergebnisdatei (OP2) hatte mit den obigen Einstellungen eine Größe von 1.2 GB, unter Verwendung der MILDLY-Einstellungen ergab sich eine Größe von 11.4 GB. Dies verwundert nicht, da im zweiten Fall die Ergebnisse aller Inkremente gespeichert werden.

Insgesamt hat der mit den MILDLY-Einstellungen durchgeführte Berechnungslauf also

deutlich länger gedauert; die Ergebnisse sind dessen ungeachtet praktisch ident.

NLSTEP 1 MILDLY % Lastschritt 1 ... NLSTEP 2 MILDLY % Lastschritt 2 ... NLSTEP 3 MILDLY % Lastschritt 3

Bild 12: NLSTEP-Karten mit MILDLY-Vorgaben

Bild 13: Normalkraftverlauf in [N] an der Dichtung Lastschritt 3, MILDLY-Vorgaben