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BeitrȨge y Entwicklung und Zukunft des geltenden Kapitalschutzrechts Notar Dr. Oliver Vossius, Mɒnchen – S. 373 y MoMiG – Ein Ƞberblick ɒber den aktuellen Diskussionsstand Notar Dr. Heribert Heckschen, Dresden – S. 381 y www.unternehmensregister.de Notar Dr. Roland Suppliet, Rostock – S. 391 y FȨlligkeit der Notarkosten (Gebɒhren und Auslagen) Kostenrevisor Leitender Notarmitarbeiter Karsten Werner, Leipzig– S. 392 Rechtsprechung BeschrȨnkte Wirkung des gesetzlichen LɆschungsanspruchs (BGH, Urteil v. 9.3.2006 – IX ZR 11/05 m. Anm. Krause) – S. 395 Beurkundung einer Kettenverschmelzung (OLG Hamm, Beschluss v. 19.12.2005 – 15 W 377/05) – S. 400 Gesamtnichtigkeit einer Nachfolgeregelung (OLG Oldenburg, Urteil v. 16.3.2006 – 1 U 12/05) – S. 402 Verlust der Rechtsperson eines auslȨndischen Vereins bei Zuzug (OLG Zweibrɒcken, Beschluss v. 27.9.2005 – 3 W 170/05) – S. 405 11/ 06 November Herausgeberbeirat: Notar Dr. Matthias Cremer, Dresden; Notar Dr. Heribert Heckschen, Dresden; Notar a. D. Christian Hertel, LL. M., GeschȨftsfɒhrer des Dt. Notarinstituts, Wɒrzburg; Notar Dr. Alfons Hueber, Chemnitz; Notar Prof. Dr. Stefan Hɒgel, Weimar; Notar Thomas Krause, Staßfurt; Notar Dr. Hans-Frieder Krauß, Hof; Notar Dr. Peter Limmer, Wɒrzburg; Notar Dr. Wolfgang Reetz, KɆln; Notar Hagen Stavorinus, Fɒrstenwalde; Notar Dr. Ro- land Suppliet, Rostock; Notar Dr. Oliver Vossius, Mɒnchen; Notar Thomas Wachter, Osterhofen; JR Notar a.D. Prof. Dr. Hans-Armin Weirich, Ingelheim PVSt 43318

N 1106 Umb 373. - NotBZ · 2016. 7. 14. · Beitrge y Entwicklung und Zukunft des geltenden Kapitalschutzrechts Notar Dr. Oliver Vossius, Mnchen – S.373 y MoMiG – Ein berblick

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Beitr�ge

y Entwicklung und Zukunft des geltendenKapitalschutzrechtsNotar Dr. Oliver Vossius, M�nchen – S.373

y MoMiG – Ein �berblick �ber denaktuellen DiskussionsstandNotar Dr. Heribert Heckschen, Dresden – S.381

y www.unternehmensregister.deNotar Dr. Roland Suppliet, Rostock – S.391

y F�lligkeit der Notarkosten (Geb�hren undAuslagen)Kostenrevisor Leitender NotarmitarbeiterKarsten Werner, Leipzig – S.392

Rechtsprechung

Beschr�nkte Wirkung des gesetzlichenL�schungsanspruchs(BGH, Urteil v. 9.3.2006 – IX ZR 11/05m. Anm. Krause) – S.395

Beurkundung einer Kettenverschmelzung(OLG Hamm, Beschluss v. 19.12.2005 –15 W 377/05) – S.400

Gesamtnichtigkeit einer Nachfolgeregelung(OLG Oldenburg, Urteil v. 16.3.2006 –1 U 12/05) – S.402

Verlust der Rechtsperson eines ausl�ndischenVereins bei Zuzug(OLG Zweibr�cken, Beschluss v. 27.9.2005 –3 W 170/05) – S.405

11/06 November

Herausgeberbeirat: Notar Dr. Matthias Cremer, Dresden; Notar Dr. HeribertHeckschen, Dresden; Notar a. D. Christian Hertel, LL.M., Gesch�ftsf�hrerdes Dt. Notarinstituts, W�rzburg; Notar Dr. Alfons Hueber, Chemnitz; NotarProf. Dr. Stefan H�gel, Weimar; Notar Thomas Krause, Staßfurt; Notar Dr.Hans-Frieder Krauß, Hof; Notar Dr. Peter Limmer, W�rzburg; Notar Dr.Wolfgang Reetz, K�ln; Notar Hagen Stavorinus, F�rstenwalde; Notar Dr. Ro-land Suppliet, Rostock; Notar Dr. Oliver Vossius, M�nchen; Notar ThomasWachter, Osterhofen; JR Notar a. D. Prof. Dr. Hans-Armin Weirich, Ingelheim

PVSt 43318

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Inhaltsverzeichnis

Beitr�ge

Entwicklung und Zukunft des geltenden Kapital-schutzrechtsNotar Dr. Oliver Vossius, M�nchen 373

MoMiG – Ein �berblick �ber den aktuellenDiskussionsstandNotar Dr. Heribert Heckschen, Dresden 381

www.unternehmensregister.deNotar Dr. Roland Suppliet, Rostock 391

F�lligkeit der Notarkosten (Geb�hren undAuslagen)Kostenrevisor Leitender NotarmitarbeiterKarsten Werner, Leipzig 392

Kostenrecht

Aus der Praxis der L�ndernotarkasse

Unterschriftsbeglaubigung 394

Vertragsaufhebung mit Verzicht auf Schadens-ersatzProf. Friedrich Lappe, Berlin 394

Rechtsprechung

Beschr�nkte Wirkung des gesetzlichenL�schungsanspruchs(BGH, Urteil v. 9.3.2006 – IX ZR 11/05m. Anm. Krause) 395

Beanstandung der Satzungsregelung �ber dieZwangseinziehung eines Gesch�ftsanteils imRahmen der Anmeldung einer Satzungs�nderung(KG Berlin, Beschluss v. 18.10.2005 –1 W 27/05) 398

Ausschluss ohne wichtigen Grund(OLG Frankfurt, Urteil v. 20.10.2005 –16 U 3/05) 399

Beurkundung einer Kettenverschmelzung(OLG Hamm, Beschluss v. 19.12.2005 –15 W 377/05) 400

Anfechtung eines Kapitalerh�hungsbeschlusses(OLG Jena, Beschluss v. 12.10.2006 –6 W 452/06) 402

Gesamtnichtigkeit einer Nachfolgeregelung(OLG Oldenburg, Urteil v. 16.3.2006 –1 U 12/05) 402

Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot(OLG M�nchen, Beschluss v. 4.5.2006 –31 Wx 023/06) 405

Verschmelzung einer Limited(OLG M�nchen, Beschluss v. 2.5.2006 –31 Wx 009/06) 405

Verlust der Rechtsperson eines ausl�ndischenVereins bei Zuzug(OLG Zweibr�cken, Beschluss v. 27.9.2005 –3 W 170/05) 405

Buchbesprechung

Tim W. Dornis, Kaufpreiszahlung auf Notaran-derkontoNotar a.D. Dr. Adolf Reul,W�rzburg 406

III

Herausgeberbeirat: Notar Dr. Matthias Cremer, Dresden; Notar Dr. HeribertHeckschen, Dresden; Notar a.D. Christian Hertel, LL. M., Gesch�ftsf�hrer desDeutschen Notarinstituts, W�rzburg; Notar Dr. Alfons Hueber, Chemnitz; NotarProf. Dr. Stefan H�gel, Weimar; Notar Thomas Krause, Staßfurt; Notar Dr.Hans-Frieder Krauß, Hof; Notar Dr. Peter Limmer, W�rzburg; Notar Dr. WolfgangReetz, K�ln; Notar Hagen Stavorinus, F�rstenwalde; Notar Dr. Roland Suppliet,Rostock; Notar Dr. Oliver Vossius, M�nchen; Notar Thomas Wachter, Osterhofen;JR Notar a.D. Prof. Dr. Hans-Armin Weirich, Ingelheim

10. Jahrgang Heft 11 November 2006

Dieser Ausgabe liegen die Prospekte „beck-online DieDatenbank“, Verlag C.H. Beck, M�nchen, und Streck /Rieck, St. Ivo, Verlag Dr. Otto Schmidt KG, K�ln, bei.Wir bitten unsere Leser um freundliche Beachtung.

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Gesetzgebung

y Die Koalition hat sich laut Mitteilung des Bundes-ministeriums f�r Wirtschaft und Technologie v.26.10.2006 zum k�nftigen Energieausweis f�r Be-standsgeb�ude in der zu novellierenden Energieeinspar-verordnung (EnEV) auf folgendes Ergebnis geeinigt:Bis 31.12.2007 soll eine uneingeschr�nkte Wahlfreiheitzwischen Bedarfs- und Verbrauchsausweisen f�r alleGeb�ude gelten. Alle Bedarfs- und Verbrauchsausweise,die in der �bergangszeit zwischen Inkrafttreten der no-vellierten Verordnung und dem Ablauf 2007 nach denAnforderungen der EnEV ausgestellt wurden, behaltenzehn Jahre G�ltigkeit. Ab 1.1.2008 besteht die Pflichtzum Bedarfsausweis f�r Geb�ude mit bis zu vier Woh-nungen, die vor 1978 und damit vor Wirksamwerdender ersten W�rmeschutzverordnung errichtet wurden.Ausgenommen von dieser Pflicht seien Wohngeb�ude,die in der Zwischenzeit saniert worden sind und min-destens den energetischen Stand der ersten W�r-meschutzverordnung erreicht haben; f�r diese besteheWahlfreiheit. F�r alle Wohngeb�ude, die nach 1978 er-richtet wurden, k�nne zwischen beiden Ausweisartenuneingeschr�nkt gew�hlt werden. Zum Ganzen s. Bach-mayer, NotBZ 2006, 257.

y Laut einer Mitteilung des Bundespresseamts vom25.10.2006 sollen die folgenden Bestimmungen des ge-planten Gesetzes zur Erleichterung der Unterneh-mensnachfolge auf Antrag (vgl. §37 Abs.4 ErbStG-Entwurf) bereits f�r alle Steuerf�lle ab 1.1.2007 gelten,auch wenn das Gesetz voraussichtlich erst im Lauf desJahres 2007 in Kraft tritt und noch etwaige Schlussfol-gerungen aus dem erwarteten Verfassungsgerichtsurteilzur Erbschaftsteuer einzuarbeiten sein werden:

Erg�nzung §13 Abs.1 ErbStG:

„Steuerfrei bleiben ...

19. der Erwerb von land- und forstwirtschaftlichem Ver-m�gen, Betriebsverm�gen und Anteilen an Kapitalge-sellschaften im Sinne des §28a Abs.1, wenn der Wertdieses Verm�gens insgesamt 100.000 Euro nicht �ber-steigt; nicht beg�nstigtes Verm�gen ist hierbei nicht ab-zuziehen. Die Wertgrenze kann innerhalb von zehnJahren f�r von derselben Person anfallende Erwerbe nureinmal ber�cksichtigt werden.“

Neufassung des §28: Stundung und Erl�schen derSteuer beim Erwerb beg�nstigten Verm�gens

„(1) Geh�rt zum Erwerb beg�nstigtes Verm�gen imSinne des §28a, ist dem Erwerber die darauf entfallen-de Steuer bis zum Ende des zehnten Jahres seit Entste-hung der Steuer zinslos zu stunden. (...)

(2) Die nach Abs.1 zu stundende Steuer erlischt vor-behaltlich Abs.4 zum Ende eines jeden Jahres, das demZeitpunkt der Entstehung der Steuer folgt (Erl�schens-zeitpunkt), in H�he eines Teilbetrags von einem Zehn-tel, wenn der Betrieb des beg�nstigten Verm�gens, beiBeteiligungen an einer Personengesellschaft und Antei-len an einer Kapitalgesellschaft der Betrieb der jeweili-gen Gesellschaft, in einem nach dem Gesamtbild der

wirtschaftlichen Verh�ltnisse vergleichbaren Umfangfortgef�hrt werden. Voraussetzung hierf�r ist, dass derBetrieb insbesondere nach dem Umsatz, dem Auftrags-volumen, dem Betriebsverm�gen und der Anzahl derArbeitnehmer vergleichbar ist. Wenn Satz1 nicht erf�lltist, wird die gestundete Steuer zum Erl�schenszeitpunktf�llig.

(3) Soweit der Erwerber beg�nstigtes Verm�gen oderTeile davon oder Beteiligungen an beg�nstigtem Ver-m�gen oder Teile davon ver�ußert (sch�dliche Verwen-dung), endet die Stundung mit dem Zeitpunkt der Ver-�ußerung. Als Ver�ußerung gelten auch die Aufgabedes Betriebs oder eines Teilbetriebs sowie die verdeckteEinlage der Anteile an einer Kapitalgesellschaft im Sin-ne des §28a Abs.1 Nr.3 in eine Kapitalgesellschaft.Gleiches gilt, wenn

1. Anteile an einer Kapitalgesellschaft ver�ußert wer-den, die der Ver�ußerer durch eine Sacheinlage (§20Abs.1 des UmwStG) aus dem Betriebsverm�gen imSinne des §28a Abs.1 Nr.1 und 2 erworben hat,

2. ein Anteil an einer Gesellschaft im Sinne des §15Abs.1 Nr.2 und Abs.3 oder §18 Abs.4 des EStG oderein Anteil daran ver�ußert wird, den der Ver�ußererdurch eine Einbringung des Betriebsverm�gens im Sin-ne des §28a Abs.1 Nr.1 und 2 in eine Personengesell-schaft (§24 Abs.1 des UmwStG) erworben hat, oder

3. wenn die Kapitalgesellschaft im Sinne des §28aAbs.1 Nr.3 innerhalb der Frist aufgel�st oder ihr Nenn-kapital herabgesetzt wird oder wenn Verm�gen der Ka-pitalgesellschaft auf eine Personengesellschaft, eine na-t�rliche Person oder eine andere K�rperschaft (§§3 bis16 des UmwStG) �bertragen wird.

Wird im Fall des §28a Abs.1 Nr.3 Satz2 die Ver-f�gungsbeschr�nkung oder die Stimmrechtsb�ndelungaufgehoben, endet die Stundung im Zeitpunkt der Auf-hebung.

(4) Ist bis zu einem Erl�schenszeitpunkt die nach Abs.1zu stundende Steuer nach Abs.3 bereits f�llig geworden(...). Die verbleibende gestundete Steuer erlischt in vol-ler H�he, wenn das beg�nstigte Verm�gen durch einenErwerb von Todes wegen �bergeht.

(5) Der Erwerber ist verpflichtet, den nach Abs.2 Satz3und Abs.3 f�lligen Steuerbetrag selbst zu berechnen(...)

(6) (S�umniszuschl�ge/Verzinsung)

(7) (nicht inl�ndisches Verm�gen)

(8) (Stiftungsverm�gen)“

Einf�gung §28a ErbStG: Beg�nstigtes Verm�gen

„(1) Beg�nstigtes Verm�gen sind

1. inl�ndisches land- und forstwirtschaftliches Ver-m�gen im Sinne des §141 Abs.1 Nr.1 und 2 des BewGund selbst bewirtschaftete Grundst�cke im Sinne des§69 des BewG beim Erwerb eines ganzen Betriebs derLand- und Forstwirtschaft, eines Teilbetriebs, eines An-teils an einem Betrieb der Land- und Forstwirtschaftoder eines Anteils daran unter der Voraussetzung, dasses ertragsteuerlich zum Betriebsverm�gen eines Be-triebs der Land- und Forstwirtschaft geh�rt, und ent-

IV (Fortsetzung S. IX)

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sprechendes land- und forstwirtschaftliches Verm�gen,das einer Betriebsst�tte in einem Mitgliedsstaat der Eu-rop�ischen Union oder in einem Staat des Europ�ischenWirtschaftsraums dient. Nicht einzubeziehen sind anDritte zur Nutzung �berlassene Fl�chen, die zum Be-triebsteil geh�ren, Grundst�cke, Grundst�cksteile,grundst�cksgleiche Rechte und Bauten, soweit es sichnicht um Betriebswohnungen handelt. Eine Nutzungs-�berlassung an Dritte ist nicht anzunehmen, wenn derErblasser oder Schenker sowohl im �berlassenden Be-trieb als auch im nutzenden Betrieb einen einheitlichengesch�ftlichen Bet�tigungswillen durchsetzen konnteoder als Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des§13 Abs.7 des EStG den Verm�gensgegenstand derGesellschaft zur Nutzung �berlassen hatte, und dieseRechtsstellung auf den Erwerber �bergegangen ist, so-weit keine Nutzungs�berlassung an einen weiteren Drit-ten erfolgt;

2. inl�ndisches Betriebsverm�gen (§§95 bis 97 desBewG) beim Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs, ei-nes Teilbetriebs, eines Anteils an einer Gesellschaft imSinne des §15 Abs.1 Satz1 Nr.2 und Abs.3 oder §18Abs.4 des EStG, eines Anteils eines pers�nlich haften-den Gesellschafters einer Kommanditgesellschaft aufAktien oder eines Anteils daran und entsprechendes Be-triebsverm�gen, das einer Betriebsst�tte in einem Mit-gliedsstaat der Europ�ischen Union oder in einem Staatdes Europ�ischen Wirtschaftsraums dient.

Nicht einzubeziehen sind folgende Verm�gensgegen-st�nde:

a) Dritten zur Nutzung �berlassene Grundst�cke,Grundst�cksteile, grundst�cksgleiche Rechte und Bau-ten, Seeschiffe, Flugzeuge, Konzessionen, gewerblicheSchutzrechte und �hnliche Rechte und Werte sowie Li-zenzen an solchen Rechten und Werten. Eine Nutzungs-�berlassung an Dritte ist nicht anzunehmen, wenn derErblasser oder Schenker sowohl im �berlassenden Be-trieb als auch im nutzenden Betrieb einen einheitlichengesch�ftlichen Bet�tigungswillen durchsetzen konnteoder als Gesellschafter einer Gesellschaft im Sinne des§15 Abs.1 Satz1 Nr.2 und Abs.3 oder §18 Abs.4 desEStG den Verm�gensgegenstand der Gesellschaft zurNutzung �berlassen hatte, und diese Rechtsstellung aufden Erwerber �bergegangen ist, soweit keine Nutzungs-�berlassung an einen weiteren Dritten erfolgt,

b) Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittel-bare Beteiligung am Nennkapital dieser Gesellschaften25 Prozent oder weniger betr�gt,

c) Beteiligungen an Gesellschaften im Sinne des §15Abs.1 Satz1 Nr.2 und Abs.3 oder §18 Abs.4 des EStGund an entsprechenden Gesellschaften in einem Mit-gliedsstaat der Europ�ischen Union oder in einem Staatdes Europ�ischen Wirtschaftsraums sowie Anteile anKapitalgesellschaften, die nicht unter Buchstabe b fal-len, soweit zum Verm�gen dieser Gesellschaften nichtbeg�nstigtes Verm�gen geh�rt,

d) Geldbest�nde, Geldforderungen gegen�ber Kredit-instituten sowie vergleichbare Forderungen und Wert-papiere,

e) Kunstgegenst�nde, Kunstsammlungen, wissenschaft-liche Sammlungen, Bibliotheken und Archive, M�nzen,Edelmetalle und Edelsteine,

soweit die Summe ihrer Werte den Wert der Schuldenund sonstigen Abz�ge nach den §§103 und 104 desBewG �bersteigt;

3. Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die Kapital-gesellschaft zur Zeit der Entstehung der Steuer Sitzoder Gesch�ftsleitung in einem Mitgliedsstaat der Euro-p�ischen Union oder in einem Staat des Europ�ischenWirtschaftsraums hat und der Erblasser oder Schenkeram Nennkapital dieser Gesellschaft zu mehr als 25 Pro-zent unmittelbar beteiligt war (Mindestbeteiligung). Obder Erblasser oder Schenker die Mindestbeteiligung er-f�llt, ist nach der Summe der dem Erblasser oderSchenker unmittelbar zuzurechnenden Anteile und derAnteile weiterer Gesellschafter zu bestimmen, wennder Erblasser oder Schenker und die weiteren Gesell-schafter unwiderruflich untereinander verpflichtet sind,�ber die Anteile nur einheitlich zu verf�gen oder aus-schließlich auf andere derselben Verpflichtung unterlie-gende Anteilseigner zu �bertragen und das Stimmrechtgegen�ber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlichauszu�ben. Soweit zum Verm�gen der Kapitalgesell-schaft Verm�gensgegenst�nde geh�ren, die nach Num-mer 1 Satz2 und Nummer 2 Satz2 nicht in das beg�ns-tigte Verm�gen einzubeziehen sind, ist der Teil des An-teilswerts nicht beg�nstigt, der dem Verh�ltnis der Sum-me der Werte der nicht einzubeziehenden Verm�gens-gegenst�nde zum Wert des gesamten Verm�gens derKapitalgesellschaft entspricht.

(2) �bertr�gt der Erwerber erworbenes beg�nstigtesVerm�gen im Sinne des Abs.1 aufgrund einer letztwil-ligen Verf�gung des Erblassers oder einer rechts-gesch�ftlichen Verf�gung des Erblassers oder Schen-kers oder in Folge der Teilung des Nachlasses auf einenDritten, erh�lt der Erwerber insoweit nicht die Beg�ns-tigung nach §28. Soweit der Dritte diesem Erwerber imRahmen der Teilung des Nachlasses nicht beg�nstigtesVerm�gen hingibt, das er vom Erblasser erworben hat,erh�ht sich der Wert des beg�nstigten Verm�gens desDritten nach Absatz 1 um den Wert des hingegebenenVerm�gens, h�chstens jedoch um den Wert des �bertra-genen Verm�gens.“

§13a ErbStG soll entfallen.

Daher weist Frau RA Thonemann, LL.M. (S�f-fing&Partner, Rechtsanw�lte in D�sseldorf) auf folgen-des hin:

Solange das Gesetz noch nicht verabschiedet ist, bietetes sich bei Betriebsverm�gen zwischen 100.000 und225.000 (zzgl. etwaiger pers�nlichen Freibetr�ge) f�rUnternehmer, die in den letzten zehn Jahren keinen Ge-brauch von §13a ErbStG gemacht haben, grunds�tzlichan, ihr Betriebsverm�gen noch in diesem Jahr bzw. biszur Verabschiedung des Gesetzes zu �bertragen, um inden Genuss des aktuellen §13a ErbStG zu kommen.Dies gilt vor allem dann, wenn Grundverm�gen oderweiteres nicht produktives Verm�gen enthalten ist.

IX

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Veranstaltungen

y Der Notar im System der Rechtsberufe

F�nfte Tagung Berufspolitik des Deutschen Notarver-eins am 26. und 27.1.2007 in Leipzig, Renaissance Ho-tel.

Das Tagungsprogramm finden Sie abgedruckt imn�chsten Heft oder erhalten Sie mit weiteren Informa-tionen beim Deutschen Notarverein, Berlin, Kronenstr.73/74, Tel. 0 30/20 61 57 40, Fax. 0 30/20 61 57 50,E-Mail: [email protected]. Bitte beachten Sie f�r �ber-nachtungsw�nsche die bereits am 20.12.2006 endendeReservierungsfrist des Tagungshotels (begrenztesKontingent zu 100 EZ, 117 DZ, inkl. Fr�hst�ck u.MwSt; Buchung: Renaissance Leipzig Hotel, GroßerBrockhaus 3, 04103 Leipzig, Tel.: 03 41/1 29 20; Fax:03 41/1 29 21 25).

y Die Centrale f�r GmbH – Dr. Otto Schmidt KGveranstaltet u.a. folgende Seminare:

– K�lner Tage Nonprofit-Organisationen – Zivil- undsteuerrechtliche Beratung und Gestaltung am23.11.2006.

– Reform des Unterhaltsrechts und neueste BGH-Rechtsprechung, am 29.11.2006 in K�ln.

– GmbH-Steuer-Highlights 2006/2007, am 29.11.2006in K�ln.

– K�lner Tage Familiengesellschaften, am 30.11.2006.

– Unternehmens- und Anteilskauf mit Umstrukturie-rung, am 1.12.2006 in D�sseldorf.

– GmbH-Steuer-Highlights 2006/2007, am 6.12.2006 inStuttgart.

– K�lner Tage – Das neue Umwandlungssteuergesetz,am 24.1.2007 in K�ln.

– Reform des Unterhaltsrechts und neueste BGH-Rechtsprechung, am 7.3.2007 in D�sseldorf.

Information und Anmeldung unmittelbar bei der Cen-trale f�r GmbH: www.centrale.de oder Tel: 02 21/9 3738–655.

y Das DAI – Fachinstitut f�r Notare – bietet folgen-de Seminare an:

– Praktikertagung: Bautr�gervertragsrecht (Basty), am13.1.2007 in Wiesbaden.

– GmbH-Recht in der Kautelarpraxis (Schaub), am19.1.2007 in K�ln und am 20.1.2007 in Kassel.

– Schnittstellen im Zivil- und Steuerrecht (W�lzholz),am 20.1.2007 in Kiel.

– Intensivkurs Erbrecht (Frenz, K�ssinger, Nieder), vom1.2. bis 3.2.2007 in Oldenburg.

– Aktuelle Probleme der notariellen Vertragsgestaltung(Amann, Everts, Frenz, Hertel), am 9.2. in Kassel undam 10.2.2007 in W�rzburg.

Weitere Information und Anmeldung unmittelbar beimDAI: Tel. 02 34/9 70 64–0 oder �ber www.anwaltsins-tut.de.

X

ImpressumNotBZ – Zeitschrift f�r die notarielle Beratungs-und Beurkundungspraxis

Herausgeber: L�ndernotarkasse Leipzig i.V.m. den NotarkammernBrandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhaltund Th�ringen.

Verlag: Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Gustav-Heinemann-Ufer 58,50968 K�ln, Postfach 51 10 26, 50946 K�ln, Telefon0221/9373801, Telefax 0221/93738943. Erf�llungsort und Ge-richtsstand ist K�ln.

Schriftleitung: Notarassessor Dr. Dirk-Ulrich Otto (verantw.), L�n-dernotarkasse Leipzig, Springerstraße 8, 04105 Leipzig, Telefon:0341/59081-0; Telefax: 0341/5908166.

Druck: rewi druckhaus, Reiner Winters GmbH,Wiesenstr. 11, 57537 Wissen. E-Mail: [email protected]

Anzeigenleitung: Renate Becker, Telefon: (0221) 93738-421 ·Telefax: 93738-942; E-Mail: [email protected] K�ln (BLZ 37050198) Konto 30602155 und Post-bank K�ln (BLZ 37010050) Konto 53950508G�ltige Anzeigenpreisliste: Nr. 10/2006ISSN 1433-1780

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GESELLSCHAFTSRECHT

Entwicklung und Zukunft des geltenden Kapitalschutzrechts

Notar Dr. Oliver Vossius, M�nchen

Das geltende Kapitalschutzrecht greift �berwiegendnur bei massehaltiger Insolvenz. Es pr�miert nach An-sicht des Verf. die masselose Insolvenz, nutzt damitdem Einzelgl�ubiger nur marginal und sch�digt dieVolkswirtschaft. Der Verf. zeigt anhand einer Genesedes Kapitalschutzrechts, warum dessen L�sungsans�t-ze mit seinem heutigen Ziel des Gl�ubigerschutzesnicht zusammenpassen. Er pl�diert f�r eine vollst�ndi-ge Neukonzeption, die sich nicht auf den Transfer ausanderen Rechtsordnungen beschr�nkt, aber zielgerich-teten Individualschutz bieten soll.

I. Problemstellung

Das in Deutschland geltende Recht der Kapitalaufbrin-gung und -erhaltung hat zu bemerkenswerten Entwick-lungen gef�hrt.

Da werden Gesellschafter nach Jahren zur nochmaligenLeistung der Stammeinlage verurteilt, nur weil sie ihreBankbelege nicht mehr haben, wenngleich im Jahres-abschluss seit Jahren unbeanstandet keine ausstehendenEinlagen mehr gebucht waren.1 Konzerne, die, um legalBankzinsen zu sparen, einen zentralen Cashpool einge-richtet haben, k�nnen faktisch keine frisch gegr�ndetenTochtergesellschaften mehr in diesen einbeziehen, ohnein die Falle einer verdeckten Sacheinlage zu tappen.2Wehe dem, der noch vor Fassung eines Kapitalerh�-hungsbeschlusses den Kapitalerh�hungsbetrag ein-zahlt.3 Wehe auch dem, der seine Immobilie an eineGesellschaft vermietet, an der er mit mehr als 10% be-teiligt ist.4

Das ist aber noch nicht alles. Man denke an die vielf�l-tigen Produkte juristischer Kreativit�t wie die verdeckteSacheinlage,5 die verdeckte Sachkapitalerh�hung,6 diewirtschaftliche Neugr�ndung,7 Finanzplankredite,8 ka-pitalersetzende Darlehen und B�rgschaften bis hin zu –und das ist eventuell Zukunftsmusik – den m�glichenkapitalschutzrechtlichen Auswirkungen von financialcovenants. All das soll nur einem Ziel dienen, demGl�ubigerschutz. Doch wen sch�tzt dieses Recht wirk-lich?

In 50% der F�lle von Zahlungsunf�higkeit kommt esmangels Masse gar nicht zur Insolvenzer�ffnung.9 An55% der Gesamtforderungsausf�lle sollen GmbHschuld sein.10 Nur 5% aller zur Offenlegung ihrer Ab-schl�sse verpflichteten Gesellschaften kommen dieserPflicht tats�chlich nach.11 Ist das effektiver Gl�ubiger-schutz? Andererseits befassen sich fast 50% der Ent-scheidungen des Bundesgerichtshofs zum GmbH-Rechtmit Fragen der Kapitalaufbringung und -erhaltung.12

Die Literatur hierzu f�llt ganze Bibliotheken. Warumist das so?

Weitere ca. 40% der Entscheidungen zum GmbH-Recht, in denen es um die pers�nliche Haftung des Ge-sch�ftsf�hrers geht, steuern daneben auch Kl�ger ausdem Bereich der Sozialversicherung oder der Finanzbe-h�rden bei.13 Auffallend ist, dass die einzelnen Gl�ubi-ger sonst kaum Prozesse f�hren. In fast allen F�llen bil-den die Insolvenzverwalter mit ihrem verst�ndlichenBem�hen, die magere Insolvenzmasse anzureichern,das Kapitalschutzrecht st�ndig weiter fort. Aber wel-chen Wirkungsgrad und welche Transaktionskosten hatdas Insolvenzrecht eigentlich?14

1 OLG Brandenburg DB 2006, 996 ff. Gesellschafterfreundli-cher das KG GmbHR 2004, 1388.

2 BGH, II ZR 75/04, GmbHR 2006, 477; hierzu etwa Bayer/Lieder, GmbHR 2006, 449. S.a. OLG M�nchen, ZIP 2006,25, hierzu Pentz, ZIP 2006, 781 ff.

3 BGH GmbHR 2005, 229 (230) einerseits und BGH ZIP2004, 849 = GmbHR 2004, 736 mit Anm. Heidinger ande-rerseits, letztere wiederum in Aufgabe des mit BGH ZIP1996, 1466 = GmbHR 1996, 772 sowie BGH ZIP 1995, 28 =GmbHR 1995, 113 geschaffenen richterrechtlichen Sanie-rungsprivilegs.

4 Zur Kasuistik der kapitalersetzenden Nutzungs�berlassungj�ngst BGH GmbHR 2005, 234 (235) sowie BGH GmbHR2005, 538 (539) jeweils mit weiteren Nachweisen sowieOLG Frankfurt GmbHR 2005, 930 zur Inanspruchnahme desausgeschiedenen Gesellschafters.

5 Grundlegend hierzu BGH GmbHR 2002, 1193 (Sch�tt-aus-hol-Zur�ck-Verfahren) und BGH GmbHR 2003, 1051 (letz-tere Entscheidung f�hrte in zahlreichen F�llen wegen derAnwendung des Grundsatzes der Gesch�ftseinheit zur Not-wendigkeit einer „Heilung der Heilung“). Zu Folgeproble-men etwa Lappe/Schefold, GmbHR 2005, 585 ff.; H�gele,GmbHR 2005, 91; Temme/K�perkoch, GmbHR 2004, 1556.Grundlegend hierzu aus neuerer Zeit Bayer, GmbHR 2004,445 ff.

6 Dazu j�ngst KG GmbHR 2005, 929.7 BGH GmbHR 2003, 227 und BGH GmbHR 2003, 1125.8 BGH GmbHR 1999, 911.9 So Meyer/Hermes, GmbHR 2005, 807 (809). Zur vergleich-

baren Lage im Ausland einschließlich Großbritannien Haas,GmbHR 2006, 505 f., bes. bei Fn.4, 5 und 9.

10 Haas, Verhandlungen des 66. Deutschen Juristentages BandI Teil E, 2006, S. E 11-12.

11 Haas (Fn.10), S. E 107.12 N�her hierzu Vossius, notar 2004, 107 (112) (Auswertung

der in der GmbHR ver�ffentlichten Entscheidungen der Jah-re 1991-2003). Etwa 40% der Entscheidungen betreffen Fra-gen der Gesch�ftsf�hrerhaftung, nur der verbleibende Restbetrifft Satzungsfragen und Anteilsabtretungen.

13 Zu den sozialrechtlichen Haftungsrisiken j�ngst Schr�der,GmbHR 2005, 736.

14 Zur �konomischen Analyse der Stellung des Insolvenzver-walters Uriel Procaccia, ECFR 2004, 206 (212 f.).

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Ein Zyniker wird dem GmbH-Gesellschafter daher ra-ten, zwei Regeln zu befolgen: Bezahle erstens immerDeine Steuern und Deine Sozialabgaben. Und wennzweitens Dein Unternehmen in die Krise kommt, dannmache besser so lange weiter, bis keine Insolvenz mehrer�ffnet werden kann, dann wird auch kein Insolvenz-verwalter nach kapitalschutzrechtlichen „Leichen imKeller“ suchen. Nach wie vor gilt also der Befund Kil-gers:15 „Der K�nner macht nicht einfach Konkurs! –Der K�nner macht masselos Konkurs!“16

Denn der einzelne Gl�ubiger wird kaum gef�hrlich wer-den. Er hat gar nicht die Informationen �ber Interna,um eine Klage gegen den Gesellschafter halbwegsschl�ssig darzustellen. Zudem wird er sich fragen, wa-rum er denn sein gutes Geld dem schlechten hinterherwerfen soll. «Les oiseaux se cachent pour mourir».17

Und was den generalpr�ventiven Effekt des Strafrechtsbetrifft: Kaum je wurde angeblich so viel gestohlen wiebeim �ffentlichen H�ngen von Taschendieben.

Dem von der Insolvenz Betroffenen, n�mlich demGl�ubiger, n�tzt das Kapitalschutzrecht also allenfallsmarginal. Belastbare Anspruchsgrundlagen gegen miss-br�uchliche Verm�gensverschiebungen gibt es ihmnicht. Profiteure des Ist-Zustands sind nicht die Gl�ubi-ger, sondern zun�chst einmal die Gesellschafter, die Ge-sch�ftsf�hrer und – wegen der interessanten M�glich-keiten zur Auslastung ihrer Prozessabteilungen – viel-leicht sogar auch die Insolvenzverwalter.

Die �konomische Pr�mierung der masselosen Insolvenzschadet aber der Volkswirtschaft. Rettungschancen in Kri-sen werden vertan, Lieferanten und Handwerker drohenin den Sog des Strudels zu geraten, Arbeitspl�tze gehenverloren, die Expertise der Mitarbeiter wird vergeudet,wenn eingespielte Teams in alle Winde zerstreut werden.

Angesichts dieser nicht gerade �berzeugenden Leis-tungsbilanz sind die Nebenwirkungen unseres Kapital-schutzrechts erheblich. Zum einen bindet die Pr�fung derKapitalaufbringung im Handelsregisterverfahren geradebei Sacheinlagen in erheblichem Maß Rechtspflegeres-sourcen. Zum zweiten macht es die Implementierung in-ternational gebr�uchlicher Techniken der corporate fi-nance in unser Kapitalerhaltungsrecht (z.B. up-stream Fi-nanzierung, debt push down oder asset backed securities)außerordentlich beratungs- und daher kostenintensiv –und oft genug kaum m�glich. Und drittens richten sichdie harten Sanktionen des Kapitalschutzrechts nicht nurspezifisch gegen die B�sen, sondern nicht zuletzt auchgegen die ahnungslosen Guten. Auch wenn der Gesell-schafter kurz nach der Gr�ndung seiner GmbH dieser ei-nen gebrauchten Pkw zum Sch�tzpreis nach Gutachtenverkauft, treffen ihn die „katastrophalen“18 Folgen derverdeckten Sacheinlage. Wenn Recht wie asiatische Will-k�r empfunden wird, dann verf�llt der Laie in fatalisti-sche Abstumpfung, statt sich an Rechtsnormen zu halten.Bei diesem Befund bleibt nur Shakespeares Hamlet:„There is something rotten in the State of Denmark“.

II. Zur Genese des Kapitalschutzrechts

Dieser Rechtszustand war nicht zu allen Zeiten so. Einpaar Impressionen aus der Ideengeschichte des deut-

schen Gesellschaftsrechts der letzten 150 Jahre k�nnendies zeigen.

1. Kapital als Aufgriffsschwelle

Nach den holl�ndischen und englischen Kolonialgesell-schaften entstehen Kapitalgesellschaften im Zeitalterder Industrialisierung zur Finanzierung von Großvor-haben, vor allem des Eisenbahnbaus.19

Anfangs k�nnen juristische Personen nur durch Hoheits-akt des Souver�ns geschaffen werden. Ein Beispiel hier-f�r ist etwa die Royal Bank of Scotland, die keinenRechtsformzusatz in ihrer Firma f�hrt, da sie auf einemAct of Parliament beruht. Diesen Ansatz wird man sp�terKonzessionssystem nennen.20 Hier taucht der Gedankeeines Mindestkapitals erstmals auf. Das Konzept stammtaus dem Stiftungsrecht und pr�gt dieses noch heute: dieStaatsverwaltung setzt ihre knappen Ressourcen nurdann ein, wenn dies im Interesse des Gemeinwesensliegt. Voraussetzung f�r die Genehmigung einer Aktien-gesellschaft ist ihre „Gemeinn�tzigkeit“, d.h. dass ihreGr�ndung im Interesse staatlicher Wirtschaftsf�rderungliegt.21 Mit Gl�ubigerschutz hat das nichts zu tun.22 Nah

15 So treffend schon vor Jahren Kilger, AnwBl 1987, 424 (425).16 Zu den Schw�chen der deutschen Gesellschafter- und Ge-

sch�ftsf�hrerhaftung jenseits des Kapitalschutzrechts einge-hend Haas (Fn. 10), S. E 23- E 51, bes. E. 47-51.

17 So die franz�sische �bersetzung des Romans von ColleenMcCullough, The Thorn Birds, von 1983 (deutsch „Dornen-v�gel“).

18 So die ber�hmte Formulierung in Lutter/Hommelhoff,GmbHG, 14.Aufl. 2004, § 5 Rz. 47.

19 Zum Ganzen Coing, Europ�isches Privatrecht, Band II, 1989§§13-17.

20 In der zeitgen�ssischen Literatur kommt der Begriff nichtvor (ebenso wenig wie der Begriff des Systems von Norma-tivbestimmungen), vgl. nur etwa Windscheid, Lehrbuch desPandektenrechts, 4. Aufl. 1875, § 60 oder Dernburg, Pandek-ten, 1888, § 63 No. 2. In der Diskussion �ber die Aktien-rechtsreform 1884 taucht der Begriffsdualismus aber bereitsauf, vgl. die Beitr�ge des liberalen Rechtsanwalts undReichstagsabgeordneten Dr. Horwitz anl�sslich der Beratungdes Aktiengesetzes 1884 am 24.03.1884, Sitzungsprotokolledes Deutschen Reichstags Band 82, S. 200 (203). Dr. Hein-rich Joseph Horwitz (1824-1899) war Rechtsanwalt und No-tar in Berlin und geh�rte dem Reichstag ab 1883 als Mitgliedder Deutschen Fortschrittspartei an (Bernd Haunfelder, Dieliberalen Abgeordneten des Deutschen Reichstags1877-1918, 2004, S. 210).

21 S. Entwurf der Kommission f�r die Revision des Handels-rechts, mit Motiven vom 13.1.1842, Motive, S. 10-11, 21-22(abgedruckt bei Theodor Baums [Hrsg.], Gesetz �ber die Ak-tiengesellschaften f�r die Preußischen Staaten vom 9. No-vember 1843, Texte und Materialien, 1981, S. 54-55, 65-66sowie Protokoll der Sitzung des Kgl. Staatsministeriumsvom 20.6.1841, a.a.O., S. 87, Gutachten des StaatsministersSch�n vom 23.12.1841, a.a.O., S.110, des Wirklichen Gehei-men Oberregierungsrats Hoffmann vom 30.12.1841, a.a.O.,S. 129 (gemeinn�tzig ist „alles, was die Sicherheit, Bequem-lichkeit und Annehmlichkeit des Lebens vermehrt“) und dervereinigten Abtheilungen des K�niglichen Staatsraths f�r dieFinanzen und die Justiz vom 16.3.1843, a.a.O., S.139 ff.

22 Hierzu Coing (Fn.19), § 16 (S. 120 ff.) und § 17 II 3 (S.128)sowie Schubert, Festschrift 100 Jahre GmbH-Gesetz, 1992,S. 1, 4-7.

Vossius374 NotBZ 11/2006Kapitalschutzrecht

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sind auch die Parallelen zum Kommanditkapital der KG,aus der sich – �ber die KGaA – die Aktiengesellschaftentwickelt hat. Die AG wird als KG ohne Vollhafter be-griffen.23

Ausgehend von England und Frankreich bahnt sich,was das Gr�ndungsverfahren betrifft, aber ein andererAnsatz seinen Weg, den man sp�ter System von Norma-tivbestimmungen nennen wird. Grund f�r seinen Erfolgist wohl weniger die Ideologie, sondern der enorme Be-darf wachsender industrieller Wirtschaftssysteme an ju-ristischen Personen mit Haftungsbeschr�nkung. DieserAnsatz erreicht das Deutsche Reich in Gestalt des Ak-tienrechts des HGB von 1870, einer Frucht der kurzenliberalen Phase um die Reichsgr�ndung (1867-1878/79). Die freie Gr�ndung von Aktiengesellschaftenwird akzeptiert,24 das Gesetz enth�lt ebenso wenig wiefr�her25 ein explizites Mindestkapital. Dieses ergibtsich nur implizit als Produkt von Mindestnennwert jeAktie und Mindestzahl der Gr�nder.26 In England istdamals schon das Mindestkapital abgeschafft27.

2. Kapital als Zutrittsbarriere

Das neue Recht wirkt stimulierend.28 Nach dem kurzen,aber heftigen Boom der Gr�nderjahre folgen aber 1873der B�rsenkrach und die lange Stagnation der Jahre bis1890. Zahlreiche F�lle von Gr�ndungsschwindel mitangeblich wertvollen Sacheinlagen, die sich bei n�hererPr�fung als heiße Luft entpuppen – die Internet-Blasel�sst gr�ßen – rufen den preußischen Obrigkeitsstaat29

auf den Plan.30 Der Liberalismus ist um diese Zeit indie politische Defensive geraten.31 Apodiktisch formu-liert der Gesetzgeber in der Begr�ndung zur Aktienno-velle 1884 mit Blick auf das englische Recht sein Ge-genmodell: „Grundkapital und Gesellschaftszweck ste-hen in einem unaufl�slichen Zusammenhange; zeigt essich, daß das erstere nicht aufgebracht werden kann, soist der letztere meist unerreichbar; die Gr�ndung wardann v�llig verfehlt und die Gesellschaft selbst ohneExistenzberechtigung.“32 Motiv f�r die h�rtere Gangartist der Schutz des Rechtsverkehrs und des unerfahrenenAnlegers vor der juristischen Person,33 nicht der Gl�u-

23 Die Parallele zur KG hat schon Staatsminister Friedrich Carlvon Savigny am 14.6.1843 bei den Beratungen zum Preußi-schen Gesetz �ber die Aktiengesellschaften gezogen, siehedie Protokolle der Sitzungen des k�niglichen Staatsrats zurBeratung des Entwurfs eines Aktiengesetzes, abgedruckt beiBaums, Gesetz �ber die Aktiengesellschaften f�r die K�nig-lich Preußischen Staaten. Texte und Materialien, 1981,S. 170 f. (Analyse von Baums, a.a.O., S. 31-35). Sichtbarwird die Parallele weiter im Vergleich von § 32 GmbHG ei-nerseits und § 172 Abs. 5 HGB andererseits. Auch die AG hathistorisch ihren Ursprung in der Kommanditgesellschaft aufAktien, siehe etwa Coing (Fn.19), § 13 III 2 (zum Code decommerce) und das ADHGB, das die KGaA im selben Ab-schnitt als Sonderfall der KG regelt (vgl. Art. 150–172 zurKG und Art. 173-206 zur KGaA; Art. 207 ff. zur AG folgenin Aufbau und Regelungsgegenstand den Art. 173 ff.). Sieheauch den Vorschlag Levin Goldschmidts, Alte und neue For-men der Handelsgesellschaft, Vortrag vor der JuristischenGesellschaft in Berlin, 1892, in Levin Goldschmidt, Ver-mischte Schriften, Band 2, 1901, S. 338 f. („Zubussegesell-schaften“). Kritisch zur HGB-Systematik bereits der Abge-ordnete Dr. Horwitz in der 11. Sitzung des Reichstags vom24.3.1884, Sitzungsprotokolle des Deutschen Reichstags,Band 82, S. 201.

24 Siehe Art. 174, 208 HGB i.d.F. des Gesetzes des Norddeut-schen Bundes vom 11.6.1870 (anders dagegen noch Art. 208Abs. 1 ADHGB: „Actiengesellschaften k�nnen nur mit staat-licher Genehmigung errichtet werden“).

25 Nach dem Preußischen Aktiengesetz 1843 lag die H�he deseinzuzahlenden Kapitals im Ermessen der Genehmigungs-beh�rde.

26 Siehe Art. 173, 175 Nr.6, 207a Abs. 1, 209 Nr.6 HGB i.d.F.vom 11.6.1870 (bei Inhaberaktien 100 Vereinsthaler, bei Na-mensaktien und der KGaA 50 Vereinsthaler Mindestnenn-wert, Mindestzahl der Gr�nder 3 wegen des aus den Aktion�-ren zu w�hlenden Aufsichtsrats: damit 300 bzw. 150 Vereins-thaler, entspricht 900 bzw. 450 Mark). Damit war der Min-destnennwert gegen�ber der fr�heren Rechtslage sogar abge-senkt, so die Amtliche Begr�ndung des Entwurfs eines Ge-setzes, betreffend die KGaA und die AG (von 1884) § 4 Nr.3,abgedruckt bei Schubert/Hommelhoff, 100 Jahre modernesAktienrecht, Sonderheft 4 der ZGR, 1984, S. 420. 1 Vereins-thaler wurde nach der Reichsgr�ndung in 3 Mark getauscht.

27 Davies in: Gower and Davies’ Principles of Modern Compa-ny Law, 7th ed. 2003, S. 4–5; Mayson, French & Ryan onCompany Law, 20th ed. 2003, chapter 1.3.2.2.

28 Bis Ende 1870 waren in Preußen 203 Aktiengesellschaftenerrichtet, in den Jahren 1871-73 entstanden allein 843 neue(Amtliche Begr�ndung des Entwurfs eines Gesetzes, betref-fend die KGaA und die AG) § 2, abgedruckt bei Schubert/Hommelhoff [Fn. 26], S. 408 ff.).

29 Siehe etwa die Amtliche Begr�ndung des Entwurfs eines Ge-setzes, betreffend die KGaA und die AG § 2 (abgedruckt beiSchubert/Hommelhoff [Fn. 26], S. 412 ff.).

30 Differenziert die Kritik des „Insiders“ Wilhelm (von) Oechel-h�user (1820-1902), nationalliberaler Reichstagsabgeord-neter und Unternehmer in der Elektro- und Maschinenbau-industrie, in „Die Nachtheile des Aktienwesens und die Re-form der Aktiengesetzgebung“, 1878, S. 1-40, bes. etwaS. 2 f.: „Allein auch f�r den Gesetzgeber (und hier liegt gera-de dieser Fall vor, da die Aktiengesellschaft ein Gesch�pfder staatlichen Gesetzgebung ist) erscheint es von aller-h�chster Wichtigkeit, in diesen Fragen das wirthschaftlicheInteresse der Allgemeinheit klar zu erkennen, damit die We-ge, welche Kapital und Kraft nach falschen Richtungen f�h-ren, thunlichst verlegt, die richtigen Wege dagegen geebnetwerden. Die Reformen zur Verh�tung der enormen Miss-br�uche und Ausw�chse des Aktienwesens m�ssen im Blin-den tappen, wenn ihnen diese wirthschaftlichen Fundamen-tal-Erw�gungen nicht als Leitsterne vorgegeben werden.Praktisch angefasst liegt also hier zun�chst die Frage vor: obund inwieweit der Erwerbstrieb des Einzelnen, in der fort-schreitenden Ausdehnung des Aktienwesens, auf wirth-schaftlich richtigen Wegen wandelt, sowohl zum eignen Vor-theil, als dem der Gesammtheit?“ Oechelh�users sehr moder-ner (und in seiner grundlegenden Bedeutung wohl heute zuUnrecht verkannter) Ansatz setzt zum einen an der Bek�mp-fung der Spekulation an (a.a.O., S. 18-20, 30, 32-33), zumanderen am principal-agent-Konflikt zwischen Direktorenund Aktion�ren (a.a.O., S.3-6). Insbesondere aus Letzterementwickelt er seine Reformvorschl�ge, a.a.O., S. 85-87.

31 Ausf�hrlich hierzu etwa Thomas Nipperdey, Deutsche Ge-schichte 1866-1918, Band II, 1992, S.322 ff. (Spaltung derNationalliberalen), S.359 ff. (zur liberalen Phase der Bis-marckzeit), S. 382 ff. (zur großen Wende der sog. 2. Reichs-gr�ndung) oder Lothar Gall, Bismarck. Der weiße Revolu-tion�r, 1980, S. 526 ff.

32 Amtliche Begr�ndung des Entwurfs eines Gesetzes, betref-fend die KGaA und die AG, § 2 (abgedruckt bei Schubert/Hommelhoff [Fn. 26], S. 408 [415 f.]).

33 Deutlich wird dies bei der Diskussion �ber den Mindestnenn-betrag der Aktie in der Aktienrechtsreform 1884, s. die Re-

VossiusNotBZ 11/2006 375Kapitalschutzrecht

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bigerschutz.34 Die ontologisch aufgeladenen Werturteile(„unaufl�slich“, „v�llig verfehlt“, „ohne Existenz-berechtigung“) zeigen bereits den Einfluss des konser-vativen Neoidealismus.35 Die Wirklichkeit wird nichterforscht, sondern metaphorisch bildhaft erkannt.

Als Ergebnis der Reform hat die Aktiengesellschaftdeutlich an Attraktivit�t verloren.36 Schon damals zeigtdie Wirtschaft mit dem Finger auf die englische Limi-ted, wie unl�ngst Jan Thiessen in einem viel beachtetenVortrag herausgearbeitet hat.37

Mit dem GmbH-Gesetz von 1892 soll der AG eine wei-tere juristische Person zur Seite gestellt werden, die in-ternational ohne Beispiel ist.38 Im Gegensatz zur AG istsie durch weitgehende Gestaltungsfreiheit im Innenver-h�ltnis gekennzeichnet. Irgendwelche Vorschriften f�rdie Bewertung von Sacheinlagen existieren nicht; diesist den Inferenten und der Gesch�ftsf�hrung �berlas-sen.39 Insofern ist das Gesetz sogar liberaler als dasHGB von 1870.40 Aber das hat seinen Preis in Gestaltdes sehr hohen Mindestkapitals von 20.000 Mark,41 vondem immerhin 5.000 Mark einbezahlt werden m�s-sen.42 Gegen�ber der AG 1884 bedeutet das eine Ver-vierfachung, gegen�ber der AG von 1870 ist das mehrals das 22fache des Mindestkapitals. Die GmbH von1892 war also nur eine Rechtsform zur Begrenzung desHaftungsrisikos f�r wirtschaftlich bedeutende Unter-nehmen. Den kleinen Gewerbetreibenden stand sienicht offen. Dennoch hat die neue Rechtsform Erfolg,was angesichts des Wirtschaftsaufschwungs der Zeit bis1914 und der dank niedriger Steuers�tze hervorragen-den M�glichkeiten zur Eigenkapitalbildung nicht ver-wundert. Jedoch ist angesichts des rigiden rechtspoliti-schen Kurses die Frage erlaubt, ob die heutige Etablie-

rung der GmbH als Gesellschaft f�r die breite Massenicht eher daran liegt, dass die Geldentwertung der Jah-re 1914 bis 1923 die GmbH faktisch f�r den breitenMittelstand �ffnete und der Gesetzgeber dieses Raddann nicht mehr zur�ck drehen konnte.43

Die rechtspolitische Entscheidung des Reichsgesetz-gebers von 1892 bleibt nicht ohne Widerspruch. So �u-ßert der vormalige Richter am Reichsoberhandels-gerichts, liberale Reichstagsabgeordnete (1875-77) undhoch angesehene Handelsrechtler Levin Goldschmidt(1829-1897) kurz vor der Verabschiedung des GmbH-Gesetzes mit Blick auf das englische Recht deutlich sei-ne grunds�tzlichen Zweifel an der Zweckm�ßigkeit die-ser Regelung: „Viel gewichtiger ist ein zweites Beden-ken. Es gibt in der That Unternehmungen, f�r welchedie Vorschriften unseres Aktiengesetzes undurchf�hrbaroder doch unzweckm�ssig erscheinen, obwohl dieseUnternehmungen nur unter beschr�nkter Haftung allerBetheiligten durchgef�hrt werden k�nnen. ... Im Gegen-satz zu dem vorhin geschilderten englischen Aktienge-setz, welches thats�chlich die M�glichkeit einer Kapi-talserweiterung wie Kapitalsreduktion nach wechseln-dem Bed�rfnis zul�sst, beruht bekanntlich unser kon-tinentales Aktienrecht auf dem starren Grundprinzipdes fixirten, in seiner statutenm�ssigen H�he sogleich,noch vor der Konstituierung durch Zeichnung zu si-chernden Grundkapitals ... Kurz: die mangelnde Elasti-zit�t des urspr�nglichen oder erh�hten Grundkapitalsverhindert die kontinentale Aktiengesellschaft, sich v�l-lig den wechselnden Bed�rfnissen des kaufm�nnischenUnternehmens anzupassen. Hier scheint eine Aush�lfeangezeigt, indem das System der Zubussegesellschaftenin geeigneter Weise anerkannt wird.“44

debeitr�ge der Abgeordneten Dr. Horwitz, Dr. Perrot und Oe-chelh�user in der 11. Sitzung des Reichstags vom 24.3.1884,Band 82 der Sitzungsprotokolle des Deutschen Reichstags,S. 202 (218, 221).

34 So die zutreffende Analyse von Escher-Weingart, Reformdurch Deregulierung im Kapitalgesellschaftsrecht, 2001,S. 77 ff. Ausgangspunkt der Reform ist das Gutachten desROHG vom 31.3.1877 zur Preußischen Denkschrift an denBundesrat von 1876, S. 5-6 und 39-63, abgedruckt bei Schu-bert/Hommelhoff [Fn.26], S.161 f., das den Verkehrsschutzim Blick hat. Bezeichnend etwa Art. 207a und 209 HGB:Mindestnennwert bei Inhaberaktien 1.000 Mark, Mindestzahlvon f�nf Gr�ndern (Mindestkapital also 5.000 Mark, d.h.mehr als das F�nffache im Vergleich zu 1870). N�her hierzuVossius, notar 2004, 107, 116-119.

35 Siehe auch der Redebeitrag des Staatssekret�rs des Reichs-justizamts Dr. Hermann vom Schelling (1824-1908; Sohn desPhilosophen Friedrich Schelling) in der 11. Sitzung desReichstags vom 24.03.1884, Sitzungsprotokolle des Deut-schen Reichstags Band 82, S. 217: „Sie (= die verb�ndetenRegierungen) sind �berzeugt, daß ihre Vorschl�ge nicht dazuangethan sind der Begr�ndung legitimer (sic!) Gesellschaf-ten, die einen praktischen (sic!) Zweck verfolgen, in denWeg zu treten ... Im Gegentheil, die verb�ndeten Regierun-gen glauben die gesunden (sic!) Erzeugnisse zu st�rken,wenn sie nach M�glichkeit die gl�nzenden Sumpfblumenausrotten, die den Unkundigen ins Verderben locken.“ Andieser Stelle verzeichnet das Protokoll „Bravo! rechts“.

36 Sehr diplomatisch die Bewertung der Reform von 1884durch Levin Goldschmidt (Fn. 23), S. 321 (337). Erstaunlich

deutlich aber etwa die Direktion der Deutschen Bank im 15.Gesch�ftsbericht f�r das Jahr 1884, S. 3: „Einerseits haben ...das Actiengesetz mit seinen f�r neue Unternehmungen er-schwerenden Anordnungen sich weiter f�hlbar gemacht.“Ebenso im 16. Gesch�ftsbericht f�r das Jahr 1885, S. 3: „DieActiennovelle hat nach wie vor der Errichtung neuer Anla-gen entgegengewirkt.“

37 Thiessen, Transfer von GmbH-Recht im 20. Jahrhundert –Export, Import, Binnenhandel, in Duss/Linder u.a. (Hrsg),Rechtstransfer in der Geschichte, M�nchen 2006, S.S. 446-497.

38 Siehe Levin Goldschmidt (Fn.23), S. 332: „es handelt sichum eine durchaus neue, noch nirgends in der Welt erprobteGesellschaftsform.“

39 § 5 Abs. 4 GmbHG-1892. Grund f�r diese Abweichung vomAktiengesetz 1884 (keine Pr�fung der Werthaltigkeit) ist diegeringere Schutzw�rdigkeit der Anleger, vgl. Staub-Hachen-burg, GmbHG, 2.Aufl. 1906, § 5 Anm. 13).

40 Siehe Art. 180 Abs. 1, Art. 209b HGB i.d.F. vom 11.6.1870.41 § 5 Abs. 1 GmbHG-1892. Der hohe Betrag im Vergleich zum

HGB 1870 zeigt, welcher Preis f�r die ansonsten liberaleAusgestaltung der neuen Rechtsform entrichtet werdenmusste, um sie mehrheitsf�hig zu machen. Zur Genese derKapitalziffer Thiessen (Fn.37), S. 454-457, bes. S. 456.

42 § 7 Abs. 2 GmbHG-1892. Das entspricht dem Mindestkapitalder AG nach der Reform 1884.

43 Die Bedeutung der Hyperinflation 1923 f�r das GmbH-Rechtanalysiert Thiessen (Fn.37), S. 455 (461-464).

44 Levin Goldschmidt (Fn.23), S. 337-339.

Vossius376 NotBZ 11/2006Kapitalschutzrecht

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Goldschmidt pl�diert somit f�r eine der Personengesell-schaft nachgebildete Kapitalisierung, eine Kapitalge-sellschaft mit Beitragspflicht der Gesellschafter. Als al-ter 1848er Liberaler argumentiert er mit der Empirieund verzichtet auf die neoidealistische �berh�hung po-litischer Positionen. Dieses Argumentationsmuster der1860er und 70er Jahre ist aber 1892 schon nicht mehr„mainstream“.

3. Kapitalschutz und Staatswohl

Nach der großen Wende 1878/79 und in der neoidealis-tischen Renaissance der Wilhelminischen Zeit wird dasideologische Umfeld f�r das liberale Unternehmertumrauer. Die Kritik am Kapitalismus w�chst, und zwar so-wohl von Links seitens der Kathedersozialisten und derSozialdemokratie, als auch von Rechts aus dem wert-konservativen akademischen B�rgertum45. In letztereKritik mischen sich Zukunftsangst und romantischeR�ckw�rtsgewandtheit mit einem kr�ftigen Schuss An-tisemitismus46. Diese Stimmen werden tonangebend.

So schreibt vor 1894 Heinrich von Treitschke(1834-1896), Nachfolger Rankes auf dem BerlinerLehrstuhl, Reichstagsabgeordneter 1871-1884, bis 1879Mitglied der nationalliberalen Fraktion, ab 1886 offi-zieller preußischer Hofhistoriograph, im 5. Band seinerDeutschen Geschichte im 19. Jahrhundert,47 einemWerk, das vor 100 Jahren zum eisernen Bestand einerBibliothek der gebildeten St�nde48 geh�rte,49 �ber dasB�rsenfieber im K�nigreich Preußen der 40er Jahre des19. Jahrhunderts:50 „Das Privatcapital in den mittleren

und den westlichen Provinzen zeigte sich gewagten Un-ternehmungen nur zu sehr geneigt. Jetzt zum erstenmale wurde Berlin von dem Fieber w�sten Aktien-schwindels ergriffen, das seitdem noch so oft wieder-kehren sollte. Das b�se Beispiel gab England ... Vondiesem Uebermaße des Schwindels blieb Preußen frei-lich bewahrt, Dank seiner Armuth und der strengerenStaatsaufsicht. Immerhin ward der Tanz um das goldeneKalb ganz schamlos. M�nner aus allen St�nden, selbstOffiziere in Uniform, ber�hmte K�nstler und Gelehrtedr�ngten sich t�glich in das winklige B�rsengeb�udeneben dem Dom um mit den Aktien aller L�nder zuschachern.“

In das Unbehagen mischt sich die Sehnsucht nach der an-geblich guten alten Zeit, z.B. bei Schilderung der Land-flucht,51 der angeblich fr�her besseren Qualit�t der Pro-dukte,52 des Materialismus,53 des Rollenbildes der Ge-schlechter54 und nicht zuletzt des Reichtums der Fabri-kanten.55 Ein paar Seiten weiter heißt es: „Man bemerkteauch bereits die ersten Anf�nge einer internationalen Ver-bindung zwischen den großen Geldm�chten. ... In diesergesunden, nat�rlichen Entwicklung trat nun pl�tzlich einunheilvoller R�ckschlag ein. Die B�rsenm�chte allerCulturl�nder begannen sich in aller Stille �ber das ge-meinsame Geldinteresse zu verst�ndigen, und die neueinternationale Partei des Großkapitals fand ihre nat�rli-che St�tze an dem vaterlandslosen Judenthum.“56

F�r den Antisemitismus Treitschkes gibt es leider nochschlimmere Belege – hier�ber wird ihm Levin Gold-schmidt vom Freund zum Antipoden.57 Letztlich aber –

45 Siehe etwa zum BGB Wieacker, Privatrechtsgeschichte derNeuzeit, 1967, § 25 (aus wertkonservativer Sicht) und R�-ckert in HKK, Das BGB und seine Prinzipien, Vor § 1Rz. 91-101 (grundlegende Neubewertung aus liberaler Sicht).Konkret auf die Aktiengesellschaften bezogen etwa auch derkonservative Reichstagsangeordnete Franz F�rchtegott Per-rot in der Sitzung des Reichstags vom 24.3.1884, Sitzungs-protokolle des Deutschen Reichstags. Band 82, S. 218 (220):„Sollte das (= Pflicht zur Volleinzahlung) die Entwickelungder Aktiengesellschaft erschweren, dann hat man sich ein-fach zu sagen, daß die Einf�hrung gesunder Prinzipien in dasAktienwesen nicht zu demselben paßt.“ Perrot trat schon1875 in einer Artikelserie in der Neuen Preußischen Zeitung(Kreuzzeitung), dem Sprachrohr der preußischen Hochkon-servativen, mit dem Titel „Die �ra Bleichr�der-Delbr�ck-Camphausen“ als scharfer Kritiker des Liberalismus in Er-scheinung, der sich hierbei und zur Verunglimpfung des poli-tischen Gegners antisemitischer Klischees bediente (sieheauch seine Diktion gegen�ber Ludwig Bamberger und BethelHenry Strousberg in derselben Reichstagsdebatte, a.a.O.,S. 218). In derselben Debatte kennzeichnet ihn der nachfol-gende Redner Wilhelm Oechelh�user als „auf dem Isolir-schemel“ sitzend (a.a.O., S.220).

46 Siehe etwa Andreas Biefang, Der Streit um Treitschkes„Deutsche Geschichte“ 1882/83. Zur Spaltung des National-liberalismus und der Etablierung eines national-konservati-ven Geschichtsbildes, HZ 262 (1996), S. 391-422.

47 Heinrich von Treitschke, Deutsche Geschichte im neunzehn-ten Jahrhundert, 5. Band, Kapitel 6, 1. Aufl. 1879-1894 (zi-tiert nach der 4.Aufl. 1899). Man beachte, dass der Text inden Jahren nach dem B�rsenkrach 1873 und der Aktien-rechtsreform 1884 entstanden sein muss.

48 Bezeichnend auch der Hinweis des nationalliberalen Reichs-tagsabgeordneten Otto B�sing (1837-1916, Rechtsanwalt,

Notar und Bankdirektor in Schwerin, sp�ter Vizepr�sidentdes Reichstags und 1891-1915 Mitglied des Aufsichtsratsder Deutschen Bank) in der 11. Sitzung des Reichstags vom24.3.1884: „Meine Herren, wohl in keinem anderen Landeherrscht unter den gebildeten Klassen eine so große Ge-sch�ftsunerfahrenheit und Gesch�ftsunkenntniß wie inDeutschland.“ (Sitzungsprotokolle des Deutschen Reichs-tags, Band 82, S. 208).

49 Zum Einfluss v. Treitschkes in weiten Kreisen der deutschenBev�lkerung (als wertkonservativer Gegenpol etwa zu Theo-dor Mommsen) siehe Frensken in Biografisch-Bibliogra-fisches Kirchenlexikon, Artikel Treitschke, Heinrich von,1999. Allein die vier Auflagen des Werks zwischen 1894und 1899 sprechen f�r sich.

50 Heinrich von Treitschke, Deutsche Geschichte im 19. Jahr-hundert, 4. Aufl., 1899, Band 5, S. 495.

51 Treitschke (Fn.50), S. 507.52 Treitschke (Fn.50), S. 507.53 Treitschke (Fn.50), S. 507 f.: „Macht der materiellen Interes-

sen“ einerseits und „Idealismus der politischen Einheits-k�mpfe“ andererseits.

54 Treitschke (Fn.50), S. 508: „Frauen dr�ngten sich mit diletti-render Gesch�ftigkeit in m�nnliche Berufe ...“

55 Treitschke (Fn. 50), S. 508 f.: „Unnat�rlich fr�h entstanden,obgleich der allgemeine Wohlstand noch recht bescheidenblieb, schon einzelne riesige Verm�gen. Der Reichthum desHauses Rothschild �berbot bei Weitem Alles, was die r�mi-sche Kaiserzeit an ungesunden Capitalanh�ufungen gesehenhatte.“

56 Treitschke (Fn.50), S. 509.57 Siehe der Brief Levin Goldschmidts an Heinrich von

Treitschke vom 4. Mai 1881, abgedruckt in Hugo Sinzheimer,J�dische Klassiker der deutschen Rechtswissenschaft, 1953(verfasst in Amsterdam 1937), S. 51, 69-72.

VossiusNotBZ 11/2006 377Kapitalschutzrecht

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und das ist das eigentlich Perfide – ist ihm der Antise-mitismus nur Mittel zur politischen Bek�mpfung derehemaligen Weggef�hrten aus der nationalliberalen Par-tei, die Bismarcks Hinwendung zu einer nationalkonser-vativen Politik nicht mittragen wollen.58 Das „interna-tionale Großkapital“ ist „j�disch“. Antisemitismusmischt sich mit wertkonservativer Kapitalismuskritik.Deren Wirkungsmacht wird mit dem rechtspolitischenKurswechsel deutlich, den das Gesellschaftsrecht mitder Aktienrechtsreform 188459 und dem GmbHG 1892im Vergleich zum HGB 1870 genommen hat. Etwasmokant l�sst sich sagen, dass damit auch unser heutigesKapitalschutzrecht weniger eine Kulturleistung als einezuf�llige Frucht Bismarckscher Koalitionsarithmetik ist.

Gegen Ende des Kaiserreichs spitzt sich die Ablehnungder juristischen Person nochmals zu. Ein herausragenderExponent der damaligen Deutschland-AG, Walther Ra-thenau, Sohn des AEG-Mitbegr�nders, bringt als Verant-wortlicher f�r die Kriegswirtschaft des Kaiserreichs 1917mit seiner Schrift „Vom Aktienwesen“60 das dumpfe Un-behagen des deutschen B�rgertums im wilhelminischenTurbokapitalismus auf den Punkt. Unternehmen habendem Staatswohl zu dienen,61 nicht dem Eigennutz seinerEigent�mer, der Aktion�re. Im Kontext der Zeitumst�ndeheißt das: wir m�ssen und wollen den Krieg gewinnen,nicht den Profit Einzelner maximieren:62 „Der Krieg,mehr ein weltrevolution�res denn ein politisches Ereig-nis, hat den Bau der wirtschaftlichen und sozialen Ord-nung Europas in so viel Monaten in Tr�mmer gelegt, als�onen von Friedensjahren es vermocht h�tten. Aus die-

sen Tr�mmern wird weder ein Reich des sozialen Kom-munismus hervorbrechen, noch ein neues Reich frei spie-lender wirtschaftlicher Kr�fte. Auch dem Wesen der Un-ternehmung wird nicht die Verst�rkung des privatwirt-schaftlichen Gedankens beschieden sein, sondern die be-wußte Einordnung in die Wirtschaft der Gesamtheit, dieDurchdringung mit dem Geiste der Gesamtverantwort-lichkeit und des Staatswohls.“63

„Staatswohl“ ist hier nicht etwa die F�rderung wirt-schaftlicher Prosperit�t, wie dies etwa noch die V�terdes Preußischen Aktiengesetzes 1843 mit dem Begriffder „Gemeinn�tzigkeit“64 der Aktiengesellschaft ge-meint hatten, sondern das, was der Umsetzung der Zielestaatlicher Politik dient. Bei Rathenau wird das Unbe-hagen des B�rgertums �ber die juristische Person inden Dienst der totalen Ausrichtung der deutschen Wirt-schaft auf die Kriegsziele des Kaiserreichs gestellt.

In den Zeitl�uften haben sich diese Gedanken als eine derwirkungsm�chtigsten �ußerungen zum Kapitalgesell-schaftsrecht erwiesen65. �ber das ganze politische Spek-trum hinweg sickern sie in das kollektive Bewusstseinein, sogar in England erscheinen (andere) wichtigeSchriften Rathenaus in �bersetzung.66 Ihre Umsetzungfindet sich zum einen im „linken Lager“ im Postulat ge-sellschaftlicher Kontrolle des Produktivverm�gens imBetriebsverfassungsrecht der Weimarer Zeit und inArt.15 Grundgesetz bis hin zur heutigen Unternehmens-mitbestimmung, einem Surrogat staatlicher Interventioninfolge der gr�ndlichen Delegitimierung67 staatlicher

58 So die Bewertung des sog. Berliner Antisemitismusstreitsvon Uffa Jensen in DIE ZEIT vom 13.06.2002, auch in DIEZEIT – Das Lexikon, Band 15, S.620 ff., dort vor allem zurbreiten gesellschaftlichen Akzeptanz der antisemitischenThesen.

59 Siehe hierzu die Analyse des nationalliberalen Reichstags-abgeordneten Otto B�sing in der Sitzung vom 24.03.1884(Sitzungsprotokolle des Deutschen Reichstags Band 82,S. 205): „Der Wunsch, daß auf dem Gebiete des Aktienwe-sens gesetzgeberisch etwas geschehe, ist ein fast allgemeiner,weniger aus einer genauen Kenntniß des Aktienwesens, alsaus einem unklaren Gef�hle der Menge heraus, daß auf die-sem Gebiete ein gr�ßerer Schutz des Publikums erforderlichsei. Dieser unzweifelhaft vorhandenen tief gehenden Str�-mung gegen�ber kann man sich meines Erachtens nicht ab-lehnend verhalten.“ Der Ansatz wird bei ihm sogleich wiederrelativiert durch den Hinweis, „der krankhaft entfesselte Un-ternehmungsgeist“ sei „l�ngst wieder in ruhigere Bahneneingelenkt“ und daher k�nne man „sine ira et studio“ an dieAktiennovelle herangehen. Ideologisch profilierter hingegender ihm als Redner folgende f�hrende Zentrumspolitiker Pe-ter Reichensperger (1810-1892; auch Richter am Preußi-schen Obertribunal) in der gleichen Sitzung, a.a.O. S. 209:„Es waren das Missbr�uche, meine Herren, welche nichtbloß den Nationalwohlstand schwer gesch�digt, sondern dasRechtsbewußtsein und die �ffentliche Moral tief ersch�tterthaben.“ Im Folgenden �bt er u.a. Kritik an verwandtschaftli-chen Verbindungen unter Vorstands- und Aufsichtsratsmit-gliedern, �berh�hten Vorstandsverg�tungen und fordert wei-tergehende Minderheitenschutzrechte sowie h�rtere straf-rechtliche Sanktionen. Er repliziert damit auf Otto B�sing,der (a.a.O., S. 207) vorausschauend vor den Gefahren schika-n�ser Ausnutzung von Minderheitsrechten warnte.

60 Walther Rathenau, Vom Aktienwesen: eine gesch�ftliche Be-trachtung, 1917.

61 Siehe etwa Rathenau (Fn.60), S. 38 f.: „... die Großunterneh-mung ist heute �berhaupt nicht mehr lediglich ein Gebildeprivatrechtlicher Interessen, sie ist vielmehr, sowohl einzelnwie in ihrer Gesamtzahl, ein nationalwirtschaftlicher, der Ge-samtheit angeh�riger Faktor, der zwar aus seiner Herkunft,zu Recht oder zu Unrecht, noch die privatrechtlichen Z�gedes reinen Erwerbsunternehmens tr�gt, w�hrend er l�ngstund in steigendem Maße �ffentlichen Interessen dienstbargeworden ist und hierdurch sich ein neues Daseinsrecht ge-schaffen hat.“

62 Besonders deutlich etwa Rathenau (Fn.60), S.40 (49 f.).63 Rathenau (Fn.60), S. 61 f.64 Siehe oben II. 1.65 Zur Rezeption von Rathenau bereits Flume, Allgemeiner

Teil I/2 Die juristische Person, 1983, § 2 III (S. 37 f.), Escher-Weingart, Reform durch Deregulierung im Kapitalgesell-schaftsrecht, 2001, S. 77 ff., Hans-J�rg Kr�mer, Das Unter-nehmensinteresse als Verhaltensmaxime der Leitungsorganeeiner Aktiengesellschaft im Rahmen der Organhaftung, Diss.Bayreuth 2002 (www.tenea_juraweltbd18.pdf), S. 32-34.J�ngst hierzu B�hr in B�hr/Banken, Wirtschaftssteuerungdurch Recht im Nationalsozialismus, Frankfurt 2006, S. 35(37 f.).

66 Von den Werken Rathenaus erschienen (nach dem Katalogder British Museum Library) u.a. die Schriften „Von kom-menden Dingen“ und „Die Neue Gesellschaft“ in englischer�bersetzung (Walther Rathenau, In Days to Come, London1921 und ders., The New Society, London 1921). Zur Rathe-nau-Rezeption in Großbritannien Mayson, French & Ryan,On Company Law, 20th ed. 2003, S. 16 (chapter 0.2.4) undS. 170 (chapter 5.3.1 am Ende).

67 Formulierung („general postwar deligitimazation of govern-mental authority“) von Hansmann/Kraakman in Kraakman/Davies/Hansmann/Hertig/Hopt/Kanda, The Anatomy of Cor-porate Law, 2004, S. 69 Mitte.

Vossius378 NotBZ 11/2006Kapitalschutzrecht

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Autorit�t in Deutschland durch das Dritte Reich und dienachfolgende Nichtbew�ltigung der Vergangenheit in derAdenauerschen Restaurationszeit. Wie die „Heuschre-ckendebatte“68 oder die rechtspolitische Diskussion umdas �bernahmerecht mit ihren diffusen �berfremdungs-�ngsten zeigen, sind diese Gedanken auch heute noch le-bendig.

Auch im „rechten Lager“ wird Rathenau rezipiert. SeinAnsatz, die Großunternehmen in den Dienst des Staats-wohls zu stellen, mischt sich mit der Ablehnung der ju-ristischen Person.69 Diese ist „liberal“, „individualis-tisch“ und „j�disch“. Das Gesellschaftsrecht geh�rtnicht von ungef�hr zu den ersten Feldern, auf denennach der Machtergreifung die neue Ideologie rechts-politisch umgesetzt wird. Der Bogen spannt sich vomL�schungsgesetz 193470, das der „Ausmerzung lebens-unf�higer Gesellschaften“ diente71, �ber das Umwand-lungsgesetz 1934, das dem deutschen Kaufmann denWeg (zur�ck) aus der anonymen Kapitalgesellschaft indie Personenhandelsgesellschaft ebnen sollte72, bis hinzur Ersetzung der Unternehmensverfassung des HGB-Aktienrechts, das dem angels�chsischen Modell des bo-ard mit den ihm formal unterstellten officers viel �hn-licher war, als man heute meinen m�chte, durch dasF�hrerprinzip des Aktiengesetzes 193773, einer Anleiheaus den USA, deren starker CEO Nationalsozialistenfaszinieren musste.

Besonders markant wirkt sich die explosive Mischungb�rgerlicher Kapitalismuskritik mit nationalsozialisti-scher Rechtsanwendung im Bereich des Kapitalersatz-

rechts aus. Hatte das Reichsgericht noch 1935 die Sub-ordination von Gesellschafterdarlehen in der Krise derGesellschaft abgelehnt74, so schwenkt die h�chstrichter-liche Rechtsprechung 1938 um. Ganz auf der Linie derR�thersschen „unbegrenzten Auslegung“75 begr�ndetdas Reichsgericht die Subordination der Gesellschafter-finanzierung unter R�ckgriff auf die Generalklauselndes B�rgerlichen Rechts, die im Lichte der „Rechtsauf-fassung des neuen Deutschland“ unter R�ckgriff aufdas „gesunde Volksempfinden“76 und den Grundsatz„Gemeinnutz geht vor Eigennutz“77 ausgelegt wer-den.78 Knapp 100 Jahre sp�ter steht damit die alte „Ge-meinn�tzigkeit“ des Preußischen Aktienrechts als „Ge-meinnutz“ im Dienste fanatischer Ideologen. Es istnicht ohne Tragik, dass mit der Umwertung dieses Be-griffs ausgerechnet Rathenau den Nationalsozialisten indie H�nde gespielt hat.

Auch nach 1945 bleibt in Rechtswissenschaft undRechtslehre das dumpfe Unbehagen �ber die juristischePerson bestehen – es handelt sich hierbei ja auch umnichts genuin Nationalsozialistisches. Nat�rlich werdendie bisherigen Begr�ndungsmuster durch neue, poli-tisch korrekte topoi ausgetauscht.79 Anstelle des Ge-meinnutzes und des gesunden Volksempfindens bietetsich nun die Formel vom Gl�ubigerschutz an. Mansucht also, den auf das Kollektiv bezogenen Ansatz fr�-herer Zeiten zu individualisieren.

Ohne die ideengeschichtlichen Pr�missen der bisheri-gen Ans�tze zu reflektieren, bauen Rechtsprechung undRechtswissenschaft das Kapitalschutzrecht weiter zum

68 So der damalige SPD-Vorsitzende Franz M�ntefering in ei-nem Vortrag am 22.11.2004 („die verantwortungslosen Heu-schreckenschw�rme“). Hierzu etwa Robert Leicht, Die Zeitv. 18.4.2005; Anette Sydow, Berliner Morgenpost v.30.4.2005; Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 30.4.2005,Wolffsohn in Rheinische Post v. 3.5.2005.

69 Hierzu ausf�hrlich jetzt B�hr (Fn.65), S. 40 ff. und 52 ff. (zurErh�hung des Mindestkapitals) mit dem Fazit, a.a.O., S. 56:„rigide Marktbereinigung durch Recht.“.

70 Zu dessen Aufhebung Karsten Schmidt, GmbHR 1994,829 ff.

71 So die amtliche Begr�ndung Reichsanzeiger Nr.243 vom17.10.1934. Ohne erkennbare Distanzierung zitiert noch inScholz/K. Schmidt, GmbHG, 8.Aufl. 1995 (!), Anh. § 60Anm.1 (�bernommen aus den Vorauflagen).

72 Siehe die Kommentierung des Gesetzesvorspruchs von Ha-chenburg, HGB 3.Aufl., Band III/3 2. Lieferung, 1935 (!),Anm.1-3. der das Gesetz aus der „ver�nderten wirtschaftli-chen Lage und der ver�nderten seelischen (sic !) Einstellungin Deutschland“ erkl�rt. Zum Umwandlungsgesetz 1934 jetztauch B�hr (Fn. 65), S. 54 (55) mit statistischen Belegen sei-ner Wirksamkeit.

73 Instruktiv hierzu Roth, AG 2004, 1, bes. 3 f.; von Hein, ZHR166 (2002), 464 (472 ff.) und jetzt B�hr (Fn.65), S.45-54.

74 RGZ 156, 23 (32 f.). In der Literatur der Weimarer Zeit wirdGesellschafterfinanzierung als Problem des § 30 GmbHG garnicht behandelt, vgl. etwa Brodmann, GmbHG, 2. Aufl. 1930oder Staub-Hachenburg, GmbHG 5. Aufl. 1926. Zum Auf-tauchen des Problems (nach Vorl�ufern in Belgien und Jugo-slawien) und seiner intensiven Behandlung in der Akademief�r Deutsches Recht um 1937 grundlegend Thiessen (Fn.37),S. 475-480. Letztlich handelt es sich beim Eigenkapitalersatzalso um eine Rechtssch�pfung aus der Zeit des Nationalso-zialismus.

75 R�thers, Die unbegrenzte Auslegung. Zum Wandel der Pri-vatrechtsordnung im Nationalsozialismus, 1968.

76 Zur Umwertung der §§138, 242 BGB im Sinne einer natio-nalsozialistischen „Kampfklausel“ instruktiv R�thers, a.a.O.,S. 210-270 (zitiert nach der Taschenbuchausgabe, 1973).

77 Hierzu Stolleis, Gemeinwohlformeln im nationalsozialisti-schen Recht, 1974, bes. S. 76 ff. (Parteiprogramm derNSDAP), S. 147 ff. (Umsetzung im Wirtschaftsrecht all-gemein und S. 151 ff. im Aktienrecht im Besonderen). Hierzutreffend Hansmann/Kraakman in Kraakman/Davies/Hans-mann/Hertig/Hopt/Kanda, The Anatomy of Corporate Law,2004, S. 19: „To say that the pursuit of aggregate social wel-fare is the appropriate goal of corporate law is not to say, ofcourse, that the law always serves that goal ... corporate laweverywhere continues to bear the imprint of the historicalpath through which it has evolved, and reflects as well vari-ous non-efficiency-oriented intellectual and ideological cur-rents that have sometimes influenced its formation ...“

78 RG JW 1938, 862 (864); hierzu ausf�hrlich Thiessen(Fn.37), S. 479 Fn.179. Hervorzuheben an der Entscheidungist außerdem der typisch nationalsozialistische Manich�is-mus in der Gegensatzbildung zwischen formaler Rechtsposi-tion (= Liberalismus) und materiellem Zweck des Rechts(= nationalsozialistische Rechtsauffassung).

79 Paradigmatisch etwa die Kommentierung von Ulmer in Ha-chenburg, GmbHG, 7. Aufl. 1979, Anh. § 30 Rz. 35-67 (Un-terkapitalisierung) und Rz. 68-106. Dort wird (Rz. 50 zuRGZ 158, 302 [310] und Rz. 75 zu RG JW 1938, 862 [864] f.und zu RGZ 166, 51 [57]) die Haftung mit dem „Missbrauchder Rechtsform“ bzw. einer sittenwidrigen vors�tzlichenSch�digung begr�ndet. Die in den zitierten Entscheidungenverwendeten klar dem Nationalsozialismus entstammendentopoi („gesundes Volksempfinden“, „Rechtsauffassung desneuen Deutschland“) werden hingegen nicht erw�hnt.

VossiusNotBZ 11/2006 379Kapitalschutzrecht

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zentralen Instrument des Gl�ubigerschutzes im Kapital-gesellschaftsrecht aus. Dennoch kann das Gl�ubiger-schutzkonzept seine Herkunft aus einem objektivrecht-lichen Verkehrsschutzdenken nicht verleugnen; von da-her kann es dem Individualgl�ubiger gar keine brauch-baren Schutzmittel an die Hand geben, was seinen zen-tralen Konstruktionsfehler darstellt.

Das Defizit an geschichtsbewusster Reflexion bleibtnicht ohne Folgen. Als w�re die deutsche Wirtschaft eineinziges Versuchslabor, werden die verschiedensten An-s�tze ausprobiert.

Ein paar Beispiele: 1980 versuchte der Gesetzgeber,mit der Kodifikation des Kapitalersatzrechts in §§32aund 32b GmbHG Rechtssicherheit zu schaffen. Weit ge-fehlt: statt des Gesetzesrechts der Novellenregeln habenwir jetzt das Neben- bzw. Durcheinander80 von Novel-lenregeln und BGH-Regeln.81 Dem neuen Sanierungs-privileg in §32a Abs.3 Satz3 GmbHG wird es m�gli-cherweise �hnlich ergehen82. Der BGH wollte unterdem Beifall der Wissenschaft mit der Entscheidungs-serie von Autokran83 �ber Tiefbau84 hin zu Video85

Haftung im GmbH-Konzern an objektive Kriterien an-kn�pfen, bis nach Video alle Beteiligten erkennenmussten, dass sie das Kind mit dem Bade ausgesch�ttethatten. Es folgte dann die Patenthalse zu TBB.86 Nacheinigen versenkten Bojen der Rechtssicherheit und ei-nem wilden Zickzackkurs mit killenden Segeln hat diedogmatische Regatta ihren vorl�ufigen Abschluss mitder Existenzvernichtungshaftung gefunden,87 einemHaftungskonzept, die sich allenfalls nur �ber eine Ge-samtanalogie zu den §§823ff., 138, 242 BGB im zivi-listischen Aktionensystem verorten l�sst88. �berhauptscheint das beginnende Jahrhundert das Zeitalter desDeliktsrechts im Kapitalgesellschaftsrecht zu werden.

Wenn nun im Entwurf eines MoMiG die Subordinationdes Gesellschafterdarlehens rechtsform�bergreifend in-solvenzrechtlich geregelt werden soll, dann wird eben-

falls eine rechtspolitische Position des Dritten Reichsumgesetzt.89 Der offenbar allgemeine Beifall desSchrifttums hierzu ist bemerkenswert.90

III. Bilanz

Die Genese des Kapitalschutzrechts zeigt, warum seineL�sungsans�tze und seine Ziele nicht zusammen pas-sen. Gl�ubigerschutz ist nicht sein urspr�nglicherZweck. Letztlich liegt dem Kapitalschutzrecht die ro-mantische Sehnsucht nach der guten alten Zeit der ehr-baren Kaufleute und ein tiefes Misstrauen gegen die ju-ristische Person zugrunde. Haftungsbegrenzung wirdim Grunde als etwas gegen das Gemeinwohl Gerichte-tes, moralisch Verwerfliches begriffen.

Daher stellt das jetzige Kapitalschutzrecht dem Indivi-dualgl�ubiger auch keine belastbaren subjektiven Rech-te zur Verf�gung.91 Gl�ubigerschutz ist allenfalls seinRechtsreflex, erkauft um den Preis erheblicher Trans-aktionskosten bei Gr�ndung und laufender Beratung so-wie deutlicher Senkung der Effektivit�t des Insolvenz-rechts durch �konomische Pr�mierung der masselosenInsolvenz. Gen�gt solch ein Recht �berhaupt noch denverfassungsrechtlichen Anforderungen der Geeignet-heit, Erforderlichkeit und Proportionalit�t eines Ein-griffs in die allgemeine Handlungsfreiheit und die Frei-heit der Berufsaus�bung? Mit dem �bersteigerten Ge-meinwohlbezug hat sich das Kapitalschutzrecht jeden-falls politisch-ideologisch �bernommen.

Unser Kapitalgesellschaftsrecht ist, das zeigt der his-torische R�ckblick, bis tief in seine ideologischenGrundlagen hinein ein Anti-Kapitalgesellschaftsrecht.Im internationalen Vergleich befindet sich Deutschlandhier auf einem Sonderweg.92 Dass die Sozialisierungvon Verlusten bei Privatisierung von Gewinnen imGrundsatz dem Gemeinwohl dient, da sie das unterneh-merische Wagnis als wesentlichen Motor der Innovation

80 Statt aller Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 16. Aufl., 2004,§§32a/b Rz. 1-17, 91-110.

81 So explizit etwa BGH AG 2001, 303 (305). Aus j�ngster Zeitgrundlegend hierzu K. Schmidt, GmbHR 2005, 797 ff., derausdr�cklich (a.a.O., S. 801) feststellt, die Gesetzesregelnw�rden „unter Hintanstellung aller methodischer Bedenken“ignoriert. Zu Ende gedacht bedeutet das die Berufung aufden nicht unbedenklichen Satz „necessitas non habet legem“.Hierzu auch Haas (Fn.10), S. E 56.

82 Siehe die restriktiven Tendenzen des BGH GmbHR 2005,1531 im Anschluss an BGH ZIP 2001, 115 = GmbHR 2001,106.

83 BGHZ 95, 330 = AG 1986, 15.84 BGHZ 107, 7 = AG 1989, 243.85 BGHZ 115, 187 = AG 1991, 419.86 BGHZ 122, 123 = AG 1993, 371.87 BGH GmbHR 2001, 1036 = AG 2002, 43 = BGHZ 149, 10

(Bremer Vulkan); BGH GmbHR 2002, 902 = ZIP 2002,1578 (KBV); BGH GmbHR 2005, 1425; BGH GmbHR2005, 1620; BGH GmbHR 2005, 299. R�hricht, ZIP 2005,506 (513 f.) sieht in der Existenzvernichtungshaftung den(derzeitigen) Grundtatbestand des Außenhaftungsrechts desGmbH-Gesellschafters. Die Halbwertszeit dieses Konzeptsbleibt offen.

88 �berblick �ber die Irrungen und Wirrungen des deutschenKonzernrechts bei D�ser, AG 2003, 406 ff. Bezeichnend ist,

dass Haas (Fn.10), S. E 83-E 86 nur die §§ 66 ff. GmbH, da-runter den im Internet-Zeitalter etwas verzopften § 73 Abs. 1GmbHG als analog anzuwendende Anspruchsgrundlagennennt.

89 Siehe Thiessen (Fn.37), S. 480 unter Hinweis auf Justiz-staatssekret�r Schlegelberger, Die Handelsgesellschaften imSpiegel der neuen Rechtsauffassung. Soziale Praxis 1939,Sp.5.

90 Siehe etwa Huber/Habersack in Lutter (Hrsg), Kapital in Eu-ropa, ZGR Sonderband 17, 2006, S. 370 (410 f.); K. Schmidt,GmbHR 2005, 797 (806); Grunewald/Noack, GmbHR 2005,189 (194); Breitenstein/Meyding, BB 2006, 1457 (1460 f.);R�mermann, GmbHR 2006, 673 (677 f.), Haas (Fn.10), E64-E 65, E 147.

91 Dies r�umt (beil�ufig) auch Haas ein (Fn.10, S. E 57 f.), wo-nach das Kapitalersatzrecht die „Gl�ubigergesamtheit“sch�tzen soll (also gerade nicht den Individualgl�ubiger).Die Gl�ubigergesamtheit aber ist eine positivrechtlich nichtexistente Kategorie und damit kein tauglicher Tr�ger subjek-tiver Rechte.

92 Zwar gibt es im US-amerikanischen Gesellschaftsrecht dieequitable subordination nach der Deep Rock Doctrine (Tay-lor v. Standard Gas & Elec. Co. 306 US 307 (1939), diese istjedoch an sehr enge Voraussetzungen gekn�pft (�hnlich wiepiercing the corporate veil). Im Vereinigten K�nigreich istdie equitable subordination nicht bekannt. In Kontinental-

Vossius380 NotBZ 11/2006Kapitalschutzrecht

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pr�miert,93 ist in Deutschland allenfalls ein Lippenbe-kenntnis. Ebenso wenig wird die Frage gestellt, ob dieallgemeine Handlungsfreiheit nicht auch f�r das Wieder Gesellschaftsfinanzierung94 gilt und daher das ge-samte Eigenkapitalersatzrecht unter verfassungsrecht-lichem Rechtfertigungsdruck steht.

Erforderlich ist daher eine Reform des Kapitalschutz-rechts an Haupt und Gliedern, seine vollst�ndige Neu-konzeption. Es muss verhindert werden, dass erneut inneoidealistischem „Erkennen“ angeblicher vorgesetzli-cher Grundprinzipien die lex scripta in ihrem Anwen-dungsbereich marginalisiert wird.

L�sungsans�tze f�r eine grundlegende Reform sind inder deutschen Rechtsordnung durchaus vorhanden. Es

bedarf keiner legal transplants. Auf dem Boden unsererRechtsordnung sind die potenziellen Konflikte zwi-schen Management und Gesellschaftern, Mehrheits-und Minderheitsgesellschaftern sowie Unternehmenund Gl�ubigern/Arbeitnehmern regelbar.95 Notwendigsind zielgenauere Anspruchsgrundlagen, die auch demIndividualgl�ubiger eine Chance auf effektiven Rechts-schutz bieten96 und weniger Kollateralschaden anrich-ten.

Einen entsprechenden Versuch hierzu habe ich im ver-gangenen Jahr zusammen mit dem bayerischen Kolle-gen Thomas Wachter unternommen.97

GESELLSCHAFTSRECHT

MoMiG – Ein �berblick �ber den aktuellen Diskussionsstand

Notar Dr. Heribert Heckschen, Dresden

Das Bundesministerium der Justiz hat am 29.5.2006den Referentenentwurf des Gesetzes zur Modernisie-rung des GmbH-Rechts und zur Bek�mpfung von Miss-br�uchen (MoMiG) den Bundesressorts zur Stellung-nahme zugeleitet. Mit dem Regierungsentwurf ist lautder Pressemitteilung des BMJ vom selben Tage erstAnfang 2007 zu rechnen. Das Gesetz k�nnte im Herbst2007/Anfang 2008 in Kraft treten. Der nachfolgendeBeitrag gibt einen �berblick �ber den derzeitigen Dis-kussionsstand um den Referentenentwurf.

I. Beschleunigung von Unternehmensgr�ndungen

Ein Kernanliegen der GmbH-Novelle ist die Erleichte-rung und Beschleunigung von Unternehmensgr�ndungen.

1. Erleichterung der Kapitalaufbringung und der�bertragung von Gesch�ftsanteilen

a) Herabsetzung des Mindeststammkapitals

Das Mindeststammkapital der GmbH soll von bisher25.000 . auf 10.000 . herabgesetzt werden.1 Von demMindeststammkapital muss die H�lfte, also nur nochein Betrag von 5.000 ., vor der Eintragung aufgebrachtwerden.

europa findet eine Subordinierung von Gesellschafterdarle-hen statt in �sterreich, D�nemark, Italien, Polen, Portugalund Slowenien, dort jeweils unter enger gefassten Vorausset-zungen. Die Weiterungen auf Nutzungseinlagen etc. sindnicht bekannt (vgl. etwa §§ 1, 3, 15 des �sterreichischen Ei-genkapitalersatz-Gesetzes). Hierzu van Hulle/Gesell, Euro-pean Corporate Law, 2006, bei den jeweiligen L�nderberich-ten. Zu Italien jetzt auch Barth, Die Reform des Rechts deritalienischen GmbH, MittBayNot, 2006, 1 (5, 6). F�r dasRecht der kapitalersetzenden Nutzungs�berlassung kon-zediert dies auch Haas (Fn.10), S. E 70-E 72, der aber mitTeilen des �brigen deutschen Schrifttums neben den g�nzlichanders gearteten Voraussetzungen auch den beschr�nktenAnwendungsbereich der equitable subordination aufgrundder geringen Zahl von Gerichtsentscheidungen („cases“)�bersieht (Haas [Fn.10], S. E 65 und Fn. 316).

93 Zu Recht weist auch Haas (Fn.10), S. E 13-14 auf die Gren-zen sinnvollen Gl�ubigerschutzes hin.

94 Zur statt dessen gef�hrten Diskussion um „Finanzierungsfol-genverantwortung“ des Gesellschafters Haas (Fn.10), S. E57-58 m.w.N.

95 Kraakman/Hansmann in Kraakman/Davies/Hansmann/Her-tig/Hopt/Kanda, The Anatomy of Corporate Law, 2004,S. 1 ff., 21 ff. und bes. 215: „By necessity, corporate law in

every jurisdiction must deal with three generic agency pro-blems: the opportunism of managers vis-�-vis shareholders;the opportunism of controlling shareholders vis-�-vis minori-ty shareholders; and the opportunism of the firm itself vis-�-vis other corporate constituencies, such as corporate credi-tors and employees.“

96 Denkbar ist neben deliktsrechtlichen Ans�tzen etwa die r�-misch rechtliche actio de in rem verso, deren Reste sich in§ 822 BGB wieder finden. Zur Versionsklage Windscheid,Lehrbuch des Pandektenrechts, 4.Aufl. 1875, § 483 sowieUlp. D. 17, 3, 1, 1; Iav. D. 17, 3, 2. In ihrer urspr�nglichenForm handelt es sich um die Klage des Vertragspartners, dermit dem einem Sklaven �berlassenen Sonderverm�gen (pe-culium) kontrahiert hat, wenn der Sklave mit dem hieraus Er-langten seinen Herrn bereichert hat, so dass die Klage in dasSonderverm�gen (actio de peculio) mangels Haftungsmasseins Leere geht. Auch die B�rgschaft mit dem peculium f�rden Gewalthaber (vgl. etwa heute die up-stream-Finanzie-rung) begr�ndet die Versionsklage, Ulp. D. 17, 3, 10pr. ZurEntreicherung bei darlehensweiser R�ckgew�hr des Erlang-ten an das Sonderverm�gen (heute etwa das cash-pooling)siehe Ulp. D. 17, 3, 10, 8. Zu den weiteren Entwicklungen R.Zimmermann, The Law of Obligations, 1990, S. 878-884.

97 Abrufbar unter www.gmbhr.de/volltext.htm.

1 Kritisch bereits zur 2005 isoliert geplanten Reduzierung i.R.d.MindestKapG Heckschen in Heckschen/Heidinger, Die GmbHin der Gestaltungspraxis, 2005, § 14 Rz. 3ff.

HeckschenNotBZ 11/2006 381MoMiG

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Als Anpassung an die Praxiserfordernisse wird die be-absichtigte Senkung der Mindeststammkapitalzifferteilweise begr�ßt.2 Die Mehrzahl der Neugr�ndungensind n�mlich nicht mehr Produktionsunternehmen, son-dern Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor (�ber85%), die unter Umst�nden mit relativ geringem Start-kapital gegr�ndet werden k�nnten.3

Ob sich allerdings derjenige, der kein Mindestkapitalbraucht oder jedenfalls meint, keines zu brauchen, durchdie Herabsetzung des Betrags wirklich dazu animierenl�sst, nun die GmbH zu w�hlen statt die Ltd., ist zweifel-haft.4 Die Erfahrung des franz�sischen Gesetzgebers mitder Ein-Euro-S.A.R.L. sollte aber gezeigt haben, dass diefaktische Abschaffung des Mindestkapitals5 auch dasAnsehen einer Rechtsform weiter schw�chen kann undnicht zwingend zu einem erhofften Boom an Unterneh-mensgr�ndungen f�hren muss.6 Es ist weiter stark zu be-zweifeln, dass jedwede seri�s betriebene unternehmeri-sche Aktivit�t ohne einen Kapitalstock von mindestens12.500 . Aussicht auf Erfolg hat. Auch der Dienstleisterbraucht ein Minimum an Betriebsmitteln, die er entwederanschaffen muss oder im Fall des Leasings mit Kapital zubesichern hat. Es ist bei einer Aufgabe/Reduzierung desMindestkapitalsystems mit einer erh�hten Zahl an unter-kapitalisierten GmbHs zu rechnen.7

Im Ergebnis ist nicht nur der Forderung nach Abschaf-fung des Mindestkapitals, sondern sogar der Forderungnach einer Herabsetzung �berhaupt, eine Absage zu ertei-len.8 Ohne Aufbringung eines nennenswerten Mindest-kapitals geht vielen Gesellschaften bereits in der risiko-tr�chtigen Startphase die Liquidit�t aus, da es an einemVerlustpuffer fehlt.9 Im Interesse einer gewissen Seriosi-

t�tsschwelle sollte Gesetzgeber zumindest darauf achten,dass der Gr�nder bei Bargr�ndungen die 10.000 . volleinzahlt bzw. die volle Einzahlung dieses Betrages ver-sichert.10 Im Ergebnis wird die Herabsetzung des Stamm-kapitals allenfalls kontraproduktiv wirken.11

Die Forderung12 nach einer Abschaffung der notariellenBeurkundung der Gr�ndung oder nach der Einf�hrungsog. „Mustersatzungen“13 greift der Gesetzgeber zuRecht nicht auf. Die Kostenbelastung von maximal421 .14 ist nicht nur geringf�gig, ihr steht vielmehr einKostenvorteil f�r fast alle betroffenen Unternehmer ent-gegen. Die ansonsten erforderliche Beratung der weit�berwiegend ohne eigene Rechtsabteilung t�tigen Un-ternehmen zu Fragen der Firmierung, des Unterneh-mensgegenstandes, der Gesch�ftsf�hrungsregelung etc.l�st sicherlich weit h�here Belastungen aus.

b) Bestimmbarkeit der Stammeinlage

Jeder Gesch�ftsanteil muss k�nftig nur noch auf einenBetrag von mindestens einem Euro lauten. �berwie-gend wird dies als ein Schritt in die richtige Richtungerachtet.15 Durch die neue Regelung k�nnen die Betei-ligungsverh�ltnisse bei der Gr�ndung, bei der Anteils-�bertragung und im Erbfall besser an die Bed�rfnisseder Gesellschafter bzw. an die jeweiligen Erbteile ange-passt werden.16

Zuk�nftig gew�hrt auch jeder Euro eines Gesch�fts-anteils eine Stimme, §47 Abs.2 GmbHG-E. Das Be-rechnen der Stimmanteile der einzelnen Gesellschafterwird einfacher und l�uft v�llig parallel zur Anteilsst�-ckelung.17 Die Herabsenkung des f�r das Stimmrecht

2 Breitenstein/Meyding, BB 2006, 1457 (1458).3 Vgl. Begr. RefE S. 38. Der Deutsche Notarverein (Schreiben

v. 22.9.2006, S. 8) ist der Ansicht, dass diesem Umstand be-reits durch die inflationsbedingte faktische Halbierung desMindestkapitals von 1981 Rechnung getragen wurde. Unter-nehmen mit h�herem Kapitalbedarf werden auch in Zukunftgut beraten sein, schon – wie bisher – bei der Gr�ndung einh�heres Kapital zu zeichnen.

4 R�mermann, GmbHR 2006, 673 (675). Krit. zur Absenkungdes Mindestkapitals auch Priester in Die GmbH-Reform inder Diskussion, 2006, S. 1 (5 ff.). Den entscheidenden Vorteilder Ltd. sehen Breitenstein/Meyding, BB 2006, 1457 (1458)im g�nzlichen Fehlen von Kapitalerfordernissen.

5 So die Forderungen von Triebel/Otte, ZIP 2006, 1321 (1322).6 So Breitenstein/Meyding, BB 2006, 1457 (1462), die zu-

gleich den Kosten- und Zeitvorteil im Hinblick auf das Erfor-dernis der Errichtung einer Zweigniederlassung relativieren.

7 Entwurf der Stellungnahme der Bundesnotarkammer, Az.: ap– T II 32, S. 4; auch R�mermann, GmbHR 2006, 673 (675)geht davon aus, dass die Haftungsfigur „pers�nliche Haftungder Gesellschafter unter dem Gesichtspunkt sog. materiellerUnterkapitalisierung“ an Bedeutung gewinnen k�nnte; vgl.hierzu auch Bohrmann, GmbHR 2006, 1021 (1023).

8 Entwurf der Stellungnahme der Notarkammer Sachsen vom20.6.2005 gegen�ber dem S�chsischen Staatsministerium derJustiz, Az.: 6F07-TB32. Entscheidend stellte die Notarkammerauf eine Analyse der Creditreform ab, in deren Rahmen ca.100000 GmbHs auf ihre Zahlungsweise hin untersucht wurden;so auch Priester in Die GmbH-Reform in der Diskussion, 2006,S.1 (8) mit alternativen Vorschl�gen. So hat sich auch der 66.Deutsche Juristentag 2006 in Stuttgart mit �berw�ltigenderMehrheit entschieden, vgl. DB Heft 39, S.XXX und Noske,

ZRP 2006, 232 (234); zu Vor- und Nachteilen der Herabsetzungvgl. auch Leuering, ZRP 2006, 201 (203).

9 Entwurf der Stellungnahme der Bundesnotarkammer, Az.: ap– T II 32, S. 3; vgl. auch Fastrich, DStR 2006, 656 (657), derden Eigenkapitalmangel neben anderen Ursachen als Erkl�-rung f�r die „Kindersterblichkeit“ der GmbH nennt.

10 BDI, Diskussionspapier, abrufbar unter http://www.bdi-on-line.de/Dokumente/Anl2RV96-06_DiskPapierBDI_GmbH-Reform_90606.DOC, S. 20; in diese Richtung auch Bohr-mann, GmbHR 2006, 1021 (1024).

11 Bohrmann, GmbHR 2006, 1021 (1022) bef�rchtet, dass ins-bes. Kreditgeber �ber das bisherige Maß hinaus Sicherheitenvon den Gesellschaftern verlangen werden.

12 Vorschl�ge zur Reform des GmbH-Gesetzes, Hengeler/Muel-ler f�r den BDI, Feb. 2006, 1 (13), abzurufen unter:www.bdi-online.de; Gehb/Drange/Heckelmann, NZG 2006,88 (91), f�r eine UGG.

13 Teichmann, NJW 2006, 2444 (2449); Vorschl�ge zur Reformdes GmbH-Gesetzes, Hengeler/Mueller f�r den BDI, Feb.2006, 1 (13), abzurufen unter: www.bdi-online.de; Gehb/Drange/Heckelmann, NZG 2006, 88 (91) f�r eine UGG.

14 F�r eine GmbH mit einem Stammkapital von 25.000 .; vgl.hierzu notar 2006, 58 (59).

15 Triebel/Otte, ZIP 2006, 1321 (1322); so auch Seibert, ZIP2006, 1157 (1159) und Entwurf der Stellungnahme der Bun-desnotarkammer, Az.: ap – T II 32, S. 9; Flesner, NZG 2006,641 (642).

16 Begr. RefE S. 38.17 Seibert, ZIP 2006, 1157 (1159); Flesner, NZG 2006, 641

(642) geht davon aus, dass zuk�nftig Fehlerquellen bei derTeilung und �bertragung von Gesch�ftsanteilen und die da-mit verbundenen Nichtigkeitsfolgen vermieden werden.

Heckschen382 NotBZ 11/2006MoMiG

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maßgeblichen Nennbetrages verhindert, dass Stimmenbei Teilung „verloren“ gehen.18 F�r w�nschenswertwird jedoch eine terminologische Bereinigung, die mitder schwer verst�ndlichen und k�nftig auch �berfl�ssi-gen Unterscheidung von Stammeinlage und Gesch�fts-anteil aufr�umt, erachtet.19 Allerdings d�rfte eine der-artig aufgesplittete Anteilseignerstruktur den Bera-tungsbedarf eher steigern denn minimieren.20 Die Be-teiligten verlieren heute schon sehr leicht die �bersicht�ber die Beteiligungsverh�ltnisse.

c) �bertragung von Gesch�ftsanteilen

Die �bertragung von Gesch�ftsanteilen wird erleichtert.So soll das Verbot, bei der Errichtung der Gesellschaftmehrere Gesch�ftsanteile zu �bernehmen, aufgehobenwerden.21 Das Erfordernis der notariellen Beurkundungnach §15 Abs.3 GmbHG bleibt.22

Die kleinere St�ckelung und die flexiblere �bertragungwerden daher keinen Einfluss auf die Fungibilisierungs-debatte haben.23 Angesichts der ganz �berwiegend sehrgeringen Kosten (zumeist unter 400 .) f�r die großeMehrzahl der Anteils�bertragungen24 und der durch dieBeurkundung gew�hrleisteten Rechtssicherheit25 undBeweissicherung f�r die Gesellschaft, die Gesellschaf-ter und auch die Gl�ubiger ist das Bestehenbleiben desFormerfordernisses zu begr�ßen, wenn auch einige26

die Streichung des Formerfordernisses fordern.27

Die Praxis zeigt, dass die �berwiegende Zahl der An-teils�bertragungen von Gesellschaften vollzogen wird,die der juristischen Beratung bed�rfen.28 Insbesondereist der Schutz des Anteilserwerbers k�nftig aufgrundder Erleichterungen bei der Anteilsst�ckelung nochmehr als bisher durch die Beurkundung des Ver�uße-rungsvertrags und die damit verbundene Belehrung zurealisieren.29 Davon, dass der Zweck des Gesetzgebers,den leichteren Handel mit Gesch�ftsanteilen zu er-schweren, im internationalen Vergleich30 historisch�berholt sei31, kann nicht gesprochen werden. Vielmehrerh�lt das deutsche Recht sogar einen Wettbewerbsvor-teil gegen�ber anderen Rechtsordnungen.32 So sei dergutgl�ubige Erwerb von Gesch�ftsanteilen eng ver-kn�pft mit der Beurkundungsbed�rftigkeit von GmbH-Anteils�bertragungen. Der �bertragungsvorgang werdein einer �ffentlichen Urkunde klar und beweiskr�ftigfestgehalten. Die vom Notar auf der Grundlage des�bertragungsvorgangs gefertigte Gesellschafterliste istim Handelsregister – ab dem 1.1.2007 auch online –einsehbar. In England dagegen sind die Beteiligungs-verh�ltnisse nur durch Nachfrage bei der Gesellschaft,die eine nicht mit einer vergleichbaren Richtigkeits-gew�hr ausgestattete Liste f�hrt, ermittelbar. Im Ergeb-nis w�rde die Streichung des Beurkundungserfordernis-ses zu Rechtsunsicherheit und ganz �berwiegend zu er-h�hten Transaktionskosten durch die Einschaltung an-derweitiger Berater f�hren.

Das Verbot, mehrere Teile von Gesch�ftsanteilengleichzeitig an denselben Erwerber zu �bertragen, sollfallen, §17 Abs.4 GmbHG-E. Da Stammeinlagen k�nf-tig auf einen beliebigen vollen Euro-Betrag lauten k�n-nen, die Gesellschafter mehrere Stammeinlagen �ber-nehmen k�nnen und auf die Teilbarkeit durch f�nfzigverzichtet wird33, ist es konsequent, die �bertragungmehrerer Teile von Gesch�ftsanteilen an denselben Er-werber zuzulassen.

Die Beibehaltung des Verbots der Vorratsteilung ist an-gesichts der Aufgabe des Prinzips der Einheitlichkeitder Gr�ndungsbeteiligung nicht konsequent. Insbeson-dere f�r Alt-GmbHs, die die St�ckelung ihrer Anteile�ndern wollen, kann dies von Bedeutung sein.34 Vor al-lem aber bei der Verpf�ndung des Anteils zu Siche-rungszwecken an Kreditinstitute erweist sich das Verbotder Vorratsteilung als �ußerst hinderlich und kostentrei-bend, da hier Hin- und Her�bertragungen vorzunehmensind.

18 Mohr, GmbH-StB 2006, 206 (207).19 Letztgenannter Begriff k�nnte nach Noack, DB 2006, 1475

(1477) durchg�ngig verwendet werden; dem widersprechendBohrmann, GmbHR 2006, 1021 (1024).

20 Durch die Beibehaltung des Formerfordernisses ist der quali-fizierte Rechtsrat sichergestellt, Deutscher Notarverein, Schr.v. 22.9.2006, S. 10, der allerdings eine Nummerierung derGesch�ftsanteile �hnlich wie bei § 67 Abs. 1 AktG vor-schl�gt.

21 Was bereits bisher unmittelbar nach der Eintragung der Ge-sellschaft in das Handelsregister gem. § 15 Abs. 2 m�glichist, soll nun auch schon in der Gr�ndungsphase m�glich sein.

22 Vgl. Begr. RefE S. 39.23 Seibert, ZIP 2006, 1157 (1159); R�mermann, GmbHR 2006,

673 (676).24 Vgl. Ergebnis der Befragung aller deutschen Notare in

Schreiben Deutscher Notarverein v. 22.9.2006, S.24.25 Ausf�hrlich zur Warnfunktion Z�llner in Die GmbH in der

Diskussion, 2006, 175 (176 ff.); zu den Kosten vgl. notar2006, 53ff.

26 BDI, Diskussionspapier, Fn. 9, S. 6 f.; Triebel/Otte, ZIP 2006,1321 (1325).

27 F�r eine dispositve Ausgestaltung des Formerfordernissesund der �bernahme von § 23 Abs. 3 Nr. 4 AktG spricht sichdie Centrale f�r GmbH Dr. Otto Schmidt, GmbHR 2006, 978(979) aus.

28 Diese besondere Beratungs- und Warnfunktion der notariel-len Beurkundung sieht der BDI, Diskussionspapier (Fn. 9),S. 7, nicht, da er offensichtlich den Ausnahmefall von Unter-nehmen mit eigener Rechtsabteilung vor Augen hat. DemBDI geht es nach eigener Aussage um einen „Kleinkrieg“ ge-gen die Notarkammern (so dessen Rechtsausschussvorsitzen-der E. S�nner, FAZ v. 24.10.2006, S. 14). Der Sinn undZweck dieses „Krieges“ bleibt und wird nicht nachvollzieh-bar. Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung wenden ohne-hin nur 107 . f�r die Gr�ndung beim Notar auf.

29 Entwurf der Stellungnahme der Bundesnotarkammer, Az.: ap– T II 32, S. 11.

30 Zum Formerfordernis in Vergleich mit ausl�ndischen Rechts-ordnungen ausf�hrlich Behrens in Die GmbH in der Diskus-sion, 2006, 195 ff.

31 So aber Triebel/Otte, ZIP 2006, 1321 (1325).32 Entwurf der Stellungnahme der Bundesnotarkammer, Az.: ap

– T II 32, S. 17.33 Zu den praktischen Folgen dieser �nderungen vgl. ausf�hr-

lich Bohrmann, GmbHR 2006, 1021 (1023).34 Vgl. hierzu Entwurf der Stellungnahme der Bundesnotar-

kammer, Az.: ap – T II 32, S. 11.

HeckschenNotBZ 11/2006 383MoMiG

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2. Beschleunigung der Registereintragung

a) Wegfall der Vorlage staatlicher Genehmigungen alsEintragungsvoraussetzung

Um die Handelsregistereintragung von Gesellschaftenzu erleichtern, deren Unternehmensgegenstand geneh-migungspflichtig ist (z.B. Handwerks- und Restaurant-betriebe oder Bautr�ger), wird das Eintragungsverfah-ren von der verwaltungsrechtlichen Genehmigung abge-koppelt. Zuk�nftig soll anstelle der Genehmigung dieVersicherung gen�gen, dass die Genehmigung bei derzust�ndigen Stelle beantragt worden ist. Wird die Ertei-lung der Genehmigung jedoch nicht innerhalb von dreiMonaten bzw. einer vom Registergericht gesetzten an-derweitigen Frist nach der Eintragung beim Registerge-richt nachgewiesen, ist die Gesellschaft nach dem inso-fern ge�nderten §60 Abs.1 Nr.7 GmbHG-E von Amtswegen zu l�schen.

Die Neuregelung ist zumindest insofern vorteilhaft, alszuk�nftig nicht mehr gewartet werden muss, bis diestaatliche Genehmigung erteilt ist, so dass nunmehrnicht mehr der „Langsamste“ das Tempo f�r das Eintra-gungsverfahren bestimmt.35

Mehrheitlich besteht jedoch zu Recht die Forderung nacheiner kompletten und ersatzlosen Streichung von §8Abs.1 Nr.6 GmbHG.36 Die Neuregelung schafft keineechte Trennung zwischen Handels- und Gewerberecht.37

Eine Beschleunigung des Gr�ndungsverfahrens ist kei-neswegs gew�hrleistet. Vielmehr besteht die Gefahr, dassauch bei solchen Gesellschaften, die �berhaupt keine ge-nehmigungsbed�rftige T�tigkeit aus�ben, Verz�gerun-gen auftreten. Denn die Registergerichte verlangen nichtselten entsprechende Negativbescheinigungen von denzust�ndigen Stellen. Hinzu kommt, dass die geplanteNeuregelung auch nicht zur Entlastung der Justiz bei-tr�gt. Das Registergericht wird vielmehr mit neuen Kon-troll- und �berwachungsaufgaben belastet. Die Einhal-tung der gewerbe- und handwerksrechtlichen Vorschrif-ten sollte ausschließlich durch die daf�r zust�ndigen Ver-waltungsbeh�rden erfolgen. Das Handelsregister solltenicht die Funktion der Gewerbeaufsicht �bernehmen.Man mag es dem Handelsregister oder dem Notar auf-erlegen, die Gewerbeaufsicht von Gr�ndungen/Satzungs-�nderungen zu informieren, wenn genehmigungspflichti-ge Unternehmensgegenst�nde begr�ndet wurden.38

Im �brigen passt der Zuschnitt auf den in §60 Abs.1Nr.7 GmbHG geregelten Fall der Verm�genslosigkeitnicht.39 Bei den GmbHs, die das Schicksal der Zwangs-l�schung wegen Nichtvorlage des Nachweises der Ge-nehmigung erleiden, besteht ein Bed�rfnis f�r dieDurchf�hrung eines Liquidationsverfahrens, da es sichdurchweg um aktive Gesellschaften handeln wird.

b) Verzicht auf Sicherheiten bei der Einmann-GmbH

Bei Ein-Personen-GmbHs wird k�nftig auf die nachAuskunft der Praxis entbehrliche Stellung besondererSicherheiten verzichtet. Die Streichung der §§7 Abs.2S.3, 19 Abs.4 GmbHG ist vern�nftig, da in der Praxisdie bloße Existenz eines weiteren Gesellschafters, �berdessen Solvenz das Registergericht nichts erf�hrt, schon

bisher keine besondere Sicherheit f�r die Einzahlungdes restlichen Stammkapitals bot.40 Die Problematikstellt sich dann ohnehin nicht, wenn von vornherein dieVolleinzahlung des Stammkapitals gefordert wird.

c) Verzicht auf Kostenvorschuss

Zu Recht wird gefordert, dass bei der Ersteintragungkein Kostenvorschuss mehr verlangt werden darf. Diegeringf�gigen Eintragungskosten rechtfertigen die er-hebliche zeitliche Verz�gerung des Gr�ndungsvorgangsnicht. Zumindest sollte ausdr�cklich festgelegt werden,dass ein Kostenvorschuss nur in begr�ndeten Einzelf�l-len (z.B. bei offen stehenden Forderungen gegen die be-troffenen Gesellschafter/Gr�nder) verlangt werden darf.

II. Erh�hung der Attraktivit�t der GmbH alsRechtsform

1. Verlegung des Verwaltungssitzes ins Ausland

Durch Aufhebung von §4a Abs.2 GmbHG soll es deut-schen Gesellschaften zuk�nftig erm�glicht werden, ei-nen Verwaltungssitz zu w�hlen, der nicht notwendigmit dem Satzungssitz �bereinstimmt. Dieser Verwal-tungssitz kann auch im Ausland liegen.41

Die Gesetzes�nderung schafft damit gleiche Ausgangs-bedingungen gegen�ber vergleichbaren Auslandsgesell-schaften42, was angesichts der EuGH-Rechtsprechung43

auch dringend geboten ist.44 Zu bedenken ist aber, dass

35 Breitenstein/Meyding, BB 2006, 1457 (1458).36 Entwurf der Stellungnahme der Notarkammer Sachsen, Az.:

2F07-TB32, S.3 f.; Breitenstein/Meyding, BB 2006, 1457(1458); Triebel/Otte, ZIP 2006, 1321 (1322); Wachter,GmbHR 2006, 793 (795); vgl. auch Wachter in Die GmbH inder Diskussion, 2006, 55 (73 ff.).

37 Ausf�hrlich hierzu Wachter, GmbHR 2006, 793 (795); Ent-wurf der Stellungnahme der Notarkammer Sachsen, Az.:2F07-TB32, S. 3.

38 Entwurf der Stellungnahme der Notarkammer Sachsen, Az.:2F07-TB32, S. 4.

39 Entwurf der Stellungnahme der Bundesnotarkammer, Az.: ap– T II 32, S.6; Schreiben Deutscher Notarverein v. 22.9.2006, S. 18.

40 R�mermann, GmbHR 2006, 673 (675). Der Gedanke, dasszwei Gr�nder stets zuverl�ssiger f�r die ausstehenden Ein-lagen haften als einer, h�lt Seibert, ZIP 2006, 1157 (1164)ohnehin f�r eine archaisch anmutende Z�hlung nach K�pfen.Warum das Kapitalaufbringungsrisiko bei einer Einpersonen-Gr�ndung gr�ßer sein soll als bei einer Mehrpersonen-Gr�n-dung, leuchtet auch der Centrale f�r GmbH Dr. Otto Schmidt,GmbHR 2006, 978 (979 f.) nicht ein.

41 Im Einklang mit dem BDI, Fn. 9, S. 18 h�lt es Wulfetange,BB-Special 7/2006, 19 (21) f�r w�nschenswert, auch dieVerlegung des Satzungssitzes ins Ausland gesetzlich zu er-m�glichen; allgemein zur grenz�berschreitenden Sitzver-legung nach derzeitigem Recht vgl. Ulmer in Ulmer/Haber-sack/Winter, GmbHG, 2005, § 4a Rz. 8.

42 Vgl. Begr. RefE S. 37.43 EuGH v. 9.3.1999 – Rs. C-212/97 (Centros), v. 5.11.2002 –

Rs. C-208/00 (�berseering), v. 30.9.2003 – Rs. C-167/01 (In-spire Art); vgl. dazu Heckschen in Heckschen/Heidinger, DieGmbH in der Gestaltungspraxis, 2005, § 12 Rz. 12 ff. sowieHeckschen in Widmann/Mayer, UmwR, § 1 Rz. 163 ff.

44 Triebel/Otte, ZIP 2006, 1321 (1326).

Heckschen384 NotBZ 11/2006MoMiG

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die hier zu Lande registrierte GmbH zwar in den EU-/EWR-45 Staaten aufgrund Art.43, 48 EGV Anerken-nung findet. Auch in Partnerstaaten, mit denen Staats-vertr�ge46 existieren, die die gegenseitige Anerkennungregeln, kann die inl�ndische GmbH t�tig werden. Obdie GmbH allerdings in Drittstaaten Anerkennung fin-den wird, ist abh�ngig von deren internationalem Pri-vatrecht. Folgt der Drittsaat nicht der Gr�ndungstheorie,sondern der Sitztheorie, so ist die Akzeptanz unsererKapitalgesellschaft, deren Betrieb und Verwaltung indiesem Staat liegt, sehr fraglich.47

2. Mehr Transparenz und gutgl�ubiger Erwerb beiGesellschaftsanteilen

a) Gesellschafterliste als Ankn�pfungspunkt

K�nftig soll – durch eine �nderung des §16 GmbHG48

– im Verh�ltnis zur GmbH nur derjenige als Gesell-schafter gelten, der in der zum Handelsregister einge-reichten Gesellschafterliste eingetragen ist. Dabei ist zuber�cksichtigen, dass dem allgemeinen Anliegen,Transparenz �ber die Anteilseignerstrukturen derGmbH zu schaffen49, schon dadurch eine Grenze ge-

setzt wird, dass Treuhandverh�ltnisse weiterhin m�glichsind. Derjenige, der in die Liste eingetragen ist, ist alsozwar immer formeller Inhaber des Anteils, aber hinterihm kann durchaus wirtschaftlich ein Treugeber stehen,der Weisungen erteilt.50

Die Wirksamkeit der �bertragung ist – abgesehen vomneu zu regelnden Fall des gutgl�ubigen Erwerbs – aberauch weiterhin unabh�ngig von der Eintragung in die Ge-sellschafterliste. Dass dem Neugesellschafter jedochohne die Eintragung die Aus�bung seiner Mitglied-schaftsrechte verwehrt bleibt, wird f�r wenig praktikabelerachtet.51 Bei der Ver�ußerung von Gesch�ftsanteilen istn�mlich vielfach gewollt, dass der in die Gesellschaft ein-tretende Gesellschafter ohne Mitwirkung des Ver�ußerersan einer direkt im Anschluss an die Ver�ußerung stattfin-denden Gesellschafterversammlung52 mitwirkt.

b) Gutgl�ubiger Erwerb von Gesch�ftsanteilen

Die Gesellschafterliste dient nach dem neuen §16Abs.3 GmbHG-E als Ankn�pfungspunkt f�r einen gut-gl�ubigen Erwerb von Gesch�ftsanteilen und erm�g-licht diesen damit.53 Wer einen Gesch�ftsanteil erwirbt,soll k�nftig darauf vertrauen d�rfen, dass die in der Ge-sellschafterliste verzeichnete Person auch wirklich Ge-sellschafter ist.54

Die Probleme des Erwerbers eines GmbH-Gesch�fts-anteils sind damit zwar minimiert, aber nicht ausgeschal-tet. Schutzlos steht der Erwerber nach wie vor dann,wenn innerhalb der letzten drei Jahre eine Zwischen�ber-tragung erfolgte, dies insbesondere dann, wenn dies voreinem ausl�ndischen Notar protokolliert wurde, den nichtdie Pflicht zur Einreichung einer aktualisierten Gesell-schafterliste nach §40 Abs.2 GmbHG trifft.55 Auch kannman sich nicht darauf verlassen, dass der Gesch�ftsanteilnicht belastet ist, denn die Gesellschafterliste weist keineVerpf�ndung, etc. aus.56

Um Auslegungsschwierigkeiten bei der Anwendungdes §16 Abs.3 GmbHG-E zu verhindern, sollte auchdie Gesetzesbegr�ndung – die insoweit gegen�ber demWortlaut verk�rzt ist – verdeutlichen, dass ein gutgl�u-biger Erwerb auch bei nicht vorhandener, verlautbarterExistenz greift.57

F�r eine noch weitergehende Ausgestaltung des gut-gl�ubigen Erwerbs sollte die Drei-Jahres-Frist als Vo-raussetzung f�r den gutgl�ubigen Erwerb deutlich ver-k�rzt werden (6 Monate/12 Monate). Eine derartige Er-setzung der Legitimationsbasis verhindert nach dieserAnsicht die schnelle �bertragbarkeit der Anteile undwird zum Schutz der wahren Berechtigten nicht f�r er-forderlich gehalten.58 Will man die Drei-Jahres-Fristbeibehalten, so k�nnte der gutgl�ubige Erwerb nach ei-ner weiteren Ansicht zumindest dadurch vereinfachtund klarer geregelt werden, als die Ankn�pfung desDrei-Jahres-Zeitraums nicht an den Zeitpunkt der Un-richtigkeit der Eintragung, sondern an den Zeitpunktder Eintragung erfolgen sollte.59

c) Bescheinigung des Notars

Durch die vorgesehene Neufassung des §40 Abs.1Satz2 GmbH soll nun der Notar verst�rkt in die Aktua-

45 Die EuGH-Rechtsprechung gilt auch im Verh�ltnis zu EWR-Staaten, vgl. OLG Frankfurt/M. v. 28.5.2003 – 23 U 35/02,IPRax 2004, 56.

46 Nach Art. XXXV des deutsch-amerikanischen Freund-schafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrages vom 29.10.1945(BGBl. II 1956, 487 f.) gelten Gesellschaften, die gem�ß denGesetzen und sonstigen Vorschriften des einen Vertragsteilsin dessen Gebiet errichtet sind, als Gesellschaft dieses Ver-tragsteils und werden im Gebiet des anderen Vertragsteilsanerkannt; vgl. hierzu auch Bungert, DB 2003, 1043 ff.

47 Noack, DB 2006, 1475 (1479); ein Vorschlag zur Neuformu-lierung statt der Aufhebung von § 4a Abs. 2 findet sich in derStellungnahme der Centrale f�r GmbH Dr. Otto Schmidt,GmbHR 2006, 978 (979).

48 Angelehnt an das Regelungsmuster des § 67 Abs. 2 AktG.49 Vgl. Begr. RefE S. 48.50 R�mermann, GmbHR 2006, 673 (676).51 Die Notarkammer Sachsen (Entwurf der Stellungnahme,

Az.: 2F07-TB32, S. 5) schl�gt deshalb vor, in § 16 Abs. 1Satz 1 die Worte „zum Handelsregister eingereicht“ zu strei-chen.

52 Z.B. um eine Satzungs�nderung vorzunehmen oder einenGesch�ftsf�hrer neu zu bestellen oder abzuberufen, vgl.Schreiben Deutscher Notarverein v. 22.9.2006, S.23.

53 Nach Ansicht von Ziemons, BB-Special 7/2006, 9 (12) sollteder Gesetzgeber besser auf Bew�hrtes zur�ckgreifen. Zie-mons schl�gt zum gutgl�ubigen Erwerb deshalb die Verbrie-fung der Gesch�ftsanteile und Verf�gungen nach (leicht mo-difizierten) wertpapierrechtlichen Grunds�tzen vor.

54 Vgl. Begr. RefE S. 50.55 Breitenstein/Meyding, BB 2006, 1457 (1460).56 Noack, DB 2006, 1475 (1478); Rau, DStR 2006, 1892 (1899)

pl�diert deshalb daf�r, dass die vom Notar beim Handels-register einzureichende Gesellschafterliste auch Angaben zuBelastungen des Gesch�ftsanteils enthalten soll.

57 Vgl. Entwurf der Stellungnahme der Bundesnotarkammer,Az.: ap – T II 32, S. 14.

58 Triebel/Otte, ZIP 2006, 1321 (1326); Schockenhoff/H�der,ZIP 2006, 1841 (1844f.); auch Rau, DStR 2006, 1892 (1897)�bt Kritik an der Drei-Jahres-Frist.

59 M�ller, GmbHR 2006, 953 (957 f.) mit einem entsprechen-den Formulierungsvorschlag zu § 16 Abs. 3 GmbHG.

HeckschenNotBZ 11/2006 385MoMiG

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lisierung der Gesellschafterliste einbezogen werden.Die nach §40 Abs.1 Satz3 GmbHG-E vorgesehene Be-scheinigung des Notars60 erh�ht zus�tzlich die Richtig-keitsgew�hr, welche neben der mehrj�hrigen Wider-spruchsm�glichkeit den gutgl�ubigen Erwerb rechtfer-tigt.

Der vom Referentenentwurf eingeschlagene Weg wirdteilweise f�r zu kompliziert erachtet.61 Eine Verein-fachung k�nnte dadurch erreicht werden, dass die Ein-reichung der Gesellschafterliste beim Registergerichtzur Wirksamkeitsvoraussetzung f�r den Anteilserwerbgemacht wird.62 Auf diese Weise w�re eine volle Trans-parenz des jeweiligen Gesellschafterbestandes gew�hr-leistet.63

Andererseits werden die vorgesehenen Regelungen aus-dr�cklich begr�ßt.64 Als Verbesserung ist zu fordern:Eine notariell erstellte Gesellschafterliste sollte auch inF�llen der Gesamtrechtsnachfolge zwingend vorgese-hen werden. Die Einreichung der Gesellschafterlistesollte – etwa bei Erbfolge oder sonstiger Gesamtrechts-nachfolge65 – nicht allein Aufgabe der Gesch�ftsf�hrerbleiben. Eine Konzentration der Einreichung jeglicherneuer Gesellschafterlisten �ber den Notar sollte in Er-w�gung gezogen werden. Auf diese Weise w�rde in derMehrzahl der Fallkonstellationen ein Nebeneinandervermieden. Soweit die �nderung im Gesellschafter-bestand nicht aufgrund einer notariellen Urkunde er-folgt (Gesamtrechtsnachfolge, Einziehung etc.), w�rdenicht nur eine Konzentration auf eine Stelle f�r alle Ein-reichungen bewirkt. Auf entsprechende Nachfrage wirdder Notar auch „Fehlmeldungen“ entgegenwirken.

Hinzu kommen sollte zudem eine Klarstellung dahin-gehend erfolgen, dass eine Pflicht des Notars zur Ein-reichung der Gesellschafterliste unabh�ngig davon be-steht, ob vorher eine Best�tigung hinsichtlich der Rich-tigkeit der Liste von den Gesch�ftsf�hrern eingeholtworden ist.66 W�rde dann auch noch klargestellt wer-den, dass in s�mtlichen F�llen der Mitwirkung des No-tars der Gesch�ftsf�hrer alternativ keine Liste einrei-chen kann67, w�re durch eine genaue Abgrenzung derVerantwortungsbereiche die Rechtssicherheit erh�ht.68

Die Einreichungspflicht sollte bereits dann bestehen,wenn die Anteils�bertragung wirksam geworden ist69,und zwar unbeschadet des m�glichen sp�teren Eintrittsaufl�sender Bedingungen oder der Ausl�sung vonR�ck�bertragungsrechten. Zugleich m�sse klargestelltwerden, dass sein Pflichtenkreis mit Einreichung derListe zum Handelsregister endet.70

3. Sicherung des Cash-Pooling

Die Erg�nzung des §30 Abs.1 GmbHG durch einenzweiten Satz soll das bei der Konzernfinanzierung inter-national gebr�uchliche Cash-Pooling71 sichern und aufeine verl�ssliche Rechtsgrundlage stellen.72

Dieses Vorhaben mag f�r den Bereich des §30GmbHG, also f�r die Kapitalerhaltung, im Grundsatzgewisse Sympathien ausl�sen. Zu bedenken73 ist je-doch, dass noch nicht viel gewonnen ist, selbst wennVorkehrungen getroffen wurden, um eine Bonit�tsver-schlechterung zuverl�ssig und rechtzeitig zu erkennen,

und der Kredit kurzfristig k�ndbar ist. Gerade dannn�mlich, wenn eine Bonit�tsverschlechterung eintritt,wird das herrschende Unternehmen oft nicht bereit sein,den Kredit zur�ckzuf�hren, und entsprechenden Druckauf die Gesch�ftsf�hrer bzw. Vorstandsmitglieder derabh�ngigen Gesellschaften bis hin zu deren Abberufungaus�ben.74 Auch k�nftig wird somit bei einem physi-schen Cash Pooling insbesondere darauf zu achten sein,dass eine Kreditgew�hrung aus dem Stammkapital ent-weder ausgeschlossen ist bzw. nur erfolgt, wenn entwe-der die jederzeitige Zahlungsf�higkeit und -bereitschaftder darlehensnehmenden Gesellschaft nachweislichzweifelsfrei oder der R�ckzahlungsanspruch hinrei-chend besichert ist.

Hinsichtlich der neuen Formulierung „im Interesse derGesellschaft“75 wird vor einer Fortsetzung der unergie-bigen Diskussion �ber das Gesellschafts- bzw. �ber dasUnternehmensinteresse gewarnt.76 Die Pr�fung, ob die

60 Angelehnt an die bereits bisher �bliche Bescheinigung nach§ 54 GmbHG.

61 Breitenstein/Meyding, BB 2006, 1457 (1460); Rau, DStR2006, 1892 (1897) h�lt die Einf�hrung eines Gesellschafter-registers f�r �berzeugender und konsequenter.

62 So auch Flesner, NZG 2006, 641 (643).63 Insbesondere wenn ab 2007 die Gesellschafterlisten �ber das

Internet abgerufen werden k�nnen.64 Entwurf der Stellungnahme der Notarkammer Sachsen, Az.:

2F07-TB32, S. 6.65 Der Notar als neutrale Person, die mit hoheitlichen Befugnis-

sen ausgestattet und juristisch auf hohem Niveau umfassendausgebildet ist, w�re hier in der Lage, eine verbindliche Er-kl�rung �ber die Eigentumssituation von Gesch�ftsanteilenabzugeben.

66 Entwurf der Stellungnahme der Bundesnotarkammer, Az.: ap– T II 32, S. 19.

67 So auch die Forderung von Flesner, NZG 2006, 641 (643),der auch auf den geringeren Verwaltungsaufwand bei Einrei-chung der Liste durch eine mit hoheitlichen Befugnissen aus-gestattete Person hinweist.

68 F�r eine klare Regelung spricht sich auch Ziemons, BB-Spe-cial 7/2006, 9 (13) aus.

69 H�ngt der Anteils�bergang von unternehmensinternen Be-dingungen ab, so raten Schockenhoff/H�der, ZIP 2006, 1841(1846), mit einem sog. „closing-memorandum“ zu arbeiten.

70 Entwurf der Stellungnahme der Bundesnotarkammer, Az.: ap– T II 32, S. 20.

71 Cash-Pooling ist ein Instrument zum Liquidit�tsausgleichzwischen den Unternehmensteilen im Konzern. Dazu werdenMittel von den Tochtergesellschaften an die Muttergesell-schaft zu einem gemeinsamen Cash-Management geleitet.Im Gegenzug erhalten die Tochtergesellschaften R�ckzah-lungsanspr�che gegen die Muttergesellschaft.

72 Die Anwendung der Kapitalerhaltungsregeln auf das Cash-Pooling kann abh�ngig von ihrer Interpretation internationalt�tige Konzerne vor erhebliche praktische Schwierigkeitenstellen, was u.a. in der Folge der neueren Rechtsprechungdes BGH v. 24.11.2003 – II ZR 171/01 deutlich wurde.

73 Burgard, AG 2006, 527 (533).74 Ein Risiko, das bei einer Kreditgew�hrung an konzernfremde

Dritte sicherlich nicht besteht.75 Der Deutsche Notarverein, Schreiben v. 22.9.2006, S. 14,

h�lt das Interesse der Unternehmensgruppe f�r maßgeblich.76 Noack, DB 2006, 1475 (1482), der allerdings andererseits

auch keine brauchbare Alternative zum „Interesse der Ge-sellschaft“ sieht. Eine Differenzierung nach den Laufzeitender Darlehen w�re kaum sachgerecht. Die Schaffung einer

Heckschen386 NotBZ 11/2006MoMiG

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Vorleistung im Interesse der Gesellschaft liegt, hat sichdeshalb an einem B�ndel von Kriterien – wie sie dieMoMiG-Begr�ndung nennt77 – zu orientieren. Wie diePraxis der – im Regelfall ja sehr stark am Gl�ubiger-schutz argumentierenden – Gerichte (insbes. des BGH)dieses Merkmal anwenden wird, insbesondere, ob estats�chlich in allen F�llen das sog. Cash Pooling bejaht,bleibt abzuwarten.78

Diejenigen, die ohnehin f�r eine Abschaffung des Min-deststammkapitals der GmbH pl�dieren, wollen auchdie nach ihrer Ansicht unn�tig komplexen Regelungenzur Erhaltung des eingetragenen Stammkapitals voll-st�ndig modifizieren.79 Danach und vor dem Hinter-grund der Internationalisierung der Rechnungslegungstehe das gesamte Kapitalerhaltungsrecht einschließlichder Aussch�ttungsbeschr�nkungen nach handelsbilan-ziellen Gr�ßen auf dem Pr�fstand. F�r die Zul�ssigkeitvon Aussch�ttungen wird die Einf�hrung einer Sol-venzpr�fung nach amerikanischem Vorbild vorgeschla-gen. Situative Aussch�ttungssperren sollten die gelten-

den Vorschriften der §§30, 31 GmbHG ersetzen undk�nftig Grundlage f�r jegliche kapitalherabsetzendeMaßnahme sein. Die zukunfts- und liquidit�tsorientier-ten Solvenztests seien danach nicht nur wirtschaftlichsinnvoller, sondern auch zum Schutz der Gl�ubiger bes-ser geeignet als die geltenden Kapitalerhaltungsregeln.

Eine ganz andere Frage ist, inwieweit der vorgeschlage-ne Ansatz f�r die Kapitalaufbringung tr�gt.80 Die ab-weichenden Grunds�tze der Kapitalaufbringung, ins-besondere die bei ihr verlangte Publizit�t und Wertkon-trolle, lassen eine �bertragung der Interessenpr�fungvon der Kapitalerhaltungsvorschrift des §30 Abs.1Satz2 GmbHG auf die Kapitalaufbringungsregel, wiesie die Entwurfsbegr�ndung vorsieht, nicht zu. Diezwingenden Erfordernisse der Kapitalaufbringung sindeinem etwaigen Gesellschaftsinteresse an Einlagezah-lungen in den Cash-Pool vorrangig. Erforderlich w�revielmehr eine ausdr�ckliche gesetzliche Vorschrift.81

Die Kapitalaufbringung betrifft seltene, punktuelleMaßnahmen, so dass strengere Anforderungen nichtnur gerechtfertigt, sondern auch zumutbar erscheinen(Sonderkonto außerhalb des Cash-Pools oder offeneSacheinlage). Die ordnungsgem�ße Kapitalaufbringungsollte deshalb nicht f�r – geringf�gige – technische Er-leichterungen im Bereich der Konzernfinanzierung ge-opfert werden. Eine gesetzliche Regelung erscheint imErgebnis nicht w�nschenswert.82

4. Neues Eigenkapitalersatzrecht

Die sehr komplex gewordene Materie des Eigenkapital-ersatzrechts (§§30ff. GmbHG) wird erheblich verein-facht und grundlegend dereguliert.83 Die Rechtsfigurdes eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehenswird aufgegeben. Die Rechtsprechungs- und Gesetzes-regeln �ber die kapitalersetzenden Gesellschafterdarle-hen im Insolvenzrecht werden neu geordnet. Hierzuwerden §§32a, 32b GmbHG aufgehoben und §§39,135 InsO ge�ndert. Das Recht wird hier ohne jedenZweifel vereinfacht. Im Einzelfall k�nnen dadurch H�r-ten entstehen. Da alle Zahlungen innerhalb eines Jahresvor Insolvenzer�ffnung erfasst werden, sind auch solchebetroffen, die ohne jeden Zweifel außerhalb einer Kriseerfolgen. Der Vertreter des Bundesjusitzministeriumsverweist darauf, dass auch einmal die Einzelfallgerech-tigkeit hinter der Rechtsklarheit und Rechtssicherheitzur�ckstehen m�sse.84 Dies erscheint der deutschenRechtsanwendung eher fremd, ist aber ein durchaus be-achtenswerter Ansatz. Konsequenzen h�tte dies ins-besondere f�r Unternehmensverk�ufe. Man wird dortzuk�nftig darauf achten m�ssen, dass Gesellschafter-darlehen nicht vor oder anl�sslich des Verkaufs zur�ck-gezahlt werden, sondern stehen bleiben und vom K�u-fer bezahlt werden.

Hintergrund der Neuregelung85 ist die Anerkennung derLtd. im Nachgang zur „Inspire Art“-Rechtsprechungdes EuGH.86 Das Insolvenzrecht als Teil des Verfah-rensrechts ist im Gegensatz zum Gesellschaftsrecht aufalle in seinem Geltungsbereich anzutreffenden Unter-nehmen gleich welcher Rechtsform anwendbar, auchauf die Ltd. Eine Bestimmung des GmbH-Gesetzes

umf�nglichen Sonderregelung ausgerechnet f�r das Liquidi-t�tsmanagement im Konzern vertrage sich nicht mit demGrundsatz einfacher Gesetzesfassung. Die Verwendung desInteressen-Begriffs h�lt Sch�fer, BB-Spezial 7/2006, 5 (8) imAnsatz nicht f�r verkehrt.

77 Als Interessen-Indiz kann gewertet werden, dass– der Kredit einem Drittvergleich standh�lt, er also ange-messen verzinst ist und auch hinsichtlich der sonstigen Be-dingungen im �blichen Rahmen liegt,– eine Stundung im Rahmen kaufm�nnisch �blicher Zah-lungsziele liegt,– der Anspruch auf die Gegenleistung oder die Darlehens-r�ckzahlung bilanziell vollwertig ist (§ 253 HGB),– die Kreditgew�hrung kurzfristig k�ndbar ist,– Vorkehrungen getroffen sind, die es dem Gesch�ftsf�hrerder Tochtergesellschaft m�glich machen, eine wesentlicheVerschlechterung der Bonit�t des Schuldners fr�hzeitig zuerkennen.

78 Mohr, GmbH-StB 2006, 206 (208); so auch Priester, ZIP2006, 1557 (1558 f).

79 Triebel/Otte, ZIP 2006, 1321 (1323), wenn sie auch davonausgehen, dass die Neuregelung das in der Praxis verbreiteteCash-Pooling zumindest erleichtern werde.

80 Vgl. bereits Mohr, GmbH-StB 2006, 206 (208). Auch derBundesnotarkammer (Entwurf der Stellungnahme, Az.: ap –T II 32, S. 23) erscheint die Annahme des Gesetzesentwurfs,die Einschr�nkungen der §§30 Abs. 1 Satz2 GmbHG, 57Abs. 1 Satz 2 AktG k�nnten ohne weiteres auch auf den Be-reich der Kapitalaufbringung �bertragen werden, als zu opti-mistisch. Zu den praktischen Vorteilen einer derartigen �ber-tragung vgl. ausf�hrlich Bohrmann, GmbHR 2006, 1021(1025).

81 Priester, ZIP 2006, 1557 (1559).82 Priester, ZIP 2006, 1557 (1560).83 Ausf�hrliche �berlegungen hierzu bei K. Schmidt, ZIP 2006,

1925ff.; vgl. auch Bayer/Groff, DStR 2006, 1654 (1656ff.);Schiffer, BB-Spezial 7/2006, 14ff.

84 So Seibert auf dem 66. Deutschen Juristentag in Stuttgart am20.9.2006.

85 Vgl. hierzu R�mermann, GmbHR 2006, 673 (678).86 In der Vergangenheit war die genaue Zuordnung eigentlich

belanglos, waren doch Insolvenz- wie Gesellschaftsrechtohne weiteres auf alle in Deutschland aktiven Unternehmenanwendbar. Ob die rechtsform�bergreifende Gleichbehand-lung gelingen wird, erscheint dem Deutschen Notarverein(Schreiben v. 22.9.2006, S. 16) dennoch fraglich.

HeckschenNotBZ 11/2006 387MoMiG

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kann nach richtiger Ansicht durchaus dem Insolvenz-recht zuzuordnen sein, wenn die dem Rechtscharakterder Vorschrift besser entspricht, und umgekehrt.

Im Zusammenhang mit der g�nzlichen Abschaffung desMindestkapitals wird von einer Ansicht hier auch dieg�nzliche Aufhebung der Regeln �ber Gesellschafter-darlehen vorgeschlagen.87 Die Einf�hrung der Haftungder Gesch�ftsf�hrer bei Herbeif�hrung der Zahlungs-unf�higkeit der Gesellschaft sch�tze die Gl�ubiger be-reits hinreichend gegen Verm�gensverschiebungen zwi-schen der Gesellschaft und den Gesellschaftern.

IV. Bek�mpfung von Missbr�uchen

Die aus der Praxis �bermittelten Missbrauchsf�lle imZusammenhang mit der Rechtsform der GmbH (Fir-menbestattungen) sollen durch verschiedene Maßnah-men bek�mpft werden:

1. Erleichterung von Zustellungen

Die Rechtsverfolgung gegen�ber Gesellschaften sollbeschleunigt werden. Das setzt voraus, dass die Gl�ubi-ger wissen, an wen sie sich wegen ihrer Anspr�chewenden k�nnen. Deshalb muss zuk�nftig in das Han-delsregister eine zustellungsf�hige Gesch�ftsanschrifteingetragen werden.

Mehr B�rokratie sei mit dieser Regelung auch nichtverbunden.88 Schon bisher war die Mitteilung einer Ge-sch�ftsanschrift Pflicht (§24 HRV). Die mitgeteilte An-schrift wurde aber bisher nur zu den Akten genommenund war damit auch nicht ohne weiteres online einseh-bar. Sie wurde zudem selten bei sp�teren Anschriften-�nderungen gepflegt.

Zus�tzlich zu der zwingenden Eintragung einer inl�ndi-schen Gesch�ftsanschrift wird es den Gesellschaften inZukunft gestattet sein, eine Person ins Register eintra-gen zu lassen, die den Gl�ubigern als zus�tzlicher Zu-stellungsempf�nger neben den Vertretern der Gesell-schaft dient. Scheitert ein Zustellversuch aus tats�ch-lichen Gr�nden, so ist dem Gl�ubiger nun die M�glich-keit der �ffentlichen Zustellung nach §185 Nr.2 ZPO-Eer�ffnet. Durch die Erg�nzung des §35 Abs.1 GmbHGwird das Verfahren des Zugangs von Willenserkl�run-gen sowie f�r Zustellungen an die Vertreter der Gesell-schaft deutlich vereinfacht.

Im Interesse des zus�tzlichen Zustellungsbevollm�ch-tigten sollte man den Empfangsbevollm�chtigten in ei-ner entsprechenden Handelsregisteranmeldung zwin-gend mitwirken lassen. Dar�ber hinaus sollte dem Zu-stellungsbevollm�chtigten auch die M�glichkeit gege-ben werden, sich durch eigene Handelsregisteranmel-dung aus dem Handelsregister austragen lassen zu k�n-nen.89 Das Angebot von §10 Abs.2 richte sich an seri�-se Gesellschaften, die etwa ihren Rechtsanwalt als wei-tere st�ndige Empfangsperson benennen wollen. Damitkann der Gefahr einer �ffentlichen Zustellung begegnetwerden, die bei einer Verlegung des Gesch�ftslokalsohne gleichzeitige Korrektur der eingetragenen inl�ndi-schen Gesch�ftsanschrift besteht. Hinzuweisen ist aberauch auf die Gefahr, dass die Empfangsberechtigung ei-

nem redlichen Dritten gegen�ber so lange als fortbeste-hend gilt, wie sie im Handelsregister eingetragen ist.90

Die Gesellschaft m�sse in ihrem eigenen Interesse da-rauf achten, dass die Eintragung der Empfangsberech-tigten stets richtig ist.91

Mit der Erg�nzung des §35 Abs.2 GmbHG wird ins-besondere dem Fall vorgebeugt, dass die Gesellschafterversuchen, durch eine Abberufung der Gesch�ftsf�hrerZustellungen und den Zugang von Erkl�rungen an dieGesellschaft zu vereiteln.

Mit dem MoMiG-Entwurf wird das Schlupfloch f�rprofessionelle „Firmenbestatter“92, die die jetzigeRechtslage ausnutzten, um ihrer Klientel das faktischeVerschwinden zu erm�glichen, weitgehend geschlos-sen.93

2. Insolvenzantragspflicht der Gesellschafter beiF�hrungslosigkeit der Gesellschaft

Durch die �nderung des §64 Abs.1 GmbHG werden dieGesellschafter im Falle der F�hrungslosigkeit der Gesell-schaft oder bei unbekanntem Aufenthalt aller ihrer Ge-sch�ftsf�hrer verpflichtet, bei Zahlungsunf�higkeit und�berschuldung einen Insolvenzantrag zu stellen.

Die Vorschrift soll zugleich einen Anreiz f�r die Gesell-schafter, wieder ein handlungsf�higes Vertretungsorganzu bestellen, liefern, da sie ansonsten wie Gesch�ftsf�hrerwegen Insolvenzverschleppung zivil- und strafrechtlichbelangt werden k�nnen.94 F�r beachtenswert wird dieTatsache gehalten, dass der Referentenentwurf nur die tat-s�chliche Kenntnis des Insolvenzgrundes voraussetzt undein Kennenm�ssen grunds�tzlich nicht gen�gen l�sst.95

Wenig griffig ist allerdings die faktische F�hrungslosig-keit.96 Fraglich ist im �brigen, ob die mit einer Verlet-zung dieser Verpflichtung verbundenen Haftungsgefah-ren gerechtfertigt sind, wenn es an dem Verschuldensele-ment der Kenntnis dieser faktischen F�hrungslosigkeitund damit an einem Zurechnungselement fehlt.97

3. Haftung bei „Auspl�nderung“ der Gesellschaft

Gesch�ftsf�hrer, die Beihilfe zur Auspl�nderung derGesellschaft durch die Gesellschafter leisten und da-durch die Zahlungsunf�higkeit der Gesellschaft herbei-f�hren, sollen – durch eine Erweiterung des sog. Zah-

87 Ausf�hrlich hierzu Triebel/Otte, ZIP 2006, 1321 (1324).88 Seibert, ZIP 2006, 1157 (1165).89 Entwurf der Stellungnahme der Notarkammer Sachsen, Az.:

2F07-TB32, S. 4 f.90 Noack, DB 2006, 1475 (1483).91 Wachter, GmbHR 2006, 793 (800).92 Ausf�hrlich hierzu Haas, GmbHR 2006, 729 (735 f.).93 Noack, DB 2006, 1475 (1482).94 Seibert, ZIP 2006, 1157 (1166).95 Breitenstein/Meyding, BB 2006, 1457 (1461). Dies begr�ßt

der Deutsche Notarverein (Schreiben v. 22.9.2006, S. 34)ausdr�cklich, da fahrl�ssig begangene Delikte nicht notwen-dig Ausdruck genereller Ungeeignetheit seien.

96 Eindringlich hierzu Noack, DB 2006, 1475 (1476).97 Entwurf der Stellungnahme der Bundesnotarkammer, Az.: ap

– T II 32, S. 25 mit einem entsprechenden Formulierungsvor-schlag.

Heckschen388 NotBZ 11/2006MoMiG

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lungsverbots in §64 GmbHG – st�rker in die Pflicht ge-nommen werden.

Die Einf�hrung einer Haftung der Gesellschafter imZusammenhang mit dem Insolvenzantrag ist gravie-rend.98 Die neue Regelung kann auch als Antwort aufMissbr�uche bei Unternehmensk�ufen durch Investorenverstanden werden, die die Gesellschaft durch Auspl�n-derung oder �berzogene Belastungen mit Lasten f�r dieKaufpreisaufbringung in die Insolvenz treiben.99 DieVorschrift wird die Handlungsf�higkeit der in Schwie-rigkeiten befindlichen Gesellschaft nicht behindern,denn Gesch�fte mit Dritten sind nicht betroffen. Im Ver-gleich zum „existenzvernichtenden Eingriff“100 l�sstsich die Zahlungsunf�higkeit im Gegensatz zum Fehleneiner gebotenen R�cksichtnahme nach heutigem Standder Rspr. ziemlich pr�zise erfassen.101

Die Frage, ob ein Ursachenzusammenhang besteht oderob andere externe Einfl�sse diesen Insolvenzgrund(�berwiegend) schufen, wird oft schwer zu bestimmensein.102 GmbH-Gesch�ftsf�hrer werden Zahlungspl�neaufstellen m�ssen, aus denen sich ergibt, ob man sichnach dem normalerweise zu erwartenden Lauf der Din-ge eine Entnahme durch Gesellschafter leisten kann(solvency test). Als problematisch d�rfte sich nach die-ser Ansicht auch der Begriff „Zahlung an die Gesell-schafter“ erweisen.

Positiv zu bewerten103 ist, dass der Entwurf nicht derVersuchung erlegen ist, eine weite „wrongful tradingrule“ zu bilden, die im deutschen Rechtsystem doch einFremdk�rper w�re, obwohl sich der Referentenentwurfmit der vorgesehenen Neuregelung dem englischen Sys-tem, das den Director einer Ltd. dazu verpflichtet, dasInsolvenzverfahren einzuleiten, wenn eine die Gesell-schaft bedrohende Situation bei ordnungsgem�ßerAmtsf�hrung erkennbar war, durchaus ann�hert.104

Demzufolge wird auch die Forderung laut, die Haftungdes Gesch�ftsf�hrers bei Abschaffung des Mindestkapi-tals durch eine derartige Vorschrift als alternativenGl�ubigerschutzmechanismus zu erg�nzen.105

4. Erweiterung der Ausschlussgr�nde f�rGesch�ftsf�hrer

Die bisherigen Ausschlussgr�nde f�r Gesch�ftsf�hrer(§6 Abs.2 Satz3 GmbHG, §76 Abs.3 Satz3 AktG)werden erweitert.

Grunds�tzlich ist die Ausweitung des Verbotskatalogszu begr�ßen. Erstaunlich ist aber, dass der Referenten-entwurf im Hinblick auf die pers�nliche Qualifikationder Gesch�ftsleiter nur sehr maßvolle Ver�nderungenvorschl�gt.106 Gerade das Interesse an Lauterkeit undSicherheit des Handelsverkehrs w�rde eine weiterge-hende Versch�rfung nahe legen. Selbst wenn man ausGr�nden der Verh�ltnism�ßigkeit eine Disqualifizierungeines Gesch�ftsleiters nur dann f�r sachgerecht h�lt,wenn die Straftat mit dieser T�tigkeit in einem sachli-chen Zusammenhang steht, stellt sich die berechtigteFrage, warum z.B. Straftaten nach dem Handelsgesetz-buch (§§331ff. HGB), dem Umwandlungsgesetz(§§313 bis 315 UmwG) oder dem Publizit�tsgesetz(§§17ff. PublG) nicht umfasst sein sollen. Aus meinerSicht spricht vieles daf�r, auch Verm�gensdelikte wie§§263ff. StGB einzubeziehen, dies jedenfalls dann,wenn dort eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahrverh�ngt wurde. Dies kn�pft an das �ffentliche Rechtan.

Auch eine Pr�fung im Hinblick auf vergleichbare aus-l�ndische Straftatbest�nde w�re „w�nschenswert“.107

Warum sollte der Rechtsverkehr weniger schutzw�rdigsein, wenn jemand wegen einer Straftat im Ausland ver-urteilt worden ist? Zumindest bei einer Verurteilungdurch ein Gericht der Mitgliedsstaaten der EU bzw. desEWR sollte eine Disqualifizierung erfolgen.108

Wenn der Gesetzgeber eine Haftung der Gesellschafter– wie es der Entwurf des FoSiG109 vorsah – f�r unver-einbar mit dem Trennungsprinzip und den daraus resul-tierenden Grunds�tzen der Haftungsbeschr�nkung h�lt,so sollte dann eine Schadensersatzhaftung der amts-unf�higen Person selbst nach dem Vorbild des eng-lischen Company Directors Disqualification Act einge-f�hrt werden. Eine solche Schadensersatzhaftung undein Straftatbestand wird zur effizienten Durchsetzungder Gl�ubigerschutzmaßnahmen f�r unerl�sslich gehal-ten.110 Das Argument, dass sich ohnehin ein solches T�-tigkeitsverbot nach Einsetzung eines Strohmanns alsGesch�ftsf�hrer umgehen lasse111, sei danach nichtstichhaltig.

5. Auswirkung auf Auslandsgesellschaften

�ber eine �nderungen im Handelsgesetzbuch (§§13ff.HGB) soll u.a. erreicht werden, dass gesetzliche Vertre-ter ausl�ndischer Gesellschaften eine Zweigniederlas-sung im Inland insbesondere dann nicht gr�nden k�n-nen, wenn sie eine der in den Katalogen des §76 AktGund des §6 GmbHG bezeichneten Straftaten begangenhaben.

Dies ist eine wichtige Kl�rung der Rechtslage112 unddeshalb zu begr�ßen.113 Damit wird eine missbr�uchli-che Ausnutzung der Unterschiede der Bestellungs-voraussetzungen in den einzelnen Mitgliedstaaten ver-

98 So Mohr, GmbH-StB 2006, 206 (207).99 Seibert, ZIP 2006 1157 (1167).

100 Der entgegen seiner ungl�cklichen Bezeichnung eine Exis-tenzvernichtung gerade nicht voraussetzt.

101 R�mermann, GmbHR 2006, 673 (681).102 Noack, DB 2006, 1475 (1479).103 So Noack, DB 2006, 1475 (1479).104 Breitenstein/Meyding, BB 2006, 1457 (1462).105 Triebel/Otte, ZIP 2006, 1321 (1324).106 Wachter, GmbHR 2006, 793 (797); f�r eine Erweiterung

spricht sich auch K. Schmidt in Die GmbH-Reform in derDiskussion, 2006, S. 143 (145 ff., 164, Leitsatz Nr.2a) aus.

107 Vgl. nur R�mermann, GmbHR 2006, 673 (681).108 Wachter, GmbHR 2006, 793 (799).109 Der Entwurf des FoSiG sieht zugunsten der Gesellschaft

eine Schadensersatzhaftung derjenigen Gesellschafter vor,die eine nach § 6 Abs. 2 amtsunf�hige Person die Gesch�ftef�hren lassen.

110 Triebel/Otte, ZIP 2006, 1321 (1325).111 So Begr. RefE S. 42.112 Seibert, ZIP 2006, 1157 (1168).113 Entwurf der Stellungnahme der Bundesnotarkammner, Az.:

ap – T II 32, S. 27.

HeckschenNotBZ 11/2006 389MoMiG

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hindert. Da die Kontrolle der pers�nlichen Qualifikationder Gesch�ftsleiter allerdings erst bei der Eintragung ei-ner Zweigniederlassung in Deutschland ansetzen kann,wird die Neuregelung Wirkung nur haben, wenn zu-k�nftig mehr Ltds ihre faktisch bestehende deutscheZweigniederlassung tats�chlich zur Eintragung im Han-delsregister anmelden w�rden. Da das Registerrecht al-lerdings kaum abschreckende Sanktionen bei Nicht-beachtung der Eintragungspflicht enthalte, ist davon inabsehbarer Zeit wohl nicht auszugehen.114

Ob die Einschr�nkung aus zwingenden Gr�nden desAllgemeinwohls gerechtfertigt sei und in nicht diskri-minierender Weise wirke, also mit der Niederlassungs-freiheit vereinbar sein, kann letztlich dahinstehen.115

Das eigentliche Problem besteht vielmehr darin, dassdie Inhabilen durchaus einen inl�ndischen Gesch�fts-betrieb errichten k�nnen116, es ihnen aber offenbar ver-wehrt sein soll, diesen Gesch�ftsbetrieb als Zweignie-derlassung zum Handelsregister anzumelden. Bestehtk�nftig ein solches Anmelde- bzw. ein Eintragungshin-dernis, l�uft der mit Zwangsgeld bewehrte Anmel-dungsdruck ins Leere.117 Die Folge der vorgesehenenRegelung w�re, dass die Niederlassung nicht im Han-delsregister erscheint – ohne Konsequenzen.

6. L�sungen außerhalb der GmbH-Reform

Vorrangig vor dem Hintergrund des – behaupteten – Er-folges ausl�ndischer Rechtsformen in Deutschland wer-den neue Unternehmensformen gefordert.118 Es wird er-kannt, dass sich hier der Gl�ubigerschutz und das Inte-resse des „Jungunternehmers“ an der Gr�ndung einerGmbH gegen�berstehen k�nnen.119

In Betracht k�men hierzu der bayerische Entwurf eines„Gesetzes zur Einf�hrung des Kaufmannes mit be-schr�nkter Haftung“120, der Vorschlag des Bundestags-Abgeordneten Dr. Gehb f�r eine Unternehmensgr�nder-Gesellschaft (UGG) und der NRW-Entwurf eines „Ge-setztes zur Vereinfachung der Gr�ndung einer Gesell-schaft mit beschr�nkter Haftung“.121,122

Durch die Schaffung eine „kleinen GmbH“, einer„GmbH Neu“, der man in einem eigenen Gesetz vieleder Vereinfachungen zuweisen kann, die in der GmbHnicht zu verwirklichen sind, kann nach Vorstellung derInitiatoren der internationale Wettbewerb aufgenommenwerden.123 Welcher der drei benannten Wege dabei ein-geschlagen werden soll, kann – insbesondere weil ander Formulierung eines UGG-Gesetzes noch gearbeitetwird – derzeit nicht gesagt werden.124

Hier sollte zun�chst der Gesetzgeber sorgf�ltig Rechts-tatsachenforschung betreiben. Es d�rfte ohne weiteresm�glich sein, �ber die Umsatzsteuerfinanz�mter fest-zustellen, ob – der Verfasser bezweifelt dies – die Ltd.erheblichen Umsatz generiert. Die Zahl der angeblichexistierenden ausl�ndischen Rechtstr�ger insbesonderein Form der Ltd. sollte daraufhin untersucht werden, obdiese �berhaupt nennenswerte T�tigkeiten entwickeln,�berhaupt Gewerbe angemeldet haben und nicht l�ngstihre bis dahin minimale Gesch�ftst�tigkeit wieder ein-gestellt haben. Bisher wird die Notwendigkeit f�r der-artig neue Rechtsformen vor allem mit dem – angeb-lichen – Zulauf in die Rechtsform der Ltd. begr�ndet.Der Verfasser kann in seiner Praxis diesen Bedarf nichtfeststellen.

V. Fazit

Das MoMiG enth�lt in weiten Teilen eine sehr sinnvolleModernisierung des im Wesentlichen seit �ber 25 Jah-ren nicht renovierten GmbH-Rechts. Die GmbH alsRechtsform kleinerer und mittelst�ndischer, nicht vonRechtsabteilungen begleiteter Unternehmen wird denBed�rfnissen der Praxis angepasst und die Regeln ver-st�ndlicher gestaltet. Die T�tigkeitsverbote sollten aller-dings ausgeweitet und das Handelsregister nicht weiterals Gewerbeaufsicht missbraucht werden. Der Notar istder preisg�nstigste Begleiter dieser Unternehmensform,und zwar im Sinne der Gesellschaft und der Gl�ubiger.

114 R�mermann, GmbHR 2006, 673 (681); Wachter, GmbHR2006, 793 (799).

115 Noack, DB 2006, 1475 (1483).116 Insoweit ist die Begr�ndung des Referentenentwurfs miss-

verst�ndlich.117 Schreiben Deutscher Notarverein v. 22.9.2006, S. 34.118 Vgl. nur die Darstellung der vorliegenden Vorschl�ge v.

K. Schmidt, DB 2006, 1096ff.119 Gehb/Heckelmann, GmbHR 2006, R 349.120 Abrufbar unter http://www.justiz.bayern.de/ministerium/ge-

setzgebung/gesetzentwurf/.121 Abrufbar unter http://www.justiz.nrw.de/JM/justizpolitik/

schwerpunkte/gmbh_recht/inhalt_gesetzentwurf/gesetzent-wurf.pdf.

122 Ein �berblick �ber die Entw�rfe / den Vorschlag findet sichbei Lutter in Die GmbH-Reform in der Diskussion, 2006,211 (219 f.).

123 Lutter in Die GmbH-Reform in der Diskussion, 2006, 211(222).

124 Lutter, BB-Spezial 7/2006, 2 (4) spricht sich f�r die Unter-nehmer-Gesellschaft aus.

Heckschen390 NotBZ 11/2006MoMiG

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GESELLSCHAFTSRECHT

www.unternehmensregister.de

Notar Dr. Roland Suppliet, Rostock

Von Beginn des n�chsten Jahres an wird die Informati-onsbeschaffung �ber Unternehmen vereinfacht sein.�ber das Internetportal www.unternehmensregister.dek�nnen alle publikationspflichtigen Daten der im In-land registrierten Unternehmen zentral abgerufen wer-den. Der Beitrag gibt einen ersten �berblick �ber diemit dem „Gesetz �ber elektronische Handelsregisterund Genossenschaftsregister sowie das Unternehmens-register“ (EHUG) eingef�hrten �nderungen im Infor-mationszugang zu den Registern. Das EHUG wurdeam 28.9.2006 vom Bundestag beschlossen (vgl. NotBZ10/2006, S. IV) und nunmehr auch durch den Bundes-rat gebilligt.

Ein einheitliches Zugangsportal liefert k�nftig alleDaten �ber Unternehmen

Wollte man sich bislang Informationen �ber ein Unter-nehmen beschaffen, mussten Angaben aus verschiede-nen Quellen zusammengesucht werden. Um an einenHandelsregisterauszug zu gelangen, musste man zuvordas lokal zust�ndige Registergericht kennen, welchesdas Unternehmen f�hrt. Kleine Unternehmen habensich h�ufig grunds�tzlich geweigert, ihre Bilanzen zuver�ffentlichen.

K�nftig hat jeder Nutzer bei Eingabe einer gesuchtenGesellschaft oder bei Eingabe eines Kaufmanns im In-ternet einen einheitlichen Auftritt vor sich. �ber dasUnternehmensregister (§9 Abs.7 HGB) gelangt man zuden Daten der Handels-, Partnerschafts- und Genossen-schaftsregister, des elektronischen Bundesanzeigers(Rechnungslegung nach §325 HGB und deren Be-kanntmachung), der Bekanntmachungen �ber Unter-nehmensinsolvenzen und zu weiteren Datensammlun-gen. �ber die Internetseite des Unternehmensregisterssind ferner auch die im Aktion�rsforum ver�ffentlicheEintragungen nach §127 a AktG zug�nglich, Ver�ffent-lichungen inl�ndischer Kapitalanlage- und Investment-Aktiengesellschaften und kapitalmarkt-rechtliche Ver-�ffentlichungen an die BaFin. In weiterer Zukunft sollhier�ber auch die Einsicht in die Vereinsregister erm�g-licht werden, was ab 1.1.2007 jedoch noch nicht ver-wirklicht sein wird.

Ein solcher zentraler Zugriff auf alle Unternehmens-daten ist m�glich, weil derzeit die Handels-, Partner-schafts- und Genossenschaftsregister bei den Amts-gerichten umgestellt werden von der Papierform aufelektronische Dateien. Eintragungen in den genanntenRegistern erfolgen nur noch auf Datenspeichern. DerSchutz des guten Glaubens kn�pft an, an die dauerhafteSpeicherung (Eintragung) im elektronischen Register.

Handels-, Partnerschafts- und Genossenschaftsregisterwerden weiterhin von den Amtsgerichten gef�hrt. Des-halb erfolgt die Einsichtnahme und Auskunft grunds�tz-lich �rtlich bei den jeweiligen registerf�hrenden Amts-gerichten. §9 Abs.1 Satz4 HGB n.F. gestattet aber denL�ndern auch, ein zentrales Einsichts- und Auskunfts-medium f�r ihre Handels-, Partnerschafts- und Genos-senschaftsregister zu schaffen. Der Vorl�ufer davon istdie Auskunft �ber www.handelsregister.de.

Der Zugang �ber www.handelsregister.de ist also einZwitter zwischen den lokalen Registern und dem Unter-nehmensportal. �berwunden wird hierdurch, dass zu-n�chst ein lokales Registergericht ausfindig gemachtwerden muss; es sind dar�ber aber weniger Daten zu-g�nglich als �ber das Unternehmensregister.

Das Unternehmensregister bietet einen einheitlichenZugang (Portal) f�r alle unternehmensbezogenen Da-ten, sofern sie ver�ffentlich werden m�ssen. Es erfolgtkeine Spiegelung der Daten der anderen Sammlungen.Man gelangt vielmehr �ber www.unternehmensregis-ter.de zu den in verschiedenen Publikationsmedien undSpeicherorten vorhandenen Daten. Das Unternehmens-register wird von einem Betreiber betreut, den das Bun-desministerium der Justiz beauftragt. Der Beliehene isteine juristische Person des Privatrechts und hat die Stel-lung einer Justizbeh�rde des Bundes; er ist siegelf�h-rend.

Die gewohnten Ver�ffentlichungen von Eintragungender Registergerichte in den Tageszeitungen wird es nurnoch bis Ende 2008 geben, anschließend nicht mehr.Unternehmen k�nnen zwar freiwillig die von ihnen ver-anlassten Eintragungen in den Printmedien bekanntgeben. Viele Unternehmen werden es aber begr�ßen,dass sie k�nftig die Ver�ffentlichungskosten sparenk�nnen.

Umstellen m�ssen sich auch die Gesch�ftsf�hrer derUnternehmen. Sie m�ssen k�nftig zeitnah die erforder-lichen Daten liefern, damit das Unternehmensportal�ber aktuelle und aussagekr�ftige Daten verf�gt. DiePflicht der Gesch�ftsf�hrer, die Jahresabschl�sse ihrerKapitalgesellschaften fristgerecht beim elektronischenBundesanzeiger einzureichen, wird demn�chst scharfgepr�ft. Ein neu eingerichtetes „Bundesamt f�r Justiz“wird von Amts wegen erfassen, ob ein Verstoß gegendie Pflicht zur Offenlegung vorliegt. Erfolgt die gebote-ne Ver�ffentlichung nicht oder nicht fristgerecht, kannsowohl gegen die Kapitalgesellschaft, als auch gegenderen gesetzliche Vertreter ein Ordnungsgeld im Rah-men von 2.500,– . bis 25.000,– . verh�ngt werden.Hinzu kommen Verfahrensgeb�hren i.H.v. 50,– .. Da-f�r entf�llt k�nftig die Pflicht, Jahres- und Konzern-

NotBZ 11/2006 391

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abschl�sse nebst Unterlagen bei den Registergerichteneinzureichen.

Das bisherige Erfordernis, eine Unterschriftenprobebei dem Registergericht zu hinterlegen, wird aufgege-ben (§§29, 14 HGB, §8 Abs.5 GmbHG). Zwar k�nntenUnterschriften k�nftig auch eingescannt werden, abereine Echtheitspr�fung k�nnte dann nicht mehr mit hin-reichender Sicherheit stattfinden.

Hat eine GmbH einen Aufsichtsrat, muss die Gesch�fts-f�hrung eine Liste der Aufsichtsratsmitglieder k�nftigelektronisch einreichen und aktualisieren. Die Einsicht-nahme in diese Dateien erfolgt grunds�tzlich �ber dasUnternehmensregister.

Der Beschleunigungseffekt bei Neugr�ndungen vonUnternehmen wird dadurch erreicht, dass ab 1.1.2007alle Anmeldungen zur Eintragung in die Handelsregis-ter in elektronisch beglaubigter Form einzureichen sind(zu dieser P�ls, NotBZ 2005, 305). Dadurch entf�llt beiden Registergerichten wesentliche Schreibarbeit, waswohl mit das gr�ßte Hindernis einer schnellen Eintra-gung ist. In vielen Bundesl�ndern (etwa Mecklenburg-Vorpommern) wird es voraussichtlich keine �bergangs-frist geben, so dass ab Neujahr 2007 keine Anmeldun-gen mehr in Papierform von den Registergerichten ak-zeptiert werden. Die Notare werden also ab n�chstemJahr die Registeranmeldungen, die bei ihnen noch her-

k�mmlich auf Papier vorgenommen werden, in einelektronisches Format umformen, elektronisch beglau-bigen und anschließend dem Gericht mailen.

Der Einblick in den Registerauszug in der Gesch�fts-stelle des Registergerichts eines Unternehmens ist kos-tenfrei. Dagegen ist die Informationsbeschaffung �berdas Internet kostenpflichtig. Der Abruf einer Dateikostet 4,50 .. Will man sich k�nftig etwa die Satzungeiner GmbH als elektronisches Dokument �ber Internetausdrucken, kostet das unabh�ngig von der Seitenzahl4,50 .. Vorab muss der Nutzer sich registrieren lassen,damit anschließend die Abrechnung der Nutzungsent-gelte mit ihm erfolgen kann. Die H�he der Geb�hr wirdvermutlich zahlreiche Interessenten davon abhalten, dieangebotenen Informationen tats�chlich abzurufen.

Der Antrag auf Abruf von Dateien kann direkt beim Re-gistergericht �ber www.handelsregister.de oder �berwww.unternehmensregister.de gestellt werden. Wird einAusdruck verlangt, wird dieser grunds�tzlich beglau-bigt, es sei denn, man verzichtet ausdr�cklich auf Be-glaubigung. Wird der Antrag auf Ausdruck von Regis-terinhalten �ber das Unternehmensregister gestellt, ver-mittelt dieses das Ansuchen an das lokal zust�ndige Re-gistergericht; es beglaubigt nicht selbst. Das Unterneh-mensregister beglaubigt jedoch Unterlagen der Rech-nungslegung (§8b Abs.4 HGB n.F.) selbst.

NOTARKOSTEN

F�lligkeit der Notarkosten (Geb�hren und Auslagen)

Kostenrevisor Leitender Notarmitarbeiter Karsten Werner, Leipzig

Im Zuge der anstehenden Erh�hung des Umsatzsteu-ersatzes (s. bereits Pr�fungsabteilung, NotBZ 2006,358) gewinnt die Bestimmung des F�lligkeitszeitpunktsder Notarkosten besondere Bedeutung. Die Anwen-dung des § 7 KostO auf typische Gesch�fte wird daherin einer �bersicht f�r die Praxis dargestellt.

I. Grundsatz

Als Zeitpunkt der F�lligkeit bestimmt §7 KostO die Be-endigung des geb�hrenpflichtigen Gesch�fts. Dabei istdas „Gesch�ft“ ein eigenst�ndiger Rechtsbegriff derKostO. Erfasst wird damit die einzelne, eine Geb�hrausl�sende T�tigkeit des Notars.1 Das Gesch�ft ist be-endet, wenn die Leistung erbracht ist, welche die Ge-b�hr rechtfertigt. In der Praxis muss der Notar die F�l-ligkeit nicht abwarten, weil regelm�ßig f�r das bean-tragte Gesch�ft ein hinreichender Vorschuss gem�ß §8KostO eingefordert bzw. der Vollzug des Gesch�ftshiervon abh�ngig gemacht werden kann. In Sonderf�l-len, wie bei der bevorstehenden Erh�hung des Umsatz-steuersatzes2, kommt es auf die genaue Bestimmungdes F�lligkeitszeitpunktes aber auch praktisch an.

II. F�lligkeiten typischer Geb�hrentatbest�nde

1. Beurkundungen und �hnliche Gesch�fte

Bei der Beurkundung von Willenserkl�rungen (§§36,37, 38 KostO) tritt die F�lligkeit mit dem Unterschrei-ben der Niederschrift (§13 Abs.3 BeurkG) durch denNotar ein. Sie kennzeichnet das Ende der Verhandlungmit den Beteiligten. Bei der Beglaubigung einer Unter-schrift, eines Handzeichens oder der Zeichnung einerNamensunterschrift (§§39 und 39a BeurkG) wird dieGeb�hr mit der Unterzeichnung des Beglaubigungsver-merkes durch den Notar f�llig. Gleiches gilt bei Fer-tigung von Abschriftsbeglaubigungen (§55 KostO).Auf die Erteilung einer Ausfertigung oder die Aush�n-digung der Urkunde kommt es bei den vorgenanntenT�tigkeiten nicht an.

Bei sonstigen Niederschriften i.S.d. §§36ff. BeurkG(insbesondere nach §130 AktG) tritt die F�lligkeit der

1 Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 16. Aufl., Einf.Rz. 44.

2 L�ndernotarkasse, NotBZ 2006, 358.

Werner392 NotBZ 11/2006F�lligkeit der Notarkosten

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Geb�hr mit dem Abschluss des Tatsachenprotokollsein. Dies ist der Fall, wenn der Notar das Tatsachenpro-tokoll durch Erteilung von Ausfertigungen und Ab-schriften oder mit Einreichen beim Handelsregisternach außen in den Rechtsverkehr gegeben hat (vgl. §16FGG).3

Fertigt der Notar den Entwurf einer Urkunde, ist zwi-schen Entw�rfen nach §145 Abs.1 KostO und §145Abs.3 KostO zu differenzieren. Bei dem Erstgenanntenist das geb�hrenpflichtige Gesch�ft mit dem Fertigstel-len des Entwurfes beendet und die Geb�hr f�llig. Aufein Aush�ndigen des Entwurfes an den Antragstellerkommt es nicht an.4 Hingegen wird die Entwurfsgeb�hrnach §145 Abs.3 KostO erst f�llig, wenn nach Aush�n-digung des geforderten Entwurfes die Beurkundung ausnicht durch den Notar zu vertretenden Gr�nden unter-bleibt.

Die Geb�hr der erfolglosen Verhandlung nach §57KostO wird f�llig, sobald die Nichtvornahme der Beur-kundung feststeht. Zusatzgeb�hren wie §58 Abs.1KostO f�r Notart�tigkeiten außerhalb der Gesch�ftsstel-le werden nach dem Wiedereintreffen im Notariat undnach §58 Abs.3 KostO f�r Beurkundungen an Sonn-tagen und allgemeinen Feiertagen sowie Werktagen au-ßerhalb der Zeit von acht bis achtzehn Uhr, am Sonn-abend nach dreizehn Uhr, nach Beendigung der Beur-kundung f�llig.

2. Betreuungst�tigkeiten gem�ß § 24 BNotO

a) Vollzugst�tigkeiten nach § 146 KostO

Die Vollzugsgeb�hr des §146 KostO wird im Falle desAbs.1 und Abs.2 mit der letzten nach außen hin wir-kenden Vollzugst�tigkeit f�llig.5 Hierunter ist insbeson-

dere der Eingang der letzten f�r den Vollzug i.S.d.§146 KostO notwendigen (beh�rdlichen) Genehmigungzu verstehen. Abschließende T�tigkeit ist die Pr�fungauf Bestehen der Vorlagereife, die billigende Entgegen-nahme der Genehmigung durch den dazu bevollm�ch-tigten Notar hat Wirkung nach außen. Aus der Eigenartder (Verfahrens-)Geb�hr folgt wiederum, dass eine zu-n�chst eingetretene, besser: angenommene F�lligkeitsich verschieben kann, etwa weil eine Zwischenver-f�gung des Grundbuchamts weitere T�tigkeiten aus-l�st.6 Im Falle des §146 Abs.3 KostO kommt es zurF�lligkeit der Geb�hr mit der Unterzeichnung oder Aus-h�ndigung des Antrages oder der Beschwerde und nichterst mit dem Eingang bei der zust�ndigen Beh�rde.

Die Vollzugsgeb�hr wird auch f�llig, wenn der Notarseine Vollzugst�tigkeit einstellt bzw. einstellen muss.7

b) Betreuungst�tigkeiten nach § 147 Abs. 2 KostO

Betreuungsgeb�hren nach §147 Abs.2 KostO werdenmit Beendigung der geb�hrenpflichtigen T�tigkeit f�l-lig, wie beispielsweise:

– beim Einholen rechtsgesch�ftlicher Genehmigun-gen oder Vollmachtsbest�tigungen mit dem Eingangbeim Notar und positiver Pr�fung der Verwendbar-keit,

– bei der Mitteilung �ber die F�lligkeit des Kaufprei-ses (�berwachung der Kaufpreisf�lligkeit) mit demAbsenden an den K�ufer,

– bei der �berwachung der Kaufpreiszahlung (auchgenannt: �berwachung der Eigentumsumschreibung,�berwachung der Umschreibungsreife, Vorlagehaf-tung oder Auflassungssperre) mit Eingang und Pr�-fung der Mitteilung �ber den Erhalt des Kaufpreisesvom Verk�ufer oder der beauftragten Institution8, diesich anschließende grundbuchamtliche Vollzugst�tig-keit ergibt sich nicht mehr aus der Treuhandt�tigkeit,sondern unmittelbar aus §53 BeurkG, sofern nichtanderweitige Weisungen dem noch entgegenstehen,

– bei der Einholung von Erkl�rungen zur Lastenfrei-stellung des Vertragsgegenstandes bez�glich derRechte Dritter (Pfandfreigabeerkl�rungen, L�-schungsbewilligungen)9 mit dem Eingang der Erkl�-rungen beim Notar und positiver Pr�fung ihrer Ver-wendbarkeit,

– bei Treuhandauflagen (u.a. im Zusammenhang mitErkl�rungen, die mit vorstehendem Anstrich benanntsind) mit der Beendigung, der Aufhebung der Treu-handt�tigkeit oder der Entlassung aus dem Treuhand-auftrag,

– bei der Bevollm�chtigung zur Herstellung der Bin-dung an die Einigung bei Grundschuldbestellungengem�ß §873 Abs.2, Fall 4 BGB10 mit Entgegennah-me der f�r den Beg�nstigten (Gl�ubiger) bestimmtenAusfertigung nebst Dokumentation (= Fertigstellendes Entgegennahmevermerks).11

Die Geb�hr aus vorgenannten T�tigkeiten kann auchaus anderem Grund beendet und damit f�llig werden.Das gilt u.a. bei der Aufhebung des Vertrages und der

3 Zu beurkundungsverfahrensrechtlichen Bestimmungen s.Maaß, ZNotP 2005, 50; Wolfsteiner, ZNotP 2005, 376; a.A.Eylmann, ZNotP 2005, 300 (458).

4 OLG Frankfurt/Main v. 20.3.1998 – 20 W 1/95, MittRhNotK1998, 142.

5 Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 16. Aufl., § 7Rz. 16.

6 Lappe, NotBZ 2003, 309.7 LG Hildesheim v. 15.9.1964 – 5 T 284/64, KostRspr., § 146

Rz. 12.8 So wohl auch Filzek, Online-Kommentar zur KostO, 1. Aufl.

02/2006, § 7 Rz. 5 (Stichwort: „Auflassungssperre oder Vor-lagehaftung“); a.A. LG Kleve v. 7.1.2000 – 4 T 364/99, Mitt-RhNotK 2000, 301; Rohs/Wedewer, KostO, Stand: 09/2006,§ 7 Rz. 4.

9 Es ist strittig, ob derartige T�tigkeiten unter § 147 Abs. 2KostO fallen (bef�rwortet u.a. durch OLG Celle JurB�ro2005, 154). In der j�ngsten bekannt gewordenen Entschei-dung zu diesem Thema vertritt das OLG D�sseldorf v.1.8.2006 – I-10 W 36/06 (unver�ffentlicht)) die Ansicht,dass es sich um eine Vollzugst�tigkeit i.S.d. § 146 Abs. 1KostO handelt. Aufgrund der Divergenz zu anderen Ge-richtsentscheidungen erfolgte die Vorlage zum BGH. DieEntscheidung stand bis zum Redaktionsschluss noch aus.

10 LG Bochum v. 11.6.2002 – 7 T 48/02, ZNotP 2002, 491;Lappe, NotBZ 2003, 154.

11 Zur Bindungswirkung s. Nieder, W�rzburger Notarhand-buch, Teil 2, Kap. 1: Grundbuchrecht, Rz. 52 – 54; Schilling,ZNotP 2000, 229 (231).

WernerNotBZ 11/2006 393F�lligkeit der Notarkosten

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damit verbundenen Beendigung der Betreuungst�tigkei-ten oder der endg�ltigen Verweigerung �ber die Abgabeeinzuholender Erkl�rungen. Auch dadurch wird die Be-treuungst�tigkeit beendet und die Geb�hr f�llig.12 DasEinfordern der Geb�hr setzt jedoch in jedem Fall vo-raus, dass der Notar im Rahmen der Betreuung bereitst�tig geworden ist.

c) Hinterlegungst�tigkeiten nach § 149 KostO

Die F�lligkeit der Hinterlegungsgeb�hr gem�ß §149KostO tritt mit der Auszahlung oder R�ckzahlung desBetrages aus dem Anderkonto ein. Bei hinterlegtenWertpapieren oder Kostbarkeiten ist der F�lligkeitszeit-punkt die Ablieferung oder R�cklieferung. Bei der Aus-zahlung oder R�ckzahlung von Teilbetr�gen ist jedeEinzelauszahlung ein selbst�ndiges Gesch�ft, so dassdie F�lligkeit der f�r jeden Teilbetrag zu erhebendenHinterlegungsgeb�hr unterschiedlich ausfallen kann.13

Ist ein Treuhandauftrag, der in Verbindung mit einemNotaranderkonto erteilt worden ist, noch nicht volldurchgef�hrt, ber�hrt dies die F�lligkeit der Hebege-b�hren nicht.14

III. F�lligkeit der Auslagen

Auslagen werden sofort nach ihrer Entstehung f�llig.F�r die Dokumentenpauschale nach §136 Abs.1 Nr.1KostO gilt dies nach der auftragsgem�ßen Fertigung derAusfertigungen und Ablichtungen. Das Aush�ndigen istkeine Voraussetzung. Gleiches gilt bei der Erhebungder Dokumentenpauschale f�r die dem Notar aufgrundbesonderer Vorschriften obliegenden Mitteilungen anBeh�rden; §152 Abs.1 KostO.

Bei den Auslagen nach §152 Abs.2 Nr.1 und 2 KostOtritt die F�lligkeit nach Inanspruchnahme der entspre-chenden (Post-, Telekommunikations-)Dienstleistungein. Reisekosten i.S.d. §153 KostO werden nach Been-digung der Gesch�ftsreise f�llig. Entstehende Auslagengem�ß §152 Abs.2 Nr.3 KostO – Verg�tungen an Ge-b�rdendolmetscher sowie an Urkundszeugen – werdenmit Beendigung des zugrunde liegenden Gesch�fts f�l-lig. Auslagen nach §152 Abs.2 Nr.4 KostO – die zu er-stattende Pr�mie, welche sich aus dem Verh�ltnis der60 Mio. . �bersteigenden Versicherungssumme zu derGesamtversicherungssumme ergibt – werden nach Ab-schluss der Haftpflichtversicherung mit dem Dienstleis-ter (= Versicherer) f�llig.

IV. Regelungen zur F�lligkeit außerhalb derKostO

Auch außerhalb der Kostenordung k�nnen Vorschriftendie F�lligkeit abweichend von §7 KostO regeln. So be-stimmt §93 Abs.3 S.1 SachenRBerG, dass der Notardie in §100 Abs.1 S.2 Nr.2 SachenRBerG bestimmteGeb�hr bei der Aussetzung des Vermittlungsverfahrensin Ansatz bringen kann. Sie wird mithin vor der Beendi-gung des Gesch�ftes (= Vermittlungsverfahren) f�llig.Doch hat der Notar die Geb�hr nach Aufnahme des

KostenrechtAus der Praxis der L�ndernotarkasse

Unterschriftsbeglaubigung

I. Sachverhalt

Der Notar beglaubigt die Unterschrift unter einem Text,der sowohl eine Willenserkl�rung als auch einen Be-schluss enth�lt. Eine oder zwei Geb�hren?

II. Stellungnahme

Die Unterschriftsbeglaubigung ist Tatsachenbeurkun-dung (§39 BeurkG), §45 Abs.1 KostO daher so zu ver-stehen, dass nur eine Geb�hr anfallen kann, eben weiles nur eine Tatsache: die Unterschrift, gibt.

Die Wertvorschrift des §45 Abs.1 Satz2 KostO „passtnicht ganz“, weil sie n�mlich den Fall ungeregelt l�sst,dass sich Werte ergeben, die bei der Beurkundung nichtzusammengerechnet werden. Die vern�nftige L�sung

kann nur lauten: analoge Anwendung von §44, undzwar nicht nur von Abs.2, sondern auch von Abs.1 beiwirtschaftlicher Identit�t.

Bei Entwurfsfertigung durch den Notar fallen f�r Wil-lenserkl�rung und Beschluss gesonderte Geb�hren ausden §§145, 147 KostO an, auch wenn sie „auf demsel-ben Papier“ niedergelegt werden. F�r die einheitlicheUnterschriftsbeglaubigung gibt es wiederum nur eineGeb�hr, die jedoch im Regelfall nicht erhoben wird(§145 Abs.1 Satz4 KostO; bei §147 Abs.2 entspre-chend anzuwenden).

Prof. Friedrich Lappe, Berlin

Vertragsaufhebung mit Verzicht aufSchadensersatz

I. Sachverhalt

Die Parteien heben einen Vertrag auf und verzichtenwechselseitig auf Schadensersatzanspr�che. Geb�hr,Wert?

12 Zur F�lligkeitsmitteilung s. Notarkasse M�nchen, Streifzug,6. Aufl. 2006, Rz. 578; a.A. Rohs/Wedewer (Fn.8), § 7 Rz. 4und Filzek (Fn. 8), § 7 Rz. 5. Zur Auflassungssperre BGHNotBZ 2005, 289; Filzek (Fn.8), § 7 Rz. 5; Klein RNotZ1991, 228.

13 OLG Naumburg v. 20.11.2003 – 6 Wx 1/03, NotBZ 2004,112; a.A. Lappe, NotBZ 2001, 418.

14 LG Frankfurt v. 26.10.1987 – 2/9 T 952/87, JurB�ro 1988,642.

Werner394 NotBZ 11/2006F�lligkeit der Notarkosten

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II. Stellungnahme

Der Schadensersatzverzicht geht �ber die Aufhebunghinaus, insoweit greift die Geb�hrensatzverg�nstigungdes §38 Abs.2 Nr.3 KostO nicht ein.

Der Wert des Verzichts ist – im Regelfall – zu sch�tzen(§30 Abs.1 KostO). Weil der Verzicht aus der Auf-hebung des Vertrags folgt, hat er denselben Gegenstandwie diese: also §44 Abs.1 KostO. (Zur Begr�ndung:Die Parteien k�nnen gesondert den Aufhebungsvertragund einen „Aufhebungsfolgenvertrag“ beurkunden las-

sen; dann bel�uft sich der Wert des zweiten nur auf dieFolgen. Die Zusammenbeurkundung darf aber keinenh�heren Wert ausl�sen als die getrennte Vornahme.)

Geb�hrenberechnung (§44 Abs.1 Satz2 KostO): dop-pelte Geb�hr (§36 Abs.2 KostO) aus der Aufhebung,h�chstens doppelte Geb�hr aus dem Schadensersatzver-zicht + halbe Geb�hr (§38 Abs.2 Nr.3 KostO) aus demrestlichen Aufhebungswert.

Prof. Friedrich Lappe, Berlin

Rechtsprechung

Mit x gekennzeichnete Entscheidungen haben einen redaktionellenLeitsatz, mit / versehene Leits�tze stammen vom Einsender.Amtliche Leits�tze bleiben ohne Kennzeichnung.

Beschr�nkte Wirkung des gesetzlichen L�schungs-anspruchsInsO §§91, 106 Abs.1; BGB §§1179a Abs.1 Satz3, 1192Abs.1

1. Die allgemein f�r die Vormerkungsf�higkeit k�nfti-ger Anspr�che erforderlichen Voraussetzungen geltenauch f�r den gesetzlichen Vormerkungsschutz desnachrangigen Grundschuldgl�ubigers.

2. Der gesetzliche L�schungsanspruch des nachrangi-gen Grundschuldgl�ubigers ist nicht insolvenzfest,wenn die vorrangige Sicherungsgrundschuld zwarzum Zeitpunkt der Er�ffnung des Insolvenzverfahrensnicht mehr valutiert ist, das Eigentum an dem Grund-st�ck und die Grundschuld jedoch zu diesem Zeit-punkt noch nicht zusammengefallen sind.

BGH, Urteil v. 9.3.2006 – IX ZR 11/05(mit Berichtigungsbeschluss v. 11.5.2006)

Tatbestand

Der Bekl. ist Verwalter in dem am 20.2.2002 er�ffneten In-solvenzverfahren �ber das Verm�gen des H (fortan:Schuldner). Die klagende Bank hat einer Erl�szuteilung anden Bekl. in der Zwangsversteigerung des Betriebsgrund-st�cks des Schuldners widersprochen. Es war in AbteilungIII Nr.18 des Grundbuchs f�r die D-Bank mit einer Brief-grundschuld �ber 50.000 DM und in Abteilung III Nr.19mit einer Buchgrundschuld �ber 100.000 DM ebenfalls f�rdie D-Bank belastet. Im Jahre 1989 trat die D-Bank dasRecht aus Abteilung III Nr.19 an die Kl. ab. Bei Er�ffnungdes Insolvenzverfahrens valutierte die Grundschuld Nr.18nicht mehr. Am 5.7.2002 erkl�rte die D-Bank unter gleich-zeitiger �bergabe des Grundschuldbriefes die Abtretungder Grundschuld Nr.18 an den Schuldner. Durch Beschlussdes Vollstreckungsgerichts vom 2.9.2003 wurde das am8.7.2002 beschlagnahmte Grundst�ck auf ein Bargebotvon 285.000 . zugeschlagen. Keines der in Abteilung IIIdes Grundbuchs eingetragenen Rechte blieb bestehen.

Die Kl. meldete auf die in Abteilung III Nr.19 eingetrage-ne Grundschuld einschließlich Zinsen und Kosten einenBetrag von 95.149,71 . an. Ferner meldete sie ihren „ge-

setzlichen L�schungsanspruch bez�glich vor- und gleich-rangiger Grundpfandrechte und die Anspr�che aus einge-tragenen L�schungsvormerkungen“ an. Der Kl. machte f�rdie Insolvenzmasse unter Bezugnahme auf die Abtretungs-erkl�rung der D-Bank die Anspr�che aus dem in AbteilungIII Nr.18 eingetragenen Recht �ber umgerechnet25.564,59 . geltend. Auf der Grundlage dieser Anmeldun-gen stellte das Vollstreckungsgericht einen Teilungsplanauf. Darin wurde dem Bekl. als Insolvenzverwalter auf dieBriefgrundschuld der angemeldete Betrag zugeteilt. Aufdie Buchgrundschuld der Kl. entfielen noch 10.898,65 .;im �brigen fiel die Kl. in der Verteilung aus. Unter Beru-fung auf gesetzliche L�schungsanspr�che verlangt sie dieZuteilung des auf den Bekl. entfallenen Betrages.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Hiergegenwendet sich der Bekl. mit der zugelassenen Revision.

Aus den Gr�nden

Die zul�ssige Revision ist begr�ndet. Sie f�hrt zur Abwei-sung der Klage.

II. 1. Das Berufungsgericht geht in �bereinstimmung mitder Senatsrechtsprechung davon aus, dass der subjektiv-dingliche L�schungsanspruch als Ausfluss einer Rang-anwartschaft zum Inhalt des beg�nstigten Grundpfand-rechts geh�rt und durchgesetzt werden kann, sobald dasEigentum am Grundst�ck und ein vor- oder gleichrangigesGrundpfandrecht in einer Person zusammenfallen.

a) Dies tr�fe auf die in Abteilung III Nr.18 eingetrageneGrundschuld und das Eigentum an dem Betriebsgrund-st�ck allenfalls dann zu, wenn die Abtretungserkl�rung derD-Bank vom 5.7.2002 von dem bekl. Insolvenzverwalter,auf den das Verwaltungs- und Verf�gungsrecht des Schuld-ners nach §80 Abs.1 InsO �bergegangen war, vor Ertei-lung des Zuschlags am 2.9.2003 wirksam angenommenworden ist. Die Ranganwartschaft durch Aufr�ckung undder L�schungsanspruch sind nach §1192 Abs.1, §1179aAbs.1 Satz3 BGB so gesichert, als w�re gleichzeitig mitder beg�nstigten Grundschuld eine L�schungsvormerkungf�r den Grundschuldgl�ubiger in das Grundbuch eingetra-gen worden. Bleibt in der Zwangsversteigerung das be-g�nstigte Recht – wie hier – nicht bestehen, so erlischt da-mit auch die in ihm liegende Ranganwartschaft. Nur wenndie Rechtsbedingung f�r den L�schungsanspruch zu die-sem Zeitpunkt bereits eingetreten ist, kann der Gl�ubigernach §91 Abs.4 ZVG, §883 Abs.2 Satz1, §888 Abs.1BGB sein Recht im Rahmen der Erl�sverteilung weiterver-folgen, soweit er aus dem Grundst�ck nicht befriedigt wird(BGHZ 99, 363 [366f.]; 108, 237 [244 f.]; 160, 168

NotBZ 11/2006 395Rechtsprechung

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[170f.] = DNotZ 2005, 125 = WM 2004, 1786 m. abl.Anm. St�ber, WM 2006, 607).

b) Diese Voraussetzung hat das Berufungsgericht als ge-geben angesehen, weil die D-Bank die Grundschuld Nr.18am 5.7.2002 an den Bekl. abgetreten habe. Nach den vomLG getroffenen und von dem Berufungsgericht als bindendangesehenen Feststellungen (vgl. §529 Abs.1 ZPO) sei dieGrundschuld an diesem Tage unter gleichzeitiger �bergabedes Grundschuldbriefes an den damaligen Grundst�cks-eigent�mer abgetreten worden. Deshalb sei es „weit vorErteilung des Zuschlages“ zu einer Vereinigung vonGrundst�ckseigentum und Grundpfandrecht gekommen.

2. ... Der Senat kann unterstellen, dass der Abtretungsver-trag vor Erteilung des Zuschlags zustande gekommen ist.Denn die Kl. hat den im Verteilungsverfahren angemelde-ten gesetzlichen L�schungsanspruch aus §1179a BGBselbst dann nicht insolvenzfest erworben, wenn das Eigen-tum an dem Grundst�ck und die Grundschuld Nr.18 vorErteilung des Zuschlages am 2.9.2003 zusammengefallensind. Dies kann der Senat selbst entscheiden, weil derSachverhalt insoweit hinreichend gekl�rt ist.

a) Lag einer im Grundbuch eingetragenen Auflassungs-vormerkung ein in notariell beurkundeter Form abgegebe-nes unwiderrufliches Angebot zum Abschluss eines Kauf-vertrages �ber ein Grundst�ck zugrunde, welches der K�u-fer erst nach Er�ffnung des Gesamtvollstreckungsverfah-rens �ber das Verm�gen eines der Miteigent�mer ange-nommen hat, so ist ein solcher k�nftiger, durch eine vorVerfahrenser�ffnung eingetragene Vormerkung gesicherterAuflassungsanspruch insolvenzfest (BGHZ 149, 1ff.).

aa) Dieser Rechtsprechung liegt die Wertung zugrunde,dass der vom Gesetz zugelassene Vormerkungsschutz f�rk�nftige Anspr�che (§883 Abs.1 Satz2 BGB) sinnentleertw�re, wollte man ihn erst von dem Zeitpunkt an eintretenlassen, in dem die gesicherten Anspr�che entstehen(BGHZ 149, 1 [6]). Die Vormerkung zur Sicherung einesk�nftigen Anspruchs schaffe keine nur k�nftige Sicherung,der §15 KO (§91 InsO) einen Riegel vorschiebe; es hande-le sich vielmehr um die gegenw�rtige Sicherung einesk�nftigen Anspruchs, auch wenn dieser erst nach seinerEntstehung geltend gemacht werden k�nne (BGHZ 149, 1[8]). Der BGH hat die Insolvenzfestigkeit des vormer-kungsgesicherten k�nftigen Anspruchs indes nicht generellanerkannt, sondern davon abh�ngig gemacht, dass der An-spruch nicht nur m�glich, sondern der f�r dessen Vormer-kungsf�higkeit zwingend erforderliche sichere Rechts-boden bereits gelegt ist. Nur in diesem Fall kann die f�rdie Insolvenzfestigkeit notwendige Seriosit�t des k�nftigenAnspruchs gegeben sein (vgl. BGHZ 149, 1 [9]; fernerBGHZ 12, 115 [117f.]; 134, 182 [185]; M�nchKomm-BGB/Wacke, 4.Aufl., §883 Rz.24; Staudinger/Gursky,BGB, Neubearbeitung 2002, §883 Rz.173 bis 176; Jaeger/Henckel, KO, 9.Aufl., §24 Rz.18; Uhlenbruck/Berscheid,InsO, 12.Aufl., §106 Rz.7; Preuß, AcP 201 [2001], 580[591f,]; dies., DNotZ 2002, 283 [286]; gegen Insolvenzfes-tigkeit: K�bler/Pr�tting/L�ke, InsO, §91 Rz.38).

bb) Eine feste, die Gestaltung des Anspruchs bestimmen-de Grundlage, die zu einer Vormerkungsf�higkeit des k�nf-tigen Anspruchs f�hrt, ist von der h�chstrichterlichenRechtsprechung insbesondere dann angenommen worden,wenn die Entstehung des Anspruchs nur noch von demWillen des k�nftigen Berechtigten abh�ngt (vgl. RGZ 151,75 [77]; BGHZ 12, 115 [118]; 149, 1 [9]). Unterschiedli-che Auffassungen bestehen hinsichtlich der Frage, ob wei-

tere Fallgruppen anzuerkennen sind (vgl. BGHZ 134, 182[184f.]; Staudinger/Gursky, BGB, Neubearbeitung 2002,§883 Rz.175f; Preuß, AcP 201 [2001], 580 [588ff.). Je-denfalls ist die Vormerkungsf�higkeit eines k�nftigen An-spruchs zu verneinen, wenn seine Entstehung ausschließ-lich vom Willen des Schuldners oder davon abh�ngt, dassdieser ein Rechtsgesch�ft �berhaupt erst vornimmt (BGHZ134, 182 [184f.]; 149, 1 [3]). Ebenso wie es nicht Sinn derVormerkung sein kann, einen k�nftigen Gl�ubiger in derEinzelzwangsvollstreckung gegen ZwangsmaßnahmenDritter zu sch�tzen, solange er nicht einmal gegen die Wil-lensentscheidung des Schuldners gesch�tzt ist (vgl. BGHZ134, 182 [185]; M�nchKomm-BGB/Wacke, 4.Aufl., §883Rz.24), zielt §106 InsO im Insolvenzfall nicht darauf ab,den mehr oder weniger aussichtsreichen tats�chlichen Er-werbsm�glichkeiten des k�nftigen Gl�ubigers Insolvenz-festigkeit zu verschaffen. In der Insolvenz des Schuldnerssoll diese Vorschrift – �hnlich wie §95 Abs.1 Satz1 InsOf�r den Fall der Aufrechnung – nur den Gl�ubiger sch�t-zen, dessen Anspruch in seinem rechtlichen Kern aufgrundgesetzlicher Bestimmungen oder vertraglicher Verein-barungen bereits gesichert ist (vgl. BGHZ 160, 1 [4]).

b) Diese Grunds�tze sind auf den gesetzlichen L�schungs-anspruch des nachrangigen Grundschuldgl�ubigers zu �ber-tragen, der nach §1179a Abs.1 Satz3, 1192 Abs.1 BGB ingleicher Weise gesichert ist, als wenn zu seiner Sicherunggleichzeitig mit der beg�nstigten Grundschuld eine Vormer-kung in das Grundbuch eingetragen worden w�re.

aa) Aus dem Umstand, dass eine an sich nach §883 Abs.1BGB erforderliche Eintragung der Vormerkung in dasGrundbuch entbehrlich ist, kann entgegen der Auffassungder Revisionserwiderung nicht geschlossen werden, derBeg�nstigte solle, ohne dass die Voraussetzungen der§§883, 885 BGB zu pr�fen seien, im Insolvenzfall so ge-stellt werden, als sei mit der Entstehung des Grundpfand-rechts eine Vormerkung f�r den L�schungsanspruch einge-tragen worden. Die Vorschrift des §106 Abs.1 InsO gibtkeinen Anhalt daf�r, dass k�nftige Anspr�che insolvenz-rechtlichen Schutz schon deshalb genießen sollen, weil siein den gegenst�ndlichen Anwendungsbereich des §1179aBGB fallen. Jedenfalls insoweit ist §1179a Abs.1 Satz3BGB Rechtsgrund- und nicht Rechtsfolgenverweisung.

bb) Der gesetzliche L�schungsanspruch der Kl. als der be-g�nstigten – nachrangigen – Gl�ubigerin geh�rt im Streit-fall nicht zu den nach §106 InsO gesch�tzten Anspr�chen.

(1) Der Inhaber eines nachrangigen Grundpfandrechts hatkeinen Anspruch gegen den Grundst�ckseigent�mer, sichso zu verhalten, dass der Vereinigungsfall eintritt (BGHZ108, 237 [244f.]; 160, 168 [172]; vgl. auch Staudinger/Wolfsteiner, BGB, Neubearbeitung 2002, §1179a Rz.19,40, 64). Bis zur Er�ffnung des Insolvenzverfahrens kannder Schuldner den gegen den vorrangig gesicherten Gl�u-biger gerichteten R�ckgew�hranspruch grunds�tzlich auchan einen Dritten abtreten. Der nachrangige Gl�ubiger istinsoweit nicht gesichert. Dieser kann auch nicht widerspre-chen, wenn der vorrangige Gl�ubiger die Grundschuld vorihrer R�ckabtretung f�r weitere Kredite nutzt. Wenn aberder Inhaber des nachrangigen Grundpfandrechts seine Er-werbsaussicht nicht einmal gegen die Willensentscheidun-gen des Schuldners oder des vorrangigen Gl�ubigersdurchsetzen kann, ist er auch nicht gegen�ber den �brigenGl�ubigern zu bevorzugen (vgl. Staudinger/Gursky, BGB,Neubearbeitung 2002, §883 Rz.173; Preuß, AcP 201[2001], 580 [591f.]).

396 NotBZ 11/2006Rechtsprechung

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Dies verdeutlicht auch der Vergleich mit dem dinglichenVorkaufsrecht, dem ebenfalls die Wirkung einer Vormer-kung zukommt, welches aber grunds�tzlich nicht gem�ߧ106 InsO gesch�tzt ist, wenn der Vorkaufsfall bei Verfah-renser�ffnung noch nicht eingetreten ist ... Die ausdr�ck-liche Regelung des §1098 Abs.1 Satz2 BGB w�re �ber-fl�ssig, wenn §24 KO (§106 InsO) auf das mittels gesetz-licher Vormerkungswirkung versehene dingliche Vorkaufs-recht anwendbar w�re.

(2) Allerdings hat der Schuldner die ihm zustehenden An-spr�che auf R�ckgew�hr vorrangiger oder gleichrangigerGrundpfandrechte am 29.9.1998 an die Kl. abgetreten. Ob... die Abtretung vertraglich ausgeschlossen war (vgl. §399BGB), kann ebenso offen bleiben wie die Frage, ob dieAbtretung im Verfahren der Widerspruchsklage (§878ZPO) noch Ber�cksichtigung finden kann, wenn die Kl. –wie hier – in dem Verteilungsverfahren keine Rechte ausder Abtretung des R�ckgew�hranspruchs geltend gemachthat. Nach der Rechtsprechung des BGH ist in Verfahrender Widerspruchsklage grunds�tzlich die Sach- undRechtslage zur Zeit der Feststellung des Teilungsplans zu-grunde zu legen (vgl. BGH, Urt. v. 25.1.1974 – V ZR68/72, WM 1974, 371 [372]; siehe ferner BGHZ 113, 169[174ff.]; Z�ller/St�ber, ZPO, 25.Aufl., §878 Rz.14; a.A.M�nchKomm-InsO/Eickmann, ZPO, 2.Aufl., §878Rz.26). Unentschieden bleiben kann schließlich, ob es die-se Rechtsprechung – wie der Bekl. in den Tatsacheninstan-zen geltend gemacht hat – ausschließt, die Seriosit�t desk�nftigen L�schungsanspruchs erst im Klageverfahren mitder Abtretung des schuldrechtlichen R�ckgew�hranspruchszu begr�nden.

Selbst eine wirksame Abtretung der Anspr�che desSchuldners auf R�ck�bertragung vor- oder gleichrangigerGrundschulden kann nicht verhindern, dass der Schuldnervor der Durchsetzung des R�ckgew�hranspruchs erneutDarlehen aufnimmt oder der vorrangige Gl�ubiger dieGrundschuld mit Zustimmung des Schuldners zur Absi-cherung anderer Anspr�che nutzt. Denn die Vorschrift des§1179a BGB soll nicht verhindern, dass einer ganz oderteilweise nicht valutierten Fremdgrundschuld andere For-derungen unterlegt werden, der Eigent�mer also den durchden Rang des Grundpfandrechts mitbestimmten Siche-rungsrahmen voll aussch�pft (BGHZ 108, 237 [244]). Diesmuss der Zessionar des R�ckgew�hranspruchs hinnehmen.Deshalb ist auch die Abtretung nicht geeignet, dem k�nfti-gen gesetzlichen L�schungsanspruch die erforderliche In-solvenzbest�ndigkeit zu verleihen.

Anmerkung

1. §1179a BGB begr�ndet einen nicht selbstst�ndig ab-tretbaren L�schungsanspruch hinsichtlich der dem Eigen-t�mer zufallenden gleich- oder vorrangigen Grundpfand-rechte. Der BGH hatte sich mit diesem gesetzlichen L�-schungsanspruch erneut zu besch�ftigen. W�hrend es inseinem Urteil vom 22.7.2004 (DNotZ 2005, 125; krit. dazuSt�ber, WM 2006, 607; Hintzen/B�hringer, Rpfleger 2004,661; Clemente, EWIR 2004, 1021; D�mig, ZfIR 2004,1031) noch um die Frage ging, ob einem gleich- odernachrangigen Hypothekar ein L�schungsanspruch zusteht,falls ein Gl�ubiger einer durch den Zuschlag erloschenenvorrangigen Grundschuld erst im Verteilungsverfahren f�rden nicht valutierten Teil seines Rechts auf den Erl�s ver-zichtet, musste sich der BGH in seiner vorstehenden Ent-scheidung mit der Insolvenzfestigkeit (§106 InsO) des L�-

schungsanspruchs auseinandersetzen (s.a. LG HamburgZinsO 2006, 837 m. Anm. Alff).

2. Der L�schungsanspruch nach §1179a BGB, d.h. derAnspruch auf Aufhebung (§875 BGB), bezieht sich aufdie Grundpfandrechte, die im Zeitpunkt der Eintragungdes beg�nstigten Rechts mit dem Eigentum in einer Personvereinigt sind oder bei denen eine solche Vereinigung sp�-ter eintritt. Die Vereinigung kann sowohl auf gesetzlicherals auch auf rechtsgesch�ftlicher Grundlage beruhen. Gesi-chert wird bei Fremdgrundschulden insbesondere die Ver-einigung bei Grundschuldabl�sung durch den Eigent�mer,bei R�ckabtretung an den Eigent�mer sowie in den F�llendes §889 BGB und des §1168 BGB. Der Eigent�mer istjedoch nicht zur Herbeif�hrung der Vereinigung verpflich-tet (BGH NJW-RR 1991, 1197; Staudinger/Wolfsteiner,§1179a Rz.19, 64). Auch verbietet §1179a BGB eineNeuvalutierung der Grundschuld nicht (vgl. BGH NJW1989, 2536). Die R�ckgew�hranspr�che des Eigent�mersbei Nichtentstehung oder Tilgung der pers�nlichen Schuldsind ebenfalls nicht vom gesetzlichen L�schungsanspruchdes §1179a BGB erfasst.

3. Gesichert ist der L�schungsanspruch gem. §1179aAbs.1 Satz3 BGB in gleicher Weise, als wenn zu seinerSicherung gleichzeitig mit dem beg�nstigten Grundpfand-recht eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen w�-re. Die Sicherungswirkung beginnt mit Eintragung des be-g�nstigten Rechts in das Grundbuch (vgl. AnwK-BGB/Krause, §1179a Rz.13). Ebensowenig wie die L�schungs-vormerkung nach §1179 BGB f�hrt der L�schungs-anspruch aus §1179a BGB zu einer Grundbuchsperre. Ihmentgegenwirkende Verf�gungen des Eigent�mers sind demGl�ubiger des beg�nstigen Rechts gegen�ber aber relativunwirksam (§883 BGB; vgl. AnwK-BGB/Krause, §1179Rz.13f.).

4. In der Zwangsversteigerung wirkt der gesetzliche L�-schungsanspruch aus §1179a BGB wie die L�schungsvor-merkung nach §1179 BGB (vgl. n�her AnwK-BGB/Krau-se, §1179 Rz.17). F�llt nur das vom L�schungsanspruchbetroffene Recht und nicht das beg�nstigte in das geringsteGebot (§44 Abs.1 ZVG), bleibt der L�schungsanspruchbestehen, sofern der Gl�ubiger nicht vollst�ndig befriedigtwird (§91 Abs.4 Satz1 ZVG), anderenfalls erlischt ernach §91 Abs.4 Satz2 ZVG. Die Vormerkungswirkungdes §1179a Abs.1 Satz3 BGB f�llt nach §130a Abs.1ZVG weg. Um ihm gleichwohl eine dingliche Sicherungzu erhalten, ist auf Antrag des Gl�ubigers die Eintragungeiner Vormerkung gem. §130a Abs.2 ZVG m�glich. Be-steht f�r den Gl�ubiger ein Anspruch aus §50 ZVG nicht,hat er die L�schung der Vormerkung auf seine Kosten zubewilligen (§130a Abs.2 Satz3 ZVG).

5. Die L�schungsvormerkung nach §1179 BGB hielt dieLiteratur bisher f�r insolvenzfest i.S.d. §106 InsO, sofernsie im Zeitpunkt der Er�ffnung des Insolvenzverfahrensbereits im Grundbuch eingetragen war oder die Bindungs-wirkung des §878 BGB eingetreten ist. Wann die Vereini-gung des Grundpfandrechts mit dem Eigentum eintritt, voroder nach Er�ffnung des Insolvenzverfahrens, wurde dage-gen als unerheblich angesehen (vgl. etwa Soergel/Konzen,§1179 Rz.14; Staudinger/Wolfsteiner, §1179 Rz.64; M�-Ko/Eickmann, §1179 Rz.43; AnwK-BGB/Krause, §1179Rz.18; ebenso j�ngst noch Alff, Rpfleger 2006, 487).

6. Hinsichtlich des – vergleichbaren – L�schungs-anspruchs nach §1179a BGB folgt der BGH dem nicht. Erhat zwar in seiner Entscheidung vom 14.9.2001 (BGH

NotBZ 11/2006 397Rechtsprechung

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DNotZ 2002, 275 m. Anm. Preuß) die Insolvenzfestigkeiteiner Vormerkung zur Sicherung k�nftiger Anspr�chegrunds�tzlich anerkannt. Dieser Entscheidung lag die Wer-tung zugrunde, dass der vom Gesetz zugelassene Vormer-kungsschutz f�r k�nftige Anspr�che (§883 Abs.1 Satz2BGB) sinnentleert w�re, wollte man ihn erst von dem Zeit-punkt an eintreten lassen, in dem die gesicherten Anspr�-che entstehen. Auch wenn es nahe gelegen h�tte, ver-gleichbares f�r §1179a BGB anzunehmen, will der BGHf�r den gesetzlichen Vormerkungsschutz des nachrangigenGrundschuldgl�ubigers nach §1179a BGB dies jedenfallsdann nicht gelten lassen, wenn das vorrangige Grund-pfandrecht zwar zum Zeitpunkt der Er�ffnung des Insol-venzverfahrens nicht mehr valutiert ist, das Eigentum andem Grundst�ck und die Grundschuld jedoch zu diesemZeitpunkt noch nicht zusammengefallen sind. Zur Begr�n-dung weist der BGH insbesondere daraufhin, dass dernachrangige Gl�ubiger bis zur Entstehung des L�schungs-anspruchs keine gesicherte Rechtsposition inne habe.

7. Unabh�ngig davon, wie man zu der Entscheidung steht(ablehnend etwa Alff, Rpfleger 2006, 486), folgt aus ihr f�rdie Praxis, dass in den F�llen, in denen eine Insolvenz desGrundst�ckseigent�mers nicht vollst�ndig auszuschließenist, nachrangige Grundpfandrechtsgl�ubiger sich hinsicht-lich der vorrangigen Grundschulden stets auch die R�ck-gew�hranspr�che des Grundst�ckseigent�mers bei Nicht-entstehung oder Tilgung der pers�nlichen Schuld (vgl.hierzu n�her etwa AnwK-BGB/Krause, §1191 Rz.94ff.)abtreten lassen sollten. Mit der Abtretung scheidet derR�ckgew�hranspruch aus dem Verm�gen seines bisherigenInhabers aus. Der R�ckgew�hranspruch kann unabh�ngigvon seiner F�lligkeit durch eine Vormerkung (§883 BGB)im Grundbuch gesichert werden. Dies erfordert eine Ein-tragungsbewilligung des Grundschuldgl�ubigers (vgl.OLG Hamm OLGZ 90, 3; AnwK-BGB/Krause, §1191Rz.99 m.w.N.). Einer solchen Vormerkung d�rften dievom BGH gegen die Insolvenzfestigkeit des gesetzlichenL�schungsanspruchs vorgebrachten Argumente nicht ent-gegenstehen. Dies gilt insbesondere, da das Wahlrecht desSicherungsgebers auf �bertragung der Grundschuld ansich selbst oder an einen Dritten (§§1192 Abs.1, 1154BGB), Verzicht auf die Grundschuld (§§1192 Abs.1, 1168BGB) oder Aufhebung der Grundschuld (§§875, 1192Abs.1, 1183 BGB) auf den Abtretungsempf�nger �ber-geht, sofern es vom Zedenten noch nicht ausge�bt wordenist. Bei Erl�schen der Grundschuld durch Zuschlag in derZwangsversteigerung steht diesem der anteilige Versteige-rungserl�s zu.

Ist eine Abtretung der R�ckgew�hranspr�che im Einzelfallnicht m�glich, z.B. mangels Mitwirkung des Grundst�cks-eigent�mers oder weil sie nach §399 BGB ausgeschlossenist, bzw. ist der vorrangige Grundschuldgl�ubiger zur Ab-gabe der f�r die Eintragung der Vormerkung erforderlichenEintragungsbewilligung nicht bereit (falls keine abwei-chenden Vereinbarungen bestehen, ist dieser hierzu nichtverpflichtet; vgl AnwK-BGB/Krause, §1191 Rz.99), soll-ten die nachrangigen Grundpfandrechtsgl�ubiger, sofernsie �ber einen Titel gegen den Grundst�ckseigent�mer ver-f�gen, dessen R�ckgew�hranspr�che pf�nden. Die Pf�n-dung des R�ckgew�hranspruchs richtet sich nach §§857Abs.1, 829ff. ZPO. Pfandobjekt ist nicht die Grundschuld.Der Grundschuldgl�ubiger kann diese daher weiter ver-tragsm�ßig verwerten oder neu valutieren (vgl. Palandt/Bassenge, §1191 Rz.37). Der Pf�ndungsgl�ubiger hat je-doch ein Widerspruchsrecht nach §115 ZVG im Zwangs-

versteigerungsverfahren (vgl. BGH NJW 2002, 1578).Wird die Grundschuld in Erf�llung des R�ckgew�hr-anspruchs an den Sicherungsgeber abgetreten, erwirbt derPfandgl�ubiger analog §1287 BGB, §848 Abs.2 ZPO einErsatzpfandrecht an der Grundschuld (vgl. M�Ko/Eick-mann, §1191 Rz.119). Bei Erl�schen der Grundschulddurch Zuschlag in der Zwangsversteigerung steht ihm deranteilige Versteigerungserl�s zu (BGH NJW 1987, 1026).

Notar Thomas Krause, Staßfurt

Beanstandung der Satzungsregelung �ber die Zwangs-einziehung eines Gesch�ftsanteils im Rahmen derAnmeldung einer Satzungs�nderungBGB §§133, 157; GmbHG §§34, 54, 57a

1. F�r die Beurteilung der Frage, ob im Rahmen derAnmeldung einer Satzungs�nderung eine neue Sat-zungsregelung als unwirksam beanstandet werdenkann, ist eine Auslegung der Satzung vorzunehmen,die unter Ber�cksichtigung aller Regelungen vor-zunehmen ist. Die Satzung einer GmbH kann dabeiauch durch das Gericht der weiteren Beschwerdeohne Beschr�nkung ausgelegt werden.

2. Unter Ber�cksichtigung dieses Maßstabs ist eineRegelung, nach der ein von einer Zwangseinziehungbetroffener Gesellschafter mit dem Zugang des Ein-ziehungsbeschlusses aus der Gesellschaft ausscheidet,nicht dahin zu verstehen, dass die Einziehung auchohne Zahlung der dem Gesellschafter zustehendenAbfindung wirksam sein soll, wenn zugleich in derSatzung geregelt ist, dass die Einziehung nur zul�ssigist, wenn die Abfindung gezahlt wird.

KG Berlin, Beschluss v. 18.10.2005 – 1 W 27/05

Aus den Gr�nden:

Im Ergebnis zu Recht ist allerdings das LG davon aus-gegangen, dass aufgrund der Anmeldung der Satzungs-�nderung der gesamte neu gefasste Gesellschaftsvertrag –auch soweit er mit der urspr�nglichen Fassung �berein-stimmende Regelungen trifft (BayObLGZ 1978, 282 =GmbHR 1979, 15) – umfassend auf seine rechtliche Wirk-samkeit �berpr�ft werden kann. Die f�r die Erstanmeldungvorgesehenen und in §9c Abs.2 GmbHG festgehaltenenPr�fungsbeschr�nkungen gelten f�r die Anmeldung einerSatzungs�nderung nicht (BayObLG v. 23.5.2001 – 3Z BR31/01, BayObLGReport 2002, 73 = GmbHR 2001, 728 =BB 2001, 1916 = Rpfleger 2001, 500).

Die Vorinstanzen haben aber zu Unrecht angenommen, dieRegelung in §9 Nr.3 des Gesellschaftsvertrags i.d.F. desBeschlusses der Gesellschafterversammlung vom23.6.2004 sei unwirksam und stelle ein Eintragungshinder-nis dar. Auf die von den Vorinstanzen aufgeworfene Frage,ob in der Satzung einer GmbH wirksam eine Regelung da-hin getroffen werden kann, dass eine von der Gesellschaf-terversammlung beschlossene Einziehung bereits vor derAuszahlung des Abfindungsbetrages an den betroffenenGesellschafter und damit unabh�ngig von dieser wirksamsei, kommt es nur dann an, wenn die Neufassung des Ge-sellschaftsvertrages eine solche Regelung enth�lt. Dies istjedoch nicht der Fall.

398 NotBZ 11/2006Rechtsprechung

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Nach §9 Nr.3 des ge�nderten Gesellschaftsvertrages schei-det ein Gesellschafter mit dem Zugang des Beschlusses�ber die Einziehung seines Gesch�ftsanteils aus der Ge-sellschaft aus. Ob mit dieser Regelung tats�chlich eineWirksamkeit vor der Zahlung des Abfindungsguthabensund damit unabh�ngig von dieser angeordnet ist – wie dieVorinstanzen angenommen haben –, ist durch Auslegungzu ermitteln, die im vorliegenden Fall ohne Bindung an dieFeststellungen des LG vom Senat selbst vorgenommenwerden kann, weil der Gesellschaftsvertrag einer Kapital-gesellschaft objektiv allein nach seinem Inhalt auszulegenist (BGHZ 9, 279 [281]; KG v. 22.6.2004 – 1 W 243/02,KGReport Berlin 2004, 580 = AG 2005, 400 = GmbHR2004, 1342 = Rpfleger 2004, 705 = NZG 2004, 1172; Kei-del/Meyer-Holz, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15.Aufl., §27Rz.50; Jansen, FGG, 2.Aufl., §27 Rz.50). Neben der Re-gelung in §9 Nr.3 findet sich dabei in §9 Nr.5 S.2 die Re-gelung, dass das Stimmrecht des betroffenen Gesellschaf-ters von dem Gesellschafterbeschluss an, der die Einzie-hung anordnet, ruht. Weiter findet sich in §9 Nr.6 die Re-gelung, wonach die Einziehung durch die Gesellschaft nurzul�ssig ist, wenn das Entgelt gezahlt werden kann, ohnedas Stammkapital anzugreifen. Unter Ber�cksichtigungdieser Regelung kann nicht davon ausgegangen werden,dass mit der Regelung in §9 Nr.3 eine sofortige Wirksam-keit des Einziehungsbeschlusses angeordnet werden sollte.Auch wenn die Regelung in §9 Nr.5 dahin verstanden wer-den k�nnte, dass sie nur f�r den Zeitraum zwischen Be-schlussfassung und Zugang des Einziehungsbeschlussesgelten soll, steht die Regelung in §9 Nr.6 jedenfalls derAnnahme einer sofortigen Wirksamkeit des Einziehungs-beschlusses entgegen. ...

Die Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderenGr�nden als richtig. Teilweise wird zwar angenommen,dass eine Satzungsneuregelung auch dann beanstandetwerden kann und damit ein Eintragungshindernis darstellt,wenn diese unklar ist (OLG Zweibr�cken MittRhNotK1978, 142; BayObLG v. 29.10.1992 – 3Z BR 38/92, Bay-ObLGReport 1993, 23 = GmbHR 1993, 167 = DB 1993,156). Anlass zu Zweifeln k�nnte insoweit die in der Be-schwerdebegr�ndung vertretene Auslegung geben, die voneiner unbedingten Einziehungsbefugnis ausgeht und derenZul�ssigkeit geltend macht, ohne auf die in §9 Nr.6 derSatzung getroffene Bestimmung einzugehen. Die Bean-standung einer unklaren Satzungsregelung kommt aber nurdann in Betracht, wenn dies auch �ber die beteiligten Ge-sellschafter hinaus f�r Dritte von Bedeutung sein kann(OLG Zweibr�cken MittRhNotK 1978, 142), wie diesetwa bei der Fassung des Stammkapitals oder des Unter-nehmensgegenstands der Fall sein kann. Eine derartige Be-deutung kommt jedenfalls der vorliegenden Einziehungs-regelung nicht zu, weil die Zul�ssigkeit der Einziehung un-abh�ngig von der rechtlichen Konstruktion ihrer Wirksam-keit nach §9 Nr.6 an eine wirksame Abfindungszahlunggebunden bleibt. ...

Ausschluss ohne wichtigen GrundBGB §§138, 242, 737

1. Eine gesellschaftsvertragliche Regelung, die einemGesellschafter das Recht einr�umt, einen Mitgesell-schafter ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes aus

einer Personengesellschaft auszuschließen, verst�ßtgegen die guten Sitten.

2. Dies gilt nicht, wenn ein neuer Gesellschafter ineine Personengesellschaft oder ein Einzelunternehmenaufgenommen wird und das Ausschließungsrecht al-lein dazu dient, binnen einer angemessenen Frist diePr�fung zu erm�glichen, ob zu dem neuen Partnerdas notwendige Vertrauen hergestellt werden kannund ob die Gesellschafter auf Dauer in der f�r die ge-meinsame Berufsaus�bung erforderlichen Weise har-monieren k�nnen.

3. Eine �berlange Pr�fungsfrist ist geltungserhaltendauf einen Zeitraum von 3 Jahren zu reduzieren.

OLG Frankfurt, Urteil v. 20.10.2005 – 16 U 3/05

Aus den Gr�nden

Der BGH hat in st�ndiger Rechtsprechung (zuletzt BGH v.14.3.2005 – II ZR 153/03, MDR 2005, 935 = BGHReport2005, 912 = AG 2005, 395 = GmbHR 2005, 620 m. Anm.Werner = ZIP 2005, 706ff. = DNotZ 2005, 792) entschie-den, dass eine gesellschaftsvertragliche Regelung gegen§138 Abs.1 BGB verst�ßt, die einem einzelnen Gesell-schafter das Recht einr�umt, Mitgesellschafter ohne Vor-liegen eines sachlichen Grundes aus einer Personengesell-schaft auszuschließen. Tragende Erw�gung hierf�r ist, denvon der Ausschließung oder K�ndigung bedrohten Gesell-schafter zu sch�tzen. Das freie K�ndigungsrecht des ande-ren Teils kann von ihm als Disziplinierungsmittel empfun-den werden, so dass er aus Sorge, der Willk�r des aus-schließungsberechtigten Gesellschafters ausgeliefert zusein, nicht frei von seinen Mitgliedschaftsrechten Ge-brauch macht oder seinen Gesellschafterpflichten nichtnachkommt, sondern sich den Vorstellungen der anderenSeite beugt („Damoklesschwert“).

Der BGH hat jedoch verschiedene Ausnahmen von diesemGrundsatz zugelassen. Die f�r den vorliegenden Rechts-streit maßgebende Ausnahme wurde im Urteil v. 8.3.2004(BGH v. 8.3.2004 – II ZR 165/02, MDR 2004, 847 =BGHReport 2004, 1023 = GesR 2004, 283 = NJW 2004,2013ff. = DNotZ 2004, 865) entwickelt. In diesem Urteilhat der BGH folgenden Leitsatz aufgestellt:

„Das grunds�tzlich nicht anzuerkennende Recht, einenMitgesellschafter ohne Vorhandensein eines sachlichenGrundes aus einer Gesellschaft ausschließen zu d�rfen,kann ausnahmsweise dann als nicht sittenwidrig angesehenwerden, wenn ein neuer Gesellschafter in eine seit langerZeit bestehende Soziet�t von Freiberuflern (hier: Gemein-schaftspraxis von Labor�rzten) aufgenommen wird unddas Ausschließungsrecht allein dazu dient, den Altgesell-schaftern binnen einer angemessenen Frist die Pr�fung zuerm�glichen, ob zu dem neuen Partner das notwendigeVertrauen hergestellt werden kann und ob die Gesellschaf-ter auf Dauer in der f�r die gemeinsame Berufsaus�bungerforderlichen Weise harmonieren k�nnen; eine Pr�fungs-frist von 10 Jahren �berschreitet den anzuerkennendenRahmen bei weitem.“

Eine konkrete zeitliche Grenze f�r die Einarbeitung hat derBGH in diesem Urteil nicht festgelegt, jedenfalls aber ei-nen Zeitraum von 10 Jahren als zu weitgehend betrachtet.Im vorliegenden Fall wurde ebenfalls eine Frist von gut 10Jahren (1.7.2000 bis 31.12.2010) vereinbart, was nach die-ser Rechtsprechung grunds�tzlich zur Nichtigkeit der Ver-einbarung f�hrt.

NotBZ 11/2006 399Rechtsprechung

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Dieser Rechtsprechung des BGH schließt sich der Senatan. Er wendet sie auch auf den Fall an, dass der neue Ge-sellschafter nicht in eine Soziet�t aufgenommen wird, son-dern in eine Einzelpraxis einsteigt, da insoweit die Interes-senlage identisch ist.

Der Senat hatte ebenso wie das LG zu entscheiden, aufwelchen Zeitraum die Vorschrift des Gesellschaftsvertra-ges geltungserhaltend zu reduzieren ist, welcher Zeitraumalso maßgeblich ist f�r ein gegenseitiges Kennenlernenund zur Kl�rung der Frage, ob das notwendige Vertrauenbesteht und ob beide Partner harmonieren. Henssler (LMK2005, 15 [16]) meint, ein bis zwei Jahre seien angemessen,aber auch drei Jahre sollten noch akzeptiert werden. Gru-newald (DStR 2004, 1750 [1752]) sieht einen Zeitraumvon zwei bis drei Jahren als angemessen an. Rieger (Lexi-kon des Arztrechts „Gemeinschaftspraxis“ Rz.52 undFn.75) h�lt zwei Jahre f�r ausreichend. Dahm (MedR 2004,565 [566]) sieht als Obergrenze die �ffentlichrechtlicheGrenze von f�nf Jahren, nach der der Juniorpartner auch ingesperrten Planungsbereichen im Falle eines weiterhin be-stehenden Bedarfs eine Zulassung erh�lt. Als Untergrenzewird der Zeitraum von zwei Jahren genannt, der in §14Abs.2 Satz1 TzBfG enthalten ist und eine entsprechendeBefristung von Arbeitsverh�ltnissen ohne sachlichen Grundvorsieht. Er sieht in der Regel einen Zeitraum von drei Jah-ren, in besonders gelagerten F�llen von f�nf Jahren, als ange-messen an. Das LG h�lt sich mit seiner Reduzierung auf dreiJahre v�llig in diesem Rahmen. Der Senat sieht ebenfallskeinen Anlass, von dieser Bewertung abzuweichen.

Zur Abkl�rung der Frage, ob zwischen den Partnern einerGemeinschaftspraxis das notwendige Vertrauen bestehtund ob sie in ihren Berufsauffassungen harmonieren, h�ltder Senat einen Zeitraum von drei Jahren als �ußerste zeit-liche Grenze f�r die gegenseitige Pr�fung, ob eine langfris-tige Zusammenarbeit m�glich erscheint, f�r angemessen,aber auch ausreichend.

Hinweis: Revision anh�ngig beim BGH unter Az. II ZR281/05.

Beurkundung einer KettenverschmelzungUmwG §§5, 7, 17, 18; HRV §26

1. Ein Verschmelzungsvertrag kann unter der auf-schiebenden Bedingung geschlossen werden, dass einfr�herer Verschmelzungsvertrag, an dem die nun-mehr �bertragende Gesellschaft als aufnehmenderRechtstr�ger beteiligt ist, durch Eintragung im Han-delsregister wirksam wird.

2. In einem solchen Vertrag muss die �bertragendeGesellschaft entsprechend ihrer gegenw�rtigen Ein-tragung im Handelsregister ohne Ber�cksichtigung ei-ner im Zusammenhang mit der Erstfusion vorgenom-menen, erst mit deren Eintragung im Handelsregisterwirksam werdenden Firmen�nderung bezeichnet wer-den.

3. §17 Abs. 2 Satz 4 UmwG steht dem Erlass einerZwischenverf�gung nicht entgegen, durch die dieM�glichkeit einer Klarstellung der Bezeichnung deran der Verschmelzung beteiligten �bertragenden Ge-sellschaft einger�umt wird.

OLG Hamm, Beschluss v. 19.12.2005 – 15 W 377/05

Tatbestand

I. Im Handelsregister des AG ... war eingetragen die N.und L. GmbH mit Sitz in I. Durch Vertrag nebst zustim-menden Gesellschafterbeschl�ssen vom 24.4.2004 wurdediese Gesellschaft als �bertragender Rechtstr�ger mit Ver-schmelzungsstichtag vom 1.1.2004 verschmolzen auf dieB. GmbH mit Sitz in L2 als �bernehmende Gesellschaft,die gleichzeitig ihren Sitz nach I. verlegte und ihre Firmain N. und L. GmbH �nderte. Die Verschmelzung wurde am6.9.2005 im Handelsregister der �bernehmenden Gesell-schaft eingetragen. Bereits zuvor, am 25.8.2005, wurde einweiterer Vertrag beurkundet, der die Verschmelzung derim Handelsregister des AG eingetragenen W. mbH als�bernehmender Rechtstr�ger mit der als „N. und L.GmbH“ bezeichneten �bertragenden Gesellschaft mit Ver-schmelzungsstichtag zum 1.1.2005 zum Gegenstand hat.Dieselbe Urkunde enth�lt zustimmende Gesellschafter-beschl�sse, die auf Seiten der �bernehmenden Gesellschafteine Kapitalerh�hung zum Zweck der Durchf�hrung derVerschmelzung sowie eine Satzungs�nderung dahin um-fasst, dass diese Gesellschaft mit dem Wirksamwerden derVerschmelzung ihre Firma in „N. und L. GmbH“ �ndert.Der Gesch�ftsf�hrer beider Gesellschaften hat die Ver-schmelzung in zwei notariell beglaubigten Erkl�rungenvom 25.8.2005 zum Handelsregister angemeldet. Gegen-stand des vorliegenden Verfahrens ist lediglich die Anmel-dung zum Register der �bernehmenden Gesellschaft, diemit der Anregung verbunden ist, zun�chst lediglich die Ka-pitalerh�hung gem. §53 UmwG, Firmen- und Satzungs-�nderung erst mit dem Wirksamwerden der Verschmel-zung einzutragen. Beigef�gt ist der Anmeldung eine Bi-lanz nebst Lagebericht f�r die „N. und L. GmbH“ f�r dasGesch�ftsjahr zum Stichtag 31.12.2004. ...

Aus den Gr�nden

II. Gegenstand der Anmeldung vom 25.8.2005 ist der Ver-schmelzungsvorgang insgesamt. Dieser ist zwar nach denVorschriften des UmwG in mehreren Schritten in das Re-gister der beteiligten Rechtstr�ger einzutragen. Wird – wiehier – zur Durchf�hrung der Verschmelzung bei der �ber-nehmenden Gesellschaft eine Kapitalerh�hung durch-gef�hrt, so muss gem. §53 UmwG in einem ersten Schrittzun�chst die Erh�hung des Stammkapitals im Register die-ser Gesellschaft eingetragen werden. Die am Ende der An-meldung vom 25.8.2005 genannte Reihenfolge (Eintra-gung der Kapitalerh�hung vorab, Eintragung der Firmen-und Satzungs�nderung der �bernehmenden Gesellschaftmit dem Wirksamwerden der Verschmelzung) entsprichtdanach dem Gesetz. Dies �ndert jedoch nichts daran, dasses sich um einen einheitlichen rechtlichen Vorgang, n�m-lich die Gew�hrung von Gesch�ftsanteilen der �berneh-menden Gesellschaft als Gegenleistung f�r die Verm�gens-�bertragung, handelt. Ein Eintragungshindernis, das sichaus dem Verschmelzungsvertrag selbst ergibt, muss danachbereits der Eintragung der Kapitalerh�hung zum Zweckder Durchf�hrung der Verschmelzung entgegenstehen.

Zu Recht haben die Vorinstanzen beanstandet, dass in demVerschmelzungsvertrag vom 25.8.2005 und demzufolgeauch in den Gesellschafterbeschl�ssen der beteiligten Ge-sellschaften (§113 UmwG) die �bertragende Gesellschaftnicht hinreichend genau bezeichnet ist. Nach §5 Abs.1Nr.1 UmwG muss der Verschmelzungsvertrag den Namenoder die Firma und den Sitz der an der Verschmelzung be-teiligten Rechtstr�ger angeben. Die Angaben m�ssen den

400 NotBZ 11/2006Rechtsprechung

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gegenw�rtigen Eintragungen im Handelsregister der betei-ligten Gesellschaften entsprechen (Widmann/Mayer,UmwG, §5 Rz.11; Lutter/Drygala, UmwG, 3.Aufl., §5Rz.5). Diesen Anforderungen gen�gt die Bezeichnung der�bertragenden Gesellschaft als „N. und L. GmbH“ in demVerschmelzungsvertrag nicht. Diese Bezeichnung nimmtoffenbar bewusst – im Gegensatz zu derjenigen der �ber-nehmenden Gesellschaft – nicht auf eine bestimmte Eintra-gung der Gesellschaft im Handelsregister Bezug. Aus demLagebericht der der Anmeldung beigef�gten Schlussbilanzergibt sich mit Deutlichkeit, dass es sich bei der �bertra-genden Gesellschaft um eine Fusionsgesellschaft handelnsoll, die aus der Verschmelzung zwischen der N. und L.GmbH mit Sitz in I. als �bertragender und der B. GmbHmit Sitz in L2 als �bernehmender Gesellschaft hervor-gegangen ist. Diese Verschmelzung ist wirtschaftlich zum1.1.2004 als Verschmelzungsstichtag durchgef�hrt worden,ist jedoch erst am 6.9.2005 durch Eintragung im Handels-register der �bernehmenden Gesellschaft wirksam gewor-den (§20 Abs.1 UmwG). Zu dem hier maßgeblichen Zeit-punkt der Beurkundung vom 25.8.2005 war diese Ver-schmelzung einschließlich der Firmen�nderung der B.GmbH als der �bernehmenden Gesellschaft noch nichtwirksam geworden. Der Verschmelzungsvertrag konnte f�rdiese Gesellschaft deshalb lediglich unter ihrer damaligenFirmierung als B. GmbH geschlossen werden. B2 GmbHist in dem Verschmelzungsvertrag indessen nicht erw�hnt.In diesem Zusammenhang ist zu ber�cksichtigen, dass ent-gegen der Auffassung des LG die Identit�t der B. GmbHals juristische Person im Rahmen der ersten Verschmel-zung nicht ber�hrt worden ist. Denn bei der Verschmel-zung durch Aufnahme erlischt lediglich der �bertragende,nicht jedoch der �bernehmende Rechtstr�ger (§20 Abs.1UmwG). Es geht in dem vorliegenden Zusammenhangalso lediglich um die korrekte Bezeichnung der Firma derbetreffenden Gesellschaft. Zwar ergibt die individuelleAuslegung des Verschmelzungsvertrages vom 25.8.2005unter Ber�cksichtigung der Erl�uterungen der Schluss-bilanz, dass an dem Vertrag B2 GmbH als �bertragenderRechtstr�ger beteiligt sein soll (s. dazu nachstehend). DenAnforderungen des §5 Abs.1 Nr.1 UmwG kann es jedochnicht gen�gen, dass sich aus einer m�hevollen Auswertungaller der Anmeldung beigef�gten Unterlagen derjenigeRechtstr�ger feststellen l�sst, der nach dem Willen der Bet.an der Verschmelzung beteiligt sein soll. Aus der gesetzli-chen Vorschrift muss vielmehr schon im Hinblick auf denGl�ubigerschutz abgeleitet werden, dass die beteiligtenRechtstr�ger in dem Verschmelzungsvertrag so klar undeindeutig bezeichnet werden m�ssen, dass Zweifel vonvornherein ausgeschlossen sind.

Das LG hat jedoch nicht erwogen, ob der Bet. durch denErlass einer Zwischenverf�gung Gelegenheit zur Behe-bung des Eintragungshindernisses zu geben ist ... Nachdemdas LG in seiner Entscheidung auf diesen Gesichtspunktnicht eingegangen ist, steht die entsprechende Entschei-dung nunmehr dem Senat zu, wobei das Rechtsbeschwer-degericht auch das Ermessen eigenst�ndig aus�ben kann(BayObLG v. 31.1.1997 – 2Z BR 7/97, MDR 1997, 596 =BayObLGReport 1997, 41 = FGPrax 1997, 89; Keidel/Meyer-Holz, FG, 15.Aufl., §27 Rz.56 m.w.N.).

Bei der nicht ausreichenden Bezeichnung des �bertragen-den Rechtstr�gers im zweiten Verschmelzungsvertrag undden Gesellschafterbeschl�ssen handelt es sich um ein be-hebbares Eintragungshindernis. Die Auslegung des Ver-schmelzungsvertrages ergibt unter Heranziehung der

Schlussbilanz und der Registerakten aller Gesellschaften,dass in der Sache eine Kettenverschmelzung mehrerer Ge-sellschaften gewollt ist: Die erste Verschmelzung mit demVerschmelzungsstichtag 1.1.2004 unter Beteiligung der N.und L. GmbH als �bertragender und der B. GmbH als�bernehmender Gesellschaft ist auf die Bildung einer Fusi-onsgesellschaft mit einer Firmenmeldung entsprechendderjenigen der �bertragenden Gesellschaft gerichtet. MitStichtag zum 1.1.2005 soll in einem zweiten Vorgang diezun�chst gebildete Fusionsgesellschaft als �bertragenderRechtstr�ger auf die W2 mbH als �bernehmende Gesell-schaft verschmolzen werden. Beide Vorg�nge sind mit-einander verkoppelt, weil die erste Verschmelzung man-gels Eintragung im Handelsregister noch nicht wirksamgeworden war, als der zweite Verschmelzungsvertrag unddie dazugeh�renden Gesellschafterbeschl�sse beurkundetworden sind, wobei wegen der Frist des §17 Abs.2 S.4UmwG die Beurkundung nicht l�nger als acht Monatenach dem Verschmelzungsstichtag (1.1.2005) hinaus-geschoben werden konnte. Aus den Erl�uterungen derSchlussbilanz und den aus den Registerakten ersichtlichenZusammenh�ngen ist deutlich zu erkennen, dass der zweiteVerschmelzungsvertrag erst wirksam werden sollte, wennder erste Verschmelzungsvorgang durch die noch ausste-hende Eintragung im Handelsregister wirksam gewordenwar. Denn B2 GmbH sollte mit dem im Rahmen der erstenVerschmelzung erh�hten Kapital erneut verschmolzen wer-den. So haben auch die Vorinstanzen den zweiten Ver-schmelzungsvertrag verstanden. Dem wirksamen Ab-schluss des zweiten Verschmelzungsvertrages steht in die-sem Zusammenhang nicht entgegen, dass zum Zeitpunktseines Abschlusses die erste Verschmelzung noch nichtwirksam geworden war. Zwar konnte dieser – wie aus-gef�hrt – f�r die �bertragende Gesellschaft nur unter derenB. GmbH geschlossen werden. Jedoch bestanden keineHinderungsgr�nde, den zweiten Verschmelzungsvertragunter der aufschiebenden Bedingung des Wirksamwerdensder ersten Verschmelzung abzuschließen. §7 S.1 UmwGl�sst vielmehr den Abschluss eines Verschmelzungsvertra-ges unter einer aufschiebenden Bedingung ausdr�cklichzu. F�r die Wahrung der Formvorschriften ist auch bei ei-ner solchen Kettenverschmelzung auf den Zeitpunkt desVerschmelzungsvertrages und der Beschlussfassung derGesellschafter der beteiligten Gesellschaften abzustellen(Widmann/Mayer, UmwG, §5 Rz.235.4). Im Wege derAuslegung kann deshalb der notariellen Urkunde vom25.8.2005 sowohl das rechtlich gewollte Ergebnis als auchdie dies erm�glichende rechtliche Gestaltung entnommenwerden. F�r den Vollzug im Handelsregister fehlt lediglichdie erforderliche klarstellende Fassung. Eine solche Klar-stellung kann auch noch nachtr�glich erfolgen, so dass dasEintragungshindernis behebbar ist.

Die Klarstellung kann durch die Erkl�rung in einer Erg�n-zungsurkunde in der Weise vorgenommen werden, dassder Verschmelzungsvertrag vom 25.8.2005 f�r B2 GmbHals �bertragende Gesellschaft unter der aufschiebendenBedingung des Wirksamwerdens der Verschmelzung die-ser Gesellschaft als �bernehmender Rechtstr�ger mit derN. und L. GmbH als �bertragender Gesellschaft geschlos-sen ist und diese Bedingung durch die zwischenzeitlich am6.9.2005 erfolgte Eintragung im Handelsregister der �ber-nehmenden Gesellschaft eingetreten ist. Zur Abgabe einersolchen Erkl�rung ist die nunmehr unter N. und L. GmbHfirmierende Fusionsgesellschaft ohne weiteres in der Lage,weil sie mit der �bernehmenden, fr�her als B. GmbH fir-mierenden Gesellschaft identisch ist und erst mit dem

NotBZ 11/2006 401Rechtsprechung

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Wirksamwerden der zweiten Verschmelzung erlischt. Eineentsprechende Klarstellung muss auch bei den Gesell-schafterbeschl�ssen der beteiligten Gesellschaften sowieden Anmeldungen zum Handelsregister erfolgen.

Einer solchen nachtr�glichen Klarstellung steht auch nichtdie Vorschrift des §17 Abs.2 S.4 UmwG entgegen. Nachdieser Vorschrift darf eine Verschmelzung nur eingetragenwerden, wenn die Schlussbilanz des �bertragenden Rechts-tr�gers auf einen h�chstens acht Monate vor der Anmel-dung liegenden Stichtag erstellt ist. Dadurch soll sicher-gestellt werden, dass die Bilanz die in die n�chste Jahres-bilanz des �bernehmenden Rechtstr�gers eingehendenWerte des �bertragenden Rechtstr�gers zeitnah wiedergibt.Dies dient auch dem Schutz der Gl�ubiger, die in der Lagesein sollen, sich einen zeitnahen Eindruck von der Ver-m�genslage des �bertragenden Rechtstr�gers zu verschaf-fen, zumal die gepr�fte Schlussbilanz im Fall der Kapital-erh�hung die Sacheinlagenpr�fung ersetzt. Da nach der ge-setzlichen Vorschrift des §17 Abs.2 S.4 UmwG die Fristbezogen auf den Zeitpunkt der Anmeldung zum Handels-register zu berechnen ist, wird verbreitet die Auffassungvertreten, zur Fristwahrung sei nicht erforderlich, dass dieAnmeldung ohne weiteres zur Eintragung f�hre, das Nach-reichen fehlender Unterlagen sei m�glich (Lutter/Bork,UmwG, 3.Aufl., §17 Rz.6; Widmann/Mayer, UmwG, §24Rz.68). Inwieweit einzelne Fallkonstellationen eine abwei-chende Handhabung rechtfertigen k�nnen (KG v.22.9.1998 – 1 W 4387/97, GmbHR 1998, 1230 = KGRe-port Berlin 1999, 106 = FGPrax 1999, 31 = NJW-RR1999, 186 betreffend eine wegen einer fehlenden Kapital-erh�hung bei der �bernehmenden Gesellschaft unvollst�n-dige Verschmelzung), bedarf keiner n�heren Entscheidung.Denn hier beschr�nkt sich das Eintragungshindernis aufeine fehlende Klarstellung der Darstellung des Verschmel-zungsvorgangs. Der M�glichkeit, diese nachzureichen,steht auch der Zweck des §17 Abs.2 S.4 UmwG nicht ent-gegen. Im �brigen wird diese Frist auch dann gewahrt,wenn zum Zeitpunkt der Anmeldung eine zul�ssige Bedin-gung, von der der Eintritt der Verschmelzung abh�ngig ist,noch nicht eingetreten, insb. ein weiterer Umwandlungs-vorgang noch nicht wirksam geworden ist (Widmann/May-er, UmwG, §24 Rz.68).

Weitere Eintragungshindernisse sind derzeit nicht ersicht-lich. Die in dem Beschluss des AG vom 8.9.2005 erg�n-zend erhobene Beanstandung betreffend die Schlussbilanzder �bertragenden Gesellschaft h�lt der Senat nicht f�r ge-rechtfertigt. Wie bereits ausgef�hrt, ist aus den Erl�uterun-gen der Bilanz hinreichend ersichtlich, dass diese sich aufdie aus der ersten Verschmelzung hervorgegangene Fusi-onsgesellschaft bezieht, die nach dem Wirksamwerden derVerschmelzung die Firma N. und L. GmbH f�hrt. Dass dieBilanz wirtschaftlich die Wirkungen der Verschmelzungauf den 1.1.2004 vorwegnimmt, folgt aus der Bestimmungdieses Datums als Verschmelzungsstichtag (§5 Abs.1 Nr.6UmwG). ...

Anfechtung eines Kapitalerh�hungsbeschlussesAktG §§155, 246, 255

1. Es spricht viel daf�r, auch im Falle einer einheitli-chen gemischten Bar- und Sachkapitalerh�hung dieAnfechtung des Kapitalerh�hungsbeschlusses gem.§ 155 Abs. 2 AktG analog zu gestatten, wenn eine

�berbewertung der Sacheinlage geltend gemachtwird, insbesondere dann, wenn der Erwerb der Sach-einlage vom Mehrheitsaktion�r erfolgen soll.

2. Die aktienrechtliche Differenzhaftung erfasst denvollen Gegenwert der daf�r ausgegebenen Aktien.

3. Ist die Klage gegen einen Kapitalerh�hungs-beschluss, mit dem die �berbewertung der Sacheinla-ge ger�gt wird, nicht offensichtlich unbegr�ndet,dann kann dennoch im Freigabeverfahren gem. §§ 255Abs. 3, 246a AktG an der Eintragung der Kapitalerh�-hung in das Handelsregister gegen�ber dem Auf-schubinteresse der Kl. �berwiegen, wenn der Erfolgder Hauptsacheklage zweifelhaft ist; bei der Abw�-gung ist weiterhin zu ber�cksichtigen, ob im Falle ei-ner erfolgreichen Anfechtung die Durchsetzung einerm�glichen Differenzhaftung realistisch ist.

OLG Jena, Beschluss v. 12.10.2006 – 6 W 452/06

Mitgeteilt durch RiOLG Prof. Dr. Walter Bayer, Jena

Gesamtnichtigkeit einer NachfolgeregelungAktG §136; BGB §§134, 138, 139, 2346

Zur Nichtigkeit einer Schenkung und eines Pflicht-teilsverzichts im Zusammenhang mit unzul�ssigerStimmbindung. l

OLG Oldenburg, Urteil v. 16.3.2006 – 1 U 12/05

Tatbestand

I. ... Mit der Gr�ndung der IHH AG und der Anteils�ber-tragung auf seine T�chter wollte der Kl. seine Unterneh-mensbeteiligungen vollwirksam unter Lebenden und damiterbschaftssteuerneutral �bertragen. Ein �bergang der Un-ternehmensf�hrung sollte damit nicht verbunden sein. ImGegenteil sollte eine fortdauernde einheitliche unterneh-merische F�hrung der Gruppenunternehmen durch den Kl.selbst oder einen sp�ter von ihm zu bestimmenden geeig-neten Unternehmensnachfolger gew�hrleistet werden.Dem Kl. kam es wesentlich darauf an, unter Ber�cksichti-gung aller denkbaren Eventualit�ten rechtsgestaltend si-cherzustellen, dass er trotz der Anteils�bertragungen wei-terhin ohne relevante Einschr�nkungen allein �ber die Ge-sch�fte bzw. die Person eines Rechtsnachfolgers in der Un-ternehmensf�hrung das letztentscheidende „Bestimmungs-recht“ in der Gesellschaft behielt. Aus den seinerzeit ge-troffenen Vereinbarungen ergibt sich folgendes Bild:

Bereits nach dem Gr�ndungsvertrag der IHH AG war eine�bertragung der Aktien grunds�tzlich nur mit mehrheitli-cher Zustimmung der Gesellschafter m�glich; zustim-mungsfrei konnten die Gesellschafter allerdings Aktien anihre Mitgesellschafter und deren leibliche Abk�mmlinge�bertragen. Im Anschluss an die Gr�ndung der AG wurdeam selben Tag von den Aktion�ren ein Schutzgemein-schaftvertrag geschlossen, wonach sich die Gesellschafterdem Ziel verpflichteten, die IHH AG im Eigentum der Fa-milie zu halten und ihre Stimmrechte einheitlich in diesemSinne auszu�ben. Die Aus�bung der Stimmrechte war demKl. als gesch�ftsleitendem Gesellschafter �bertragen; diessollte auch so bleiben.

402 NotBZ 11/2006Rechtsprechung

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Zur Umsetzung seiner Pl�ne w�hlte der Kl. die Kombinati-on verschiedener Vereinbarungen, die alle am 27.10.1993getroffen wurden. Zun�chst vereinbarten die Eheleute V.mit ihren T�chtern deren Verzicht auf Pflichtteilsrechte.Danach schlossen der Kl., seine Ehefrau und seine T�chtereine privatschriftliche Stimmbindungsvereinbarung zu-gunsten des Kl. Weiter schlossen der Kl. und seine T�chtereinen Schenkungs- und �bereignungsvertrag (sp�ter teil-weise abge�ndert durch Vertrag vom 3.12.1999). ...

Aus den Gr�nden

1. Dem Kl. steht sachlich ein bereicherungsrechtlicherAnspruch auf R�ck�bertragung der im Tenor bezeichnetenAktien zu.

a) Der Senat geht ... zun�chst davon aus, dass der am27.10.1993 u.a. zwischen den Parteien dieses Rechtsstreitsgeschlossene Stimmbindungsvertrag zugunsten des Kl�-gers wegen Verstoßes gegen §136 Abs.2 AktG nichtig ist.

Die Vereinbarung enth�lt eine unzul�ssige Stimmbindungzugunsten des Vorstands der IHH AG. Sie verpflichtet dieEhefrau des Kl�gers und seine drei T�chter zu einerStimmrechtsaus�bung „nach Weisung ... des Vorstands“.Einer Anwendung des §136 Abs.2 AktG steht nicht ent-gegen, dass der Kl. als weisungsbefugtes Mitglied des Vor-stands namentlich benannt wurde. Dies gilt ebenso f�r denUmstand, dass der Kl. bei Vertragsschluss nicht nur imVorstand der AG t�tig war, sondern – f�r kurze Zeit biszum Abschluss des Schenkungsvertrages – zugleich noch98,80%iger Mehrheitsaktion�r der AG. Unerheblich istschließlich auch, dass der Kl. nach Vollzug der Schenkungnoch eine Aktie (Anteil 0,005%) behielt.

aa) §1 des Stimmbindungsvertrags von 1993 verpflichtetedie Ehefrau und die T�chter des Kl�gers zur Aus�bung ih-rer Aktion�rsstimmrechte „nach den Weisungen“ des Kl�-gers bzw. zur Beschlussfassung nur mit Zustimmung desKl. Stimmbindungsvereinbarungen sind grunds�tzlich undnur in den gesetzlich geregelten Ausnahmef�llen verboten(BGH NJW 1987 [1890, 1892]; Schr�er in MK-AktG,2.Aufl., §136 Rz.61). Das Gesetz untersagt nach demWortlaut des §136 Abs.2 AktG Stimmbindungsvertr�gezugunsten des Vorstands. Damit soll verhindert werden,dass die Verwaltung der AG einen unerw�nschten Einflussauf die Willensbildung der Hauptversammlung nimmt unddie gesellschaftsverfassungsrechtlich gebotene Kontrolledes Vorstandes durch die Aktion�re erschwert wird. Ver-boten sind danach Vereinbarungen �ber eine Weisungs-befugnis des Organs „Vorstand“; Vereinbarungen mit ein-zelnen Vorstandsmitgliedern sollen dagegen prinzipiell zu-l�ssig sein (H�ffer, AktG, 6.Aufl., §136 Rz.26; Schr�er inMK-AktG, 2.Aufl., §136, Rz.74). Die streitgegenst�ndli-che Vereinbarung erf�llt die Voraussetzung des Verbotstat-bestandes, weil der Kl. sich die Weisungsbefugnisse geradewegen und zum Zweck der weiteren St�rkung seiner be-herrschenden Funktion als Leiter/Verwaltungsvorstand derIHH hat einr�umen lassen. Daf�r sprechen bereits die �u-ßeren Umst�nde. Der Kl. hatte im Jahr 1993 den Stimm-bindungsvertrag nicht als einzelnes Mitglied eines ausmehreren Personen zusammengesetzten Vorstands ge-schlossen, sondern als einziges Vorstandsmitglied. Dies er-gibt sich aus dem Handelsregister. Nach der Gr�ndung derAG im Dezember 1992 war allein der Kl. als Vorstand ein-getragen. Das �nderte sich erst im Januar 1994, als zweiweitere Vorstandsmitglieder (P. und H.) eingetragen wur-den und der Kl. fortan als „Vorstands-Vorsitzender“ be-

zeichnet wurde ... (E)r hatte ... durch verschiedene Rege-lungen in dem Stimmbindungsvertrag von 1993 daf�r ge-sorgt, dass er die Geschicke der IHH AG nicht nur als ein-ziger Vorstand, sondern auch in den Zeiten eines Mehrper-sonenvorstandes letztentscheidend allein bestimmen undlenken konnte ...

bb) Es ist allgemein anerkannt, dass das Stimmbindungs-verbot des §136 Abs.2 AktG unabh�ngig davon gilt, obder beg�nstigte Vorstand gleichzeitig Kapitalgeber ist(Schr�er, a.a.O §136 Rz 71 [80] m.w.N.; tendenziell eben-so OLG Stuttgart JZ 1987, 570 betr. Stimmenpoolverein-barungen). ...

cc) Gegen eine Anwendung des §136 Abs.2 AktG sprichtauch nicht, dass die IHH AG keine jedermann uneinge-schr�nkt zug�ngliche „offene“ AG ist. Von ihrer Konzepti-on her war und ist die IHH AG immer noch ein faktischpersonell in sich geschlossenes Familienunternehmen, des-sen Kapital urspr�nglich zudem allein von dem Kl. (Fami-lienvater) erwirtschaftet und eingebracht worden war.

Der Kl. hat Zweifel daran ge�ußert, dass die Regelung des§136 Abs.2 AktG f�r solche Gesellschaften �berhaupt„passt“. Gegen die Anwendbarkeit dieser Norm k�nntesprechen, dass der Interessengegensatz zwischen Kapital-gebern und Vorstand, der nach dem Willen des Gesetz-gebers nicht durch Stimmbindungsvertr�ge zugunsten ei-ner dominanten und stets durchsetzungsf�higen Bestim-mungsgewalt der Verwaltung verschoben werden soll, imFall eines Familienunternehmens eher nicht so pr�gend istwie im gesetzlichen Modellfall einer AG. Gegen die Be-trachtungsweise des Kl�gers ist jedoch vor allem ein-zuwenden, dass derjenige, der eine bestimmte Rechtsformw�hlt, sich auch den daf�r geltenden gesetzlichen Bestim-mungen unterwerfen muss. ...

b) Der Anspruch des Kl�gers auf R�ck�bertragung der1993 der beklagten geschenkten Namensaktien folgt da-raus, dass der Verstoß gegen §136 Abs.2 AktG zur Ge-samtnichtigkeit, mindestens jedoch zur Nichtigkeit desKernbereichs der Stimmbindungsvereinbarung 1993 f�hrtund dies im Ergebnis auch eine Unwirksamkeit des Vertra-ges �ber die Schenkung der Aktien bewirkt.

aa) Der Verstoß gegen §136 Abs.2 AktG hat die Unwirk-samkeit des gesamten Stimmbindungsvertrages 1993 zurFolge.

Dem steht nicht entgegen, dass die Vertragsparteien in §7Ziff.3 eine salvatorische Ersetzungsklausel vereinbart hat-ten. Daraus l�sst sich nicht herleiten, dass die nicht unmit-telbar von der Nichtigkeit nach §136 Abs.2 AktG erfass-ten Teile des Vertrags unabh�ngig von der G�ltigkeit desVertrages im �brigen auf jeden Fall wirksam bleiben.Klauseln der hier vereinbarten Art entbinden nicht von dernach §139 BGB vorzunehmenden Pr�fung, ob die Parteiendas teilnichtige Gesch�ft als Ganzes verworfen h�tten oderaber den Rest h�tten gelten lassen. Sie �ndern lediglich die�bliche Darlegungs- und Beweislast zu Ungunsten desjeni-gen, der sich gegen eine Teil-Aufrechterhaltung ausspricht(BGH NJW 2003, 347).

Hier ist aufgrund des unstreitigen Sachverhalts nach der�berzeugung des Senats mit hinreichender Sicherheit da-von auszugehen, dass ohne die Stimmbindungsverein-barungen in §1 der Vertrag insgesamt nicht abgeschlossenworden w�re und deshalb auch nicht teilweise aufrecht-zuerhalten ist. Die nichtigen Weisungsbefugnisse und Zu-stimmungserfordernisse, mit denen die Mitaktion�re in

NotBZ 11/2006 403Rechtsprechung

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den f�r die AG wesentlichen Entscheidungen dem Willendes Kl�gers unterworfen wurde, bilden den Kerngehalt derVereinbarung. ...

Schließlich erm�glicht die salvatorische Ersetzungsklauselauch keine taugliche Abhilfe im Wege einer Ersetzung derunwirksamen Regelungen durch wirksame andere Bestim-mungen. Denn zum einen ist die Stimmbindung der ent-scheidende Regelungszweck der Vereinbarung. Und zumanderen ist nicht ersichtlich, welche andere Regelung dieStimmbildung wirksam ersetzen k�nnte. Die f�r die An-wendung des §136 Abs.2 AktG maßgebliche rechtlicheWertung, dass der Kl. in Wirklichkeit eine Bindung derStimmen an sich als „Vorstand“ bewirken wollte, kanndurch eine anderweitige Regelung nicht ersetzt werden,ohne den Vertragszweck zu konterkarieren. An der Uner-heblichkeit der Aktion�rsstellung f�r die Frage der Stimm-bindung k�nnte eine anders formulierte Regelung nichts�ndern. Auch die M�glichkeit der Ersetzung durch andereFormen der Stimmbindung ist nicht ersichtlich, weil dermit dem Vertrag verfolgte Zweck der Stimmbindung „wirt-schaftlich oder rechtlich“ durch eine andere wirksame Re-gelung nicht erreicht werden kann.

bb) Die zu aa) festgestellte Nichtigkeit des Stimmbin-dungsvertrags 1993 f�hrt zugleich zur Unwirksamkeit derVereinbarung der Parteien �ber die Schenkung der vom Kl.herausverlangten Namensaktien.

Der Senat geht hilfsweise davon aus, dass unbeschadet derAufrechterhaltung der Stimmbindungsvereinbarung im�brigen auch schon allein der Fortfall der von §136 Abs.2AktG unmittelbar erfassten Stimmbindungsregelungen dieNichtigkeit des Schenkungsvertrags zur Folge hat.

F�r eine Gesamtnichtigkeit der beiden Vertr�ge nach §139BGB spricht zun�chst, dass in beiden Pr�ambeln wechsel-seitig auf den jeweils anderen Vertrag Bezug genommenwird. Der Schenkung der Anteile wird in Ziff.2 der Pr�am-bel des Stimmbindungsvertrags 1993 ausdr�cklich „imAnschluss an die Unterzeichnung dieses Vertrags“ verspro-chen.

Die grundlegende Bedeutung der Stimmbindungsverein-barung f�r die Schenkung wird dadurch deutlich, dass demKl. in §5 Ziff.3 c des Schenkungsvertrags f�r den Fall derNichteinhaltung der Verpflichtungen aus dem Stimmbin-dungsvertrag ein Recht zum Widerruf der Schenkung ein-ger�umt wurde. Schließlich indiziert auch der mit beidenVertr�gen verfolgte Regelungszweck eine Einheit i.S.d.§139 BGB. Denn es war f�r alle Bet. (unstreitig) offenkun-dig, dass der Kl. trotz der Anteils�bertragung im Wege vor-weggenommener Erbfolge f�r jeden denkbaren Fall nochweiterhin die alleinige Entscheidungsbefugnis im Unter-nehmen behalten wollte.

Aus der Sicht des Senats ist danach nicht zweifelhaft, dassbeide Vertr�ge eine sich wechselseitig erg�nzende Einheitbildeten und der Kl. nur entweder beide Vertr�ge oder garkeinen geschlossen h�tte. Ohne die Stimmbindung h�tteder Kl. seine Aktien nicht vorzeitig auf die Bekl. �bertra-gen und ohne die vorweggenommene �bertragung der Ak-tien bestand kein Grund f�r die Stimmbindungsverein-barung.

Auch die in §8 Ziff.3 des Schenkungsvertrags enthaltenesalvatorische Ersetzungsklausel kann keine Aufrechterhal-tung des Vertrages bewirken. Denn die Stimmbindung ist –wie bereits ausgef�hrt – nicht durch eine dem Vertrags-zweck entsprechende wirksame Alternativregelung ersetz-

bar und ohne Stimmbindung h�tte es keinen Schenkungs-vertrag gegeben. Dies alles folgt – unabh�ngig von derauch hier grunds�tzlich zu ber�cksichtigenden Darlegungs-und Beweislastumkehr – aus den beiderseits und insoweitauch �bereinstimmend vorgetragenen objektiven Umst�n-den des Falles.

cc) ... Allerdings ist die Rechtsfolge einer Gesamtnichtig-keit dann problematisch, wenn die nichtigen Bestandteileeines (einheitlichen) Rechtsgesch�fts auf Grund einer ge-setzlichen Regelung weggefallen sind, die den Schutz einerPartei gew�hrleisten soll. §136 Abs.2 AktG ist jedoch kei-ne Norm zum Schutz von Personen, die mit stimmbin-dungsbehafteten Aktien beschenkt werden. Diese Verbots-norm soll vielmehr allein dazu dienen, die Gesellschafter(Aktion�re) vor einer �berm�ßig zugunsten des Vorstandsverschobenen Einflussnahme auf die Geschicke der Gesell-schaft zu sch�tzen.

dd) Der R�ck�bertragungsanspruch ergibt sich aus berei-cherungssrechtlichen Gesichtspunkten.

Entgegen der Ansicht der Bekl. erstreckt sich die Unwirk-samkeit der schuldrechtlichen Schenkungsvereinbarungnicht auf das mitbeurkundete Erf�llungsgesch�ft, also dieAbtretung der Namensaktien ... Insbesondere handelt essich nicht um ein sog. „Handgesch�ft“ des t�glichen Le-bens, bei dem der Rechtsgrund und das Erf�llungsgesch�fttypischerweise in einem Akt zusammenfallen. Es ergibtsich auch nicht aus der Verbindung der beiden Rechts-gesch�fte in einer notariellen Urkunde ein vom Regelfallabweichender (und daher nicht ohne signifikante Gr�ndeanzunehmender) Wille der Parteien, Verpflichtungs- undErf�llungsgesch�ft als Einheit behandeln zu wollen.

Der Hilfseinwand der Bekl., sie schulde eine R�ck�bertra-gung der Aktien allenfalls Zug um Zug gegen ihre Entlas-sung aus der Vereinbarung �ber den Pflichtteilsverzichtund gegen eine Befreiung von dem Leibrentenzahlungsver-sprechen, ist unbegr�ndet.

Der Senat ist aus den nachstehend zu 2. ausgef�hrtenGr�nden der Ansicht, dass es einer R�ckg�ngigmachungdes Pflichtteilsverzichts nicht bedarf, weil die Verzichts-vereinbarung als weitere Folge der Nichtigkeit der Vertr�ge�ber die Stimmbindung und die Anteils�bertragung (§139BGB) ohne weiteres unwirksam ist. Ein gesonderter R�ck-abwicklungsakt h�tte danach allenfalls deklaratorische Be-deutung und ist nicht geeignet, den Zug-um-Zug-Einwandzu begr�nden. ...

... Zweifelsfrei h�tte die Bekl. die Aktien nicht erhalten,wenn sie nicht einen Verzicht auf ihren (nach der Wertungdes Gesetzes und Art.14 Abs.1 GG grunds�tzlich unent-ziehbaren) Pflichtteil nach dem Tod des l�ngstlebenden El-ternteils erkl�rt h�tte. Dann wird aber deutlich, dass dieBekl. auf der einen Seite infolge des Pflichtteilsverzichtseinen unmittelbaren rechtlichen Nachteil erlitten hat und„daf�r“ auf der anderen Seite im Ergebnis keine werthalti-gen, weil ihre Einflussnahme auf das Unternehmen fak-tisch ausschließenden Rechte erlangt hatte. Wenn manweiter ber�cksichtigt, dass die Bekl. die Einnahmen ausden Aktien praktisch in voller H�he f�r die Leibrentenzah-lungen und die damals noch bestehende Verm�genssteueraufwenden sollte, bleibt nicht viel an erhaltener „Gegen-leistungssubstanz“. Aus der Sicht des Senats ist es danachgerechtfertigt, hier von einem auff�lligen Missverh�ltnisder wechselseitig eingegangenen Verpflichtungen mit sig-nifikanter Benachteiligung der Bekl. auszugehen, was in

404 NotBZ 11/2006Rechtsprechung

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der Gesamtbewertung eine Anwendung des §138 Abs.1BGB zu Gunsten der Bekl. rechtfertigt.

Die zul�ssige Widerklage der Bekl. ist begr�ndet. Die fest-gestellte Nichtigkeit des Stimmbindungsvertrages 1993und die nach §139 BGB daraus zugleich abgeleitete Un-wirksamkeit des Schenkungsvertrages entzieht auch demvon der Bekl. am 27.10.1993 vertraglich erkl�rten Pflicht-teilsverzicht am Nachlass des L�ngstlebenden der Elternder Bekl. gem�ß §139 BGB die Grundlage.

Der Pflichtteilsverzicht der Bekl. ist ein Teil der vom Kl.eingeleiteten Regelungen zur Vorbereitung eines gleiten-den Unternehmens�bergangs auf einen von ihm auszuw�h-lenden Nachfolger. Es spricht schon wegen des r�umlichenund zeitlichen Zusammenhangs mit den �brigen Vertr�geneine Vermutung f�r die Eingebundenheit des Pflichtteils-verzichts in ein in sich geschlossenes Gesamtpaket und da-mit f�r eine gewollte wechselseitige Abh�ngigkeit.

Noch �berzeugender in diese Richtung weisen die pers�n-lichen Erkl�rungen des Kl�gers in der Berufsverhandlung.Der Kl. hat n�mlich deutlich gemacht, dass es ihm mitBlick auf das Schicksal „seines“ Unternehmens ganz we-sentlich auf diesen Pflichtteilsverzicht ankam. Er hat diesdamit begr�ndet, dass die Pflichtteilsforderungen nachdem maßgeblichen Erbfall sofort f�llig werden und dannmit einem Mal Forderungen „an den Nachlass“, also auchdas Unternehmensverm�gen gestellt werden k�nnten, dief�r das Unternehmen im Zweifel existenzbedrohend seink�nnten. Deshalb sei ihm der Pflichtteilsverzicht so wich-tig.

Dass andererseits die Bekl. ohne den Erhalt der Aktien kei-nesfalls einem Pflichtteilsverzicht zustimmt h�tte, hat sieselbst best�tigt. Die Richtigkeit dieser Erkl�rung kann beisachgerechter Betrachtung ohnehin nicht zweifelhaft sein.Die Bekl. hatte keinen ersichtlichen Grund, auf ihr Pflicht-teil zu verzichten, wenn sie nicht zum Ausgleich im Ge-genzug die Aktien erhalten h�tte. ...

Mitgeteilt von Notar Thomas Wachter, Osterhofen

Befreiung vom SelbstkontrahierungsverbotHGB §13e; BGB §181

Jedenfalls bei Personenidentit�t zwischen dem Ge-sch�ftsf�hrer einer Private Limited Company unddem st�ndigem Vertreter von deren Zweigniederlas-sung in Deutschland ist die Eintragungsf�higkeit einerBefreiung des st�ndigen Vertreters von den Beschr�n-kungen des § 181 BGB zu verneinen.

OLG M�nchen, Beschluss v. 4.5.2006 – 31 Wx 023/06

Verschmelzung einer LimitedHGB §§13d ff.; UmwG §16 Abs.1

Die Eintragung der Verschmelzung einer Gesellschaftmit beschr�nkter Haftung mit Sitz in Deutschland als�bertragender Gesellschaft auf eine Private LimitedCompany als aufnehmende Gesellschaft, die ihren sta-tuarischen Sitz in England und eine Zweigniederlas-sung in Deutschland hat, kann nicht erstmalig konsti-

tutiv im Register der Zweigniederlassung vorgenom-men werden.

OLG M�nchen, Beschluss v. 2.5.2006 – 31 Wx 009/06

Mitgeteilt durch Notar Thomas Wachter, Osterhofen

Verlust der Rechtsperson eines ausl�ndischen Vereinsbei ZuzugEGVArt.43, 481; BGB §60

Die Niederlassungsfreiheit aus Art. 43, 48 EGV be-gr�ndet f�r die Vereine nationalen Rechts keinenRechtsanspruch, ihren Satzungssitz unter Bewahrungihrer Identit�t als Verein des Mitgliedstaats ihrerGr�ndung in einen anderen Mitgliedstaat zu ver-lagern und im Falle der Sitzverlegung nach Deutsch-land in das deutsche Vereinsregister eingetragen zuwerden.

OLG Zweibr�cken, Beschluss v. 27.9.2005 – 3 W 170/05

Aus den Gr�nden

II. a) Das deutsche internationale Privatrecht enth�lt kei-ne Regelung des internationalen Vereinsrechts (vgl. Art.37Nr.2 EGBGB). Die Rechtsf�higkeit eines ausl�ndischenVereins bestimmt sich nach dem Recht des Gr�ndungsstaa-tes. Der im Ausland gegr�ndete Verein, der dort Rechts-f�higkeit erlangt hat, gilt (vorbehaltlich eines etwaigenordre public-Verstoßes, Art.6 EGBGB) im Umfang derihm im Gr�ndungsstaat zuerkannten Rechtsf�higkeit auchin Deutschland als rechtsf�hig. Eines staatlichen Anerken-nungsaktes bedarf es hierf�r nicht (St�ber, Handbuch zumVereinsrecht, 9.Aufl. 2004, Rz.84).

b) Verlegt ein rechtsf�higer Verein mit ausl�ndischem Ver-einsstatut und Satzungssitz im Ausland diesen nachDeutschland, trifft das deutsche Recht keine Bestimmungdar�ber, dass sich der Verein mit seiner in dem ausl�n-dischen Staat erworbenen Rechtspers�nlichkeit hier fort-setzen w�rde; das deutsche Recht enth�lt keine Regelung�ber die grenz�berschreitende Verlegung des satzungs-m�ßigen Sitzes ins Inland.

Nach deutschem Rechtsverst�ndnis stellt sich die „Einwan-derung“ des ausl�ndischen Vereins nicht als rein tats�ch-licher Vorgang dar, sondern als Rechtsakt, welcher diek�nftige Zugeh�rigkeit des Vereins zur Rechtsordnung derBundesrepublik Deutschland begr�ndet. Deshalb verlangtdie herrschende Auffassung f�r die Rechtsf�higkeit desVereins in Deutschland mit Recht dessen Neugr�ndungnach dem Recht des BGB und anschließende Eintragungin das Vereinsregister (§21 BGB) oder Konzessionierunggem�ß §22 BGB (vgl. St�ber, Handbuch zum Vereins-recht, 9.Aufl. 2004, Rz.85; Reichert, Handbuch Vereins-und Verbandsrecht, 10.Aufl. 2005, Rz.511 und 6333m.w.N.).

c) Vor einer Neugr�ndung unter Beachtung der §§56 bis59 BGB ist danach im Streitfall eine Eintragung des vondem Verfahren betroffenen Vereins in das deutsche Ver-einsregister nicht m�glich.

3. Diesem Ergebnis steht entgegen der Auffassung derweiteren Beschwerde das Recht der Europ�ischen Gemein-

NotBZ 11/2006 405Rechtsprechung

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schaft nicht entgegen. Etwas anderes ergibt sich auch nichtaus den Entscheidungen des EuGH vom 9.3.1999 (NJW1999, 2027 – Centros), vom 5.11.2002 (NJW 2002, 3614 –�berseering) und vom 30.9.2003 (NJW 2003, 3331 – In-spire Art) oder aus dem Beschluss des Senats (OLG Zwei-br�cken v. 26.3.2003 – 3 W 21/03, OLGReport Zweibr�-cken 2003, 247 = FGPrax 2003, 135).

a) Zun�chst f�llt der hier interessierende Verein, weil ernach seinem in Frankreich angemeldeten Zweck und auchnach dem Vortrag im Anmeldungsverfahren gegen�berdem deutschen Registergericht rein karitativ t�tig ist, schonnicht in den Schutzbereich der durch Art.43, 48 EGV(Amsterdamer Fassung) garantierten Niederlassungsfrei-heit. ...

b) Unabh�ngig von dem vorstehend Ausgef�hrten k�nnendie vorzitierten und von dem Antragsteller zum Teil als f�rihn vermeintlich g�nstig in Anspruch genommenen Ge-richtsentscheidungen auf die vorliegende Fallgestaltungohnehin nicht – auch nicht sinngem�ß – �bertragen wer-den. Denn sie betreffen jeweils die Niederlassungsfreiheitvon (kommerziellen) Gesellschaften, die nach dem Rechtdes Mitgliedstaates, in dem sie ihren statuarischen Sitz ha-ben, gegr�ndet worden sind und die unter Beibehaltungihres satzungsm�ßigen Sitzes (Hervorhebung durch denSenat) in einem anderen Mitgliedstaat – etwa durch eineZweigniederlassung – gesch�ftlich t�tig werden wollen.

Darum geht es in dem hier zu entscheidenden Fall jedochnicht, weil der von dem Verfahren betroffene (nicht er-werbsorientierte) Verein seinen statuarischen Sitz vollst�n-dig aus Frankreich nach Deutschland verlegen will, aller-dings ohne dabei seine Rechtspers�nlichkeit oder seine Ei-genschaft als Verein franz�sischen Rechts zu verlieren. Da-rauf besteht beim derzeitigen Stand des europ�ischen Ge-meinschaftsrechts indes kein Rechtsanspruch. Eine Sat-zungssitzverlegung ist nach ganz herrschender Meinung –auch nach Auffassung der EU-Kommission – gerade nichtvom Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit um-fasst (vgl. dazu mit zahlreichen Nachweisen Heckschen,NotBZ 2005, 315 [319]; Triebel/v. Hase, BB 2003, 2409[2413f.]). Im Gegensatz zu nat�rlichen Personen werdenjuristische Personen (darunter rechtsf�hige Vereine) auf-grund der jeweiligen nationalen Rechtsordnung der Mit-gliedstaaten gegr�ndet. Jenseits der jeweiligen nationalenRechtsordnung, die ihre Gr�ndung und ihre Existenz re-gelt, haben sie keine Realit�t (EuGH NJW 1989, 2186[2187] – Daily Mail).

Mitgeteilt durch den 3. Zivilsenat des OLG Zweibr�cken

Buchbesprechung

Tim W. Dornis. Kaufpreiszahlung auf Notaranderkonto.Erf�llung – Pf�ndung – Insolvenz (Schriften der Deut-schen Notarrechtlichen Vereinigung, Band 22, K�ln, 159Seiten, 59,80 .)

Namentlich in den westdeutschen und norddeutschen Bun-desl�ndern entsprach die Abwicklung eines Grundst�cks-kaufvertrages �ber Notaranderkonto bislang g�ngiger Pra-xis. Aufgrund des geltenden Sachen- und Grundbuchrechtsist bei einem Grundst�ckskaufvertrag ein unmittelbarerAustausch der gegenseitigen Leistungen praktisch unm�g-lich. Durch die Einschaltung des Notars als Treuh�nder

und Abwicklung der Kaufpreiszahlung �ber Notarander-konto soll das Risiko einer ungesicherten Vorleistung f�rdie Vertragsbeteiligten vermieden werden. Der Gesetz-geber hat die im Zusammenhang mit der Kaufabwicklung�ber Notaranderkonto zusammenh�ngenden Fragen imRahmen der Novelle des Beurkundungsgesetzes erstmals1998 in den §§54a ff. BeurkG gesetzlich kodifiziert. Bisdahin bestand lediglich eine gesetzliche Zust�ndigkeits-regelung in §23 BNotO f�r Notare. Verfahrensvorschriftenwaren allein in der DONot enthalten. Von besonderer Be-deutung f�r die notarielle Praxis ist hierbei, dass der Gesetz-geber nunmehr die Vereinbarung einer Kaufpreisabwicklung�ber Notaranderkonto gem. §54a BeurkG von einem be-rechtigten Sicherungsinteresse abh�ngig macht. Weiter ent-halten die neuen gesetzlichen Vorschriften erstmals ausf�hr-liche Regelungen �ber den Widerruf einseitiger und mehr-seitiger Verwahrungsanweisungen, §54c BeurkG.

Die hier vorliegende T�binger Dissertation stellt die – so-weit ersichtlich – erste monographische Darstellung zurKaufpreisabwicklung �ber Notaranderkonto unter Geltungder §§54a ff. BeurkG dar. Aus der Zeit vor Einf�hrungdieser neuen Vorschriften liegen bereits verschiedene Dis-sertationen zu diesem Thema – jeweils mit unterschiedli-chen Schwerpunkten – vor. Zu erw�hnen sind hier nament-lich die Arbeiten von Br�u, Verwahrungst�tigkeit des No-tars, 1991, Preuß, Die notarielle Hinterlegung, 1994, Ka-wohl, Notaranderkonto, 1995, K�nig, Rechtsverh�ltnisseund Rechtsprobleme bei der Darlehensvalutierung �berNotaranderkonto, 1998. Am Rande zu erw�hnen ist ebensodie Arbeit von Strehle, Die Zwangsvollstreckung in dasGuthaben des Notaranderkontos, 1995.

Dornis hat seine Dissertation „Kaufpreiszahlung auf Nota-randerkonto“ mit dem Untertitel: „Erf�llung – Pf�ndung –Insolvenz“ versehen. Diese drei Begriffe sind zugleich diewesentlichen Kernpunkte seiner Arbeit. Die insgesamt 159Seiten umfassende Darstellung ist dabei in zwei große Tei-le gegliedert. In einem ersten Teil behandelt Dornis dieFrage der Abwicklung des Grundst�ckskaufvertrags alleinim Verh�ltnis der Vertragsparteien untereinander sowie ge-gen�ber dem Notar. Im zweiten Teil bezieht er in seine Un-tersuchung der Abwicklung des Grundst�ckskaufvertragsauch abzul�sende Gl�ubiger und Finanzierungsgl�ubigermit ein. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt nicht nur vomUmfang her (99 Seiten) auf dem ersten Teil. Das Themader notariellen Verwahrung wird dabei unter materiell-rechtlichen, zivilprozessualen und notarverfahrensrecht-lichen Gesichtspunkten beleuchtet. Die privatrechtlichenAbreden der Beteiligten untereinander werden von ihren�ffentlich-rechtlichen Beziehungen zum Urkundsnotar imFortgang der Untersuchung stets getrennt.

Im ersten Kapitel (S.5 bis 22) stellt Dornis die Grundlageneiner Kaufpreisabwicklung �ber Notaranderkonto dar. DasVerh�ltnis zwischen Verwahrungsvereinbarung zwischenden Beteiligten untereinander und ihrer Verwahrungs-anweisung gegen�ber dem Notar wird erl�utert. Eingegan-gen wird dabei insbesondere auf die neuen Vorschriftender §§54a ff. BeurkG. Entsprechend dem im Untertitelskizzierten Schwerpunkt der Arbeit wird dabei die Frage,wann ein berechtigtes Sicherungsinteresse f�r ein Notaran-derkonto besteht, nur kurz gestreift und f�r die weitere Ar-beit unterstellt. Intensiv besch�ftigt sich der Autor dem-gegen�ber mit der Treuhandt�tigkeit des Notars, und zwareinmal im Hinblick auf die Kaufpreisabwicklung �ber No-taranderkonto sowie zum anderen mit der Treuhandt�tig-keit des Notars bez�glich des Grundbuchvollzugs und der

406 NotBZ 11/2006Buchbesprechung

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Koordination von Leistung und Gegenleistung. Dabei stellter eine weitreichende Parallele zwischen den Vorschriftender §§54a ff. BeurkG f�r die Treuhandt�tigkeit beim No-taranderkonto und der Vorschrift des §53 BeurkG bez�g-lich des Urkundsvollzugs durch den Notar gegen�ber demGrundbuch fest (S.11ff.). W�hrend die Vorschriften �berdie notarielle Verwahrung eingehende Regelungen �berden Widerruf der Verwahrungsanweisung enthalten undhier insbesondere in §54c Abs.3 BeurkG ein gerichtlichesVerfahren vorschreiben, fehlen derartige Vorschriften be-z�glich der Anweisungen zum Grundbuchvollzug nach§53 BeurkG. Dornis spricht sich deshalb daf�r aus, §54cAbs.3 BeurkG auch im Bereich des §53 BeurkG entspre-chend anzuwenden. Grundlegend besch�ftigt er sich so-dann mit der Frage des Pr�fungsumfangs des Notars bei ei-nem einseitigen Widerruf einer mehrseitigen Verwahrungs-anweisung nach §54c Abs.3 BeurkG (S.15ff.). Er pl�diertdaf�r, dass hier der Notar eine Schl�ssigkeitspr�fung be-z�glich der geltend gemachten Widerrufsgr�nde vorzuneh-men habe. Auch vertritt er hierbei den Standpunkt, die Bet.haben aufgrund des �ffentlich-rechtlichen Verwahrungs-verh�ltnis gegen�ber dem Notar bei Kaufpreisabwicklung�ber Notaranderkonto keine Zahlungsanspr�che gegen denNotar, sondern – wie sonst auch – lediglich einen An-spruch auf Erf�llung seiner Amtspflichten (S.19).

Im zweiten Kapitel besch�ftigt sich der Autor mit dergrundlegenden Frage der Erf�llung des Kaufpreisanspru-ches bei Kaufpreisabwicklung �ber Notaranderkonto (S.22bis 54). Dabei geht er von der Einzahlung als bloße Leis-tungshandlung aus. Haben die Beteiligten bez�glich derErf�llung keine Regelungen getroffen, stellt sich seinerAnsicht nach die Zahlung auf Notaranderkonto als ge-streckter Erf�llungsvorgang dar. Sodann setzt er sich ein-gehend mit den zur Frage der Erf�llung vertretenen An-sichten auseinander und pr�ft anhand der von diesen An-sichten angef�hrten Argumente ihre Richtigkeit. Wesentli-ches Kriterium ist dabei einmal die Frage, wer das Risikoin der Insolvenz des Vertragspartners tr�gt. Eingehend wer-den sodann die verschiedenen denkbaren Zeitpunkte einerErf�llung der Leistungspflichten dargestellt, jeweils ge-trennt f�r den Fall der Insolvenz des K�ufers sowie f�r denFall der Insolvenz des Verk�ufers. Ein Insolvenzrisiko be-steht seiner Ansicht f�r den K�ufer nur dann, wenn derZeitpunkt der Erf�llung schon mit der Einzahlung auf No-taranderkonto angenommen wird (S.33ff.). Von daher istalso aus Sicht des K�ufers der Zeitpunkt der Erf�llungm�glichst nach hinten zu verlagern. Vor dem Hintergrundder neuen Rechtsprechung des BGH zum Wahlrecht desInsolvenzverwalters (ZIP 2002, 1093 = DNotZ 2002, 648= BGHZ 150, 353), wonach die gegenseitigen Anspr�chein der Insolvenz eines Beteiligten weder mit der Er�ffnungdes Insolvenzverfahrens noch mit der Erf�llungsablehnungdurch den Insolvenzverwalter erl�schen, sondern erst dann,wenn der Vertragspartner seinen Schadensersatzanspruchnach §103 Abs.2 InsO zur Insolvenztabelle anmeldet, ver-neint er jedwedes Insolvenzrisiko des Verk�ufers (S.37f.).Dies gilt unabh�ngig davon, zu welchem Zeitpunkt maneine Erf�llung des Kaufpreisanspruchs bei Kaufpreis-abwicklung �ber Notaranderkonto annimmt. Der Insol-venzverwalter k�nne sich nicht einseitig vom Vertrag l�-sen. Einseitige Weisungen des Insolvenzverwalters sindnach §54c Abs.3 BeurkG grunds�tzlich unbeachtlich. ImErgebnis ist seiner Ansicht nach das Argument des Insol-venzrisikos f�r die Bestimmung des Zeitpunkts der Erf�l-lung daher ungeeignet. Auch die �brigen Argumente, n�m-lich die Frage, wer die Nutzungen des Kaufgegenstandes,

wer die Zinsen des Notaranderkontos erh�lt (S.42ff.), sindebenso ungeeignet wie die Frage, wer das Risiko einer In-solvenz oder eines Auszahlungsfehlers des Notars bzw. derBank, bei der Notaranderkonto unterhalten wird, tr�gt(S.44ff.). All diese Argumente rechtfertigen es im Ergeb-nis nicht, von der grunds�tzlichen Regelung des §362BGB abzuweichen.

Stattdessen schl�gt Dornis vor, die vorgenannten Risiken al-lein unter dem Blickwinkel des Gefahren�bergangs in denGriff zu bekommen. Nach Auffassung von Dornis ist des-halb entgegen der herrschenden Meinung daran festzuhal-ten, dass Erf�llung erst mit Auszahlung des Kaufpreisesvom Notaranderkonto eintritt. Der Zeitpunkt des Gefahr-�bergangs ist dagegen der Zeitpunkt der Auszahlungsreife.

Im n�chsten Kapitel wendet sich der Autor sodann der Fra-ge der Abtretung und Pf�ndung des Kaufpreisanspruchs zu(S.55 bis 78). Im Kern besch�ftigt er sich dabei mit demDogma der herrschenden Ansicht, n�mlich dem Prinzipder „Doppelpf�ndung“ sowie mit der Frage der Betei-ligung des Zessionars bzw. Pf�ndungsgl�ubigers am Ver-wahrungsverh�ltnis. Da das Verwahrungsverh�ltnis biszum Eintritt der Auszahlungsvoraussetzungen mehrseitigist, k�nne der Verk�ufer bis dahin �ber seine Anspr�cheaus dem notariellen Verwahrungsverfahren nur im Zusam-menhang mit dem Kaufpreisanspruch verf�gen. Insoweitwird der Zessionar bzw. Pf�ndungsgl�ubiger auch Beteilig-ter des Verwahrungsverfahrens. Ab Auszahlungsreife han-dele es sich seiner Ansicht dagegen nach um einen selb-st�ndigen Anspruch, den der Verk�ufer auch isoliert vomKaufpreisanspruch abtreten und verpf�nden k�nne. DerGrundsatz der Doppelpf�ndung gehe ab diesem Zeitpunktfehl (S.62ff.). Die Rechtssicherheit stehe dem nicht ent-gegen. Der K�ufer k�nne sich einmal gegen�ber dem Zes-sionar nach §404 BGB darauf berufen, die Leistungshand-lung bereits erbracht zu haben. Im �brigen habe der Zes-sionar die M�glichkeit einer umfassenden Information�ber eine vereinbarte notarielle Verwahrung, §402 BGB.Deshalb sei es angezeigt, jedenfalls ab Vorliegen der Aus-zahlungsvoraussetzungen von einem selbst�ndigen, „k�nf-tigen“ Anspruch auszugehen. Dieser Anspruch k�nne dannauch selbst�ndig �bertragen oder gepf�ndet werden. Er-g�nzt werde der Schutz des Zessionars durch die notariel-len Amtspflichten sowie der M�glichkeit einer Benach-richtigung des Schuldners nach §407 BGB.

Hinsichtlich der Stellung des Notars nach einer solchenAbtretung oder Pf�ndung gelangt der Autor zu dem Ergeb-nis, dass der Notar nicht Drittschuldner i.S.d. §840 ZPOsei (S.71f.). Die entsprechenden Informationen erhalte derPf�ndungsgl�ubiger jedoch aufgrund seiner Stellung alsBeteiligter am notariellen Verwahrungsverfahren. EineDrittschuldnerklage sei nicht erforderlich. Gleichermaßenh�lt Dornis den Notar nicht berechtigt, bei einem allf�l-ligen Pr�tendentenstreit den hinterlegten Kaufpreis beimAmtsgericht nach §372 BGB zu hinterlegen (S.72ff.).Dies widerspreche der gesetzlichen Aufgabe des Notars,die sich gerade im Hinblick auf die Kaufpreisabwicklungmit der Verwahrung an den Notar gewandt haben. Stattdes-sen schl�gt er vor, dass der Notar entsprechend §54cAbs.3 BeurkG eine etwaige Auszahlung zun�chst aussetzt,im Rahmen einer Schl�ssigkeitspr�fung der vorgetragenenArgumente sich f�r die Auszahlung an den einen oder denanderen entscheidet und dies mittels notariellem Vor-bescheid unter Hinweis auf eine endg�ltige Kl�rung durcheinen Zivilprozess anzuk�ndigen.

NotBZ 11/2006 407Buchbesprechung

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Im vierten Kapitel geht es um die notarielle Verwahrungbei Insolvenz einer Partei des Kaufvertrages (S.79 bis104). Eingehend setzt sich der Autor dabei mit der neuenRechtsprechung des BGH zur Abkehr der „Erl�schungs-theorie“ auseinander (BGH ZIP 2002, 1093 = DNotZ2002, 648). In verschiedenen Fallgruppen wird die Insol-venz des K�ufers als auch die Insolvenz des Verk�ufersdargestellt und zwar unterschiedlich danach, zu welchemZeitpunkt die Insolvenz eintritt, also etwa zwischen Ver-tragsschluss und Antrag auf Eintragung im Grundbuchbzw. zwischen Antragsstellung und Eintragung oder auchvor und nach Zahlung des Kaufpreises (S.85ff.). Bei deneinzelnen Fallgruppen wird dabei danach differenziert, obdie Zahlung mit und ohne notarieller Verwahrung erfolgt.Eingegangen wird dabei namentlich auf die Frage des ein-seitigen Widerrufs durch den Insolvenzverwalter nach§54c Abs.3 BeurkG sowie auf die Frage, ob allf�llige Ver-wahrungsanweisungen an den Notar wegen §§115, 116InsO unwirksam werden. Nach Auffassung des Autors seiein einseitiger Widerruf des Insolvenzverwalters grund-s�tzlich unbeachtlich. Auch sollen die Vorschriften der§§115, 116 InsO wegen des �ffentlich-rechtlichen Treu-handverh�ltnisses auf den Notar nicht anwendbar sein.Entscheidend sei vielmehr, dass ein einseitiger Widerrufnach §54c Abs.3 BeurkG stets nur durch den Vertragspart-ner des Insolvenzschuldners m�glich ist. Allein die Erf�l-lungsablehnung durch den Insolvenzverwalter gen�genicht (S.99ff.). Etwaige Vorleistungen des Gemeinschuld-ners k�nnen durch die Erf�llungsablehnung des Insolvenz-verwalters nicht in die Masse zur�ckgeholt werden (BGHZ129, 336 [340]). Im Ergebnis kommt der Autor zu demSchluss, dass das Insolvenzrisiko beider Vertragsparteiendurch Kaufpreisabwicklung �ber Notaranderkonto be-herrschbar sei. Dabei bestehe kein Sonderrecht f�r die Ab-wicklung �ber Notaranderkonto. Vielmehr gelten hierbeidie normalen Vorschriften des Zivilrechts.

Im zweiten großen Teil der Arbeit besch�ftigt sich der Au-tor schließlich mit der Abwicklung des Grundst�ckskaufsbei Beteiligung Dritter, und zwar des Finanzierungsgl�ubi-gers wie auch abzul�sender Gl�ubiger (S.105 bis 150).Der Schwerpunkt liegt hier zun�chst in einer ausf�hrlichenDarstellung der materiell-rechtlichen Abreden der Beteilig-ten untereinander und deren Einfluss auf das Verfahren dernotariellen Verwahrung (S.105 bis 136). Breiten Raumnimmt insbesondere die Beantwortung der Frage ein, ob essich bei den Anweisungen der Finanzierungsgl�ubigeroder der abl�senden Gl�ubiger an den Notar um einseitigeoder mehrseitige Treuhandanweisungen handelt. Ebensonachgegangen wird der Frage, welche Rechtsfolgen sichan einen einseitigen Widerruf ankn�pfen, die des §54cAbs.1 BeurkG oder die des §54c Abs.3 BeurkG(S.108ff.). Nach Auffassung des Autors gehe es sowohlim Verh�ltnis der Vertragsparteien zum Finanzierungsgl�u-biger als auch zu den abzul�senden Gl�ubigern letztlichum einen Austausch der dinglichen Berechtigung gegenZahlung bzw. Sicherstellung der Kaufpreiszahlung. Vondaher nimmt Dornis grunds�tzlich ein mehrseitiges Treu-handverh�ltnis an (S.122ff.). Die Mehrseitigkeit im Ver-h�ltnis zum Finanzierungsgl�ubiger beginne dabei ab demZeitpunkt der Erbringung einer Vorleistung (Grundschuld-bestellung, Vormerkung) und ende mit der Auszahlungsrei-fe. Bez�glich der abzul�senden Gl�ubiger ende die Mehr-seitigkeit mit der Sicherstellung der Lastenfreistellung.

Im weiteren Verlauf (S.127ff.) besch�ftigt sich der Autormit der Frage der Befristung von Treuhandverh�ltnissen

und mit den notariellen Belehrungspflichten. Auch sprichtsich der Autor bei einem einseitigen Widerruf einer Treu-handanweisung durch einen Finanzierungsgl�ubiger odereinen abzul�senden Gl�ubiger stets f�r die Anwendungdes §54c Abs.3 BeurkG aus (S.122ff.). Namentlich imHinblick auf den Finanzierungsgl�ubiger sei ein solcherWiderruf zum einen dann beachtlich, wenn dieser mit derUnwirksamkeit des Kaufvertrages begr�ndet wird. Zumanderen m�sse der Notar den Widerruf auch dann beach-ten, wenn die Unwirksamkeit des Darlehensvertrages vor-getragen wird. Bei der Frage der Darlehensvalutierung unddes Gefahr�bergangs wie auch im Falle der Insolvenz einesBet. kn�pft der Autor im Wesentlichen an die bereits im ers-ten Teil der Arbeit gemachten Ausf�hrungen an (S.136ff.).Die Frage der Darlehensvalutierung vergleicht er mit derFrage der Kaufpreiserf�llung bei Zahlung auf Notarander-konto. Gleiches gelte f�r die Frage der Gefahrtragung. Ab-geschlossen werden die Ausf�hrungen letztlich mit einerDarstellung der insolvenzrechtlichen Probleme beim finan-zierten Grundst�ckskauf. Wie in Teil 1 wird dabei im Einzel-nen unterschieden zwischen der Insolvenz der finanzieren-den Bank, der Insolvenz des K�ufers und Darlehensnehmerssowie der Insolvenz des Verk�ufers (S.145 bis 150).

Das vorliegende Buch gef�llt durch seinen klaren Gedan-kengang und seinen strukturierten Aufbau. Die Ausf�hrun-gen werden auf das Wesentliche konzentriert. Dies f�hrt al-lerdings dazu, dass die Arbeit in manchen Passagen nichtimmer leicht verst�ndlich wirkt (so beispielsweise bei den�berlegungen zur Abtretung und Pf�ndung des Kaufpreis-anspruchs sowie insbesondere zur Theorie der Doppelpf�n-dung (S.62ff.).

Mit den zum Notaranderkonto in Rechtsprechung und Li-teratur vertretenen Auffassungen setzt sich der Autor ein-gehend auseinander. Bei seinen eigenen �berlegungenkommt er zu einem ausgewogenen, in sich schl�ssigen undpraxistauglichen Ergebnis. Festzustellen ist allerdings, dassder Autor dabei in vielen Bereichen von der derzeit herr-schenden Ansicht (z.B. bloßer Anspruch auf Amtspflicht-erf�llung statt Anspruch auf Auszahlung vom Notarander-konto; Erf�llung des Kaufpreisanspruchs erst mit tats�ch-licher Auszahlung statt mit Auszahlungsreife, isoliertePf�ndung des Auszahlungsanspruchs statt Doppelpf�n-dung) abweicht. Von daher sind seine Ergebnisse f�r denPraktiker – jedenfalls derzeit – wohl nicht unmittelbar ver-wertbar, da dieser sich im Zweifel eher an die gefestigteAnsicht in Rechtsprechung und Literatur halten wird. F�rdie rechtswissenschaftliche Diskussion enth�lt das Buchaber eine F�lle interessanter und diskussionsw�rdiger Ge-dankeng�nge, mit der sich Rechtsprechung und Literaturzum Notaranderkonto k�nftig auseinander setzen m�ssen.

Besonders erw�hnenswert sind die Darstellungen zu deninsolvenzrechtlichen Problemen. Diese sind in den unter-schiedlichsten Fallkonstellationen mit den sich f�r die Bet.jeweils ergebenden Konsequenzen pr�zise dargestellt. Ge-rade diese Ausf�hrungen sind es, die dieses Buch f�r dienotarielle Praxis besonders wertvoll erscheinen lassen. Dieverschiedenen Aufgaben des Notars werden einmal imHinblick auf seine Verwahrungst�tigkeit bez�glich des No-taranderkontos sowie zum anderen im Hinblick auf seineVollzugst�tigkeit gegen�ber dem Grundbuchamt vor demHintergrund der Insolvenz eines Vertragsbeteiligten und ei-ner etwaigen Einflussnahme des Insolvenzverwalters �ber-zeugend dargestellt.

Notar a.D. Dr. Adolf Reul,W�rzburg

408 NotBZ 11/2006Buchbesprechung