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Rechtsprechung bbl 2008, Heft 3 Juni 115 © Springer-Verlag 2008 Lagerung von Industriegütern; widmungswidrige Nut- zung des Grünlandes; Unterlassungsauftrag; Adres- sat DOI 10.1007/s00738-008-0405-3 § 50a stmk ROG 1974 Der Unterlassungsauftrag ist an denjenigen zu richten ist, von dem eine solche Abhilfe erwartet und gegen den sie auch durchgesetzt werden kann. Dies kann der Liegenschaftseigentümer sein, aber auch derjenige, dem das Grundstück zur Nutzung überlassen worden ist und der die wid- mungswidrigen Nutzungshandlungen gesetzt hat. Die Bestimmung des Bescheidadressaten hat auf der Grundlage sachgerechter Erwägungen zu erfolgen. VwGH 31.1.2008, 2004/06/0052 <85> Aus der Begründung: Zweck des § 50a Stmk ROG ist es, mittels eines im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchsetzbaren Bescheides widmungswidrige Nut- zungen zu verhindern bzw zu beseitigen. Daraus ist abzuleiten, dass der Bescheid an denjenigen zu richten ist, von dem eine solche Abhilfe erwartet und gegen den sie auch durchgesetzt werden kann. Dies kann einer- seits der Liegenschaſtseigentümer sein, andererseits aber auch derjenige, dem der Liegenschaſtseigentümer das Grundstück zur Nutzung überlassen habe und der demzufolge die widmungswidrigen Nutzungshand- lungen tatsächlich setzt (vgl dazu das Erk v 11.4.1991, 90/06/0199). Die bel Beh hätte sich mit der vom Bf aufgeworfenen Frage näher auseinandersetzen müssen, ob und aus welchen Erwägungen es im Grunde des § 50a Stmk ROG sachgerecht war, den ggst Unterlassungsauſtrag gegen den Bf zu erlassen (vgl das Erk v 11.4.1991, 90/ 06/0199). Den Bescheiden auf Gemeindeebene liegt hingegen die, auch von der Vorstellungsbeh geteilte Rechtsauffas- sung zu Grunde, Adressat des Unterlassungsauſtrages gem § 50a Stmk ROG sei ausschließlich der Liegen- schaſtseigentümer, weshalb eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Bf, er habe keine tatsächliche Verfügungsgewalt über die in Rede stehenden Grund- stücke, entbehrlich sei. (Auebung) Bauanzeigeverfahren; Widmungskonformität DOI 10.1007/s00738-008-0406-2 § 33 Abs 4 und 5 stmk BauG 1995 Auch im Bauanzeigeverfahren ist die Frage zu prüfen, ob das Vorhaben im Widerspruch zum Flächenwidmungsplan steht. VwGH 31.1.2008, 2007/06/0233 <86> Aus der Begründung: Der Verweis in § 33 Abs 5 Stmk BauG auf das Baubewilligungsverfahren bedeutet einen Verweis auf die entsprechenden prozessualen Vorschriſten des Gesetzes über das Baubewilligungs- verfahren. Der Prüfungsumfang, der den Gegenstand des jeweiligen Bauverfahrens bildet, ergibt sich aus den jeweils zur Anwendung kommenden materiell-recht- lichen Vorschriſten des Gesetzes. Für anzeigepflichtige Vorhaben wird dieser Prüfungsumfang in § 33 Abs 4 leg cit umschrieben. Die Prüfungsbefugnis der Beh in diesem Verfahren ist nicht nur auf die in Z 3 dieser Gesetzesstelle genannten emen beschränkt (Beein- trächtigung des Straßen-, Orts- und Landschaſts- bildes), sondern ihre Kognition umfasst vielmehr alle emen die in § 33 Abs 4 leg cit genannt sind (vgl dazu die Erk v 29.3.2001, 2000/06/0196, 20.10.2005, 2002/06/0005 und 29.11.2005, 2002/06/0161). Dazu ge- hört demnach auch die Frage, ob das Vorhaben (ua) im Widerspruch zum Flächenwidmungsplan steht. (Abweisung) (Lager-)Container; bauliche Anlage; Gebäude; bau- bewilligungspflichtige Maßnahmen DOI 10.1007/s00738-008-0407-1 §§ 4 Z 12, 19 Z 1, 28, 43 stmk BauG 1995 Die Aufstellung von fünf (Lager-) Containern (hier: im Ausmaß von je ca 12,50 x 2,40 x 2,50 m) ist baubewilligungspflichtig. VwGH 31.1.2008, 2007/06/0243 <87> Mündliche Bauverhandlung; (un-)zulässige Kund- machung; Internetkundmachung; Präklusion DOI 10.1007/s00738-008-0408-0 §§ 25 Abs 1, 27 Abs 1 stmk BauG 1995; §§ 41, 42 AVG Erfolgt keine zweite Kundmachung der münd- lichen Verhandlung in geeigneter Form, können die verfahrensbeteiligten Nachbarn ihre Partei- stellung nicht verlieren. Die Kundmachung der mündlichen Bauver- handlung via Internet ist keine geeignete Kund- machungsform, weil nicht sichergestellt ist, dass die Nachbarn von der Anberaumung der Bauver- handlung voraussichtlich Kenntnis erlangen. Ob ein verfahrensbeteiligter Nachbar selbst einen Internetzugang hat, ist bei der Frage des Vorliegens einer geeigneten zweiten Kundma- chung nicht von Bedeutung. VwGH 28.8.2008, 2006/06/0204 <88> Sachverhalt: Im vorliegenden Bauverfahren wurden alle be- kannten Beteiligten (iSd § 25 Abs 1 Stmk BauG) von der Anberaumung einer mündlichen (Bau-) Verhandlung per-

Mündliche Bauverhandlung; (un-)zulässige Kundmachung; Internetkundmachung; Präklusion

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Page 1: Mündliche Bauverhandlung; (un-)zulässige Kundmachung; Internetkundmachung; Präklusion

Rechtsprechungbbl2008, Heft 3Juni 115

© Springer-Verlag 2008

Lagerung von Industriegütern; widmungswidrige Nut-zung des Grünlandes; Unterlassungsauftrag; Adres-sat

DOI 10.1007/s00738-008-0405-3

§ 50a stmk ROG 1974

Der Unterlassungsauftrag ist an denjenigen zu richten ist, von dem eine solche Abhilfe erwartet und gegen den sie auch durchgesetzt werden kann.

Dies kann der Liegenschaftseigentümer sein, aber auch derjenige, dem das Grundstück zur Nutzung überlassen worden ist und der die wid­mungswidrigen Nutzungshandlungen gesetzt hat.

Die Bestimmung des Bescheidadressaten hat auf der Grundlage sachgerechter Erwägungen zu erfolgen.

VwGH 31.1.2008, 2004/06/0052 <85>

Aus der Begründung: Zweck des § 50a Stmk ROG ist es, mittels eines im Wege der Verwaltungsvollstreckung durchsetzbaren Bescheides widmungswidrige Nut-zungen zu verhindern bzw zu beseitigen. Daraus ist abzuleiten, dass der Bescheid an denjenigen zu richten ist, von dem eine solche Abhilfe erwartet und gegen den sie auch durchgesetzt werden kann. Dies kann einer-seits der Liegenschaftseigentümer sein, andererseits aber auch derjenige, dem der Liegenschaftseigentümer das Grundstück zur Nutzung überlassen habe und der demzufolge die widmungswidrigen Nutzungshand-lungen tatsächlich setzt (vgl dazu das Erk v 11.4.1991, 90/06/0199).

Die bel Beh hätte sich mit der vom Bf aufgeworfenen Frage näher auseinandersetzen müssen, ob und aus welchen Erwägungen es im Grunde des § 50a Stmk ROG sachgerecht war, den ggst Unterlassungsauftrag gegen den Bf zu erlassen (vgl das Erk v 11.4.1991, 90/ 06/0199).

Den Bescheiden auf Gemeindeebene liegt hingegen die, auch von der Vorstellungsbeh geteilte Rechtsauffas-sung zu Grunde, Adressat des Unterlassungsauftrages gem § 50a Stmk ROG sei ausschließlich der Liegen-schaftseigentümer, weshalb eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Bf, er habe keine tatsächliche Verfügungsgewalt über die in Rede stehenden Grund-stücke, entbehrlich sei. (Aufhebung)

Bauanzeigeverfahren; Widmungskonformität

DOI 10.1007/s00738-008-0406-2

§ 33 Abs 4 und 5 stmk BauG 1995

Auch im Bauanzeigeverfahren ist die Frage zu prüfen, ob das Vorhaben im Widerspruch zum Flächenwidmungsplan steht.

VwGH 31.1.2008, 2007/06/0233 <86>

Aus der Begründung: Der Verweis in § 33 Abs 5 Stmk BauG auf das Baubewilligungsverfahren bedeutet einen Verweis auf die entsprechenden prozessualen Vorschriften des Gesetzes über das Baubewilligungs-verfahren. Der Prüfungsumfang, der den Gegenstand des jeweiligen Bauverfahrens bildet, ergibt sich aus den jeweils zur Anwendung kommenden materiell-recht-lichen Vorschriften des Gesetzes. Für anzeigepflichtige Vorhaben wird dieser Prüfungsumfang in § 33 Abs 4 leg cit umschrieben. Die Prüfungsbefugnis der Beh in diesem Verfahren ist nicht nur auf die in Z 3 dieser Gesetzesstelle genannten Themen beschränkt (Beein-trächtigung des Straßen-, Orts- und Landschafts-bildes), sondern ihre Kognition umfasst vielmehr alle Themen die in § 33 Abs 4 leg cit genannt sind (vgl dazu die Erk v 29.3.2001, 2000/06/0196, 20.10.2005, 2002/06/0005 und 29.11.2005, 2002/06/0161). Dazu ge-hört demnach auch die Frage, ob das Vorhaben (ua) im Widerspruch zum Flächenwidmungsplan steht. (Abweisung)

(Lager-)Container; bauliche Anlage; Gebäude; bau-bewilligungspflichtige Maßnahmen

DOI 10.1007/s00738-008-0407-1

§§ 4 Z 12, 19 Z 1, 28, 43 stmk BauG 1995

Die Aufstellung von fünf (Lager­) Containern (hier: im Ausmaß von je ca 12,50 x 2,40 x 2,50 m) ist baubewilligungspflichtig.

VwGH 31.1.2008, 2007/06/0243 <87>

Mündliche Bauverhandlung; (un-)zulässige Kund-machung; Internetkundmachung; Präklusion

DOI 10.1007/s00738-008-0408-0

§§ 25 Abs 1, 27 Abs 1 stmk BauG 1995; §§ 41, 42 AVG

Erfolgt keine zweite Kundmachung der münd­lichen Verhandlung in geeigneter Form, können die verfahrensbeteiligten Nachbarn ihre Partei­stellung nicht verlieren.

Die Kundmachung der mündlichen Bauver­handlung via Internet ist keine geeignete Kund­machungsform, weil nicht sichergestellt ist, dass die Nachbarn von der Anberaumung der Bauver­handlung voraussichtlich Kenntnis erlangen.

Ob ein verfahrensbeteiligter Nachbar selbst einen Internetzugang hat, ist bei der Frage des Vorliegens einer geeigneten zweiten Kundma­chung nicht von Bedeutung.

VwGH 28.8.2008, 2006/06/0204 <88>

Sachverhalt: Im vorliegenden Bauverfahren wurden alle be-kannten Beteiligten (iSd § 25 Abs 1 Stmk BauG) von der Anberaumung einer mündlichen (Bau-) Verhandlung per-

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Rechtsprechung116bbl2008, Heft 3

Juni

© Springer-Verlag 2008

sönlich (mittels RSb-Brief) verständigt. Darüber hinaus wur-de die mündliche Verhandlung „doppelt“ (iSd §§ 41, 42 AVG) kundgemacht, namentlich an der Amtstafel sowie auf der Internetseite der Gemeinde (unter dem Schlagwort „Kund-machungen“).

Aus der Begründung: Zentrale Frage ist im vorlie-genden Fall, ob die zusätzliche Kundmachung über die Anberaumung der Bauverhandlung gem § 27 Abs 1 Stmk. BauG im Internet, nämlich auf der Homepage der mitbeteiligten Stadtgemeinde, eine geeignete Kund-machungsform iS dieser Bestimmung ist. Von der bel Beh und den BauBeh wurde dies bejaht. Nach Ansicht des Bf sei die Kundmachung auf der Website der mit-beteiligten Stadtgemeinde keine Kundmachung, die geeignet gewesen wäre, dass die Dorfbewohner des mehrere Kilometer von der mitbeteiligten Stadtge-meinde entfernten Ortsteiles Schiefer von dem Bauvor-haben in diesem Ortsteil Kenntnis erlangt hätten (der Bf bestreitet dies auch für den Anschlag auf der Amts-tafel der mitbeteiligten Stadtgemeinde). Die bel Beh führe selbst aus, dass das Internet derzeit in 63% der österreichischen Haushalte bei mindestens einem Haushaltsmitglied im Alter von 16 bis 74 Jahren vor-handen sei und 47% aller Haushalte einen Internetzu-gang besäßen. Im ländlichen Raum – wie im konkreten Fall – sei eine derartige Dichte von Internetzugängen nicht anzunehmen, da erfahrungsgemäß die ländliche Bevölkerung mit dieser Art der Kommunikation weit weniger vertraut sei. Auch hinsichtlich der Altersstruk-tur ergäben sich bei der Nutzung des Internets erheb-liche Unterschiede, da diese neuen Technologien haupt-sächlich von jüngeren Menschen angewendet würden. Diese Art der Kundmachung sei daher für das vor-liegende Gebiet nicht geeignet. Auch nach den Aus-führungen der Beh sei mindestens die Hälfte der mög-lichen Beteiligten von dieser Art der Kundmachung nicht betroffen. Die Beh habe somit nicht davon aus-gehen können, dass die Beteiligten über das Internet „voraussichtlich“ von der Bauverhandlung Kenntnis erlangten. Aus dem Hinweis, dass Kundmachungen der Bundesgesetze rechtsgültig durch Veröffentlichung im Internet erfolgten und von der BMJ gerichtliche Be-kanntmachungen in Ediktdateien geführt würden, könne nichts gewonnen werden, da sich diese Veröf-fentlichungen überwiegend an Beh bzw rechtskundige Personen richteten, bei denen die Nutzung des Inter-nets eine Voraussetzung für ihre Berufsausübung sei, die teils sogar gesetzlich, teils standesgemäß vorge-schrieben sei.

Diesem Vorbringen des Bf kommt Berechtigung zu. § 27 Abs 1 Stmk BauG verlangt – wie § 42 Abs 1 AVG in der seit der Nov BGBl I 158/1998 geschaffenen Fas-sung – für die nicht bekannten Beteiligten eines Bau-verfahrens neben der (sozusagen ersten) Kundmachung der Verhandlung durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kund-machungen der Beh bestimmten Zeitung eine zusätz-liche Kundmachung in geeigneter Form. Eine Kund-

machungsform ist nach diesen Bestimmungen dann geeignet, wenn die Kundmachung sicherstellt, dass ein Nachbar von der Anberaumung der Bauverhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt. Nach den Gesetzes-mat zur Verwaltungsverfahrensgesetznov 1998 (AB 1167 BlgNR XX. GP) wird für den Fall, dass die zusätz-liche Kundmachungsform nicht vom Materiengesetz-geber geregelt ist, ausgeführt, dass es in diesem Fall der Beh und letztlich den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes obliegt, im Einzelfall zu beurteilen, ob eine bestimmte Kundmachungsform „eine hohe Wahr-scheinlichkeit dafür begründet, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung tatsächlich Kennt-nis erlangt“. Als mögliche (sozusagen zweite) Kundma-chungen idS werden in den Mat die Postwurfsendung und die Häuserkundmachung genannt.

Zur Frage der Eignung einer Kundmachung im In-ternet im dargelegten Sinne wird in der Lit (Ph. Pal-litsch, Die Präklusion im Verwaltungsverfahren, 2001, S 39 f, FN 166) nach Ansicht des VwGH zutreffend vertreten, dass dies davon abhängt, ob der Kreis der Beteiligten „vernetzt“ ist, dh einen permanenten In-ternetzugang hat und man davon ausgehen kann, dass sie über dieses Medium von der Anberaumung der mündlichen Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangen. Nur unter diesen Voraussetzungen wird bei einer Kundmachung im Internet davon die Rede sein können, dass bei dieser Kundmachung sichergestellt ist, dass die Beteiligten davon voraussichtlich Kennt-nis erlangen. Dieses voraussichtliche Kenntniserlan-gen über das Internet wird auch in diesem Fall nur dann zu bejahen sein, wenn diese mögliche Form der Kundmachung bei Verwaltungsverfahren der Ge-meinde entsprechend allgemein bekannt gemacht wurde. Nur dann kann man von den Beteiligten auch fordern können, dass sie regelmäßig im Internet dies-bezüglich Nachschau halten. Auch Hengstschläger – Leeb (Kommentar zum allgemeinen Verwaltungsver-fahrensgesetz, 2005, S 398 f, Rz 10) vertreten die An-sicht, dass eine Kundmachung via Internet derzeit nur ausnahmsweise in besonders gelagerten Fällen, etwa bei entsprechend ausgestatteten Beteiligten in spezi-ellen Verfahren den Erfordernissen einer geeigneten zusätzlichen Kundmachung iSd § 42 Abs 1 letzter Satz AVG (wie § 27 Abs 1 letzter Satz Stmk BauG) ent-spräche.

Die Beh haben sich, was die fragliche Vernetzung betrifft, auf eine Erhebung der Statistik Österreich be-rufen, nach der im Jahre 2005 47% der österreichischen Haushalte Internet-Zugang hatten. Eine Vernetzung sämtlicher Beteiligter des vorliegenden Bauverfahrens wurde von den Gemeindebeh nie behauptet und ins Treffen geführt. Für die Frage des Vorliegens einer ge-eigneten zweiten Kundmachung gem § 27 Abs 1 Stmk BauG ist es ohne Bedeutung, ob der betreffende gegen den angenommenen Verlust der Parteistellung kämp-fende Nachbar selbst einen solchen Internetzugang hat, weil es nach der Regelung um die Eignung der zweiten Kundmachung an sich geht.

Page 3: Mündliche Bauverhandlung; (un-)zulässige Kundmachung; Internetkundmachung; Präklusion

Rechtsprechungbbl2008, Heft 3Juni 117

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Auch aus dem Umstand, dass der Bundesgesetz-geber im BGBL-G (BGBl I Nr 100/2003; § 7) die Kund-machung der im Bundesgesetzblatt zu veröffent-lichenden Rechtsvorschriften im Internet unter der angegebenen Adresse vorsieht, kann für die verfah-rensggst Frage der Eignung einer Kundmachung im Internet iSd § 27 Abs 1 letzter Satz Stmk BauG nichts abgeleitet werden.

Wenn der Bf auch die Eignung des Anschlages auf der Amtstafel der mitbeteiligten Stadtgemeinde in Frage stellt, weil das vorliegende Bauvorhaben in der mehrere Kilometer von dieser Amtstafel gelegenen Ortschaft S. gelegen ist, genügt es darauf hinzuweisen, dass der Landesgesetzgeber die möglichen Formen der ersten Kundmachung über die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung im Baubewilligungsverfah-ren im Gesetz dezidiert nennt (ua den Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde). Wenn sich nun eine Stadtge-meinde – wie sich dies im vorliegenden Fall aus dem Amtskalender ergibt (vgl dazu schon das Erk v 27.11. 2007, 2007/06/0303) – aus mehreren Ortschaften zu-sammensetzt, dann ist die für die Stadtgemeinde vor-gesehene eine Amtstafel die maßgebliche Amtstafel für allfällige Kundmachungen. Verfassungsrechtliche Be-denken (insb im Hinblick auf die Eignung der Kund-machung) bestehen dazu nicht.

Die im vorliegenden Fall vorgenommene zweite Kundmachung via Internet kann somit nicht als geeig-net im dargelegten Sinne qualifiziert werden. Es ist daher keine zweite Kundmachung in geeigneter Form iSd § 27 Abs 1 Stmk BauG erfolgt, der Bf hat daher die Parteistellung nicht verloren. (Aufhebung)

Anmerkung: Bis auf weiteres scheint die („zweite“) Kund-machung der mündlichen Bauverhandlung über Internet-portale der Gemeinden nicht zulässig. Der VwGH schließt sich im vorliegenden Erk ausdrücklich dem Schrifttum an, wonach eine solche Kundmachung bis dato nur dann eine „geeignete“ Kundmachung iSd §§ 41, 42 AVG (bzw §§ 25, 27 stmk BauG) darstellen könne, wenn die (Verfahrens-) Betei-ligten über eine entsprechende technische Ausstattung („In-ternetzugang“) verfügen (und – wie der VwGH ergänzt – diese „mögliche“ Form der Kundmachung von der Beh allge-mein bekannt gemacht worden ist). Wenngleich es dabei – nach Ansicht des VwGH – nicht darauf ankommt, ob auch die von einem bestimmten Verfahren konkret betroffenen (Verfahrens-) Beteiligten (hier: zB Nachbarn) einen Internet-zugang haben, ließe sich jedenfalls aus dem (von der Baube-hörden ins Treffen geführten) generell schon relativ hohen Grad der (E-)Vernetzung österreichischer Haushalte (er liegt derzeit bei ca 60%) für sich alleine noch nicht die erforder-liche (E-)Vernetzung der im Allgemeinen am Baubewilli-gungsverfahren beteiligten Personenkreise ableiten. Da es sich bei den im Bauverfahren Beteiligten aber idR um „Pri-vate“ (benachbarte Grundeigentümer) handelt, muss wohl – auch wenn es der VwGH nicht ausdrücklich sagt – dennoch dieser allgemeine Versorgungsgrad mit Internetanschlüs-sen ausschlaggebend sein. Welchen konkreten Prozentsatz er (noch) erreichen müsste, lässt das VwGH-Erk allerdings of-fen.

Karim Giese

Tirol

Unterlassungsauftrag; bewilligter Verwendungs-zweck; Begriff „Geschäft“; Gastgewerbe

DOI 10.1007/s00738-008-0409-z

§§ 20, 36, 37 Abs 4 tir BauO 2001; §§ 38, 39, 40 tir ROG 2001

Der entsprechend dem Bauantrag bewilligte Ver­wendungszweck „Geschäft“ deckt nicht auch die Nutzung der Räumlichkeiten als „Cafe/Restau­rant“ ab.

VwGH 31.1.2008, 2006/06/0184 <89>

Aus der Begründung: Der Zweitbf vertritt weiterhin die Auffassung, der mit der Baubewilligung v 23.4.2004 bewilligte Verwendungszweck „Geschäft“ umfasse auch die ausgeübte betriebliche Tätigkeit; der Begriff „Geschäft“ sei weit auszulegen (Hinweis auf Jud des OGH zum WEG).

Diese Auffassung trifft nicht zu: Auch wenn der Be-griff „Geschäft“ in anderen Gesetzen (zB im MRG und im WEG 2001) weit zu verstehen ist (in der Beschwerde wird dazu auf das U des OGH v 12.7.2005, 5 Ob 122/05k, verwiesen), kommt es im Beschwerdefall aber nicht darauf an, sondern auf die Bedeutung dieses Begriffes im hier maßgeblichen bau- und raumordnungsrecht-lichen Sinn.

Im allgemeinen Sprachgebrauch sind die Begriffe „Geschäft“ oder auch „Geschäftslokal“ nicht scharf umrissen; ein Restaurant oder Cafe wird darunter eher nicht verstanden. Brockhaus Warig, Deutsches Wörter-buch (1981) definiert „Geschäft“ im gegebenen Zusam-menhang als „kaufmännisches oder gewerbliches Un-ternehmen“, auch als „Laden“. Eine Legaldefinition des Begriffes „Geschäft“ oder „Geschäftslokal“ gibt es in der TBO 2001 oder im TROG 2001 (bzw 2006) nicht. Der Begriff „Geschäftsgebäude“ kommt zwar in § 38 Abs 2 TROG 2001 vor, wird aber (offenkundig) als be-kannt vorausgesetzt. Aus der Systematik des Gesetzes, insb aus dem Zusammenspiel der §§ 38, 39 und 40 TROG 2001, ergibt sich ein eingeschränkter Inhalt des Begriffes „Geschäftshaus“, dies schon im Unterschied zu einem (in § 38 Abs 2 TROG 2001 ebenfalls ge-nannten) Gebäude für Gastgewerbebetriebe (zur Be-herbergung von Personen), wie auch zu Gebäuden mit unterschiedlichsten Verwendungszwecken (auch un-terschiedlichen betrieblichen Verwendungszwecken). Unzutreffend ist daher die schon im Verwaltungsver-fahren zum Ausdruck gebrachte Auffassung der Bf, unter dem Begriff „Geschäft“ sei, soweit hier erheblich, jeder beliebige Gewerbebetrieb zu verstehen.

Auch eine Auslegung des Verwendungszweckes „Geschäft“ an Hand des Inhaltes der Baubewilligung ergibt nicht das von den Bf gewünschte Ergebnis: Im Erdgeschoß könnte zwar eine Verkaufstätigkeit erfol-gen (wobei es allerdings an sanitären Einrichtungen für allfällige Verkäufer mangelte), angesichts der Beschaf-