Mycobacterium tuberculosis 04 14 - bgrci.de · PDF file4 Stand: 04/2014 mellitus, Silikose, Niereninsuffizienz, immunsuppressive Therapie, maligne hämatologische Erkrankungen, erhöhter

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    Mycobacterium tuberculosis Allgemeine Angaben Name (Synonyma): Mycobacterium tuberculosis (Zopf 1883) Lehmann and Neumann 1896; Erstbeschreibung: Zopf, W. 1883. Die Spaltpilze, 1-110 [31]; Lehmann, K. B. & Neumann, R. 1896. Atlas und Grundriss der Bacteriologie und Lehrbuch der speziellen bacteriologischen Diagnostik, 1. Aufl. [19].

    Synonyma: Bacterium tuberculosis Zopf 1883, Bacillus tuberculosis (Zopf 1883) Klein 1884; Mycobacterium tuberculosis typus humanus Lehmann and Neumann 1907; Mycobacterium tuberculosis var. hominis Bergey et al. 1934 [8]; Mycobacterium tuberculosis subsp. tuberculosis Aranaz et al. 1999 [1].

    Etymologie: griech. mykes, Pilz (pilzhnliches Oberflchenwachstum in flssiger Kultur, selten Bildung von verzweigten Stbchen); lat. tuberculum, kleiner Knoten [Der Tuberkel (Tuberkulosekntchen) ist die granulomatse Reaktionsform der Tuberkulose, in der die Erreger quasi eingeschlossen sind.] [3, 21].

    Pathovarietten: avirulenter Stamm Mycobacterium tuberculosis H37Ra Typstamm: H37Rv = ATCC 27294 (Neotypstamm) [18] Risikogruppe: 3 Konsiliar-/Referenzlabor: Nationales Referenzzentrum fr Mykobakterien, Forschungszentrum Borstel,

    Parkallee 18, D-23845 Borstel; Leitung: Frau Dr. S. Rsch-Gerdes Molekularbiologie, Morphologie und Physiologie Genom: 65,6 mol% G+C (vollstndiges Genom: Sequence Accession no. X58890) [21]; 4,4 Mb

    groes, zirkulres Chromosom (4.411.529 bp), reich an repetitiver DNA und IS-Elementen und 3924 ORFs, keine definierten Pathogenittsinseln bekannt [5]; M. tuberculosis H37Ra besitzt ein 4,4 Mb groes, zirkulres Chromosom (4.419.977 bp) mit einem G+C Gehalt von 65,61 mol% und damit ein um 8445 bp greres Genom als M. tuberculosis H37Rv [29].

    Zellulre und kulturelle Morphologie: unbewegliche, Gram-positive Stbchenbakterien, 1-4 m lang und 0,3- 0,6 m dick; keine Sporenbildung; aerob bis mikroaerophil (Zusatz von 5-10% CO2 wirkt wachstumsstimulierend [21]; die lipidreiche Zellwand [hoher Gehalt an Mykolsuren (-alkyl--hydroxy-Fettsuren), Cord-Faktor (Glykolipid: 6,6-Dimykolyltrehalose) und Wachsen] fhrt zu schlechter Darstellbarkeit in der GRAM-Frbung; Fuchsin wird aber unter Erhitzen gut aufgenommen und trotz Surebehandlung (Bildung eines stabilen Fuchsin-Mykolat-Komplexes) nicht wieder abgegeben, was als fr Mykobakterien charakteristische Surefestigkeit bezeichnet wird (ZIEHL-NEELSEN-Frbung, in der die Stbchen leuchtend rot erscheinen) [3, 21]; die Bakterien lagern sich z. T. zu zopfartigen Agglomeraten (Cord-Bildung) zusammen [2, 3, 21].

    Physiologie: chemoorganoheterotroph; mesophil (Optimum 37C), pH-Optimum 6,4-7,0; langsames Wachstum auf/in Spezialnhrmedien, z. B. Eiernhrbden (Eigelb zur Bereitstellung von Lipiden) wie LWENSTEIN-JENSEN-Medium (Generationszeit: 6-20 Stunden; Bildung von sichtbaren Kolonien auf festen Medien nach ca. 2-4(-8) Wochen), Nachweis von Wachstum in Flssigmedien anhand mykobakterieller Stoffwechselaktivitt nach durchschnittliche 2-3 Wochen [2, 3].

    Charakteristische diagnostische Merkmale: im Vergleich zu vielen anderen Mykobakterien besonders ausgeprgte Surefestigkeit (s. o.); Niacin-Test positiv (M. tuberculosis bildet Nikotinsure im Gegensatz zu M. bovis und einigen anderen Mykobakterien); Nitratreduktionstest positiv (im Gegensatz zu M. bovis) [2, 3, 21]; 68C Katalase-Test (M. tuberculosis verliert unter diesen Bedingungen Katalase-Aktivitt) [21, 23]; Unterscheidung einzelner M. tuberculosis-Stmme durch RFLP-Analysen mglich (Detektion variabler Kopienzahl von IS6110, welches in allen M. tuberculosis-Stmmen vorkommt [23].

    Mycobacterium tuberculosis (ZIEHL-NEELSEN-Frbung)

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    Natrlicher Standort Nicht freilebend, obligat wirtsgebunden: fakultativ intrazellulr (Persistenz und Vermehrung in den

    Makrophagen des Wirtsorganismus [2, 3, 21, 23]. Wirtsbereich: Mensch sowie Nutz- (insbesondere Rinder), Haus- und gelegentlich Wildtiere [30]. Pathogenitt Pathogen fr: Menschen und verschiedene Wirbeltiere; hoch pathogen fr Meerschweinchen, weshalb

    diese Tiere frher mit groem Erfolg fr diagnostische Tierversuche verwendet wurden [21, 30].

    Pathogenittsfaktoren/Pathogenese: Die Pathogenitt von Mycobacterium tuberculosis beruht auf dem Zusammenspiel zahlreicher Virulenzfaktoren. Zentrale Bedeutung fr die Pathogenitt kommt der Fhigkeit zu, in Makrophagen berleben und sich in ihnen vermehren zu knnen sowie die Fusion von Phagosom und Lysosom zu hemmen. Dabei spielen die fr Mykobakterien charakteristische lipidreiche Zellwand, insbesondere deren Mykolsuren und mykolsurehaltigen Glykolipide [2, 3], darunter vor allem der sog. Cordfaktor (Trehalose-6,6-Dimykolat) = Mykosid (= Mykolsure-haltiges Glykolipid der Zellwand), ebenso wie andere Glykolipide (Lipoarabinomannan) (immunmodulatorische Aktivitt) eine besonders wichtige urschliche Rolle [2].

    Weiterhin zhlen die Katalase-Peroxidase-Aktivitt (katG-Gen) (schtzt vor der Wirkung von in Phagozyten gebildetem H2O2), der sog. Makrophagen-Kolonisations-Faktor (mce-Gen) (kodiert fr integrale Membran-Proteine, die die Invasion in die Wirtszelle bewirken) und zahlreiche Phospholipasen, Lipasen, Esterasen und verschiedene Proteasen, die Zell- und Vakuolenmembranen zerstren knnen, zu den zustzlichen Virulenzfaktoren [5]. Eine Hmolysin-Wirkung einer spezifischen Phospholipase [5] wird ebenso als Pathogenittsfaktor diskutiert wie Eisenkomplexbildner (Mykobaktine), die mit eisenbindenden Substanzen des Wirtes (z. B. Transferrin) in Kompetition stehen.

    Ein zentraler Vorgang bei der Pathogenese der M. tuberculosis-Infektion ist die granulomatse Entzndungsreaktion, die als Ausdruck der zellulren Immunabwehr auf die Aktivierung von Makrophagen durch T-Zellen zurckgeht und bei der es zu einem Wechselspiel zwischen T-Lymphozyten, MHC-vermittelter Antigenprsentation und den Zytokinen Interferon- und Tumornekrosefaktor kommt [3].

    Die zellulr-vermittelte chronische Entzndungsreaktion im Gefolge der mykobakteriellen Infektion fhrt im Rahmen nekrotisierender und fibrosierender Prozesse zur Gewebezerstrung. Ausgehend von nekrotischen Granulomen in der Lunge kann es zur Ausbreitung der Erreger im Wirt bzw. Besiedelung anderer Organe (z. B. Milz) kommen [2, 3]. Proteine bzw. Enzyme, die bei diesen Vorgngen (Zerstrung von Membranen und anschlieende Ausbreitung der Erreger im gesamten Wirtsorganismus) eine wichtige Rolle einnehmen, gehren zu den Haupt-Virulenzfaktoren. Diese sind bei M. tuberculosis in der sog. RD1-Region (region of difference) lokalisiert und gehren zu einem 9 Gene umfassenden Sekretionssystem (ESX-1 locus), welches fr die Sekretion der Hauptvirulenz-Faktoren ESAT-6 und CFP-10 zustndig ist. Die letzteren beiden Proteine sind hauptschlich bei der Translokation der Mykobakterien vom Phagosom ins Zytosol und der anschlieenden intrazellulren Ausbreitung beteiligt. Eine Deletion dieser Region liegt bei allen attenuierten M. bovis BCG-Impfstmmen zugrunde [20, 22, 25]. Neuere Untersuchungen deuten auf eine regulatorische Funktion des CFP10/ESAT6-Komplexes bei der Apoptose infizierter Makrophagen zu unterschiedlichem Infektionszeitpunkt hin [12].

    Genetische Studien an dem attenuierten, avirulenten Stamm Mycobacterium tuberculosis H37Ra zeigten die Beteiligung weiterer zahlreicher essentieller Gene an der Pathogenese, da deren Mutation zu einem signifikanten Virulenzverlust fhrte. Fr folgende Gene konnte eine Beteiligung an der Virulenz nachgewiesen werden: PE/PPE/PE-PGRS Gene kodieren Proteine, die fr die Fibronectin-Bindung bzw. Oberflchen-Antigen-Variation verantwortlich sind; Gene, die fr Stress-Proteine kodieren (mazG) und solche, die fr die Regulation wichtiger Bioynthese-Gene zustndig sind (phoP Transkriptionsaktivierung der Lipidbiosynthese, ilvD Transkriptionsaktivierung der Aminosure-Biosynthese, pks12 und nrp Transkriptionsaktivierung der Polyketid-Biosynthese); weiterhin kommt Mutationen in

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    wichtigen Promotor-Bereichen eine Bedeutung zu, z. B. in Promotoren fr den Energie-Metabolismus (lpdA-glpD2), Cofaktor-Biosynthese (pabB), Nukleotid Metabolismus (nrdH/nrdE/nrdF2), Lipid-Metabolismus (phoH2) und Protein-Degradation (ftsH) [29].

    Zustzlich an der Hhe der Virulenz beteiligt sind verschiedene Sigma-Faktor()-Gene (sigA bzw. rpoV), die fr die Transkription zahlreicher Gene verantwortlich sind und deren Mutation zur Attenuierung virulenter M. tuberculosis-Stmme fhrt [6, 29]; fr SigC wird eine essentielle Beteiligung bei der Pathogenese diskutiert, da bei SigC-Mutationen die Ausbildung nekrotischer Granulome in Lunge und Milz ausbleibt [15, 26].

    Ausprgung der Pathogenitt: obligat pathogen; Menschen mit Beeintrchtigung der zellulren Immunitt (z. B. AIDS-Patienten) sind besonders anfllig und neigen zu schweren bis fulminanten Krankheitsverlufen [2, 3].

    Infektionsdosis: sehr niedrig: 10 (1 - 3) infektionstchtige Erreger [27]! Allergenitt: keine Allergenitt im engeren Sinne; eine Infektion fhrt bei immunkompetenten Menschen

    aber zu einer berempfindlichkeitsreaktion vom Spttyp (delayed type hypersensitivity reaction), die auch als verzgerte allergische Reaktion bezeichnet wird. Die positive Tuberkulinreaktion ist Ausdruck einer solchen berempfindlichkeitsreaktion vom Spttyp [3, 9].

    Toxigenitt: keine Exotoxinbildung [3]. Krankheit Bezeichnung: Tuberkulose: Lungentuberkulose, Miliartuberkulose, Lymphknotentuberkulose,

    Nierentube